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€I Remy. Teilchangriipe chemischr Nebel. 167 uber die bei chemischen Reaktionen auftretenden Nebel. I. Die TeilchengroBe chemischer Nebel. Von HEINRICH REMY. Mit 6 Figuren im Text. Nach Versuchen in Gemeinschaft mit W. C~AUS, C. KOCH u. K. RUHLAND. Unter gewohnlichen Verhaltnissen bestehen die bei chemischen Reaktionen zuweilen auftretenden dichten Nebel - im folgenden sollen diese kurz als ,,chemisehe Nebel" bezeichnet werdm - nicht aus Kristallchen, wie z. B. fur die Salmislinebel vielfach noch angenommen wird , sondern allgemein aus Fliissigkeits- t r 6 pf c h e n , namlicli aus Losungen der betreffenden Stoffe in aus der Luft zutretendem oder sonst zu den Realctionsprodukten ge- langendem Wasser. 'Nur unter ganz besonderen Umstanden sind die Teilchen praktisch wasserfrei. In diesem Falle, als ,,troc kene Nebel" oder ,,kolloide Staube", verhalten sie sich dann ganz anders als fur gewohn1ich.l) ober die Natur sowohl der feuchten wie vor allem der trockenen chemischen Nebel ist im einzelnen noch so wenig bekannt, daB eine genauere Untersuchung derselben wkschenswert erschien. Ins- besondere wurde von mir zunachst das Studium der fur solche Nebel geltenden Absorptions b e di ng ung en ins Auge gefaBt. Wegen der Bedeutung, die hierfur einzelne Eigenschaften der chemischen Nebel, wie TeilchengroBe, elektrische Ladung, Elektrolyt- kon z en t r a t i o n usw. haben konnen, wurde ein genaueres Studium dieser Eigenschaften gleichzeitig in Angriff . genommen. Hier sol1 zunachst uber fur die TeilchengroBe feuchter chemischer Nebel aufgefundene GesetzmaBigkaiten berichtet werden. Die TeilchengriiBe ergibt sich aus der Fallgeschwindigkeit auf Grund der SToKEs-CuNNINGHAMsChen Formel. Die Fall- geschwindigkeit konnte durch Beobachtung der Absinkungs- geschwindigkeit der oberen Nebelgrenze ermittelt werden, da die Teilchen der untersuchten Nebel unter sich von annahernd gleicher l) Vgl. H. REMY, 2. Elektrochem. 28 (1922), 409.

Über die bei chemischen Reaktionen auftretenden Nebel. I. Die Teilchengröße chemischer Nebel

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€I Remy. Teilchangriipe chemischr Nebel. 167

uber die bei chemischen Reaktionen auftretenden Nebel. I.

Die TeilchengroBe chemischer Nebel. Von HEINRICH REMY. Mit 6 Figuren im Text.

Nach Versuchen in Gemeinschaft mit W. C ~ A U S , C. KOCH u. K. RUHLAND.

Unter gewohnlichen Verhaltnissen bestehen die bei chemischen Reaktionen zuweilen auftretenden dichten Nebel - im folgenden sollen diese kurz als , ,chemisehe Nebel" bezeichnet werdm - nicht aus Kristallchen, wie z. B. fur die Salmislinebel vielfach noch angenommen wird , sondern allgemein aus F l i i s s igke i t s - t r 6 pf c h e n , namlicli aus Losungen der betreffenden Stoffe in aus der Luft zutretendem oder sonst zu den Realctionsprodukten ge- langendem Wasser. 'Nur unter ganz besonderen Umstanden sind die Teilchen praktisch wasserfrei. In diesem Falle, als , , t roc kene Nebel" oder , ,kol loide S taube" , verhalten sie sich dann ganz anders als fur gewohn1ich.l)

