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780 4. nber d4e Elektr4%it&tsle4twng 4m Elamrntm; vom P. Lemard Die Kenntnis uber diesen Gegenstand kann unbefriedigend erscheinen, seit eine schon fiir gut begriindet gehaltene An- nahme, nach erneuter, umfassender Untersuchung I) durch eine andere ersctzt werden muBte. Indessen ergibt eingehende Be- trachtung aller vorhandenen Erfahrung, daB nicht so sehr viel am bereits Erkaunten zu iindern ista) und daf3 man jetzt in der Lage ist, eine umfassendere widerspruchsfreie Darstellung der in Betracht kommenden Vorgiinge zu geben, auch einen neuen SchluB aus alten Beobachtungen zu ziehen, was hier kurz dargestellt werden 8011. 1. Fruherea Vor 25 Jahren habe ich gezeigt3): 1. daB Metallatome in der Bunsenflamme positiv geladen sind', jedoch nicht dauernd, sondern unter fortwahrendem Wechsel von Neutralisation und Wiederladung, wobei der ungeladene Zustand der viel haufigere ist; 2. da6 die beweglichen negativen Ladungen in der Flamme in Gestalt freier Elektronen vorhanden sind (wiihrend man bis dahin HO-Kationen annahm). 9 Diese Ergebnisse waren erhalten einerseits durch Benut- zung brauchbarer Wanderungsgeschwindigkeits-Gleichungen, die 1) E. Zachmann, Diss. Heidelberg April 1923, auch Ann. d. Phys. 74. s. 461. 1924. 2) Wesentlich zu viel iet geiindert worden in E. Marx, Beitrag ,,Flammenleitung" im Handbuch der Radiologie 4. 1927. 3) P. Lenard, fiber die Elektrizitateleitung in Flammen, Ann. d. Phys. 9. S. 642. 1902. 4) Hietorisches hierzu: P. Lenar d, ober Elektrizitiitsleitung und Lichtemieeion metallhaltiger Flammen, Heidelberger Akad. (Verl. Winter) S. 4. Note 6. 1911.

Über die Elektrizitätsleitung in Flammen

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4. nber d4e Elektr4%it&tsle4twng 4m Elamrntm; vom P. L e m a r d

Die Kenntnis uber diesen Gegenstand kann unbefriedigend erscheinen, seit eine schon fiir gut begriindet gehaltene An- nahme, nach erneuter, umfassender Untersuchung I) durch eine andere ersctzt werden muBte. Indessen ergibt eingehende Be- trachtung aller vorhandenen Erfahrung, daB nicht so sehr viel am bereits Erkaunten zu iindern ista) und daf3 man jetzt in der Lage ist, eine umfassendere widerspruchsfreie Darstellung der in Betracht kommenden Vorgiinge zu geben, auch einen neuen SchluB aus alten Beobachtungen zu ziehen, was hier kurz dargestellt werden 8011.

1. Fruherea

Vor 25 Jahren habe ich gezeigt3): 1. daB Metallatome in der Bunsenflamme positiv geladen sind', jedoch nicht dauernd, sondern unter fortwahrendem Wechsel von Neutralisation und Wiederladung, wobei der ungeladene Zustand der viel haufigere ist; 2. da6 die beweglichen negativen Ladungen in der Flamme in Gestalt freier Elektronen vorhanden sind (wiihrend man bis dahin HO-Kationen annahm). 9

Diese Ergebnisse waren erhalten einerseits durch Benut- zung brauchbarer Wanderungsgeschwindigkeits-Gleichungen, die

1) E. Zachmann, Diss. Heidelberg April 1923, auch Ann. d. Phys. 74. s. 461. 1924.

2) Wesentlich zu viel iet geiindert worden in E. Marx, Beitrag ,,Flammenleitung" im Handbuch der Radiologie 4. 1927.

3) P. Lenard, fiber die Elektrizitateleitung in Flammen, Ann. d. Phys. 9. S. 642. 1902.

4) Hietorisches hierzu: P. Lenar d , ober Elektrizitiitsleitung und Lichtemieeion metallhaltiger Flammen, Heidelberger Akad. (Verl. Winter) S. 4. Note 6. 1911.

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Uber die Eleklrizitatsleilung in Rammen 731

ich zuvor abgeleitet hatte’) und andererseits durch neue Be- obachtugen an den farbigen Streifen, welche von Sulzperlen in der Flamme aufiteigen und welche den Weg der Hauptmenge des Metalldampfes kenntlich machen. Diese Streifen stellen sich in horizontal gerichtetem elektrischen Felde schief und gestatten dadurch eine Messung der ~uxde~ungngeschlcid~gkeii der Metallatome. Fur die Wanderungsgeschwindigkeit der negatiuen Teile wurden die damals schon vorhandenen Angaben von H. A. W i l s o n und (3. M o r e a u benutzt, von welchen zwar Fjpiiter ersichtlich wurde, da6 sie bloB untere Grenzmerte dar- stellen 3, was aber fur den gezogenen SchluB auf Elektronen nichts ausmacht.

