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226 B e dls t c in, iiber die Einwirkang lab beabsichtige die Oxytolslure einer niiheren Unter- suchung zu unterwerfen, und werde dann nochmals versuchen, auch uber diesen schwerer loslichen Theil der rohen Siiure beslirnmten AufschluCs zu erhalten. Schliefslich will ich nocli erwahnen, dafs drts Benzol ein ganz anderes Verhalten gegen verdunnte Salpetersaure zeigt. Durch Krystallisation gereinigtes Benzol wurde durch sechs- tagiges Kachen mit einer Saure von derselben Verdunnung, wie diejenige, welche bei der Oxydation des Toluols ange- wandt wurde, durchaus nicht verandert und es wurde keine Spur einer krystallinischen Slure erhalten. Bei der Ein- wirkung kraftigerer Oxydationsmittel , z. B. der Chromsaure, zeigt es aber, wie C h u r c h *> vor Kurzem nachgewiesen hat, insofern ein dem Toluol iihnliches Verhalten, als es in eine der Benzoesaure homologe Saure €6H402 ubergeht. Vielleicht gelingt es auf diesem Wege, durch eine raschere und heftigere Einwirkung der Chrornsaure daraus auch eine der Oxytolsaure homologe Saure zu erhalten. Laboratorium in Gattingen, Juli 1861. Ueber die Einwirkung des Jodphosphors auf Glycerinsaure ; yon F. Beilstein, Privstdocent in Gottingen. Die Forineln der Propion-, Milch- und Glycerinsaure er- lauben, diese drei Sauren in eine einfache Reihe zu bringen : 6$H6Q2 Propionsllure Q3H6Q3 Milchslure Q3H6Q4 Glycerinsaure. *) Quarterly Journ. of the chem. society, April 1861.

Ueber die Einwirkung des Jodphosphors auf Glycerinsäure

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Page 1: Ueber die Einwirkung des Jodphosphors auf Glycerinsäure

226 B e dls t c i n , iiber die Einwirkang

lab beabsichtige die Oxytolslure einer niiheren Unter- suchung zu unterwerfen, u n d werde dann nochmals versuchen, auch uber diesen schwerer loslichen Theil der rohen Siiure beslirnmten AufschluCs zu erhalten.

Schliefslich will ich nocli erwahnen, dafs drts Benzol ein ganz anderes Verhalten gegen verdunnte Salpetersaure zeigt. Durch Krystallisation gereinigtes Benzol wurde durch sechs- tagiges Kachen mit einer Saure von derselben Verdunnung, wie diejenige, welche bei der Oxydation des Toluols ange- wandt wurde, durchaus nicht verandert und es wurde keine Spur einer krystallinischen Slure erhalten. Bei der Ein- wirkung kraftigerer Oxydationsmittel , z. B. der Chromsaure, zeigt es aber, wie C h u r c h *> vor Kurzem nachgewiesen hat, insofern ein dem Toluol iihnliches Verhalten, als es in eine der Benzoesaure homologe Saure €6H402 ubergeht. Vielleicht gelingt es auf diesem Wege, durch eine raschere und heftigere Einwirkung der Chrornsaure daraus auch eine der Oxytolsaure homologe Saure zu erhalten.

Laboratorium in Gattingen, Juli 1861.

Ueber die Einwirkung des Jodphosphors auf Glycerinsaure ;

yon F. Beilstein, Privstdocent in Gottingen.

Die Forineln der Propion-, Milch- und Glycerinsaure er- lauben, diese drei Sauren in eine einfache Reihe zu bringen :

6$H6Q2 Propionsllure Q3H6Q3 Milchslure Q3H6Q4 Glycerinsaure.

*) Quarterly Journ. of the chem. society, April 1861.

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des Jodphosphors auf Olycerinsaure. 227

Bei gleichbleibendem Kohlenstoff- und W asserstoffgehalt nimmt der Sauerstoffgehalt urn je ein Atom zu, und damit steigt auch die Atolriigkeit dieser Saurenl, so dafs aus der einatomigen Propionsaure die dreiatomige Glycerinsaure ent- steht. Dieser Zusammerihang ist fur die Propion- und Milch- saure durch die Versuche U 1 r i c h's *) aul'ser allen Zweifel gesetzt, fur den Zusammenhang der Glycerin- und Milchsaure spricht aber bis jetzt nur die Bildung der Milchsaure beim Schmelzen der Glycerinsaure niit Kali **) und die Entstehung der Glycerinsaure aus dem dreislurigen Alkohol Glycerin, nach demselhen Muster, wie die der Milchsiiure aus deni zwei- atomigen Propylglycol.

