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5. Ueber die Imterfwens wnd die electrostatische Atdenkwmg der Kathodercstrahlen; vom G. Jawmafim. (Aus den Sitzungsber. d. h i s . Akad. d. Wissensch. zu Wien. naturw. Klasse; Bd. CVI. Abth. IIa. Juli 1897.) Mathem.- H;~ des blauen Kathodenlichtes s, zu wiederholen. Dies veranlasste mich zur sofortigen Wiederaufnahme B; 9 dieses Experimentes, wobei es mir gelungen ist, f dasselbe wesentlich weiterzufuhren. ) Zwei parallele Aluminiumplatten Kl Ka (Fig. 1) s von 1 0 cm Ltinge, 4 cm Breite und 2 cm Abstand wurden in einem grossen Recipienten untergebracht und (aussen) durch eine 250 cm lange Schlinge eines 0,8 mm dicken Messingdrahtes miteinander verbunden. Diese Verbindung muss durchaus ohne Contactfehler hergestellt werden. 3 Die Anode ist ein weit von den Kathodenplatten entfernter Stift Die Drahtschlinge Kl K2 S wurde mittels des Klemmschraubencontactes S mit dem negativen Pol einer Influenzmaschine (einplattig , ohne Leydner- flaschen) verbunden und in diese Leitung ein Funken-

Ueber die Interferenz und die electrostatische Ablenkung der Kathodenstrahlen

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Page 1: Ueber die Interferenz und die electrostatische Ablenkung der Kathodenstrahlen

5. Ueber die Imterfwens wnd die electrostatische Atdenkwmg der Kathodercstrahlen;

vom G. Jawmafim. (Aus den Sitzungsber. d. h i s . Akad. d. Wissensch. zu Wien.

naturw. Klasse; Bd. CVI. Abth. IIa. Jul i 1897.) Mathem.-

H ; ~

des blauen Kathodenlichtes s, zu wiederholen. Dies veranlasste mich zur sofortigen Wiederaufnahme

B; 9 dieses Experimentes, wobei es mir gelungen ist,

f

dasselbe wesentlich weiterzufuhren.

) Zwei parallele Aluminiumplatten Kl Ka (Fig. 1)

s

von 10 cm Ltinge, 4 cm Breite und 2 cm Abstand wurden in einem grossen Recipienten untergebracht und (aussen) durch eine 250 cm lange Schlinge eines 0,8 mm dicken Messingdrahtes miteinander verbunden. Diese Verbindung muss durchaus ohne Contactfehler hergestellt werden. 3 Die Anode ist ein weit von den Kathodenplatten entfernter Stift

Die Drahtschlinge Kl K2 S wurde mittels des Klemmschraubencontactes S mit dem negativen Pol einer Influenzmaschine (einplattig , ohne Leydner- flaschen) verbunden und in diese Leitung ein Funken-

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welche sich inmitten eines matt wasserblauen, 2 mm dicken Hofes deutlich abhebt. Der iibrige Raum zwischen den Ka- thoden ist nahezu dunkel. Nur dann, wenn diese Interferenz- 0ache vollkommen klar ausgebildet ist, zeigt sie sich gegen Verschiebungen des Schleifcontactes S empfindlich.

Damit dies erreicht wird, muss man den Funken P variiren. Nur in einem gewissen, von der ubrigen Versuchsanordnung abhangigen Interval1 der Funkenlange gelingt das Experiment. 1

Bei meinen friiheren Experimenten bestand die Wirkung einer Verschiebung des Schleifcontactes S aus der Mitte der Schlinge nur in einer Verbreiterung der Interferenzflache. Bei starken Verschiebungen des Contactes erfiillte sich der ganze Raum zwischen den Kathoden mit Licht, dessen Vertheilung erst bei sehr starken Verschiebungen des Contactes unsym- metrisch wurde. Ich habe damals nur als Vermuthung aus- sprec.hen konnen , dass diese symmetrische Perbreiterung sich auf einseitige Perschiebungen der unverbreiterten Interferenz- flache zuriickfiihren liesse, falls man annimmt, dass es ein

1) Der Funke gndert bei Vertinderung seiner Lgjlge seinen Charakter und damit den Charakter der von ihm angeregten Strahlung, von deren Beschaffenheit begreif licherweise der Ausfall eines Interferenzexperimentes wesentlich abhgngen muss. Zeichen, dass die Aufstellung nicht die rich- tige ist, sind es, wenn die Interferenzflache rothlich und von ihrem Bof nicht unterscheidbnr ist und wenn ein hreiter, hellleuchtender blauer Querstrich die Interferenzfllche seukrecht schneidet und die Kathoden- platten verbindet. Dieser blaue Querstrich ist eine Art Funken, welcher zwischen den Kathoden iibergeht, und deutet auf einen Contactfehler im Schliessungskreise. Er erscheint bei hohen Verdiinnungen als griiner Querstrich im Fluorescenzbilde auf der Glaswand.

