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115 niittirende Eigcuschaft der Inductionsstrilme wurdc inicfi von weitereu Versuchen abschrecken, denn ein solches Licht wird man technisch nie brauchbar machen konnen. Dafs das hier cntstehende Kohlenlicht selbst bei dem schnellsten Tempo des IJnterbrechers sehr deutlich interuiittirt, davon kanu man sich durch schnelles Hin- uud Herbewegen eiiics beleuchteteu Gegenstandes leiclit uberzeugen. Ueberhaiqt wird der Inductionsstrom iminer weniger Warme entwickeln als der zu seiner Hervorrufung angeweudete Strom der Saule, und ~ e n n aucli diese Eigenschaft nicht gerade in directer Beziehung zur Erzeugung des Kohleulichtes steht, so Iafst sic11 docli das letzterc miederuin ohne starke Wiirine- cntmicklung nicllt denkeu. IApzig iin Fehr. 1856. VIII. UeLer die Befiirderung gleichzeitiger Depe- schen durch einert telegruphischen Lriter ; con Werner Siemens. Bereits im Jalire 1 ~ 9 bescli8ftigte ich inicii in Geinein- scliaft init IIalske init der Liisung der Aufgabe, durch telegrapliische l i t e r cine die Zalil der Drahte iibcrsteigendc Zahl gleiclizeitiger Depescben zu befi)rdern. Wir gingen dabei von folgendc~l Retrachtungen nus : Wenn inan' das Elide jedes Leitungsdrahtes niit den Enden aller ubrigen I)r:ihte durcli ein telrgrayl~isches In- struinent init zugehfiriger Batterie verbiudet, so kann inail n(n-1) - solcher Telegraplienapparatc nuf jeder Seite der die 2 Statiouen A und B verbiudenden n LeituogsdrLhte aufs~ellen. Schaltct inan nun init ei~~ein der eingeschaltete~~ Ayparate die zugehiirigc Bntterie zwischen die betreffendeli Drshte ein, so werdeu alle vorhaudenen Leitungsdr8hte und Ap- parate von einein mehr odcr weniger stnrkeu Stroine durcli- 8*

Ueber die Beförderung gleichzeitiger Depeschen durch einen telegraphischen Leiter

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niittirende Eigcuschaft der Inductionsstrilme wurdc inicfi von weitereu Versuchen abschrecken, denn ein solches Licht wird man technisch nie brauchbar machen konnen. Dafs das hier cntstehende Kohlenlicht selbst bei dem schnellsten Tempo des IJnterbrechers sehr deutlich interuiittirt, davon kanu man sich durch schnelles Hin- uud Herbewegen eiiics beleuchteteu Gegenstandes leiclit uberzeugen. Ueberha iq t wird der Inductionsstrom iminer weniger W a r m e entwickeln als der zu seiner Hervorrufung angeweudete Strom der Saule, und ~ e n n aucli diese Eigenschaft nicht gerade in directer Beziehung zur Erzeugung des Kohleulichtes steht, so Iafst sic11 docli das letzterc miederuin ohne starke Wiirine- cntmicklung nicllt denkeu.

IApzig iin Fehr. 1856.

VIII. UeLer die Befiirderung gleichzeitiger Depe- schen durch einert telegruphischen Lriter ;

con W e r n e r S i e m e n s .

B e r e i t s im Jalire 1 ~ 9 bescli8ftigte ich inicii in Geinein- scliaft init I I a l s k e init der Liisung der Aufgabe, durch telegrapliische l i t e r cine die Zalil der Drahte iibcrsteigendc Zahl gleiclizeitiger Depescben zu befi)rdern. W i r gingen dabei von folgendc~l Retrachtungen nus :

Wenn inan' das Elide jedes Leitungsdrahtes niit den Enden aller ubrigen I)r:ihte durcli ein telrgrayl~isches In- struinent init zugehfiriger Batterie verbiudet, so kann inail n ( n - 1 )

- solcher Telegraplienapparatc n u f jeder Seite der die 2 Statiouen A und B verbiudenden n LeituogsdrLhte aufs~ellen. Schaltct inan n u n init e i ~ ~ e i n der eingeschaltete~~ Ayparate die zugehiirigc Bntterie zwischen die betreffendeli Drshte ein, so werdeu alle vorhaudenen Leitungsdr8hte und Ap- parate von einein mehr odcr weniger stnrkeu Stroine durcli-

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,aufeu. Die Aufgabe bestand nun dariu den, den homolo- gen Apparat der anderen Station durchlaufenden , Strom niiiglichst stark und wirksain, die die iibrigen Apparate durchlaufenden Striime dagegen entweder selir schwach zu inacheri oder ihre Wirkung ganz oder doch griirsteiitheils zu compensiren. Es konnte diefs durch passeude Wahl von Widerstanden, welche mit den Batterien und Appa- raten cin- und ausgeschaltet wurden, durch locale Neben- schl iehogen der thatigen Batterien und durch zweckms- € s i p Construction der Apparate sclbst ausgefuhrt werden.

Da die fiir eine geringe Anzabl von Drahteil ausge- fiihrten Berechnuugen so wie die angestellten Versuche ein gunstiges Resultat versprachen, so nalimen mir in ein, am 23. October 1849 in England cntnommenes, Patent dell Aiispruch auf gleiclizeitige Befiirderung ciner grbfseren Zalil van Depeschen durcli coinbinirte Driihtc, auf. Wcitcrc Beschsftigung mit diescin Gcgenstande zeigtc [ins jcdocli bald, dafs die Lasung bei einer gri)Tscren Zalil von 1)rBh- ten zu schwierig und complicirt wurde und dafs sicli das Iiauptsiichlichste Erforderiiifs telegraphiscber Eiorichtungen - griirstmiiglichste Siclierheit - nicht befriedigeiid crrci- chen liefs.

Einige Jahre spater versuchte Mr. Dr. K rii s e iii Artlen- burg die Aufgabe der mehrfachcn glciclizeitigeii Itcnutzung telcgrapliisclier Leiter auf cine gaiiz verscliiedene Weisc zu liisen. Derselbe hcnkzte zu seinen Versuchen cine Mo- dification unserer , a d das Princip des N e e f f ’ sclicn Hnm- iners basirten Zeigertelegrapheii I ) , wclche. darin besteht, dafs sic init eincm Uebertrager (relais) io Verbindnng gc- bracht sihd. Es gescliielit dieh nuf die Weise, dafs die Windungen dcs Ucbertragcrs voin Liuicnstrome, die des Tel~graphenmagnetes von cincm Localstroine diirchlaufen werdcn, walirend der Contact des Ucbertragers den Local- strom, dcr des Telegraphen den Liuietistrom abwechsclnd herstellt uiid unterbricht. Mit dicscr Eiarichtung vcrse- hen sind die Zeigertelegraphcn befiihigt, mittelst sehr Lur-

1 ) Arch. d. sc. ph. rt nnt. XIY. 41.