Bemerkt sei, da6 fur die Wanderungsgeschwindigkeit der positiven Triiger in Metallflammen schon friihere und auch neuere Messnngen von H. A. Wilson vorliegenY), die vie1 grijSere Werte anzeigen als die FIammenstreifen. Es w i d aber nach der von H. A. Wilson benutzten Methode gar nicht ersichtlich , welcher Art diese schnelleren positiven Trager sind, namentlich auch nicht, ob sie Metallatome sind; wohl aber ist die Methode geeignet, uberhaupt die schnellsten vor- handenen TrSiger gesondert zu messen. Es konnte splter ge-

l) P. L e n a r d , Ann. d. Phys. 3. S. 313. 1900. Die Gleichungen hahe ich spliter fortschreitend verfeinert (vgl. Ann. d. Phys. 40. S. 393. 1913; 41. S. 53. 1913; 60. S. 329. 1919; 61. 6.665. 1920), was aber fiir die oben gedachten Schlusse ohne Belang ist, und daLei mit Erfolg auch auf die Ionen fliissiger , geniigend verdunnter Elektrolyte angewandt. Es ist jetrt in den Gleichungen alles fur ihre Anwendung wesentlichc vorhanden. Auch der AnschluS an die hydrodynamischen Gleichungen fiir gro3ere Partikel ist gewonnen und eingehend behandelt worden (was merkwiirdigerweise spiiter Hr. M i l l i k a n fur sich in Anspruch nehmen wollte; vgl. dazu W. B u s s e , Ann. d. Phys. 76. S. 504 u. f. 1925). Wesentlich neu hinzugekommen und iiber die Gleichungen hinausgehend ist seither nur die Erkenntnis dea Eintlusaes henachbarter Ionenladungen (P. D e b y e , vgl. besonders Phys. Ztschr. 24. S. 185 und 305. 1923), was aber nur in den konrentrierteren Elektrolyten weaentlich wird und wofur der Nachweis des Zutreffens durch eine Expsrimental- uutersuchung von A. B iihl erhracht worden ist (Ann. d. Phys. 84. S. 231, 237 u. f. 1927).

2) E. W i l c k e n s , Diss. Heidelberg S. 37 u. f. 1914. - P. L e n a r d , Uber Elektronen und Metallatome in Flsmmen , Heidelberger Akad. (Verlag Winter) S. 1-6, 16-19. 1914.

3) H. A. Wilson, Phil, Trans. 192. S, 516. 1899; 216. S. 63. 1916. 48 *

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732 P. Lenard

zeigt werden l), daB diese schnellsten positiven Trllger in sehr geringer Zahl vorhandene, andauernd positiv geladene Metall- atoms sind. Wir werden im vorliegenden nur die grope Haupt- menge der Metallatome weiter ver folgen , welche durch ibr (intermittierendes) Leuchten im Flammenstreifen sichtbar sind und welche auch die Hauptmenge der fur die Elektrizitats- leitung in der Flamme ma6gebenden freien Elektronen liefern.

2. Weitere Untersucrhungen Die Methode der Flammenstreifen schien so aussichts-

reich , daS ihr noch mehrere Experimentaluntersuchungen ge- widmet wurdena) (deren Ergebnisse im vorliegenden w. u. verwertet werden). Dabei hat es sich aber gezeigt, da6 die Methode zu eingehenderen quantitativen Schlussen schwer aus- nutzbar ist, weil der Flammenstreifen das elektrische Feld in der Flamme sehr ungleichmaflig macht, und zwar am meisten gerade an der Stelle, wo die Messung am besten stattfindet [Kathodenrand des Streifens]. s,

Die dann unternommene sehr eingehende Untersuchung von E. Zachmann , welche ausschlieBlich die ganz andere Methode der Aeitfahigkeitsmessungen benutzte, hat danach ge- zeigt, daB der aus Flammenstreifen-Beobachtungen gezogene (iibrigens auf zwei verschiedenen einfachen, einwandfreien Qe- dankengangen beruhende) SchluS, da6 die Elektronenbefreiung aus den Metallatomen in der Flamme ganz oder vorwiegend bei den ZusammenstoBen der Metallatome mit Metallatomen stattfinde 3, nicht zutrifft, sondern daS die Elektronenbefreiung in der Hauptsache bei den Zusammenstiipen der Metallatome rnit den Flammenmolekiilen stattfindend anzunehmen ist.9

1) E. N. Andrade, Dies. Heidelberg 1911; Phil. Mag. 23. S. 865; 24. S. 15 und 809. 1912.

2) @. Ebert, Dies. Heidelberg, Juni 1911; E. N. Andrads, Dies. Heidelberg, November 1911; Phil. Mag a. a. 0.; E. Wilckene , a. a. 0. (Dise. Heidelberg 1914).

8) Vgt. E. Wilckens , 8. a. 0. S. 15-17. 4) P. Lenard, a. a. 0. Heidelberper Akad. 5. 5-6. 1911. 5) E. Zachm ann, a. a. 0. Die gegenseitige Einwirkung von Atomen,

wodurch leicht abtrennbare Elektronen am einem oder beiden bei den ZusammenstiiBen befreit werden, babe ich, in Zueammenhang mit der Befreiung der Leitungaelektronen in den feeten Metellen betrachtet, ,,Niihswirhng" genannt (P. Lenard, Ann. d. Phye. 17. S. 243-246. 1906).

