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9. Ueber die i%genschaften durmer Oelschichten auf einer Wasseroberflache; von A. Oberbeck. 1. Bei den neuesten IJntersuchungeri iiber diesen Gegenstand von den Hrn. Sohnckell) Rontgen2) und von Lord Ray- leigh3) handelte es sich um die Vertheilung sehr kleiner Oel- merigen iiber Wasserpachen rniiss(9er Griisse, wie dieselben durch die Verhaltnisse des Experimentes im Laboratorium bedingt sind, und urn die Messung der Dicke der Oelschicht, wenn die- selbe bestimmte Eigenschaften zeigt. Hierdurch lram ich auf den Gedanken , ahnliche Versuche in grosserem Maassstabe. d. h. mit bedeutenderen Oelmengen auf einer sehr grossen Wusser- flache - auf der See - anzustellen. Mit Rucksicht auf die praktische Wichtigkeit der Dampfiing der Wellen durch Oel hat man sich allerdings schon vielfach mit diesem Gegenstande beschaftigt. So enthalt eine Abhnnd- lung von A. van Beck a) eine interessante Zusammenstellung der alteren Literatur (unter anderem auch die Bemerkung, dass im Mittelalter die beruhigende Wirkung dem ,,geweihten" Oel zugeschrieben wurde). Ferner citirt G. Quincke 6, eine griissere Anzahl von Arbeiten hieriiber und beschreibt selbst 6, eine Reihe bemerkenswerther Vorgange bei der Ausbreitung von Oel auf dem ,,Neuen See" bei Berlin, die sich allerdings bei der Ausbreitung an anderen Oberflachen nicht wiederfanden. Mir kam es darauf an, festzustelleri, wie sich die Oelmenge einige Zeit nach ob sich dieselbe 1) Sohncke, 2) Riintgen. . ~ _ _ _ ihrer Beruhrung mit der Wasserflache verhak, immer weiter und weiter ausbreitet und sich Wied. Ann. 40. p. 345---355. 1890. Wied. Ann. 41. D. 321--329. 1890. Y I 3) Rayleigh, Proc. of the Roy. Soc. 47. p. 364-367. 1890; 48. 4) A. van Beck, Annales de chim. et de phys. (3) 4. p. 257 bis 5) G. Quincke, Pogg. Ann. 189. p. 74. 1870. 6) G. Quincke, Wied. Ann. 36. p. 598. 1888. p. 128-140. 1890. 289. 1842.

Ueber die Eigenschaften dünner Oelschichten auf einer Wasseroberfläche

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9. Ueber d i e i%genschaften durmer Oelschichten auf einer Wasseroberflache; von A. O b e r b e c k .

1.

Bei den neuesten IJntersuchungeri iiber diesen Gegenstand von den Hrn. S o h n c k e l l ) Ron tgen2) und von Lord R a y - le igh3) handelte es sich um die Vertheilung sehr kleiner Oel- merigen iiber Wasserpachen rniiss(9er Griisse, wie dieselben durch die Verhaltnisse des Experimentes im Laboratorium bedingt sind, und urn die Messung der Dicke der Oelschicht, wenn die- selbe bestimmte Eigenschaften zeigt. Hierdurch lram ich auf den Gedanken , ahnliche Versuche in grosserem Maassstabe. d. h. mit bedeutenderen Oelmengen auf einer sehr grossen Wusser- flache - auf der See - anzustellen.

Mit Rucksicht auf die praktische Wichtigkeit der Dampfiing der Wellen durch Oel hat man sich allerdings schon vielfach mit diesem Gegenstande beschaftigt. So enthalt eine Abhnnd- lung von A. van Beck a) eine interessante Zusammenstellung der alteren Literatur (unter anderem auch die Bemerkung, dass im Mittelalter die beruhigende Wirkung dem ,,geweihten" Oel zugeschrieben wurde). Ferner citirt G. Quincke 6, eine griissere Anzahl von Arbeiten hieriiber und beschreibt selbst 6, eine Reihe bemerkenswerther Vorgange bei der Ausbreitung von Oel auf dem ,,Neuen See" bei Berlin, die sich allerdings bei der Ausbreitung an anderen Oberflachen nicht wiederfanden.

Mir kam es darauf an, festzustelleri, wie sich die Oelmenge einige Zeit nach ob sich dieselbe

1) Sohncke, 2) Riintgen.

. ~ _ _ _

ihrer Beruhrung mit der Wasserflache verhak, immer weiter und weiter ausbreitet und sich

Wied. Ann. 40. p. 345---355. 1890. Wied. Ann. 41. D. 321--329. 1890.

Y I

3) Rayle igh, Proc. of the Roy. Soc. 47. p. 364-367. 1890; 48.

4) A . van B e c k , Annales de chim. et de phys. (3) 4. p. 257 bis

5) G. Quincke , Pogg. Ann. 189. p. 74. 1870. 6) G. Quincke, Wied. Ann. 36. p. 598. 1888.

p. 128-140. 1890.

289. 1842.