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zcr uiid schwacher Strilinungen, welche die Leitung uud die Winduugen der Uebertrager durchlaufen , sicher und schnell zu gehen.

Man deukc sich nun eine beliehige Zahl derartig corn- binirter Zeiger oder I)rucktelegrapheu an jedem Ende der Leituog aufgestellt. Das eiiie Ende aller Uebertragerwin- duogen coinrnunicirt durch die Schiebercontacte der zuge- hijrigen Telegraphen hiudurch , init dem einen Pol eiuer gemeiusaineri Batterie, dereii anderer Pol zur Erde abge- leitct ist. Das zweite, freie, Ende jeder Uebertragerspi- rale fulr t tlagegen zu einer isolirten Contactfeder. Diese Federu sind in gleichen Abstaiiden uin cine Contactscheibe gruppirt. Der Rand dieser Scheibe, auf welehein die Fe- dern scbleifeii, ist in abwechselnd isolirende und leitende Felder derartig eingetheilt, daCs stets nur eine Feder init einetn leitenden , alle iibrigen dagegen mit isolirenden Fel- dern iu Beriihruog siud. Wird die Scbeibe gedrebt, so treteu die Federn der Reihe uacli eineu Augenblick in lei- tende Verbiudung mit der Scheibe uud durch sie init dein Leitungsdraht. Denkt man sich nun a n beiden Enden der Leituug dieselbe Einrichtuug getrolfen, beide Batterien iu gleicber Richtuug eingeschaltet uud beide Scheibeu genau gleichmafsig gedreht , so werden sammtliche Telegraphen gleichinYfsig rotiren. Wi rd einer derselben angehalten und dadurch die leitende Verbindung seiner Contactfeder mit der Batterie dauerud unterbrochen, so mufs 'auch der mit ihm correspondirende, d. i. der tnit einer homologen Fe- cler verbundene Apparat der andern Station , still steheu, da keiu Stroin die Leituug durchlaufen kann, wahrend diese Fedcr mit ihr in Verbinduug ist. Die gleichmafsige Ro- tation der beiden Scbeiben bewirkt Hr. K r u s e dadurch, dafs er sie init Zahnen versieht und durch die Oscillatio- nen der Telegraplieuinaguete selbst drehen lafst. Da stets gleich vie1 Apparate an beiden Enden der Leitung in Be- wegung sind und alle genau mit derselben Geschwiudig- keit rotiren, so miissen auch beide Scheibeu genau gleich- mafssig fortschreiten. Werden eiuzelne Telegraphenpaarc

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angehalteii , so wird dadurch zwar die Rotationsgescliwin- digkeit der Scheiben und mithin auch der iibrigen Tele- graphen vermindert, die Gleichmtifsigkeit der Rotation aber nicht gestiirt.

Es ist ersichtlich, dafs diese sinnreicbc Combination fur praktische Anwendung zu coipplicirt und zu uusicher ist. Namentlich wird es sehr schwer. scyn die. Uebertrager SO

empfindlich und schuell 'be,weglich zu machen, dafs sie mit Striimen voii so kurzer Dauer noch sicher functioniren und die Telegraphen in Bewegung setzen.

Im zweiten Decemberheft des Leipziger polytechnischen Centralblattes beschrieb Hr. Telegraphen -Inspector G a 1 I e eine von Hrn. Dr. G i n t l auf der Linie Prag-Wieu ver- siichte Methode mittelst des M o r s e ' schen Schreibtelegra- phen gleichzeitig Depeschen in entgegengesetzter Richtung zu befiirdern. Sie bestand darin, dafs die Uebertrager- magnete mit 2 Drahtspiralen verseheu wurden, von denen die cine init dem Leitungsdrnbte commuuicirte. W a r der Schliissel (Contacthebel) nicht niedergedriickt , S O stellte sein Ruhecontact die leitende Verbindung des freien En- des dieser Spirale mit der Erde her, der leitende Kreis war mithin durch den Draht, die betreffenden Spiralen dcr beiden Endstationen und die Erde hergestellt. Durcli Nie- derdriicken eines der Schliissel ward die directe leitende Verbindung der Spirale rnit der Erde aufgehoben uud sie dagegen rnit dem freien Pole einer zur Erde abgeleiteten Batterie hergestellt. Der Strom dieser Batterie durchlief mithin jetzt den Leitungsdraht und die seine Fortsetziing bildenden Spiralen. Um nun zu verhindern, dafs dieser Stroiu den am Orte dcr wirksamen Batterie befindlichen Magnet des Uebertragers maguetisirte, ward durch dieselbe Hebelbewegung gleichzeitig ein zweiter Contact hergestellt, welclier den Stromlauf einer zweiten Batterie durch die zweite Spirale des Maguetes herstellte. Der Strom durch- liel diese Spirale in entgegengesetzter Richtung und ward durcli eiueu cingeschalteten Rheostaten so abgeglichea, dafs seiue magnetisirende Wirkung der des die andere Spirale durchlaufenden Linienstronies gleich und entgegengesetzt

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war. U e r Ucbcrtragerinapnet der eigeiien Station blieb da- her gain uiiinagnetisch, wiihrend der Stroin auf den Magiiet der Eimpfai@ation seine volle Wirkuiig ausiibte. War nu11 an beirleri Endcn der Leituiig dieselbe Eioriclituag getroffeu uiid wurden gleichzeitig beide Contacthebel nie- dergcdriickt, inittiin alle 4 Batterien eiiigeschaltet, so ward das Glcicbgewicht der Stroine in beiden Uebertragerniag- ~ lc tcn gestiirt uud die Auker beider lnufsten angezogen werden. Es inufste daher jeder Apparat die von der an- deren Station gegebeiien Zeichen erhalten, wzhrend gleicli- zeitig audere Zeiclien vou ihin ausgingeu uiid dort zuin Vorscheiii kainen.