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#ber die Elektrizitatsleilung in Fi'ammen 7 33

Wir legen dieses Ergebnis dem Vorliegenden zugmnde. Die Flammenstreifen-Beobachtungen bei variiertem Metall- gehalt, welche demselben allerdings weit mehr zu widersprechen scheinen, ale ihrer erwahnten eingeschrankten Genauigkeit zu- geschrieben werden kann, sind dann neu zu deuten, wie w. u. gezeigt wird (s. 9).

3. Uegenwartiger Stand der Eenntnia Es seien in den folgenden Abschnitten 3-8 die fur die

elektrischen Vorgiinge in den Flammen maBgebenden GroBen zusammengestellt, ihre Zusammenhiinge, soweit bis jetzt er- kannt, auf Grund des Vorbemerkten entwickelt und ihre Zahlenwerte mit derjenigen Annaherung angegeben, die der gegenwtrtigen Kenntnis entspricht. Auf bereits friiher ge- niigend Vergffentlichtes wird dabei kurz hingewiesen. l)

Es bezeichne: n die Zahl der Metallatome (oder sonstigen elektronen-

liefernden Atome) im Kubikzentimeter, Q die Zahl der wanderungsfahigen (freien oder echt ab-

sorbierten) Elektronen im Kubikzentimeter (vgl. 6), N die Zahl der Flammenmolekiile im Kubikzentimeter (7), 9 den Bruchteil der Metallatome, die frei (nicht chemisch

gebunden) sind, die Ladungszahl, welche den Bruchteil der gleichzeitig positiv geladenen Metallatome angibt (4,

Q die Emissivitlltskonstante der Metallatome, welche an- gibt, wieviel Elektronen durchschnittlich bei einem ZusammenstoB des Metallatoms frei werden (7),

a den Wiedervereinigungskoeffizienten fur positive Metall- atome und wanderungsfhhige Elektronen (cms/sec) (7),

r den ftir a mitbestimmenden Faktor, welcher die Zahl der Wiedervereinigungen (Neutrtllisationen) fiir je ein Zusammentreffen eines positiven Metallatoms mit einem Elektron angibt,

c die EinheitsstoSzahl der Metallatome, d. i. die sekund- liche Zahl der ZusammenstaBe eines einzelnen Metall-

1) Eine auefuhrliche Daretellung der Glesamtkenntnis erfolgt in W. W iene Handbuch der Experimentalphysik, Beitrag ,,Flammenleitung" von A. Becker.

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734 P. Lenard

atoms, dividiert durch die Zahl aller Molekiile im Kubikzentimeter (cms/sec) (7))

7 0 die Wanderungsgeschwindigkeit der Elektronen

w' die mittlere Wanderungsgeschwindigkeit der inter- mittierend geladenen Metallatome in der Flamme

cmjaec ( Vo+m ) (8) ' 7u0' die Wanderungsgeschwindigkeit dauernd positiv ge-

cm/sec ladener Metallatome in der Flamme ( ) (8), e das elektrische Elementarquant.

Es sind hiernach im Kubikzentimeter gleichzeitig positiv geladen (mit j e 1 Elementarquant) n /3 Metallatome, und ebenso- viele Elektronen sind wanderungsfahig, soweit das betrachtete Flammenvolum elektrisch neutral ist, so da6 (1) Q = n / ? .

Die Zahl der Elektronenbefreiungen aus den Metallatomen (oder sonstigen wirksamen Atomen) je Kubikzentimeter und Sekunde ist nach Hrn. Z achmanns erwahntem Ergebnis (2) Z e = c n ( l - /3)pqM.

Die Zahl der Neutralisationen der Metallatome (Wiedervereini- gungen mit wanderungsfahigen Elektronen) j e Kubikzentimeter und Sekunde ist

(3) X,, = an/?& = ccn2pa.

In stationlren Zustande ist fie = Zn, daher c ( l - P ) y q N = cen/P,

oder da p< 1 gefunden wird, geniigend angenahert

woraus e f p q N = cL71p2,

(4)

1st ein elektrisches Feld an die Flamme gelegt, so aan- dern die positiv geladenen Metallatome sowohl als die wande- rungsfahigen Eiektronen, und da die Wanderungsgeschwindig-

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tfner die Elektrizitatsleituny i n Flammen 7 35

keit der letzteren sehr viel griiSer ist als die der ersteren, so ist bei kleinem Feld P') die Stromdichte

J = e w P Q = e w F n p . Die spezifische Leitfihigkeit der Flamme ist dann

J (5) L = = e w n p .

Dies gilt, wie in den Gleichungen vorausgesetzt, im elektrisch neutralen Teil der Flamme und wenn keine iiuBeren elektronen- befreienden Vorgiinge mitwirken, d. i. im besonderen bei kalten Elektrodena) und zwar fern von diesen, im Inneren der Flamme.

Hr. Zachmann hat Messungen ausgefuhrt, welche alles dies berucksichtigten, und welche uberdies zum erstenma1 die Schwierigkeiten einwandfreier Messung der notwendigerweise sehr kleinen elektrischen Felder uberwunden haben. Er findet fur die Leuchtgasflamme (2000O abs.) in runden Zahlen3)

Beim Na-Gehalt I die Leitfihigkeit

n = 6,3. 10'a/cmS L I: 12- 10-"/J2 cm L = 120 - IO-~/R cm 7 ~t = 6,3*101*/~mS

Man kann aus diesen Angaben die Ladungszahl @ nach Qlei- chung (5) berechnen, wenn to, die Wanderungsgeschwindigkeit der Elektronen in der Flamme bekannt ist, woraus dann auch die weiteren QroSen folgen (8. 8-7).

