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111 Uber die Dissoziationswarrne der Sauerstoff- und Stickst o ff-Molekel ; von A. Eucken. Mit 1 Figur im Test. (Eingegangen am 13. Oktober 1924.) _- 1. Obgleich die l)issoziationswarme des zweiatomigen Sauer- stoffs und Stickstoffs von verschiedenen Gesichtspunkten aus Interesse bietet, ist es bisher noch nicht gelungen, dieselbe, sei es direkt, sei es indirekt, mit einiger Sicherheit zn ermitteln. Auf Grund der Tatsache, daS beide Gase bis zu der Tem- peratur von etwa 3500O noch keine Anzeichen einer irgendwie inerklichen Dissoziation bieten, gelangt man (auf thermodyna- mischem TITege) lediglich zu einer Grenze der DissoziationszuGrme, die etwa bei 140 Cal. liegt. Es ist nun versncht worden, aus der ultraviolettelz Grenz- wellenlanye, bri der die pliotochemische Ozonbildung einsetzt, die Dissoziationswarmen des 0, zu erhalten; man gelangt auf diese Weise zii Werten in der Nahe von 150 Ca1.l) Uiese Berechnnngs- art beruht auf der Voraussetzung, daS bei der Ozonbildung intermediar tatsachlich freie Sauerstoffatome auftreten. Hierzu liegt indessen keinerlei AnlaI3 vor, sondern es ist aus ver- schiedenen Grunden erheblich wahrscheinlicher, daS das Ozon aus den photochemisch primar angeregten (energiereicheren) 0,-DIolekeln durch Anlagerung normaler O,-AIolekeln unter inter- mediarer Bildung einer hiiheren Molekel (vermutlich 0,) ent- steht.2) Der auch heute noch3) in der Regel als richtig an- gesehene photochemische Wert der Uissoziationswarme des Sauerstoffs beruht somit auf einer recht unsicheren Grundlage. 2. Im folgenden sol1 gezeigt werden, da13 die Dissoziations- warme des Sauerstoffs und des Stickstoffs erheblich grbper seiyt mup als 150 Cal. l) E. Warburg, Z. El. Ch. 26, 58 (1920); Born u. Gerlach, Z. f. Phys. 6, 440 (1921). Vgl. A. Eucken, Z. f. phys. Ch. 107, 436 (1924). 3, T7gl. v. Wartenberg, Z. El. Ch. 30, 351 (1924).

Über die Dissoziationswärme der Sauerstoff- und Stickstoff-Molekel

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Uber die Dissoziationswarrne der Sauerstoff- und Stickst o ff-Molekel ;

von A. Eucken. Mit 1 Figur im Test.

(Eingegangen am 13. Oktober 1924.) _-

1. Obgleich die l)issoziationswarme des zweiatomigen Sauer- stoffs und Stickstoffs von verschiedenen Gesichtspunkten aus Interesse bietet, ist es bisher noch nicht gelungen, dieselbe, sei es direkt, sei es indirekt, mit einiger Sicherheit zn ermitteln.

Auf Grund der Tatsache, daS beide Gase bis zu der Tem- peratur von etwa 3500O noch keine Anzeichen einer irgendwie inerklichen Dissoziation bieten, gelangt man (auf thermodyna- mischem TITege) lediglich zu einer Grenze der DissoziationszuGrme, die etwa bei 140 Cal. liegt.

Es ist nun versncht worden, aus der ultraviolettelz Grenz- wellenlanye, bri der die pliotochemische Ozonbildung einsetzt, die Dissoziationswarmen des 0, zu erhalten; man gelangt auf diese Weise zii Werten in der Nahe von 150 Ca1.l) Uiese Berechnnngs- art beruht auf der Voraussetzung, daS bei der Ozonbildung intermediar tatsachlich freie Sauerstoffatome auftreten. Hierzu liegt indessen keinerlei AnlaI3 vor, sondern es ist aus ver- schiedenen Grunden erheblich wahrscheinlicher, daS das Ozon aus den photochemisch primar angeregten (energiereicheren) 0,-DIolekeln durch Anlagerung normaler O,-AIolekeln unter inter- mediarer Bildung einer hiiheren Molekel (vermutlich 0,) ent- steht.2) Der auch heute noch3) in der Regel als richtig an- gesehene photochemische Wert der Uissoziationswarme des Sauerstoffs beruht somit auf einer recht unsicheren Grundlage.