ober die Natur sowohl der feuchten wie vor allem der trockenen chemischen Nebel ist im einzelnen noch so wenig bekannt, daB eine genauere Untersuchung derselben wkschenswert erschien. Ins- besondere wurde von mir zunachst das Studium der fur solche Nebel geltenden Absorp t ions b e di ng ung e n ins Auge gefaBt. Wegen der Bedeutung, die hierfur einzelne Eigenschaften der chemischen Nebel, wie Tei lchengroBe, e l ek t r i s che L a d u n g , E l e k t r o l y t - kon z en t r a t i o n usw. haben konnen, wurde ein genaueres Studium dieser Eigenschaften gleichzeitig in Angriff . genommen. Hier sol1 zunachst uber fur die Tei lchengroBe feuchter chemischer Nebel aufgefundene GesetzmaBigkaiten berichtet werden.

Die TeilchengriiBe ergibt sich aus der Fa l lgeschwind igke i t auf Grund der SToKEs-CuNNINGHAMsChen Formel. Die Fall- geschwindigkeit konnte durch Beobachtung der Absinkungs- geschwindigkeit der oberen Nebelgrenze ermittelt werden, da die Teilchen der untersuchten Nebel unter sich von annahernd gleicher

l) Vgl. H. REMY, 2. Elektrochem. 28 (1922), 409.

168 H. Remy.

GraRe waren, wie daraus hervorgeht, daB uber einen langen Zeit- raum hin eine scharfe Nebelgrenze beobachtbar war.

Aus den alteren Bestimmungen von J. S. TOWNS END^) und V. ROTHMUND~) erhellt schon eine eigentiimliche Tatsache, namlich daB d ie Nebe l t rop fchen bei d e n ve r sch iedens t en S to f fen von a n n a h e r n d g le icher GrOBe s ind . TOWNSEND fand Radien von 6,8.10-5 und 8,1.10-5 em. Die meisten Werte von ROTHMUND liegen nahe bei 5 . em.

Bisher wurde angenommen, daB die Fallgeschwindigkeit der chemischen Nebel i m ganzen k o n s t a n t sei, und daB die beob- achteten zeitlichen Bnderungen durch Konvektionen der die Nebel fiihrenden Luft bedingt seien. Demgegenuber zeigten unsere slim tlichen Versuche iibereinstimmend, daB bei frischen Nebeln, deren Teilchen etwa von der seitens der erwahnten Forscher beob- achteten GroSe sind, eine s t e t i g e Zunahme der Fa l lgeschwind ig - k e i t zu beobachten ist. Erst nach 6-12 Minuten wird die Fall- geschwindigkeit konstant. Nach dieser Zeit aber ist die Absinkungs- geschwindigkeit stets ganz erheblich gro13er als die von den alteren Autoren mitget eilten Zahlen. V. ROTHMUND hat bei den zahlreichen von ihm angestellten Beobachtungen die genannte Erscheinung wohl aus dem Grunde nicht bemerkt, weil er seine Messungen stets nur auf sehr kurze Zeitintervalle (etwa jeweils 3 Minuten) ausdehnte, und zwar deshalb, weil, wie er angibt, nach dieser Zeit die Nebel- grenze sehr undeutlich zu werden begann. Unter den von ROTH- MUND angegebenen Versuchsbedingungen erhalt man allerdings im allgemeinen ziemlich d u n n e Nebel. Nun nimmt auBerdem die Durchsichtigkeit der Nebel, wie wir beobachtet haben, im Anfang stets betrachtlich zu, und zwar gerade bis zu dem Punkte, bis zu dem auch die Fallgeschwindigkeit eine Zunahme erfahrt. Hier- durch wird es unmoglich gemacht, die Fallgeschwindigkeitsbeob- achtungen uber langere Zeiten auszudehnen, wenn man von bereits im Anfang sehr wenig dichten Nebeln ausgeht. Sind aber die Nebel im Anfang genugend dicht, so kann man beobachten, daB ihre obere Grenze im VerIauf des Absinkens deutlich scha r fe r wird, voraus- gesetzt, daS Konvektionen der Luft in dem die absinkenden Nebel enthaltenden Gefa13 vermieden werden. Ganz im Anfang des Ab-

l ) J. S. TOWNSEND, Proc. Cambridge SOC. 9 (1897), 244 u. 345; 10

z, V. ROTHMUND, 2. Elektrochem. 23 (1917), 170; Mmatshefte f. Chemie (1899), 52.

