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.. Uber die Beeinflussung von Festkorperreaktionen durch feste Katalysatoren. IF) Der thermische Zerfall von Magnesium- formiat, Nickelformiat und Magnesium- Nickelformiat-Mischkristallen sowie yon Gemengen aus Magnesiumformiat mit Nickelformiat, Kobaltformiat und Kupferformiat Von G. RIENACKER uiid W. TOURSEL Mit 9 Abbilclungen Inhaltsiihersicht I n der Qurtrzfederthermowaage wurden Ma.gnesiuniformiat und Nischkristalle &us Rhgnesiumformiat und Kickelformiat sowie Gemenge ails fifagnesiumformiat iind Kickel- formiat, Kobaltformiat und Kupferformiat im Wasserstoff-, Kohlenoxyd-, Stickstoff- strom und im Vakuum zersetzt. An Hand der Zersetzungskurven konnte eine Beein- flussung einer Festkorperreaktion durch fwte Katalysatoren nachgewiesen werden. Es wurde versucht, den R,eaktionsverlauf dieser kutdytischen Festk6rperzersetzurlgen zii kliiren. Suininary The thermal decomposition of pure magnesium formate (I), of mixed crystals between I and nickel formate as well as of mechanical mixtures between I and nickel, cobalt or copper formate has been investigated by t,hermogravimctric measurements in H2-, S,- and CO-atmosphere and in vacuo, respectively. The decomposition diagrams indicate a remarkable influence of solid catalysh on a solid-state-reaction. Possible rmction mechanism are discussed. In einer fruheren Arbeit atis uiiserem Institut z, wurde bei der Reduk- tion von Magiiesiumformiat und Mischkristalle~i aus Magnesiumforniiat uiid Nickelformiat die Reobachtung mitgeteilt, da13 reiiies Magnesium- formiat bei 350 "C bestandig ist, aber in Anwesenheit von Nickelformiat bei diwer Tei iperatur pralitisch vollstandig zcrfallt . Die genauen -~ Xitt. I. (Kurzmitteilung): G. RIENWKRR u. W. TOTJRSEL, Mber. dtsch. Skacl. \Vim. 1, 581 (1969). WALTER, Z unorg. allg Chem 279, 59 (1955) ?) G. RIENACKEX, Bf. SCHlJBERT-RIRCKhYST4EDT, J -IT. BlKChFhSTAEDT U. H. 1G"

Über die Beeinflussung von Festkörperreaktionen durch feste Katalysatoren. II. Der thermische Zerfall von Magnesiumformiat, Nickelformiat und Magnesium- Nickelformiat-Mischkristallen

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.. Uber die Beeinflussung von Festkorperreaktionen

durch feste Katalysatoren. IF)

Der thermische Zerfall von Magnesium- formiat, Nickelformiat und Magnesium-

Nickelformiat-Mischkristallen sowie yon Gemengen aus Magnesiumformiat mit Nickelformiat,

Kobaltformiat und Kupferformiat

Von G . RIENACKER uiid W. TOURSEL

Mit 9 Abbilclungen

Inhaltsiihersicht In der Qurtrzfederthermowaage wurden Ma.gnesiuniformiat und Nischkristalle &us

Rhgnesiumformiat und Kickelformiat sowie Gemenge ails fifagnesiumformiat iind Kickel- formiat, Kobaltformiat und Kupferformiat im Wasserstoff-, Kohlenoxyd-, Stickstoff- strom und im Vakuum zersetzt. An Hand der Zersetzungskurven konnte eine Beein- flussung einer Festkorperreaktion durch fwte Katalysatoren nachgewiesen werden. Es wurde versucht, den R,eaktionsverlauf dieser kutdytischen Festk6rperzersetzurlgen zii kliiren.

Suininary The thermal decomposition of pure magnesium formate (I), of mixed crystals between

I and nickel formate as well as of mechanical mixtures between I and nickel, cobalt or copper formate has been investigated by t,hermogravimctric measurements in H2-, S,- and CO-atmosphere and in vacuo, respectively.

The decomposition diagrams indicate a remarkable influence of solid catalysh on a solid-state-reaction. Possible rmction mechanism are discussed.

In einer fruheren Arbeit atis uiiserem Institut z, wurde bei der Reduk- tion von Magiiesiumformiat und Mischkristalle~i aus Magnesiumforniiat uiid Nickelformiat die Reobachtung mitgeteilt, da13 reiiies Magnesium- formiat bei 350 "C bestandig ist, aber in Anwesenheit von Nickelformiat bei diwer Tei iperatur pralitisch vollstandig zcrfallt . Die genauen

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Xitt. I. (Kurzmitteilung): G. RIENWKRR u. W. TOTJRSEL, Mber. dtsch. Skacl. \Vim. 1, 581 (1969).

WALTER, Z unorg. allg Chem 279, 59 (1955) ?) G . RIENACKEX, Bf. SCHlJBERT-RIRCKhYST4EDT, J -IT. BlKChFhSTAEDT U. H.

1 G "

236 Zeitschrift ftiir anorganischc und allgerneine Cheiie. Band 307. 3 9Gi

Temperatur-Gewichtsverhaltnisse Boniiteii mit der damals \-erw-endeten Xpparatur nicht heshimnit werden. Fur die Aufklarung dieser Reaktiori sind sie aber voii grol3er Bedeutung, so da13 wir riunmehr diese Tierhalt- nisse eingehender, uiid zwar iiii wesentlichen niit Hilfe einer. Thermo- waltge, untersucht haben.

1. Besehreihung der Therrnomaage Die voii uns zur Messung der katalytischen Zersetzuizgsreaktioii cles

~~apiiesiuri~forniiats verwendete Therrnowaage ist eine Quarzspiral-

T 1

42 m

RR

-D T

Abb. 1. Thermowaage. T: Thermoelement, TI: Dichtung, XR: Reaktionsrohr. S: Pt-Schale, 0 : Ofen, HBI: Stru- mung5messer, H: Hahn, K: Kuhkr, MR: HeRrohr, M:

Ahleseniarke, Sp : Quar7spirnle, F: Ablcsefcrnrohr

federwaage nach dem Prinzip von BICBAIX und B A I ~ ~ ) , die von uris zur bequemercn Beschickurig und Hand- habung abpeiiiidert, w urde.

