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Ueber die iridectomie bei Giaucom und Iber den glaucomatSsen Process. Von Dr. A. v. GrAfe. I~ An die Heilwirkungen der /rideetomie, welehe ieh fr~iher in diesem Arehiv (Band II, Abtheilung 2, Seite 202--257) zur Kenntniss gobraeht, kann ich jetzt eine neue anreihen, welche den Faehgenossen Freude be- reiten wird, da sic sieh auf oine umfassende Kaiegorie his hierher unheilbarer Krankheiten bezieht. Es wilre die vorliegende Mittheilung sehon welt eher erfolgt, wenn nicht die insidiSse Natur des Gegenstandos ~ius- serste Vorsieht in der Beurtheilung der Resultate und eine l&inger f'ortgesetzte Beobachtung erheischt h~tte. So mag es sich nun freilich ereignen, dass ich den meisten Lesern des Arehivs nichts Neues sage, wenn ieh die Irideetomie als Mittel gegen den glaueomat~sen Process anpreise, nachdem die Sache bereits 2 Semester hindurch in meiner Klinik erSrtert, vielen Faehgenossen m~Jndlich und brieflieh mitgetheilt und endlieh an den verschiedensten Punkten naehgcahmt wurde. Ffir diese Verz;3gerung kann ich nur dadurch entsch~idigen, dass ich die lndicationen und die Prognose so genau als mi;glich specifieire. Ohnedem wollte ich das Verfahren der Oeffentlichkeit nicht Preis geben, Fdrchtend yon den

Ueber die Iridectomie bei Glaucom und über den glaucomatösen Process

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Ueber die iridectomie bei Giaucom und I ber den glaucomatSsen Process.

Von

Dr. A. v. GrAfe.

I~ An die Heilwirkungen der /rideetomie, welehe ieh

fr~iher in diesem Arehiv (Band II, Abtheilung 2, Seite 202--257) zur Kenntniss gobraeht, kann ich jetzt eine neue anreihen, welche den Faehgenossen Freude be- reiten wird, da sic sieh auf oine umfassende Kaiegorie his hierher unheilbarer Krankheiten bezieht. Es wilre die vorliegende Mittheilung sehon welt eher erfolgt, wenn nicht die insidiSse Natur des Gegenstandos ~ius- serste Vorsieht in der Beurtheilung der Resultate und eine l&inger f'ortgesetzte Beobachtung erheischt h~tte. So mag es sich nun freilich ereignen, dass ich den meisten Lesern des Arehivs nichts Neues sage, wenn ieh die Irideetomie als Mittel gegen den glaueomat~sen Process anpreise, nachdem die Sache bereits 2 Semester hindurch in meiner Klinik erSrtert, vielen Faehgenossen m~Jndlich und brieflieh mitgetheilt und endlieh an den verschiedensten Punkten naehgcahmt wurde. Ffir diese Verz;3gerung kann ich nur dadurch entsch~idigen, dass ich die lndicationen und die Prognose so genau als mi;glich specifieire. Ohnedem wollte ich das Verfahren der Oeffentlichkeit nicht Preis geben, Fdrchtend yon den

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Naehahmern meine Erfolge nieht best~itigt zu hSren und iiberhaupt einer Sache zu schaden, welche, am vortheil- haftesten fiir Kranke und Aerzte, gleich in ihrer rich- tigen Begrenzung sich in der Praxis einbiirgert.

II. Wenn man Arzneimitiel oder Operationsverfahren

empfiehlt, so ist es vor allen Dingen Pfiicht, sich finer die Krankheiten, gegen die man sie empfiehlt, genau zu verst~ndigen. Der Mangel soleher Versffindigung con- stituirt einen Erbschaden der therapeutisehen Wissen- sehaft, welcher eben so langsam heilen wird, als sieh eine sanguinische Liebhaberei der Arzneimittel ]angsam nnd miihevoll vet einer vern(inftigen Analyse der Heil- indicationen beugt. Es tritt mir diese Pflicht der Ver- si~indigung doppeh lebhaft entgeg,m, da das Uebel, um welches es sich handelt, yon .jeher berufen s('hien, den Geist der Verwirrung und des Missverstiindnisses zu erwecken.

Mit dem Namen Glaucoma bezeicImete man friiher ein rages, inhahleeres Symptom, n~mlich einen meer- grfinen, bouteillengrlinen, schmutziggclinen Augenhinter- grnnd, welcher dutch eine starre, vergr~Jsserte Pupille hindur(,hsah. Als dann exaetere Forderungen sich in der Wissensehaft gehend machten, versuehte man f'dr dieses Symptom einen adilquaten Ausdruck in besdmm- ten, materiellen Ver~inderungen aufzufinden. Aber wie versehieden und widerspreehend fielen diese Versuche aus! WRhrend die Einen in dem Glaueom eine eigen- thfimliche Entartung der brechenden Medien, in Sender- heir des GtaskSrpers, erbliekten, versetzten Andere den Quell des Uebels in die Chorioidea, noch Andere in die Netzhaut, und als gegen alle diese Ansichten sich Ge- gengriinde riihrten, gaben Einzelne jede Loealisirung auf und erkliirien das Glaucom als eine Krankheit des

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gesammten Bulbus. Letztere Auffassung kann be- greiflicher Weise nut als ein Beleg f'dr die Unvoll- kommenheit der Kenntnisse gelten, denn bei der histo- logischcn Vielseitigkeit des Augapfcls wird eine ge- wissenhafte Pathologic die Pflicht sch~irferer Localisationen eben so wenig zl,riiekweisen klinnen, als es Ffir die Krankheitcn des Abdomens oder des Thorax der Fall ist. Dass im Verlauf des glaucomaiSsen Processes die meisten Gebilde des Auges erkranken, wird Niemand bezweifeln, eben so sicher aber ist es, dass dieses Er- kranken ein suc(;essives ist, und dass wit demgem~iss die nrsprfinglichen Ver~inderungen yon den secund~iren zu unterscheiden haben. - - Von allen aufgestellten An- sichten z~ihlte offenbar diejenige die meisten und ge- wichtigsten Anh~inger, welche das Glaucom als eine Entziindung der hderhaut mit Erguss zwischen dieser und der Netzhaut erk]~irte. Pathologiseh-anatomische Thatsachen, welche zuerst yon S c h r l i d e r van d e r K o l k , dann besomlers yon Arl I gesammelt wurden, schienen f'dr diese Ansicht zu argumentiren. Es blieb aber trotzdem der Controverse unterworfen, welche der vorgefundenen Ver~inderungea urspriinglich und welche consecutiv oder gar accessorisch waren. Die meisten Pr~parate botea zur Zeit der Zergliederung nicht mehr das typische Bild des Glaucoms; es fehkc, mit Ausnahme einiger, yon A rlt beigebraehter, Befunde ~tie Beobach- tung w/ihrend des Lebens, welche zur Feststellung des glaucomat~isen Ursprungs beinahe unerl~isslich ist.