Hr. Ur. G i n t l scheint die a u den beideu Endcu dea Leituugsdrahtes befindlichen Uatterieu stets in entgegenge- setztein Siiine eingeschaltet uud diefs tiir unumganglich nothweiidig erachtet zu haben, da er spater inehrfach die sonderbare L4nsicht ausgesproclien h a t , dafs die Mdglicli- keit des Gegcnsprechens den Beweis liefere, dafs zwei Striime eiuen Draht in entgegeagesetztem Sinne durchlau- feu konnteu, ohne sich gegenseitig zu schwschcn oder auf- zuheben! In dem vorliegenden Falle ist es fur die Grbfse der Stbrung des Gleichgewiclrts der magnetisirenden Wir- kuugeii der die beiden Spiralen jedes Uebertragerinagnetes durchlaufendeu Strbme gariz gleichgiiltig in welchem Sinue die Batterieen beider Statiouen eingeschaltet werden. Wer- den sie in gleichern Siune, d. i. so eingeschaltet, dafs sie als eine Batterie vou doppelter Zahl von Elementen wir- keu, so ist die Stromatsrke im Leitungsdrabt und den init ihnen verbundenen Spiralen doppelt so grok wie die, weIche eiue einzelne Batterie in deinselben Kreise hervorbringt Sind die Batterin dagegen gleicb uud entgcgengerichtet so neutralisireu sie sich in einem v61lig isolirten Leitungs- kreise vollstiiudig und es wird wcder der Leituugsdrahl noch die zugehbrigen Spiraleu von einem Stronie durch- laufen. In beiden FIlleu werden die Magnete durch die Differenz der Wirkung des Linien- und des Gleicligewichts- stroines - iuithin ebenso stark wie be ieiuseitigem Stromc -

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magnetisitt. Der eiiizige Unterschied besteht darin , dafs im ersteren Falle der Linien-, im zweiten der Local-Gleich- gewichtsstrom iiberwiegend ist und die Magiietisirung be- wirkt.

Die practischen Resultate, welche Hr. Dr. G i II t 1 bei den Versucheii mit den wie eben beschrieben hergekichteten Apparaten erzielte, konuten nur selir ungijnstig ausfallen. Zwei Batterien bleiben nicht lange im Gleichgewicht oline haufige Correcturen des Widerstandes. Noch weit schwie- riger, ja sogar unmiiglich, ist es, zwei Contacte wirklich gleichzeitig herzustellen und aufzuheben, wie es das G i n t l - sche ’) Gegensprechverfahren erfordert. Feruer wird die leitende Verbindung des Leituugsdrahtes mit der Erde wah- rend jedes Uebergangs aus einer Ruhelage in die audere unterbrochen , der von der anderen Station koumeude Strom inithiu wahrend dieser Zeit aufgehoben, wodurch notliwendig Stiirungen der ankommenden Schrift hervor- gerufen werden. Endlich hat Hr. Dr. G i n t l dadurch, daCs er die Batterien in entgegengesetzter Riehtung eiuschahete, noch den Uebelstand herbeigefiihrt, dafs die Uebertrager- inagnete bei gleichzeitiger Schrift im Siiine der Gleichge- wichtsstrame, bei einseitiger dagegen im Sinue des Linien- stromes lnaguctisirt wurden; bei jedem der zahlreichen Wechsel zwischen Einzcl- und Doppelschrift mulste daher der Magnetismus der Elektromagnete uingekehrt werdcn, was zur nothwendigen Folge haben mufste, dafs haufig lrurze Schriftzeichen fortblieben und llngere unterbrochen wurden.

Die ungiinstigen Resultate, welche Hr. G i n t l init dem Gegensprechen auf elektromagnetiscIiein Wege erbielt, ver- aulafsten denselben diesen Weg ganz zu verlassen, und 1 ) Hr. Dr G i n t l hat selbst das oben bescliriebene Verfahren des gleich-

zeitigrn Sprecliens durch denselben Dralit niit N orsc’schen Telegra- +en nirgends mit Bestirnmllieit als seine Erfindung m Anspriich ge- nonimen. Da hiufig der verstorbene Professor P e t r i n a in Prag als derjrnige bezeichnet wird, welclier der ostrrichischen Regierung die lei- teiide ldee EU dem bescliriebenen Versuclie mitgetheih liabe, su wPre eine bcstirnrnte E r k l h n g hieruler sehr wiinschenswei t h

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die L6sung der Aufgabe mittelst des B a i n’schen elektro- chemischeii Telegraphen zu versuchen. In einer am 30. Nov. 1854 der K. K. Acadeniie der Wissenschaften zu W i e u rnitgetheilten ’) Abhandlung suclit Hr. Ur. G i n t l den Be- meis zu fiihren, dafs zwci Stroine, ohne sich gegenseitig zu stiiren, in entgegengesetzter Richtung deiiselben Draht durchlaufen, dars mithiii )J jeder der beiden sich gleichzei- tig durch den Drabt fortpflanzeiiden Strome an der ent- gegengesetzten Station gerade so anlangte, als wenn er fiir sich alleiii in dein Urahte dahingeleitet wordeii ware und begriindete auf diesen, verlneintlich gefiihrtcn, Beweis die Construction seines elektrochemischen Gegensprechers. Obgleich sich dieser Reweis, wie leicht vorberzusehen, als ganzlich irrthiitnlich ergiebt uiid iiur zeigt, dafs Hr. Dr. G i n t l das Ohm’sche Gesetz und die Lehre der Strom- verzweigungen aufser Acht gelasscn hat, so ist der von demselben zuerst betretene W e g des Gegensprechens auf elektrochernischem ‘Wege doch sehr beachtenswerth. Es’ wird daher am zweckinafsigsten segn durch cine einfache Rechnung gleicli die Bedingungen des elektrocheinischen Gegensprechens festzustellen und auf die G i n t l’sche Be-. weisfiibrung gar nicht weiter einzugehen.