Unscre Tliermowaage (Abb. I) besteht aus den1 BIeBrohr MR, in dern sich die Quarzspiralfeder mit der Ab- losemarkc M befindet sowic dem R,eaktionsrohr RK a,us Quarzglas, das die Platin- schale S mit dem Wiigegut enthalt und die durch einen diinnen Quarzfaden mit der Quarzfeder verbunden ist,. MeBrohr und Reaktionsrohr sind clurch einen von kaltem Wasser durchstromten Quarz- glaskiihler voneinander gc- trennt, urn zu verhindern, daR sich der obere Teil der Appmatur wahrend cler Mes- sung ausdehnt, was zu be- trachtlichen Fehlern in dcr Geu-ichtsablesung fiihren wiirde. AuDerdem sind nur Riihler und MeRrohr fest rnit dcm Apparaturstativ ver- bunden, wiihrend das Reak- t,ionsrolir locker eingespanut ist. Hierdurch ist eine iyegeii

9 J. 13'. MCHAIT 11. A . 31. RAKR, J. Amer. chcm SOC. 45, 690 (1926).

G. RIEXACICEE u. It'. TOTRSEL, Beeinflussung \-on ~estl~orperreaktioiien 2337

cler dpl?araturausdeliriung sonst urierlLBliche Vergleichsmessung zwischen einer geson- derten Nullmarke und cler dblesemarke unnotig. Das Ablesen der Quarzmarke 11 er- folgt mit Hilfe eines Fernrohres, das auf einem Kathetometersta,tiv beweglich angc- ordnet ist.

Das Thermoelement T wird bei unserer Apparatur von unten durch eine Gummi- dichtung D his dicht unter die Platinschale eingefuhrt. Durch diese Einrichtung kann das Thermoelement wiihrend der Messung der Platinschale nachgefiihrt werden, damit Fehler in der Teniperaturablesung TTermietlen werden.

Unsere Thermowaage gestatt'et die dnwendung von Gasen aller Art sorvie das Arbeiten itn \'akuum. Ilire Genanigkeit betragt bei 3 g Belastung etwa I mg, was sich fur uiisere Messungen nls i-ollig ausreichrnd rrwiesen hat. Durch Finsetzen anderer Q,narzspiralen kann die Ernpfindlichkeit entsprecheiid variiert werden.

Die Temperaturregdung erfolgte bei Temperaturen his GOO "C mit Kontaktthcrnio- meter, Relais iind R~egeltransformator, bei Temperaturen bis 1200 "C nur mit Regeltrans- formator.

2. Herstellung der ~agnesium-Nickelformitlt-Rliuehkristalle Die Bereit'ung hornogeuer Nagnesium-Nickelforrniat-Mischkristalle

stoat auf Schwierigkeit'eii, da Nickelformiat eine geringere Loslichkeit (etwa 30/) n ls Magnesiumformiat (etwa. 12%) hat.

Das Verfahren von LSNGENBECK und GILLER 4), Xischformiate durch Eindunipfen von Magnesiumformiat- und Xickelformiatlosungen in verdiinnter Ameisensaure herzustellen, liefert wegen der groBen Loslichkeitsunterschiede sehr inhomogene Mischkristalle. An- dererseits erschien die Herstellung der Mqchformiate mit einer von LANGENBECK und DREYER 5) angegebenen Verspruh-Verdampfungsapparatur zu konipliziert. Daher wurden von uns Versuche unternommen, ein geeigneteres Verfahren zur Herstellung der Rlisch- formiat,e aufzufinden.

Versuche, diese durch EinflieBenlassen von Nickel- und Magnesiumacetatlisungen in konzentriert.ere Losimgen von Bmeisensaure und Natriumacetat - die an Xickel- und Magnesiumformiat gesattigt worden waren - unter Ruhren herzustellen, wie friiher2) einmal vorgeschlagen worden ist, brachtcn nicht den gewunschtcn Erfolg.

Dagegen fuhrte das Aussalzen der Mischkristalle aus einer gesattigten Nickelformiat-Magnesiuniformiat -8meisensaurelosung in der Kalte uiiter kraftigem R'iihren mit Aceton zur Ausscheidung vori homogenen Misch- laistallen, was durch die unten beschriebenen therinogravimetrischen Versuche sowie durch Roritgenstrukturanal yse 6, bewiexen wurde.

Zur Herstellung der Nischfformiat,e nach deem Acetoriverfahren uurden von uns ge- siattigte Nickelformiat- und Magnesiumformiatlosungen z . B. durch Losen aon 60 g bas. Nickelcarbonat und 60 g bas. Magnesiumcarbonat in je -500 m l heiBer 50proz. Ameisen- saure und Filtrieren der kalten Losungen hergestellt. Danach wurden z. B. zur Ausfiillung der Dlischkristalle M I 300 ml dcr Magnesiumformiatlosung mit I ,5 nil Kickelformiat- losung vereinigt und unter lebhaftestem Riihren in der Kalte 600 ml hceton auf einmal

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4) W. LANGEHBECK u. A. GILLER, Z. anorg. allg. Chem. ? i d , 61 (1953). 5 , W. LAXUEHSECK u. H. DRIYBE, J. prakt. Chem. [4] I, 285 (1956). fi) W. WERKER, Diplommbeit, Hnmboldt-TJnio. Berlin 1959.

238 Zeitschrift fur anorganische und allgcmcine Chcrnie. Band 307. 1961

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zugegeben. Das ausgefallene Mischsalz konnte nach Abfiltrieren und Waschen mit Aceton in kristallincr Form erhalten wcrden (nahere Einzelheiten7)). Danach wurde es etwa 3 Stunden bei 100 "C getrocknet, da die Mischformiate bei Temperaturen uber 100 "C einen Teil des Krivtallwassers abgeben.

Sowohl von den Keaktionsprodukten der thermischen Zersetzungen - die im wesent- lichen aus Kickelmetall und Magnesiumoxyd neben wenig Magnesiumcarbonat bestehen - wie auch von den Mischformiaten wirden Nickelbestimmungen (elektrolytisch) und Magnesiumbestimmungen (ah MgNII,PO, . 6 H,O) durchgefiihrt und die Ergebnisse der thermogravimetrischen Messungcn fur die Analysen herangezogen. Slle Mischformhte besaaen etwi 4% mehr Wasser, als der Forrnel entsprach.