2. Im folgenden sol1 gezeigt werden, da13 die Dissoziations- warme des Sauerstoffs und des Stickstoffs erheblich grbper seiyt mup als 150 Cal.

l) E. W a r b u r g , Z. El. Ch. 26, 58 (1920); B o r n u. Ger l ach , Z. f. Phys. 6, 440 (1921).

Vgl. A. Eucken , Z. f. phys. Ch. 107, 436 (1924). 3, T7gl. v. W a r t e n b e r g , Z. El. Ch. 30, 351 (1924).

112 A. E u c k e n ,

Dieses Ergebnis wird zunachst (fur den 0,) wahrscheinlich gemacht durch eine einfache thermochemische Uberlegung : Nimm t man namlich die Verdampfungswarme des Kohlenstoffs nach H. Kohn l ) zu rund 150 Cal. an, so gilt fur die Bildnng des Kohlenoxyds:

Ceas + '/,O, = CO + 150 + 26 Cal. Setzt man ferner:

Y 0 = y20, + T ,

CGas + 0 = co + z, so folgt:

Y 1 7 6 + - = Z . 2

Es liegt nun nahe, anzunehmen, da8 Yund 2 (die Bildungs- warmen der Molekeln 0, und CO aus den gasformigen Atomen) einander nahe gleich seien, denn beide Molekeln sind hinsicht- lich ihrer Bindung (Zahl der Valenzelektronen) sicherlich nahe vermandt 2, (die CO -Molekel besitzt ein derart kleines elek- trisches Moment, daD sie den nichtpolaren Verbindungen zweifel- 10s bereits sehr nahe steht); eher sollte man vielleicht wegen der Zahl der verfugbaren Valenzelektronen Y > Z erwarten (vgl. Ziffer 7). Setzt man einfach Y = 2, so erhalt man fiir die Dissoziation des Sauerstoffs:

Y e 3 5 2 Cal. Da wahrscheinlich Y > 2, wiirde dieser Wert als untere Grenze anzusehen sein.

3. Einen anderen Weg, der zu noch etwas hoheren Werten fur die Dissoziationswarme des 0, und N, fiihrt, bietet die folgende Uberlegung:

Die Dissoziationswarme W D oder, mechanisch gesprochen, die Trennungsarbeit der Atome 3, ist bedingt durch die

l) Z. f. Phys. 3, 141 (1920); 27, 305 (1924). 3, Noch ahnlicher mussen sich die Molekeln GO und N, sein, was j a

durch die nahe obereinstimmung zahlreicher physikalischer Eigenschaften (Siedepunkt usw.) bestatigt wird.

3, Dissoziationswarme und Trennungsarbeit weiden streng genommen erst beim absoluten Nullpunkt identisch. Die Temperaturabhiingigkeit der DissoziationswBrme indessen ist so geringfugig, dab sie fiir die folgenden Betrachtungen nicht ins Gewicht fiillt.

Bissotiationswarme der Sauerstoff- und Stickstoff-Molekel, 11 3

Kraft K, die in jedem Pnnkte zwischen ihnen herrscht nnd zwar gilt:

m

4

wenn x den als variabel betrachteten Abstand der Atome. xo den Abstand in normalen Zustande bedeutet. Der Verlauf von K als Funktion voii 2 wird sehematisch durch die Figur dargestellt; bekanntlich ist K fur den Punkt xo gleich Null, steigt darauf linear mi t 2 an, biegt nach einiger Zeit gegen die Abszissenachse urn, durchlauft ein Maximum und verschwindet schlieSlich bei hohen Werten von z wieder.l) lndessen sprechen zahlreiche Erfahrungen dafiir, da8 Kschon relativ friihzeitig, etwa bei x = 22, praktisch gleich Null wird, d. h. die Reichweite der atomaren Kraft ist von der gleichen GrGBenordnung wie die Atomabstande anznnehmen. Die Dissoziationswarme WD mird auf der Figur somit durch die schraffierte Flache A B C

K

T

reprasentiert. Leider ist der Gesamtverlauf von K keiner direkten Bestimmung zugiinglich, indessen besteht wenigstens die Moglichkeit, die Anfangsneigung = 11‘ im Punkte z,, zu ermitteln (vgl. weiter unten). Macht man nun die Voraus- setzung, da8 bei verschiedenen Molekeln der Verlanf von K annahernd der gleiche sei (a. h. daD das Verhaltnis der Ordi- naten der Figuren B S C nnd BB’C uberall konstant, daS also

d K

I) Vgl. z. B.: M. Born, Der Aufbau der Materie, 2. Aufl., Berlin 1922; ferner A. Eucken, GrundriS d. physikal. Chem., 2. Aufl.., Leipzig 1924, S. 90.