Es stelle in Taf. Ii Fig. 6 a b die Drahtleitung, c d die als widerstaiidslos betrachtete Verbindung durch die Erde vor, durch welche die beideii Stationen’A und B mit ein- auder communiciren. Die leitende Verbindung zwischen a mid c , so wie zwischen b und d ist dnrch die zur Auf- iiahme der telegrapbischen Zeichen bestilnloten, mit eioer der bckaniiten Salzlbsungen getrankten Papierstreifen her- gestellt und dadurch der galvanische Kreislauf geschlossen. Schaltet nun cine der beiden Stationen, z. B. A, cine Bat- terie E in den Kreis ein, so wird der Strom heide Pa- pierstreifen durchlaufen uud an beiden Stationen cine Zer- setzuog des Elektrolyten, rnit welchetn sie getrankt sind, bewirken. Die Aufgabe des Gegensyrechens verlangt da-

1 ) SitLungsbericliie der math.-naturw. Klarse der Kais. Acad. d. Wissen- schaften Bd. XIV, S. 400.

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gegen, d a t nur iu Station B eiue Zersetzuiig hervorge- braclit, der Papierstreifen in Station A iiiitliiu von keiriein Strome durchlaufen wird. Diefs kann dadurcb bewirkt wer- den, d a t man gleichzeitig uiit der Batterie E ciue zweite BatterieE’ iiebst einein noch zu ermitteluden Widerstaiide w’, zwischen die beiden als Anodeu dieneuden Metallstifte, zmischen deneii der Papierstreifen hindurchgefiihrt wird, in der Weise eiuschaltet, dafs der Papierstreifen den von keiuem Stroine durchlaufenen Zweigdraht des W h e a t - s t o n’schen Stroinnetzes bildet. Bczeichnen E und E’ die elektromotorischen Krafte der eingeschalteten Batterieii, w den Widerstaiid des Leitungsdrabtes zwischen A uud B, 20’ den der Zweigleitung mit der Batterie E’, w” deli Wider- stand des Papierstreifens, i, i’, i” endlicli die in den W i - derstgndeii w, 20’ und w” herrsclienden Stroinstirken, so ist iiach der Kirchlioff’sclien Form des Ohm’scben Gesetzes, wenn durcli die eingezeicbneten Pfeile die Riclituug der Strbine bestiinint ist:

w’i’ + w i + d’i” = E + E’ 2 ) w’ i’ - w’’ if’ - - E’ 3 ) i’ + 0” = i.

1)

Hieraus folgt fur den gesucbten Fall, dafs i” = 0 wcrdeii sol1

E : E’ = w + 20’’ : 20’. Es durchliuft mithin den Papierstreifen gar kein Stroiii, wcnn die Widerstande der Maupt- und Zweigleitung sicli wie die elektroinotorisclien Krifte der zugehbrigen Balte- rien verhalteu. Sclialtet uuu Station B gleichzeitig mit Station A ibre beiden Batterieu E und E’ init deiii ebenso abgeglicbeneii Widerstaiide w’ auf gleiche Weise ein, so sind die beideii Fiille zu betrachten, ob die Batterien der beiden Stationen einander verstarken oder. entgegeugerich- tet siiid. Iin letztereii Falle wird die Leituiig ab von kei- uein Strome durchlaufen, da die in A uud B befindlichen elektromotoriscben Krafte gleicli und entgegengesetzt sind. Durch die Papierstreifen i n A und B sind aber Neben-

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schliefsringen der Gleichgewichtsbatterieu E' hergestellt. Die ersteren werden mitbin von einem Strome

durclilaufen. Es tritt daher gleichzeitig an beidcii Statio- iicii eine Zersetzung der Fliissigkeit, init welcher die Pa- pierstreifen getrailkt siiid, ein, die jedoch nicht Folge von Stroinetr ,' welclie in] Leitungsdraht aneinander vorbeigehen, ist, sou(icrn durch L o c a l s t r h e der Gleichgewichtsbatte- rien veranl.;fst wi~rd I).

Weirn die Batterien der beiden Stationen nicht ent- gegen, sonderii gleichgerichtet sind, so ergehen sich, die Gleichungen :

1) ~ . i + 2 d . i ' = 2 ( E + E ' ) 2 ) (0' i' - *oJ' i" - - E ' 3 ) i'+ i"= i

F E' 4 ) J-_ - W+W'I - 1u)

woraus folgt, wenn i, i' und E elilninirt werdeii: w i - 2 w ' 1

w * w 1 f 2 w, w') + 10. w'l ' i" - F' - . .. . _ _ - A

1) Hr. Z a n t e d e s c h i hat in zwei, am 16. Jul i und 6. August vorigen Jabres der Pariser Academie der Wissenschafieo iiberreichten Abhand- lungen den l\ulim in Ansprncli genommen, bereits irn Jalrre 1829 den gleichzeitigen Durchgang elektrischer Striime von entgegengesetzter Ricli- tung durcli denselben Leiter naclrgewiescn zu Iiaben. Seine Beweisfiili- rung ist der G i n t l ' s c h e n sehr alinlicli uod wie diese im Widersprucb mit dem Ohm'selien Gesetze. W e n n es auclr niclrt angemessen er- sclreint , in dieseu Blattern auf eine specielle Widerlegung derartiger unbegriindeter Hrpottieseo, welche durcli krine neue, bis dahin niclit zu erklirende Erscheinungen 'Iiervorgerufen sind , einaugellen, so bleibt (loch zir bedouern, dafs die Aufstellung derselben niclrt soglcich geriigt ist, da dadurrli in mancheo Kreisen eine grorse Verwirruog clcr Ansich- ten entstanden ist. Dat zwei gleiehe I in entgegengesetzter Kiclitung in einen leitenden Kreis eingeschaltete Batterien wirklich untliStig sincl, er- weist sich dadiirch, dafs t r i ne \'V5rme im Verbindungsbogen erzrugt wird , da die Wiirrneentwickelung notliwendig Begleiterin jedes Strornes ist, welcher einen Widerstand iiberwindet, so wie auch dadurch, d& io den Batterieo keine chemische Action stattfindet, olrne welclie eben so wcnig ein hydro - elektrischer Strom denkbar ist.

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Es findet mithin auch in diesem Falle eine gleichzeitige Zersetzung iu heiden Papierstreifen statt, welche durch den im Leitungsdraht herrscheaden iiberwiegenden Strom be- wirkt wird.

Urn eine tadellose telegraphiscbe Schrift zu erhalten, iniifste beim Einzel- wie beim Doppelsprechen die Starke des die Papierstreifen durchlaufeuden Stromes gleich groL seyn. Es miifste mithin in dem zuerst betrachteten Falle

E+ E' E' ____- - .- w-+w'+lo'' - wI+-wI;I

seyn. Diese Gleichung wird aber nur dadurch erfullt, daCs

w"=O gesetzt wird. Es Ijtfst sich within uur dann eiue gleichmjtlsige uiid sichere Schrift erzieleii, wenn der Wider- stand, den der eiageschaltete Papierstreifell dern Durcbgange des Stroines entgegensetzt, im Vergleich init den iibrigeii Widerstauden sehr kleiii ist.