Endlich kam vor mehr als einem Lustrum Helm- h o l tz ' s unsterbliche E ntdeckung, berufen iiber so Vieles bis dahin Dunkele, namentlich im Capitel der Amaurosen, Licht zu verbreiten. Natiirlich kniipfte sieh die Hoff- hung an, dass r/un auch die Frage yore Glaucom ihre v~illige Erledigung finden wiirde. Leider aber sollte diesc Hoffnung nicht so bald in Erf'dllung gehen; es

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sehien vielmehr, als wollte das Glaueom aueh der neuen Waffe gegenfiber ~ein mysteriSses Wesen hartn~ckig vertheidigen. Die n~chsten Resultate waren rein nega- tiver Natur; es erwies sich n~imlich die Nichtexistenz jener vermutheten Ergi:sse zwischen Netzhaut und Ader- haut. Die Diagnose solcher Ergiisse, welche friiher nur in den h6hercn Graden als soF~enannter hydrops sub- retinalis mSglich war, hatte sich durch dig Anwendung des Ophthalmoskops so verfeinert, class yon einem Ueber- sehen derselben keine Rede mehr skin konate, und doch fehlten dieselben coristant, wenn man anders typisch reine F'iillc yon Glaucom, wit es nSthig war, f'dr die Untersuchung benutzte. Solche F~ille waren in der Regal nicht einmal frisch, da es in der eigentlich acuten Periode des Processes w~gen der diffusen Triibung der brechen- den Medien selt(~n mSglich ist, die Details des Augen- hintergrundes mit Sicherheit zu bestimmen. Es konnte demnach keine Rede mehr davon skin, dass subretinale Erg(isse dig glaucomatSse Erblindung bedingen, sondern es mussten diese entweder der Krankheit vollst~indig fremd skin, oder in einer gai~z sp~iten Periode als Con- seentJv-Uebel sich entwickeln. DiG diffuse Triibung des humor aqueus urid des corpus vitreum konnte eben- Falls nieht als a~lsreichender Grtmd fiir die glaucoma- tSse Erblindung gelten; (lena einmal ist dieselbe nit so stark, um die vSllige Perceptionslosigkeit zu erkl~iren, und sodann sieht raan sie, wenn keine Cataracten inter- veniren, bei l~ngerer Beobachtung spontan wieder schwinden, ohne dass sich alas SehvermSgen dem eni- sprechend restituirt. Die Ver~inderungen an den inaeren Membranen: Apoplexien, sp~iter partielle Atrophic, der Chorioidea und der Retina schienen wenig constant und in der Regel auch wenig auf'f/illig, wean man sie mit den sonstigen Ergebnissea des Augenspiegels bei chro- niseher Retinitis und Chorioiditis verglich. Es ging

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daraus mindestens der Sehluss hervor, dass die vor- liegenden Gewebsver~inderungen das Auftreten der Er- blindung nicht direct bedingen. ~ Da nun im Gegensatz hierzu beim ausgepr~ig'ten Glancom eine eigenthiimliche Entartung des Sehnerven-Eintrittes sich constant zeigte, so richtete sich bald die Aufmerksamkeit aller Forscher auf diesen Punkt, in welchem man den Quell des tglau- comatiisen Processes zu finden w~ihnte.

Ill.

Drei T]latsachen wurden am sogenannten glauco- matiisen Sehnerven festgestellt.

1) Eine Formver~nderung~ zuerst yon Ed. J f i g e r hervorgehoben und abgebildet (siehe dessen Bueh fiber Staar und Staaroperationen Tafel VIII Figur XXXIV). Derselbe glaubte das abnorme optische Erscheinen auf eine Hervorwfilbung der Papille beziehen zu mfissen. Der Irrthum war allerdings so nahe ge]egt , dass wit Alle in denselben verfielen, bis ich (siehe A. f. O. Band II, Abth. 1, Seite 248--34:9) Gelegenheit land, denselben zu corrigiren. Es konnte dies f~ig|ich nicht ausbleiben, naehdem Dr. A. W e b e r (A. s O. Band II, Abth. 1, Seite 141--146) die Entstehung und die Aufl~isung eines analogen Irrthums bet einem Kaninehen mit se]erecta- sia posterior sorgf~iltig besproehen hatie. Die Ueber- zeugung, dass der glaucomatSse Sehnerv nieht hervor- ragend, sondern ausgehg3hlt ist, hat seitdem vollkommen Wurzel gefasst. We t noch zu zweifeln geneigt ist, den verweise ich im Voraus auf die anatomische Beschrei- bung eines glaucomatiisen Sehnerven, welehe Prof. H. Mfi l ler flit die n~iehste Abtheilnng des Arehivs ver- sprochen hat.

2) Ein eigenthiimliehes Verhalten der Netzhaut- geflisse innerhalb der Papilla. Dasselbe ist bereits in der ersten J ~ i g e r ' s c h e n Abbildung gut wiedergegeben

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und yon L i e b r e i c h (siehe A. f. O. Band I, Abth. 1, Seite 375) dutch die Form des Seimerven gedeutet wor- den. Diese Deutung bedarf jetzt, nachdem die Conea- vit~it nachgewiesen ist, allerdings einer Aenderung, bleibt .jedoch ihrem wesentlichen Sinne nach dieselbe.

3) Ein Puls-Ph~nomen in den arteriellen St~immen, welches Ed. J~iger bereits an krankhahen Augen erw~ihnt, wurde yon mir, I. e. Seite 376, als pathogno- monisch Fdr den glaucomat~sen Process hervorgehoben.

IV.

Als nun die Ver~inderungen am Sehnerven beim Glaueom erwiesen waren, entstand natlirlieh die Auf'- gabe, eben diese Ver~inderungen mit der ilbrigen Symptomreihe der yon frilherher bekannten circulato- risehen und trophischen Stiirung'en in Verbindung zu bringen. Es traten der LSsung dieser Aufgabe die grSssten Schwierigkeiten entgegen. Wenn auch wirk- li'ch das Sehnervenleiden den ersten Grund der Erblin- dung abgeben konnte, so durt'te man doch eigentlieh den iibrigen Symptomeomplex nicht als ein Consecutiv- iibel yon dera Sehnervenleiden ableiten. Wir sehen .ja das Glaucom, gerade in seincr am meisten typischen Ab- art, zuweilen an vorher gesunden Augen in Form her- tiger Entzilndungsschiibe auftreten. Es wfire aueh ohne- dem ein Causal-Verh~iltniss des Sehnerven-Leidens zu den iibrigen StSrungen, z. B. der brechenden Medien, kaum zu begreifen. Man beobachtet bei Amaurosen die hoehgradigsten Metamort)hosen der Papille bis zum vSlligen Schwund des Sehnerven und der Netzhaut, ohne dass die iibrigen Theile des Auges leiden, und selbst die excluisitesten kSrnigen Exsudativ-Processe in der PaDille f'dhren in der Regel nut zu Ver~inderungen der Netzhaut. Es ist dies auch dureh die Ern~ihrung

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der Netzhaut, welche im Verh~iltniss zu den iibrigen H~iuten des Auges, fib" sich abgesehlossen ist, woh[ zu begreifen. Endlieh wurde der f'raglichen Vorstellung beinahe jede Grtmdlage dutch den Naehweis entzogen, dass die Papille nieht convex sondern eoncav ist. W~re das Erstere gewesen, so }ditte es sich, wie w~r Alle fl'(iher glaubten, wahrsebeinlich um eine exsudative Sehwelhmg gehandelt und diese h~itte mSglicherweise (?) die iibrigen Org'ane des Bulbus betheiligen kSnnen. Da nun abet" die Papilla concav ist, so kann es sich iiberhaupt um eine Volums : Zunahme des Sehnerven nicht handeln. Schrumpfung der Sehnerven-Substanz nach etwaigen vorausgegangenen Exsudadv-Processen k6nnte freilich eine Retraetiotl der Papille bedingen, allein es bleibt solche Hypothese um so klihner, als ein etwa voraus- gehendes Stadium der Schwellung zur Zeit nicht nachweisbar i s t . - ~,Venn demgem/iss die Sehnerven- entartung f'dglich nicht als Quelle der iibrigen Syrup- tome anzusehen war, so schien doch die Patho- genic einzelner F~ille im Sinne der bek~impi'ten Ansieht zu argumentiren. Man beobachtet zuweilen w~h,'end einer l~ingeren Periode nut das Sehnervenleiden, w~ihrend erst sparer die "~usserlich siehtbaren glaucomadisen Zei- chen hinzutreten. Die H~ufigkeit dieser F~ille hat jedoeh gegen das frliher (1. c.) Gesagte stetig abgenommen, je mehr sich die Beobachtung vert'einert hat, und ich wage jetzt zu behaupten, (lass bei einer recht minutRisen Unter- suchung die anderweitigen glaueomatSsen Zeichen (Zu- nahme des intraocnlaren Druckes) bier aueh in der ersten Periode nachweisbar sind, nur treten dieselben bei den schleichenden Formen weniger in den Vordergrund, wo- dutch eben die diagnostische Wfirdigung leicht beirrt wird. Urn keine Missdeutung zu veranlassen, muss ieh sofort hervorheben, class eine, zwar nicht umfassende, abet doeh unleugbare Kategorie yon Fiillen exisdrt, in