Oelschichten auf lTasscr$achen. 367

dadurch verhaltnissmassig schnell der Beobachtung entzieht, oder ob sich eine begrenzte Flache ergibt, welche sich einige Zeit erhalt, sodass man aus ihrer Grijsse die Dicke der Oel- schicht berechnen kann.

Bei den in dem folgenden Abschnitte beschriebenen Ver- suchen trat der zweite Fall ein. Die Dicke der Oelschicht war kleiner als diejenige Grenzdicke , bis zu welcher , nach Sohncke , eine Oelmenge sich ausbreiten kann, bevor sie in kleine Tropfchen zerfallt. Sie war aber grosser als diejenigen Dicken, fur welche RGntgen und Rayle igh eine Reihe von Wirkungen der Oberflachenschicht nachweisen konnten. Hier- durch wurde ich veranlasst, weitere Versuche iiher das ganze, mit Riicksiclit auf die Wirkungssphare der Molecularkrafte, so interessante Ausbreitungsphanornen anzustellen. Insbesondere legte ich mir die Frage vor, ob sich eine Anzahl chemisch ahnlicher Snbstanzen als dunne Oberfliichenschichten ahnlich verhalten oder ob dabei grossere individuelle Unterschiede her- vortreten.

Es zeigte sich, dass dieselben mit zunehmender Oelmenge fur eine bestimmte Wasseroberflache eineReihe charakteristischer Zustande durchlaufen , dass hierzu bei Benutzung fetter Oele im ganzen dieselben Mengen erforderlich sind , dass dagegen fur eine Reihe anderer Blussigkeiten, welche sich ebenfalls auf Wasser aushreiten, zur Herstellung derselben Oberflachen- beschaffenheit Nengen von ganz nnderer Grossenordnung nothig sind.

2. Man wird wohl annehmen durfen, dass die Oberflache der

See in einiger Entfernung vom Ufer als reine Wasserflache anzusehen ist. Schiffe, welche dieselbe durchschneiden, bringen allerdings meist kleine Mengen von Fett auf dieselbe, sodass man ihre Spuren verhaltnissmassig lange unterscheiden kann. Schliesslich ist aber doch die Wassermenge im Vergleich zu diesen Verunreinigungen so bedeutend , dass dieselben nach einiger Zeit verschwinden.

Fur die Wahrnehmung der Oelschicht rechnete ich auf den Unterschied der Reflexion an der Wasserflache, je nachdem dieselbe glatt oder mit mehr oder weniger kraftigen Wellen bedeckt ist.

368 A. Oberbeck.

Die Versuche wurden in einfachster Weise ausgefuhrt. In einem Segelboot fuhr ich von dem Hafenort in der Nahe unserer Universititsstadt etwa zwei Kilometer in die See hinaus, versehen mit einer Reihe von Flaschen von Iiekanntem Inhalt (0,l 1, 0,2 1 und 0,5 1) und gefullt theils mit Rub61, theils mit Maschinenol. Wahrend das Schiff in gleichmassiger , gerad- liniger Fahrt erhalten wurde, liess ich, am Steuer sitzend, den Inhalt einer Flasche in moglichst duuneni, continuirlichen Strahl ausfliessen.

Das Oel breitete sich schnell m s und zeigte das durch die beistehende (Fig. 1) dargestellte Bild. In der Mitte (u)

war eine hellgraue Schicht. An diese schlossen sich die pracht- vollen farbigen Schichten (6 ) auf beiden Seiten an, welche durch zwei schmalere hellgraue Streifen (c) begrenzt sind. Die Schichten breiteten sich fortdauernd weiter aus.

Nach Erschopfung des Flascheninhaltes wurde der Versuch in einiger Entfernung wiederholt. Schlieselich,

- nach Verlauf von einer halben bis einer ganzen Stunde, wurde jede ein- zelne mit Oel bedeckte

- Stelle, deren Lage aus Merkmalen am Ufer wiedererkannt werden konnte, von neuem auf-

gesucht. Die Farbenerscheinungen waren verschwunden. Die Oel- schichten aber wareii deutlich in Form hellgrauer, rechteckiger Streifen zu crkennen. Da infolge eines leichten Windes die Wasserffiche mit kleinen Krauselwellen bedeckt war, diese aber vollstandig durch die Oelschicht gedampft wurden, so reflectirte dieselbe das Himmelslicht besser, als die bewegte Wasserflache, hob sich also hell auf dunklem Grunde ab. Das Boot segelte zunachst an dem Streifen in seiner Langsrichtung entlang und wurde dann im Bogen um das eine Ende herumgefuhrt. Aus der Zeit, die zu dem Voruberfahren nothig war, noch mehr aus dem Anblick, konnten die Dimensionen desselben geschatzt werden. Bei der ersten Fahrt uberlies ich diese Schatzung dem hierin wohlbewanderten Lootsen, welcher das Boot fuhrte, indem ich

a 6- Fig. 1.

-Gk

Oelschichten auf Wasserflachen. 369

mir die Angaben desselben und die dabei, verbrauchten Oel- mengen notirte.

So wurde geschiitzt: bei 0,5 1 Oel: Lange 300 m, Breite 30 m; bei 0,2 1: Lange 130 m, Breite 30 m.

