13
Leitiing evacuirter Ramie. 455 leicht liesse sich dieser Einfluss dadurch eliminiren , dass man sehr lange Rohren verwendete, bei denen beide Ano- den von der Kathode gehorig weit entfernt angebracht wer- den konnten. Berlin, den 11. August 1888. V. Ueber die electroZytisc7w Leitmzg des Bergkrystnlls; von E. Warburg ccud F. l'egetmeier. (Aus der Gott. Nadir. vom 30. hIai 1888; mitgetheilt von den Herren Vcrf.) Vor kurzem]) haben wir gezeigt, dass eine senk- recht zur Hauptaxe geschnittene Platte aus Bergkrystall, deren Endflachen durch Belegungen von Gold oder Graphit leitend gemacht sind, unter langerer Einwirkung einer nach der Hauptaxe gerichteten grossen electromotorischen Kraft bei etwa 230° eine permanente Veranderung erleidet: die Platte biisst dabei das electrische Leitungsvermogen, welches sie im frischen Zustande besitzt, bis auf einen sehr kleinen Theil ein. In Richtungen senkrecht zur Hauptaxe erweist sich der Bergkrystall auch bei hijherer Temperatur als am- gezeiclineter Isolator. 2, Durch Abschleifen einer 0,05 mm dicken Schicht von den Endflachen der permanent veranderten, senkrecht zur Hauptaxe geschnittenen Platte wurde der urspriingliche Zu- stand nicht wieder hergestellt; die permanente Veranderung betraf also das Innere des Quarzes. Q 2. Wir haben seitdem zunachst untersucht, ob zu- gleich mit dem Leitungswiderstand auch andere Eigenschaften des Quarzes (optische, pyroelectrische) eine permanente Ver- anderung erfahren, aber keine solche Veranderung nachweisen konnen. - $ 1. - 1) E. TVarburg u. F. Tegetmeier, Wied. Ann. 32. p. 447. 1887. 2) Ein Unterschied zwischen dern parallel und senkreeht zur Hnnptaxe bestehenden Leitungsvcrniogen \\-nrde bei gewohnlicher Temperatur sehon Yon J. Curie bernerkt. Compt. rend. 130. p. 930. 1886.

Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

Leitiing evacuirter Ramie. 455

leicht liesse sich dieser Einfluss dadurch eliminiren , dass man sehr lange Rohren verwendete, bei denen beide Ano- den von der Kathode gehorig weit entfernt angebracht wer- den konnten.

B e r l i n , den 11. August 1888.

V. Ueber die electroZytisc7w L e i t m z g des Bergkrystnlls;

von E. W a r b u r g ccud F. l ' e g e t m e i e r . (Aus der Gott. Nadir. vom 30. hIai 1888; mitgetheilt von den Herren Vcrf.)

Vor kurzem]) haben wir gezeigt, dass eine senk- recht zur Hauptaxe geschnittene Platte aus Bergkrystall, deren Endflachen durch Belegungen von Gold oder Graphit leitend gemacht sind, unter langerer Einwirkung einer nach der Hauptaxe gerichteten grossen electromotorischen Kraft bei etwa 230° eine permanente Veranderung erleidet: die Platte biisst dabei das electrische Leitungsvermogen, welches sie im frischen Zustande besitzt, bis auf einen sehr kleinen Theil ein. In Richtungen senkrecht zur Hauptaxe erweist sich der Bergkrystall auch bei hijherer Temperatur als am- gezeiclineter Isolator. 2,

Durch Abschleifen einer 0,05 mm dicken Schicht von den Endflachen der permanent veranderten, senkrecht zur Hauptaxe geschnittenen Platte wurde der urspriingliche Zu- stand nicht wieder hergestellt; die permanente Veranderung betraf also das Innere des Quarzes.

Q 2. Wi r haben seitdem zunachst untersucht, ob zu- gleich mit dem Leitungswiderstand auch andere Eigenschaften des Quarzes (optische, pyroelectrische) eine permanente Ver- anderung erfahren, aber keine solche Veranderung nachweisen konnen.

-

$ 1.

-

1) E. TVarburg u. F. T e g e t m e i e r , Wied. Ann. 32. p. 447. 1887. 2) Ein Unterschied zwischen dern parallel und senkreeht zur Hnnptaxe

bestehenden Leitungsvcrniogen \\-nrde bei gewohnlicher Temperatur sehon Yon J. C u r i e bernerkt. Compt. rend. 130. p. 930. 1886.