4. Wanderungageechwindigkeit der Elektronen in der Buneenfiamme

Diese Wanderungsgeschwindigkeit ist noch niemals direkt gemessen worden; denn die ursprunglich dafiir geeignet ge- haltenen Methoden versagen wegen der sehr starken Diffusion

1) Vgl. E. Z a c h m a n n , a. a. 0. S. 463ff. 2) Die fur heipe EZektroden in Betracht kommende Gleichung fur

die Stromdichte J findet sich in der angegebenen Arbeit ,,Uber die Elektrizitiiteleitung in Flammen" (P. L e n a r d , S. 14. Gleich. (8). 1911), wo nur nach Z a c h m a n n s Ergebois das letzte Glied unter der Wurzel ( P Q N zu heiBen hat, statt rpP4n, was aber nicht sehr viel ausmacht, da die Hauptvorgiinge bier an den Elektroden sich abspielen und diese auch nach heutiger Kenntnis dort schon zutreffend berucksichtigt waren.

3) E. Z a c h m a n n , a. a. 0. S. 500. Tab. 10; Bezugnahme auf fruhere Beobachter ebendort, besonders auch S. 516.

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der freien Elektronen, was von Hrn. E. Wilckens in iiber- zeugenden Versuchen gezeigt worden ist. 1) Es zeigen sich die nach solchen Methoden erhaltenen Werte auch abhangig von der Elektronenkonzentration nicht nur, sondern auch vom Atomgewicht des Metalls, aus welchem die Elektronen stammen, was allein schon anzeigt, da5 es nicht zullssig sein kann, sie als Wanderungsgeschwindigkeiten der Elektronen zu deuten.2) Wir berechnen daher die Wanderungsgeschwindigkeit fiir das Vorliegende aus der Annahme, daB die Elektronen in ihrem wanderungsfahigen Zustande, d. i. vom Freiwerden bis zur niichsten Wiedervereinigung mit einem positiven TriLger, uber- wiegend frei unter steten Reflexionen, wie Gasmolekiile ihrer kleinen Masse, in der Flamme sich bewegen.S) Es ist dann nach der fur diesen Fall gultigen Wanderungsgeschwindigkeits- Gleichung4) mit den fur die Molekiile der Bunsenflamme er- mittelten Daten6) in runder Zahl

- 9 cmlsec tu = 50000

Die wirkliche Wanderungsgeschwindigkeit kannte gro5er sein, falls die Flammenmolekiile merkliche Durchlilssigkeit fiir

11 E. W i l c k e n s , a. a. 0. S. 37-56. 2) Ich habe sie aur besseren Unterscheidung ,,vermeintliche Wande-

rungsgeachwindigkeiten" genannt und zutreffend zu deuten gesucht (vgl. P . L e n a r d , a. a. 0. S. 3-6 u. 24-28. 1914).

3) Diese ,,gastheoretische" ungeordnete Geechwindigkeit der Elek- tronen in der Bunsenflamme lieB sich nachwcisen (vgl. P. L e n a r d , Ann. d. P h p 41. S. 68ff. 1913). DaB nicht (wie ursprtinglich a. a. 0. angenommen) stetes schnelles Wiederfreiwerden echt absorbierter Elek- tronen vorliegt , sondern Reflexion der E1ektrone.n an den Flammen- rnolekiilen, hat sich sptiter gezeigt (P. L e n a r d , ,,Quantitatives iiber Katbodenstrahlen", Neuherausgabe S. XIV. 1915); vgl. auch den Beitrag ,,Kathodenstrrrhlen" in W. Wiens Handbuch der Experimentalphysik 14. S. 386ff., wo sich zeigt, daS Elektronenreflexion an Gaemolekiilen wie N, bei kleinen Geschwindigkeiten ein hiufiger Fall ist.

4) Vgl. P. L e n a r d , Ann. d. Phys. 60. S. 349. Gleich. (21). 1919. 5 ) Meist nach den Messungen von A. B e c k e r , Ann. d. Phys. 24.

S. 823. 1907; vgl. auch P. L e n a r d , Ann. d. Pbys. 41. S. 68ff. 1913. Die dort zusammengestellten Daten werden auch im oben weiterfolgenden fur die Bunsenflamme benutat.

6) Der fruher angegebene Wert 74000 (P. L e n a r d , a. a. 0. S. 19. 1914) ist mit dem damals fir Elektronen noch ungenau bekannten Ver- teilungsfaktor 52, = 4 berechnet.