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denen das Sehncrvenleiden aliein besteht und fiir sich fortbesteht, ohne dass anderweitige Symptome sich hinzu- gesellen. Was ich zuvor behauptet, bezieht sich ledig- lieh auf die F~ille, in deneu sp~ter das ~ussere Bild des Glaucoms sich auspr~igt. Ich musste dies deshalb ur - giren, well man s'onst, wie Andere und ich kS fl'iiher ge- than: das Sehnervenleiden als ein ersteres und urspriing- liches Stadium des glaucomat;3sen Processes auffassen k(innte.

Es fallen im Allgemeinen drei v ers chied en e G ru p- p e n v o n F ~ i l l e n i n B e t r a c h t . Beider e inenents tehtso- fort die ganze Folgenreihe der glaueomatSsen Symptome und es wird in geeigneter Periodc (jedoeh, wie si(:h sp~iter ergeben wird, consecutiv) die Sehnervenentartung ophthalmoskopisch nachgewiesen. Bei der z w e i t e n ist das Sehnervenleiden allerdings das zuerst auffallende materielle Symptom, allein es sind dig anderweitigen glaucomatSsen Kennzei(:hen, zuerst in wenig frappanter Weise, nachweisbal', bis sit spfiter ihre typische Hiihe erreichen. Bei der d r i t t en endlieh existirt yon Anfang bis zu Ende nut die Sehnervenentavtung. Es wird eine Auigabe der vorliegenden Mittheilung sein, diese drei Krankheitsgruppen in ihrer gegenseitigen nosologischen Beziehung zu wfirdigen, und sie entweder mit einander zu verbinden oder yon cinander zu scheiden.

Zur Zeit, als ieh den oben citirten Aufsatz fiber Glaucom schrieb, lag die Entstehung der ophthalmo- skopischen Zeichen noch vollkommen im Dunkeln. Die Identi~t in der Form der Sehnervenentartung schien uns zu berechtigen, alle genannten Formen in die glau- comatSse Gruppe hineinzubringen, und uns die Verschie- denheiten der Entwickelung dutch die ungleichm~issige Einwirkung einer gemeinschas extraoeularen Ur- sache (Arterien-atherom) bald nach der einen, bald nach der anderen, bald nach beiden Seiten hin zu erkl~iren.

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Jedenfalls war der erste Dienst, den das Ophthal- moskop fiir die Verst~indigung fiber Glaucom geleistet, kein erfreulicher zu nennen; start der einfachen und fasslichen Lehre der glaucomatSsen Chorioiditis war das Uebel in einen der sonstigea Entwicklung scheinbar fremden Theil verschlagen worden; auch in der Bezeich- nungsweise spracb sich dieser Einfluss dadureh aus, dass der Begriff des Glaucoms eine Zeit hindurch 5ber die iiblichen Gt'enzen bedeutend ausgedehnt war. Wenn es je m~Jglich gewesen war, sich fiber Glaucom zu einigen, so war es jedenfalls in dieser Zeit der ersten ophthal- moskopischen Aut'kliirungen unmSglich.

V.

Es gab nur zwei Wege, den Zusammenhang zwisehen dem Sehnervenleiden und zwisehen den sonstigen glau- comat;Jsen Symptomen aufzufinden, einmal den der pa- thologischen Anatomic, sodann den einer m~glichst ex- acten pathogenetisehen Beobachtung. Da mir zu Sections- befunden in geeigneten F~llen h;3chst ungenlJgende Gelegenhelt ward, so blieb ich auf den letzteren Weg des Studiums beschr/inkt. Ich fasste besonders diejeni- gen F~ille in's Auge, in welchea das Bild des Glaucoms sieh nach wiederkehrenden heftigen inneren Entzfindungen (ophthamia arthritiea) herausbildet. Die Frage, in welehe der inneren Membranen der Entzfindungsheerd zu loea- lisiren sei, liess ieh vorl~ufig bei Seite liegen und blieb bei der Annahme einer Chorioiditis, Fdr welche A r l t ' s Sectlonsbe_runde, das ganze Aui'treten des Uebels, die Mitleidensehaft der Iris, die TrSbung des GlasktJr- pers, am meisten sprach. Der Augenspiegel hatte nur das Zustandekommen subretinaler Ergfisse, nieht aber das der (3horioidalentzfindung widerlegt, ein Punkt, auf" welchen ieh noch zurfickkommen werde, um so mehr, als ieh in meiner ursprfinglichen Note fiber Glaacom, durch die Sehnervenentartung gefesselt, zu

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rasch iiber den Befund der inneren Membranen hinweg- gegangen w a r . - Wenn ieh nun das Bild diesm' glau- eomat~3sen Entzfindung mit dem anderer inneren Ent- zfindungen, z.B. der gewShnliehen h'id0ehorioditis,verglieh, so sehienen mir eigentlich die eharaeteristisehen Unter- seheidungsmerkmale alle auf einen Punkt hinzuzielen, niimlieh a u t die S t e i g o r u n g des i n t r a o e u l a r e n Drueks .

Die II 'arte der g l a u e o m a t 6 s e n Bulbi ist yon Alters her in der Ophthalmologic hervorgehoben. Da sich l~iglieh keine Seleralver~inderu,,g annehmen liisst, welche die w.'rSnderte l-lesistenz des Bulbus er- kl'art, so muss letztere in der pralleren Ant~iltung des Bulbus mit Flfissigkeit begriindet w e r d e n . - Die Er - w e i t e r u n g und S t a r r h e i t der P u p i l l e wird bekannt- lieh nicht dutch die Erblindung bediugt. Wih.e dims, so mi;lsste (lie Pupille .-.'ieh beim Lichteinfall in das zweite gesunde Auge zusammemziehen, wie es bei einseitiger Aniisthesie der Retina statt[indet; es mt]sste aueh bei Rotationen des Bulbus, bei Aeeomodations-Veriinderun- gen, brim Lidsehluss dee l)iameter der Pupille weehseln. Aueh ereignet es sieh nicht ~elten, dass nach den ersten AnfNlen glaueomatSser Entz{indung das Sehverm3gen total oder partiell zurfiekkehrt und dass trotzdem die Pupille ihre anomalml Eigensehaften beibeh~ilt. Wit mf~ssen offenbar die Pupillaraffeetion direet auf I,'ido- pl'agie, auf L.ahmung der zur Iris gehenden Nerven, be- ziehen. Es k~nnte fl'eilich dee Grad der Mydriasis bei Glaueom, dem gewOhnliehen Verhalten bei Oeulomoto- rius-Liihmung gegenfiber, fib' die Annahme von Irido- pl~gie zu hoeil er~cheinen, allein ieh habe sehon anderen Ortes hervorgehoben, dass die Maximum-Erweiterung, bei weleher die h'is zuweilen ih~t l)eriphe,:iseh w;r~ehwin- det, nieht yon Anfang an <,xistirt, sondern erst mit der progressiven Gewebsatrophie sieh entwiekelt, aueh zu-