Minute bis zum Erreiclien einer be- stirnnit en sog. Vergleich sreakt'ions - geschwindiglieit ( Gewichtsverlust der Substanz von 30 nig innerhalb von .?Minuten), danach nur noch 2" pro 5 Minuten. Rei Anwenduns eirier Auf-

iiber die ganze Messung wurde wah- heizgeschwindigkeit von 2" pro Minute

- 600 I rend der Zersetzung der wasserfreien ._-_- : Formiate irn Vakuuni ein Teil der Sub- -100 L

?a0 150 2CU 250 300 3% 400 450 5Gt7 550°C stanz aus der Scllale verspruht.

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7) W. TOERSEL, Diplornurbeit, Humboldt- Cniv. Berlin 1969.

G. RIENLCXER u. W. TOURSEL, Beeinflussung von Bestkijrpermltktionen 239

gestellt, und zwar ist A reines Magnesiumformiat, E reines Nickel- formiat; B bis D sind die Zersetzungskurven der verwendeten Misch- formiate.

Aus der Abb. 2 geht hervor, daa die von uns untersuchten Formiate 2stufig zerfallen, wobei clic erste Stufe die Dehydratationsstufe ist. Die Entwasserungsknrven der illischforniiate mit niedrigen Nickelgehalten und des Magnesiumformiats sind identisch.

In der zweiten Stufe zerfallt reinea Nagnesiumformiat unter Bildung von Kohlendioxyd, Kohlenmc.nosyd, Wasserstoff und hoheren organi- schen Verbindungen. Als Ruckstand hinterbleibt neBen wenig Magnesi- umcarbonat und Kohlenstoff braunlich gefarbtes Magnesiumaxyd Mischsalze bilden aurjerdem noch metallisches Nickel.

Der Zerfall des Magnesiumformiats wird gewohnlich durch die Gleichungen

I. Stufe &fg(HC00)2 . 2 H,O -+ Mg(HCOO), + 2 H,O TT. Stufe Mg(HCOO), +MgO + H, + CO + CO,

wiedergegeben, es mu13 aber darauf hingewiesen werden, dalS in der 11. Stufe noch andere, zum Teil wesentlich kompliziertere Reaktionen ablaufen.

Nickelformiat zerfallt ebenfalls 2stufig. Es entsteht aber in der 2. Stufe metallisches Nickel, im Gegensatz zum Magnesiumformiat, bei dem Magnesiunioxyd gebildet wid . Aucli ist die Zersetzungstem- peratur vie1 niedriger. Unsere Kurve entspricht nicht ganz der von ZAPLETAL, JEDLI~KA und R ~ ~ I E K A ~ ) angegebenen . Bei diesen Autoren geht namlich die Dehydratationskurve in die Zersetzungskurve des wasser- freien Salzcs iiber, was auf die schnellere Temperatursteigerung und die Venvendung von Luft bei tier Versuchsfuhrung der genaniiten Autoren zuriickzufiihren ist.

In Tab. I sind die wichtjgstcn Temperaturdaten der Zersetzungs- knrven sufgefuhrt. Aus ihr geht hervor, daB die Zersetzung des reiiien Magriesiumformiats in der 2. Stufe bei 330 "C begiiint. Der Magnesium- formiatzerfall erreicht aber erst bei 4 L5 "C die Vergleicl.isreaktions- geschwindigkeit - d. h., in ,5 Minuten tritt ein Gewichtsverlust von 30 mg ein - und ist bei 430 "C bcendet. Zwischen 415 "C und 450 "C zerfdlt der groUte Teil des Magnesiuinformiats (Hauptreaktion).

Ein Vergleich der Zersetzungskurven der Abb. 2 oder der Zersetzungs- temperaturen in Tab. 1 zwischen Magnesiumformiat und den vier Misch- formiaten zeigt, daB sich schon bei den geringsten Nickelbeimengungeri zum Magiiesiumformiat cine sehr deutliche Erniedrigung der Haupt-

8 , V. ZAPLETAL, J. JEDLIEKA u. 1'. R ~ ~ I ~ K A , Coll czechoslov. chem. Commun. r?", 172 (1957).

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Zeitschrift fur unorganische und allgemeine Chemie. Band 307. 1961

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reaktionstemperatur der 3lisch- kristalle gegenuber reinem Magne- siumforiniat bemerkbar niarhx, d. h., da13 die Zersetzungsge- schmiuciiglteit bei den Mischsalzen erheblich griif3er ist. Die Er- niedrigung der Zersetzungsternpe- raturen ist aber keiiieswegs pro- portional dern zunehmenden Niclrelgehalt, vielmehr wird der Unterschied zwischen den Haupt- reaktionsteniperaturen der Miscli - formiate mit steigendeni Nickel- gehalt irnmer geringer.

In Abb. 3 ist der Nickel- gehalt dcr Mischliristalle gegeii ciiejenige Temperatur aufge-

Abb. 3. Z~ruetzungstemperatur \-on Misch- formiaten mit verschiedenemXi ckelgehalt

trageii, bei der die -09. Ver- gleichsreakt ionsgeschwindigkeit

erreicht wird. Die Kurve. steigt steil gegen die Zersetzuiigstern- peraturen der Mischforniiate injt hohereii Nickelgehalten an (260 l)is 300 "C). Aim dein starkeii Eiriflulj sehr gerjnger Ni-Mengcn

G. KIEKACKER u. W. TOURSEL, Beeinflussung von Featko~~~l.reaktioneii '7.41

(11 I) geht der Batalytische Verlauf der beschriebenen Zersetznngs- reaktiuiien besondei-s gut hervor.

Benierkenswert ist, daf3 die Nickelfc rmiatkomponente, dip in don Mischkristallen isomorph eingebaut ist, niclit bei derjenigen Teniperatur zerfallt, bei der das reine Nickelformiat zerfalleii iniiBte (220-250 "C). Vielmehr findet eine gemeinsame Zersetzung der Komponenteii hei hoheren Temperaturen statt, so dal3 eine Stabilisierung des Nickel- formiats durch die Mischlrrista!llildung angeiiommen werden niuf3. Diese Erscheinung wiirde auch bei der therniischeii Zersetzung voii Calcium- Nickeloxalat-Mischkristallen festgestellt, bei defien anschei- iieiid eine gaiiz beschrankte Mischbarkeit beider Komponenteii vorlirgt. Eiue qemeinsanie Zersetzung von in den Zersetzuugsteniperatureii nicht, iibereinstiminenden Komponeiiten diirfte als Beweis einer Mischlrristall- bildung anzuseheii sein, der vor allem bei geriiigen Mengen der einen Komponeiite interessaiit sein diirfte.