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vber die E~ehlrizitatuleitiing in Rammen 737

die langsamen Elektronen der Flamme zeigten. Hieriiber ist Sicheres noch nicht bekannt ; die bisherigen Messungen an Stickstoff (bei Zimmertemperatur) zeigen fiir die ungeordnete Elektronengeschwindigkeit in der Flamme (rund Volt) etwa den gaskinetischen Molekulquerschnitt an l), mit welchem w hier gerechnet wurde. Kleiner mii0te die wirkliche Wande- rungsgeschwindigkeit dann sein, wenn vie1 echt absorbierende Molekiile in der Flamme sind (wie z. B. bei C1-Gehalt); jeden- falls haben aber die Messungen von Hrn. E. W i l o k e n s gezeigt, daB in der Bunsenflamme in runder Zahl

~

Na-Ronzentrstion I Ladungezahl

n = 6,3*10'*/cmS @ = 0,00024 n = 6,3- 1014/cma @ = 0,000024

- 7 cm/eec ' loooo Volt/cm

Elektronenkonzentration

Q = 1,5.1Oe/cma Q = 1,5.1010/cmS

-

stellt jedenfalls cm/sec Die Annahme von rund 50000 Volt,cm

die beste zurzeit vorhandene Kenntnis iiber die Wanderungs- geschwindigkeit der Elektronen in der Bunsenflamme dar, nnd wir benutzen sie im folgenden.

5. Ladungsaahl @

Hiernach sind aus Hrn. Z a c h m anns oben angegebenen Leitfahigkeitswerten nach Gleiohung (5) die folgenden Werte von p fiir die beiden Metallkonzentrationen berechnet :

0,8. 10*,'crnS I metallfreie Flamme I -

1) Vgl. ,,Kathodenetrahlen" in W. Wiens Handbuch der Experi- mentalphysik 14. S. 192; au$erdem E. B r ii c h e, Ann. d. Phys. 83. s. 1106. 1927.

2) Den von Hrn. E. Marx gegen die Schltisse aus Hrn. E. W i l c k e n e Versuchen gemachten Einwiinden vermag ich nicht zuzustimrnen , was Einsichtnahme in die Dissertation (a. a. 0. bes. S. 48-56) auch unmittel- bar rechtfertigen diirfte. Selbatverstindlich darf von weiterer Unter- auchung auch weitere Aufklllrung erwartet wcrden, jedoch nicht von Wiederholungen bereits ale ungeeignet erkannter Verauche (wie die von P. R a p p l e r und E. M a r x im Handb. der Radiologie 4. 1927 be- schriebenen).

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738 P. Lenard

Es ist also @ verkehrt proportional 6, wodurch die Gleichung (4) bestatigt ist. Mit zunehmender Flammentempe- ratur diirfte @ steigen, da das von Hrn. Z a c h m a n n beobachteto starke Steigen der Leitfahigkeit schwerlich tl) allein zuzu- schreiben ist.

6. Elekt ronenkonzent ra t ion

Die Zahlen der wanderungsfahigen Elektronen, Q = n a [Gleichung (l)], ergeben sich unmittelbar &us den gemessenen Leitfahigkeiten nach Qleichung (5). Man findet sie fur die beiden Na-Konzentrationen und fur die metallfreie Flamme I), wie in der vorstehenden Tabelle angegeben.

7. Emissivitiitskonstante q

Die Anwendung von Qleichung (4) auf die gewonnenen Werte von ergibt fur Na in der Bunsenflamme

Hierin ist die Einheitsstopzahl c = 8 cms/sec zu aetzen, wenn man die Radiensumme von Plammenmolekiil und Metallatom zu 4 cm annimmt, was der durch die Diffusionsmessungen von A. B e cke r angezeigten durchschnittlichen Anlagerung einiger weniger fremder Atome an die Metallatome entsprichLa) Der Fiederverein[qungskoeffizient ist nach Langevins) a! = 4% e w r, indem die Wanderungsgeschwindigkeit der positiven Metall-

1) Leitfahigkeitsmessung ebenfalls bei E. Z a c h m a n n, a. a. 0. Tab. 10. S. 500.

2) Vgl. iiber die Diffusionsmessungen A. B e c k e r , Heidelberger Akad. (Verlag Winter) Mirz 1911, iiber deren Auswertung P. L e n a r d , a. a. 0. 8. 41 u. f. 1914. Die Diffusionsmessungen von H. A. W i l s o n (Phil. Mag. 24. S. 118. 1912) erseheinen nieht einwandfrei (vgl. A. Becker , Phil. Mag. 24. S. 707. 1912). Zu bemcrken ist, daB wir grofie Bnlage- rungen (,,Kerne") an die Metallatome in der Bunsenflamme, sls auch nur zeitweilig vorhanden, nieht mehr in Rechnung setxen, da die neueren Ergebnisse alle fur deren Vorhandensein friiher (P. L e n a r d , a. a. 0. S. 89 u. f. 1914) aufgeeiihlten Anhaltspunkte verschwindon lieBen.

3) P. L a n g e v i n , Thbse, Paris 1902; Compt-rend. 137. S. 177. 1903. Die an Stelle von a friiher(a.a.O.1914) benutzte GrOBe c, t: beriickeiehtigte such mit groBen Werten von r nieht eutreffend die elektrischen Krtifte zwisehen den positiven Metallatomen und den Elektronen und ist deshalb zu verlassen.