Are)alv fttr Ophthahnologl'-,. Bd. IlL 2. 3 0

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weilen andere meehanisehe Ursaehen anerkennt (siehe den Sectionsbefund in der vorhergehenden Abhandlung tiber sympathisehe Amaurose). Den weiteren Grund tier Iridopliigie wt'Jrde wieder die Zunal!me des intraoeularen Drueks abgeben, wodureh die Leitung in den Ciliar- nerven aufgehoben w i r d . - Als ein der Iridopl,~gie analoges Phiinomen land ieh An ' a s thes i e der Cor- nea ; aueh diese erkliirt sieh dureh Compression tier zur Hornhaut gehenden Nerven, wovon ieh bereits in einer zweiten Note tiber Glaueom (siehe A. f. O. Bd. I, Abth. 2, S. 305) den direeten Naehweis dadureh gegeben, dass naeh Abfluss des Kammerwassers die Sensibilitiit der Hornhaut sieh (in einer geeigneten Periode) unmittelbar wieder her- stellt.-- An diese Kennzeiehen reiht sieh die A b fl a e h u n g der v o r d e r e n K a m m e r . Dieselbe setzt sieh meines Er- aehtens aus zweiUmstiinden zusammen. Zuniiehst verliert die Hornhaut an Convexitiit, sodann wird die Iris wirklieh naeh vorn gewNbter. Die AbItaehung der Hornhaut, welehe sieh dutch Reflexversuehe einem (zweiten) gesunden Auge gegeniiber nachweisen liisst, giebt sehon fib" sieh allein ein unsehiitzbares Argument fiir die Zunahme des intra- oeularen Drueks. Wir wiissten uns bei einem entzfind- lichen Leiden dies Symptom kaum in einer anderen Weise zu erkliiren; es wird vielleieht aueh, da eben diese Ver- iinderung mit Htilfe des H e l m h o l t z ' s e h e a Ophthal- mometers einer mathematisehen Controlle unterworten ist, in derselben eine genaue Messungsmethode fflr das Quantum der Drueksteigerung zu begriinden sein. Wenn der Krtimmungsradius der Hornhaut sieh dem dee Selera niihert, so wird das Bereieh de r iIornhautgrenze aus seinem einspringenden Winkel mehr naeh vorn treten und hierdureh eiae Formver~inderung der vorderen Kammer entstehen, bei Weleher zugleieh die W51bung der Iris abnimmt. Da nun bei 61aueom die Iris im 6egensatz hierzu nach vorn convexer erscheint, so muss

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neben der naehweisbaren _,~.bflachung der Hornhaut je- denfalls ein eoml)ensirendes, oder riehtiger iibereompen- sirendes 3dement darin liegen, (lass eine welt h;ihere Druekzunahme im Glask[irperraum als in der vorderen Kammer wirkt lind class auf diese Weise die Iris thats~ieh- lieh hervorgewSlbt wird. - Welter si)rechen fiir eine Druek- zunahme die e i r c u l a t o r i s e h e n V e r S n d e r u n g e n im Bereiehe der subconjunctivalen Venea. Es istbekannt, dass i m emziindliehen Stadium eine starke In.jet(ion im gesamm- ten System der vorderen Ciliargeftisse stattfindet, dass abet spiiter die Arterien sieh mehr und mehr zuriiek- bilden, wiihrei~d die grossea Venenst~mme unter der Con, junetiva sieh sehl,ingeln und verbreitern, in der N~ihe der ttornhautl)erilIheri'.~, si(:h mit einander bogenf;3rmig verbinden und endlieh jene Figuren bilden, welche man unter dam Namen der arthritisehen oder der abdominellen Venen einst als pathognomiseh far den glaueomat~Jsen Pro- cess hervorgehob('n hat. Die Iliiekbildung derArterien geht in dem spfitesten Zeitraum sogar unter die Norm und es sehliesst sieh hieran eine progressive Atroi)hie de.r subeon- junetivalen Bindegewebessehioht, welehe sieh dureh das welt stSrkere l)ur('hs('heinen der weissen Selera markirt. Deshalb sieht man alsdann (lie Venen als isolirte dunkel- re(he Str~inge sieh auf einem porz(,llanweissen oder waehsartigen, 1)ei beginnender Eotasie I)leigrauen oder bliinliehen, llintergrunde verzweigen. Es ist sehon yon den .;ilteren Autoren erwiihnt worden, dass ,,alas Weisse des Auges zwiseh,~n ch'u arthritisehon Gef!issen ein eigenthihnlieh todtes, lebloses Co[orit" darbietet. Die Venenausdehnungen lassen sieh auf eine meehanisehe Behinderung des inneren Kreislaul'es gut beziehen. Kann dureh Zunahme des Drueks in dem yon der Chorioidea und dem Lillsensystem umgri:inzten Raum das Blut durch die hinteren veniisen hbzugs(tuellen, in Sonderheit

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dureh die vasa vertieosa, nicht in geniigender Weise ausfliessen, so wiihlt es den vorderen Abzugsquell, nilm- Itch die venae ciliares anticae, welche in die Muskel- venen mSnden. Dieser Abzugsque]l debut sicb alsdam~ in Art eines collateralen Kreislaufes aus. Ueber die, in einzelnen F~illen unleugbare, sp~itere Atrophie der v o f deren Ciliararierien lassen sich verschiedene Ansichten aufstellen, welche iedoch lmseren Gegenstand nicht n~iher ber(ihren. Jedenfalls steht dieselbe mit der pro- gressiven Irisatrophie in enger Beziehung. - - Dass die Ci l i arn e u r o s e desgleiehen durch Compression bedingt ist, stimmt mit tier oft unmittelbaren Linderuag durch Para- eentese fiberein.

Von den ophtha]moskopischen Kennzeichen war es der A r t e r i e n p u l s , welcher zuerst an eine Beziehung zur Drucksteigerung erinnerte. Freilich hatte ich in meiner ersten Note demselben eine andere Deutung ge- geben und gemeint, class Hindernisse in den arteriellen Ges das Phiinomen erkliirten. Es l'asst sich auch nicht in Abrede stellen, dass eine Compression derArterien ausserhalb des Auges oder eine Verringerlmg in deren Lumen den Arterienpuls auf der Netzhaut begriinden ka~m, wenn anders die fSr das experimentelle Phiinomen yon mir gegebene und yon D o n d e r s gebilligte Deu- lung richtig ist. Auf der anderen Seite abet ist gerade eine Zunahme des intraocularen Drucks diejenige Ur- sache des Arterienpulses, welche sich am aller unmittel- barsten den experimentellen Thatsachen anschliesst. Es ist fiir das Zustandekommen des Pulses offenbar gleich- giiltig, ob der Bulbus mittelst eines Fingers comprimirt wird, oder ob dies durch vermehrte Ansammlung yon Fliissigkeit im Inneren geschieht. - - Welter erinnerte der M o d u s der E r b l i , l d u n g gerade bet den aeuten Fiillen sehr an die Aufhebu,lg der Sehkraft dutch Com- pression. Die Einengung des Gesichtsfeldes bet den

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voriibergehendea Obscurationen, das Auflreten yon Chromopsieen, die Art der Verdunkelung selbst, zeigt die gr~isste Analogie mit den Wahrnehmungen, welehe wir dutch k[instliehe Compression des Augapfels bis zum Erseheinen des Arterienpulses (D o n d e r s ) m'halten.

