3
[Aus der Universitiits-Augenklinik zu Heidelberg. (Dir.: Geh. Hofrat Prof. Dr. Wagenmann.)J Cber die hnwendung der Lokalaniisthesie bei Exenteratio orbitae. Von Dr. Erich Seidel, Assistent der Universitiits-Augenklinik. Seit zwei Jahren sind an der Heidelberger Klinik mit wenigen Ausnahmen s~mtliehe Enucleationen in Lokalan~sthesic vorgenom!nen worden nach dem yon mirvor 11]~ Jahren beschriebenen Verfahrenl). Bei fiber 80 Operationen hat sich uns diese Methode aufs trefflichste bewiihrt durch ihre absolute Zuverl~issigkeit neben Leiehtigkeit der TeehniL Auf Grund dieser guten Edahrungen unternahmen wir den Ver- such, auch die Exenteratio orbitae in Lokalan~sthesie in ~hnlieher Weise auszuftihren. Da derselbe zu einem in jeder Weise vollkom- menen Resultate fiihrte und bisher in der Literatur tiber in Lokal- an~sthesie vorgenommenen Exenterationen der Orbita keinerlei An- gaben vorliegen~), m5ehte ieh tiber die yon mir befolgte Teehnik kurz berichten. Es handelte sieh um eine 65j~ihrige Bauersfrau, der bereits yon anderer Seite wegen eines ausgedehnten Melanosarkoms der Sklera und Cornea der Vorsehlag zur Exenteratio orbitae gemaeht worden war, die am ll.X. 12 in hiesiger Klinik erfolgte. Wir benutzten als An~isLhetikum l°/oiges :Novocain in physiologiseher KoehsalzlSsung, dem auf 10 ccm 5 Tropfen Adrenalin (Parke Davis, Liisung 1 : 1000) zugesetzt wurden. Die Benutzung fertig bezogener/~ovoeain-Adre- nalinliisungen vermeiden wir absichtlich~ da wir den Eindruck gewonnen 1) Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 49. Jahrg. S. 329. 1911. 2) Inzwischen ist bei der Zusammenkunft siidwestdeutscher Augen~rzte in Freiburg C7. XII. 12) yon Axenfeld erw~hnt worden, dass er bei einem aus- gedehnten Bindehautcarcinom die Exenteratio orbitae in Lokalan~isthesie aus- geftihrt babe (Klin. Monatsbl: f. Augenheilk. Januarheft. S. 83).

Über die Anwendung der Lokalanästhesie bei Exenteratio orbitae

Embed Size (px)

Citation preview

[Aus der Universitiits-Augenklinik zu Heidelberg. (Dir.: Geh. Hofrat Prof. Dr. Wagenmann.)J

Cber die hnwendung der Lokalaniisthesie bei Exenteratio orbitae.

Von

Dr. E r i c h S e i d e l , Assistent der Universitiits-Augenklinik.

Seit zwei Jahren sind an der Heidelberger Klinik mit wenigen Ausnahmen s~mtliehe Enucleationen in Lokalan~sthesic vorgenom!nen worden nach dem yon m i r v o r 11]~ Jahren beschriebenen Verfahrenl). Bei fiber 80 Operationen hat sich uns diese Methode aufs trefflichste bewiihrt durch ihre absolute Zuverl~issigkeit neben Leiehtigkeit der TeehniL

Auf Grund dieser guten Edahrungen unternahmen wir den Ver- such, auch die Exenteratio orbitae in Lokalan~sthesie in ~hnlieher Weise auszuftihren. Da derselbe zu einem in jeder Weise vollkom- menen Resultate fiihrte und bisher in der Literatur tiber in Lokal- an~sthesie vorgenommenen Exenterationen der Orbita keinerlei An- gaben vorliegen~), m5ehte ieh tiber die yon mir befolgte Teehnik kurz

berichten.

Es handelte sieh um eine 65j~ihrige Bauersfrau, der bereits yon anderer Seite wegen eines ausgedehnten Melanosarkoms der Sklera und Cornea der Vorsehlag zur Exenteratio orbitae gemaeht worden war, die am l l . X . 12 in hiesiger Klinik erfolgte.

Wir benutzten als An~isLhetikum l°/oiges :Novocain in physiologiseher KoehsalzlSsung, dem auf 10 ccm 5 Tropfen Adrenalin (Parke Davis, Liisung 1 : 1000) zugesetzt wurden. Die Benutzung fertig bezogener/~ovoeain-Adre- nalinliisungen vermeiden wir absichtlich~ da wir den Eindruck gewonnen

1) Klin. Monatsbl. f. Augenheilk. 49. Jahrg. S. 329. 1911. 2) Inzwischen ist bei der Zusammenkunft siidwestdeutscher Augen~rzte in

Freiburg C7. XII. 12) yon Axenfe ld erw~hnt worden, dass er bei einem aus- gedehnten Bindehautcarcinom die Exenteratio orbitae in Lokalan~isthesie aus- geftihrt babe (Klin. Monatsbl: f. Augenheilk. Januarheft. S. 83).