39 (1918), 571.

Teilehengro/3e chemiseher Nebel. 169

sinkens treten allerdings fast immer Fluktuationen auf, die von der plotzlichen Bewegungsanderung des die Nebel mitfuhrenden Luftstromes (infolge der Abdrosselung desselben) herruhren und die Erkennung der steten Fallgeschwindigkeitszunahme der Nebel- tropfchen im Anfang erschweren.

Unsere Untersuchungen bezogen sich hauptsachlieh auf f euch t e S almi a k- und S c h we f el t r iox y d - bzw. S c h wef els a ur ene b e 1. Zudem wwden jedoch noch andere Arten von feuchten Nebeln: P h 0s p h or s B u r e - ? N a t ri urns u p e r o x y d - und A mmoni u m s u 1 f a t - nebel in den Bereich dzr Untersuchung einbezogen und ferner auch die verschiedenen Arten der von ROTHMUND untersuchten Nebel, die beim Durchperlen eines ozonhaltigen Sauerstoffstromes durch Reduktionsmittel, wie Jodkalium, Kaliumbisulfit, Ammoniak und Terpentinol auftreten. Bei a l l diesen Nebeln konnte die fur den e rs ten Zei tabschni t t des Absinkens charak- ter is t ische Zunahme der Fallgeschwindigkeit beobachtet w er d en.

Zur Erreichung gut reproduzierbarer Resultate erwiesen sich besondem die Salmiak- und Schwefeltrioxydnebel ah geeignet. Die Herstellung einwand- freier Salmiaknebel erfolgte mittels der in Fig. 1 dargestellten Versuchs-

Nebdkammer Fig. 1.

anordnung, die aus der Abbildung ohne weiteres verstandlich ist. Die durch Federquetschhiihne verschlossenen Abzweigungen dienten zur Entnahme von Nebeln aus der Apparatur zwech Priifung auf ihre neutrale Reaktion (Freiheit von iiberschiissiger Salzsiiure und iiberschiissigem Ammoniak). Es zeigte sich, daB die Nebel am sichersten dauernd neutral und von gleichmiiliger Dichte erhalten werden konnten, wenn der Luftstrom so eingestellt wurde, daB 3 Luftblasen durch die Salzsiiure perlten, wenn eine das Ammoniak passierte. Der in diesem Fall sich einstellende geringe SiiureiiberschuB wurde durch eine vorgeschaltete Waschflasche mit reinem Wasser stets mit Sicherheit herausgewaschen.

Fur die Darstellung der Schwefeltrioxydnebel wurden die 3 Woulfe- schen Flaschen, die zur Erzeugung der Salmiaknebel dienten, durch eine

Z. anorg. u. allg. Chom. Bd. 138. 12

170 E. Bemy.

Drechselsche Waschflasche, die rauchende SchwefelsBure enthielt, ersetzt. Im ubrigen blieb dabei die Apparatur unverandert.

Bis zur Erzielung gleichmaBiger Dichte und Stromungsgeschwindigkeit wurden die Nebel in den Abzug geleitet. Zur Messung der Absinkungsgeschwindig- keit traten sie in ein mit durchsichtiger Glasskala versehenes Becherglas (,,Nebel- kammer") ein, dessen Boden in dunner Schicht mit Wasser bedeckt war und dessen WBnde und Deckel stets gut feucht gehalten wurden, damit die Nebel wkhrend der ganzen Ablesungsdauer mit Wasserdampf gesiittigt blieben. Bei Messungen, die sich iiber erhebliche Zeitrliume ausdehnten, wurde statt des Becherglases ein Standzylinder von etwa 40cm Hohe als Nebelkammer benutzt. Bei einer Anzahl der Versuche passierten die Nebel vor Eintritt in die Nebelkammer statt, wie in der Abbildung, einer, d re i oder fiinf Waschflaschen. Ein wesentlicher Einflul3 von deren Zahl auf die Absinkungsgeschwindigkeit war nicht festzustellen, ein Zeichen dafiir, daB Sattigung der Nebel mit Wasserdampf bereits nacb Passieren einer Waschflasche erreicht war.

