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IVackenroder, Darslellung der reinen Salpeterssiiure. 4 59 wendigkeit bestiitigt wird, bei Verabreichung und Aufbe- wahrung der Phosphorsalbe alle Vorsichtsmaassregeln, wie bei den directen Giften zu beobachten. -- Ueber die Darstellung der reinen Salpetersaure in den chemischen und pharmaceutischen Laboratorien; von H. W acke 11 r 0 d e r. - Eine vershdige Oekonomie in den chemischen Ar- beiten wird wesentlich dam beitragen, dass die praktische Chemie auch in den pharrnaceutischen Laboratorien all- gemeiner und haufiger wieder Eirigang findet, als dieses zum grossen X'ttchtheil unserer wissenschaftlichen Kunst schon seit Iangerer Zeit leider der Fall ist. Dieser bekla- genswerlhe Zustand , den jeder unerschrockeno Freund der Wahrheit zugestehen wird, konnte hloss aus dem ver- derblichen Vorurtheil enlspringen. dass die chemischen Fabriken all und jedes chemische Praparat zu wohlfeilerern Preise und zugleich von besserer Qualitit liefern, als die pharmaceutischen Laboratorien. Wer solche von der kauf- miinnischen Speculation aufgestellte, von der Bequemlich- keit oder Unerfahrenheit nachsebetete Behauptung noch fortan vertheidigen wollte, wiirde nur zu erkennen geben, dam er weder von unserer wissenschaftlichen Kunst uncl ihren Fortschritten eine gute Kenntniss, noch von dem Apothekergeschafte einen richtigen Begriff habe. Weil die Fabrikation irn Grossen sehr vide chemische Praparate gegenwartig von ungleich grosserer Wohlfeilheit und Treff- lichkeit liefert, als friiher, so folgt daraus nicht im min- desten, dass sammtliche oder auch nur die Mehrzahl der pharmaceutisch - chemischen Priiparate unter dieselbe Ca- tegorie fallen. In den pharrnaceutischen Laboratorien bleibt oft, urn nicht zu sagen in der Regel so viele Zeit unbenutzt, dass ihre Anwendung eine nicht unbetrachtliche Rente abgeben wiirde. In der Situation mancher Apothe-

Ueber die Darstellung der reinen Salpetersäure in den chemischen und pharmaceutischen Laboratorien

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IVackenroder, Darslellung der reinen Salpeterssiiure. 4 59

wendigkeit bestiitigt wird, bei Verabreichung und Aufbe- wahrung der Phosphorsalbe alle Vorsichtsmaassregeln, wie bei den directen Giften zu beobachten. -- Ueber die Darstellung der reinen Salpetersaure

in den chemischen und pharmaceutischen Laboratorien;

von H. W acke 11 r 0 d e r. -

Eine vershdige Oekonomie in den chemischen Ar- beiten wird wesentlich dam beitragen, dass die praktische Chemie auch in den pharrnaceutischen Laboratorien all- gemeiner und haufiger wieder Eirigang findet, als dieses zum grossen X'ttchtheil unserer wissenschaftlichen Kunst schon seit Iangerer Zeit leider der Fall ist. Dieser bekla- genswerlhe Zustand , den jeder unerschrockeno Freund der Wahrheit zugestehen wird, konnte hloss aus dem ver- derblichen Vorurtheil enlspringen. dass die chemischen Fabriken all und jedes chemische Praparat zu wohlfeilerern Preise und zugleich von besserer Qualitit liefern, als die pharmaceutischen Laboratorien. Wer solche von der kauf- miinnischen Speculation aufgestellte, von der Bequemlich- keit oder Unerfahrenheit nachsebetete Behauptung noch fortan vertheidigen wollte, wiirde nur zu erkennen geben, dam er weder von unserer wissenschaftlichen Kunst uncl ihren Fortschritten eine gute Kenntniss, noch von dem Apothekergeschafte einen richtigen Begriff habe. Weil die Fabrikation irn Grossen sehr vide chemische Praparate gegenwartig von ungleich grosserer Wohlfeilheit und Treff- lichkeit liefert, als friiher, so folgt daraus nicht im min- desten, dass sammtliche oder auch nur die Mehrzahl der pharmaceutisch - chemischen Priiparate unter dieselbe Ca- tegorie fallen. In den pharrnaceutischen Laboratorien bleibt oft, urn nicht zu sagen in der Regel so viele Zeit unbenutzt, dass ihre Anwendung eine nicht unbetrachtliche Rente abgeben wiirde. In der Situation mancher Apothe-

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1 GO Wackenroder,

kenbesitzer mag wohl das Gegentheil mit dem kaufmanni- schen Calcul besser harmoniren, in Folge dessen, wenn er als Regel gelten sollte, das Apothekergeschaft einem simpeln Arzneiverkauf immer ahnlicher werden miisste. Der Ausspruch G o e t 11 e’s, dass da, wo die Kunst in Verfall gerathen, sie durch die Kunstler verfallen sei, passt nicht bloss auf die schone, sondern auch auf jede Kunst; aucli die Wissenschaft leidet am meisten durch ihre eisnen Trsgcr. Die Erkenntniss des wahren Grundes der Dinge und die Thatigkeit bleiben der Selbstbestimmung eines Jeden stets von der Natur unverkiimmert. Da wir eine Achtung der Staatsgesellschaft vor der ausiibenden Phar- macie hoffen, wunschen und voraussetzen, ja verlangen, so fordern wir auch mit Unerschrockenheit eine officielle Beachtung der Rechte des Apothckerstandes, die jeiier Achtung entspricht. Wo aber aus inneren oder ausseren Beweggrunden die pharmaceutische Kunst in einer mecha- nischen Dispensirkunst der Arzneien ganz und gar aufseht, da fallen mit unsern Wiinschen iind Hoffnungen auch unsere Anspriiche und Forderungen hinweg. Bei einer gedankenleeren Mechanik muss die Elasticitat des Geistes erschlaffen und das wissenschafiliche Interesse ersterben in denen, in welchen sie einstens vorhanden und lebcndig waren, und kiinnen nicht erstehen in denen, auf welchen die Zukunft der praktischen Pharmacie beruhet. In Alt und Jung muss so das geistige Leben zu Grunde gehen. Die erfreuliche Reg- samkeit und Strebsamkeit in allen deutschen pharmaceu- tischen Vereinen, vornehmlich in dem grossen norddeutschen Apothekervereine zeigen zwar deutlich und bestimmt ge- nug das \‘erlangen zu einer Emancipation der deutschen Pharmacie von den Fesseln einer ungehorig ausgedehnten Fabrikindustrie; das kann uns aber nicht hindern, das Uebel zu verfolgen, bis es allgemein und ganzlich vertilgt ist vom deutschen Boden.