4. Thcrmogra~~imetrische Untersuchung der Zersetzung von Gemengen aus Hagnesiumformiat und wenig Nickeltormiat im Wasserstoffstrom

Uberraschende Ergebnisse erhielten wir bei der Zersetzung mechanisch hergestellter Gemenge aus Magnesjumformiat uiid Nickelformiat, die eine alinliche Zusammensetzung wie die &Iischkristalle hatten.

Diese Gemenge wurden durch Verniischen (etma 1 Minute) der be- rechneten Anteile von Magnesiuiiiformat und Xickelforniiat in der Reibschale hergestellt. Wir konn ten beobachten, daJ3 das Magnesium- formiat auch in den Geinengen bei wesentli~ll tieferen Temperntnren zerfallt,.

In Tab. 2 sind die ersten drei Mischkristslle den eiitsprechenden Ge- mengen gegeiiubergestellt. Es ist zu ersehen, daS, abgesehen vcn Ge- menge I, das ja nur sehr wenig Nickel als Geniengebestandtoil enthdlt. in den Gemengen eine noch stiirkere Erniedrigung der Zersetzungs- temperatur des Magnesiumformiats vorliegt als in den Mischkristallen, allerdings nur hei Mischkristallen und Geniengeii mit niedrigeii Kickel- yehahen.

Im Gegensatz zu den Mischformiaten findpt in den Gemengen eiiie getremite Zersetznng der Nickelformiat- uiid der n~agnrsiun~fori~iat- konipoiiente statt. Aus unseren Messungeii (Abh. 4) geht hervor, daB bei 230-250 "C die Zersetzung des Nickelformistantoils uiiter Xickel- bildung erfolgt. Dieses Nickel katalysiert nun in den Gemengeii den Nagnesiumforniiatzerfall wirksamer als in den Mischkristallen, i n clenen clas Nickelformiat durch deli isomorphen Einbaii stabilisiert ist und daher

Zeitschrift fiir anorganischc und allgemcine Chernie. BtLnd 307. 1961

erst bei hohercn Temperat,ureii unter Bildung von katslytisch wirksamem Nickel zerflllt. Auf

I

1200

I fimperatur -

Sbb. 4. Zersetzungskurven. A: Ma- gnesiumformiat, DM: &bchkristalle M I11 (1,41 M01-y~ Nickelformiat), Da: Gemenge G III (1,48 &Id-% Nickelformiat) im Wasserstoffstrom

diese W-eise erkliirt sich die nocli niedrigere Zersetzungstempe- ratur der Gemenge.

,4us diesen Versuchsergeb- nissen geht weiter hervor, dafl bei geringen Nickelgehalten nicht der isomorphe Einbau des Nickels in den Magensiumfor- miatliristall dessen Zersetzung beschleunigt, sondern da.13 diese Effekte auf einer spezifisch katalytischen Wirkung des me- tallischen Nickels beruhen, ahn- lich wie bei der katalytischen Zersetzung des Calciumoxalats, die von uns ebenfalls unter- sucht wurde und deren Ver- suchsergebnisse spiiter veroffent - licht werden sollen.

G. RIEX~CKER u. W. TOURSEL, Beeinflussung von Festkorperreaktionen 243

Zu erwahnen ist, daB Ge- menge, die durch Vermengen vorher getrennt entwasserter Salze hergestellt worden waren, die gleichen Effekte zeigten. Bei der Dehydra- tation findet also keine zu- aatzliche Vermischung der beiden Gemcnge-Komponen- ten statt.

5.Thermogravimctrische htersuchung der Zer- setzung von Gemengen und Mischkristallen aus ;Magnesium- und Nickel- formiat mit hohcren Piiekclformiatffchalten im Wasserstoffstrom

Zur Zersetzung von Ge- meiigen und Mischkristallen aus Nagnesiumforrniat mit hbheren Kickelformiatgehal- ten im Wasserstoffstrnm wwrde - abweichend yon allen anderen Zersatzungen -

cine einheitliche Aufheizge- schwindigkeit von 2’ pro Minute uber die gesamte Messung gewahlt. Die Ein- wauge an Gemenge oder Mischformiat wurde auf einen Grundgehnlt Ton 400 mg Ma- gnesiumformiat (Mg(HCOO), . 2 H,O) berechnet, 60 dal3 r-ergleichbare Merigen an Magnesiuniformiat bei allen Messungen dieser Reihe vor- lagen.

Die michtigsten Tem- peraturdaten der Zer- setzungen dieser Ge- menge sind in Tab. 3 zusammengefarjt. Auch hier zerfallen beide

2-14 Zritschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 307. 19G1

Koinponeiiteii getreiint, daher verliiiift die Dehydratation bis 220". Ton 225- 260" zersetzt sich daiin die P\Tickelforrniatkompoiiente uiiter Bildixiig metallischen Nickels und bei 265" (50 Ivlol- yo Kickelformiat) be- giniit schlielalich die Zersetzung der Maguesiumformiatkornponeiite.

An den Zersetzungen dcr Geinenge init holieii Nicl;elforniiat~gelialte1-1 ist interessant, daS das Maxinium des Nickeleinflusses aiischeiiieiid bei 50 M ~ l - ~ h liegt. Bei hijheren Nickelgehalten beeinflufit das Nickel die Reaktioii wieder ungiiiistiger ; vielleicht wirkt es als ,.Ballast" drr gleich- md Wigeii Xufheizung entgegen. Diesen ungunstigen EinfluW hoher Nickrlgehalte erkeiint man riicht nur ails clem spateren Begiiiii tier Zersetzung der Mrtgnesiumformiatkoniponente. In Tab. 3 (Spalte 3 ) sind iiamlich auch diejenigen Temperaturen angegeben, bei denen die starkste Zersetzung der l\lagnesiumformiatkomponeiite beobachtet werden koiinte. Da alle Gewichts- und Temperaturablesuiigeii im Ah-

Abb. 5. Ze~setziingskurven der Mischformiate 11 13 bis M I;9 urid voii Magnesiumformiat im

Wasserstoffstrom

stand to11 5 Xinuten erfolgten, koiinte damit die sttirkste Ge- wichtsabnahme in 5 Minuten errnittelt werden (Tab. 3 ) . Auch hier ist eiii Maximum bei dem Gemenge mit 50 R i l o l - O / , Nickelformiat festzustelleii ; die maximale Gewichtsabnahme wird bei hoheren Eickel- gehalten geringer. -

Die zersetzten Gemengc (MgO und Ni) rnit mchr nls 80 &101-:/~ Nickcl- formiat sind im Gegensatz zum h-ickel aus reinem Nickelformiat pyrophor.