Die Herren E. W i e d e m a n n u. G. C. S c h m i d t geben an, sie hiltten zwei blaue Kathodenhiillen, welche sie als dritle G o l d s t ein’sche Sohich- ten bezeichnen, zum Zusammenfliessen gebracht. Dann ist es freilich nicht anders zu erwarten, als dass die so entstandene helle Flache gegen Verschiebungen des Schleifcontactes unempfindlich ist. Das bluue Ka- thodenlicht, welches die empfindliche Interferenzflache bildet, ist nilmlich nicht mit der dritten, sondern mit der xweiten Kathodenschicht G o l d - s te in’s , d. h. mit den Kathodenstrahlen verwandt. Die dritte Schicht Golds te in’s ist nichts anderes als das mgative Ende der EntEadung, sie aeigt keine geradlinige Fortpflanzung, wirft keine Schatten, erregt keine Fluorescenz, zeigt nach G o l d s t e i n (wied. Ann. 61. p. 633. 1894) keine Detlexion; kein Wunder, dass sie auch keine Anzeichen von Inter- ferenz giebt.

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Complex von Kathodenstrahlen sehr verschiedener Art I) ist, welche die Interferenzflache erzengen.

Gegenwartig kenne ich den Einfluss: welchen die geringsten Aenderungen im Aussehen der Kathodenstrahlen und des blauen Kathodenlichtes auf sein Verhalten haben , besser und habe bei sorgraltiger Variation der Versuchsbedingungen diese ein- seitiye Tersehiebung der Interferenzfliiche thatsachlich erhalten.

Bei Verschiebung des Schleifcontactes S aus der Mitte der Schlinge verschiebt sich die Interferenzflache aus der mittleren Lage nach seitwkts, wobei sie nur wenig breiter (ca. 1 mm breit) wird. Die Grosse und Richtung ihrer Verschiebung ent-

Fig. 2. Fig. 3.

spricht der Griisse und Richtung der Verschiebung des Schleif- contactes. z,

Hierbei schlagen sich die Eander der Interferenzflache nach aussen uber die riahere Kathodeiiplatte zuruck. In Fig. 2 zeigt J1 J, die Gestalt der unverscliobenen, J2 J2 die Gestalt der ver- schobenen Interferenzflache. 3,

1) Z. B. vcischiedener Wellenlange. 2) Zusatr 6 e i der Correotur: Versorgt man Kl innd K, mit ent-

gegemgesefxteiz Schwingungen, so erhilt man eine prachtvolle dunkle ver- schiebbare Iriterfeicnzflilche.

3) Hr. T o l l e n a a r hat fuunf helle coexistente E'lLchen (J, bis J5, Fig. 3) zwischen den Tiathodenplattcn erhalten. Da aber wahrscheiniieh

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Kathodenstrali Zen. 265

Das Anlegen von Capacitaten an die Urahtschlinge hat ebenfalls entsprechende Wirkungen auf die Interferenzflache.

Ich werde demnachst dieses Experiment zur Gruiidlage einer eingehenden Untersuchung machen.

n. Die Herren E. Wiedemann und G. C. Schmid t sind der

Ansicht, dass weder eine Interferenz, noch eine electrostatische Ablenkbarkeit der Kathodenstrahlen existirt, sondern dass diese Erscheinungen sich auf die Go lds tein’sche Befiexion der Ka- thodenstrahlen zuruckfiihren lassen. Eine derartige Erklarung meiner Versuche littlte ich nicht fur moglich, wohl aber den umgekelirten Erklgrungsversuch.

Ich bin der Meinung, class die von Golds te in ange- nommene specifische deFectorische FfirRun.9 der Kathoden auf den Kathodenstrahl, welche eine electrische Fernwirkung neuer Natur sein soll, nicht existirt, und dass sich die von Gold- s t e in entdeckten Erscheinungen theils auf die Interferenz, theils auf die electrostatische Ablenkbarkeit der Kathoden- strahlen zuruckfiihren lassen.

Golds te in hat seine Versuche mit den starken, sehr gestreckten Kathodenstrahlen angestellt, welche auftreten, wenn man einen activen Funken vorschaltet. Uiese Strahlen ver- halten sich weseiitlich anders als die sehr zur Krummiinigkeit geneigten schwachen Knthodenstrahlen, welche ich untersucht habe. Wenn auch clas Verhalten letzterer Strahlen eine, wie ich glaube, grossere theoretische Wichtigkeit hat, so waren die starken Strahlen doch von jeher deshalb fur den Experi- mentator interessant, weil sich ihre Eigenschaften mehr denen der bekannten Strahlen (Licht und Schall) nahern und deshalb verstandlicher sinrl. In welcher Weise interferiren nun diese starken Strahlen 3

die Stielc der Kathoden mit den Bathodellplatten nur durch eine Nietung verbunden waren, erhielt er, wie man auf den von ihm mitgetheilten Photographien deutlich sieht, den blauen Querstrirh (sgl. die Anmerkung w. 0.) und konnte er keine Empfindliclikeit der fiinf Flachen gegenVer- schiebung dcs Schleifcontactes constatiren. Hr. T o l l e n a a r selbst deutet seine Photogaphien allerdings ganz anders.