Ich h d e zunachst versucht, die Milchsaure in Glycerin- saure nach ahnlichen Methoden uberzufiihren, wie die Milch- saure aus der Propionsaure entsteht. Ich suchte eine Brom- milchsaure darzustellen , urn daraus durch Behandeln niit Alkalien Glycerinsaure zu erzeugen. Die Versuche haben aber nicht zu dem gewunschten Resultate gefuhrt. Brom ist in der Kalte ohne Wirkung auf syrupdicke Milchsaure; erhitct man aber die Mischung im zugeschmolzenen Rohr bei 100°, so ist schon nach einigen Stunden alles Broni verschwunden. Beim Oeffnen des Rohrs macht sich nun eine betrachtliche Spannung kund, wahrend der Ruckstand undurchsichtig braun geworden ist. Verdunnte lilchsfiure wird ebenfalls sehr leicht durch Brom zersetzt. Beim Oeffnen des Rohrs enl- weicht Kohlenslure, woraus foigt , d a t die Milchsaure durch die Einwirkung des Broms total zerstiirt ist. Milchsaures Zinkoxyd oder rnilchsaures Zinnoxydul werden durch Erhitzen mit Brom ebenfalls total zerstort. Es scheint also, als oh Brom auf Milchsaure und ihre Salze ahnlich wie Chlor ein-

") Diese Anrialen CIX, 268.

**) Deselbst CIX, 227.

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228 B e i I s t e i n, iibei die Einw irkung

wirkl. Eine inzwischen erfolgte vorhfige Anzeige von 0 t to") hat niich endlich von der Fortsetzung dieser Unter- suchung ganz abgehalten. 0 t to hat nlrnlich versucht, das zweifach-gechlorte Cyanathyl in Bichlorpropionslure iiberzu- fuhren, welche bei der Behandlung mit Alkalien in Chlor- milchsaure und endlich in Glycerinsaure ubergehen mufste.

Andererseits ist es L a u t e m an n gelungen **), durch eine einfache Reaction die Milchsaure in Propiorislure uber- zufiihren. Es gelang ihm dieses vermittelst des Jodwasser- stoffs, eines Reagenzes, welches inzwischen schon zu den interessantesten Entdeckungen gefuhrt hat. Bei der Einfach- heit und Sauberkeit, mit welcher hier die Reactionen ver'laufen, verspricht dieses Reagenz zu einern nicht weniger rniichtigen Hiilfsmittel fur die organische Chemie zu werden, als wie z. B. das Phosphorsuperchlorid.

Ich habe n u n Jodphosphor auf Glycerinsaure einwirken lassen, in der Hoffnung, daraus Milch- oder Propionsaure zu erhalten ; wider Erwarten verlief die Reaction aber ganz anders, und statt der oben genannten Sauren erhielt ich einen Korper von der Zusarnmensetzung der Jodpropionslure. Ehe ich aber zur Beschreibung der Reaction ubergehe, will ich ein Paar Worte iiber die Darstellung der Glycerinsaure anfuhren.

Uarstellting der Glycerinsaure. - Es liegen daruber die Angaben von S o k 010 f f ***) und Deb us t) vor. Ich habe der Methode des Letzteren den Vorzug gegeben; sie fuhrt zwilr nicht so schnell zum Ziele, wie die S o k o l o f f's, schien mir aber eirre griifsere Ausbeute zu liefern. D e b u s schreibt vor', nach heendigter Einwirkung der Salpetersiirirs aiif Glycerin

") Diese Annalen CXVI, 195. **) Daselbst CXIII, 217.

*a*) Daselbst CVI, 97.

+)Daselbst CVI, 80.