Die Zersetzungskurveii der Jliechkristalle sind in dbb . 5 tlargestellt, von deu Miscli- kristallen 31 64 uncl M 69 aller- dings iiuu die 11. Zersetzungs- stufe. Die wichtigsten Teinpe- raturdnteii wurden iii Tab. 4 zusammengefaBt .

I

lin Gegensatz zu den Gemeiigen zersetzen sich die Mischformiate aucli bei hohen n'ickelgehalten geineinsain, wie Abb. 5 darstellt, es wurdeii keine getrennten Zersetzungsstufen beobachtet. Es koniite aber fwtgestellt werden, da13 gegen Elide dcr Zersetzung hei Mischformiaten iiiit liijhereii Nickelgehalten (ah 40 &I(bl-?$ Kickelformiat) eine langsame

G. KIESICKER 11. IY. TOERSEL. Reeinfluwiing von Bestkorperreaktionen 246

urid kontinuierliche weitere Zer- setzung bis zu hoheren Tempe- raturen (550") stattfindet, was noch keine Erkliirung gefunden hat. Daher ist in Spalte 5 der Tab. 4 das Zersetzungsende der Hauptanteile tier Mischformiate angegeben.

A b Mischformiat 1141 (mit 41,O Mol-nb Sickelformiat) sind die Reaktionsruck- stdnde (MgO und hli) pyrophor.

Tn Abb. ti ist ein Vergleich zwiechen eiiieni Gerneiige (70 Mol-% Nickelformiat) und eineni Mischkristall der an- riahernd gleicheu Zusaiiimen- setzung (60,l Mol-% Nickelfor- miat) dargestellt. Sie zeigt am deutlichsten, daJ3 die Misch- kristalle bei holieren Nickel- gehalten im gaiizen gesehen er- heblich stiirlcer labilisiert sind als die Gemenge. Dieses Ver- halteii ist, auf die bei hohereii Temperaturen bedingte Labilisie- rung einesMischkristalls aus Koni- poiienten mit derartig unter- schiedlichen Zersetzungstempe- raturen zuriickzufuliren.

6. Thermogravinietrisehe Unter- suchung der Zersctzung cines Gmenges aixs Magncsiumformiat iind Kickelf ormiat in verschie-

dcnen Basen und im Vakuuni

Zur Untersucliung dcs Ein- flusses verschiedenw Gase auf die Zersetzungsreaktion des Ma- gnesiixinforiniats wurden verglei- cheiide Untersuchungen rnit rei-

3 r 3 3 0 c 3 0 0 r- a a3 w r- t- 1- r- 31 rn m m rc m m m

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2% Zeitsciirift fur allorganisclie mid allgemeiiie Chemie Bm:d 3U7. 1961

iielvMagnesiumformiat einerseits und dem Gemenge G 111 mit 1,48 Mol- yo Niclielformiat andererseits im Stickstoff-, Argon-, Kohlenoxydstrom

Temperolur 4oQ rc/ 200 zao 300

Abb. 6. Xeractmngskui-ven des Gemenges G T O und 3Iischkristalls M 69 am Magnesiumformiat mit

-70 Mol-% Kickelformist im Wasserstndfstrom

(7Oml pro Minute) sowie ini Vakuum diirchgefiihrt.

Die Abb. 7 zeiqt die Zersetzungskurveii desMa- gnesiumformiats, dieAbb.8 die Zersetzungskurven des Cerrienges G IT1 im SticB- stoff -, Wasseretcff - , Boh- lenoxydstrcm und irn Va- liuuiii. Die Tab. 5 fal3t cliese Ergebnisse an Haiicl von Temperatmangaben zusammea. Aus den Abb. 7 und 8 und der Tab. 5 geht, hervor, daB die Zer- setzuvgstemperaturen des reinen Magnesiumformiats

nnd der ~~agriesiumforiiiiatkompoilellte im Gemenge G I11 sehr stark von der verweiideten Gasatiiiosphiire abhaiigig sind, wobei such hier darauf Iiiiigewiesen sei, daB die Erniedrigung der Zersetzungstempc-

rn

emperatur - dbb. 7. Zersetzungskurren \-on Ma- gnesiumformiat in Kasseretoff (HJ, 1111 J-akuum (V), in Kohleiioxyd (CO)

und Stickstoff (NJ

t $ Q

A1 b. 8. Zerset,zungskurven des Ge- meugcs G 111 am Magneuinmfoimiat untl 1,18 M o I - ~ ~ , Sickelformiat in H?.

im Vakuum, iii CO uncl N,

G. HIEXACKER 11. ITr. TOURSEL, Beeinflussung 1.011 Festkorperreaktionen 247

ratur des Magnesiumformiats auf eine Erhiihung der Reak- tioiisgeschwindigkeit zuriick- zufuhren ist.

Schon bei der Dehydrata- tion der Substanzen in ver- schiedenen Gasen bestehen gewisse Unterschiede, die wahrscheinlich auf die unter- schiedl j chen Dif f usionsge - schxindigkeiten der Reak- tionspodukte in den ein- zelnen Gasen zuruckzufuhren sind.

Besonders grol3e Unter- schiede bestehen aber bei der Zersetzung des Magnesium- formiats in der 11. Stufe zwischen dem Gemenge G I11 und dem reinen Magnesium- formiat. Bei Betrachtung der Abb. 7 ist zu erkennen, daI3 Wasserstoff die Zersetzung cies reinen Magnesiumformiats offenbar sehr giinstig beein- flufit, denn gegenuber Xtick- stoff ergibt sich eine Er- iiiedrigung der Zersetzungs- temperatur des reinen Ma- gnesiumformiats von 45 "C.