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Der Fluorescenzfleck? welchen die von complicirter ge- stalteten Kathoden ausgehenden starken Strahlen auf der Glas- wand entwerfen , hat die mannichfaltigsten , aber immer sehr regelmassige Formen. Golds t e in beschreibt viele davon. Er sieht in dem complicirten Querschnitte dieser Strahlenbiindel nur die Zeichen, dass die Strahlen nicht auf der Kathode normale Gerade sind, sondern der Deflexion unterliegen.

Die mehr oder weniger flachenartig ausgebreiteten Gebiete, in welchen die Strahlung starker ist und deren Schnitt mit der Glaswand die griinen Striche giebt, aus welchen sich das Fluorescenzbild zusammensetzt, bezeichnen nicht den Gang einfacher Kathodenstrahlen, sondern sind hterferenzpachen. Sie haben, soweit dies electrostatische Einfliisse auf den Gang der einfachen Strahlen zulassen, symmetrische Lage gegen die ent-

sprechenden Theile der Kathode, oft ganz dieselbe Lage wie die Interferenz- flachen in dem blauen Kathodenlicht. Besonders auffallend ist es, dass die grunen Striche, in welchen diese Flachen die Glaswand schneiden, haufig doppelt ocler an den Enden gegabelt sind.

Die einfachenInterferenzflachen, welche durch schwache Kathodenstrahlen ge-

bildet werden, spallen sich, wenn man die Strahlen verstarkt. Am einfachsten zeigt sich dies an einer Kathode, welche

aus zwei unter einem einspringenden stumpfen Winkel zu- sammenstossenden Platten gebildet wird. l) R R (Fig. 4) stellt die Projection derselben dar. Bei 0,2 mm Druck sieht man die einfache Interferenzflache i in dem blauen Kathoden- licht b b.

Bei 0,005 mm Druck sieht man, wenn man keinen Funken vorschaltet, sodass die Strahlen recht schwach sind, die Er- scheinung Fig. 5. Die Strahlen entwerfen einen grosseri, gleich- massig mattgrunen Fluorescenzfleck G an der Glaswand. In dem bltlulichen Licht welches ihren Weg bezeichnet , unter- scheidet man die einfache Interferenzflache i.

Fig. 4.

1) Croo kes hat ghnliche Strahlungsformen beschrieben, aber un- richtig gedeutet (vgl. G. Wiedemann, Galvanismus 4a. p. 424).

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Schaltet man nun einen activen Funken vor oder ver- bindet man die Kathode mit dem negativen Pol einer grossen Funkenstrecke, lasst jedoch die Anode ganz isolirt, so erhalt man eine hellgriine Fluorescenz von folgender Form. LBngs des Schnittes cler durch die etwas gekriimmten Linien k g , und k ya (Fig. 6) gelegten, auf der Zeichnungsebene senkrechten Cylinder mit der Glaswand leuchtet diese in zwei ca. 3 mm breiten Streifen. Vie1 schwacher fluorescirt sie in dem Winkel zwischen diesen Streifen , noch schwacher fluorescirt sie ausserhalb.

G

Fig. 5.

Ausserdem sieht nian einen in der Zeichnungsebene liegen- den hellen grunen Streifen, welcher die bereits erwahnten zwei

Fig. 6. Streifen in den Punlrten g1g2 senkrecht schneidet uncl sich ausserhalb gabelt. Die Fluorescenzfiguren, welche ausserdem aber in mehr als 90° Abstnnd von der Symmetrieebene auf- treten, sollen hier nicht beschrieben werden.

Aehnlichen Ausfall haben alle Versuche mit Kathoden, welche die Form eines Cylinders mit verschieden gestslteter Leitlinie haben.

Es scheint mir wichtig , diese Gabelung der Interferenz- fleche sturher Kathodenstrahlen hervorzuheben , weil sie mit der von E. Mach naclhgewieseneia Gabeking cler Interferenz-

1) E. Mach, Sitzungsber. d. kais. Bkad. d. Wiss. zu Wien 72-80. 1875-1879.

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flachm von SchalZweZZen grosser Amplitude in Berielwng gebmcht werden kann.

111. Von grossem Interesse ist die Beobachtung der Herren

E. Wiedemann und (3. C. S c h m i d t , dass die Ansatzstelle der Kathodenstrahlen auf der Katliode bei der electrostatischen Ablenkung der Strahlen verschoben wird. Ihrer Angabe je- doch, dass bei dieser Ahlenkung der Strahlen nur ihr Ansatz- punkt sich verschiebe, die Kathodenstrahlen selbst aber nicht abgelenkt wurden (1. c. p. 515, Zeile 20), sondern geradlinig

in der Normale des neuen Ansatz- punktes verlaufen (p. 517, Zeile 17), kann ich nicht zustimmen.