Von den zahlreichen Messungen, die an Salmiak- und Schwefel- trioxydnebeln ausgefuhrt wurden, und von den durch sie festgelegten

Fig. 2. Abeinken von Salmiaknebeln (nach Passieren von einer Waschflaeche).

Fallgeschwindigkeitskurven seien der Raumersparnis halber nur ein paar Beispiele in den Figg. 2-5 angefuhrt. Die Figg. 2 und 3 beziehen sich auf Ammoniumchloridnebel, die Figg. 4 und 5 auf Schwefeltrioxydnebel. Wie die Figuren zeigen, laiDt sich trotz der den Versuchsresultaten anhaftenden kleinen UnregelmaBigkeiten, die nicht so sehr auf Ablesefehlern als auf StGrungen des gleich- mafiigen Absinkens infolge Konvektionen beruhen, jeweils die Fall- geschwindigkeitskurve recht zuverlassig zeichnen. Aus dieser Kurve 1aiDt sich die konstante Endgeschwindigkeit ohne weiteres ablesen.

Zur Prufung einer zuerst von TOWNSEND im AnschluB an Lord KELVIN geauaerten Ansicht uber die Ursache der Bestandigkeit der Nebel, welche die K o n z e n t r a t i o n der Nebeltropfchen zu ihren

Badien in Beziehung setzt, war insbesondere auch eine moglichst prazise Bestimmung der Anf angsgeschwindigkeiten von Interesse,

Fig. 3. Absinken von Salmiaknebeln (nach Passieren von drei Waschflaschen).

d. h. der Geschwindigkeiten, die die Nebel in ganz frischem Zustande oder wenigstens unmittelbar nach Beendigung des im allgemeinen

Fig. 4. Schwefeltrioxydnebel (nsch Passieren von einer Waschflasche).

nur relativ kurze Zeit in Anspruch nehmenden Einleitens in die Nebelkammer besitzen. Unmittelbar aus den im Anfang des Ab-

12*

172 H. Remy.

sinkens abgelesenen Fallzeiten lieBen sich die wahren Anf angs - geschwindigkei ten nicht ermitteln, da durch die im Anfang meist besonders stark auftretenden F luk tua t ionen , auf die noch zuriickzukommen sein wird, die schwankenden, in der allerersten Zeit fur die Bewegung der Nebelgrenze abgelesenen Werte gar nicht den w a h r e n F allg e s c h w i n dig kei t en (namlich den Fall-

Fig. 5. Schwefeltrioxydnebel (nach Passieren von drei Waschflaschen).

geschwindigkeiten relativ zu der die Nebeltropfchen tragenden Luft) entsprechen. Dagegen la& sich die Geschwindigkeit bei Beginn des Absinkens aus der Kurve recht gut ermitteln, nam- lich dadurch, da13 man an die Fallgeschwindigkeitskurve in ihrem Schnittpunkt mit der den Beginn des Absinkens bezeichnenden Zeitordinate (gegeben durch den Zeitpunkt, in welchem der nebel- fuhrende Luftstrom abgestoppt wurde) die Tangente legt. Dies kann rein graphisch geschehen, indem man die Kurve ein wenig uber den Anfangspunkt hinaus verlangert, dann vom Anfangs- punkt aus ein kurzes Stuck von gleicher GroBe auf beiden Seiten des Anfangspunktes abtragt und die so erhaltenen Punkte durch eine Sehne verbindet. Da das kurze Kurvenstuck mit genugender Annaherung als Kreisstiick aufgefaBt werden kann, lauft die Sehne der gesuchten Tangente parallel. Unter der gleichen Voraussetzung la& sich die Konstruktion der Tangente, d. h. die Ermittlung der

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174 H. &my.