Page 2: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

R Warbury u. F. Tegetmeier.

Darauf suchten wir zu ermitteln, ob die permanente Ver- anderung sich auf die ganze Masse der Quarzplatte erstrecke oder nicht. Es wurden dazu von einer permanent verander- ten Quarzplatte Schichten durch Abschleifen abgetragen und der Leitungswiderstand stets bei derselben Temperatur unter- sucht. Dabei ergab sich, dass man von d e r Seite, an welcher der die permanente Veranderilng erzeugende Strom ausge- treten war, und welche die Kathode heissen mag, Scliicliten bis zu 0,2 mm dick fortnehmen lconnte, ohne von der per- mnnenten Veranderung einen Theil riickgangig z u machen. Trug man aber von der Anodenseite dickere und dickere Schichten a h , so nahm das Leitungsvermiigen mehr und mehr zu, ohne allerdings, trotz der dabci eingetretencn Ver- diinnung der Platte, den ursprunglichen Werth zu erreichen.

Diese Versuche fiihrten auf die Verinuthung, dass die permanente Veriinderung durch eine electrolytische Lei- tung des Bergkrystalles i r i der Richtung seiner Hauptaxe und eine damit verbundene Hildung einer schlecht leitenden Schicht an deu Anodenseite herbeigefuhrt sei. Um die Bil- dung jener vermutheten , schlecht leitenden Schicht zu ver- hiiten, wandten wir ids Belegung auf der Anodenseite Natrium- amalgam an. Auf die an der Kathodenseite mit Gold belegte Platte vurde dazu ein abgeschliffencr beschwerter Glascylin- der gestellt und in diesen Natriuniarnalgam gefullt, welches mit Paraffin hedeckt war. Als der Strom in der Richtung vom Natriumamnlg,ini zuiii Goldblatt geleitet wurde, zeigte sich in der That, dass die Abnahme der Stromstarke, mithin die Rildung der scl-ilecht leitenden Schiclit fortfiel; es konnte so bei einer Po tentialdiifererdnz ron ein'igen hundert Volts per Millimeter beliebig lange ein Strom durch den Quarz in der Richtung der Hauptaxe gesdiickt werden, welcher 1 bis 2 ing Silber in der Stunde ausscliicd. Wurde anstatt des Natrium- amalgams Quecksilber angewandt , so t ra t die permanente Verhderung wie fruher ein. Auch Lei Anwendung von Kaliumamalgnm als Anode nahm die Stromstarke fortwah- rend, wenn auch langsamcr, als beim Quecksilber ab, und es scheint, dass die Wirkung des benntzten Kaliumauialgams nur dem Natriumgehalt desselben zuzuschreiben ist. Auf

Q 3.

Page 3: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

Leitiing von Bergkrystall. 457

das IsolationsvermSgen einer zur Axe parallelen Platte ha t die Natur der Belegung selbstverstandlich keinen Einfluss.

Es wurde nun mit Natriumamalgam als Anode bei etwa 250° drei Tage lang ein Strom durch eine senkrecht ziir Axe geschnittene Plat te hindurchgeschickt. Nach Ablauf dieser Zei t fanden sich 88 mg Silber im eingeschalteten Silbervoltameter vor, und es wurde jetzt untersucht, was fiir em Stofil' an der Kathode ausgeschieden war. Es konnte dort nur Natrium nachgewiesen werden , sodass hiernach durch electrolytische Leitung Natrium durch den Quarz in der Richtung seiner krystallographischen Hauptaxe hindurch- gewandert war.

Bei Anwendung von Kaliumamalgam als Anode nahm der Strom in 40 Stunden auf den hundertsten Theil seines Anfmgswerthes ab; es waren nur 2 mg Silber ausgeschieden, Kalium lionnte an der Kathodenseite such spectral-analytisch nicht nachgewiesen werden.

6 ,?. Um die Menge des den Quarz in der Riclitung der EIauptaxe durchwandernden Ntttriums zu bestimmen, gaben u i r Clem Apparat eine mtlere Form.