Aus diesem Grunde kann es nicht zweckwidrig, un- passend oder lrivial crscheinen, wenn wir in diesem Archive alte und allbekannte Darstellungsmethoden fur pharma- ceutisch-chemische Praparate von Zeit zu Zeit aufs neue

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cber die Darstellung der reinen Salpetersiiure. 461

zur Sprache bringen, indem wir vornehmlich die Verknii- pftlng der chemischen Arbeiten unter einander und den pecuniaren Vortheil, den sie den1 Apothekergeschafte ge- wahren, zu zeigsn versuchen. Denn sleichwie im Leben und in der Wissenscbaft das d u l c e . dem utile hinzuzu- figen ist, wird lganz folgerichtig das u l il e der Forschung beigegeben in dem engeren Kreise einer ausiibenden Kunst. Die abstracte Wissenschaft wird zwar immer die einzig feste Basis jeder wissenschaftlichen Kunst bleiben; d~ Kunst selbst ist sie aber nicht. Diese muss sich ein Jeder selbst aus jerner heraus bilden. Der Werth einer blossen Empirie und Rwtine in den praktischen Naturwissemchaf- ten existirt nicht mebr; die fruher uber alles erhobenen abgelauschtsn Bandgriffe in der pharmaceutischen Kunst verschwanden, als die uackten Regeln derselben auf Na- turgesetze zuruokgefuhrt wurden. Mochte diese so streng wissenschaftlich gerqplte Kunst nur fortwahrend aUgm& geiibt und dadwch vervollkomnet werden.

Darstellung der reinen Salpdersaure aus dem Salpeter. Das d i d . drk. pur. wird bekanntlich jetzt m&skn-

theils, vielleicht durchgangig in den Apotheken nicht dargestellt, smdem aus Fahriken bezogen: Gkichwohl ist nichts einfacher and leichter, als die Darstellung einer reinen Salpetersaure ZB billigem Preise f& den Fall, dass die aufgewendete Zeit nichl &her in Anschlag geebractit wird, als es fur eineelae pharmaceutische Praparate, w&he gleichzeitig mit andern bereitet werden, zulassig ist.

In neuerer Zeit hat man das kaufliche salpetorsaure Natron (den Chiiisalpetfjr) zur Darstellung der Sa1petetsaui.e sehr empfohlen. Wenn dasselhe aber nicht durch Um- krystallisiren von seinem grossen Gehalte an Chlorkaliutp fast vollstandig befreit worden ist, so eignet es sich gar nicht zu unserm Zweck. Man erhalt entweder ein wahres Konigswasser, oder. doch eine unbrauchbare Salpetersiiure. Der gereinigte ostindische Salpeter ist gegenwartig noch das beste Material, da der reine Chilisalpeter immer noch etwas hoher zu stehen kommt und auch nicht immer egt

Arch. d.Pharm. XCI. Bds. 2. IIR. 4 4

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4 62 Wucfretlroder,

anibsdia&n sein mdchte. Uebrigeas mpfiehit er sich wPgen seines gross3ren Obhaltes an Salpelersliure und seiner leichteren Zerbetzbarkdt. Das selpetersaure Kali oder Nitron braucht jedooh VOR der letzten Spur von Chtomdlium nicht Z U V O ~ befreiet mi werdm. - Die dng- lisctie SdwefelsPure, aueh wan sie arsenhaltig sein eollte, geniigt jedeizeit.

Die chemivchen Vokghgt? bei der Zersetrdudg des Salpeters durch Sohdsarbrrk sind bekannt. Nimmt man gleiehe Atomc. des Sahh und der QPure, so entsteht zw- nilehst zweifach sahwef&lsaurds Kali; denn nwr die Hdlfie d d Galpeters wird bei gdindei- H i m ~wlegt+ da s&on bei &twa 100° C. das W e Hydrat der Salpetet-fiaure, m i l

zwar, wegen seiner leicheea Zersetzbarkeit, mit salpetriger Siure gemengt, iibeqpht. In stiiricterer Hitze erfdgt erst die ganzliche ZefsetzunS dds Salpeters; aber das Product ist w e g d Mnngds ah Un+cirthendem Wasser in k3em Sa1.2- gemische bekmhtlieh dplviyd ScaIpet@s&m, die mit dem bbergegansenen Salpetersaure - Hydrat das acidum natrr futnans GIauSefi bildet.

Zu den meisten chiehischen und fist tdlen pharma- Cmtisch -cbemischeii A r b e h bedurfen wir aber nur ein Hydrat der Salpetersaum, w?ohes 4 bis 18 At. Ah, enthalt Ee kommt atso in prubi hab@+khlich dareof an, den Sal- peter gahz 2u 3ersdmn u d die wsserhahige &are miig- l i c k kicht ebmdestillir6m. Wed aber eine wasserhaltigc SaEpetersawe &I der DestilLtion un$5chforrnig iibengek, bis sie endiidh zu J A q f N 2 0 s gewrden ist, so b d e t gegesl das Ende tier De4tilhtican eino geringe Zersetzung der Saure in salplrige W r e und Saue~sotf &a. Dieser Umstand ist jedoch fiir die meiste Ahwendung der 681- pet$r$&e von k&inkm Behng.

Die Darstellung dcr gewbhnlichen Salpeterstiure ist in kuhw Zsit Icdht and sioherbmdigt mihtelst des aufpag.479 abgebildeten Apparates. M a n sieht einb weisseTubulatietorte in nicht stark ebwiirts geneigzer Lage ih einw Sandkapelde deo eissmen Blechofens lhgen, den ieh in den Amurle~ d a k m . Bd. 13. Q. 246. (versl. Siram. Centralbt. r835.

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uber die Darstellung der reken Salpelersuure. 163

N6, 36. 37,) bei der Darstellung der reidm Saleshire be. schrieben und abgebilda, auoh in diesem Arehitre Bd,w>. p. 203. bei der Darmllong des I iq . Ainhonii cde6uctia

erwahnt habe Da scflche Oefen ebon so einfach, ats brmh bat, und wdil i e bei steligem Gebrauch &le Jahre lang unbekchedigt bldibeii, adch ungemein billig siad, 60 hake ich diesdben fdr die nutzlichsten, ja fiir unbntbehtliche Apbarate in einem pharmaceutischen Laboratmiurn: Depl Mangel derseiben age ich es zuauschreiben, dass vielk Prdparate Maqch4m VUII erstaunlicher Schwferigkeit unige~ ben ersohein&n, die In derThat gar nicht vorboden sind, z. B. Quecksilbhxyd, Calomel, Sohwefelbaryurb, Antimok saure, Schwefeleism u4 S. w. AH und jedes chemische PrP- parat, w welchem, Feuer erfordert wid, kann .in diesen Oefen mit Leichtigteit dargestellt werden. Bin hiesiger Sddossermeistq Hr. II. Gem p 8 r, verfertigt die Oefen von vorzilglioher Ciite ulid sehr massigem Pkeise.