Anfangsgeschwindigkeit beim Absinken auch rechner i sch aus den aus der Kurve abgelesenen Werten ausfuhren. Die nach der ersten Methode erhaltenen Anfangsgeschwindigkeiten sind in den Tabellen 1-6 durch den Zusatz ,,graph.", die anderen durch ,,rechn." gekennzeichnet. In diem Tabellen sind aukierdem die k0nstante.n Endgeschwindigkeiten nebst den Zeiten, nach denen diese End- geschwindigkeiten jeweils erreicht wurden, eingetragen. Jeder einzelne der in den Tabellen 1-6 enthaltenen Versuche stellt das Ergebnis einer Messungsreihe dar, wie sie in ihren Einzelbeobachtungs- werten durch die Diagramme der Figg. 2-5 und durch die Tabelle 7 (welche die der Kurve der Fig. 6 zugrunde liegenden Einzelwerte enthalt) veranschaulicht werden. Tabelle 1 und 2 gelten fiir voll- kornmen neutral reagierende Salmiaknebel. Eine Abhangigkeit der Fallgeschwindigkeit von der Anzahl der vorgeschaltenten Wasch- flaschen ist, wie man sieht, fur diese nicht festzustellen, wenigstens gilt dies sicher bezuglich der Anfangsgeschwindigkeiten der Nebel. Fiir die Endgeschwindigkeiten wurden beim Vorschalten von funf Waschflaschen in einigen Fallen grofiere Werte erhalten als bei Vorschaltung von nur drei oder von einer Waschflasche. Auffallend ist, dal3 die Zeit, die bis zur Ausbildung der konstanten Endgeschwindigkeit verstreicht, von der Zahl der passierten Waschflaschen unabhiingig ist. Eine ,,kunstliche Alterung" mittels Durchleiten durch Waschflaschen tritt also nicht ein. Dabei ist zu beachten, dai3 bei der relativ groBen, von uns ange- wandt,en Durchleitungsgeschwindigkeit zum Durchstreichen der Waschflaschen seitens der Nebel nicht vie1 Zeit gebraucht wurde.

Tabelle 3. Salmiaknebel . (Beobachter: K. RUHLAND.)

Versuch Nr. . . . . . . . . . . . . . . 2 3 4

Anzehl der Waschflaschen Reaktion der Nebel . , . . . . . . . . . / / sauer I alkalisch Anfangsgeschwindigk. x 103cm/sec ,,graph." . 11 4,58 I 6,OO 1 3,16 1 3,50 Anfangsgeschwindigk. x 103cm/sec ,,rechn." . I! 4,65 1 4,72 1 2,85 1 4,79 Mittelwerte aus beiden Methoden . , . . . 1 ) 4,62 I 4,86 1 3,OO I 4,15 Mittlere Anfangsgeschwindigk. x 103cm/sec . )I 4,74 1 3,58 Eintritt der Endgeschwindigkeit . . . . . . j j 9' 12" I 8'42" 1 8 ' 3 0 I 9'6" Endgeschwindigkeit x lo3 cmlsec . . . . . . j j 20,2 1 16,Q I 16,5 \ 12,l Mittlere Endgeachwindigkeit x lo3 cm/sec . . 11 18,5 1 14,3

Tabelle 3 und 4 zeigen, dal3 die Fallgeschwindigkeiten auch durch einen Uberschul3 von Salzsaure oder von Ammoniak in den Nebeln nicht merklich beeinflu& werden.

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Teilchmgro,% chemiseher Nebel. 175

Tabelle 4. Salmiaknebel . (Beobachter: C. Kocn.)