Fur 1 1 wurde man nach der ersten Angabe erhalten: 18 000 qm, nach der zweiten: 19 500 qm.

Bei einer zweiten Expedition wurden etwas genauere Messungen angestellt.

Vom Ufer aus ist auf eine ziemlich weite Strecke das tiefere Fahrwasser durch Tonnen in iiblicher Weise bezeichnet. Zunachst wurde die Breite desselben mit einer Leine ab- gemessen. wit Benutzung dieser Standlinie konnte mit einiger Sicherheit die Entfernung einiger aufeinanderfolgender Tonnen geschatzt werden. Dieselbe ergab sich zu 220 m. Hierauf wurde der Oelungsversuch auf einer , dieser Strecke nahen, parallelen Linie ausgefuhrt. Der Wind war diesmal erheblich schwacher, die Fahrt langsamer, aber auch die Storung durch Wellen geringer. Es wurde im gnnzen 0,7 1 verbraucht. Als nach einiger Zeit die betreffende Stelle wieder besichtigt wurde, fand sich, dass der graue Streifen in Richtung seiner Schmal- seite durch den Wind etwas weiter getrieben worden war, sodass er das Fahrwasser vollstandig bedeckte und noch ungefahr um die halbe Breite daruber hinausragte. Da dieselbe 40 m be- trug, so ist fur diejenige der Oelschicht 60 m anzunehmen. Der Versuch wurde nach einiger Zeit wiederholt und fiihrte zu demselben Resultat. Hiernach betragt die von 1 1 Oel be- deckte F'lache 18857 qm. Die Dicke der Oelschicht ergibt sich zu 53 pp (milliontel Millimeter).

Eine weitergehende theoretische Bedeutung miichte ich dieser Zahl nicht beilegen. Zunachst beruht dieselbe auf Distanzschatzungen von massiger Genauigkeit. Ferner wird anzunehmen sein, dass durch die Bewegung des Wassers mit der Zeit eine Mischung und vielleicht eine Lasung oder, wie Quincke annimmt, eine langsame Veranderung des Oeles vor sich geht. Endlich ist wahrscheinlich, dass die Oelmenge auch in unsichtbarer resp. unwirksamer, noch dunnerer Schicht sich ausserhalb der sichtbaren Flache ausgebreitet hatte. Alle diese Umstande wiirden dazu beitragen, die Dicke der fraglichen Schicht noch zu verringern. Hiernach wird man das immerhin

Ann. d. Phys. u Chem. N. F. 49. 24

370 A. Oberbeck.

bemerkenswerthe Resultat dahin aussprechen konnen, dass eine Oelschicht von rund 50 ,up geniigt, um eine Wasserflache gegen die kleinen Wellen eines massigen Windes zu schutzen und dass diese Schicht auch nach einiger Zeit (uber eine halbe Stunde) sichtbar und wirksam war. Einen Ruckschluss auf den Radius der Wirkungssphare glanbte ich aus dieser Zahl nicht ziehen zu sollen. Hierzu schien es mir nothig, das Ausbreitungsphanomen noch weiter in allen Einzelstadien zu untersuchen. Die Erklarung dieser Erscheinung , sowie eine Beschreibung derselben ist schon friiher von Quincke l),

Marangoni 2, und anderen gegeben. Da meine Versuchs- anordnung indess anschaulich alle Phasen derselben dar- zustellen geeignet ist, so erlaube ich mir zunachst uber die hierauf beziiglichen Versuche zu berichten.

3.

Ein rechteckiger Kasten mit Glaswanden (eine Wellen- rinne) von 2 m Lange, 10 cm Breite und Hohe ist so auf- gestellt, dass dns eine Ende (A) etwas hoher steht, als das andere (B). In A ist am Boden eine Oeffnung mit Hahn. An demselben ist ein zur Wasserleitung fuhrender Schlauch befestigt, so dass die Rinne von unten her gefiillt werden kann. Es wird Wasser zugelsssen, bis der Abfluss uber die Schmal- seite in B beginnt und dieser noch einige Zeit in Gang er- halten, sodass dort nur das an der Oberflache befindliche Wasser ablauft. Da die etwa an den Wanden haftenden kleinen Fettmengen sich uber die OberAache ausbreiten, so

I werden dieselben nach einiger Zeit ohne allzu grossen Wasser- verlust mitgenommen. Der Wasserleitungshahn wird schliess- lich langsam zugedreht, sodass die Sreie Oberflache den Rand in bc mit einem capillaren Meniskus uberragt.

Um die Wirkung des Oeles beobachten zu konnen, werden lileine Mengen Schwefelblumen auf das Wasser gestreut. Wird in die Nahe von A ein Tropfen Oel gebracht, so breitet sich derselbe im ersten Augenblick kreisformig aus. Sehr schnell indess setzen demselben die drei naheri Seitenwande ein Hinder- niss entgegen und die Ausbreitung erfolgt nur noch in der

1) G. Quincke, Pogg. Ann. 139. p. 1-89. 1870. 2) Marangoni, Pogg. Ann. 148. p. 337-351. 1871.