Uber die Anwendung der Lokalan~sthesie Exenteratio orbitae. 197

haben, dass solche L~sungen weniger wirksam sind. Zur Ausffihrung der Iniekfionen verwandten wir eine 2 cem fassende Rekordspritze mit 5 cm langeb mittelstarker~ gerader ttohlnadel. Bet gesehlossenen Lidern wurde mit der Nadel die ~ussere Haut dieht neben dem knScbernen Orbital- rand an 4 Stellen~ oben, nnten~ nasal und temporal durchstoehen nnd unter stetem Druek auf den Spritzenstempel l~ngs der betreffenden 0rbi- talwand, fiber deren genaue Verlaufsrichtung man sieh vorber an einem Sehadel der Sammlung noehmals knrz orientiert batte, naeh hinten auf das Foramen opticum zu~ vorgeschoben, was sich' sehr leicht bewerkstel- ligen liess.

Oben, unten und nasal injizierte ieh nur je eine Spritze, also je 2 ecru, w~hrend temporal 4 cem der aniisthesierenden L~sung verbrauebt wurden.

Die Wahl tier Einstichstellung wurde getroffen mit R~icksicht auf den Verlauf der sensiblen Orbitalnerven. Am oberen Orbitalrand erfolgte der Einstich dicht unterhalb der Incissura supraorbitalis, und die Nadel wurde entspreehend dem Verlaufe des gleichnamigen sen- siblen Nerven nach hinten gefiihrt bis zur Fissura orbitalis superior. Innen wurde dicht oberhalb des Tr~inensacks die ~ussere Haut dureh- stochen, und die :Nadel am oberen Rande der Lamina papyracea des Siebbeines vorgesehoben, l~ngs des :Nervus naso-ciliaris. Unten staeh ich ein oberhalb des Foramen infraorbitale, so class die Nadel beim Einffihren in die Orbita in die Gegend der Austrittsstelle des Ner- vus infraorbitalis aus der Fissura orbitalis inferior zu liegen kam. Temporal befand sich die Einstiehstelle in der Mitre des lateralen Orbitalrandes. Wie sehon erw~hnt, wurde bier die doppelte Menge des An~sthetikums verwandt, indem ich die Nadel zuerst neben der lateralen Orbitalwand horizontal naeh hinten filhrte, l~ngs des Verlaufes des Nervus subeutaneus malae auf das Ganglion ciliare zu~ und dar- auf, bei der zweiten Injektion, mehr nach der Riehtung nach unten, um die Fissura orbitalis inferior, als Eintrittsstelle sensibler INerven, mSglichst ausgiebig mit an~isthesierender LSsung zu umspiilen. Die Lider wurden nieht besonders injiziert, da dureh die tiefen Orbital- injektionen Leitungsan~sthesie zu erwarten war.

'28 Minuten naeh Beendigung der Injektionen~ deren Ausffihrung eine Zeit yon 5 Minuten beansprueht hatt% begann die 0peration~ die in der fibliehen Weise - - Umsehneiden der Lidspalte~ Zurtiekpr~parieren der Lid- haut his zum 0rbitalrand. Sehnitt auf dem Orbitalrand bis zum Knocben~ Abl~sung des Periostes ringsherum bis weit naeh hinten, Abschneiden des Orbitalinhaltes dieht am Foramen opticum - - ausgef~ihrt wurde. W~thrend der ganzen Operation war eine in ieder Hinsieht vollkommene An~isthesie vorhanden. Die sonst bet Exenterationen der 0rbita so l~tigen starken Blutungen hielten sich infoige der Adrenalinan~imie in sehr m~issigen Grenzen, so dass sieh die Operation in 17 Minuten zu Ende ffihren liess. Die

198 E. Seidel, Uber die Anwendung der Lokalan~sthesie Exenteratio orbitae.

Lidhaut wurde zum Sehluss vollst~ndig fiber der OrbitalhShle vern~iht und dutch Tamponade den 0rbitalw~inden angepresst.

Am Abend des 0perationstages klagte die Patientin fiber Kopfsehmer- zen; doeh befand sie sich bereits am n~iebsten Morgen wieder viillig wohl Die Suturen wurden am 8. Tage entfernt~ und am 14. Tage erfolgte die Entlassung mit vSUig reizloser fester Narbe.

Auf Grund vorstehender Erfahrung glaube ich, die Anwendung der Lokalan~isthesie bei Exenterationen der Orbita empfehlen zu diirfen. Wit werden dieselbe bei Gelegenheit wieder in Anwendung bringen; doch wird die Erfahrung des Einzelnen bei der grossen Sel- tenheit solcher Eingriffe immer eine beschr~inkte bleiben.