7 Die Kethodenstrahlen werden durch electrostatische Krafte gekvummt.

Bei einer concaven Kathode (A, Fig. 7) ron 3 0 cin Kriimmungsradius uiid ein- genietetem Stielvon 2 mm Durchmesser, init welcher ich meine fruheren Ver- suche gemacht habe, bilden mittel- starke Kathodenstrahlen ein blhliches Biischel k n von geradliniger Axe. Die seitlichen Strahlen ( k 6 ) kriimmen sich nach auswarts, das Biischel sitzt mit einem schmalen Stiel auf der Kathoden- mitte. Durch electrostatische Wir- kungen wird der Strahl voritbergehend gebogsn. Er nimmt hierbei die Form

R, a, an. Der Ansatzpunkt A verschiebt sich urn k k ,=3 mm auf der Kathode. Der Fluorescenzfleck n verschiebt sich im selben Sinne um den zehnfachen Betrag n a, = 30 mm. Die Strahlen verlaufen also nach der Ablenkung keineswegs in der Normale k, n, des neuen Aiisatzpunktes A,, sondern weichen in ihrem ganzen Verlaufe aus derselbeii ab, und zwar im Sinne einer Anziehung bez. Abstossung durch einen negativ bez. positiv geladenen Korper, in welchem Sinne aucli der Ansatzpunkt der Strahlen verschoben wird.

Uebrigens kann ich mittheilen, dass nicht nur diese Ver- schiebung des Ansatzpunktes in guter Uebereinstimmung mit

Fig. 7.

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Kathodenstrah Zen. 269

meiner Theorie steht, sondern auch die Ablenkung des Fiuo- rescenzfleckes, dereri paradoxeii Sinn ich in meiner I. Mit- theilung unerkliirt lassen musste. durch folgende Retrachtung verstandlich wird.

Da die Ansatzstelle der Kathodenstrahlen nioht ein (durch andere als electrostatische Ursachen) bestimmter Punkt der Kathode (z. €3. der Eintrittspunkt des Zuleitungsdmhtes) ist, sondern durch electrostatische Krafte verschoben werden kann, muss man fragen , durch welche electrostatischeii ~Verkmale sich die neue Ansatzstelle auszeichnet, sodass von ihr aus die Strah- lung starker ist, nls von den anderen Punkten der Kathode.

Ich habe nun a. Oe2) gezeigt, dass die Fortpflanzung reiner Longitudinalstrahlen in einem allgemeinen electrostatischen Felde nur in den Jinien maximaler und minimaler electrostu- tischer Kraft moglich ist. Da die Kraftschwingungen an der Kathode, welche durch die zufliessenden electrischen Draht- wellen bewirkt wertlen , eine nahezu rein longitudinale An- regung bieten, so werden die von der Kathode ausgesendeten Strahlen die Linien maximaler und rninimaler Kraftintensitat bevorzugen. Es wird nicht iiberfliissig sein, die Ursache, !varum die Strahlen meiner Theorie diese Maximal- und Minimallinien bevorzugen, anschaulicher darzustellen.

Es sei sei y1 (x, y, z) = 0 die Wellenflache eines Longi- tudinalstrahles zur Zeit t und yFI + dcp, dieselbe Wellenfiache zur Zeit t + d t . Von diesen beiden Wellenflachen wird aus jeder Kraftlinie ein Stuck herausgeschnitten, welches der totalen Kraft (X,, I: Z,) an dieser Stelle proportional ist.3) Die Wellen- flache verschiebt sich also paTallel zu sich selbst nur in den Linien maximaler nnd minirnaler Kraft. I n allen anderen Theilen des Feldes andert die Wellenflache wlihrend ihrer Fortpflanzung fortwghrend den Winkel, welchen sie mit der electrostatischeii Kraft einschliesst.

1) G. Jaumann, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien

2) G. J a u m a n n , Compt. rend. 122. p. 518. 3) Vgl. Gleichung (2) 1. c. p. 516.

104. p. 747. Juli 1895; Wied. Ann. 57. p. 147. 1896,

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Nun sind rein longitudinale Strahlen nach meiner Theorie nur in zwei Fallen mijglich: 1. Es ist keine ablenkende magnetische Kraft vorhanden und die Wellenflache steht auf der electrostatisclien Kraft immer senkrecht, und 2. es ist eine inagnetische I h f t vorhanden und die Welleiifliiche schliesst niit der electrostatischen Ih-aft einen gewissen, von der Grosse der magnetischen Kraft abhangenden Winkel ein. l)

In allen anderen Fallen muss der Strahl ausser der Longi- tudinalcomponente noch Traiisvers,zlcomponen ten habeii , und zwar eiiie electrische Transversalschwingung, welche die gleiche Projection auf die Wellenflache hat wie die electrostatische Kraftlinie und eiiie magiietische Transversalschwiiigung, welche auf der Ebenc der beiden electrischen Schwiiiguiigscomponenten uiid der electrostatischen Kraft senlrrecht steht. Die Grosse dieser Transversalcornponeiten Bcstimmt sich 1. durch den 7P%2keE, welchen die Wellenflache mit der electrostatischen Kraft einschliesst, und 2. durch die Grosse und Richtuiig der ablenkenden magnetischen Kraft. Diese Abhangigkeit lasst sich leicht 2, in allgemein giiltige Formeln bringen.