Oelschichten aiif Wasserfiachen. 371

Langsrichtung. Man kann deutlich verfolgen, wie immer weitere und weitere Schichten der Oberflache in Bewegung gesetzt werden, lange bevor dort eine Spur von Oel sichtbar wird. Nach kurzer Zeit erreicht die einsetzeiide Stromung das Ende B. Der Abflnss beginnt wieder und halt einige Zeit an. Auf diese Weise wird ein Theil der zugefuhrten Oelmenge wieder cntfernt. Bei Zusatz eines zweiten, dritten und vierten Tropfens kam jedesmal der Abfluss wieder in Gang, wenn auch immer schwiicher.

Nach Reinigung der Rinne, die nllerdings ziemlich lange Zeit erforderte, wurde wiederum in A ein Oeltropfen aufgelegt. Wahrend derselbe sich noch kreisformig ausbreitete, hatte die Stromung schon wieder das andere Ende erreicht und in kurzer Zeit die Obedache reingefegt.

Dies kann nur durch eine sehr dunne, unsichtbare aber

Fig. 2.

mit starker Reibung auf die darunter liegende Wassermenge wirkende Oelschicht, erklart werden welche den sichtbaren Mengen schnell und weit vorauseilt.

Als oine Oelmenge von etwa 1 mg auf das Wasser in A gebracht worden war, hatte sich nach einiger Zeit der durch die beistehende Figur dargestellte Zustand ausgebildet. In derselben ist in a der ursprungliche, langsani an Menge ab- nehmende Tropfen. In b zeigt die Oelschicht die glanzenden Farben dunner Blattchen, in c ist die Oberflache ziemlich gleichmassig hellgrau gefarbt. Diese homogene Schicht lost sich bei d in ein Netzwerk sichtbarer Faden auf, wiihrend jedenfalls die Zwischenraume durch dunne, unsichtbare Schichten ausgefullt sind. In e zerfallen die Zweige des Netzes in eigen- thumliche , in fortdauernder Veranderung befindliche Figuren, die schliesslich zu kleinen Tropfen sich umgestalten. Letztere haben in f nur noch Durchmesser von ausserordentlich kleinem Radius, sodass sie nur bei gunstiger Beleuchtung als kleine Sternchen erkennbar sind. In g ist das dort sicher vorhandene Oel ganz unsichtbar. Diese Vertheilung dauert nur kurze Zeit.

24 *

372 A. Oberbeck.

Sobald die Stromung in B aufhort, verbreiten sich grossere Oelmengen auch in die entfernteren Theile der Rinne.

Die Schicht c entspricht wohl, soweit bei der veranderten Versuchsanordnung ein Vergleich zulassig ist, den von So hncke eingehend untersuchten Oelscheiben , fur welche derselbe im Augenblick des Zerfalls die Dicken 121,5 pp (fur Olivenol) und 93,6 pp (fur Rubol) gefunden hat. Tst dieser Grenzwerth er- reicht, so kann eine Oelschicht von einer geringeren, gleich- massigen Dicke die Wasserflache nicht mehr bedecken. Es scheint d a m eine Art von Gleichgewicht zwischen dickeren und diinneren Schichten einzutreten.

1st die dem Oel dargebotene Flache hinreichend gross, so bildet sich wieder eine Schicht von gleichmassiger Dicke, die allerdings unsichtbar , aber an ihren Wirkungen noch sehr wohl zu erkennen ist. Man kaiin diese Erscheinungen auch in umgekehrter Reihenfolge studiren , indem man einer reinen Wasserflache sehr vie1 kleinere Oelmengen iiach und nach zufuhrt. Dann kommt man an einen Punkt, wo die un- sichtbare Schicht nicht mehr gleichmassig moglich ist, dies ist darsn zu erkennen, dass sich jetzt Anhaufungen von sehr ge- ringer Menge: die oben erwahnten Sternchen bilden. Das Auftreten derselben bei zunehmender Dicke scheint mir ein ebenso charakteristisches Stadium, wie der Zerfall der dickeren Schicht. Urn weitere Anhaltspunkte fur eine quantitative Be- stimmung de1- hierzu erforderlichen Dicke der Oelschicht zu finden , schien es mir zunachst erforderlich, ausfiihrlicher das Verhalten der dunnsten Schichten zu untersuchen.

4.

Da diese Beobachtungen sich uber eine grossere Anzahl von Fliissigkeiten, welche sich in dunner Schicht auf Wasser ausbreiten, erstrecken sollten, so kam es mir dara,uf an, eine leicht zu handhabende Methode zu benutzen , welche aber gleichzeitig eine quantitative Schatzung der Wirkung der Ober- flachenschicht gestattet.

