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244 Bcrthclot : Amylalkoholc. XL. Ueber die Amylalkohole. Von Berthelot. (Compt. rcnd. t. LVI, p. 700.) Es giebt zwei allgemeine Methoden, Alkohole aus Koh- lenwasserstoffen zu bildeii , nach cler einen verbindet nian Sauerstoff init den Carbiiren C2,1H2n+2,nach der snderen die Elemente des Wassers niit den Csrbiiren CznH2n. Nach der ersten Methode habe ich z. B. das Sumpfgas C,H4 durch den intcrmediiiren Aether C2HJCl in l\lethylallrohol, C2HI02, iibergefiihrt. Die sclioiien Untersucliungen von Pelouze und Cshours iiber das amerilianische Steinol, sowie die S cli or 1e in e 1”s iiber gewisse Oele aus Stein- kohlen haben den Bewcis geliefert, dass diese Methodc auf ganze Reihen der Homologen des Sumpfgases anwendbar ist. Die Hydratation der Carbiire C2nH2n lasst sich durch vorherige Vereinigung mit Schwefelsaure oder den Wasser- stoffsiiuren bewirken. huf diese Weise habe ich den ge- wbhiilichen nnd den Propylalkohol erzeugt, uhd beschrankte micli dnrauf, nnchgecicsen zu haben, dass die Carbiire 116- lierer Orclnnng wie clas ijlbilclcndc Gas iiiid das Propylen dic Eigcnschaft liabcn, sich init IYasserstoffsiiuren verbinden 211 kiinnen. Williains liat ncuerlich gczeigt, dass sich diesc Reaction allgcitiein nuf :dIc Honioiogen cles ijlbilden- den Gases, welche in der Cog1icadl;olile eiithaltcn sind, nn- wciidcn liisst. Vcrschiedene I’hntsachcn vcranlnsscn die Frage , ob dic von den Carbiireii C~llH?ll clcrivirciiden Hydratc idcn- tiscli sind init den Oxydeii, .wclche nus den Carbiiren C,,,H?, + 2 gebildet werden kijniicn, und cbenso init den hi dcr G;~lir~iiig entstehenden Alkoholcn. Man wciss in dieser Bezicliung folgciidcs : I)ic Identitiit cles durch Syiitliese gcbildcten Aethyl- allrohols n i t dem durch Gi~liriing cntstehenden seheint mir

Ueber die Amylalkohole

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244 Bcrthclot : Amylalkoholc.

XL. Ueber die Amylalkohole.

Von

Berthelot.

(Compt. rcnd. t. LVI, p. 700.)

Es giebt zwei allgemeine Methoden, Alkohole aus Koh- lenwasserstoffen zu bildeii , nach cler einen verbindet nian Sauerstoff init den Carbiiren C2,1H2n+2, nach der snderen die Elemente des Wassers niit den Csrbiiren CznH2n. Nach der ersten Methode habe ich z. B. das Sumpfgas C,H4 durch den intcrmediiiren Aether C2HJCl in l\lethylallrohol, C2HI02, iibergefiihrt. Die sclioiien Untersucliungen von P e l o u z e und C s h o u r s iiber das amerilianische Steinol, sowie die S cli o r 1 e in e 1”s iiber gewisse Oele aus Stein- kohlen haben den Bewcis geliefert, dass diese Methodc auf ganze Reihen der Homologen des Sumpfgases anwendbar ist.

Die Hydratation der Carbiire C2nH2n lasst sich durch vorherige Vereinigung mit Schwefelsaure oder den Wasser- stoffsiiuren bewirken. huf diese Weise habe ich den ge- wbhiilichen nnd den Propylalkohol erzeugt, uhd beschrankte micli dnrauf, nnchgecicsen zu haben, dass die Carbiire 116- lierer Orclnnng wie clas ijlbilclcndc Gas iiiid das Propylen dic Eigcnschaft liabcn, sich init IYasserstoffsiiuren verbinden 211 kiinnen. Wi l l ia ins liat ncuerlich gczeigt, dass sich diesc Reaction allgcitiein nuf :dIc Honioiogen cles ijlbilden- den Gases, welche in der Cog1icadl;olile eiithaltcn sind, nn- wciidcn liisst.