Die senkrecht zur Hauptaxe geschnittene verticale Quarz- p1:ttte Q wurtle in einer stiihlernen Klemmscliraube Ir' zwi-

$ 4.

szhen zwei cylin- drisclie Stahlge- fiisse 5' festge- klemmt, welche mit Paraffin gefiillte Chvetten C, C t ru- gen; das Paraffin hinderte die Ver-

dampfung des Quecksilbers und hielt den Luftzu- t r i t t ab. Die Zu- leitungsdriihte fur den Stroni waren an die Stahlgefasse angelothet. Urn die lctzteren von dcr Klemme K viillig zu isoliren, schalteten wir zwei parallel

Page 4: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

458 E. Uhrbuiy 16. I? Y'eyetaieier.

zur Axe geschnittene, 5 mm dicke Quarzplatten q, q ein; die- selben isolirten in der Hitze (250O) so gut, dass der Apparat eine electrostatische Ladung, welche den Blattern eines un- empfindlichen Goldblattelectroskops eine Divergenz von 100" ertheilte, ausgezeichnet gut hielt. Das der Anodenseite an- liegende Stahlgefass wurde mit 1/3 procentigem Natriumanial- gam, das andere mit reinem Quecksilber gefiillt und der Apparat in einem Luftbade auf der gewunschten Temperatur (etwa 230O) gehalten. Den Strom lieitrte ein 400-1000 glied- riger Acc.umulator, in dessen Kreis ein electrolytischer Lei- tungswiderstand von etwa 1 Xillion 8.-E. aufgenommen war. Die auf den Quarz wirkende electromotorische Kraf t Getrug dabei einige Iiundert Yolts per &Iillimeter. I n den Strom- kreis waren zwei Silbervoltameter, das eine vor , das andere hinter dem Quarze, eingeschaltet; urn ein Ueberviachsen des Silbers von der Kathode zur Anode zu verhiiten, eraies es sich bei der langen Dauer der Versuche als nothwendig, die Anode aus Silber in ein besondercs Glasgefass zu stellen, und dieses durch ein Heberrolir mit dem als I(atEii3de dienen- den Pldtintiegel mi \ q.rbinden , die beiden Silbervoltxrneter differirten in der Regel urn nicht melir, als 1 dmg. Cm die durch den Apparat hindurchgegangene Electricitats- menge in jedem Augenblicke beurtheilen zu kijnnen, schal- teten wir ausserdem ein ~~asse r s to~~-o l t : tme te r ein. Kachdern eine geniigende Silbermenge abgeschieden war. wurde iler Natriumgehalt des kathodischen Quecksilbers bestimmt. Dazu wurde dasselbe niit heissem Wasser ausgemgen, diesem das Waschu asser , mit welchem die Kathodenseitc? der Platte gespult war, beigegeben , rnit SalLs9ure neutralisirt ~ zur Trockne eingedampft und das Natrium als SctCl bestimmt. Um die Reinheit des letztcren zu priifen, wurcien 0,1774 g der Substanz in schwefelsaures Sais iibergefiihrt uncl dessen Menge zu 0,2130 g gefunden, welche von der unter Voraus- setzung reinen Chlornatriums berechneten (0,2153 g) nur um 0,0023g oder 1 Proc. abweicht.

6 6. Die folgende Tabelle enthalt die Resultate einiger derartiger Versuche.

Page 5: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

Leituiy von BeryRrystalZ. 459 - ______ . ~~~

, Proc. -~

~ __ ~

Vers. 1 in ~Stund in mm Platte 8-

~~ ___ I 1 I g i B l g i g l I g I

1 I 1 64 I 2,00 14,7497 0,0023 I 0,0i77 0,0174 ' 0,0166 I+0,0008, +4,6 48 1 1,90 4.9705, 0,0009 ~0,0807~0,0177 10,0172 +0,00061 +2,8

i i 1 1,50 ~ 2 , H I U d 0,0003 ~ 0,08560,0172 10,0183 1-0,00111 -6,4 5 l 1 229 1 1 3 2 14,06421 0,0008 , 0,2375 0,0517 10,0507 +0,00101 + 1,9