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des Jodphosphors auf Qlycerinsaure. 229

die Flussigkeit in kleinen Portionen auf dem Wasserbade ein- zudampfen ; ich konnte aber keinen Unterschied bemerken, wenn ich die Flussigkeit auf einmal in einer flachen Schale abdampfte. Ich bin defshalb bei diesem einfacheren Verfahren stehen geblieben. Urn die freie Glycerinsaure zu erhalten, mufs das Kalksalz mit der gerade hinreichenden Menge Oxal- saure zerlegt werden. Dieses Verfahren ist aufserordentlich umstandlich und miihsam, u n d da ich spiiter wiederholt in die Lage kam, reine Glycerinsaure haben zu miissen, sah ich mich nach einer bequemeren Darstellungsweise derselben um. Es gelang mir dieses sehr leicht vermittelst des Bleisalzes, das schon Deb u s in seiner Abhandlung anfuhrl"), welclies, wegen seiner geringen Laslichkeit in Wasser , sich ganz be- sonders zur Darstellung einer reinen Slure eignet. Der ein- gedampfte Ruckstand der Einwirkung der Salpetersaure auf Glycerin wird in vie1 Wasser gelost und mit kohlensaurem Blei oder mit Bleioxyd neutralisirt. Gegen das Ende der Operation unterslutzt man die Einwirkung durch Erwarmen, kocht dann auf, filtrirt kochendheifs und erhalt durch Ab- dampfen und Erkaltenlassen rohes glycerinsaures Blei, welches nach ein- bis zweimaligem Umkrystallisiren vBllig rein ist. Das Salz setzt sich aufserordentlich fest an die Wandungen der Schale an; durch Erwarmen derselben lassen sich aber die Krusten leicht ablosen. Dieses Salz rnit Schwefelwasser- stoff zersetzt hinterliifst beim Abdampfen im Wasserbade eine fast weifse Glycerinsaure, die rnit Jodphosphor zersetzt gleich eine fast weifse Jodpropionsaure liefert. Sattigt man die rohe Glycerinsaure mit kohlensaurem Blei, so bleibt die Flussigkeit auch beim volligen Neutralisiren noch schwach sauer, obgleich das reine glycerinsaure Blei neutral reagirt. Wendet man aber Bleiglatte an, welche sich sehr leicht in der Glycerin-

*) A. a. 0. 8. 92.

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Be i I s t e i n , iiber die EinwirRung

saure lost, so mufs man sich hiiten, den Neubralisationspunkt zu iiberschreiten. Das glycerinsaure Blei liist namlich Blei- oxyd auf, und dann reagiren die Losungen alkalisch. Der- gleichen basische Losungen werden aber schon durch Kohlen- slure gefallt. Das Eindampfen der Glycerinsaure auf dem Wasserbade muTs auch nicht unnothig lang fortgesetzt werden, denn sie farbt sich dabei dunkler.

Einzcrirkung des Jodphospkors auf Glycminsaure. - Vermiscbt man Glycerinsaure") , die mit wenig Wasser ver- setzt ist, rnit ihrern doppelten Gewichte an Jodphosphor, so tritt nach einiger Zeit beim Erwarmen eine aufserst heftige Reaction ein, welche man eweckniafsig durch Eintauchen des Gefafses in kaltes Wasser mafsigt. Es entweicht Jodwasser- stotl', und leitet man die sich entwickelnden Dampfe in Wasser, so wird HJ absorbirt, wahrend noch weifse knoblauchartig riechende Iknpfe entweichen, die sich nicht an der Luft ent- zunden. Die anfangs fliissige Masse im Kolben erstarrt beirri Erkalteri zu einer krystallinischen Masse, die, wenn die an- gewandtr: Glycerinsaure weifs war, auch fast weirs ist , irn entgegengesetzten Falle aber mehr oder weniger dunkel ge- farbt ist. Es hat sich wahrend der Reaction keine Spur freies Jod abgeschieden. Man lost den Ruckstand in sieden- dem Wesser und erhalt beinr Erkalten Jodpropionsaure, die durch ein- bis zweimaIiges Uinkrystallisiren aus wenig sjeden- dem Wasser viillig rein isl. So dargestellt bildet der Horper eine blendend weifse krystallinische Masse von ausgezeichnetem

*) Die nieiste hier verbrauchte Glycerinsilure war aus dein Ralksale dargestelk 0,514 Grm. der iiber SOs' getrockneten Krystalle verloren bei 135" getrocknet langsam 0,071 Grm. HO und hinter-

liefaen 0,181 CaOCOz. Glyoerinsaurer Kalk enthiilt

HO 12,6 13,s Ca 14,O 14,l

berechnet gefiliideii

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dea Jodphosphors auf G2ycerinsaure. 23 i

Perlmutterglanze. Ich nenne ihn Jodpropionsiiure * wie sich dieses aus seiner Zusammensetzung ergiebt. Die Suhstanz war behufs der Analyse uber Schwefelsiiure getrocknet wor den :