An die Retorte ist eine Varlage obneLuturh angde@ Sib ruhet id einer irdenen Sohale anf eindm fjtnobkranze oder einekn znsRmtnengeleglen Tuche und wind, wib I die Zeichnung 8s hinkn~lich klar macht, duruh e i m StrahI kalteh Wassers abgekiihlt. In die Oeffnuq der Ntipfe stecked Glasriihtdn mittelst Korke, Die Rohren mdd ah dem obereh Ende etwas verehg, weil dadn ddt aknfalls mit ablliesmnde &tub die Rbbren nicht v&@& khn.

In die Retorte schiiltet man 844 Grm. (=AIAt.) griib. lich zefiiebenes NMum dspuratum und giesst &n ein kalt gewordenes Gemisch von 815 Grm. (ft: 2 A t ) engli- scher Schw&felsiinre und 375 Grm. (E 2 f At.) Was& ddwh ded Tubulus anf den Salpeter. In die Vda$a hat man anvor 400 Grm. destillirtcs Wasser gegeben. Bei gelindbra Feuer wird der Inhalt der Retorte vollig flussig, und die Degeiilafion geht sehr l icht vor sich nnter regabasbigem Koohen det ganz klaren Flussigkeit. Der Apparat fiillt sicb tnic gelbrothtn Qarnpren, die theils von eioer Zer- setzztmg der S d p e k d u r e durch die noch nieht gebabdene Schwefel&ure, theiis and wbhl vorziigliahdurkh Bk S&- saure aus der kleinen lenge des zerlegteh Wdcatiurns

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I64 Wackmroder,

im Salpeter und von vorhandenen organisch Stoffen veranlasst werden. Daher isi auch ein ziemlicl lebhaftes Kochen, wobei aber das Ueberspritzen zu vernziden ist, sehr zwedrmassig. Nach einiger Zeit verschwinden diese gelben Dampfe ganzlich, wobei die siedende Flussiskeit ihre gelbliche Farbe verliert und vollig farblos wird.

Nunrnehr vertauscht man die Vorlage gegen eine an- dere mit 200 Grm vorgeschlagenem reinem Wasser. Dcr lnhalt der ersten Vorlage betragt 220 Grm. oder auch mehr, wenn die Destillation zur Austreibung alles Chlors Ihger fortgesetzt wurde , ah meistens orforderlich ist. Qieses erste Destillat ist immer eine ziernlich stark salz- saurehaltige, ubrigens aber brauchbare Salpetersaure.

Bei fortgesetzter Destillation erhalt man nun die rake Salpetersiiure, und auch fast ganz rein von salpetriger Saure, wenn man die Destillation beim neuen Erscheinen von gelbrothen Dampfen unterbricht. Nunmehr ist der Retorteninhalt auch :wider fest und krystallinisch - strahlig geworden und erscheint nur noch wenig feucht. Man wurde aber ziernlich viel, vielleicht + der Salptersaurc zurhcklassen, wenn man nicht noch weiter und so langc destilliren wollte, bis das Salz in der Retorte ein trockenes Ansehen hat, nur .noch wen& Tropfbar-Flussiges iibergeht und di8 Retorte ganz undurchsichtig geworden ist von gelbrothen Dampfen der aufs neue erscheinenden salpc- .trigen SPure. Sol1 diese vielleicht abgesondert bleiben. so schlagt man anslalt der 200 Grm. Wasscr nur die HBlfie davon vor und die andere Halfte erst dann, wenn die gelbrothen Ddmpfe in Folge der Zersetznng der Salpeter saure durch die steigende Temperatur und durch die Aus- scheidung dcs zweifacli schwcfelsauren Kalis enlwickelt zu werden anfangen.

Wenn die Menge der ersten salzsaurehaltigen Salpeter- sgure 220 Grm. be t ras 60 p h g t das Gewicht der reinen Salpeteisaure 4005 Grm. und ihr spec. Gewicht bei 200 C. = 9,267 zu sein. Die ganze Destillation kann innerhaib 4 Stunden beendigt sein mit dem Verbrauche von 800 Grm. = 27 Unzen Nadelholzkohbo. Da 292 Grm. = 1 Unze

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Pr. Med. G., so hat man 34,4 Unzen reine Salpetersaure gewonnen, welche bei vollig gleicher oder noch grosserer Reinheit das kaufliche sog. acid. nilricum chem. pur. ge- wohnlich an Stiirke ubertrifft. Nimmt man aber auch fur beide Sauren eine gleich grosse Concentration an, so er- giebt sich nach der Prcisliste eines grossen Leipziger Handelshauses der gegenwartige merkantilische Werth von 34,4 Unzen reiner Saure an Ort und Stelle zu 13 Sgr. Die verbrauchten 844 Grm. = 29 Unzen gereinigter ost- indischer Salpeter kommen nach demselben Preiscourante auf 7 Sgr. 10 Pf. und die aufgewendeten 815 Grm. = 28 Unzcii englische Schwefelsaure auf 2 Sgr. 8 Pf. zu stehen. Die baaren Auslagen fur die Ingredienzien betra- gen also 10 Sgr. 6 Pf., und folglich bleiben noch 2 Sgr. 6 Pf. fur den Aufwand von Kohlen iibrig. Schwerlich werden aber 4: Pfd. Holzkohlen irgendwo so hoch zu stehen kommen. - Diese zur Bekampfung eines einge- wurzelten Vorurtheils aufgestellte Berechnung stellt sich noch giinstiger, wenn man die rcine Salpetersaure von 1,267 spec. Gew. bis zur vorschriftmassigen Stiirke ver- dunnt. Nach der weiter unten anzufuhreaden Berech- nungsmethode findet man leicht, dass den 1005 Grm. dieser Saure noch 312 Grm. Wasser hinzugefugt werden miissen, urn eine Saure von 1,195--1,205 spec. Gew. dar- aus zu machen. Man wird demnach 1317 Grm. = 45 Unzen reine Salpetersaure erhalten, welche nach der oben als Norm angenommenen Preisliste den Werth von ‘17 Sgr. haben, also um 60 Proc. werthvoller sind, als die ver- brauchten Ingredienzien. Ausserdem hat man noch 7; Unze recht starke, zwar salzsaurehaltige, bei vorsichtiger De- stillation iibrigens aber reine und daher noch zu manchen Zwecken ganz brauchbare Salpetersaure oben darein in den Kauf. Aber auch nur als mid. nitricum crudurn in Ansatz gebracht, sind sie 2 Sgr. werth.