Die Gewichtsabnahme des Quarzes ist sehr klein, ohne Beziehung zur abgeschiedenen Silbermenge, und riihrt wohl davon her, dass das Natriumamalgam nicht frei yon XaOH in den Apparat gebracht wurde. I n der That erleidet der Quarz eine sehr bedeutende Gewichtsabnahme, wenn er unter Luftzutritt in der Hitze der Wirkung des Natriumamalgams ausgesetzt wird. Man kann daher behaupten, dass der elec- trolytische Vorgang das Gewicht des Quarzes ungeandert lisst. Weiter ist das in dem kathodischen Quecksilber ge- fundene Natrium aquivalent dem ausgeschiedenen Silber. Die gefundenen Abweichungen 1 om Aequivalentverhaltnis; ent- sprechen in den Versuchen Er. 1 bis 4 zwar nur O,O$ bis 0,0022 g , diese mlzchen aber hier bis zu 8 Proc. des berech- neten Werthes aus. W i r haben daher zu grosserer Sicherlieit noch den l'ersuch Nr. 5 angeschlossen, in welchein zehn Tstge liindurch eine Quarzplatte der Electrolyse unterworfen, und so eine grossere ru'atriummenge erhalten wurde. Die gefun- dene Abweichung \om Aeyuivalentverhaltniss entspricht 0,0010 g , d. i. hier nur 2 Proc. des berechneten Werthes, und es ist dsiiiit die oben ausgesprochene Behauptung be- wiesen.

3 7. Dass Nrttrium auf electroljtiscliem Wege den Quarz in der Richtung der Hauptaxe durchdringt, erscheint auf den ersten Blick sehr auffallig, und man konnte geneigt sein, eine Beforderung des Xatriums durch Spriinge irn Quarz anzunehnien. I n der That bilden sich zuweilen sichtbare Spriinge theils durch unvorsichtiges Erwarmen, theils durch electrische DurclischlaguLg bei Anwendung zu boher Poten- tialditfereilzen. Durc?i d!r Sprunge hindurch b r t n i i entweder,

1,55 3,6445 0,0312 0,1103 0,0257 0,0235 t0 ,0022 7 9,5

Page 6: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

460 E. Warburg u. F. Tegetmeier.

indem Quecksilber in dieselben eindringt, metallische Leitung stattfinden; dies erkennt man sofort daran, dass das Elec- troskop keinen Potentialunterschied zu beiden Seiteii des Quarzes anzeigt. Oder es kann durch das Gas in den Spriin- gen leuchtende Entladung hindurchgehen, was man sieht und an dem Gerausch im eingeschalteten Telephon hort. Keines von beiden fand bei den oben verzeichneten Versuchen statt. Obgleich nun durch den Nachweis des Aequivalentverh8lt- nisses zwischen den gleichzeitig ausgeschiedenen Natrium- und Silbermengen eine andere, als die electrolytische Leitung ansgeschlossen ZLI sein scheint, so hielten wir es doch nicht fur iiberflussig, iiber die Wirkung eines Sprunges ein beson- deres Experiment zu machen. Dazu wurde eine Platte benutzt, welche behufs Anstellung eines Aequivalentversuchs an einem Abend in den Stromkreis eingeschaltet worden war. A m anderen Morgen ergab sich, dass der Quarz gesprungen war, und metallische Leitung durch ihn hindurch stattfand; es waren 4 ccm Wasserstoff entwickelt. Der Strom blieb nun weitere 24 Stunden geschlossen, nach Ablauf deren 12 ccm Wasserstoff im 'Voltameter vorhanden waren. DAS Silber- voltameter ergab 0,1063 g Ag, denen 0,0227 g Na aquivalent sind. Es fdnden sich aber nur 0,0047 g Na in dem katho- dischen Quecksilber, also nur ungefahr 1/5 des Aequivalent- werthes.

E in weiterer Controlversuch wurde in folgender Weise gemacht. Die Plat te , mit welcher der Versuch Nr. 2 ange- stellt worden war, wurde aufs neue in den Apparat einge- setzt und zunachst der Strom in der Richtung vom Natrium- amalgam zum Quecksilber durcli die Platte geleitet. Die Stromstarke betrug in willltiirlichen Einheitcn 193 (Temp. 235O). Nun wurde drr Strom umgekehrt, sollass er vom Quecksilber zum Natriumamalgam floss. Nach 4' hatte die Stromstarke von 195 auf 16 abgenommen. Wiirde die Lei- tung durch Spriinge vermittelt, so ware dieses Resultat un- verstandlich, wahrend es sich bei electrolytischer Leitung sofort ergibt (s. 14).

Dass der Quarz in der Richtung seiner krystallo- graphischen Hauptaxe sich wie ein Electrolyt verhiilt, geht

8.

