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Uber die Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf Wisrnutsalze. Von L. MOSER. Anlalslich der kritischen Untersuchung uber die Brauchbarkeit der verschiedenen vorgeschlagenen volumetrischen Wismutbestim- mungen fand ich Widerspriiche in der Literatur uber die Art des entstehenden Produktes. Fiigt man zu einer ammoniakalischen Wasserstoffsuperoxydliisung (3 O / , ) eine schwachsaure Wismutlosung, so fallt ein im ersten Augenblicke etwas dunkelgelb gefarbter, spater aber lichtgelber Niederschlag heraus und es tritt eine lebhafte Sauerstoffentwickelung ein. JANNASCH~ gibt nun in seinem Leit- faden an, dafs der entstehende Korper ein Wismutsuperoxydhydrat sein soll, ohne nlhere Belege fur die Richtigkeit dieser Angabe anzufihren . E. RUPP und G. SCHAUNANN~ haben gefunden, dafs auf diese Weise nur ein Hydroxyd ausfallt, da nach ihren Versuchen bei der jodometrischen Bestimmung des aktiven Sauerstoffs kein Jod aus Jodkalium frei gemacht wurde. Auch HAUSER und VANINO~ machten die Beobachtung, dafs das Reaktionsprodukt keinen Superoxydcharakter aufweist, sondern blofs 3 wertiges Wismut enthalt. Die von mir angestellten Vervuche durften zur Aufklarung dieser widersprechenden Angaben beitragen und bestatigen zugleich die Richtigkeit der Beobachtungen von RUPP und HAUSER. Praktischer Leitfaden der Gewichtsanalyse (1897). Zeitschr. analyt. Chem. 42, 732. Z. anorg. Chem. 39, 379. 2 anorg. Chem. Bd. 50. 3

Über die Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf Wismutsalze

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Uber die Einwirkung von Wasserstoffsuperoxyd auf Wisrnutsalze.

Von

L. MOSER.

Anlalslich der kritischen Untersuchung uber die Brauchbarkeit der verschiedenen vorgeschlagenen volumetrischen Wismutbestim- mungen fand ich Widerspriiche in der Literatur uber die Art des entstehenden Produktes. Fiigt man zu einer ammoniakalischen Wasserstoffsuperoxydliisung (3 O/,,) eine schwachsaure Wismutlosung, so fallt ein im ersten Augenblicke etwas dunkelgelb gefarbter, spater aber lichtgelber Niederschlag heraus und es tritt eine lebhafte Sauerstoffentwickelung ein. JANNASCH~ gibt nun in seinem Leit- faden an, dafs der entstehende Korper ein Wismutsuperoxydhydrat sein soll, ohne nlhere Belege fur die Richtigkeit dieser Angabe anzufihren .

E. RUPP und G. SCHAUNANN~ haben gefunden, dafs auf diese Weise nur ein Hydroxyd ausfallt, da nach ihren Versuchen bei der jodometrischen Bestimmung des aktiven Sauerstoffs kein Jod aus Jodkalium frei gemacht wurde.

Auch HAUSER und VANINO~ machten die Beobachtung, dafs das Reaktionsprodukt keinen Superoxydcharakter aufweist, sondern blofs 3 wertiges Wismut enthalt.

Die von mir angestellten Vervuche durften zur Aufklarung dieser widersprechenden Angaben beitragen und bestatigen zugleich die Richtigkeit der Beobachtungen von RUPP und HAUSER.

Praktischer Leitfaden der Gewichtsanalyse (1897). Zeitschr. analyt. Chem. 42, 732. Z. anorg. Chem. 39, 379.

2 anorg. Chem. Bd. 50. 3

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Durch Vorversuche qualitativer A r t stellte ich zunachst fest, dafs sowoh1 in kali-, natronalkalischer und ammoniakalischer Flussigkeit durch Wasserstoffsuperoxyd ein schwach gelb gefarbter Korper er- halten wurde, der nach dem Filtrieren und Auswaschen mit kaltem Wasser bei Zugabe von Salzsaure (2 : 1) und Jodkalium tatsachlich Jod frei macht. Wegen der Gelbfarbung des sich bildenden Wis- inutjodids wurde Starkekleister hinzugefiigt, der sich sofort dunkel firbte. Aufserdem konnte durch Ausschiitteln des freien Jods mit Schwefelkohlenstoff ein deutlich violetter Farbenton desselben wahr- genommen werden. Nach diesen orientierenden Versuchen, welche auf die Bildung eines Superoxyds hindeuteten, wurde auf prapara- tivem Wege eine grolsere Menge des Produktes hergestellt.