Vcrschiedene I’hntsachcn vcranlnsscn die Frage , ob dic von den Carbiireii C~llH?l l clcrivirciiden Hydratc idcn- tiscli sind init den Oxydeii, .wclche nus den Carbiiren C,,,H?, + 2 gebildet werden kijniicn, und cbenso init den h i dcr G;~lir~iiig entstehenden Alkoholcn. Man wciss in dieser Bezicliung folgciidcs :

I)ic Identitiit cles durch Syiitliese gcbildcten Aethyl- allrohols n i t dem durch Gi~liriing cntstehenden seheint mir

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nicht zmeifelhaft zu sein ; alle physilralischen und chemi- schen Eigenschaften beider Korper und ihrer Aether, sowie die Ih-ystallform ihrer athylschwefelsauren Barytsalze sind absolut identisch.

Die zwei Propylallrohole dagcgen unterscheiden sich durch Gcruch, Lirslichkcit in Wasser, Sicdepunkt (der kiinstl. Propylalkohol siedct 12-15' ticfer als der durch Giihrung entstandene) und wahrscheinlich auch durch die Eigen- schaften der Rnttersiiurciither und anderer Aether.

Aehnliche Verschiedenheiten finden sich bei den Amyl- alkoholen. Bei Angabe der synthetischen Bildung der Amylclilor~asserstoff- und An] ylbromwasserstoffverbindungen hatte ich vorher gcsehen , dass der daraus abstammende Amylalliohol nicht idcntisch sein miirde mit dem Amylalko- 1101 der Gahrung (vcrgl. B e r t h e 1 o t : Chim. organ. t. 11, p. 754). Und in der That hat Wiir tx , der dieses Hydrat zuerst erliielt , einen ITnterschied in scinem Geruch, seinem Siedepunkt und dem seiner Verbindungen (er licgt 15-20° ticfer), sowie in seiner grosseren Fahiglreit, Wasser abzuge- ben etc. beobachtet. Die Verschiedenheiten sind solche, dass man sich fragen ktjnnte, ob dieses Hydrat wirklich die Eigen- schnften cines Alkohols besitzt. Urn diese Frage anfzu- klaren, habe ich folgende Versuche unternommen.

Ich habe anfiinglich versucht , das Amylenhydrat mit- telst Sohwefelsiiure zu bereitcn, habe nber nur sehr wenig Ausbeute erhnlten. Fast die ganze Menge des Carburs bildet entmder polymere Vcrbindungen oder einc com- plexe und bestiindige Saure, ilhnlich der Isiithionsiiurc. Ich mendete dnher WasserstoKsBuren an, indem ich namcntlich die Einwirlrung dcr Chlorffasserstoffvcrbindung auf Alkali- salze benutztc, um die stiirenden Einfliisse yon Jod und Silber zu nmgehen. So entsteht die Verbindung CioHlo,HCI, wenn man Ainylen in der ltiilte liist in seinem vierf ac *1 ien Volumen absoluten init Chlorwnsserstoff gesattigten Alko- 1101s. Man ksst 24 Stunden stehen, verdunnt mit Wasser und destillirt die obenschwimmende Schicht. Die Verbin- dung siedct bci 55O (betriichtlich tiefer als ich fruher an- gab) und riecht ahnlich der holliindischen Fliissigkeit. Ich licss auf diesen Korper einwirkcn : 1) wtissrigc Kaliliisung,

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2) benzogsaures und essigsaures Natron. Die Zersctzungen gehen langsam vor sich und erfordern eine Temperatur von i20-l5O0 wahrend 24-100 Stunden.

I) Kali lieferte als Hauptproduct Amylen und Amylen- hydrat als Nebenproduct.

2) T r o c h e s benzoesaures Natron gab auch Amylen als Hauptprodnct , jedoch auch Amylenbenzoesaureather, in betrachtlicher Menge. Dieser Aether regenerirt Arnylen- hydrat.

Essigsaures Natron gab ahnliche Resultate und noch mehr Amylen.

BenzoEsaures Natron unter Zusatz von Alkohol gab Amylen, Aethylather , ein wenig Amylenhydrat , CI0Hi0O2, Benzoesaureathylather etc.