Dasselbe Resultat erhzlt man in deui Fallc, wenn die Batterieri in gleichem Sinne eingescbaltet sind , aus der Gleicliuiig :

w+2w" - E+E' i

w . w'+ 2 w'"'f 0 . w" - w + w'+ w" ' Ersetzt man die Zersetzungsvorrichtuugeu durct die

Winduirgen zweier Uehertragermagnete, so eignet sich das G i n tl 'sche Strornschema auch zuin Gegensprechen mit elek- troinagnetischen Telegraphen, doch ist bierbei der Uebel- stand der ungleichen Strome beiin Einzel- und Doppel- sprechen noch nachtheiliger wie bei elektrochemischeu Ap- paraten.

Der practischen Brauchbarkeit der beschriebenen G i n t 1'- scben Gegensprechmethode steht besonders die Schwierig- keit entgegen , welclie mit der Construction von Doppel- contacten, welclie gleichzeitig uud ohne Unterbrechung der Leitung wirken solleii, verkniipft ist. Ueberhaupt eignet sich der elcktrochemische Telegraph nur zur Benutzung auf einzelnen, unverzweigten Litiien, da er die Weitertra-

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gung ( Translation), d. i. die uiechaniscbe Weitergabe eiiier Depesche, durch die einpfangenden Apparate nicht gestattet.

Im Sommer 1856 bescbsftigten H a l s k e und ich und unabhiiagig voii uns Hr.' Telegraphea-Iugenieur' Fri s c b e n in Hannover. uns mit der Aufgabe, dein Gegensprechen mit M o r s e'schen Telegraphen eine practisch brauclibare Form zu gebcii. Es gelang uns diefs auf vbllig befricdigcnde Weise uud zwar auf im Wesentlichen gleichein Wege .

In dein S t romschma Taf. 11 Fig. 7 sey a b der die Sta- tionen A uiid B verbiudendc Leitungsdraht, m uud n seyen die beiden Spiralen d t s mit zwei Drlliten umwuudenen Uebertragerinaguetes, o der Schliisscl (Contacthebel) des Apparates, E die Batterie, 20, ein ver;rnderlicber Wider - stand, p die Metallplatte, welche die leitende Verbindung mit dem Erdboden herstellt. Die verbindendeii Linien sind leitende Drdite. Iin Ruhestande, d. i. wenn keiner der beiden Hebel o niedergedriickt ist, ist der Leitnngsdralit ab durch einen der beiden Umwindungsdr~hte rn, und die Rube- contacte der Mebcl o an beiden Statioileii i n leitender Ver- bindring ini t der Erde. W i r d der Hebel o der Station A niederged~[ickt, so wird Iiierdurch die leitende Verbindung des IJiiiwiodungsdraIites na init der E r d e aufgehobeii und derselbe dagegen init deni freien Pole eiiier zur Erde ab- geleiteteo Eatterie E verbuntlea. Uer Stroin dieser Batterie tlieilt sich nun in zwei Zweige. D e r cine Theilstrom durch- lauft die Spiralc na dcr Station A , den Leituiigsdraht a b , die Spirale m der Statiqn B und geht durch den Ruhccon- tact des dortigen Ilebels o zur Erde. Der andere Zweig durcliliiuft den Spiraldralit T I der Station A uud kehrt durcli den %%7iderstand 20, zur Batterie zuruck. Die Spiralen m uiid a und der V'idcrstand 20, iniissen nun SO angeordnet seyn , daCs die beiden durch m und n gehentlen Striiiile einen gleichen und enlgegengesetzten magnetisirenden Effect auf das eingeschlossene Eisen dcs Uehertragermagnetes aus- iiben , inithin gar kein Magnetisinus i n deinselben erzeugt wird. Es wird dann der voii einer Station ausgehende Stroin nur den Uebertrag.ermag.net der anderen $tation mag-

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iietisiren; Dieser F Bedinguiig wird bei dem dargestelltell Stromscheina dadurcli geniigt, dafs inati die Producte der Stromstarken der beiden Zweigstr0,me in die Zahl der Win- dungen der Spiralen m und n einander gleich macht. Da sich die Stromstarken iu deli beiden Zweigleitungeu umge- kehrt wie die Widerstande derselbeii verhalteii, SO miissen inithiti die Wiiidungszablen der heiden Spiraleu sich wie die Gesammtwidersthde der zugehbrigen Kreise verhalten. 1st diefs Verhaltnils durch richtige Eiastellung des Wider - standes w hergestellt, so wird kein Magiietismus in dem M a p e t e des eignen Uebertragers e ~ z e u g t , derselbe behalt mithin seiue vollstaudige Elnpfanglichkeit fur den von der anderen Station kooiinenden Strom.

Als weitere Bedinguug fiir das durchaus gesicherte gleich- zeitige Sprechen tri t t noch hinzu, dais der magnetisirende Effect des von der anderen Station kommendeu Stroines aucli in dem Falle von gleicher Grirbe blciben mufs, ~ e i i i i

der Coutacthebel i n Bewegung begriffen ist. Bezeichnet E die elektromotorische Kraft der thatigeii Batterie, w den Gesamintwiderstaod der Hauptleitung a b , 20' deli Wide r - stand der Glcicligemiclitsleituug, na mid n die Windungs- znhlen der gleich benannten Spiralen, uud wird der Wider - stand der Batthrien als unerheblich im Vergleich mit den iibrigen Widerstanden vernachlksigt, so ergiebt sich aus Obigem die Bedioguogsgleichung:

mE ( m + n ) E iD ~w+lo'* '

welcher Gleichiing ebenfalls genijgt wird, wenn man --

-- -- tn

W - - _-_ macht, mie iiir das Gleichgewicht der von der eignen WI

Ratterie ausgebeuden Striime uothwendig ist. Bci practi- schen Ausfiihrungen. haben wir in der Regel vorgezogen die Zahl der Windungen beider Spiralen uud inithiti auch die Widerstande des Haupt - und des Gleichgemichtskrei- ses einander gleich zu machen, obsclion hierdurch dcr Verbraucli iibersponnener Kupferdr#htc fur die Uebertrager llud iiberspoiinencr Neusilberdrahte ziir Herstellung der