Das saure schwefelsaure Kali in der Retorte hat eben- falls noch seinen kaufmannischen Werth. Doch will ich ihn weniger in Anschlag bringeu, weil das Salz bei der

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166 Waokenroder,

Daratellung~ kleinerer Wengen dor Salpeteiaaure aus dem Salpeter eher als Nachtheil, denn a h Vortheil ersoheint. Es setzt sich in den Retorbn so fest an, dass es nur mit Gefahr fur die Retorte herausgebracht werden kann. Gerade diesep Urnstand mag dazu beigetragen haben, die Berei- tung der Salpetersaure in den Apotheken in Misscredit, ja ganz in Vergessenhit zu bringen. Indessen kann dcr

. Gefahr auf das vollstandigte vorgebeugt werden, wenn man nach Beendigung der Destitlation die SCure abnirnmt und einen leeren Kolben vorlegt. 1st nun die Retorte, etwa nach einer Stunde etwas abgekuhlt, 60 gieast man durch den Tubuluv allmalig so vie1 kocbendes Wasser hinein, als die Retorte fassen kann. und lasst den Apparat dann 4 % Slunden lend ruhig stehen. Das meiste Salz hat rich nun aufgelost; man kann jotzt die Retorte aus dem Sande heben und die Liisuiig behutsam abgiessen. Wie- derholt man das Aufgiessen van warrnem Wasear einige Male, so lost sich der Rest des Salzes binnen einigen Tagen vollig auf. Bei jedem andern Verfahren, die ein- ma1 vollig erhbrtete Salzmasse in abgekiirzter Zeit her- auszusahden, wird man allsu leioht die Retorte verlierren. Indessen habe ich gefunden, dass auch die steinhart ge- wardene Salzmasso ziemlkh schnell und gofahrlos aus der Retorte horausgescham werden kann, wenn man Halz- asehe mit Waeser anriihrl und die vom Sande abgegossene h u g e in die Retorte giesst. Dadurch, dass dqs zweite Atom Schwefelsaure von der Asche gedttigt wird, kist sich die harte Salzmame auch schaeller auf. Es versteht sioh, dass man auch Pottaschenlauge anwendm kann. Der piinge kdufmannisehe Nutzen yon dem einfaoh sehwefel- aueen K&, das man hiorbei gwinaen kann, diirfte jdach yon b c h nicht beachtea wecden. Duroh die Neoh- tiittigung mit Kreide erhiilt man eine Art anldslichen Pfan- nensteins von schwefelsanrem Kali und sehwefelsanrem und kohlensaurem Kalk. Daher mochte die Verwendung des m i 6 Aschcnlauge aufgeldsten Seleriiekstendes els vor- zitgliches Dungsalz, namentliah fur Wee- uad Kmtland, vielleiaht den allgemeinsten Aiutzen uereplledwn pCr Riiak-

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halt von salpctersaurern Kali darin durfte hiahei wohl Beachtung verdienen.

Will man nur einige Unzen reine Salpetersaure be- reiten, so kana inan sich's ganz bequem machen, indam wan ;a der a b e R aogegebepen Ipgredienzies aus den1 Yon mir angegshenen kleinen Lampenofen in der Stubs de- stillirt. Lasst man die Qelflamme unmittelbar. a d das Glas einwirken, so kocht die Fliissigkejt bicht zu beftig und spritzt iiher. Bei Benutzunq der lrleinan Sandkapelle kann man sich a k r mit leichter Muhe innerhatb &es Tages 6 bis 8 Unzen reine Salpetereure auf diem Weisc verschaffen.

Rei$l;rfpaliq der rohen Sa+elersaurs. Die beschriebene Darstellung der reinen L%lpetersaure

a u ~ dern Salpeter, abwohl wir sie bei fortwahrender Wie- derholung seit Jahrw stets bewahrt gefunden haben. zei@ doch kleirlq Uebelsbhde und Unbequemlichkeiten, wejche nie zo beseitigeq eejn werdcn. Bei 6Lsi:krern Yerbrauche der reinen Salpetersaure mhssen schon gpwn Quankita;m des, Salpeters xerlegt verden, und so steigt das Aisioo grosser uod theurer Glasretorten. Gross8 Menglen der in den Retorten fesbitzenden Salzmasse Iosen sich immw irur'allmalig auf und vermehren so die Arbeit. Der Haug! ubslstand bleibt q4qr der, dass die Saure nimals uoll- stindig rein yon SaIzsawe oder &lor erhalten wird. Diese Spur VQQ Chlar h r k t man zwar nicht, wenn man eiae kleine Msng,e der mit Wasser verdunnten Saure mit sal- pBtBFsaureq Silbemxud nruft. Wendet man abqr pip Paw Upzen der Saure aur Prufqng an, so kann man stets aia Opalisiren und zuweilen scbon nach einigem Stehen der Flussigkeit einerl geringen Niederschlag Y Q ~ Chlorsilber bemerhn. Der gemeinublichen Ansicht yon der uollkom- mmen Auotreibung des Chlors zu Psfann der Destillation dq- Sitlgeteraaure aus dem Salpeter gemass sind zsmr alle mQ)ic&len bdificationen bei der Destillation der %we vgn uny yqgenolgmen wmam : allein das .Eadsesultat @Uer uuerer Versuchs war, dass nur ein van Cbhkalium abolut miner Qalpster eine Yon Chlw yollkommen h i e

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9 68 Wuckenvoder,

Salpetersaure liefern kann. Diems Ergebniss findet sich auch an dem sog. acid. nitric. chem. pur. der Fabriken bestatigt, welches wir meiatens noch viel merklicher mit Salzsiiure verunreinigt gefunden haben, a b die yon uns selbst dargestellte Salpetersaure. Fur manchen chemischen Zweck ist aber selbst die gen’ngste Menge von Salzsaure in der Salpetersaure storend oder hinderiich.

Aus diesen Griinden haben mehrepe Mitglieder des pharmaceutischen Instituts unter meiner Mitwirkung viel- faliltige Versuche angestellt, aus der rohen Salpetersaure mit leichterer Muhe und geringeren Kosten die gunz rehe Saure darzustellen. Von diesen Versuchen will ich nur so vie1 erwahnen, dass eine einfache Rectification der rohen Siilure nicht ausreicht, das Chlor daraus vollig zu entfernen, sondern dass dieses nur mit Hulfe von Silber erreichbar ist. Die Methode, welche sich seit einiger Zeit als Praxis bei uns festgestellt hat, besteht im Folgenden.