Versuch Nr. . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 3 7 7 - ____ - __ ____- __- --II___ - ---_____

-

Anzahl der Waschflaschen . . . . . . . . 11 1 Reaktion der Nebel . . . . . . . . . . . 1 sauer 1 alkalisch Anfangsgeschwindigk. x 103cm/sec ,,graph." . 11 6,58 3,66 1 5,16 I 7 3 3 -- Anfangsgeschwindigk. x 103cm/sec ,,rechn." . I ] 6,66 [ 3,75 1 5,55 1 7,91 Mittelwerte aus beiden Methoden . . . . . II 6.62 I 3.71 1 5.36 1 7.87 , , - > I , Mittlere Anfangsgeschwindigk. x lo3 cm/sec . / / 5,17 1 6,62

Endgeschwindigkeit x 103cm/sec . . . . . . 11 26,8 1 19,8 1 26,6 1 17,4 Mittlere Endgeschwindigkeit x lo3 cmjsec . . 1 1 22,s [ 22,O

Eintritt der Endgeschwindigkeit . . . . . . 1 1 11' 3" 1 9' 57" Ill' 30" 1 9' 12"

Tabelle 6. S ch w e f e l t r i o s y dne bel. (Beobachter: C. Kocrr.)

. . . . . . . . . . . . . _ * * / I : - I I I Versuch Nr.

Anzahl der Waschflaschen -.- 11 - 1 Anfangsgeschwindigk. x 103cm/sec ,,graph." . [I 3,66 1 3,16 I 4,16 I 3,75 Anfangsgeschwindigk. x 103cm/sec ,,rechn." . [I 3,26 I 3,40 I 4,23 1 3,82 Mittelwerte aus beiden Methoden . . . . . / / 3,46 1 3,28 1 4,20 I 3,79 Mittlere Anfangsgeschwindigk. x 103cm/sec . 11 3,37 1 4,OO Eintritt der Endgeschwindigkeit . . . . . . 1110' 54" [ 9' 30" Ill' 12" 1 lo' 48" Endgeschwindigkeit x lO3cm/sec . . . . . . 11 20,3 I 17,5 I 20,8 [ 2 5 3 Mittlere Endgeschwindigkeit x 103cm/sec . . II 18,9 I 23,3

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Die Versuchsresultate an Schwefeltrioxydnebeln sind in Tabelle 5 und 6 niedergelegt. Hier scheint ein, freilich recht geringer, Einf lul3 der vorgeschalteten Waschflaschenzahl vorhanden zu sein, der sich in diesem Falle besonders in den Anfangsgeschwindigkeiten zeigt.

176 IX Remy.

Die Zunahme der Fallgeschwindigkeit im Anfang ist offenbar zuruckzufuhren auf eine VergroBerung der Teilchen durch Ag - g 1 o m e ra t ion . Die den Teilchen ihrer urspriinglichen Gro13e gemaB zukommende maximale Geschwindigkeit wird, wie eine einfache Rechnung ergibt, schon nach einem kleinen Bruchteil einer Sekunde erreicht. Durch besondere Versuche koniite nachgewiesen werden,

zu Beginn des Absinkens. Fig. 6. Gealterte Nebel mit infolge schneller Abdrosselung starker Fluktuation

daB fur die Geschwindigkeit der Nebelteilchen in der Tat nicht ihre Fallzeit als solche, sondern lediglich die Zeit des Verweilens der Nebel in dem our Messung des Absinkens dienenden GefiiD, also ihr A l t e r , mafigebend ist. Dies ging aus Versuchen hervor, fur die der durch das Diagramm Fig. 6 dargestellte, dessen Einzelwerte aus Tabelle 7 zu entnehmen sind, ein Beispiel bietet. Bei diesem Versuch wurden, wie man sieht, die Nebel anfangs sehr langsam eingeleitet, so da13 die Nebelgrenze sich zwachst nur mit sehr geringer Geschwindigkeit hob. Erst ganz am SchluB erfolgte schnelles Einleiten und sofort darauf Abstellen des die Nebel fiihrenden Luftstromes. In diesem Falle trnt die konstante Fallgeschwindigkeit

Teilchengrope chemiseher Nebel. 177

bedeutend fruher als gewohnlich, namlich bereits in der zweiten Minute des Absinkens, ein.