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Gleichgewichtswidersttinde vergrokert wird. W i r thaten diefs, weil grofsere M'idersttinde lcicliter mit, fiir practisclic Zwecke ausreichender, Genauigkeit auszugleichen siiid und die verdnderlichen Widerstande der Beruhrungsstellen da- bei weniger in Betracht kommen, haupts8chlicli aber urn deli durcli die Leitung gehetiden Strorn der Batterie nicht durcli eine zu kurze Zweiglcitung unni)thig zu schwlchen und unconstaut zu machen. Ua namlicli sehr oft in den Telegraphen-Bureaux inconstante Batterien, aus Kohlcn- Zinkketten mit verdiinnter Schwefelsaure gefiillt bestehead, benutzt werden, so wird die elektromotorische Krnft derselben sehr schnell durch Polarisation vermindert, wetin ihre Thatigkeit betrachtlicb i n Anspruch genoinnieu wird, D e r ankommende Strom wird bei kurzen Gleichgewichts- lcitungen daher ~\irmentlicli dann sehr veranderlich werdcn, weiin dic Leitung unvollkomlneii isolirt ist und dadurch der abgehendc StYom bedcutelid re rs t l rk t wird. Auch bei Anwetiduug constanter Ketten haben kurze Zweigleitungen der Batterie den Nachtheil, dafs man'viel grbfsere Elcmentc iiainentlicli dann anwenden mufs, wciin melirere Apparate durch eine Batterie betrieben werden sollen I).

I ) Hr. Dr. S t a r k in W i e a hat im 8 t e n Ileft dcr Zeitschrift des deutscli- iistcr. Telegraphen - Vereins 1855 cine Verbesserung unserer Rletllode cles Grgrnsprccl~cns hesclirieben , welclie darin bestelit , dafs er , ahweicliend ron den von uns nach W i e n geliefvrten Apparatcn, dns Verliiltnifs dcr Zahl dcr n ' indungen h e k r Zweigleitungen ingle ir l i nlacllt Dir Grilnde, welclie uns bewogen haben, den Widerstand und die Zahl der W i n d u n - gen beider Zweigleitungen gew6lrnlicli gleiclr g r d s zu nraclicn, liabc ich bcreits angefiihrt. Hr . Dr. S t a r k berechnet, dars scin rnit ringleicher Windungsrahl rerschener Magnet in Folgc dessen eine griiliere Elupfind- lielikeit im Verhalinifs wie 1: 1,65 erlralten Iiabe. Er hat jcdoch liierbci weder in Bctracht gezogen, dafs der Widerstand dcs vom Leituugsstrorue durclil3ufenen C'mwindungsdrali~es rind niitliin aucli der Jer ganzcn Lei- Iring hei seiner Annahme vcrgriilsert wird, noch dafs man liir cinen grolseren Widerstand ein passcnderes Verliiltnifs des Durclimessers des Umwindungsdrahtes wHlrlen und dadorcli den vna ilim bcrechneten Vor- tlieil der ungleiclieo Umwindungstahl nalie compensircn kana. Eine Vcr- grijfserung des Widerstandes der in die Leitung eingeschaltcteo Magnet-

- spiralen ist aber oiclrt rathsam, weil die durch unvollkommene Isolation

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Die Aufgabe des gleichzeitigen Sprechens in entgegen- gesetzter Richtung durch deuselben Draht kaiin als voll- standig geltist durch die bescbriebene Construction erachtet werden, wie eine Iangere, practische Erfahrung es bestatigt. Es ist diefs Verfahren jedoch da nicht anwendbar, wo die durch die Telegraphenleitung gehenden StrBine nicht von constanter Starke sind, mitbin weder bei Iangeren unter- seeischen oder unterirdischen Leituugen, noch in Fallen, WO eine grbfsere Zahl von Magnetspiralen in die Leitung eiu- geschaltet ist. Im ersteren Falle Uberwiegt bei Beginn des Stromes die Haupt-, im zweiten die Gleichgewichtsspirale, es ist mithin in beiden Fallen . keiu vollstlndiges Gleich- gewicht beider zu erzielen.

Ein weniger gunstiges practjscbes Resultat habeii €I a,ls k e und ich bei der Losung einer anderen Aufgabe, der des glcich- zeitigen Sprechens mit zwei Apparaten in derselben Richtung mittelst schreibender ( M o r se’scher) Apparate, erreicht.

Verhindet inan mittelst passender Mechanismen zwci Bat- terien von verschiedener Starke in der Weise mit den] einen Eude eines telegrapliischen Leiters und der Erde, dafs wan, ohne die Continuitat des Kreises zu unterbrechen, die eine oder die andere der Batterien oder beide zugleich einschal- ten kann, so kann mati drei verschiedeiie Stromstarken im Leiter erzgugen. 1st Batterie 11 doppelt so stark wie Bat- terie I, so weden die durch Batterie I, I1 iind If11 her- vorgebrachteu Stromstarken sich wie 1 zu 2 zu 3 verhalten. Sind nun am anderen Ende der Leitung zwiscben ihnen und

verursacliten Nebensrllliefsungen des Leitungsdralites urn so schSdliclrer wirken, i e grofsere Widersthnde zwischen h e n und der Batterie liegcn. W i r Baben unsere ersten Versuclre irn Sinnc der Verbessrrung des Hrn. Dr. S t a r k angestellt und auch spstcr hSufig Gegeosprecher mit kleinerem CleiclrgewiclrtowidIt.rstande ausgefiihrt , fandcn jedoch praclisch, dnfs das Glcichgewicht der Stromc am leiclrtesten herzustellen und zu erhalten ist, wenn beide Dr lh t e gleichzeitig und in gleicher Windungsnalil aufge- wondcn werden. Man erlihlt hierdurch narnentlicli den Vortheil, dafs man in die beiden Leitungszweige die h a l i t e cines Diffcrential -Galva- noskopa einsclralten und rnit Hiilfe desselben rnit Leiehtigkeit die richrige Einstcllung drs Widerstandes der Gleicligewichtsleitung bewirken h a m .