In einem Becherglase oder in einer Schale, die mit einer Glastafel zu bedecken sind, wird ein 2 - Thalerstuck, als diejenige Munze gelegt, worin sich innerhalb der Zoll- vereinsstaaten das meiste Silber befindet und wornach sich der Werlh des Silbers im Handel und Wandel regulirt. Es wird nun eine kleine Menge der rohen Salpetersiure darauf gegossen, nnd sollte eine allzu heftige Reaction ein- treten, so wird ctwas Wasser hinzngefugt. 1st die Saure gesattigt, so wird die Flussigkeit sammt dem gebildeten Chlorsilber abgegossen in eine grosse Glasflasche mit 8 bis 10 Pfd. rohcr rauchender Salpetersaure, welche mei- stens 1,283 bis 4,246 spec. Gew. zeigt, also ein 40- bis 42 atomiges Hydrat zu sein pflegt und demnach 38 bis 33; Proc. absolute Saure enthalt. Durch mehrmalk dederhol- tes Aufgiessen von roher Salpetersanre auf das kupferhal- tige Silber wird, und zwar zuletzt mit Riilfe von gelinder Warme, die Auflosung vervollstiindigt. Das Bedecken des Becherglases mit der Glastafel hemmt die Entweichung der salpetrigen Saure, deren Einmischung aber ohne Nach- theil bleibt. Die ganzeMenge desSilbers ist mar in der Regel viel zu gross fiir die oben erwtihnte JMenge der

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rohen Saure; indessen ist sic vortheilhafr fur die Rectifi- cation und geht ausserdem nicht verloren. Nach dem Um- schiitteln klart sich die Saure in der Flasche bald, aber erst nach mehreren Tagen hat sich das Chlorsilber so fest abgelagert, dass die Saure mit Leichtigkeit decantirt wer- den kann. Sie besitzt eine blaue Farbe, wenn sie von Cblor vollig befreit ist. Eine grunliche Farbe zeigt sich nur dann, wenn noch Kupferchlorid aufgelost ist, oder auch, wenn vie1 salpetrige Saure mit der Silberautlosung in die Salpetersiiure gelangt war. Im letzteren Falle wird aber die Saure h i m Erhitzen sebr bald rein blau.

Die Rectification geschieht in dem unten angegebenen und abgebildeten Apparat. Die Abkiihlung wird aber we- sentlich berordert durch einen Vorstoss zwischen Retorte und Vorlage. Zur Vermeidung des Staubes und des saw ren , obgleich nicht sehr merklichen Dampfes wird die Fuge zwischen Retorte und Vorstoss mi, eioem Streifen Papier umklebt. Die Retorte wird nur bis zur Hdlfte oder Dreiviertel angcfullt. Durch den Tubulus kann man nach Belieben nachgiessen, so weit der Vorrath von vollig ge- klarter silber- und kupferhaltiger Saure reicht. Die Rec- tification geht bei gleichmassiger Erhitzung bis zum gelin- den Kochen ohne alle Beschwerde vor sich, und nur wenn ein plotzlich starkes Erhitzen statt findet oder wenn der Saure vie1 Wasser hinzugefugt worden, entsteht ein stoss- weises Aufkochen der Saure. Mit einem sehr geringen Aufwande yon Holzkohlen, der kaum ein Paar Groschen betragt, kann man binnen 16 Stunden 6 - 7 Pfd. reine Saure rectificiren, deren merkantilischer Werth gegen den der rohen Saure ( A 4 Sgr. das Pfd.) fast verdoppelt ist, wahrend der chemische Werth derselben im Verhaltniss zur kauflichen reinen Saure aber zugleich griisser ist. Fractionirt man das Destillat, so erhalt man zulelzt eine sehr starke Saure.

In der Retorte liisst man :s-<a'v der eingegossenen Saure zuriick. Dieser Riickstand ist 4 Aq +.NzOs mit vielem oder wenigem . salpetersaurem Silberoxyd und Ku- pferoxyd. Gebraucht man ihn nicht zum Ansfallen des

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Chlors aus aeuen Portionen der roben $alpetar&iure, so hann man salpetersaures Silberoxyd daraus als Nebsopro- duct gewinnen. Die Retorte darf in der Kapelle nur uber Il'acht ruhig stehen bleiben und es Lrystallisirb dane das salpetersaure Silberoxyd is schbnen grossen Kryetallen horaus. Man wirh sic in ainen Trichter und lasst dip ku- pferhallige Fliissigkei t sblaufen. Die trocken gewQrdenen Krystallo haben eine nur sehr s~hwache blaplicbe Farbe, und weil sie von aller organischen Substana rein sind, so sind sie auch im directee Sonneahchte g a ~ 2 unverander- lich. Sie konnen sehr leioht weiter vgrarbeitet und duroh Auflosen in kallem Wewsr auch von dsm schwefelsauren Silberoxyd befreit werden, dus ihnen gewohnlich nur in kleiner Menge beigemisoht ist. Wie das eqtStandene Chlor- d b e r ohm sonderlicben Aufwand zu Gute pemaobt wer- den konne, sol1 in einem kijnfiigen Artikel gezeigt werden. Der anscbeinend grosse Aufwsnd von Silber apr Reinigung der rohen Saure wduoirt sich daher Zuletzt auf ein Mini- mum. Ohne dass eine kaufrnirnvische Berecbnung hinzu- wfugen ist, wird vielleicht die einfache Behauptung zpge- standen werden, 8s sei mit dieser Bereitung der reinen Salpatenoiiure eio erkleclilicher Gewinn fir die pharlpa- ceutischen Laboretorisn verbunden.

Bei der Rectification der silber - und kupferhaltigen Saipetersaure kann das heftige Aufkochen Oder vielniehr dig stossweise Entwickelung der Dampfe Schwierigkeit verursachen. Da dor Apperat nicht lutirt ist, so ist bei diesern Aullrochen das Entweiqhen saurer Dampfe nicht zu vermeiden, und eusserdm kann etwas von dem motall- haltigen Inhalte dsr Betorte mit Cbergeworfen oder qe- ohanisch fortgerissen werden. Gmhe Glasstijcke in grap serer oder kleinerer Aazahl vsrhindern das Aufsc&iuursen der siedenden Saure nicht, ja scheinen dasselbe vielqehr zu befordern, vorzuglich dann, wenn die robe Saure pu- uor mit Wasser verdiiont worden. Wenn die S;iUFe von Anfang an lgiadesbeoe ilB At. Aq enthalt oder dksen Con- centmtimspd nacb simiger Zeit des Kwbpw Brreicbt bfi4, ao desCillits sie genz obne allerr AufssBiiumen iibw pod

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uber die Darstellung dtw reinen Salpetersaure. 17 1

bei einer nur wenig abwarls geneigten Lage des Retor- tenhalses kann durchaus nichts von dem metallischen In- halte der Retorte iiberspritzen. Es versteht sich von selbst, dass die Heitzung des Ofens sehr rnassig uad gleichformig geschehe. Uebrigens durfte der grasee Uebersohuss von selpetersaurem Silberoxyd, sowie aucP das salpetersaure Kupbroxyd das ruhige Kochen wohl bafordern. - Selbst aus dem Lampenofen, welchen ich bei der Darstellung einer reinen, absolut unveranderlichen und slets gleicMir+ migen Blausaure abgebildet und beschrieben habe (in dies. Arch. B. 29. p. 33), kana man sehr bequem ansehnliche Mea- gen der Saure rectificiren, z. B. innerhalb 6 Otundea 6 Un- Zen. Obwohl U u m mehr als 8Unzen der Gaura auf ein- ma1 erhitzt warden Unnen, so kann doch durch den Tu- bulus der Retorte neue Flussigkcit eingegossen and so in einem Tage f - I Pfd. rehe Saure mit dem Aufwaade von etwa $ ,-- 4 Pfd. Brennol erhalten werden. Ens Bleoh- haube uber der Retorte halt hier, gloichwh bei der De- stillation aus dem Kahlenofen die Warmo sohr cwarnmen.