Als Ausgangsmaterial zur Herstellung einer Wismutlosung, diente das basische Wismutnitrat, das vollkommen frei von verun- reinigeriden Bestandteilen war. Uas Wasserstoffsuperoxyd fand in Form einer 3 O/,,igen Losung Verwendung, welche durch Verdiinnen des XERKschen Perhydrol hergestellt worden war. Die Fallung geschah, nach den Angaben von JANNASCB, in der Kalte durch Ein- Aiefsenlassen der salpetersauren Wismutlosung in das ammoniaka- lische Wasserstoffsuperoxyd. Auf 3.5 g Wismut wurden 150 ccm Wasserstoffsuperoxyd (3 Oi0) und 200 ccm Ammoniakflussigkeit (D = 0.958) verwendet. Wenn die Reaktion bei Zimmertemperatur statt- findet, entwickelt sich Sauerstoff in grofser Menge, auch bei Ab- kuhlung auf O o und sehr langsamem Zuflielsenlassen der Wismut- losung lailst sich diese Zersetzung nicht vermeiden, welche durch einen sekundaren Zerfall des Wasserstoffsuperoxyds bedingt ist, indem hier aus Analogiegrunden, wie beim Blei oder Mn, Reaktionen nach folgendem Schema eintreten:

Bi,O, + H,O, f - Bi,O, + H20

Bi,O, + H,02 tL Bi20, + H,O + 0, (1)

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Die Gleichung I fuhrt zu einem Gleichgewicht, welches nach unmefsbar kurzer Zeit gestort wird durch den zweiten Prozefs und zur endlichen Bildung von trivalentem Wismut fiihrt, welcher Vorgang durch I1 angedeutet erscheint. Fur die Tatsache, dafs

Um eine Temperaturerhohung zu vermeiden, welche bedingt ist durch das Auftreten der Reaktionswtrme beim Misehen von Ammoniak mit der salpetersauren Flussigkeit, wurde in diesem Falle mit einer Ruhrvorrichtung gearbeitet.

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sich anfangs wirklich ein hijheres Oxyd bildet, spricht der Umstand, dak der Niederschlag in ersten Augenblick etwas dunkler gefarbt ist und dieser Farbenton nach kurzer Zeit blasser wird. Nach Filtration und vollkommenem Auswaschen mit kaltem Wasser wurde der Korper uber Schwefelsaure durch 14 Tage an einem kuhlen Orte getrocknet.

I n einem anderen Falle wurden auf 3.5 g Wismut 50 ccm Wasserstoffsuperoxyd und ebenfalls 200 ccm Ammoniak angewendet. Das entstehende Produkt war noch lichter gefarbt wie der friiher erhaltene Korper.

Die Bestimmung des ,,aktiven" Sauerstoffs wurde nach BUNSEN in der iiblichen Weise vorgenommen unter Anwendung von Salz- saure (2 : 1) und ergab fur ,,Superoxydsauerstoff" folgende Werte:

Produkt I: 3.64 O i i ,

Produkt I1 : 3.74 "lo

Als Vorlage wurde ein kleiner Erlenmeyerkolben mit auf- gesetztem Perlenrohr beniitzt, welcher mit einer geniigenden Jod- kaliumrnenge in Losung beschickt wurde. Auffallend war der Um- stand, dah, trotzdem die Chlorentwickelung in dem Destillierkolben eine makige war, die Menge des ausgeschiedenen Jods verhaltnis- marsig gr@ war und ferner besonders die Tatsache, dak die Lijsung im Perlenrohr von Beginn des Kochens an sich deutlich gelb farbte, wahrend die Jodkaliumlosung im Innern der Vorlage unmoglich mit Jod gesattigt sein konnte, da sie eine schwachgelbe Farbung hatte. Um ein Entweichen von Jod zu verhindern, wurde wahrend des Prozesses das Aufsatzrohr mit festem Jodkalium beschickt. Auf Grund dieser Beobachtung entstand die Vermutung, dah die Jodausscheidung jedenfalls nicht allein durch den ,,Superoxydsauer- stoff" bewirkt werden konnte, sondern durch einen moglichen Nitrat- gehalt des Produktes bedingt sein konnte. Da jedoch das Auswaschen rnit Wasser so lange festgesetzt worden war, bis die Waschfliissig- keit keine NO,-Ionen enthielt, so konnte die Salpetersaure nur in Form eines in Wasser unloslichen Nitrats, also von basischem Wismutnitrat herriihren. Unter der Annahme eines Wismutnitrats

yon der Form BiOH verlauft dann die Reaktion in folgender Weise: OH

NO3 OH

BiOH + 6HC1 = BiCl, + NO + C1, + 4H,O.