Tabelle 7.

Aufsteigen der Nebel

Absinken der Nebel

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Zeit

4 Uhr 18 Min. 43 Sek.

4 Uhr 21 Min. 29 Sek. 38 ,, 43 2,

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36 ,, 35 ,, 59 ,,

37 ,, 38 ..

41 ,,

Hohe der Nebelgrenze iiber dem Nullpunkt der Skala

- (Beginn des Einleitens) 4,5 cm 690 8 8 9 2 9,5

10,o - (Schlulj des Einleit,ens)

21,4 cm 21,6 21,4 21,2 21,4 21,l 20,9 20,5 20,3 19,9 19,4 9,5 9,O 8 8 795

695 690 4,5

321

7,o

4 4

DaB fiir die im allgemeinen wahrzunehmende Zunahme der Fallgeschwindig- keit nicht etwa eine Vergroljerung der Tropfchen durch nachtriiglich noch auf- genommenen Wasserdampf in Frage kommt, geht schon aus der Tatsache der Unabhangigkeit oder hochsten nur undeutlichen Abhangigkeit der Fallgeschwin- digkeit von der Anzahl der durchstromten Waschflaschen hervor, wurde aber auch noch besonders durch Bestimmung der Elektrolytkonzentration der Teilchen nachgewiesen. Diese Bestimmung, iiber die spater in anderem Zu- sammenhang berichtet werden wird, ergab an frischen, langsam absinkenden Nebeln und gealterten, schnell absinkenden ausgefuhrt, praktisch vollkommen iibereinstimmende Resultate.

Es ist bemerkenswert, daB die aus der Fallgeschwindigkeits- anderung zu erschliel3ende Agglomeration der Nebelteilchen halt- macht, wenn eine bestimmte Fallgeschwindigkeit bew. Teilchen- groBe erreicht ist, da dieser Vorgang in Analogie zu gewissen, an k o I1 oi d en L 6 sung e n beobachteten Dispersitatsgradanderungen steht.

178 H. Remy.

Mit der Agglomeration verbunden ist ein Durchsichtigerwerden der Nebel. Dieselben erlangen ihre maximale Durchsichtigkeit merklich in dem Zeitpunkt, in dem die konstante Endgeschwindigkeit erreicht ist.

Bereits seitens FRAXZISKA HERXHEIMER~) ist festgestellt worden, daB die Lichtabsorption durch Salmiaknebel yon derem Alter abhangt. HERXREIMER beobachtete bei frisch hergestellten Salmiaknebeln zunachst eine Zunahme der Undurchsichtigkeit, auf die nach kurzer Zeit wieder eine Abnahme der Un- durchsichtigkeit folgte. Sie hat, wie aus der Beschreibung ihrer Versuchsanord- nung hervorgeht, mit zunachst noch an Wasserdampf ungesattigten Nebeln ge- arbeitet. Einen moglichen Wassergehalt derselben zog sie uberhaupt nicht in Rechnung. Bei solchen Nebeln muBte natiirlich zuniichst die Lichtabsorption infolge VergroRerung der Teilchen durch Aufnahme von Wasserdampf ansteigen und darauf dann wieder abnehmen infolge der durch Agglomeration bedingten Verringerung der Teilchenzahl.