Walirend der ersten Erhitzung der Saure in der Re- torte entweicht jederzeit und ungeaclitet einer guten Ab- kuhlung immer eine klcinc blcnge saurer Dampfe. Wir haben sie bei dichter Lutirung des Apparates aus etwa 6 Pfd. Saure aufgefangen in 120 Grrn. vorgeschlagenem Wasscr. Da das Wasser aber nur ein spec. Gew. von 1,008 annahm, so folgt daraus, dass das Entweichen von etwas Salpetersaure und salpetriger Saure aus der metall- haltigen kochenden Saure von gar keinem Belang ist, und dass die Dsmpfe. vornehmlich in Wasserdampfen bestehen. Desshalb und wohl auch wegen der wasseranziehenden Kraft der salpetersauren Salze in der Retorte erhalt man stets eine um etwas stiirkcre Salpetersaure wieder , als man zur Rectification anwandte.

Bestimmung der Starlce der Salpelersuure. Die Eigenthumlichkeit der Salpetersaure, beim Kochen

an Starke zu- oder abzunehmen, je nachdem sie mebr oder weniger als 4 At. A q enthalt, bringt es mit sich, dass wahrend der Rectification der rohen Saure verschieden

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172 Wmkmrodw,

starke Destillate erhalteii werden. Nach der von Ure nusgearboiteten Tahelle uber die Procentgehalre der mit Wasser vermischten Salpetersaure lasst sich leicht der S2ure- und Wassergehalt der Destillate berechnen. Interes- santer und nutzlicher wird aber noch diese, wie jede an- dere ahnliche Procenttabelle, wenn man ihr zugleich einen sfochiometnichen Ausdruck giebt. Nach der stochiometri- scben Zusammensetzung der freilich grosstentheils hypo- thetischen Hydrate der Salpetersaure ergeben sich leicht die Procente des Wassers und folglich auch der absoluten Saure. Die entsprechenden specifischen Gewichte konnen dann weiter durch Interpolation nach U r e's Tahelle ge- funden werden. Mein geehrter College, Hr. Prof. S ch r o 11, hat die Giito gehabt, sich diesen Rechnungen zu unter- ziehen. Die nachstehendo Tabelle enthalt ausser den be- rechneten Resultaten noch zur Vergleichung die specifi- schen Gewichte und Saureprocente, welche in U r e's Ta- belle dcn Berechnungen am niichsten kommen und in einigen Fallen ganz damit zusammenfallen.

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iiber die Darslellung der reinen Salpetersaure.

Es enthalt eine Salpetersaure :

i,522 1,486 1,452 1,420 1,390 1,361

1,315 1,297 1,277

1,338

I 14,2 85,8 2 24,9 ?5,1 3 33,s 66,7 4 39,9 60,l 5 45,5'51,5 6 49,9 50,l

8 57,1 -42,9 9 59,9 4b,l

10 @,4 37,6

7 5 4 , ~ 46,a

N a c h U r e I

1,500 1,485 1,453 1,419 1,388 1,303 1,338 1,316 1,295 1,276

79,7 1,114 74,9 1,110 66,9 1,107 59,8 1,103 54,2 1,102 50,2 1,09Y 46,2 1,097 43,O 1,091 39,8 1,092 %7,5 1,OYO

1,260 1,245 1,232

1,207 1,197 1,188 1,179 1,172 1,165 1,159 1,153 1,146

l ,H9

1,141 1,136 1,132 1,128 1,124

1,117 1,121

- a. 5 d f - 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50

51 52 53 54 55 56 57 58 59 60

-

-

11 6&,6 354 1,258 35,1 1,089 12 66,6 33,4 1,246 33,s 1,087 13 @,4 31,6 1,234 31,9 1,085

15 71,4 28,6 1,208 28,7 1,081 16 72,7 27,3 1,196 27,1 1,079 17 73,9 26,l 1;189 26,3 1,078 18 75,O 25,O i,t77 24,7 1,076 19 75,9 24,1 1,171 23,9 1,074 20 76,9 23,l' 1,165 23,1 1,073

21 77,7 22,3 1,159 22,3 1,072 22 78,s 21,s 1,153 21,s 1,071 23 79,3 20,7 1,146 20,7 1,070

14 69,9 3091 ,19121 30,s 1,083

-

24 79,9 20,i 1,140 19,g 1,068 25 80,6 19,4 1,134 19,l 1,067 26 Sl,2 1 8 - - 1,066 27 81,8 I k ,2 1,129 18,3 1,065 28 82,3 17,7 1,125 17,5 1,064

30 83,s 16,7 1,117 16,7 1,061 29 82,8 11,2 - I - 1,063

Yrocente : - ' c

- 0 ) g y .puq ,; 3 I . i=

53,7 16,3 94,2 15,8 94,6 15,4 95,O 15,O 95,3 14,7 05,7 14,3 36,O 14,O 36,3 13,7 36,6 1S,4 36,9 13,l 37,a 1 2 8 37,5 12.5 37,7 12,3 ss,o ia,o 38,2 11,8 98,4 11,6 %,6 11,4

89,l 10,9 89,3 lo,? B9,4 10,6 89,6 10,4 89,8 10,2 90,o i0,o 90,1 9,9 90,3 9,7 90,4 9,6 90,6 9,4 90,7 9,s

%,9 11,l

90,9 9,1

- Nacb

$ x v)

1,117 L,ll1 1,105 - - 1,099

1,093

1,088

- -

173

Das 1 atomigc Hydrat kocht bckanntlich schon bci 86O C., das 2- und 3atomigc bei einigen Graden iiber 86". Alle drci erlciden dabei eine theilweise Zersctzong in Sauerstoffgas und salpctrise Saure, so dass sie allmalig in das 4 atdmige Hydrat ubergehen, dessen Siedepunct erst bei 1230 C. lisgt und unveranderlich ist. Allc vier Hydrate rauchen an der Lutl, und zwar dio drei ersleren stdrker, als das letztere. Hinsichtlich ihrer leichten Zersetzbarkeit _____

") Diese ettirkste Ssure Bndet eich in der Tabelle von U r e nicht.