Es ist also im allgemeinen unmoglich, dass sich eiiie Welle fortpflanzt , oliiie wtihrend des Fortschreitens fort- wahrend ihre Transversalcomponenten zu verhdern , deiin im allgemeinen iindert sich auf ihrem Wege fortwahrend der WTnnkeZ, welchen ihre Wellenflache mit der electrostatischeii Kraft ein- schliesst. Von allen Punltten der Kathode gehen nahezu rein longitudinale Strahleii aus, aber dieselben miissen im all- gemeinen wahreiid ihres Fortschreitens immer mehr iliren longitudinalen Charakter einbiissen und auf Kosten ihrer Longi- tudinalcoiiiponente Transversalcomponenten annehmen.

Ausgenoniinen sind hiervon nur gewisse Linien des Feldes, in welclieii die Strahlung ihren longitudinalen Cliarakter be- wahrt. Es sind dies 1. bei Abwesenheit einer ablenltenden magnetischeii &aft die Liiiieii iiiaximaler und minimaler Kraft- intensitat, denn langs dieser bewahren die Wellenflaichen ihre Neiguiig gegen die electrostatisclie Kraft, und 2. bei Vorhanden- sein einer ablenlrenden magnetischen Kraft nicht diese, sondern andere Linieii des Feldes, langs welcher die Wellenflachen die

1) Wicd. Ann. 67. p. 175. 1896. 2) W e d . Ann. 57. p. 171. Zeile I0 u. 11. 1896.

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den magnetischen Krhften entsprechenden Neigungen gegen die electrostatische Kraft hnben.

Diese unter l., bez. 2. bezeichneten Linien bilden die Axe des zur Beobachtung gelangenden Kathodenstrahles. In diesen Linien und in deren nachster Umgebung pflanzt sich eine wohldefinirte longitudinale Strahlung fort. Ausserhalb dieser Rohren ist die Strahlung je weiter von der Kathode, desto weniger longitudinal, und ich glaube sogar, dass aus meiner Theorie folgt, dass die Strahlung ausserhalb dieser Rohren diffus ist.

Die Kathodenstrahlen folgen also nach meiner Theorie 1. den Linien muximaler und minimaler electrostatischer Kraft, wenn keine ablenkende magnetische Kraft vorhanden ist, sie werden aber 2. durch eine magnetische Kraft aus diesen Linien abgelenkt. Von dem Sinne und der Grosse dieser Ablenkung giebt die Theorie befriedigende Rechenschaft. Ich hoffe, dass die hier vorgebrachte neue Art der Ableitung der Strahl- richtung aus der Theorie nun auch die Zustimmung des Hrn. H. PoincarO finden wird.

Wenden wir uns zu der electrostatischen Ablenkung der Kathodenstrahlen. In welcher Weise werden die Maximal-, bez. Minimallinien durch eine hinzugefugte electrostatische Kraft abgelertkt ?

Es sol1 nur eine kleine Verschiebung dieser Linien be- trachtet werden. Das Coordinatensystem werde so in einen Punkt dieser Linien gelegt, dass die + Richtung der Y-Axe in die +Richtung der msximalen, bez. minimalen Kraft fallt, die +%Axe falle in die +Richtung der hinzugefiigten ab- lenkenden electrostatischen Kraft S. Die Potentialniveauflache beriihrt die yz-Ebene im Nullpunkt und habe dort den Kriimmungsradius g. Bezeichne 3 die totale electrostatische Kraft mit den Componenten X, Y, 2 und E,, ihren Maximal-, bez. Minimalwerth im Nullpunkte.

Dann wird in der Nhhe des Nullpunktes und fur y = 0, z = 0 gelten: x=z+ & -x

Q Y = E,, + n x 2 z = 0.

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272 G. Jaumann.

Fur den Coefficienten n erhalt man durch zweimalige Differentiation von E2 = S2 + Y 2 den Werth:

Hierin bedeutet ?lo deli Werth von d 2 P / 6 ’ x 2 im Null- sol1 die Scharfe des iyaximums, bez. Minimums ge-

Die Verschiebung x1 der Maximal-, bez. Minirnallinie aus

punkte. nannt werden.

dem Nullpunkte ergiebt sich aus der Gleichung

zu

Die Ablenkung x1 der Maximal-, bez. Minimallinie, welcher die Kathodenstrahlen folgen, ist also, falls die ablenkende Kraft E klein ist:

I . Dieser ablenkenden Krilft proportional. 2. Desto grosser, je weiiiger scharf das Maximum, bez.

Minimum ist (je kleiner qo ist). Maximallinien (fur welche qo negativ ist) werden cet. par. in entgegengesetzter Richtung abgelenkt wie Minimallinien (fur welche qo positiv ist).

3. 1st die Grosse der Ablenkung dem Krummungsradius p cler Potentialniveauflachen verkehrt proportional. Die Maximal- linien werden in einem Felde, in welchem die Kriimmungs- radien der Potentialniveauflachen in die Richtung der negativen &aft fallen, wie dies in cler Nahe einer concaven Kathode der Fall ist, von einem seitlich genaherten positiv bez. negativ geladenen Korper abgestossen bez. angezogen. l’liatsachli‘ich wird die Bnsatzstelle der Katfwdenslrah Zen in diesem Sinne ab- gelenkt.