Annalen der Chemie 440. Band. 8

114 A. Eucken,

insbesondere die Reichweite stets nahezu gleich grob sei), so kann man, wie aus der Figur unmittelbar zu entnehmen ist, setzen:

daher lassen sich rnittels bekannter k'-Werte unbekannte WD- Werte berechnen, wenn die Konstante ,,Const." empirisch fur einige Falle, bei denen gleichzeitig TD angebbar ist, zu er- mitteln ist.

Eine annahernde Konstanz der Grofie ,,Const." ist indessen, selbst wenn man die Gleichheit der Reichweite der Kraft k' bei verschiedenen Molekeln annimmt , zunachst nur bei nicht- polaren Verbindungen zu erwarten. Bei polaren Verbindungen ist auder der eigentlichen Dissoziationsarbeit die elektro- statische Wirkung der Ladungen der Atome zu berucltsichtigen. Im Grenzfalle volliger Polaritat, d. h., wenn das elektrische Xoment der Nolekel gleich dem Atomabstand x Zahl der Ele- mentarladungen der Atome ware, wurde eine Trennung der elektrisch geladenen Atonie nicht die Dissoziationsarbeit in die Atome, sondern die Ionisierungsarbeit liefern. In Wirklichkeit ist das elektrische Moment der meisten Molekeln indessen stets erheblich kleiner, als dieser Grenzfall es verlangt, selbst beim HC1 betriigt es nur 1/3 des aus Atomabstand und Elementar- ladung zu berechnenden Wertes; in anderen Fallen, z. B. beim CO und vermutlich auch beim NO, ist es erheblich kleiner. Man wird daher vermutlich den tatsachlichen Verhaltnissen besser gerecht, wenn man bei derartigen Molekeln die zwischen den Atomen wirkende Kraft nicht ausschliefilich den elektrischen Ladungen zuschreibt l), sondern in erster Linie nichtyolaren Kraften, deren Uberwindung zur Trennung in neutrale Atome fiihrt. Im folgenden sol1 daher die durch die Polaritat be- dingte e l e k t r o s t a t i s c h e K r a f t nur als eine Z u s a t z k r a f t aufgefafit werden, die den Zusamnienhalt der Stome erhoht, aber nicht ausschliefilich bedingt. Infolge der elektrostatischen Zusatzkraft wird der normale Atomabstand x0, den die Atonie dine polare Bedingungen besitzen wurden, ein wenig ver- kleinert. Ob hierbei nun eine VergroBerung oder Ver-

l) Vgl, indesseu Born u. Heisenberg , 8. f. Phys. 23, 88 (1924), die

kl- WD oder K' = Const. x WD ; (1)

--

deu entgegengesetzten Standpunkt vertreten.

Bissoziationswarme der Sauerstoff- nnd Stickstoff-Molekel. 115

kleinerung von k' eintritt, d. h., ob k'polar (bei Vorhandensein der elektrostatischen Zusatzkraft) grofier oder kleiner als kIneutral (ohne Vorhandensein derselben) ist, lafit sich von vornherein nicht angeben, da dies von den Entfernungsfunktionen der verschiedenen, einander uberlagernden Krafte abhangt. Die Erfahrung lehrt (vgl. Tab. l), daS der Unterschied zwischen kLoiar und kheutrel nicht sehr erheblich sein kann; im Durch- schnitt scheint k'noutral um etwa 10 Proc. grofier als k'po~nr zu sein.