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die Erde zwei Uebertrager cingeschaltet, vou denen der erste durch Stromstarke Z in Tliatigkeit gesetzt wird, wah- reud der zweite erst durch Stromstarke 2 zur Anziehuiig gebracht wird, so erfordert die Liisung der Aufgabe, dafs der Uebertrager I nur durch Stromstarke 1 und Strom- starke 3, nicht aber durch Stromstiirke 2 i n Bewegung ge- setzt wird. Diefs lafst sich auf sehr viele Weisen errei- chen. W i r versuchten zuerst, Aufangs vorigen Jahres, mittelst einer Localbatterie die Stromstarke 2 iin Ueber- trager 1 zu compensiren. Es geschah diefs dadurch, dafs der Magnet des Uebertragers I mit zwei Drlhteii urnwun- deu ward, von denen der eine in die Hauptleitung einge- schaltet war, wahrend der andere von einem Zweigstrome der Localbatterie durchstrolnt ward, weuu Uebertrager I1 seineu Auker angezogen hatte. Es ward dieser Localstrom durch einen Rheostat so regulirt, dafs er im Uebertrager I einen gleichen und entgcgeugesetzten Magnetismus wie Strom 2 erzeugte. Es ward daher, wenn Batterie I1 in die Leitung eingeschaltet ward, Uebertrager I zwar womentan in Thatigkeit gesetzt, sobald jedoch auch Uebertrager 11 seiiien Anker augezogen hatte, begann die Wirkuug des Gleichgewichtsstromes und der Aiiker des Uebertragers I fie1 wieder ab, bevor der durch iltn bewirkte moltlentanc Schlufs der Localkette ein Zeichen auf dern Papierstreifen hervorbringen konute. Ward jedoch auch Batterie I ein- geschaltet, so circulirte in der Leitung Stromstarke 3, das Gleichgewicht der Stroine 4m Uebertrager I ward daher gestort und derselbe zog seinen Anker durch Wirliung der Differenz der Strome - d. i. Stromstarke 1 - an. Das Resultat des Versuches war, wie es leicht vorherzu- selieu war, ungiinstig; Abgesehen von der Schwierigkeit, zwei voii verschiedenen Batterien erzeugte Strome in dauern- dein Gleichgewicht zu erhalten, war nicht einmal im Zim- mer regelmaisige Scbrift zu erzieleu, hauptsachlich aus den1 (frunde, weil die Wirkung des Uebertragers I zu trage wird, wenii die Gleichgewiclitsspirale durch die Localbat- terie geschlossen is(, und weil Uebertrager I1 nicht siclier

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abwecliselnd init Stromstlrke 2 und 3 arbeilet - wie es der Fall seyn mtiCste.

Das Stronischeina fiir die beschriebene Liisung der Auf- gabe des Doppelsprecbens ist Taf. 11 Fig. 8 dargestellt. Uie Spiralen der Uebertrager R , m d B 2 sind init s und s', die Gleichgewichtsspirale des Uebertragers R' init s" be- zeichnet; a und a' sirid die Anker der beiden Uebertra- ger, k und k' die Contacte derselben, durch deren Beruh- rung init a und a' der Strom der Localhatterie B durch die Drahtspiralen S und S' der Schreibmagnete hergestellt wird. Durch den Contact a'-$ wird ferner eiue Neben- schliefsung der Batterie E, durch den Rheostat w und die zweite Spirale s" des Uebertragers I hindurcb, hergestellt. Der Rheostat w wird so eingestellt, dafs die Spiralen s und s" bei Stromstlrkc 2 gleichen und entgegengesetzten magnetisirenden Effect den Eisenkcro des Magnetes ausiiben, sich mithin bei dieser Stromstarke neutralisiren.

Beim Stromschema Fig. 9 wird dagegen die Spirde s" dauernd von einern Strome der Batterie B durchstriioit und zwar in demselben Sinne wie Spirnle s. Wird die Lei- tung voii Stromstarke 1 durchstriimt, so wird durch ge- meinschaftliche Wirkung beider Spiraleu der Anker angezo- geo. W i r d dagegen bei Stromstgrke 2 auch Anker a' angezo- gen, so hBrt der Localstrom durch s" auf und der Anker a fhllt ab. Stromstiirke 3 zieht denselben dagegen wieder an.

Mit HUlfe eines dritten Uebertragers R', welcber erst wit Stromstzrke 3 seinen Anker anzieht, lafst sich die un- zuverlassige Neutralisirung der Stromstarke 2 im Ueber- trager R' durch einen Localstrom beseitigen. Fig. 10 uud Fig. 1 L stellen zwei derartigeStroinschemas dar. Die Buchsta- ben haben dieselbe Bedeutung, wie oben angegeben. Beruck- sichtigt man, dafs die starkeii Liiiien vom Linienstrome, die schwachen dagegen vou Localstrtimen durchlaufen wer- den, so werdeii diese Stroialzufe auch ofine specielle Be- schreibuog verstandlich seyn. Es werde nur noch beinerkt, dafs im Schema Fig. 10 dic Wirkung der Stromstarke 2 im doppelt umwuiideneu Magnet des Schreibapparates cam-

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pensirt wird, wahrend im Schema Fig. 11 diesc Compensa- tion im Uebertrager R durch den Linienstrom selbst ge- schieht, indem der Strom genothigt ist, die beiden glei- chen Spiralen des Uebertragers R’ i n entgegengesetzter Richtuug zu durclilaufen, wenn Anker a’ angezogen und dadurch seine Berubrung wit seinem Ruhecontact r aufge- hoben wird.

Es lassen sich mit leichter Muhe eine Menge lhnlicher Stromleitungen combiniren, <lurch welche die Aufgabe des Doppelsprecheos mit mehr oder weniger gutem Erfofge ge- liist wird. Es ist uns jedocb niclit gelungen, nuf einein dieser W e g e ein praktisch brauchbares Resultat zu erzielen. Diefs 1aEst sich auch schon dadurch erkkren, dafs beim Doppelsprechen drei verschiedene Stromstarken b’enutzt und regulirt werden mIissen, urn die telegraphiscben Zeichen heider Apparate getrennt zu erhalten , wahrend beim Ge- geasprechen nur zwei StroinstHrken in Betraclit kommen. Das Doppelsprechen scheint daher nur geringe Aussicbt auf weitere Entwickelung zu liaben ’).