Ich benutzte zu diesem Zweck - irn Anschluss an Ver- suche von Lord Ray le igh l ) - die Wirkung eines Luft-

1) Lord Rayleigh, Proc. of the Roy. SOC. 48. p. 152. 1890. ___

Oelsrhichten auf FVasserfEiichen. 373

stromes auf eine Wasserfbche. Wird derselbe schrag - etwa unter einem Winkel von 30" gegen die Oberflache des in einem lrreisformigem Gefass befindlichen Wassers gerichtet, so erregt er zunachst eine leichte Wellenbewegung. Ferner erzeugt er Stromungen, welche durch kleine Mengen auf- gestreuten Pulvers sichtbar gemacht werden konnen. Endlich hat 0r die Eigenschaft, ganz dunne Fettschichten von einem Theil der Oberflache zu vertreiben und an denjenigen Orten zu condensiren, wo die Stromung schwacher ist. Solange, als der Luftstrom dauert, wird demnach an bestimmten Orten der Wasserflache Gleichgewicht zwischen der Reibungswirkung des- selben und der Tendenz der Fettschicht, sich auszubreiten, be- stehen. In dieser Beziehung ist die Wirkung des Luftstromes eine ahnliche, wie diejenige von Aetherdampf, welche Ron t gen l) naher untersucht hat. Auch dort findet - in einer Kreislinie - Gleichgewicht statt zwischen dem Einfluss des Aether- dampfstromes und der entgegengerichteten Wirkung der frem- den Oberflachenschicht.

Die Hersiellung einer reinen Wasseroberflache geschah nach dem ebenso einfachen, als zweckmassigen Vorschlag von Roii tgen ". Ein Trichter, dessen oberer Rand einen Durch- messer von 20 cm hatte, wird unten mit der Wasserleitung in Verbindung gesetzt. Bei Oeffnung der Leitung fliesst das Wasser iiber den oberen Rand ab. Der Trichter wird von einem eisernen Statif gehalten. Das Wasser fliesst in ein grosses darunter stehendes Blechgefass. Die Wasserfache war stets nach kurzer, kraftiger Stromung vollig rein.

Als Pulver wurden Schwefelblumen benutzt. Da dieselben, obgleich specifisch schwerer, auf dem Wasser schwimmen, so muss man wohl annehmen, dass sie mit einer geringen Fett- schicht bedeckt sind. Dieselbe haftet aber ziemlich fest an den einzelnen Theilchen. Jedenfalls ist die etwa auf das Wasser iibergehende Quantitat klein im Vergleich zu den ge- ringsten Fettmengen , mit denen ich experimentirte. Die Be- nutzung einer grosseren oder kleineren Merge iinderte nicht wesentlich die Versuchsresultate. Richtet man auf die reine, ._

1) RGntgen, Wicd. Ann. 41. p. 321-329. 1890. 2) R o n t g c n , Wicd. Ann. 46. p. 152. 1892.

374 A. Oberbeck.

nur mit wenig Pulver bedeckte Wasserflache einen Luftstrom, der unter einem Einfallswinkel von etwa 60° einen Puiikt in der Nahe des Randes trifft, so wircl das Pulver an die ent- gegengesetzte Stelle des Randes getrieben und sammelt sich dort in einer schmalen Schicht. Dabei sind die einzelnen Theilchen in lebhafter Wirbelbewegung innerhalb des kleinen Raumes, den sie einnehmen. Nach Aufhoren des Stromes breiten sie sich von hier aus langsam wieder iiber die Wasser- flache aus.

Beriihrt man dann die Wasserfliiche mit der Spitze eines feinen , in Oel getauchten Platindrahtes , so wird das Pulver schnell an den Rand des Gefasses getrieben, vertheilt sich dann aber wieder langsam iiber die ganze Flache. Durch einen neuen Luftstrom wird dasselbe wieder an dem entgegen- gesetzten Rande angesammelt. Doch ist der von demselben eingenommene Raum jetzt grosser geworden. Die einzelnen Theilchen rotiren nicht mehr um ihre Axe, sondern beschreiben Rahnen von geringer Ausdehnung. Bei weiterer Oelzufuhr wird der durch den Luftstrom gesauberte Raum immer kleiner, bis schliesslich die Fettschicht iiberall dem Luftstrome Wider- stand leistet. Dabei sind die Bewegungen des Pulvers charak- teristisch fur die verschiedenen Sta,dien der Oelzufuhr. Die Theilchen beschreiben stets geschlossene Bahnen, deren Um- fang immer grosser und grosser wird.

Hiernach kann man aus der Grosse der gesauberten Wasserflache und aus der Bewegung des Pulvers ausserhalb derselben einen Schluss auf die Gegenwirkung der Fettschicht ziehen. Da es mir hauptsachlich darum zu thun war, den Endzustand zu ermitteln, bei welchem eine weitere Oelzufuhr keine merkliche Veranderung hervorbrachte, so habe ich keine Messnngen der beiden Theile der Oberflache vorgenommen, sondern nur zwischen einer Reihe aufeinanderfoigender Ober- flachenbilder unterschieden, welche in den Fig. 3 (a, b, c, d, e) dargestellt sind. Von denselben stellt a die Wirkung des Luftstromes auf die reine Flache, e den Endzustand dar.