In dem in Fig. 6 wiedergegebenen Diagramm ist besonders deutlich auch das Schwanken de r s che inba ren Abs inkungs- geschwindigkei t infolge F l u k t u a t i o n i m Anfang zu er- kennen. Solch starke Schwankungen, wie sie in diesem Diagramm wiedergegeben sind, traten nur dann auf, wenn der die Nebel fuhrende Luftstrom unmittelbar vor dem Abstoppen eine verhiiltnismaiBig grol3e Geschwindigkeit besal3. Wurde sehr langsam eingeleitet, so waren die Flulrtuationen fast ganzlich zu beseitigen. Jedoch hielten wir es nicht fiir zweckmaflig, allgemeiii in dieser Weise zu verfahren, da in diesem Falle die Nebel bereits wahrend des Einleitens zu stark altern und infolgedessen zur Ermittlung der Anfangsgeschwindigkeits- werte, die nur einen Sinn haben, wenn sie an frischen Nebeln beob- itchtet werden, nicht mehr brauchbar sind. Auch konnte nicht in der Weise verfahren werden, daB zunachst die Nebelkammer mit Nebeln schnell nahezu gefiillt und erst ganz gegen Ende des Einleitens der Strom stark verlangsamt wurde his zum allmahlichen volligeri Abstellen, da in diesem Falle die Bur Sistierung der zunachst sehr starken Fluktuationen erforderliche Zeit gleichfalls zu lang war. Das Auftreten von mal3ig starken Fluktuationen im Anfang der einzelnen Fallgeschwindigkeitsmessungen konnte aber um so eher in Kauf genommen werden, aIs diese, selbst in Fallen, wo sie relativ stark in Erscheinung traten, grsphisch sehr leicht eliminiert werden konnten.

Aus den gesamten von uns ausgefuhrten Messungen berechnet sich fur frische Salmiaknebel ein Tropfchenradius von 6,2 - em

l ) Physik. Zeilschr. 13 (1912), 1109.

im Mittel, fiir frische, mit Wasserdampf sicher ausreichend beladene Schwefeltrioxyd- bzw. Schwefelsaurenebel ein solcher von irn Mittel 5,3.lO-5 em. Fur gealterte, nit konstanter Geschwindigkeit fallende Salmiaknebel ergibt sich ein mittlerer Radius von 11,9.10-5 cm und fur gealterte Schwefelsaurenebel ein solcher von 12,6.lO-5 em.

Bei der Berechnung der Radien aus den far die B’allgeschwindigkeiterl erhaltenen Mittelwerten wurde die STOKES-CUNNINGHAMSChe Formel:

benutzt, worin r den Radius, v die Fallgeschwindigkeit der Tropfchen (Ab- sinkungsgeschwindigkeit der Nebelgrenze), 7 die innere Reibung des Mediums (Luft), L die mittlere freie Weglange von dessen Molekiilen, K die das Tropfchen bewegende Kraft (hier = 4/3 - z - r3 - 981, wenn der Dichteunterschied des Tropfchens gegen Wasser vernachlassigt wird) und A eine Konstante bedeutet, deren Wert im AnschluD an die Versuche von MAC KEEHAN~) = 1,OO gesetzt wurde. Das CuNNINGHAMsche Zusatzglied wurde berucksichtigt, da die Teilchen, um die es sich hier handelt, nicht sehr grol3 im Vergleich zur freien Wegliinge der Molekiile des sie umgebenden Mittels sind.

Die fur die ubrigen untersuchten feuchten Nebel gefundenen Werte liegen gleichfalls alle in der Nahe der fur die Ammonchlorid- und fur die Schwefelsiiurenebel gefundenen. Die anfangliche Zu- nahme der Absinkungsgeschwindigkeit und deren Konstantwerden nach etwa 10 Minuten zeigte sich auch hier in allen Fallen.

l) Phys. 2. 1’2 (1911), S. 707. Vgl. auch die von K. PRZIBRAM (Phys. 2. 13 [1912J), S. 108 an Salmiakteilchen ausgefiihrten Beetimmungen des Elemeu- tarquantum8, bei denen gleichfalls fur A = 1,OO die besten Werte erhalten wurden.

Harntizcrg, chemisches Staalslaboratorizcm.

Bei der Redaktion e&gegangen am 11. Juni 1924,