In grosserer Entfernung von der Kathode, wo die Kriim- mungsradien der Potentialniveauflachen schon der Kathode zugewendet sind, wird die Maximallinie, welcher die Strahlen folgen, nach G1. (1) vnn einem seitlich genaherten positiven bez. negativen Korper angezogen bez. abgestossen. Und that- sacfilich wird der FZuorescenzpeck der von einer stark concaven Katiiode ( 2 cm Kriirnmnngsradius) ausgehenden Strahlen in ent- gegengesetzter Richtung abgelenkt, als die dnsatzstelle der Strahlen.

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Dies haben auch die Herren E. Wiedemann und G. C. S c h m i d t beobachtet, nur kann ich auch hier ihrer Angabe, dass der Strahl in der Normale seines neuen Ansatzpunktes verlaufe, nicht zustimmen. Er weicht weit von dieser Normale im Sinne einer Naherung an die Symmetrieaxe des Entlaclungs- rohres ab.

In meiner I. Mittheilung l) habe ich auf die Schwierigkeit der Erklaruiig des paradoxen Sinnes der Ablenkung des HuorescenzfEeckes der Strahlen, welche von einer schwach con- caven Kathode ausgehen, und welche ich auch hier weiter oben Fig. 7 beschrieben habe, hingewiesen. Diese Schwierigkeit diirfte nun uberwunden sein.

Der Fluorescenzfleck wird in diesem Falle (Fig. 7) von einem +Korper abgestossen, von einem negativen Korper an- gezogen. Dies ist durch G1. (1) erklart, wenn man annehmen darf, dass die Potentialniveauflachen in dem Recipienten Fig. 7 auch noch in der Nahe des Fluorescenzfleckes gegen die Kathode hin convex sind. Und thatsiichlich ware das Gegen- theil nicht wahrscheinlich, da die Glaswand in der Gegend des Fluorescenzfleckes kraftig positiv geladen ist.

Der Fluorescenzfleck wird ferner in diesem Falle zehnmal starker abgelenkt a19 die Ansatzstelle der Strahlen. Dies ist durch G1. (1) erkliirt durch die geringere Scharfe 7, des Maxi- mums in grijsserer Entfernung von der Kathode. Dass qo in grosserer Eiitfernung von der Kathode numerisch kleiner ist, ist schon durch electrostatische Griinde wahrscheinlich, und ferner stimrnt damit iiberein , dass das Strahlenbiischel in grosserer Entfernung von der Kathode vie1 breiter ist als an der Ansatzstelle.

Es erkliirt dieses Gesetz GI. (1) der Ablenkung der Maximal- und Minimallinien mir nun den Sinii und die Grosse mancher electrostatischen Ablenkungen von Kathodenstrahlen, welche ich bei verschiedenen Formen der Kathode und der Qlaswand beobachtet habe und welche mir friiher paradox oder gesetzlos erschien, doch ist eine griindlichere Unter- suchung dieser Sache noch nothwendig.

1) G. Jaumann, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien 106. 1895; Wied. Ann. 59. p. 263. 1896.

Am. d. Phya. 11. Chem. N. F. 64. 1s

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2 74 G . Jaumam.

Endlich entspricht die Folgerung der Theorie, dass die Kathodenstrahlen die Ninimallinien des Feldes ebenso sehr be- vorzugen wie die Maximallinien, den Thatsachen. Es diirfte allen Beobachtern bekannt sein, dass das blaue Kathodenlicht die engsten, verstecktesten Winkel der Kathode, in welchen die electrostatische Kraft ein Minimum ist, bevorzugt, j a haufig dort zuerst auftritt. Das Gleiche gilt von den starken Kathoden- strahlen. Dieselben entspringen mit Vorliebe der Symmetrie- axe eines sehr engen einspringenden Winkels der Kathode oder der Axe eines rohrenformigen Theiles der Kathode, ver- meiden also keineswegs die Stellen minimaler Kraft an der Kathodenoberflache.

IV. Die Herren E. W i e d e m a n n und G. C. S c h m i d t geben

nicht zu, dass die von mir beschriebene electrostatische Ah- lenkuny der Kathodenstrahlen I) eine directe Wirkung der Aenderung der ablenkenden electrostatischen Kraft auf die Kathodenstrahlen ist, sondern nehmen das Vorhandensein einer Zwischenwirkung an. Es sol1 zufolge der Aenderung der electro- statischen Kraft eine ,,Veranderung des Feldes" eintreten, welche entweder eine veranderte Lage der Eintrittsstelle des Stromes in die Kathode, bez. eine Verschiebung der positiven Lichtsaule oder aber die Ausbildung von secundaren Kathoden bewirkt , welche deflectorisch auf die bereits vorhandenen Kathodenstrahlen einwirken.

Die Anordnung der beiden Experimente, welche sie be- schreiben, ist von den Versuchsanordnungen, welche ich ver- wendet habe, nicht principiell verschieden. Das Gleicho gilt von dem Ausfall derselben, auch von dem des Experimentes 2 (1. c. p. 516, Zeile 1). Leider geben die beiden Herren keinen Fingerzeig, durch welche Schlusse man BUS ihren Experimenten etwas uber das Vorhandensein einer Zwischenwirkung folgern konne.