Eine experimentelb Bestimmung der Grope It' wird ermoglicht durch die Eigenfrequenz v , mit der die Atome im Molekiil- verband gegeneinander schwingen , auf Grund der bekannten Beziehung :

an deren Stelle nach Einfiihrung der ,,charakteristischen" Tem- peratur

@ = - - h v k

Q = 6,b4. = Plancksches elementares Wirkungsquantum; k = 1,37 . loF1? = B o 1 t z m a n n sche Konstante) inan auch schreiben kann:

wobei M8 die ,,schmingende Masse" bedeutet, fur die bekannt- lich bei einem aus nur zwei Massenpunkten &Il und ill2 be- stehenden System (zweiatomige Molekeln)

M, . N* ill, + MS

M, =

gilt. Unter Berucksichtigung von (1) folgt somit:

wobei alle Konstanten in der GroBe A zusammengefabt sind; an Stelle der wirklichen Atommassen konnen hierbei in (3) un- mittelbar die Atomgewichte eingesetzt werden.

v bzw. 0 ist entweder optisch, aus ultraroten Absorptions- banden, oder thermiscli, aus dem Anstieg der Molwarmen der Gase 6ei hohen lbmperaturen, mittels der P l a n c k - E i n s t e i n s c h e n Formel zu bestimmen. Die erste Methode liefert erheblich exaktere

8*

116 A. Eucken,

Werte, doch ist dieselbe bei nichtpolaren Nolekeln, wie Kz und 0, nicht verwendbar.

Auch zur annahernden Bestimmung der Abtrennunparbeit einzelner Atome aus mehratomigen Nolekeln sind die bei zwei- atomigen Molekeln zu den Gleichungen (2) und (3) fuhrenden Uberlegungen verwendbar , doch treten hier mehrere Eigen- frequenzen und mehrere k'-Werte auf. Am einfachsten liegen die Verhaltnisse noch bei dreiatomigen Molekeln, die eine einiger- ma6en gestreckte Gestalt besitzen und die symmetrisch aus zmei gleichartigen &4uBenatomen (Masse M I ) und einein anders- artigen Mittelatom (Masse N2) aufgebaut sind. Von den hierher gehorenden Molekeln ist die Kohlensaure zweifellos vollig ge- streckt l); bei den ubrigen Molekeln (H,O, N,O) bilden die Ver- bindungslinien der Atomzentren hochstwahrscheinlich ein stumpf- winkliges Dreieck. In diesen Molekeln, bei denen somit die AuDenatome nicht untereinander, sondern nur mit dem Mittel- atom verkettet sind, spielt eine der drei Eigenfrequenzen (und zwar die langsamste) die Rolle einer Transversalschwingung; ihr k'-Wert hangt daher mit der Abtrennungsarbeit eines der iLiu8eren Atome nicht unmittelbar zusammen und kann somit beiseite gelassen werden. Von den iibrigen beiden (Longi- tudinal-) Schwingungen ist die eine symmetrisch, d. h., das mittlere Atom ruht (wenigstens bei vollig gestreckten Molekeln), wahrend sich die auSeren Atome gleichma6ig auf dasselbe zu und von ihm fort bewegen. Diese Schwingung a i r d sich auch bei Mole- keln, deren AuSenatome gegen das mittlere Atom polare Ladungen tragen, optisch nicht oder (bei nicht vollig geradlinigen Hole- keln) nur wenig bemerkbar machen. Es bleibt somit nur noch eine (unsymmetrische) Longitudinalschwingung ubrig , bei der das mittlere Atom stets die entgegengesetzte Bewegungsrichtung wie die beiden AuBenatome besitzt. Da sich bei dieser Schwin- gung das elektrische Moment der Molekel dauernd erheblich verlndert, muD sich dieselbe durch eine starke optische ultra- rote Bbsorption geltend machen. Es 1aDt sich nun zeigen, daB auch fur die Abtrennungsarbeit einea einzelnen Atoms G1. (2) bzw. (3) unverandert beizubehalten is t , wenn man bei -

I) Vgl. A. Encken, Ph. Ch. 100, 159 (1922); ferner Z. f. Phyrr. 29, 28 (1924).

Uissoziationstoarrne der Sauerstoff- zind Stickstoff-iyolehel. 11 7

dieser unsymmetrischen Longitudinalschwingung fur die schwin- pende Masse

setzt, wobei sich R' ebenso wie bei zweiatomigen Molekeln nur auf eine Bindung bezieht. (Fur die symmetrische, optisch in- aktive oder nur wenig aktive Schwingung gilt 111, = iWl.)