Page 7: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

Leituny aon Berykrystull. 461

endlich daraus hervor, dass die Combination Hg ~ Quarz senk- recht zur Axe Ra-Amalgam, ehe jemals ein electrischer Strom hindurchgeschickt ist, ein galvanisches Element reprasentirt, dessen electromotorische Kraft wir in neun Fallen fur ver- schiedene Quarzplatten am Electrometer gemessen und zu 1,3 bis 2 Volt gefunden haben (Temp. 225O). Schliesst man dieses Element in sich, so erhalt man einen dauernden elec- trischen Strom, welcher vom Natriumamalgam durch den Quarz zum Quecksilber fliesst.

6 9. IVir haben noch versucht, den electrischen Lei- tungswiderstand des Quarzes in der Richtung der l i auptase z u bestimmen. Dam murden beide Stahlgefasse mit dern- selben n’atriumamalgam gefullt, hinter den Quarz ein Wider- standssatx von 10000 S.-E. geschaltet und die Potentialdiffe- renzen an den Enden des Quarzes und des Widerstandssatzes durch Condensator und Oalvanonieter bestimmt. Der Wider- stand einer Glasplatte, in dieser Weise untersucht, ergltb sich unabhiingig yon der PotentialdiEerenL ilirer Endflachen, wenn diese Differenz zwischen 46 und 400 Volts variirte. Beim Bergkrystall hingegen fand sich der Widerstand bei liiiheren Potentialdifferenzen stets, wenn auch in wechselndem Verhdltniss lrleiner, als bei niederen; dabei wuchs oder sank der Widerstand mit der Zeit, je nachdem man von grijsseren xu kleineren oder von kleineren zu grosseren Potentialdifie- renzen iiberging , und naherte sicii jedesmal einem gewissen von der Potentialdifferenz abhangigen Werth. Dies fand auch statt, wenn die der Platte anhaftenden Luftblasen nach MGglichkeit dadnrch entfernt mwden, dass man den heissen Apparat unter die Gloclie der Luftpumpe brachte. Es scheint, dass einer antleren Stromstarke ein anderer Znstand des Materials entspricht , melcher jedesmal erreicht wird, wenn die betreffende Stromstarke eine gewisse Zei t gewirkt hat. Ein bestimmter Leitungswiderstand kann daher vorliiufig dem Quarz niclit beigelcgt werden. Dasselbe Verhalten zeigt nach fruheren Versuchen auch eine auf Olas electrolytisch gebildete, natriumarme Schicht. I) Eine genauere Untersuchung

1) W a r b u r g , Wied. Ann. 21. p. 646. 1684.

Page 8: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

462 E. Wurbury u. F. Teqehneier.

dieser eigenthiimlichen Erschejnung einer spateren Gelegen- heit vorbehaltend, setzen wir einige der erhaltenen Resultate zur vorlaufigen Orientirung hierher.

Q 10. Wi r fanden den specifischen Leitungswideratand bezuglich des Quecksilbers von Oo fur verschiedene Schweizer und Brasilianische , im naturlichen Zustande wasserhelle Quarze in der Richtung der Hauptaxe zwischen 2 und 7 x 1011 bei 22-1-O und Potentialdifferenzen von 2 lois 300 Volts per Nillimeter. Ob ein Krystall pyroelectrisch nach K u n d t untersucht sich honiogen erweist oder nicht, hat auf den Leitungswiderstand, wie es scheint, keinen Einfluss. Wurde ein starker Strom sehr lange durch den Quarz geleitet, so nahm der Widerstand in der Regel etwas ah.

Zur Vergleichung sei bemerkt, dass der specifische Wider- stand der oben erwahnten Glasplatte sich zu 1,7 x lo1' bei 224O ergab, und dass Bee tz l ) diese QrGsse fur Spiegelgla? mit 9,5 Proc. Natrongehalt bei 223O zu 3,6 x loll, fur bou- teillengrunes Glas mit 8,7 Proc. Natron bei 222,5G zu 1,04 x 1011 fand. Der Widerstand des Quarzes in der Richtung seiner Axe ist also von diwen Werthen nicht sehr ver- schieden.2)

Ein sehr dnnlrler Raucliquarx, unter Bhnlichen Bedin- gungen wie die anderen Quarze untersucht , zeigte einen ungleich hoheren Widerstand, als jene, namlich 1200 x 10". Eine Platte aus diesetn Rauchquarz wurde 24 Stunden lang einer Temperatnr von 300O ausgesetzt und dadurch vollstandig entfarht. Aufs neue untersncht , zeigte die Platte zuerst denselben hohen Widerstand wie zuvor, allein derselbe nahm ziemlich schnell unter der Wirkung des Stromes ah und war in 38 Stunden auf 80 x 1011 gesunken.