I ) 0,2605 Grm. gaben 0,173 Cog und 0,061 HO 2) 0,2095 Grm. gaben 0,135 C02 und 0,0455 HO 3) 0,434 Grm. rnit Kalk gegluht gaben 0,517 AgJ 4) 0,230 Grm. rnit Barytwasser gekocht gaben 0,271 AgJ. Ich benutzte hierbei die Leichtigkeit, rnit welcher die Jodpropion-

sllure durch Alkalien Zerlegt wird. Die abgewogene Menge Silnre wurde mit Barytwasser im Ueberschufs versetzt, eine halbe Stunde gekocht, dann mit Salpetersilure angesiiuert und nach dem Erkalten mit salpeter- saurem Silber versetzt, die Flussigkeit durch heftiges Umruhren gekllrt und das Jodsilber ahfiltrirt.

5) 0,1538 Grm. gaben ebenso behandelt 0,1815 AgJ. 6) 0,522 Crm. rnit einer Lliaung von reinem kohlensaurem Natron

iibergossen, einige Zeit fm Wasserbade erwiirmt, gaben 0,6117 AgJ und 0,0013 Ag.

Berechnet Gefunden A -,,- n /

1. 2. 3. 4. 5. 6. - - - G3 36 18,O 18,l 17,6 -

H6 5 2,5 2,6 2,4 - - - -

J 127 63,5 - - 64,4 63,7 63,s 63,5 - - 8* 32 16,O - - - -

Die Jodpropionsaure lost sich leicht in heifsern Wasser, ist in kaltem aber nur sehr wenig loslich; die heirs gesattigte Lasung erstarrt beim Erkalten zu einer festen kryslallinischen Masse. War die Losung sehr gesattigt, so erhall man stark perlmutterglanzende Schuppen ; war die Losung aber nur schwach gesattigt, so erhiilt man beim Abkuhlen grole, stark glasglanzende Krystallblatter. Die Mutterlaugen der Jodpro- pionsaure iiber Schwefelsaure langsain verdunslet hinterlassen grofse, scharf ausgebildete Krystalle, welche deiri klinorhom- bischen Systeme anzugehoren scheinen.

Die Jodpropionsaurc lost sich aufsserorderrtlich leicht in Alkohol und in Aether. Sie reltgirt stark sauer und

200 100,o

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B 8 41s t e i n , Uber dic Einwirkung

zersetzt kohlensaure Salze unter Brausen. Ihre Losung in Wasser kann ohne Zersetzung gekocht werdcn , ihre Salze werden aber dabei wit Leichtigkeit zerselzt. Dieses Ver- halten erlaubte, die Jodpropionsaure auf eine einfache Art zu analysiren. Sie schmilzt bei etwa 82O; ist sie aber nicht ganz weirs, oder hat sie sich beim Einschmelzen ins Haarrohrchen. etwas gelb gefarbt, SO zeigt sie einen niedrigeren Schmelzpunkt

Eine wasserige Losung der Jodpropionsaure wird in der Kalte fast augenblicklich durch Silberlosung geCillt; es scheidet sich gelbes Jodsilber aus. Wegen dieser geringen Bestandig- keit der jodpropionsauren Salze habe ich mich mit der Unter- suchung derselben nicht weiter beschaftigt. Nan kann aber sehr leicht einen Aether der Jodpropionsaure darstellen. Man braucht nur die Losung der Jodpropionsaure in Alkohol mit Salzsauregas zu sattigen, so wird schon nach kurzem Digeriren durch Wasser ein oliger Korper abgeschieden, den man durch Schiitleln mit kohlensaurem Natron und Quecksilber leicht rein erhalten kann. Er stellt so eine farblose Fliissigkeit dar, welche schwerer als Wasser ist, sich nicht darin lost, aber leicht von Alkohol aufgenommen wird und einen starken aromatischen Geruch besitzt. Der Korper scheint ohne Zer- setzung fluchtig zu sein.