Von den zur Berechnung heranzuziehenden dreiatomigen Nolekeln besitzt Kohlendioxyd bei 4,3 p, der Wasserdampf bei 2,66 p, das Stickoxydnl bei 4,5 p eine starke ultrarote Ab- sorptionsbande, die der voranstehend erwahnten unsymmetri- schen Grundschwingung zugeschrieben werden mu8.l)

SchlieSlich kann zum Vergleich auch das Methan heran- gezogen werden, bei dem die H-Atome zweifellos nur an das C-Atom gekettet sind und bei dem die dbtrennungsarbeit der einzelnen H-Atome auf Grund thermischer Daten angebbar ist (vgl. Ziffer 7). Von den beiden optisch bestimmten Grnnd- schwingungen bei 7,7 und 3,3 p entspricht anscheinend die kurzwelligere der Bewegung der H-Atome in der Richtung des C-Atoms, die langwelligere einer Schwingung der H-Atome senkrecht zur Verbindungslinie H- Atom-C- Atom. Nnr die erstere kommt fur die Berechnung von WD in Frage.

4. Die nachfolgende Tab. 1 enthalt die Ergebnisse fur WD. Bei der Beurteilung der angegebenen Zahlenwerte muB, wie von vornherein. betont sei, im Auge behalten werden, daS so- wohl die Voraussetzungen, auf denen die ganze Berechnung beruht, sicher nicht genau erfullt sein werden, daS aber auch die nieisten empirischen Zahlenunterlagen, insbesondere die thermischen O-Werte recht unsicher sind. Die Zahlen fur WD tragen daher nur den Charakter von Orientiernngswerten, die hinsichtlich ihres dbsolutwertes eine Genanigkeit von nicht mehr als etwa 20 Proc. beanspruchen.

FaSt man siimtliche Falle, bei denen sowohl 0, als WD be- kannt sind, zusammen, so liegen die Extremwerte von A ins-

I) Die optisch inaktive bzw. wenig aktive Grundschwingung miiBte beirn CO, bei etwa 8,4, beim N,O bei 7,5 p liegen, wilhrend beim H,O symmetrische und unsymmetrisehe Schwingung nahe zusammenfallen. Die gegeniiber der 4,3 p- erheblioh sehwiicheve 2,7 p-Bande des Kohlendioxyds stellt vermutlich eine Kombinationsschwingung dar.

118 A. EZG c k e n ,

gesamt nnr 18 Proc. auseinander. LSiSt man indessen den Wasserstoff, der moglicherweise eine Sonderstellung einnimmt, bei- seite und rechnet man das zweifellos recht schwach polare Methan zu den nichtpolaren Verbindungen, so erhalt man fur die nicht- polaren Verbindungen A-TVerte von 450-470, fiir die polaren Werte von 410-420. Um indessen von vornherein den thermo- chemischen Zusammenhangen Rechnung zu tragen (vgl. Ziffer 5), wnrde zur Berechnung unbekannter Dissoziationswarmen bei nichtpolaren Bindungen der A-Wert auf 480 erhoht, bei polaren Verbindungen anf 400 erniedrigt.

T a b e l l e 1. Dissoziationswiirmen bzw. Abtrennungsarbeitc

I f Substanz I 0 __ _ _ _ _ _ ~ _ _ _ _ _ _ _ ~ ~- -~

€1, 5340 c12 830 CH * 4350 HCl 4150 HBr 3700

?'T, 3800 0 2 3600 co 3100 s o , 2720 CO, 3350 X,O 3200 €I,O 5400

~~ __ ~

~~ - -

0,s ~ 400 j 90 17,5 ~ 470 ' 55 0,94 ' 450 , S7 0,97 1 420 , 95 0,985

7 9 6,9 7,5 4,3: 571 0,89

410 , 80

I 415 350

cr;,). 1)

Bernerkungen

1 "D

bekannt

325 308 163 I unbekannt

5. Eine gewisse Priifung der in Tab. 1 angegebenen VD-Werte wird ermoglicht durch eine Berechnung der atomaren Bildungsenergien des CO, NO, CO,, N,O, H,O aus den thermo- chemischen Bildungswarmen und den Dissoziationswarmen der zweiatomigen Elemente N,, 0, und H,, sowie der Verdampfungs- wiirme des C.

l) Die hier verwendeten Werte fiir 0 sind mit Ausnahme des beini 0, von 3600 auf 3500 erniedrigten Wertes einer in der Z. f Phys. 29, 44 (1924) veriiffentlichten Untersuchung entnommen. Einige der dort fur A und W, angegebenen Zahlen sind auf eine etwas andere Art als hier be- rechnet morden, einige weitere sind leider durch Druck- bzw. Rechenfehler entstellt. Feimer ist fur Wasserstoff anstelle eines Blteren Wertes der von W o h l (Z. El. Ch. 30, 53 (1924)) kiirzlich angegebene Wert benntzt.