Als ieh meine zweite ~Notiz fiber Glaueom in dem ersten Bande dieses Arehivs (Abth. 2) niederlegte, spraeh ieh bereits die Ansieht aus, class das Wesentliehe der glaueomat~Ssen Entziindungen in tier Zunahme des intra- oeularen Druekes begriindet sei; ieh hatte gerade hierauf die dort angegebenen Versuehe mit der Paracentese gegriindet. Nur dis F o r m der Pap i ' l l a hielt reich da- reals yon einem genercllen Ausspruche zurt'mk. Die ver- muthete Convexit~it lenkte immer wieder die Aufmerk- samkeit auf eiu substantielies Leiden des Sehnerven zurSek. Mit dem Augenblicke, wo ich mich yon der Con- cavit~it der Papilla fiberzeugte, nahm sofort die Deu- tungstendenz eine andere Richtung; allein es bedurhe, um zu einer Ueberzeugung zu dringen, liingerer Be- obaehtung, well die F'alle, in denen scheinbar das Seh- nervenleiden pr/iexistirte (s. unten), immer noch einer durehgreifcnden Erki/irung entgegenstanden. Es war zun/ichst Bin durch Paracentesen behandeher Fall, wel- cher reich lehrte, dass die Sehnervenexcavation in dem sogenannten acuten Glaucom sich doch erst secund/ir ausbiklet. Patient war mit einem heftigen Sturm glau- comat~ser Chorioiditis zu mir gekommen. Ich hatte in einem Zeitraum yon 8 Tagen 3 Paracentesen verrichtet. DiG Klarheit der breehenden Medien war nach Wunseh erreieht und erhielt sich atteh in den n/iehsten Wochen; dabei waren an der Iris und Pupille alle Zeugen des glaucomatSsen Leidens. Das Ophthalmoskop erwies dis Papilla vollkommen normal, und erst naeh mehreren Monaten, als auf's Neue Obseurationen kamen, stdlte sigh

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progressiv die Se}mervenentartung ein, und zwar glng dieselbo mit den [l}~rigen Erscheinungen der Druck- zunabme progressiv vorw~irts. Eine aHgemeinere Ueber- zeugung" erlangre ich iiber den fi'aglichen Punkt erst nachdem die Anwendung der Iridectomie nns genauere Aufschli}sse fiber den BeSmd in der allererstea Krank- heitsperiode erSffaet hatte. Es zeig'te sich constant, dass das Sehnervenleiden nach den ersten Entz[lndungs- schliben noch nicht besteht, sondern sich erst allm~lig mit den 5brigen Symptomen der Drtlckzunahme ent- wickelt. Ich glaubte hieraus schliessen zu d[lrfen, dass die Excavation der Papilla sich ganz in 5hnlicher Weise verhiilt, wie manche Scleralectasien, welche man in den sp/iteren Stadien des glaucomatSsen Processes hinzutreten sieht. Der Sehnerveneintritt ist, was Re- sistenz anbetrifft, der schwiichste Theil der Umhfi]lung des Bulbus, und es ist begreiflich, dass dieser Theil bei einer Zunahme des intraocularen Druckcs auch zuersf yon innen hcrvorgcdr/ingt wird.

Als ich mit der weiteren Prilfung dieser Ansichten beschiiftigt war, erbielt ich im verflossenen Winter eine briefliche Mittheilur~g veto Professor H e i n r i c h MOiler. Derselbe war, ohne irgend yon meinen nosologischen Untersuchungen zu wissen, dui'ch die anatomische Ver- tb]gung eines excavirten Sehnerven zu der niim- lichen Ueberzeugung gelar~gt. Es hiesse der Publication H. Mfi l le r ' s vorgreii~n, wolhe ieh die Gdb~de, die ihn leiteten, niiher au~'~hren. Nur die Thatsache musste ich in der Kiirze angeben, well der yon mir lang- ersehnte anatomische Beleg mir nat(h'lich bei der Fort- setztmg meiner Shldien you h~chster Wichtigkeit war.

Ist nun das Sebnerveuleidea in gewissen F~llen durch den intraocularen Druck bedingt, so muss ich reich so- tort gegen eine zu generelle und voreilige Aufl'assung diodes Satzcs sch/hze~,. Was ich so ebea behauptet, be-

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zieht sich vorlaufig nur auf die inflammatorischen, acu- ten F~ille. Fiir die schleiclmnden, in welchen die Drucksymptome erst st)';iter in den Vordergrund treten, glaube ich die Ansicht cbenFalIs mit Wahrscheinlichkeit, aber noch nicht mit 6ewissheit aufstellen zu d[irfen, und endlich fiir die dritle der oben erw~ihnten Kategorien, in welcher iiberhaupt die Sehnervenexcavation als solche f'ortbesteht, ohne dass anderweitige glaucomatSse Zeichen hiuzutreten, kann yon der gegebenen Herleitung na- tilrlich keine Rede sein.

VI.

Nachdem wit in der Auseinandersetzung unseres Gegonstandes bis hierher gediehen sind, gehen wir an eiae kurze Darstellung des Krankheitsverlaufes. Diese soil keiueswegs den Zweck haben, irgend eine neue Krankheitsform zu schildcrn, nicht einmal eine genaue nosologische Beschreibung zu liefern, wie solche in treff- lich(tr Weise yon mehreren Autoren gelieft~rt worden sind. Wir beabsichtigen lediglich die Symptomatologie der einzelnen Krankheitsreihen so welt zu umschr~inken, als es n(ithig ist, um eine Beziehung auf die oben durch- geffthrten allgemeineren Gesichtspunkte zu gestatten und eine Verst~indigung iiber Glaucom mit Einschluss des ophthalmoskopischen Ergebnisse zu erm~.~glichen.

Wit unterscheiden, wie bereits erwahnt, drei Grup- pen und wollen dieselben mit den Namen: des a c u t e n ode r i n f l a m m a t o i ' i s c h e n G l a u c o m s , des c h r o n i - s c h e n G l a u c o m s und dee A m a u r o s e mit Seh- n e r v e n e x c a v a t i o n bezeichnen. Die Ueberg~inge re- spective Trennungen dieser Formen werden am natiir- lichsten gleich im ~ Verlauf dieser Darstcllung zur Sprache kommen.

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1. D as a c u t e o d e r i n f l a m m a t o r i s c h e G l a u - c o m (syn: glaucomatSse chorioiditis, ophthalmia athritica).