Es liess sich annehmen, dass Neigung und Starke des Luftstromes von Einfluss auf die beschriebenen Erscheinungen sein wurden. Deshalb wurden hieruber Vorversuche angestellt. Der Luftstrom wurde durch ein Geblase geliefert, welches zu

Oelschichten auf Wasserfliichen. 975

akustiwhen Versuchen diente. Der Strom ging durch einen langeren Kautschukschlauch und eine Glasrijhre von G mm Durchmesser. Das Ende derselben befand sich 2 cm iiber der Wasserflache. War die Neigung gegen letztere sehr gering, so war die Wirkung merlrlich schwacher. Bei grosserer Neigung aber, von etwa 20* an, war kein erheblicher Unterschied mehr zu erkennen. Die Versuche koiinteri sogar mit einem senk- rechten Strome ausgefuhrt werden. D a m waren selbstverstfndlich die Hewegungen und die einander fdgenden Bilder andere, da jetzt das Pulver radial nach den Rarrdern zu getrieben wiil.de. Der Grenzzustand aher, bei welchem die E'ettschicht tler

n b c

d e Fig. 3.

Wirkung des Stromes widerstand, wurde durch dieselbe Oel- menge erreicht. Eine massige Vergrosserang des Drnckes durcli Bleigewichte brachte ebonfalls bei einer Neigung von etwa 30 " keine Verfnderung cler Resultate herror.

Die Messung der kleinen, am die Wassei-Aiiche abzugeben- den Oelmengen bereitet bei derartigen Versuclien die Haupt- schwierigkeit. Ich verfulir in der folgenden Weise. Auf eine kleine Glnsplatte wurde ein Tropfen des z u untersuchenden Oeles von einigen Milligramm gebracht, welcher einen Durch- messer von 3-4 mm liatte. In denselben wird die Spitze eines Platindrahtes von 0,07 m m Durchmesser getauclit und damit eine kleine Oelmenge abgehoben. Fur die Wagung tler- selbeh an meiuer zelintel Milligramm zeigenderi Wa;Lge wiir

376 A. Oberbeck..

dieselbe zu klein. Wird aher diese Operation hpufig wieder- holt, so verringert sich der Oeltropfen um wagbare Mengen. Dementsprechend wurde der Platindraht, nachdem derselbe die kleine Oelmenge angenommen hatte, in die Flamme eines Bunsen ' schen Brenners gehalten. Ein momentanes Aufblitzen zeigt die Verbrennung derselben. Dann wird eine neue Portion abgehoben etc. Die bei mehrmaliger Wiederholung dieser Versuche fur die Menge der Einzelportion erhaltenen Werthe stimmten einigermaassen uberein.

So ergab sich z. B. fur Mohnol folgendes Resultat:

Gewicht der Glasplatte . . 1,2251 g Plntte und Oeltropfen . . 1,2321 ,, Draht 30mal eingetaucht . 1,2319 ,,

7, 9 , 7, . 1,2316 ,, 7 7 4 0 d 7, . 1,2312 ,,

Die Einzelmengen wiirden hiernach zwischen 0,007 und 0,Ol mg liegen und irn Mittel 0,009 mg betragen.

Bei mehreren anderen Sorten fetter Oele ergaben sich Werthe, welche hiermit nahenu ubereinstimmten, d. h. fur eine einzige Portion Werthe lieferten, welche auch zwischen den soeben angegebenen Grenzen lagen. Nur hei dem schwer- flussigen Ricinusol waren die Einzelmengen erheblich grosser.

Hiernach wurden die Versuche in der folgcnden Weise aus- gefuhrt. Nach Herstellung der reinen Wasserflache und Be- streuung derselben mit einer geringen Menge Schwefelblumen wird zunachst der Zustand der OberflBche durch die Ein- wirkung des Luftstromes gepruft. I& musste die Anordnung der Fig. 3 a entstehen.

Dann wird die erste kleine Oelmenge an die Wasserflache abgegeben und durch den Luftstrom dieselbe untersucht; hierauf erfolgt die Zufuhr einer zweiten Portion etc., his der Endzustand e erreicht ist. Das Flachenbild wird jedesmal notirt. Ist, wie in dem folgenclen Beispiel, zweimal dieselbe Bezeichnung vorhanden, so ist damit nicht ausgedruckt , dass das Strijmungsbild unverandert geblieben ist, sondern nur, dass dasselbe dem vorhergehenden Bilde noch naiher steht, als dem folgenden.

Die folgende Zusammenstellung benieht sich auf Olivenol.

Oelschichten auf Wasserfiachen. 377

Die Nummern bedeuten die Oelmengen, die Buchstaben die Stromfiguren.

1 . 2 . 3 . 4 . 5 . 6 . 7 . 8 . b b C c d e e e

Da sich ausserdeni ergeben hatte, dass eine Portion 1 mg war, so wurde der Endzustand durch 0,06 mg er- reicht. Doch war schon 0,Ol mg von merklichem Einfluss. In dieser Weise wurden mehrere fette Oele untersucht. Der Gang der Versuche war in allen Fallen derselbe. Die Re- sultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt, in welcher die Grenzwerthe zur Erreichung des Bildes e aus drei verschiedenen Reihen herruhren. Diese Zahlen bedeuten tausendstel Milligramme. In der z weiten Spalte befinden sich die specifischen Gewichte. Endlich sind unter d die Mittel- werthe der Grenzdicken in Mikromillimetern angegeben, wobei die Wasserflache zu 300 qcm angenommen wurde.