$ 11. Als Resultat dieser Untersuchung konnen wir Eiiernach hinstellen:

1) Beetz , Pogg. Ann. Jubthltod. p. 28. 1674.

2) A c h a t , frisch untersncht, zeigte bei 224O einen specifischen Wi- derstand 0,01 x lo", darch Erhitzcn entwasserter Achat isog. Chalcedon) 5 x 10".

Page 9: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

Leituiuj uon Berykrystall. 463

1. rltrss der Berykrystull in der Richtzing seiner I l a q faxe bei hlherer Teinperutur electrolytisch leitet, ungefahr so girt ti-ie geirohiiliche Glaser; und dass bei der Electro7yse einer senkrec At zur A.re yeschnittenen Platte, wenn Notri i ivmnolgam die Anode h i l d d , Natriiriu nnch Muassgube d ~ s Fa rnday’schen Gesetws c h r c h die €%if i?e hinhirchimnder f , wiihrend ihr GmicJit ungean - dert bleibf;

2. duss tlw Bergkrystall gegeiiuber electromoforischen Kraf ten, zrelcfie in Richtwigen srnkrecht a i r Ilauptaxe zoirken, sich auch bti hbherer Temperatiir als nusgezeichneter Isoldor verhalt.

0 12. Das erste Resultat erfordert mit Nothwendigkeit die Annahme, dass der Bergkrystall Natrium oder ein durch Xatriom ersetzbares Metall enthiilt. Wir wollen der Einfitchheit halber die Vorstellung festhalten, dass jenes Metal1 Natriurn ist. eine 1-orstellung, die, wenn Satriumamalgam die Anode bildet, j edenfalls nach kurzer Dauer eines massigen Stromes zutriil-’t. Wahrscheinlich ist Natrium als Na,SiO, und dieses i i n Borgkrystall iihnlich rerbreitet wie ein Salz in seinem Lijsungsmittel. Es wird dann die electrolytische Leitung im Bergkrystall i n der Richtung seiner Hauptaxe ebenso vor sich gehen, wie die electrolytische Leitung im festen Glnse, Lei welcher SiO, stehen zu hleiben und Na, in der Richtung des positiven Stromes zu wandern scheint. I) Dabei scheint es nach \s 4 unmiiglich zu sein, dem Xatrium im Bergkrystall Kalium zu snhstituiren.

$ 13. Uni ein Urtheil iiber den mijglichen Na,SiO,-Gehalt Jes Bergkrystslles zu gewinnen, hatte Hr. Prof. B s u m a n n die Giite, 2,794 g Substanz von dem Krystnll, der die Platten zu den Versuchen Nr. 1 bis 4 des 6 6 geliefert hatte, in chemisch reiner, mit e t m s Schwefelsaure versetzter Fluss- saure zu losen. Es ergaben sich 0,004 g Riickstand, wovon O,(JO14 g in Wasser losliclies , schwefelsaures Salz waren. Hierriach enthiilt der benu:Ae Bergkrystall hijchstens 1/2300

seines Gewichtes Na,SiO,, wurde also einer sehr verdunnten L6sung entsprechen. Dass dabei der Krystnll nicht schlechtcr

1) Warburg , Wied. Ann. 21. p. 644. 1884.

Page 10: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

464 E. Warbury u. F. Tegetmeier.

leitet, als Glaser, welche 9 Proc. Natron enthalten (Q lo), scheint sel-ir auffallig und der naheren Untersuchung merth.

Die Auffassung des Quarzes als einer sehr ver- diinnten L6sung von Na,SiO, erklart nicht nur das Hindurch- wandern des Natriums durch den Krystall, sondern ausserdem die Thatsachen, welche wir in unserer ersten Mittheilung beschrieben haben. Denn bildet bei einer senkrecht zur Axe geschnittenen Platte reines Quecksilber, Gold oder Graphit die Anode: so wird Natrium in der Richtung des positiven Strornes nus dem Quarz ausgetrieben, ohne dass es durch neues ersetzt wird. Es exitstelit so an der Anodenseite eine natriumarme Schicht, je langer der Strom wirkt, desto dicker wird diese Schicht und desto schlechter die Leitung durch sie. W egen des geringen Xatriumgehaltes des nicht schlechter als Glas leitenden Bergkrystalles bildet sich dabei jene Schicht viel schneller, als beim Glase, und erreicht in massiger Zeit eine viel bedeutendere Dicke, was mit den Versuclien iiber- einstirnmt. Weiter wird jene Schicht wie clas Dielectricum eines Condensators wirken, dessen eine Belegung durch die unveranderte Quarzmasse an der Kathode , dessen andere Belegung durch die rnetallische Anode gegeben ist. So erklart sich die besondere Polarisation, welche wir beobachtet haben; je dicker die schlecht leitende Schicht wird, desto mehr sinlrt die Capacitit jenes Condensators, ganz wie es aus den a. a. 0. beschriebenen und anderen Versuchen hervorgeht.