Beim Gemenge ljegen da- gegen die Verhaltnisse anders. Hier ist eine sehr ungiinstige Beeinflussung der Reaktion hei Kohlenoxydeinwirkung festzustellen (Abb. 8). Dies kann seine Ursache in einer Vergiftung des Nickels durch Kohlenoxyvd haben, da ge- rade in den1 fraglichen Tem- peratnrbereich das Xickel die

2.18 Zeitschrift fiir anorganische und allgemcine Cheniic. Band 307. 1961

Zcrsefzung des Kohlenoxyds uiiter Bilduiig von Kohleiidioxyd und d b - scheiduiig von Kohlenstoff am Kickel fordert '). Darauf weist auch der friihe Beginxi (300 "C) der Zersetzung der Magnesiuinforrniatliomponeiite hin. Die Reaktioii verliiutt aber mit sehr gerjnger Geschwindigkeit und erreicht die sogenaiinte Vergleichsreaktionsgeschwindigkeit sehr spkt. iiamlicli fast bei den gleicheii Temperaturen %vie beim reinen BIagnesium- formiat,

Die Eirirvirkung von Kohleiioxyd auf Nickel aus Xickelformiat unter dbscheidung vcn Kolilenstoff am Nickel in Sbhangigkeit von der Temperatur ist besonders bemerkenswert '). Die Veroffentlichung dieser Versnche, auch an Eisen, Nickel urid Eisen-Nickel-Legicrungen aus deli Xschoxalaten heider wird spiiter erfolgen.

Besonders interessant ist aucli der Zersetzungsverlauf des Gemenges im Stickstoffstrom. Auch hier setzt die Keaktion schon fruher ein. Die Reaktioiisgeschwindigkeit jst zwar hoher als bei der Zersetzung in Kohlenoxyd, bleibt aber irrinier etwas unter der Vergleichsreaktions- geschwindigkeit, selbst bei hoheren Temperaturen ( A t ist daher nicht genau zu bestirnmen uiid in Tah. 5 eingeklammert), so da13 immer weiter mit eiiier Xufheizg~schn.indiglieit von 2 "C pro Minute gearbeitet wurde. Daher f611t diese Zersetzungskurve im Gepeiisatz zu allen anderen Kurven nicht so stark ab. Auch diese Erscheinung muB mit einer Vergiftung des Nickels durch das bej der Zersetzung des Magnesiumformiats entstehende Kohlenoxyd in Zusammenhang gebracht werden. Eine Vergiftung durch Sauerstoffspuren im Stickstoff ist, nicht moglich, da ein mit Kupfer- turm von Sauerstoff befreiter Reinstickstoff verwendet wurde.

Bei eiiier Zersetzung des Gemeiiges G 111 irn Vakuum oder im Wasser- stcffstroni werden dagegen die Zersetzungsgase so schnell fortgefuhrt, daS eiiie liingere Verweilzeit des Kohlenoxyds am Nickel unter Ver- giftung des Metalls nicht moglich ist.

Bei Retraclitung von Tab. 5 fallt aber nicht nur die verschicdeiie Eriiiedriguiig der Hauptreaktionstemperaturen in den eirizelrien Gaseii auf, sondern auch der unterschiedliche Begiiin der Magnesiumformiat- zersetzung in loeiden Substanzen. Der groDte Unterschied zwischen derii Genienge G 111 und reinem Magnesiuinformiat in1 Beginn der Zer- setzuiigsreaktioii besteht in Kohlenoxyd ( S S O ) , dann folgen Stickstoff (mit 65" Differenz) und Wasserstoff (40"). Im Vakuum besteht schlieB- lich zwischen den1 Zersetzungsbeginn beider Substanzeii kejnerlei Temperaturuiiterschied mehr. Die Messang im Vakuum beweist anr deutlichsten, daD SOTI old die Zersetzuiig des reinen Magnesiumfor- iniats als auch die des Genienges hei der gleicheii Temperatur beginnt, clam sber die ReaktioIisgeschwincliplicit der Zersetzung der Magnesiurn-

G. RIEN~CKER u. W. TOWRSXL, Beeinflussung von Pestkorperreaktionen 245

formiatkomponente des Gemenges durch katalytische Einwirkung der Nickelkom-ponente sehr rasch gesteigert wird. Auch diese Beobachtung beweist, dal3 es sich bei den Feobachteten Erscheinungen um eine echte katalytische Reaktion handelt. Der Reaktionsbeginn diirfte bei beiden Substanzen auch in einer Gasatmosphare bei den gleichen Temperaturen liegen, wobei allerdings die Zersetzung des reinen Magnesiumformiats unmef3bar gering ist.

Es konnte weiter festgestellt werden, da13 ein Unterschied im Zersetzungsverlauf des Gemenges G I11 im Stickstoffstrom nicht besteht, wcnn man vorher das Gemenge mit Wasscrstoff bis 300 "C - bis das Nickelfonniat unter Bildung von Nickel zerfallcn ist - vorbehandelt und darauf die Magnesiumformiatkomponente im Stickstoffstrom zersetzt, oder ob man von Anfang an nur im Stickstoffstrom arbeitet. Dieser Reaktionsverlauf be- weist, daB sourohl in Wasserstoff als auch in Stickstoff das gleiche wirkaame Nickel ge- bildet wird. -- Da beide Zersetzungskurven identisch sind, wurde nur eine davon in Abb. 8 aufgenommen.

Die Zersetzung der Mischf'ormiate und Gemenge unter Bildung des nickelhaltigen Magnesiumoxyds wird wahrscheinlich in alleii Gasen (oder im Vakuurn) zu dem gleichen festen Endprodukt fuhren; die Ober- flachengrofie der Stoffe wird dagegen in gewissen Grenzen von den unter- schiedlichen Zersetzungstemperaturen in den verschiedenen Gasen ab- hiingig sein. Die Verwendung von Wasserstoff zur Herstellung von Nickel-Magnesiumoxydkontakten durch Zersetzung der Formiate scheint daher nur wichtig zur Erzielung groBerer Oberflachen wegen der niedrigeren Zersetzungstemperatur ; durch Zersetzung im Vakuum miil3ten sich daher mindestons genauso aktive Koiitakte gewinnen lassen, wie DANE^ und J i ~ 6 $) bei entsprechenden Oxalsten zeigen konnten.