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Ober die Elektrizitatsleit~ng in Flammen 7 39

atome sehr klein ist gegeniiber der der Elektronen, Mit dem oben angenommenen Werte von ?D ist a = 0,09 r cm3/sec. Die Molekiilzahl in der Flamme iet 1v = 3,5 . 101s/cm3, entsprechend einer Temperatur von 1900° C.l)

Es ergibt sich mit diesen Daten nach Gleichung(6)

Da 9 in der gewiihnlichen, weder stark 0- noch C1-haltigen Flamme nicht weit unter 1 anzunehmen ist (wenig chemische Bindung der Metallatome), so ist in Anngherung

q = 0,000009 ' r , und da r < 1 (wenn auch wohl nicht sehr klein), so bedeutet dies, dap weniger als jeder 1QQQOO-sle Zusammenstap eines neu- tralen A'a- Atoms in der BunsenfEamme zum Entweichen eines Elektrons aus ihm fiihrt.

Fur die anderen Alkalimetallatome wurde p ungefuhr proportional dem Atomgewicht gefunden 3; es bleibt danach auch beim Cs-Atom die Elektronenabgabe in der Bunsenflamme ein seltenes Ereignis im Verhaltnis zur Haufigkeit der Zusammen- stol3e.

Ebenfalls aelten wurde die Lichtemission gefunden, die auch ale Zusammensto6wirkung erkannt ist; es zeigte sich, daB nur etwa jeder millionte ZusammenstoB eines Na-Atoms in der Bunsenfiamme zu B-Lichtemission fuhrt, und dies gab Anla6 zu denken, daB es sparlich in der Flamrne vertretene Atome seien (etwa freie 0-Atome), die beim StoB die Erregung zur Lichtemission (durch ,,Elektronenzupfung<') bewirkea3) hihnliches gilt vielleicht auch fur die Elektronenbefreiung.

1) Vgl. die Note iiber die Flammenkonstanten zu Abschnitt 4. 2) P. L e n a r d , a.a. 0. S. 27. 1514; auch schon Ann. d. Phys. 17.

S. 231. 1905, bestltigt durch die Messungen von Z a c h m a n n , a. a. 0. (Uber iiltere Beobachtungen, seit A r r h e n i u s , die zu ihrer Zeit noch nicht zu deuten waren, vgl. P. L e n a r d , a. a. 0. S. 27. Anm. 51. 1514.)

3) P. L e n a r d , a. a. 0. S. 52. 1914. ,,Quantitative8 iiber Kathoden- strahlen" S. 285. 1518. Es ist zu bemerken, daB das Lichtquant der D-Emission 3-fach wahrscheinlichster Molekulargeschwindigkeit der Bun- senflamme entspricht, und daS diese Geschwindigkeit nacli Max w e l l s Verteilungsgesetz doch etwa bei jedem 5000-sten MoIelrIil vorhanden ist oder iiberstiegen wird.

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140 P. Xenard

Die Seltenheit der Neuauf ladung sowohl als der Licht- emissionserregung der Metallatome in der Flamme ergibt aber doch, bei der groBen HBufigkeit der StbBe, eine sehr oft wiederholte Wiederkehr der verschiedenen Zustilnde der einzelnen Metall- atome wlhrend ihres Verweilens in der Flamme; denn die Zeit fur lo6 ZusammenstoBe betrigt nur etwa 0,001 Sek., wihrend welcher Zeit das Atom nur um Strecken von der Gr8Benordnung 1 mm in der Flamme aufsteigt. Doch ist das Metallatom, z.B. Na, selbst in miiSig gefarbter Flamme (n = nach MaBgabe von @ iiber 99,8 v.H. der Gesamtzeit elektrisch neu- tral, und bei mehr Metall wird der geladene Zustand noch seltener.

8. Wanderungegeeohwindigkeit der Metallatome in der Flemme

Diese wurde nach der Methode des Flammenstreifens fiir die Hauptmenge der Metallatome unmittelbar sicbtbar und daher gut der Untersuchung zugilnglich. Auf die Schwierig- keiten der Feldmessung ist bereits hingewiesen (2); sie fallen am ehesten weg bei Rleinsien Melallgehalten; wir betrachten daher zunachst nur diese.') Es waren beim Metallgehalt

1) H. A. W i l e o n (Phil. Trans. 216. S. 63. 1916) hat eine fein auege- dachte, veriinderte Methode der Wanderungageschwindigkeits-Messung der (intermittierend) leuchtenden Metallatome in der Flamme durchgefiihrt (eto6weise Einfiihrung von Metall und stroboskopieche Beobachtung der aufateigenden Schichten in vertikal gerichtetem elektriechen Felde). Er findet dabei die Wanderungsgeschwindigkeiten bei geringen Metallgehalten unmerklich klein. Die8 ist nicht zu verwundern; die Methode erscheint doch weniger geeignet, zu aeigen, wae unter verechiedenen Urntanden vorgeht, ale die der Flammenetreifen, welche unmittelbar zeigt, daE der Streifen atets etwas schiefer lSuft ale die metallfreie Flamme, auegenommen wenn der Streifen im Saum der Flamme iet, wo die Wanderung tat- siichlich fehlt (P. L e n ar d, a. a. 0. 8. 644. 1902). Da bei Hrn. W i 1 no n e Methode der Saum notwendigerweise mitleuchten mnS, auch die Flamme durch ein Netz gekublt id, ist ea miiglich, daB dadurch die Verechie- denheit der Ergebniaee mitbedingt ist. AuSerdem bleibt stets zu be- riickeichtigcn, daS die Rander des Flammenetreifene; sowie die der metall- freien Flamme einaeln und in ihrem ganaen Verlaufe vie1 giinstiger be- obachtbar Bind, ale die Schichten bei Hm. W i l e o n s Veraucbeweiee. Wie unzutreffend aber jedenfalls die Annabme ist (E. Marx , Handbuch der Radiologie, Beitrag ,,Flammenleitungen" 1927), da6 die elektriecbe Wan- derung der Metallatome im Flrmmenetreifen bloS dumb allgemeine Seit- wiirtsbewegung der ganzen Flamme vorgetauecht sei, dies beweist nichte