In tier Regel ist ein P r o d r o m a l - S t a d i u m vor- handen, nur in 25--30 % der F~ille f~hlt es. In dicsem Prodrornal-Stadium nimmt die his dahin vorhandene Presbyopie zu, es tauchen yon Zeit zu Zeit farbige Er- scheinungen auf, besonders in Form yon Regeubogen um die Kerzenflamme herum. Ferner treten, beson- ders wenn dies StadiLlm vorrfiekt, intercurrente Obscuratio- nen ein; die Kranken sehen dann Alles grau, neblig' und eine fimetionelle Untersuchung erweist w/ihrend sol- chef Anf~ille zuweilen eine geringe Beschr';inkung des Gesichtsfeldes, ill der Regel nur grosse Undeutlichkeit der excentrischen Eindrficke nach gewissen R ichtungen hin. Gegen Ende dieses Stadiums werden die inter- currenten Obscurationen h~iufiger, 1/inger und intensiver, die Pupille wird w~ihrend derselben etwas wetter und tr~iger, auch seheint bereits der humor aqueus ganz leicht diffus ge- trfibt. Schmerzen in Stirn und Schl~ife unter der Form der ffir innere Ophthalmien bekannten symptomatischen Ciliar- neurosen treten zuweilen ganz i'rfih, zuweilen erst in der sp/iteren Epoche des Prodroma]- Stadiums, gleichzeitig mit den Obscm'atiouen auf, nut in seltenen F/illen fehlen sic g~nzlich. Das Prodromal-Stadium hat eine unbe- stimmte Dauer, in dcr Regel mehrere Monate, mitunter Jahre. Treten die Obscurationen mit Intervallen yon vielen Wochen ein, so ist der Ablaut dieses Stadiums noch unbestimmt; dr~ingen sie sich bereits in Intervallen einiger Tage oder darunter zusammen, so steht der Ausbruch des zweiten Stadiums zu erwarten; im Uebri- gen kann dieser auch unter ersteren Verh~iltnissen er- folgen, wie ja in ether Anzahl yon F~illen das Prodro- real-Stadium g/inzlich fehlt.

Die rasehe Zunahme tier I'resbyopic ist wohl lJicht ohne Bedeutung; ich glaube, dass sic bier

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bereits yon eincr Zunahme des inneren Druckes und Ab- flachung der Hornhaut herrlihrt. Die farbigen Erschei- nungen haben cinch ~ihnlichen Character als wenn man sic durch Druck auf das Auge hervorruft; sic h~in- gen nicht yon Diffraction oder accomodativenVerh~iltnissen ab, sondern siad bereits anf eine pathologische Inervation der Netzhaut zu beziehen. Dasselbe gilt yon den 0bseu- rationen. Die voriibergehenden Pupill~rerweiterungen ri]hren yon beginnender Iridopliigie her. Wahrseheilllieh ist die Empfindliehkeit der Cornea in entspreehender Weise herabgesetzt, doch wage ich hieriiber Nieht.s zu behaupteu, da kleine Sensibilit~its-Untersehiede, nament- lieh bei alten Leuten, bei denen ohnehin die Hornhaut- empfindlichkeit geringer ist, schwer zu erweisen sind.

Der eigentliche A u s b r u e h der K r a n k h e i t erfolgt in derRegel pl~tzlich; zuweilen entwickelt er sich dm'ch all- m~ihlige Steigerung der prodromalen Anf~lle. Es stellt sieh das Bild einer inneren Ophthalmie dar: heftige, oft unertr~igliehe Schmorzen im Auge , besonders aber in der Slim, der Sehl~ife und ira Seitentheil der Nase (soweit der Knoehen reieht), Injection des subcon- .junetivalen Gef~issnetzes, nicht selbst bis zur chemotisehen ' Sehwellung, mit reiehlieher Thr/inen-, abet ohne erheb- lithe Sehleimabsonderung; die vordere Kammer diffus getriibt, die Hornhaut meist yon hinten besehlagen, die Pupille unregelm~issig erweitert, mitunter aueh breite hintere Synechien, die Iris sehmutzig verf~irbt und naeh vorn gedr~ingt; das SehvermSgen zuweilen wie dureh ~:inen Sehlag vollkommen aufgehober~, zuweilen nur sehr besehr~inkt; das Gesiehtsfeld, wenn es messbar ist, ~m- t~inglieh entweder normal, um weniges leieht eoneentriseh verengt, dabei in der Mehrzahl der F~lle lebhafte subjective Liehterseheinm~gen, Photopsien, C h r o m o p s i e n : - das hlh:s in der Regel in oiner unruhigon Naeht cntstanden~ wie tiberhaupt die Mehrzahl der Kranken sehon l~nger vorher an Sehlaflosigkeit leiden. ~ Diese Entziindungs-

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anf~ille k~innen mit einer theilweisen oder beinahe totalen Wiederherstelhmg des Sehverm(igens zuriickgehen, nut pflegt die vordere Kammer etwas flaeher, die Pupille etwas weiter und tr'ager, die Iris fleckenweise entf'~irbt, und haut'ig aueh das Gesichtsibld etwas verengt zu bleiben. Eine solcbe tempor'are Restitution kann sport- tan eintreten; in der Regel wird sie dutch Antiphlogose, durch Opium in grosset Dosis und dureh Paracentese der vorderen Kammer erreieht. In manchen F'allen h~ilt abet gleich nach den ersten Anf'~illen, trotz tier Rfick- bildung der Entziindungssymptome, die Erblindung an. Das Insidi~ise der Krankheit besteht nun darin, dass entweder diese Entzilndungsanfiille sich nach Intervallen wiederholen, um .iedesmal eine neue und griissere Ver- schlechterung des Gesichtes zuriickzulassen, oder dass zwar keine neuen Entzfindungssymptome wieder ein- treten, aber das Gesichtsfeld immer enger, schliesslieh excentrisch wird, dass die Iris sieh immer mehr grau- lich veri%rbt, die Pupille sich erweitert und ihre Beweglich- keit vollends einbiisst, der Bulbus immer praller und die Cornea vollst'andig aniisthetis(:h wird. Die brechen- den Medien, d. h. humor aqueus und corpus vitreum, k~innen bierbei ihre diffuse Triibung wieder verlieren, so dass die ophthalmoskopisehe Untersuchung des A ugen- hintergrundes gut zul~ssig wird;-es zeigen sich alsdann in der Regel gewisse Ver~inderungen an den inneren Membranen, n~mlich eigenthihnliche, rundfleckige Netz- hautecchymosen, und nicht sehen grSbere Extravasate der Chorioidea, besonders in der Squatorialen Gegend, Ver/inderungen, fiber deren Bedeutung wir sofort einige Bemerkungen anknfipfen werden. Es zeigt sich fl~'rner in dieser sp~iteren Periode constant eine progressiv zu- nehmende Excavation des Sehnerven und ein, entweder spontan oder beim leisesten Fingerdruck hervortretender

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Arterienpuls, Erseheinungen, die kurz naeh dem ersten oder nach den ersten Ani~,illen durchaus fehlten.

Wir haben hier s~immtliche, oben als characteristisch Fdr die Druekzunahme erwiihnte Erseheinungen. Es kniiph sich nun nnabweisbar die Frage an, yon welcher der inneren Membranen eigentlich der pathologische Ausscheidungsprocess bedingt wird. Die ophthalinosko- pisch nachweisbaren Veriinderungen geben uns hieriiber keinen unmittelbaren hufschluss, und selbst die sehein- bar positiven Resultate diirfen nur mit Vorsicht zu Schliissen benutzt werden.