Bissoziationsiuairme der Sauerstof- und Stickstoff-Molekel. 13.9

T a b e l l e 2. Atomare Bildungsenergie (Gal.).

thermochemisch 1 nach Tabelle 1 _ ~ _ _ _ _ _ ~ ~~~~~

~~~~~ ~~~~ -

176 -+ 212 = 388 I I 415 - 22 -+ 220 + 212 = 410 I 350

68 + 425 + 150 -- 643 - 20 + 410 + 212 = 632

90 + 212 = 360

1 1 1 I

3 X 308 = 616 2 X 325 = 650 2 X 163 = 326 58 +

Die gegenseitigen Abweichungen der Angaben der Spalte 2 und 3 liegen durchweg im Bereich der individuellen Schwankungen der Konstanten A, so da13 man die gefundenen 7TD-Werte als befriedigend miteinander nnd mit den sonstigen thermischen Uaten im Einklang befindlich bezeichnen kann.

Wie es scheint, bewahrt sich der aus Tab. 2 hervorgehende Mittelwert ( WD = 315) fur die Abtrennungsarbeit eines einzelnen Sauerstoffatoms von einem C-Atom, bei dem 2 Valenzen ander- weitig abgesattigt sind, anch bei der Berechnung der atomaren Bilclungsenergie von organischen 7crbinduvgen z. B. erhalt man fiir Aceton thermochemisch: 51,4(Bildungswarme) + 270 (H,) + 212 (0,) + 450 (C) = 983 Cal.,

wahrend a m den Trennuiigsarbeiten der einzelnen Bindungen') 2 x 70 (C-C) + 6 x 87 (C-H) + 315 (C=O) = 978 Cal.

folgt. 6. Ans der theoretisch zu berechnenden Gitterenergie des x9O

iind CaO kann man nacli Born und Ger l ach2) nnter Hinzu- nahme einer Reihe empirisch zuganglicher (grid3tenteils thermo- chemischer) Daten, die Bifferenz Z der halben Dissoziutionswarme der Sanerstoffmolekel und der Zlektronenaffinitat iles Sauerstoffatoms berechnen. B o r n und G e r l a c h fanden fur 2 Werte zwischen 118 (MgO) und 200 (CaO) Cal., von denen der erstere als der wahrscheinlichere angesehen wird. Fur die Elektronenaffinitiit i s t unbedinpt ein positiver Wert zu erwarten. Setzt man itiiii

v

= 212 Cal., so erhalt man in der Tat fur die WD Z = 150 nnd

l) Die hier benutzten Zahlen sind c h i Buche A. E u c k e n , GrundriS

2, Z. f. Phys. 6, 433 (1921). d. phys. Chem. S. 469 entnommen.

120 A. Eu c ken, Bissoziationswarme usw.

Elektronenaffinitat des 0-Atoms einen Wert von etwa 60 Cal., der eiuigermafien plausibel erscheint, wahrend sich bei B o r n und G e r l a c h , die sich auf den zu niedrigen photochemischen WD-Wert stiitzen, eine negative Elektronenaffinitat ergab. Be?. o6en an.gegebene Wert fur die Uissoxiationswarme des 0, erhalt hierdurch hinsichtlich seiner ungefahren Gr6j3e eine weitere Stutze.

7. Nach eineni zuerst von A. v. Weinberg ' ) ausgesprochenen, spater durch exaktere Berechnungen von F a j a n s ,) gefestigten Satze liegt dieTrennungsarbeit der drei einfachenBindungen8-H: C-C; C-H innerhalb relativ enger Grenzen, namlich zwischen 70 und 90 CaL3) Bei der doppelten und dreifachen Kohlenstoft'- bindung ist die Trennungsarbeit etwas aber nicht allznviel geringer als das Doppelte bzw. Dreifache der Trennungsarbeit der einfachen Bindung. Bie in Tab. 1 enthaltenen Zahlen f i r die Dissoziationsarbeit lassen sich in diesem Zusammenhang (unter Reschrankung auf die Atome H, C, N, 0) in der Weise deutetz, dap die Trennungsarbeit jeder Bindung zwischen diesen Atomen ein- fach der Zahl der