Das blosse Vorhandensein einer Verschiebung der Ansatz- stelle ist doch keineswegs ein Anzeichen des Vorhandenseins einer Zwischonwirkung, abgesehen davon, dass es, wie weiter

1) G. Jaumann, Sitzungsber. d. kais. Akad. d. Wissensch. zu Wien 105. 1896; Wied. Ann. 69. p. 252. 1896.

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oben gezeigt wurde, rtus der Theorie folgt. Hr. E. Wiede - m a n n selbst hat j a die Verschiebung der Ansatzstelle der Kathodenstrahlen bei der rnagnetischen Ablenkung derselben constatirt, und niemancl nimmt deshalb an, dass diese Ver- schiebung der Ansatzstelle ein Anzeichen ist, dass die Wirkung der ablenkenden magnetischen Kraft auf den Kathodenstrahl keine directe, sondern eine durch eine Zwischenwirkung ver- mittelte sei.

Hr. H. Poincarb’) bezeichnet die in meiner I. Mittheilung nachgewiesene Selbstsfreckuny der Kathodenstrahlen als einen sonderbaren Mechanismus. Das Gesetz, nach welchem sich die Glaswand des durchstrahlten Recipienten ladet und welches die Ursache des gestreckten Perlaufes der Kathodenstrahlen und der kurzen Bauer der electrostatischen Ablenkungen ist, ist nicht ganz fremdartig. Die Selbststreckung der Kathoden- strahlen ist eine Erscheinung, welche mit der B d a d u n g ver- wandt ist, wie ich dies schon a. 0. hervorgehoben habe.2)

Nahert man dem Recipienten einen geladenen Korper A, so werden die Kraftlinien im Vacuum abgelenkt. In kurzer Zeit jedoch haben die abgelenkten Kathodenstrahlen zu der schon vorhandenen Ladung der Glaswand eine solche Per- thei2un.q B freier Ladung hinzugefiigt, dass die Kraftlinien trotz der Nahe des Korpers B ihren friiheren Verlauf wieder an- nehmen. Thatsachlich machen die Strahlen nur wahrend der Naherun.9 des KGrpers A einen ca. 0,2 Sec. dauernden Aus- schlag und verlaufen dann trotz der Nahe des Korpers A wie friiher.

Dass die Vertheilung B freier Ladung auf der Glaswand wirklich vorhanden ist, erkennt man schon daraus, dass wahrend der Enfernung des Korpers A die Strahlen den entgegen- gesetzten Ausschlag machen, aber hierbei die freie Ladung B vernichten und zufolge dessen binnen 0,2 Sec. wieder ihren normalen Verlauf annehmen.

Wie ist nun die freie Ladung B auf der Oberflache der Glaswand vertheilt? Dies ist leicht zu beantworten. Sie muss die Wirkung des genaherten Korpers A auf das Innere des

1) H. PoincnrB, L’Bclairage Blectrique 9. p. 291. 1896. 2) G. Jaumann, Wied. Ann. 59. p. 266. 1896.

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Recipienten gerade aufheben, sie ist also so vertheilt, als ware das durchstrahlte Vacuum ein Leiter und als ware sie an der Oberflache dieses Leiters durch die Influenzwirkung des Korpers A hervorgerufen.

Auch das Verhalten der Strahlen gegen die Anode, welche bei meinen Versuchen nicht in das Vacuum, sondern in das den Recipienten umgebende Oel tauchte, hat ganz denselben Charakter, wenn anch hier die Ablenkung der Strahlen und die Ladung B der Glaswand eine dauernde, stationare ist, da die Glaswand in halbleitender Verbindung mit der Anode steht.

Die ladende Kraft der Strahlung bewirkt einfach den Busqleich aller durch eirien aueserhalb des Vacuums befind- lichen ablenkenden Kiirper innerhalb des Vacuums bewirkten Potentialdifferenzen. Die ladende Kraft der Strahlung, welche die Selbststreckung der Kathodenstrahlen bewirkt , ist also zweifellos verwariclt mit den entladenden Wirkungen, welche Strahlen jeder Art ausiiben. Das Ziel des Ausgleiches, der Gleichgewichtszustancl, ist jedoch nierkwiirdigerweise hier nicht dadurch bestimmt, class alle Potentialdifferenzen innerhalb des Vacuums aufgehobeii sind , sonclern dadurch, class eine von der Kathode ausgehende Kraftlinie moglichst gestreckt verlauft. Die Kathodenstrahlen schaffen sich dasjenige electrostatische Feld selbst, in welchem sie am besten fortkommen. Wahrend namlich von der Kathode dauernd starke Krafte ausgehen, vernichtet die Strahlung nicht nur die Krafte, welche von ausserhalb des Vacuums befindlichen Kiirpern herriihren, sondern sie vernichtet auch die Krafte einer Anode, welche in das Vacuum taucht , wie eine solche gewohnlich vorhanden ist. Der geringe Einfluss einer solchen Anode auf den Ver- lauf der Strahlen bedarf vor allem der experimentellen Unter- suchung.