7. Diskussion des miiglichen Reaktionsablaufs der besehriebenen kataly- tischen Reaktionen

Es w-urde auf S. 239 erwiihnt, daIS bei der Zersetzung des reinen Magnesiumformiats neben Kohlendioxyd, Kohlenmonoxyd und Wasser- stoff auch noch hoher kondensierte organische Verbindungen entstehen. Dies konnten schon K. A. HOF~IANN und SCHUINPELT~~) beobachten. Das entstandene Magnesiunioxyd ist zudem nicht farblos, sondern braun. In Anwesenheit von wenig Nickel sowohl in den Mischkristallen als auch in den Gernengen erhalt man dagegen ein ungefarbtes Magnesiumoxyd und keine teerigen Produkte.

Fur die Aufldarung dieser Reaktion erschien dahei die ,4ufstellung einer Stoffbilanz von besonderer Bedeutung. Die Gemenge waren hierzu

g) V. DANE$ u. P. J i~e , Coll. czechoslov. chem. Commun. 21,765 (1956) und 22,1547 (1957).

lo) K. A. HOFUANN u. S. SCHUMPELT, Ber. dtsch. chem. Ges. 49, 308 (1916).

.~~ ~~ ~

2. anorg. allg. Chemie. Bd 3 0 i . 17

250 Zeitschrift fur anorganiachc und allgemeine Chemie. Band 307. 1963

wegen der absolut getrennten Zersetzung beider Komponenten besonders geeignet. Da auBerdem im Vakuum die gleichen katalytischen Effekte zu beobachten waren, konnten die Zerseteungsgase ohne Gasballast eines Tragergases mit Hilfe einer TOPLER-Pumpe transportiert werden. Die Beschreibung der Versuchsdurchfuhrung sowie die Ergebnisse der Gasanalysen sind im experimentellen Teil zu finden.

Es wurden von reinem Magiiesiumformiat und von drei Gemengen mit 1,48 Mol-Yo, 5-Mol-X und 10 Mol-% Nickelformiat Gasanalyseu der Zersetzungsgase durohgefiihrt. An Halid der Gasanalysenwerte wurden Stoffbilanzen von reinem Magnesiumforniiat einerseits und von dem Gemenge G 5 mit 5 M01-y~ Nickelformiat aufgestellt. In Tab. 6

Tabelle 6 S tof fb i lanz d e r Zerse tznng

Substanz 1 Magnesiumformiat I Gemenge G 5

Zusammensetzung in MOI-O/, 1 - 5,O I I Nickelformiat

280-370 I Zersetzungstempera,tur (OC) 1 300-470

168,7 I Einwaage anMg(HCOO), inrngl 194,7

Zusammensetzung der gas- formigen Reaktionsprod.

VOl-0,; co, 1701-% co Vol-?& H, Tol-% CH,%

37,4 67,9

4 7 -

33,9 36,2 29,4 0,5

I

bcrcchnet gcfunden berechnet gefunden

Zusammensetzung in mg C 32,l 35,4 33,6 H ?: ~ 0,g 3,O 2,4

&Ig! ' 0 109,O 87,? 94,1 89,6

41,4 35.9 35,9

160,9 168,i lii1,5 I 193,7 ~ ~ ~~~ ~~ ~ - .

Zusammensetzung in mg-atom c: 3,4 ?,7 2,95 %,8 H 3.4 0 2 2,95 2,45 0 G,8 6,45 6,9 6,6 Mg ' 1,7 1,7 1,6 1,5

Substanzverlust (in Formkon-, densierbarer Reaktionspro- dukte) in mg atom C 0,i 0,15

H R,? O,65 0 1,35 O,3

G. RIEN~CICER u. W. TOURSEL, Beeinflussung von Festkorpeimaktionen 2bl

siiid diese Vlierte zusammengefaat. Man erkeniit, dalJ erhebliche Unter- schiede zuFischen reinem Magnesiumformiat und dem Gemenge nicht, nur in der Zersetzungstemperatur, sondern auch in der Zusammensetzung der Zersetzungsgase bestehen. Besoiiders grol3e Differenzen siiid im Wasserstoffgehalt festzustellen : Wiihrend beim Gemenge diese Meiige annahernd (bei Berucksichtigung der Methanbildung) der theoretischeii entspricht, ist der Wasserstoffaiiteil beim reinen Magnesiumformiat fast ganz zu G unsteii der Bildung organischer Verbindungen und Wasser verbraucht worden. Diese Unterschiede sind auch in der Bilanz zu er- kennen, wobei iiaturlich w-egen der Vielzahl der moglichen organischeii Verbindungen nichts iiber deren Zusammensetzung ausgesagt werdeii kann. -

Im Gemenge mit Nickel scheint dagegen die Xagnesiumformiat- komponente im wesentlichen nach der Reaktionsgleichung

Mg(HC00), + MgO + CO, + CO A H2

zu zerfallen. Die fehlende Substanzmenge ist auf die Bildung xcn Wasser und etwas Kohlenstoff zuriickzufuhren.

Diese Versuchsergebnisse habeii uns dazu gefiilirt, ztls Arbeitshypo- these folgendes anzunehmen : Bei der Zersetzung des reinen Magnesium- formiats entstehen prim&-, der R.eaktionsg1eichung entsprechend, Kohlendioxyd, Kohlenmonoxyd und Wasserstoff. Aus dieseii bildeii dich - vielleicht sogar katalytisch am Magnesiumoxyd -- Wasser und hohere, sauerstoffhaltige organiscke Verbindungen. Diese blockieren die Oberflache des Magnesiumformiats, da sie zum Abdiffuiidieren hijhere Teniperaturen beniitigen als CO,, CO und €3,.

Sei Anwesenheit voii Nickel eiitstehen eiitweder diese Verbindungen nicht in dem MalJe, oder was wahrscheinlich ist, zerfallen die organischeii Verbindungen katalytisch am Nickel unter Bildixiig der urspriinglicheti Gase, die nun leichter von der Oberflache des Magnesiuniformiats weg- diffundieren kiinnen : Die Reaktiousgeschwindigkeit der Zersetzung wird groBer, uiid dies druckt sich in einer Erniedrigung der Zersetzungs- temperatiir der Mischkristalle und der Gemenge aus.