bei ihr beteiligten Elektronenpaare annahernd proportional i s f , wobei jedem einzelnen Elektronenpaar eine Trennungsarbeit von etwa 80 Gal. zuzuschreiben ist. F u r 0, hatte man liiernach eine Dissoziationswarme voii G x 80 = 480: fur N, und CO: 5 x 80 = 400, fur die Bindung C=O: 4 x 80 = 320 Cal. usw. zu erwarten, d. h. man gelangt in der Tat zu GroDen fiir die Dissoziations- bzw. Trennungsarbeit, die in einzelnen Fallen sogar recht genau mit den Angaben der Tab. 1 ubereinstimmen. Allerdings ware auf die Weise entgegeii der Tab. 1 beim 0, eine merklich grobere Dissoziationswarie als beim N, zu erwarten, was zwar in Anbetracht der Un- genauigkeit der thermischen O-Werte und der sonstigen Un- sicherheiten nicht ausgeschlossen, immerhin wenig wahrschein- lich ist. Uie Unstimmigkeit ist ubrigens leicht zum Verschwinden zu bringen, wenn man der Trennungsarbeit eines Elektronen- paares nicht den starren Wert 80 Cal., sondern das eine Ma1 70 Cal., wie bei der C-C-Bindung, das andere Ma1 90 Cal., wie bei der H,-Bindung zuschreibt. Selbst wenn somit die Trennungs- arbeit, die einem einzelnen Elektronenpaar zukommt, von Fall

l) B. 62, 1501 (1919); 53, 1347 (1920). $) Die hier benutzten Zahlen sind dem Buche A. E u c k e n , Gnindrih

2, B. 63, 643 (1920).

d. phys, Chem. S. 469 entnommen.

H a h n , B a s .Emanierungsuerrnogert usw. 121

za Fall etwas verschieden sein wird, so liefert auch schon der Befund, da13 die gesamte Energie einer Bindung zwischen C, H, 0, N, sich wenigstens annahernd additiv aus der Zahl der vorhandenen Elektronenpaare berechnen lafit, einen Beitrag fur die Beurteilung der Natur nichtpolarer Bindungen, der vielleicht im Auge behalten zu werden verdient.l)

Znsammenfassung. Verschiedene *4nzeichen, insbesondere die Grofle der aus dem Anstieg

der spezifischen Warme bei hohen Temperaturen zu entnehmenden Eigen- schwingnng der Atome in der Molekel, sprechen dafiir, daB die Dissoziations- marme des zweiatomigen Sauerstoffs und Stickstoffs erheblich groBer ist, als man bisher anzunehmen pflegte. Dieselbe besitzt vermntlich einen Be- trag von etwas mehr als 400 Cal.

Das Emanierilngsvermogen feinverteilter Niederschlage als Mittel zur Priifung

von Oberflachenanderungen. von Otto Hahn.

Mit 8 Fignren im Text.

[Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut fur Chemie in Berlin-Dahlem.]

(Eingelaufen am 14. Oktober 1924.)

Vor einigen Jahren haben 0. H a h n und 0. Miiller iiber ::eine iieue Methode zum Studinm der Oberflache und Ober- flachenanderung feinverteilter Niederschlage" berichtet.2) Den Ansgang der Untersuchung bildete die in der Radioaktivitat seit langem bekannte Tatsache, da13 feate radioaktive Stoffe, bei deren Zerfall eine Emanation entsteht, dieses Gas j e nach

I) Aus der Tatsache, daB die Abtrennungsarbeit eines H-Atoms aus dem H,O-Molekiil eine Arbeit von etwa 170 Cd. erfordert, hatte man den bemerkenswerten Scblufl zu ziehen, daB hier das einzelne H-Atom offenbar dnrch eine Doppelbindung an das 0-Atom gekettet ist.

Vortrag Bnnsengesellschaft Leipzig 1922; Z. El. Ch. 27, 189 (1923).