___ ~~ . ~ _ _ _ _ _ - Rubiil . . . . . Oliveniil . . . . Mohniil . . . . Leberthran . . . Mandeliil . . . . Ricinusiil. . . . Leiniil. . . . .

S ~- . ___

0,917 0,913 0,921 0,930 0,919 0,969 0,935

.- I

40 60 54 50 52 50 41

I1

50 60 52 52 60 45 62

Die Unterschiede der einzelnen Zahlen der letzten Reihe sind nicht derart, dass man daraus auf charakteristische Ver- schiedenheiten fur die einzelnen Substanzen schliessen konnte. In runder Summe reprasentirt also 2 p p die Dicke derjenigen Oelschicht, welche einem Luftstrom unter den gegebenen Ver- haltnissen Widerstand zu leisten vermag.

Diese Znhl befindet sich in Uebereinstimmung mit den Versuchen von Ron tgen l) und von Lord Rayleigh.2) R o n t - gen findet die Dicke einer Oelschicht, welche gerade die Durchbrechung durch Aetherdampf verhindert, zu 1,8 p p. Lord Rayle igh gibt 2 p p fur diejenige Oelschicht, welche die Eigen- bewegungen kleiner Kampherstuckchen zu hemmen vermag.

1) Riintgen, Wied. Ann. 41. p. 321-329, 1890. 2) R a y l e i g h , Proc. of the Roy. Soc. 47. p. 364-367. 1890.

378 A. Oberbeck.

Hiernach gibt es also eine gewisse Grenzdicke, bei welcher eine Oelschicht fahig wird , verschiedenartige Wirkungen aus- zufuhren und zwar scheint diese Grosse fur verschiedene fette Oele dieselbe zu sein.

Ferner stimmen auch darin meine Versuche mit den- jenigen der genannten beiden Physiker uberein, dass es noch coharente Schichten von sehr viel geringerer Dicke gibt , deren Wirkung man nach einer der angegebenen Mdethoden sichtbar niachen und allenfalls auch noch messen kann. Die dunnste Schicht, mit der ich zu thun hatte, war '1, der oben angegebenen Zahl, also ungefahr 0,3 p p.

Ich habe auch noch eine ganze .Reihe andercr Substanzen nach der von mir beschriebenen Dnethode untersucht, beson- ders eine Anzahl atherischer Oele. Auch hier gelingt es bei einer Reihe von Substanzen, die verschiedenen Stadien der Stromungsbilder und den Grenzzustand herbeizufuhren. Man muss dann aber sehr viel grijssere Mengen benutzen. Diese Substanzen verdunsten stark, sodass die beobachteten Mengen zu gross ausfallen. Trotzdem iibertreffen dieselben die fruher gefundenen jedenfalls ganz ausserordentlich. Cassia01 steht den fetten Oelen noch am nachsten; hier ist ungefahr die zehnfache Menge nothig. Bei Bergamottiil mid Pfeffermunzol war die Menge nahezu hundertfach, bei Petroleum noch gr8sser. Hiernach scheinen noch nndere Eigenschaften der Flussig- keiten bei diesen Versuchen eine Rolle zu spielen. , Schliesslich habe ich noch eine iindere Erscheinung unter- sucht. Fuhrt man nach Erreichung des Grenzzustandes bei den fetten Oelen nocli weitere Mengen ZLI, so bleibt das Oel zunachst noch unwahrnehmhar l), indem nur die gleichmassige Dicke der Oelschicht zunimmt. Bei Ueberschreitung einer ge- wissen Gewichtsmenge bilden sich aber die fruher erwahnten kleinen TrGpfchen oder Sternchen, welche sich langere Zeit erhalten. In denselben muss die Oelschicht eine grossere Dicke besitzen, als in der Umgebung. Die zur Herbeifuhrung dicses Zustandes nothigen Mengen habe ich fur einige fette

1) Die optische Wirkung sehr viel geringerer Fettschichten hrtt Lord R a y l e i g h (Phil. Mag. (5) 33. p. 1 . 1892) durch Bcobachtung der Reflexion polarisirtrn Liclites feetgestellt. Hirr hxnclc.lte es sicli nnr urn das Aus- srheii cler Oberflache.

Oelschichten auf Fasserpachen. 379

Oele festgestellt. Die Versuche wurden ahnlich ausgefiihrt, wie zuvor. Doch aurde jetzt ein dickerer Platindraht be- nutzt, um 'van dem abgewogenen Tropfen eine etwas grossere Menge zu entnehmen. Genugte dieselbe noch nicht, so wurde nach Ausgluhen des Drahtes eine weitere Portion entnommen und schliesslich der Gewichtsverlust des Tropfens festgestellt.

Die Sternchen werden am besten sichtbar bei der Reflexion der dunkleren Theile eines hellen Fensters an der Wasser- oberflache. Das Aussehen derselben ist bei den verschiedenen Substanzen etwas anders ; bei einigen sind die Sternchen sehr klein und zahlreich, bei anderen etwas grosser und seltener. Die zuzufiihrenden Mengen betrugen bei derselben Wasser- flache von 300 qcm bis zur ersten Wahrnehmung der Stern- chen bei zwei Versuchsreihen:

1. fur Olivenol 0,4 und 0,5 mg; 2. fur Rubol 0,5 und 0,5 mg; 3. fur Mohnol 0,4 und 0,4 mg; 4. fur Mandelol 0,5 und 0,7 mg.