3* NO3

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Das dabei entstehende Stickoxyd bewirkt bekanntlich keine Oxydation des Jodkaliums, jedoch in Beriihrung mit Luft gebracht (was im Perlenrohr in erhohtem Mafse der Fall war) geht es in Stickstoffdioxyd iiber und dieses spaltet dann das Jodkalium in be- kannter Weise unter Abscheidung von Jod.

Bei einem anderen Versuche wurde unter Ersatz der Salz- saure durch verdiinnte Schwefelsaure keine Jodausscheidung wahr- genommen, welche Tatsache die Bestatigung der obengemachten Beobachtung erwies. Auch beim Ausschiitteln mit Schwefelkohlen- stoff konnte keinerlei Farbung desselben mehr wahrgenommen werden.

Um iiber die Zusammensetzung des durch ammoniakalische Wasserstoffsuperoxydlosung gefallten Korpers vollkommen sicher zu sein, wurden je zwei Analysen von beiden Produkten durchgefuhrt. Der KBrper wurde vorher iiber konzentrierter Schwefelsaure durch 14 Tage getrocknet. Die Bestimmung des Wismuts geschah auf gravimetrischen Wege als Phosphat, die Wasserbestimmung geschah auf direkte Weise, indem eine gewogene Substanzmenge in einem trockenem Luftstrom erhitzt wurde und aus der Gewichtszunahme eines mit Chlorcalcium beschickten U-Rohres die Wassermenge be- rechnet wurde. Zu bemerken ware noch, dafs wegen des Nitrat- gehaltes der Substanz in den vorderen Teil der Glasrohre eine blanke Kupferspirale gelegt wurde, welche die Aufgabe hatte, etwaige Stickoxyde zu reduzieren.

Die Salpetersaurebestimmung erfolgte nach dem Verfahren von GOSSART und PELOUZE, welches auf der Oxydation einer salzsauren Ferroliisung von bekanntem Gehalt in Ferrilosung beruht. Das nichtoxydierte Ferroion wurde nach REINHARDT durch eine Kalium- permanganatlosung bestimmt, von der 1 ccm 0.005794 g F e entsprach.

Die Ergebnisse waren die folgenden:

Produkt I: Produkt I1 : 93.5 Bi,O, 93.02 Bi,O, 3.65 o/o H,O 3.75 yo H,O 2.86 o / o N,O, 2.92 o/i , N,O,

Die Zusammensetzung des Pgoduktes entspricht daher an- nahernd dem basischen Hydroxyd BiO.OH, welches enthalt:

96.25 o/o Bi,O, 3.72 o/o H,O.

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* Zeitschr. analyt. Chem. 1906, 19.

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Die Verunreinigung durch Salpetersaure riihrt von dem Gehalt an basischem Wismutnitrat her.

Aufserdem wurden noch Versuche angestellt, wobei an Stelle des Ammoniaks Natrium- oder Kaliumhydroxyd in Anwendung ge- bracht wurde; in diesem Falle erhielt ich ebenfalls schwachgelb gefarbte Korper von gleichem Aussehen, welche in sehwefelsaurer Losung kein Jod aus Jodkalium frei machten.

Zusammenfassung.

Der Bus Wismutlosungen durch Wasserstoffsuperoxyd in alka- lischer Fliissigkeit erhaltene KSrper ist kein hoheres Oxyd des Wismuts, sondern en tspricht dem basischen Hydroxyd, dem die F’ormel BiO.OH zukommt. Aufserdem fallt in geringer Menge basisches Wismutnitrat heraus, welcher Vorgang d a m eintritt, wenn Wismutsalze in saurer Losung mit Alkali versetzt werden.

Wien, Laboratorium f. alzalyt. Chemie am d. k. k. tecltnisehen Hoohsehule, im N a i 1906.

Bei der Redaktion eingegangen am 19. Mai 1906.