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n = 101O-lO1a, bei eben noch gut sichtbaren Flammenstreifen, Beobachtungen mit den im folgenden angefilhrten Elementen aus- fiihrbar, wobei die beigesetzten Wanderungsgeschwindigkeiten w’ sich ergabenl), die somit ungefahr fur n = 10” gelten:

i o,09 0,003 0,004

cm/sec 0,44 o,lo j 0,04 j 0,02 0,003 0,001

Die darunter stehenden Werte von t!3 sind berechnet nach der dem Sinn von #? entsprechenden Gleichung

(7) woriu w,,’ die bci duuernder positiver Ladung (mit 1 Elementar- quant) geltende Tanderunysgeschwindigkeit des Metallatoms, aus der fur Zusammenst6Be geltenden Radiensumme (Metallatom + Flammenmolekiil) berechenbar Diese Radiensumme ist hier, wie schon oben, entsprechend den Diffusionsbeobachtungen, zu 4 - zu setzen war.

Vergleicht man die obigen Werte von p bei den drei Alkalimetallen untereinander, so sieht man, da6 sie ungefahr proportional den Quadratwurzeln aus den Atomgewichten sind (was bei Li, Na, Cs rund 3 : 5 : 12 ware), wie es der Proportio- nalitat von q mit dem Atomgewicht (7) und Gleichung (4) ent- spricht.

Vergleicht man zweitens den Absolutwert von #? bei Na, wie ihn die Tabelle nach den Wanderungsgeschwindigkeits- Beobachtungen bei etwa n = 10” gibt, mit den in ganz andrer Weise, nilmlich aus Leitfahigkeitsmessungen erhaltenen Werten von p, wie eie oben angegeben wurden (6), indem man letztere nach ihrer Abhilngigkeit von n fiir ebenfttlls n = 10” um-

20’ = /?I u’; ,

cm/sec cm angenommen worden, wonach wo’ = 20 Volt,cm

besser als die einfache Beobachtung, da6 man in derselben Flamme zwei verschiedene Metalle (z.B. Na und Li) an ihren gleichzeitigen, ineinandergelagerten Flammenstreifen mit augenfallig verschiedener Ge- schwindigkeit wandern sehen kann (P. Lenard, Ann. d. Phys. l?. S. 241 Anmerkung, 1905).

1) Bus Tab.IV, P. Lenard, a. a. 0. S. 32. 1914. 2) Vgl. die Wanderungsgeschwindigkeits-Qleichnng, P. Lenard,

Ann. d. Phys. 60. S. 849. (Gleichung 21). 1919.

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rechnet, was /? = 0,002 ergibt, so sieht man Ubereinstimmung der GroBenordnung nach, und mehr war fur die Flammen- streifenmessungen aus den schon eingangs angegebenen Grunden sluch nicht zu erwarten.

Die Ubereinstimmungen lassen - im Verein mit der sonstigen guten Darstellung der Wirklichkeit durch unsere Gleichungen - annehmen, daB die auseinandergesetzten und in die Gleichungen gebrachten Vorstellungen uber die Vorgange in den Flammen in der Hauptsache zutreffen.

Berechnet man aus n und (3 die Elektronenkonzentrationen &, welche zu den eben verwerteten Flammenstreifenbeobachtungen gehoren, so findet man sie nahe von derselben GrOBenordnung wie in der metallfreien Flamme (vgl. 5) ; nur bei Cs und TI sind sie wesentlich hoher. Dies entspricht ganz der Tatsache, daf3 bei Li, Na und Sr (nicht so bei Cs und T1) in einem gewissen Bereich geringster Metallkonzentrationen, etwa urn Y& = 1O1O bis lola, ungefahre Unabhangigkeit der Wanderungsgeschwindig- keit w‘ = /3 wo’ von der Konzentration gefunden wurde l), was entgegen der Gleichung (4) zu sein scheint, aber seine Er- klarung darin findet, da8 n in dieser Gleichung die Gesamt- zahl der elektronenliefernden Atome bedeutet und daB diese Gesamtzahl bei so geringen Metallgehalten nur wenig gqandert ist gegeniiber der metallfreien Flamme, wie die nahe Gleichheit der Elektronenkonzentrationen zeigt. Die elektronenliefernden Atome der metallfreien Flamme durften C- oder H-Atome sein.