Bei der Unsichesheit der Beobachtung kann nur geschlossen werden, dass die Menge und also die durchschnittliche Dicke ungefahr das neun- bis zehnfache der friiher beobachteten ist, also etwa 18pp betragt.

5.

Vergegenwartigen wir uns hiernach nochmals die Reihen- folge der Eigenschaften einer Oelschicht auf Wasser in dem Sinne, dass wir uns einer reinen Wasserfliiche jedesmal eine etwas grossere Oelmenge mitgetheilt denken.

1. Die durchschnittliche Dicke der Oelschicht ist kleiner als 2pp. Die Schicht ist uberall gleichmassig dick. Ober- flachenzahigkeit , sowie Widers tandsfahigkeit gegen Aether- dampf sind vorhanden, nehmen aber mit der Dicke zu.

2. Die Dicke der Schicht ist grosser als 2 pp, aber kleiner als 18pp. Auch jetzt ist die Vertheilung noch eine gleich- massige. Die Oberflkhenzahiglteit hat einen gewissen Grenz- werth erreicht. Ebenso ist die Oberflache jetzt fur Aether- dampf undurchlassig.

3. Wird der Grenzwerth von ungefahr 18 pp uberschritten, so wird die Vertheilung des Oeles uber die Wasserflache eine ungleichmassige. An einzelnen Stellen sind oder bleiben grossere

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Oelmengen einige Zeit angehiiuft, wiihrend der grijssere Theil mit einer diiniieren Schicht bedeckt ist. Die Oelschicht fangt auf diese Weise an, fur das unbewaffnete Auge s'ichtbar zu werden. Die dampfenden Wirkungen sind betrachtlich , wie die im zweiten Abschnitte bescliriebeiien Erscheinungen an der Oberflache der See zeigen. Auch bei erheblicher Vergrosserung der Oelmenge bleibt dieser Zustantl - Tropfenbildung auf einer mit einer rliinneren Schicht belegten Flache - bestehen. Unter giinstigen Umstanden koniien die Tropfen - wie die Versuche von S oh n c k e zeigen - grosse Dimensionen voriiber- gehend annehmen. Im allgemeinen wird aber der Gleich- gewichtszustand einer gegebenen Oelmenge , welche man auf eine bestinimte Wasserflache bringt, von der Art der Zu- fuhrung abhangen.

4. Sol1 eine Wasserflache dauernd mit einer gleichmassig dicken Oelschicht iiberzogen werden, so sind dazu sehr be- trachtliche Oelmengen nothig. -

Wie ich schon friiher angedeutet, habe ich diese Er- scheinungen verfolgt, urn aus denselhen einen Riickschluss auf die Wirkungssphare der Molecularkrafte ziehen zu konnen. Nach langerer Ueberlegung bin ich indess davon zuriickge- kommen.

Handelt es sich um einen Vorgang an der Grenze zweier Fliissigkeiten, von denen die eine aus einer Schicht von sehr geringer Dicke besteht, so machen sich jedenfalls ausser den Molecularkraften, wie sie in der Capillaritatstheorie behandelt werden, noch andere Wirkungen geltend. Ich mijchte hierzu mit Qu incke ' ) den Umstand rechnen, dass sich zwei im ge- wohnlichen Sinne nicht inischbare Fliissigkeiten doch in sehr geringen Mengen in einander losen konnen, und dass diese Losung - allerdings wiederum sehr langsam - sich durch Diffusion verandert.

Hiernach wurde man die dunnsten Oelschichten wohl nicht mehr als eine iiber das Wasser ausgebreiteten Menge, sondern als eine Losung derselbeii an der Wasserflache aufwfassen haben.

1) Quincke, Pogg. Ann. 139. p. 20 und 75 und Wied. Ann. 36. p. 582. 1888.

Oelschichten auf Wasserflaclien. 38 1

Dieser Mischschicht mussen wir grosse Zahigkeit und kleine Oberflachenspannung zuschreiben. Die Zahigkeit wschst, die Spannung nimmt ,zb mit zunehmender Oelmenge, bis die- selbe eine gewisse Grenze erreicht hat. Dann ist die Wasser- fliiche fiir den Sugenblick mit Oel gesattigt. Weitere Oel- mengen vermogen sich zunachst nicht mehr auszubreiten. Hierzu ist, wie fruher bemerkt, bei einigen fetten Oelen eine Quantitat von ungefahr 0,001 7 mg fur ein Quadratcentimeter nothig.

Hiernach haben wir es gerade bei den dunnsten Oel- schichten nicht mehr ausschliesslich mit capillaren Gleich- gewichtszustanden, sondern mit einem durch Losung und Diffusion (bei manchen anderen Flussigkeiten kommt hierzu noch die Verdunstung) modificirten Vorgang zu thun, aus welchem mir die Berechnung der Wirkungssphare der Capillar- krafte nicht ausfuhrbar erscheint.

Gre i f swald , den 25. Marz 1893.