Einige Schwierigkeit scheint dem Verstandniss die That- saclie zu bieten, dass bei Umkehr des Stromes im permanent vednderten Quarz die permanente Veranderung ganz oder zum Theil riickgiingig wird. Auch menn bei Umkehr des Stromes Natriumamalgam die Anode bildet, ist nicht ersicht- lich, wie durch Electrolyse der Natriumgehalt des Quarzes gesteigert werden kann; es miisste denn das Natrium ein anderes, schlechter leitendes Metal1 ersetzen.

$ 15. Die electrolytische Leitung des Bergkrystalles in der Richtung seiner krystallographischen Hauptaxe ge- winnt ein bedeutend erhohtes Interesse, wenn man das Ver- halten in Richtungen senkrecklt zur Hauptaxe hinzunimmt.

$ 14.

Page 11: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

Leitung von Bergkrystall. 465

Man kennt jetzt in dem erhitzten Bergkrystall einen Korper, welcher in einer Richtung ein verhaltnissmassig guter elec- trolytischer Leiter, in Richtungen senkrecht zu jener ein ausgezeichneter Isolator ist.

Weiter hat C laus ius l ) a m der Thatsache, dass die kleinste electromotorische Kraft einen ihr proportionalen Strom in einem Electrolyten hervorbringt, geschlossen, dass irn Electrolyten, auch wenn keine electromotorische Kraft mirkt, eine Wanderung der Ionen oder ein Austausch der positiven und negativen Bestnndtheile von Molecul zu Mole- ciil stattfindet, und dass die electromotorische Kraft nur dieser Wanderung eine bestimmte Richtung ertheilt. Nach 6 8 scheint es unbedenklich, diese Betrachtung auf den Bergkrystall anzuwenden. Man kommt so zu dem fur die Theorie der Krystallstructur beachtenswerthen Schluss, dass in dein von keinem Strom durchiossenen Bergkrystall ein Aus- tausch der elech.olytischen Bestandtheile von Molecul zu Molecul wur in der Richtung der kr?/stallo~ru~?iischen Huuptaae statt- findet, nicht - oder nur in verscfiu~indendem Maasse - iii Rich- tungen senkrecht zu ihr.

6 16. Als bekannte Thatsache wird angegeben2), dass beini Quarz eine zur Axe senkrechte Flache starker durch Flusssaure angegriffen wird, als eine zur Axe parallele. Urn uns durch eigene Versnche uber dieses Verhalten zu beleh- ren, liessen mir parallelepipedische, nahe wurfelformige Stiicke aus Bergkrystall so schneiden , dass zwei gegeniiberliegende Flachen senkrecht zur Hauptaxe waren. Die polirten Stiicke wurden in Flusssaure so eingelegt, dass zwei zur Hauptaxe senkrechte Plachen und zwei ihr parallele vertical standen, und wir massen nun von Zeit zu Zeit die Dicke in der Rich- tung der Axe und in der horizontalen Richtung senkrecht zur Axe. Die folgende Tabelle enthalt die Resultate der Versuche fur zwei aus verschiedenen Krystallen stammende Stiicke.

1) R. Clausius , Pogg. Ann. 101. p. 338. 1857. Y. auch C1. Max- w e l l , Treatise on electr. and m a p . 1. p. 309. 1873.

2) Fiirst S a l m Hors tmar , Pogg. Ann. 120. p. 334. 1863. Ann. d. Phys. u. Chem. N. F. SXXV. 30

Page 12: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

466

~~ ~

Verflossene Zeit in Stund

0 2

16 42 66 90

~~ ~ ~-~

E. War6urg u. F. Tegetmeier.

I. Dicke Abnahme z. Hauptase 1

~-~ - m ni

12,49 - 12,45 0,04 12,25 0,24 11.91 0,5b 11,65 034 11,40 1,09

11.