1) Hr. Dr. S t a r k lrat in Heft 10, Jahrg. I 1 des Journ. d. deusch-iister. Telegraplien- Vereins nwei Schema’s fur Doppelsprechen angegebm, von denen das eine mit dem zuerst beschriebenen oahe iibereinstimmt. Das andere, mit 3 Uebertrager, ist wenigstens niclit zweckrn5Lige.r wie die von uns versncliten. Obsclioo wir eine Publication unsei er Versuclie bisher unterlassen habrn , indcm wir dieselben vorlier ginzlich durc1r.w- fiiliren wiinscliten, so haben wi r doc11 im Lmfe des vorigcn Jahres hZutig niiindlicli und schriftlicli Nittlieilungen dariiber an alle Diejenigen ge- maclit, welrhe sich fiir die Sadie intereusirteo. Im August V. J. theilte ieh U. A. aucli Hrn. Prof. P o u i I I e t i n Paris einige Stromschema’s zur Aufnahme in ein iru Druck begriffenes W e r k mit.

Am Sclilusse seines Aufsatzes stcllt Hr. Dr. S t a r k cine irrlliiimliche Beliauptung auf, welclre nicht unberihr t bleiben darf, da sic beweist, dafs auch er die Ansicht des Hro. Dr. G i n t l , dafs elektiische Srrbme

einander gleichsani durchdringeo, olrne sic11 gegenseitig zu stiiren, tlieilt ! Er behaiiptet n h l i c h , dafs sich das Gegensprechen mit dem von ilim bescliriebenen Doppelsprechen verbindrn lasse, man mithin mit vier T e - legraplien gfeichzeitig durch denselben Dralit telegrapliiren kbnne Gegen- wie Doppelsprechen durch deoselben Dralrt und mit Morse’schen Schreib- oder iiberh;aopt solclier Telegraplien, welche zur Darstcllung ihrer Zeil IIcn

Striime versclriedencr Dauer bcdiiifen, ist nu r durclr Verinderling der 9 *

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Der Vollstandigkeit wegea will ich noch eineii Ver- such anfuliren, den H a l s k e und ich anstellten, a m die inehrfache gleiclizeitige Benutzuug eines Drahtes auf ganz abweicliendem Wege zu erreicheu.

Wenn man in schneller Reibenfolge Strbme von glei- cher Starkc uiid Dauer und wecbseliider Richtung, mie sic in der Spirale eines Eisenankers, welcher vor den Polen eines krsftigeii Magnetes rotirt, erzeugt werden, durch die Spirale eines Elektromagnetes gehen lafst, so wird im Ei- seiikerne desselben kein Magnetismus erzeugt. Ein gleich- zeitig von diesen Strbmen durcblaufcner elektro - dynami- sclier Uebertrager (z. B. ein W e be r' sches Elektrodyna- mometer mit Coutactvorrichtuug) wird aher durch sie in Thatigkeit gesetzt. Durch einen schwacheii constanten Strom, den man alleiii oder gleichzeitig init den wechselnden Stro- men d u d dieselben Spiralen gehen l i i t t , wird dagegen der Elektromagnet zur Wirkung kommen, wdnend der dynamische Uebertrager , welcher starkerer Striiine bedarf, durch ibn iiicht afficirt wird. Man kanu daber auf diese Weise, wenn die oscillirenden Striiine hinlangliche Stzrke haben, das Doppelsprechem +nit Siclicrlieit ausfuhreii. Da sich sowohl beim oscillirenden wie beiin eiiifachen Strome das oben beschriebene Gegensprecli -Verfahren aiirvenden lafst, so ist bierdurcli aucli die Rliiglichkeit gegebeo, Dop- pel - uud Gegensprecheu zugleich anzuwenden.

Fur die gractische Benutzuug ist diese Methode jedoch ebenso wenig geeignet. Die Anwendung so starker Stronie, wie ein elektrodynamischer Uebertrager sie erfordert, ist im Allgenieinen unzweckmafsig. Narnentlich sind aber so schnell wechselnde Strilme, wie sie erforderlicli sind, damit der elek- tromagnetische Uebertrager gaw, unthstig bleibt, deswegen niclit brauchbar, weil sie nicht auf grofse Eiitferiiu~igen fortgepflanzt werden k0unen. Bei unterirdischeii oder Un- tersee-Leitungen bedarf diese Erscheiuung wohl kaum eiiicr

Siromslirke irn Leitungsdraht mijglicli. Gegen- und Doypclsprcrllen in bislier besclrriebener Weise mufs sirh dalier uothwrndig gegenseitig stii- reo , ist niiihin oicht gleichzeitig ausfulrrbar.

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weiteren Begrundung. Die von inir zuerst in diesen Bkt- tern ’) beschriebene, splter mehrseitig und uameiitlich diirch die Untersuchungen F a r a d ay ’ s bestztigte, elektrostatische Ladung konsumirt kurze alteriiirende Striime gauzlich. Sind die Stromwechsel betrachtlich schneller wie die Ladungs- zeiten fur den ganzen Draht, so werden m a r positive und negative Ladungswellen sich irn Drahte hintereinander fort- bewegen, miissen jedoch im Fortschreiten in einauderfliefsen uud dadurcli sehr scbnell an Intensitzt verlieren. W i e ich in eiiier besonderen Abbaodlung iiber die Ladungserscheiiiun- gen spater dachweisen werde, sind auch die oberirdiscben Leitungeu als grofse Leydener Flaschen, weuu auch FOU weit geriugerer Capacitat wie unterirdische von gleichen l)imensiouen , zu betrachteu, bei denen die zwjschen Draht uiid Erde belindliche Luft die Stelle des Glases der Flasche vertritt. Sowobl die hieraus folgende Ladung oberirdischer Drahte, wie die stets uiivollkominene Isolation derselbeu uiid die damit verbundene, mit der Stromricbtung wech- selnde Polarisation des Drahtes uud der die Verbindang mit der Erde herstellenden Platten, bewirken eiiie mit der Entfernung von der Quelle der alternirendeii Strbme schnell w achsenden Schw ach ung dersel b en.

IX. Ueber einige Beugungserscheinungen ; von H. M e y e r in Le+zig.

1. Aehiil iche Erscheinungen , wie von Dr. P o p 1’ e in diesen Ann. Bd. 96, S. 481 beschrieben sind, lassen sich beobachten, wenn man auf eine Glasflache einen Trop- fen Wasser bringt und, denselben uahe vor das Auge hal- tend, uach einer entfernten Lichtquelle hinsiebt. Der Trop- fen zeigt eine helle Sclieibe mit deiitlichen Interferenzstrei- 1 ) Diese Ann. LXXIX, 481. Arch. d. JC. ph. et nnt. XZY. 41.