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Sp. Cew. Sp. Gem. l .Fraction.l,269 ..- - 2. ,, .1,327 . . 1,325 3. ,( .1,285 . . I&l 4. ,, . t , m . . 1 ,4 io

Sp. Gew. Abso1.G. SpGew. AbsoL 0. . .1,245 435,OCrm. . .1,117 . .4,3G7 670,O i, 6 .i,274 i50,O ,, ,.1,3i8,99$,0 ,, . .1,396 1110,O ,, 1,358 2395,O Grm.

166,OGrm.

. . i ,o ia 295,o ,, . . - - - 1,262 2026,O Grm.

,I 74 Wackmrodw,

durch das Sonnenlicht waltet ein Bhnliohes Verhaltniss der- s e l h nt tinander ob. Da3 4atomige H y d m verkocht twar ap der Luft bei 123O C. unverfndert und unzersetist in weisseri Dampfen ; allein bei der Reclification erleidet es eine geringeZersetzung und daher eine schwach gclb- licbe Farbung, vorzuglich wohl wegen einer geringen Er- hohung des Siedepuncts durch das vorhandene salpcter- saure Silber- und Kupferokyd. - Die ubrigen Hydrate der Salpetershure erscheinen nar als Verdunnungen des 4 ato- migen Hydrats, da sie bei eimr Temperatur unter 1230 C. kochen und fortwiihrend verhaltnissmassig mehr Wasser als Saure ausgcben, bis sia zu dem 4 atomigen Hydrat voh dern bestandigen Siedeputicte zuruckgekehrt sind. Bei der Rectification der mit Silbersulution gereinigten rohen Satire miiss.cn also die Fractionen des Destillats immec an Stirke tunehrnen, bis zuletzt das b atomige Hydrat uberpht. Die- tes hetragt aber hochstens nur ; des gesammten Destil- lats. Oefters bekommt mao auch nur das 5atomigo By- drat, welches sich indessen von jenem in der Stslrke de6 Rauchens an der Lull, in der leichten Zersetzbarkkit durch das Sonnenlicht und in seinem chcmischen Verhalten nut- tvonig untorscheidet.

Als praktisch nutzbar magen die folgenden Ei-gcbhissc erscheinon , welche van vier Destillationen a u h w n h r t WOP- den sind. In den beiden ersten Fallen wurde nur das spec. Gew. der Fractionen. in dem dritten und vierten Faile tugleich das absolute Gewicht derselben bestimrnt ; in dem vierten war der rohen Saure bei der Ausfalliing des Chlors durch kupferhaltige Silbersolution etwa des Volums Was- ser hinzugefugt wordcn.

") Aus den einselnen Fractionen sind die onantitaten von abaoluter S u r e und Wascier oach Ure's Tabelle geeau bhchnat norden.

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uber dw Darslellung d w reinen Salpetersaure. 1 ib

Bei noch einer andern Rectification wurde die mit Silbersoluhon varsetzte rohe Saure von 4,280 spec. Cew., nachdem die zuerst iibergegangenen 450 Om. Saure remoA virt worden, bib PU einem Ruckstande von 120 bie 440 Grm. abdatlllift. Das Gesammtdestillac betrug 2630 Gm., also etwa 2 h e l 60 we1 als der Rilckstand, und teigte eih spec. Gew. Jon 4POB. Es war also auf diese Weise dab nrsprungliche 9- bis 40 atomige Salpetersiaurehydrat in das 8b bis 9 atomige verwanddt worden - Fractionirt man das Destillat, wie oben geschchen, so kann man jede beliebge Concentration det Shake bis zum 4 atomigen Hydrat erlan- gen, da die suhwacheren Sauren duroh Vetmiwhen de6 Destillats mit W h e r erzielt werden konnen. Ein Zuixttz von Wasset m &r rohen Saure ist natilrlich d w Rectifi- cation hinderlich und urn so wenigec nothig, als die ge- wohnliche C o n d e n m h der rohen Saure die vollstiindige Abscheiduog des Chlbrs durch Silber nicht start.

Man tvir(l &hb lmmer mindestens das 10- bis lehtbmige SalpBtersaurkhydddnrch die Rectification der roheti Stitit.e erhalten, wahrend die preuss. Pharmakopoe nur eine Share toh l,205-4,l9$sspec.Gew., d h. das IS- bis 16atomige Rydrat (voh 4,*7-4,197 spec. Gew.) verlan~t. Dut.ch 2us~tz von klelnen Mengen ganz reinen Wassers zu der atwkeren Satwe Bann diese nun allmalig zu der vcehng . ten Stark6 hefabgebrdcht wctden. Dieses Verdiinnen wird ofinbar nur &h Probireh uhd Tasten voraussetzen, sowio auch eine wiedehlw Bestimmung des spec. Gew. der verdannten Sm. Mittelst der oben angepbenen TabNIe lhsst si& hber auT die allereinfachste Weisc die erro'srtlerc liche Menge von Wasser hcrechnen, ohne dass mah aof eiHe elwa statt findende Verdichtung oder Ausdehnung des QernischeS, also auf das spec. Gew. desselben irgendwie RBcltlsicht h nehmen hatte.

Geskt't, 'mah hCtte ein Destillat von 1,351 spcc. GeW.,

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17G Wackenroder,

weldes m der vorschriftmassigen Stiirke gebracht wer- den sollte, so ergiebt sich, dass diese Same zwischen 6 uiid 7 At. A q enthalt. Ihr spec. Gew. ist urn 0,040 klei- ner als das des 6atomigen, und urn 0,013 grosser als das des 7atomigen Hydrats. Wenn man also 9 At. A q hinzu- fugt, so muss nothwendig eine SPure erhalten werden, de- ren Wasser zwischen 45 und 46 Atome betragt. Es Seniigt also eine ganz einfache stocbiometrische Berechnung, urn die nothige Menge des Wassers ganz genau zu erfahren, niimlich :

(7 Aq, NIOS) 446,4393 : (9 Aq) 104,24135 = G : X, worin G. das absolute Gewicht der SBure bezeichnet. Setzt man z. B. G = 4000 Grm., so werden 694 Grm. Wasser hinzuzufugen sein. Die 1691 Grm. verdunnte Saure muss also zwischen 45 und 16 At. Aq enthalten oder ein spec. Gew. von 1,207 - 1,197 besitzen. Der wirklich ausgefiuhrtc Versuch, obwohl er eigentlich iiberflussig war, bestatigtc die Berechnung vollkommen. Die auf die ursprunglichc Temparatur zuruckgebrachte verdunnte Saure batte ein spec. Gew. von 1,204.