Man k~Snnte in dem ausserordentiich htiufigen Be- funde yon Netzhantecchymosen leicht eine Stiitze der einst yon Ph. v. W a l t h e r aufgestellten Ansicht sehen, der zufolge das Glaucom in ein~'m L e i d e n der Netz - h a u t wurzelte. Die rasch auftretende Erblindung, das Er- scheinen yon Photopsieen und Chromopsieen wfirde aller- dings mit solcher Auffassung harmoniren, um so mehr, als wir andererseits wissen, wie hochgradige Gewebs- veriinderungen der Chorioidea, wenn keine Abliisnng der Netzhaut eingeleitet ist, eine leidlich frf'.ie Function der letzteren zulas.sen. Dennoch glaube ich, dass die Netz- haut ledigli(.h in secund'arer Weise betheiligt ist. Die Iridectomie hat reich geh,hrt, dass massenhafte Netzhaut- ecehymosen der angefiihrten Art f'reilich die Sehsehiirfe etwas beschr~inken, class sie doch aber die eigentliche Erblindung keineswegs erkl~ren. Ja noch mehr, ich habe in einer Reihe yon F'allen constatirt, dass die Netz- hantecchymosen zum gr~ssten Theil (vielleieht s~immt- lich?) erst in Folge der Iridectomie auffraten und dass trotzdem zur Zeit der Beobachtung schon eine exquisite Besserung des SehvcrmSgens gegen t'ri]her eingeleitet war. Es betraf digs soh.he Fiille. in denen die Beur- theilung des Augenhintergrundes auch vor der Operation

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bel e~ner nut m~ssigen Tr[~tmng des brechenden Medien m~glich war. Die ganze Form des Netzhautapoplexieen unterscheidet sich wesentlich yon jenen vorwaltend strei- figen, dem Faserverlauf folgenden, Extravasaten bei apoplectischer Rednitis; es sind hies ausserordentlieh regelm~ssige, mmde Fleeken, welehe ausschliesslieh den Venen anzusitzen scheinen, und zwar meist da, we Ver- einigungen in breitere St~mme stattfinden. Im Uebrigen ist anfangs nieht die mindeste Mirnige oder streitige Tr[ibung der Netzhaut zug'egen. Es maeht mir das Bild des Netzhautleidens ganz den Eindruck yon Gef~iss- berstungen, welehe dureh meehanisehe Hyper~imie be- dingt werden. Wenn der intraoeulare Druek so welt steigt, um die Blntzufuhr dutch die arteria eentralis retinae zwisehen den Arteriendiastolen g~inzlieh zu unter- breehen (Arterienpuls), so Eisst sieh denken, wie stark die Strangulation der weir naehgiebigeren vena een- tratis ist. Dies giebt sieh aueh dt~reh die, in einem ge- wissen Stadium der Krankheit hie fehlende Dilatation der Netzhautvenen kund. Wird eine Paraeentese des vorderen Kammern oder Irideetomie v erriehtet, so ist alas pl~itzliehe Naehlassen des Draekes beim Bestehen einer solehen venSsen Ueberfiillung des natiirliehe Grund fiir das Zustandekommen yon Gefiissberstungen. Freilieh mag eine abnorme Disposition zur Hiimorrhagie aueh dureh anderweitige Momente gegeben sein, besonders bei alten Leuten mit rigiden Arteriem Es kommen so- genannte apopleetisehe I;'ormen yon Glaueom vet, in welehen die It~imorrhagieen des inneren Hiiute einen aussergewShnliehen Umfang erreiehen, in denen sogar fr[ihzeitig h~imorrhagisehe Netzhautabl~isung sich hinzu- gesellt, aber wir miissen, um nosologisehe Fragen zu entseheiden, stets bei den typisehen Krankheitsbildern verweilen, und in dieser Weise glaube ieh, dass die

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Netzhaut bei dem aeuten Glaueom eine untergeordnete und seeundiire Rolle spielt.

Welches sind nun (lie direeten Beweise fiir eine A d e r h a u t e n t z [ i n d u n g bei Glaucoma? Wir wissen, ,:lass sich im sp'ateren Verlaufe h~iuiig Eetasieen, beson- ders in der iicluatorialen Gegend des Bulbus bilden, wit wissen terner, b,,sonders durch Arl t , class an diesen Stellen bei der Zergliederung wirklieh Entziindungsvof giinge naehzuweisen sind, allein es bezieht sieh dies Alles eben auf einc sp~itere, Periode des Uebels, und wi]rde immerhin in pathogenetiseher Beziehung aueh Fdr andere Deutungen zugRngig sein. So k[~nnten naeh Zunahme des intraoeularen Druekes, abgesehen yon der urspriingliehen Ursaeim, Hervortreibm)gen einzelner rela- tiv sehwaeher Theile entstehen, und es k~Snnten dann, als Folge der Ee(asie. gewisse Gewebsveriinderungen an diesen Theilen hinzulreten. Ein solc'hes Raisonne- ment wiire um so zuliissiger, als die naehgewiesenen Gewebsveriinderungen an den sp'ateren Chm'ioidalsta- phylomen sieh doeh racist auf VerdSnnung der Ader- llatlt un(l aul" VerRithung derselben mit der Selera be- sehriinken. - - Naeh einem einmaligen Anfalle glaueo- matiiser Entziindung weist der Augenspiegel in der Regel niehts als unregelmiissige Vertheilung des Pigmentes und zuweilen Eeehymosirungen iu der Aderhaut, be- sonders in der iiquatorialen Gegend naeh. Die letzteren hatte ieh fl'hher nur bei ehronischen Fiillen geseheu; erst seitdem die ginfiihrmlg der h'idectomie eine ophthal- moseopis(:he Untersuehu,lg in einer friihzeitigen Periode ermSglieht, hat aueh der erw'ahnte Befund t'fir die aeu- ten F~ille, um die es si('h hier handelt, an Hiiufigke, it gewonnen. Die Chorioidaleeehymosen seheinen weit rascher zu versehwinden, als die Netzhauteeehymosen;

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]etztere pflegen sich 2-- 3 Wochen nach der Iridectomie, und zuweilen betr~ichtlieh ]Sager, zu erhahen (s. unten). Die Chorioidalecchyniosen sail ieh nut, wenn ich vor Ablauf yon 1~ Wocherl nach der Operation (lie Unter- suchung anstellte; ihr Nachweis erFordcrt iiberhaupt viel mehr Aufmerksamkeit, well sie sich durch ihre unregelm~issige Form ~:eniger markiren und well man dabei den Blick stark seitw~irts oder nach unten richten lassen muss. Auf der andera Seite habe ich reich in den letzteo Monaten davon iiberzeugt, dass die Chorioi- dalecchymosen vor der Operation existiren und nicht etwa nachtr~glich, wie der griisste Theil der Netzhaut- ecchymosen, eintreten. Es w~ire also wenigstens ein Moment mit Sieherhcit nachgewiesen, welches fiir einen Ausgang des Leidens yon dcr Aderhaut direct spricht. - - Die Mideidenschaft dcr Iris lenkt ferner unsere Aut'- merksamkeit unabweisbar auf den Tractus der Uvea. In Betreff dieses Punktes hebe ich hervor, dass die Iris beim acuten Glaucom allemal, wenngleich in sehr ver- schiedenem Grade, eutziindlich mit "erkrankt. Es wird dies yon den Meisten nur fiir die F~lle, in denen sich gleichzeitig hintere Synechiecn bilden, angenommen; aber auch f'dr die anderen Fiille, in denen dies nieht geschieht, kounte dureh die Untersuchung der excidirten Iris der Nachweis geliefert werden. I)iese zeigte sich immer steif und infiltrirt. Die Triibung des Kammer- wassers und der Beschlag der hiateren Hornhautfl~che bilden neben der unregelmi~ssigen Lichtbrechung (my- driasis) und der gelben Liuse (Alter der Patienten) den Hauptfactor fiir die glaucomatSse Farbe der Pupille, und diese Triibungen sind doch unabweisbar auf ent- ziindliche Ausscheidung Seitens der Iris zu bezichen. Der Grad der iritischen Betheiligung bci dem Leiden influenzirt iibrigens das Krankheitsbild wesentlich. Ist