Was die Entstehung der Jodpropionsaure aus der Glycerin- saure betrifft , SO lafst sich vielleicht folgende Gleichung dafiir aufstellen :

und die Gruppe PB2, welche die Elemente der wasserfreien phosphorigen und Phosphorsaure enthielte , zerfiele unter Wasseraufnahme in diese beiden Sauren :

G3H6Q4 + PJ2 = G3H6JQ2 + HJ + PQe

2PQ2 + 3 H 2 0 = PH8Q3 + PH3Q4. Die Mutterlaugen von der Jodpropionslure enthalten nun

wirklich auch Phosphorsaure. Von der Gegenwart der phos- phorigen Saure habe ich mich aber noch nicht uberzeugen

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des Jodpiiosphors auf Glycerineawe. 233

konnen. Bei der Heftigkeit der Reaction, welche die Bildung der Jodpropionsaurc begleitet, wird sie wahrscheinlich in Phos- phorsaure und in nicht entzundliches Phosphorwasserstoffgas zerfallen sein :

4 P H W = 3PHS84 + PH'. Damit ware auch das Auftreten der weifsen Dampfe bei

der Bildung der Jodpropionslure erklart. Man kann aber auch die Entstehung der Jodpropionslure als analog der Bildung des Jodallyls aus Glycerin betrachten :

und

denn G3H5JQ2 ist = G3H3JQ + H20. Der Unterschied wiirde also nur darin bestehen, dafs im

leteteren Falle ein Molecul Wasser mit der Jodverbindung vereinigt bliebe.

Nach der ersten Gleichung miifsten auf i Theil Glycerin- saure 2," Theile PJ2 einwirken, ein Verhaltnifs, dem man sich durch den Versuch sehr nahert, da man zwar nur das Doppelte an PJ2 angewendet hat, aber die Glycerinsaure in dem Zustande wog, in welchem man sie durch Verdampfen der wasserigen Losung im Wasserbade erhalt und die also wohl nicht ganz wasserfrei ist. Versucht man auf i Theil Glycerinsaure nur 1 Theil PJ2 anzuwenden, so erhalt man eine schwarze krystallinische Masse; das Gleiche findet statt, wenn man das Anderlhalbfache an PJ2 zusetzt; erst wenn die zugeselzte Menge PJ2 das Doppelte betragt, wird der Riick- stand von der Einwirkung vollig weirs. Die Gegenwart des Wassers befordert die Reaction in hohem Grade; es ist gut, der Glycerinslure mindestens das Doppelte an Wasser zuzu- setzen, welches nothig ware, um den Jodphosphor der Gleichung PJ2 + Nee = P43 + J2H2 gemafs zu zersetzen.

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234 B s i l s t e i n , uber die Einwirkung

Neutralisirt man eine wasserige Losung der Jodpropion- saure mit Alkalien und erwarmt , so reagirt die Flussigkeit wieder sauer. Hierbei hiitte man das Auftreten der Milch- saure erwarten sollen. Als ich ' aber durch Zersetzen des Barylsalzes mit schwefelsaurem Zink das Zinksalz darzu- stellen suchte , erhielt ich slatt des characteristischen milch- sauren Zinks ein in feinen Nadeln krystallisirendes Salz von aukerordenllicher Loslichkeit in Wasser. Auch andere Salze, die ich darzustellen suchte , zeigten ganz aursserordenlliche Leichlloslichkeit, so dafs ich einen Moment glauhte, Acrylsaure unter Handen zu haben, wclche sich nach der Gleichung hatte bilden konnen :

63H6J02 - HJ = 6'H4Q2 - 0-

Jodpropionshre Acrylsiure.

Die Beobachtung, dak das Silbersulz durchaus nicht schwer- loslich ist, so wie die Nichtfluchtigkeil d w Slure brachten mich von diesem Gedanken zuruck.

Versetzt man eine wasserige Losung von Jodpropionsaure mit Silberoxyd und erwarmt, so wird augenblicklich Jodsilber gefallt und die abfiltrirte Fliissigkeit enthiilt ein Silbersalz in Losung. Entfernt man daraus das Silber durch Schwefel- wasserstoff und verdunstet die Losung im Wasserbad, SO

hinterbleiben feine Krystallnadeln, die in Wasser aufser- ordentlich lbslich s i n d , stark sauer reagiren u n d sich beim Erhitzen auf dein Platinblech ohne Ruckstand verfluchtigen. Diese Saure zersetzt kohlensaure Salze unter Aufbrausen und bildet Salze, die zum grobten Theil sehr loslich sind. Das Natronsalz hleibt beim Verdampfen der Ltisung als eine kry- stallinische weifse Masse zuriick, die beim Stehen an der Luft zu einem Syrup zertliefst. Eine vorlaufige Natrium- besfirrirnung ergab einen Natriumgehalt von 20,4 pC. Na, wiltirerid das milchsaure Natron 20,5 pC. Na enthalt. Als

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des Jodphosphors auf Glycerinsiiure. 235

das Salz bis 211 i5Oo erhilzt war, um es wasserfrei zu er- halten, war es, ohne Gswichtsverlust zu erleiden, geschniolzen.