~~ - ~

Dicke L. z. Hauptavc

m m 12,53 12,53 12,53 12,53 12,52 12,52

-

0 8,42 1 - 5,49 1 - 24 i~ 8,24 1 0, tS ~ s,49 0 90 , 7,45 , 0,95 5,42 1 0,@$

Der kleine Dickenverlust fur die zur Axe senkrechten Richtungen scheint daher zu ruhren, dass die Flusssaure in der Richtung der Axe eingefressen und abgeblattert hatte; die Politur war namlich auf den der Axe parallelen Flachen nach 90 stundigem Verweilen in der Flusssaure noch stellen- weise erhalten; es ist daher miiglicherweise der Angriff der Flusssaure, welcher senkrecht zur Hauptaxe stattfindet, ver- schwindend klein gegen den parallel zu ihr erfolgenden.

Diese Thatsachen scheinen mit den uber die electro- lytische Leitung gefundenen zusammenzuhangen. Man kann sich einen solchen Zusamnienhang denken, wenn man an- nimmt, dass ein Reagens auf einen Kiirper in einer Rich- tung chemisch nicht einwirken kann, wenn nicht schon vor Wirkung des Reagens ein Austausch der chemisch wirkungs- fahigen Bestandtheile der Kiirpermoleciile in jmer Richtung stattfand.

Dam, wie angegeben wird I), Platten senkrecht zur Haupt- axe sich leichter, als ihr parallele aus dem Bergkrystall schneiden lassen, scheint jedenfalls eine Erwahnung in diesem Zusammenhange zu verdienen.

6 17. Wenn der Bergkrystall in der Richtung der Hauptaxe leitet, nicht aber in Richtungen senkrecht zu ihr, und wenn weiter die Leitung nicht durch die SiO,, sondern die im Krystall enthaltenen Na,SiO, - Molecule vermittelt wird, SO folgt hiernus, class cEas ini IirystaIl entiinltene Na,SiO,

1) F u r s t S a l m H o r s t m a r , 1. c.

Page 13: Ueber die electrolytische Leitung des Bergkrystalls

Leituny eon Bergkrystall. 467

a n dcr Krystn1lstrucik~- theilnimmt. Die ilIoglichkeit dieses Verhaltens, fur das uns eine Analogie nicht bekannt ist')? hitben wir in unserer ersten Mittheilung iibersehen; dass der Quarz nur in der Richtung seiner Hauptsxe Leitung zeigt, schien uns zu beweisen, dass eine fremde Beimengung die Leitung niclit verursache. F i r sind dadurch in eine fehler- hafte Deutung der Thatsachen verfallen, und die von uns ange- fuhrten Analogien (5 16 der ersten Mittheilung) treffen nicht zu.

Eine Verallgemeinerung der in diesem Aufsatz enthal- tenen Schlusse wird erst miiglich sein, wenn noch andere Korper , die sich ahnlich wie der Berglrrptall verhalten, aufgefunden sind.

F r e i b u r g i. Br., im April 1888.

Rlischt man Gyps oder Gelatine mit Salzlosungen und lasst das Gemenge erstarren, so erhalt man electrolytische Leiter der Electricitat, welche in den von W. v. B e e tz2) und anderen construirten Trockenelementen praktisch verwerthet sind I und in welchen der electrolytische Process jedenfalls ganz ahnlich wie bei einer wasserigen Losung desselben Salzes verlauft.

Auf den ersten Blick konnte es scheinen, als ob man es hier mit festen Electrolyten zu thun hatte.

Es bietet sich indessen von Tornherein auch eine andere Auffassung der Sache als moglich dar : die angewmdte Salz- losung konnte in tropfbarflussigem Zustande oder als solche in diesen Praparaten enthalten sein.

Fiir die Richtigkeit der letzteren Auffassung sprechen 1) Anmerk. b. d. Corr. Gleichwohl kann, mie iins kdrzlich mitge-

theilt wurde, eine Analogie in clcr von de S 6 n a r i n o n t entdeckten That- sache gefunden werden, dass gem-isse Krystalle durch Beimengung gewisser Farbstoffe dichroitisch merden.

2) W. v. B e e t z , 'Ivied. Ann. 28. p. 402. 1SS.l. Paul G u h r i n , Cosmos N. S. 1. p. 4iO. 1885.

30 *