Um den Werth dieser Resultate festzustellen, muss man dieselben Versnche mit dem durch Gahrung erhaltenen Amylchlorwasserstoffather anstellen.

Aus den Versuchen B a l a r d ’ s weiss man, dass der- selbe durch Kalihydrat in Amylen ubergeht. Benzoesaures Natron gab eine lrleine Menge Amylen und viel gewohn- lichen BenzoGsaureamylather. Essigsaures Natron gab eben- falls ein wenig Amylen und Essigsiiureamylather, der fahig ist, den Gahruiigsalkohol wieder zu regeneriren, und endlich gab benzoesaures Natron und Alkohol ein wenig Amylen, Aethylather und Benzoesaureathyl- und Amylather etc.

Es gcht aus diesen Vcrsuchen hervor, dass das kunst- liche Amylenhydrat ebenso mit den Sauerstoffsauren und den Wasserstoffsanren Aether bildet wie der durch Giihrung entstehende Amylalkohol. Die init Wasserstoffsanren gebil- deten Aether beider Allroliole erleiden dieselben Zersetzun- gen ; sie liefcrn mit einem Sauerstoffsalz beide Binylcn und einen dem Salze entsprechcnden Aether, nur herrscht das Amylen bci Anwendung des ltunstlichen Allrohols vor, mallrend es nus dein Gahrungsallrohol in viel gcringerer Menge entsteht. D i e s ist aber nur eine Verschiedenheit in den Reactionen, n i c k in dcr chemischen Function.

Uni diese Resultate zu vervollstiincligen , rnusste noch der at15 dcm Cnrbiir CI,H12 erzcugtc Alkohol uutersucht wcrrlpn. Der Siedepunkt des Chlorwasscrstoffnmylathers

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C, C1, von P e 1 o u z e und C a 11 o u r s aus diesen Carbiiren dargestellt, beweist dass er isomer, nicht identisch mit dem Derivat von CI,Hlo ist; er nahert. sich .im Gegentheil mehr dem aus Gahrungsalkohol stammendcn Aether. (Man weiss durch P a s t e u r , dass der Gahrungsalkohol selbst ein Ge- menge zweier isomerer Kijrper ist, von denen der eine Rotstionsvermogen besitzt).

Durch C a ho ur s' Giite war es mir moglich, die homo- loge Verbindung C1,H,,C1 (Chlorwasserstoffcaproylather), abstammend von C12Hf4 untersuchen zu konnen. Diese gicbt mit essigsaurem Natron erhitzt Caproylen, C12Hi2, in merklicher Menge vorherrschend aber Essigsaurecaproyl- ather, dessen Gerach an Birnen und Stein01 erinnert. Dieser Chlorwasserstoffiither niihert sich daher dem aus Gahrungs- alkohol entstehenden Amyliither.

E s scheint aus diesen Thatsachen hervorzugehen, dass die aus den verschiedenen Carbiiren entstehenden Alkohole nicht identisch sind, obwohl sie dieselbe Zusammensetzung und dieselbe chemische Function besitzen. Hier wie in einer grossen Anzahl von anderen Fallen behalten die Kor- per gleicher Zusamensetzung , aber durch verschiedene Re- actionen entstanden, bestimmte Unterschiede, die ihnen ge- wissermaassen das Siege1 ihres Ursprungs anfpriigen , und um so deutlicher ausgesprochen sind, einer j e hoheren Ord- nung das I\lolekul angehort. Wir bemerlwn ubrigens, dass man leicht von einein von dem Carbur CznHZn derivirenden Alkohol in den isomeren vom Carbiir C2[,HZn + 2 abstammen- den iibergehen kann und umgekehrt. I n der That liefern beide Albohole durch Wasserentziehung dasselbe Carbur C,,,H,,. Dieses abcr lcann rnit Brom verbunden wcrden, C2,Hr,Erz, und giebt durch Ersetznng des Broms durch Wasserstoff das Carbiir CSnH?n+2. Man geht also nach Be- lieben von einem Carbur zum anderen und folglich von einem Alkohol in seinen isomeren iiber.