Die oben angegebencn 2026,O Grm. Salpetersaure von 1,262 spec. Gew. sind in etwa 2Tagen iiberdestillirt wor- den. Da die Saure fast 4 4 Aq enhalt, so wiirde sie 4; his 5 A q bedurft haben, urn zur vorschriftmissigen S&ke gebracht zu werden. Ein Zusatz von 535 Grm. Wasser wiirde also 2561 Grrn. = 87,7 linzen Salpetersaure yon mittlerer rorschriftmassiger Stiirke geliefert haben. Diese Menge Saore hat cinen kaufmannischen Werth von 33 Sgr , wahrend die aufgewendeten 58 Unzen rohe Saure 13 Sgr. zu stelien kamen.

Da die Rectification der rohen Saure stets ein Ge- sammtdestillat liefern wird, welchcs eine grossere Concen- tration besitzt, als dic Pharmakopoe vorschrcibt, so cr- scheint die Frage, ob sich nicht mit Hiilfe der obigen Tabelle auch die Mengen von verschieden starken Sauren genau berechnen lassen, urn cine Salpetersaure von einer gewissen mittleren Concentration zu erhalten, fur die Praxis ziemlich iiberflussig. Indessen konnen doch auch

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uber die Darslellung der reinen Salpetersaure. 111

sobhe F4lle uorkmrnen, und ausserdem wird mit Erle- diguung det 8ragfi huch der Nutzen deutlicher werdeo, deh solche atiichiomettisch umgeformten Tahellen vor den b ider allein iibliahen reinen Procent - T a t d e n uber ver- diinnte &wren und Alkalien, und auch uber wasserigen Weingeist haben konaen.

HClte man z. B. (S. oben p. 174.) nur die Saure von 4,417 .sp.Gew. u n d w n 4,272 sp. Gew, wghrend die Saure von 3,396 6p. G. zu atidern Zwecken verwendet wurde, und wotlte maa aus janen Portionen die Saure derPhar- makopoe hervorbringen : so ist die Erlediglang sebr leicht. Man sieht, dass des sp. G. 4,1'17 genau 30 At kq. in der Salpetersiure entspricht und 1,272 fast gaaz genau 1 0 A t . .A¶. Nun,sind 30 Aq, NZOS + 3 (40Aq,N?Q') = 60 Aq '+ 4 N a 0 5 fp 15 Aq; Nr O*. Also wird sein: 30 Aq, N1 O 3 : 9 (40 Aq, PJI 0') r=! 166,Q Crm. : x ; x = 224,hS Gtm Man rcPurde mithin von dm vorhandenen 750,O Crm der ster- kmdn Saum von 4,97& sp. G. noch 528,5k Grm. iibrig behalten, w m sieh die wforderliche den& yon WBsser

Auch bei den ,grFisden Difirenzen in ddm upec; Oe- wichte kartn dassetSle Verfohren befolgt werdeh, wobei imm n u r i l k i n ekm? genaue Besiimm'un5 d& 't3ppec. W .riches der e n z d e n k n Siiuren erfordt~tlioh ist. Wiireh &'!I. ein.#- m d ein 49atomiges Hydrtat. &eV Sajpeter- Wre zu verrnis;&en, so wurde, wenn' das Malomige Hy- 4% entstehen df, des Gemisch zu vie! Wasskr enthalten, wehn man glt3ick A t o m der S a m rnit eiriander vetc mischk, ntimlidh' 40'L-.16 = 24 At. A q ble starkere Q'auM.en,thi-i!t nur 4 AY. weniger, als verlangt wird, 'ailso 6At. der Saure 24 A q , folglich gerade uni so vie1 Wasser weniger, als das Gernisch aus gleichen Atomen der Sauren zu viel. Mithin mussen 40 A q , Na 0' + 6 (42 A q , "'0') = 112 A q . 7 N' 0 5 = 16 A q , N205geben.- Oder stan- den zwei Saaren mit 30 und 6 At. Hydratwasser zu Ge- bote, so wurde 1 At. von jeder Saure ein Gernisch von 36 A q + 2 N* 0 5 geben. Hierin waren also, wenn man 32 A q + 2 N2 0s haben will, 4 A q zu viel vorhanden. Das

ieicht berechm lie&.

Arch. d. Pharm. XCI. Bds. 2. Hn. 42

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178 Wackenr oder,

6atorilwjP nyurat bedarf noch 10 Aq, also 9; ma1 so vie1 Wasser, als bei jenem Gemisch iibrig bleiben wiirde. Wenn also von jcder Saure 2; At. genommen werden, so werden gerade 10 At :Aq ubrig bleihen, die mit noch 1 At. des Galomigen Hydra& ein neues 16atomiges Hydrat ljilden werden. Also wird man (30 Aq, N' 05) : (6 Aq, N'L 0)) = 2; : 2; + 1 = 5 : 7 anzuwenden haben; denn 192 A q , 42 N t O 5 = 16 Aq, "0'. - Noch leichter fuhrt die Vermischungsrechnung zum Zicle. Man braucht nur die Differenzen zwischen den Atomen des Wassers in den gcgebenen Hydraten und dem gesuchten Hydrate zu ver- wechseln, urn die Anzahl der Atomc sogleich zu haben, in denen die Hydrate vermischt werdcn miissen. In dem obigen Reispiele ist die Differenz zwischen 30 A q und 16 hq = 14 und zwischen 6 und 16 = 10. Also 10 (30 A q + + 14 ( 6 A q + N * O s ) = 1 6 A q + N 2 0 5 . - Fur den Fall, dass die. Menge der starkeren Saure zu goss ist und dennoch mit verwendct werden SOH, kann in derselben Weise noch durch oine zweiteRechnung die hlcngc des Wassers gefunden werden, welchc zur Erzie- lung einer bestimmten Concentration erforderlich ist.

Es komrnt, wie man sieht, bei dieser Art von Rech- nuns nur darauf an, dass die zurnGrunde IiegendenTa- bellen iiber den Procentgehalt der wiisserigen Sauren und Alkalien und so auch des Weingeistcs, genau .ausgefuhrt und richtig sind, und dass das spec. Gew. der Flussigkeiten ein fur allemal richtig und mit Beachtung der Temperatur mittelst des Probeglases bestimmt werde, woriiber in dies. Archiv B. 19. p. 261 von mir (sowie auch vonSchron in dies. Arch. B. B. p. 269) auofihrlicher gchandelt worden ist.

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iiber die Dat*stellung der reinen Salpetersaure 171,

Apparat zur Darstellung der Salpetersaure.