Urn die Kathodenstrahlen zu veranlassen , zur Anode hinzugehen, um also Bnodenstrahlen herzustellen , muss man die Ladung der Glaswand niodificiren. Es ist dies in sehr verschiedener Weise moglich, z. R. durch Bestrahlung der Glaswand mit verschiedenen Strahlenarten (Kathoden- strahlen, Licht, Rontgenstrahlen) oder durch Bedecken der Innenseite der Glaswand mit entsprechend geladenen Draht-

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Kathodenstrahlen. 27 7

netzflgchen. Meine Versuche in diesen Richtungen versprechen Erfolg.

Hier will ich nur ein Busserst einfaches Experiment be- schreiben , welches diesen Zweck allerdings auf einem ganz speciellen Wege erreicht, welches aber doch sehr anschaulich zeigt , dass die Kathodenstrahlen den negativen electrischen Kraftlinien folgen.

Am schmalen Ende eines birnfarmigen , auf 0,05 inm evacuirten Recipienten ist die concave

Seite derselben ist mit einer dunnen Schicht einer fluorescirenden Substanz be- strichen.') Diese Anode ist unter Zwischen- schaltung der 5 mm langen Funkenstrecke P zur Erde abgeleitet. Die Kathode K ist ein Drahtstift, welcher an dem Ende eines langeren Zuleitungsrohres eingesetzt ist. welches bei rn in ein Stativ gespannt wer- den kann. Die Kathode X sendet helle Kathodenstrahlen aus, die jedoch in dem Glasrohre nicht weit kommen. In dem oberen Theile A G des Recipienten je- doch sind, solange kein Funke bei P springt , keine nennenswerthen Potential- unterschiede moglich. Die ganze Glas- wand und auch die Anode ladet sich ziem- lich gleichmassig ncgativ. In dem Augen- blicke aber, wo ein Funke bei P ubergeht, wird die Anode A auf das Potential Null gebracht, wahrend die ganze Glaswand uber A noch negativ electrisch ist. Wenn also jetzt Kathodenstrahlen auftreten, und hierzu sind die Verhaltnisse zufolge des lebhaften Funken- stromes bei P sehr giinstig, so bleibt diesen Strahlen nichts anderes ubrig, als von der Glaswand auszugehen, denn diese allein ist negativ. Thatsachlich gehen kraftige Kathoden-

Anode A (Fig. 8) eingesetzt, die obere G

Fig. 8.

1) Ich benutze hierzu ein Fett, welches K i s s in Budapest zum Ein- fetten der Schliffe liefert und welches unter dem Einflusse der Kathoden- strahlen hell saphirblau luminescirt.

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strahlen von der ganzen Glaskuppe G aus. Dieselben gehen aber nicht geradlinig in der Normale ihres Ausgangspunktes auf der Glaswand fort, sondern sie bilden das in Fig. 8 dax- gestellte, aus krummlinigen Strahlen bestehende Buschel, welches mit einem schmalen Stiel auf der Anode endet. Diese Strahlen folgen also zweifellos den electrostatischen Kraftlinien des Feldes (genauer der Maximallinie).

Die Glaswand fluorescirt hierbei fast gar nicht. Hingegen fluorescirt die eingefettete Anode lebhaft saphirblau, nament- lich in der Flache von 5 mm Durchmesser, in welcher sie von dem stielformigen Ende des Strahlenbiischels getroffen wird. Dieser Endpunkt der Kathodenstrahlen hat begreiflicherweise keine sehr bestimmte Lage auf der Anode, sondern zeigt eine zitternde Beweglichkeit ? welche in charakteristischem Gegen- satze steht zu der grossen Ruhe, welche der Ansatzpunkt voii Kathodenstrahlen auf einer Kathode bewahrt.

Diese verkehrten Kathodenstrahlen oder Anodenstrahlen zeigen, da sie gleicher Natur wie die gewohnlichen Kathoden- strahlen sind, auch die entsprechende magnetische Ablenkbar- keit, d. h. die umgekehrte wie Kathodenstrahlen, die von A als Kathode ausgehen warden. Hierbei wird die Ansatzstelle der Anodenstrahlen auf der Glaswand und ihre Endstelle auf der Anode in demselben Sinne abgelenkt.

Die Anodenstrahlen zeigen ferner die zu erwartende um- gekehrte electrostatische Ablenkbarkeit.

Von Interesse ist auch die Abstossung, welche die Anoden- strahlen erfahren durch die dem Recipienten bis auf 2 cm ge- niiherte Hand. Hierbei tritt ein weiteres Buschel von Kathoden- strahlen auf, welches denselben Ursprung auf der Glaswand hat wie die Anodenstrahlen, welches aber gegen die Hand hin verlauft.

Es ist mir eine angenehme Pflicht, der Gesellschaft zur Forderung deutscher Wissenschaft ? Kunst und Literatur in Bohmen auch hier fur die Unterstiitzung meiner experimen- tellen Arbeiten meinen Dank auszusprechen.

Phys.-chem. Inst. d. deutschen Univ. Prag, 28. Jurii 1897. (Eingegmgen 4. November 1897.)