Das Zink-, Baryt- iind Kalksalz sind aufserorderitlich ieicht 16slich. Die Losung des letzteren wurde nicht gefallt durch Kupferoxyd-, Blei-, Kobalt-, Wismuth-, Eisenoxydul-, Mangan-, Thonerde- und Uranlosungen. Sie reducirte aber beim Kochen Gold- und Silberlosungen, farbte Eisenchlorid blutroth und gab mit basisch-essigsaurem Bleioxyd einen starken weifsen Niederschlag. Die Niederschliige durch Quecksilberoxydul und -Oxyd, so wie durch Zinnchlorur loslen sich irn Ueber- schusse des Fallungsmittels.

Nach dem Obigen ist die bei Zersetzung der Jodpropion- saure auftretende Saure von der Milchsaurr. total verschieden. Da aber die Reaction, wie es scheint, von allen secundaren Zersetzungen frei ist, so ist kaum daran zu zweifeln, dafs die obige Saure mit der Milchsaure isomer ist. Die weilere Un- tersuchung der Saure wird zeigen, ob diese Vermuthung ge- griindel ist. Das eben Mitgetheilte bitte ich nur als eine vor- laufige Notiz zu betrachlen; es kani mir zunachst nur darauf an, zu zeigen, dafs hier eine neue, von der Milclisaure ganz- lich verschiedene Saure auftritt.

Wollte man die Glycerinsaure als Dioxypropionsaure be- lrachten, so hatte man bei Einwirkung des Jodphosphors die Bildung der Jodrnilch- oder dcr Dijodpropionsiiure erwarten sollen :

63H3(H8)243 + HJ = 6"HJ(H8). J . :/0 + p e

HI oder

68H3J28 0 + 2H2Q. HI

s s ~ 3 w ) 2 4 3 + 2HJ HI

Keiner d i e m beiden Falle ist aber eingetreten. - Ich habe ferner versuch t Saureradicale in die Glycerinsaure einzufuhren, z. B. eine Benzoylglycerinsaure darzustdlen. Man kanri aber Glycerinsaure und Benzoesaure ~ ~ ~ a n i n i e i i ~ c h r t i ~ l ~ e n , ohne d d s

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236 B e d s t e i n , Cbsiber die Einw. des Jodphosphors u. s. w.

sich eine Spur einer gepaarten Saure bildet. Erst wenn men das Gemenge beider Sauren im Oelbade liingere Zeit auf 200° erhitzt, scheint sich eine gepaarte Saure zu bilden.

D e b u s betrachlete anfangs die Glyoxylsaure als der Glycerinsaure homolog. Die Zusammensetzung des Ammoniak- salzes fuhrte ihn aber dazu, der Glyoxylsaure 1 Molecul Wasser weniger zuzuschreiben. Die Ansichten der Chemiker sind dekhalb iiber die Zusammensetzung dieser Saure getheilt, und man hat in der letzten Zeit Ruf verschiedene Weise die zweite Formel von D e b u s zu vertheidigen gesucht *>. Man frat hierbei aber eine Reaction ganz aul e r Acbt gelassen, welche die Frage auf eine ganz einfache und ganz bestimmte Weise lost. P e r k i n und D u p p a geben namlich an**), durch Zersetzung der Dijodessigsaure durch Alkalien Glyoxyl- saure erhalten zu haben , und wenn sich diese Reaction be- statigt, wozu leider noch die analytischen Belege fehlen , so ist es keinem Zweifel unterworfen, dafs die Glyoxylslure in eine Reihe rriit Essigsdure und Glycolsaure gehort und die Formel GaH4Q4 erhalten mufs :

I

GeH48* = Essigsilure G2H4Q3 = Glycolskure G2H4Q4 = Glyoxylsaure.

Ich bin gegenwartig mit der weiteren Untersuchung dieser dreiatoniigen Sauren beschaftigt.

Laboratorium in Gottingen, den 10, August 1861.

*) Diese Annalen CXVI, 264. **) Diese Annalen CXII, 24.