8. Thermogravirnetrische Versucho mit Gcrneng.cn aus Nagncsiiiiii- formiat und Kupferformiat sowie Kobaltformiat

Ti1 Torlaufigen T'ersuchen zur Prhfung der katalytischen Wirksamkeit anderer Metalle auf die Zersetznng des Magnesiumformiats wurden in der Reibschale hergesteIlte Gemenge aus Kupferformiat unrl Nagnesiumformiat sowie Kobaltformiat, und Btagnesiumformiat

Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 307. 1961

untersucht. Abb. 9 zeigt die resultierenden Zer- setzungskurven, deren wichtigste Temperaturdaten in Tab. 7 zusammengefaSt sind. Als Vergleichs- substanzen sind aul3erdem noch Magnesiumformiat

lhperutur - dbb. 9. Zersetzungskurven. A : Rfg-Formiat, Cu : Gemenge aus Cu- und Mg-Formiat, Ni: Gemenge ails Ni- und Mg-Formiat, Co: Gemenge aus Co-

und Mg-Formiat

und das Gemenge G I11 aus Magncsiumformiat und Nickelformiat in die Abb. 9 soivie in die Tab. 7 aufgenommen worden.

Aus Tab. 7 geht hervor, daS Kupfer die Zersetzuiigstemperatur des Magnesium- formiats sehr wenig, Kobalt aber die Zer- setzungstemperatur am stiirksten von den untersuchteii Netallen herabsstzt. Nickel hat eine almliche Wirkunp wie Kobalt, katalysiert aber die Zersetzung des Magne- siumformiats nicht ganz so stark.

Unsere Beobachtungen eroffnen ein Xrbeitsgebiet, auf dein bisher, jedenfalls in der Literatur, nur woiiige Beobach- tungeii mitgeteilt sind.

Es ist beahsichtigt, auf diesem Ge- biet der katalytischen Beeinflussung von Ycstkorperreaktionen durch feste Kata-

G. RIEX~CKER u. IT. TOURSEL, Beeinflussung von Festkorperreaktionen 263

lysatoren weitere Unter- suchungen syEtematisch durchzufiihren, vor allem die Einwirkung verschie- dener Metalle wie Nickel, Kobalt, Eiseii, Kupfer und andere auf die Zersetzuiig der Formiate und Oxalate der Erdalkalimetalle ther- mogravimetrisch zu unter- suchen.

9. Experimentelle Einzel- heiten zur Stoffbilanz Die Zersetzung von Magne-

siumformiat und Gemengen mit Nickelformiatgehalten bis 10Mol- yo wurde in einer Zersetzungs- apparatur vorgenommen, die aus einem elektrisch beheizten Zer- setzungskolben besteht. Die Temperatur konnte mit. Hilfe eines in den Kolben eingefiihrten Thermoelements bestimmt u-er- den. An den Zerset.zuiigskolben ist ein Xreuzstiick angeschlossen, dar sowohl ein Manometer tragt, wie auch zwei mit Hahnen ver- schlieJ3bare Zweigleitungen. Die erste Leitung fiihrt zu einer Kuhl- falle (fliissige Luft), an die eine Gmm-6lpumpe angeschlossen ist. An die zweite Leitung ist da,gegeii iiber eine kleine Falle (Alkohol-C0,-Schnee) eine 2OO-nil-Tomm-Pumpe ange- sehlossen.

Zur Zersetzung dcr Formiate wurden zwei gleiche Proben der Substanz eingcwogen und die eine davon in den Zersetzungs- kolben iiberfiihrt. Mit der zweiten Probe wurde die Thermowaage beschickt, urn den T'erlnuf der Zersetzung auch gravimetrisoh festzuha.lten. - Ahnliche Ver-

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233 Zeitschrift fur anoigttnischc uncl allgemeine Chemie. Band 307. 1961

s u c h nerden von unx in einer Thermowaage vorgenonimen, an die e k e ToPLER-Pumpe direkt angeschlossen ist. - Nach Kvakuieren der Apparatur wurde srunlchst wie bei tliermogravimetrischen Arbeiten die Tcmpratur kontinuierlich (1" pro Minut,e) auf 220" erhiiht, nm die Formiate zu entwassern. Dabei war der zur TdPLER-Pumpe fuhrende Hahn geschlossen, ebenso wie bei der Zersetzung der Nickelformiatkomponente der Gemenge. Nun konnten bci kontinuierlicher Temperatursteigerung und Abstellen der Olpurnpe unter Reobachtung des Mnnometcrs die Nickelformiatkomponente zemetzt und sch1ieBlich iiach Beendigung der Nickelformiatzersetzung (250") die Zersetzungsgase volLst,&ndig abgepumpt werden. Darauf wurde der Verbindungsweg zur erakuierten T6H,ER-Pumpe geoffnet und dcr zur Olpumpe fuhrende Hahn geschlossen.

Die Zersetzung des Magnesiumformiats (oder der Magnesiumformistkoniponente der Gemenge) koririte jetzt unter weiterer Temperatursteigerung durchgefuhrt werden, wobei die Zersetzungsgase stknindig mit der TojPLxR-Pumpe abgepumpt warden (1 Hub pro Minnte). Hierbei erhohta sich der Druck in der Zersetzungsupparatur nicht uber 10 Torr. - Die Zersctzungsgase konnten schliel3lich in einer 100 ml-Gasbiirette gesammelt und nach Beendigung des Versuchs in einen KiiHL~:R-Gasa,nal~sa,tor uberfiihrt werden. Diese Apparatur war zur vollst&ndigen Gasanalyse unter AusschluB schldlicher GasrLume ein- gerichtet, mit Quecksilber als Sperrfliiesigkeit, da niit betrbchtlicficii CO,-Antcilen zu rechnen war.

Bis snf G 10 wurdcn von jcder Substanz drei Analysen durchgefiihrt. Die Ergebnisxe tiieser Nessungen sind in Tab, 8 zussmmengcfaBt. In Zcile 3 sind die Einwilagen der ~~~gnesiurnformiutkoniponenteii aufgefuhrt, also niclit die Gesamteinwaagen (bei Ge- mengen). Zeile 1 fiihrt die gesamte bei der Zersetznng der Nagnesiumformiatkom- ponente gesa.mmelte Gasmenge auf, willrend in Zeile 5 die Zusammemetzung der Zer- setzungsgase in Vol.-oh zii finden ist.

Zur Errechnung der Gt,offbilanz wurclen bei reinem Xa,gnesiumformiat die ersten Werte herangezogen, beim Gcmenge G 5 die dritten.

Berlin. I . Cheinisches Institut der Huinboldt- Universitut tcnd Institut f iir unorganische Katnlyseforschung der Dezctschen Akadeinie der Wissen- schaften ZIC Berlin.

Bei der Redaktion eingegangen am 1. Marz 1960.