9. Zu den Flammenetreifen-Beobachtungen bei hiiheren Metallgehalten

Uiese Beobachtungena) haben eine uber das bisher Er- orterte hinausgehende Tatsache gezeigt, die nun gedeutet werden soll. Es zeigte sich bei steigendem Metallgehalt des Flammen streifens (bis n = l O l a ist messend verfolgt) stark zunehmende Ablenkung desselben, also ‘ stark zunehmende Wanderungsge- schwindigkeit der Metallatome, was [Gleichung (7)] als zuneh- mende Haufigkeit /3 des positiv geladenen Zustandes zu deuten

1) Vgl. die Zusammenstellung der Beobachtungen, P. Lenard,

2) ZusammengefaBt P. L e n s r d , a. a. 0. S. 31, 32. 1914. a. a. 0. S. 32. Tab. IV. 1914.

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ist. Dies widerspricht Gleichung (4), welche Abnahme von g mit zunehmendem Metallgehalt n anzeigt und kann bei so hohen Metallgehalten nicht wie oben durch die auch in der metall- freien Flamme vorhandenen Elektronenbefreiungen erklart werden. Es muS also in den stark metallhaltigen Flammen- streifen ein in Gleichung (4) nicht enthaltener Vorgang mit- wirken. Bemerkenswert ist, daS Q-leichung (4) bei den Leit- fahigkeitsmessungen von Hrn. Z a c hm a n n , die ebenfalle bis zu hohen Metallgehalten gehen (n = 6 . 1014), dennoch giiltig sich zeigte (5). Es ist daher anzunehmen, daS der iiber Glei- chung (4) hinausgehende Vorgang an die hohen eIektrischen Felder gekniipft ist, welche bei den Beobachtungen der Flam- menstreifen stets erforderlich sind (meist iiber 100 Voltlcm), wiihrend die Leitfahigkeitsmessungen mit sehr geringen Feldern (Bruchteile eines Voltlcm) erfolgten. Dies kann als Nachweis einer Beeinflussung der Metallatome durch die Elektronen ge- deutet werden, welche bei hohen Metallgehalten und in starken Feldern in groper Zahl und wit erheblichen Geschwindigkeiten auf die Metallatome treffen. Die Beeinflussung diirfte in einer Porbereitung der elektrisch neutralen Metallatome zu erleichterter EZektronenabgabe bestehen, 80 daS diese Abgabe bei geniigend schneller Aufeinanderfolge der auftreffenden (primaren) Elektronen auch unterhalb der Grenzgeschwindigkeit (Tragerbildungsspannung) dieser Elektronen schon erfolgt, wohl unterstutzt durch die dazukommenden MolekulstoSe. Die geniigend schnelle Auf- einanderfolge tritt bei den fiir den Vorgang als notig erkannten hohen Metallgehalten vermoge der dann ebenfalls hohen Elek- tronenkonzentrationen in der Flamme ein.

Durch solche aufhaufende Wirkung vieler Elektronen- zusammentreffen findet auch eine andere an den Flammen- streifen beobachtete Erscheinung ihre Erklarung, nBmlich die gegenseitige Beeinflussung zweier gleichzeitig in der Plamriie vor- handenen Metalle) wenn eines derselben in groBer Menge zu- gefuhrt ist, bei starken Feldern. So wurde die Wanderung von Li oder Sr sehr vermehrt, wenn gleichzeitig vie1 Na vorhanden war, wie besondera Flammenstreifen-Beobachtungen zeigten.')

1) P. Lenard, Ann. d. Phys. 17. S. 240. Anm. 3. 1905; G. Ebert, Dies. Heidelberg 1911. S. 44ff.

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10. Sekundiiretrahlung der Metallatome in der Flamme Legt man noch hohere Felder an die metallhaltige Flamme

(mehrere 1000 Volt/cm), so kann infolge starker Auf hgufung der ungeordneten Elektronengeschwindigkeiten vermage der echten Reflexionen die Grenzgeschwindigkeit (Triigerbildungs- spannung) der Eiektronen erreicht werden, welche zur Elek- tronenabgabe aus den Metallatomen auch schon bei einem einzigen Zusammentreffen mit einem Elektron ausreicht. Ee tritt dam abnorm hohe Leitfahigkeit in der Flamme auch schon bei geringen Metallgehalten ein. Dies wurde bei I(, Rb, Ba in der Bunsenflamme beobachtetl) und auch schon wie hier angegeben gedeutet; es war dies das erste, aus besonderer, direkter Erfahrung genommene Zeichen fdr niedrig gelegene Tragerbildungsspannungen bei diesen Metallen 2), entsprechend iibrigens ihrem stark elektropositiven Charakter.

Bei hohen Metallgehalten scheint beim Ubergang von schwachen zu starken elektrischen Feldern ein allmiihlicher ffbergang stattzufinden zwischen der vorher betrachteten, auf- hiiufenden elektronenabtrennenden Wirkung vieler aufeinander- folgender Elektronenzusammentreffen und der Sekundiirstrah- lungswirkung eines einzelnen Elektrons von geniigender Ge- schwindigkeit in den stiirksten Feldern.

Hei delberg, Radiologisches Institut, Mitte Februar 1928.

1) Vgl. P. Lenard, a. a. 0. S. 56ff. 1914. 2) Vgl. P. L e n a r d , ,,Quantitativee iiber Kathodenetrahlen" S. 151

u. 163. 1918. (Eingegangen 27. Febrnar 1928)