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derselbe hoch entwickelt, so scheint dutch Hypersecre- (ion yon triil)em Kammerwasser auch der Druck in der vorderen Kammer bedeutend zu steigen, es wird als- dana die Iris nicht hervorgedl4ingt u. s. w. - - Was lneines Eraehtens das l:tauptargument fiir die Anuahrae einer Aderhautentzfindung constituirt, ist eben die Trii- bung des Glaskih'pers sell)st. Tr~igt dieselbe auch, wie wir dutch Versuche nach Paracentese der vorderen Kammer erfahren haben, zum sogenannten glaucoma- ttisen Hat)itus (der Pupille) wenig oder gar nichts bei, so wird deren Existenz doeh trotz ihrer diffusen Natur dutch den Augenspi('gel sicher gestellt. Es sind hierfiir wiedertlm Versuche unmittelbar naeh Abfiuss des Karn- merwassers beweisend ; selbst wenn alsdann die h'is ganz deutlieh erscheint, und die glaucomatl;se F~irbung der Pupille beinahe verschwunden ist, so existirt immer noch der Schleier, der die Details des Augenhinter- grundes verwiseht. Vollkommen glei('.hrniissig is( iibrigens die Ol)acit~it nicht, in der Regel sind die unteren Theile des Glaski;rpers stfirker getriibt, so class die Unter- suchung beim Blick nach oben noch relativ am ergie- bigsten ist. In cinzehle Figuren l~sst sieh aber die Opacit~t nicht aut'liisen. Wir beziehen diese Trtibung unter ol)wahendetl Verh~iltnissen off'cnbar am natfirlich- sten aut' eiuen pathologischen Ausscheidungsl)rocess Seitens der Chorioidea. Es hat (lies, wenn wir einmal das physiolog'ische Bedenken der GlaskSrperern~hrung durch die 'Chorioidea (iberwunden haben, jedenfalls keine Schwierigkeit. ~ Ein begreii'li('her Einwand liegt darin, dass nach dem glaucomat6sen Aafall doch eigent- lieh im Gewebe der Chorioidea wenig Kraukhai'tes mit dem Augenspiegel nachgewiesen werden kann, wfihrend man bei (tell iibrigen Entzihlduugen der Chorioidea so auffalleude Ver~nderungen sieht. Es bb~weist dies je- doch nur, dass es sehr verschiedenartige Entziindungen

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der Chorioidea*) giebt, und der Hinbliek auf die Krank- heiten der Iris wird uns hier, glaube ieh, in ganz pas- sender Weise leiten. Aueh an dieser kommen Pro- cesse vor, welche sich bei mSssigen Ver~inderungen des Kammerwassers dm'ch hochgradige Circulations- und GewebsstSrungen characterisiren, w~ihrend es deren an- dere giebt, fiJr welche eigentlieh die Triibung des Kammerwassers allein pathognomonisch ist. Das Bild der sogenannten iritis serora oder hydromenin- girls ist schon yon den iilteren Autoren vortrefflich aufgefasst und nur in mancher Beziehung durch die friiher herrschenden anatomischen Vorsteliungen un- brauchbar geworden. Eine solche Entziindung kann sehr lange bestehen, ohne dass namhafte Gewebsver- tinderungen, Verwachsungen und derlei hinzutreten, jedenfalls bleibt das Hauptsymptom diffuse Triibung und Vermehrnng des Kammerwassers, wahrseheinlich mit Zunahme des Druckes in der vorderen Kammer (vielleicht ist hierauf die zuweilen vorkommende Pupil- larerweiterung zu beziehen). Ieh stelle mir die glaueo- maffise Chorioiditis in ~ihnli('her Weise vor, d. h. be- senders als eine seeretorisehe Krankheit. Die seriise Iritis ist auch in nosologiseher Beziehung mit dem ('hronisehen Glaueom verwandt; wit finden nicht selten Ueberg~inge der ersteren in letzteres, wie man es eben- falls yon den ~ilteren Autoren ~ mutatis mutandis angedeutet findet. Auch (tie Therapie beider Affeetionen

*) Ein Aussprueh H. M t i l l e r ' $ war mir in dieser Beziehung sehr interessant. Derselbe, welcher in den letzten Jahren die pathologisch-histologisehen Ver~inderungen bei inneren Ophthalmieen so eingehend verfolgt hat, versicherte mich, dass er, selbst bei massenhaften Ausseheidungen an der inneren Flliche der Chorioidea und des Ciliarkllrpers, oft narnhafte Gewebsveriinderungen vermisste. Es beweist dies, wie vorsichtig man mit dem Lil.ugnen der Ader- hautprocesse sein muss, wenn sich, wie hier, die Diagnose nieht dutch den Sitz der Exsudate aofort verr/i.th.

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ist analog, mit dem Unterschiede, dass bei iritis serora die Iridectomic ein ultimum rethgium bildet, da die Heihmg h~ufig auch durch andcre Mittel erreicht wird.

Fasse ich das Gesagte zusammen, so h a l t e ich alas acu te G i a u c o m fi ir e ine Chor io id i t i s (oder I r i d o c h o r i o i d i t i s ) mi t d i f f u s e r D u r c h - t r~inkung des co rpus v i t r e u m ( u n d h u m o r a q u e u s ) , bei de r du rch V o l u m s z u n a h m e des l e t z t e r e n e ine r a s c h e S t e i g e r u n g des i n t r a - o c u l a r e n D r u c k e s , C o m p r e s s i o n d e r N e t z h a u t und die b e k a n n t e R e i h e d e r C o n s e c u t i v e r s e h e i - n u n g e n a n g e d e u t e t wird.

2. Das c h r o n i s c h e G l a u e o m .

Die Entwickelung weicht hier yon den sub 1 be- schriebenen F~llea dadurch ab, dass sich kcine ausge- pr~igten~ periodisch wiedeIkehrenden inneren Entziindun- gen zeigen. Die im Prodromalstadium intercurrirenden Anf~lle verliingern sich, lassen si)~ter keine Intermis- sionen, sondern nur Remissionen zwischen sieh, und kS erreicht das Auge seinen glaucomatSsen Habitus unge- s so, wie es dort nach Ablauf der Entziindungspro- cesse der Fall war: Die Pupiile wird allm~lig welter, dig vordere Kammcr flaeher, die Iris ver[~rbt sich, ob- wohl in weniger aufl'allender Weise, dcr Bulbus wird praller, die subconjunctivalcn Venen brciter, das Ge- sichtsfeld verengt sich, die Schsch~rfe nimmt ab ~ und das Atles, ohne (lass icmals het~ R~thungen, Schwel- lungen, Reizerscheinungen hinzutreten. Ciliarneurose fehlt sehen g~inzlich, macht jedoch ebenf'alls nicht jene st[irmisehen Mlf~ille. W(:nn nicht das Verhalten der brechenden Medien und der Iris auf einen localen Pro- cess im Auge deuteten, so kSnnte wirklieh das Uebel bis zu einem gewissen Stadium mit einer Amaurose

Archly f'&, 0phthalmologle. B~nd IIL 2. 31

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extraoeularen Ursprunges verwechselt werden. Da fer- net dcr Augenspiegel verh~ltnissm~ssig fi'iih eine all- m'alig sich entwickelnde Sehnervenexcavation und nicht viel spiiter Artcrienpuls zeigt, so liegt fiir manche dieser F~ille dev Irrthum sehr nahe, eben das Sehnervenleiden ffir das urprfingiiche Stadium zu halten. Ein genauer Vergleich der beideu Angen zeigt abet, dass die Iris auf der kranken Seite etwas ged'ampfter er- scheint, woraus bereils auf cine diffuse Trfibung des Kammerwassers zu schliesscn ist. Diese wechselt ihrem Grade nach fibrigcns ausserordentlich rasch, so class sic zuweilen in eincm Tage mehrmals wwschwindet nnd wieder auftaueht. (In einigen Fiillen steht dies mit den Mahlzeiten, k~rperlichen Bewegungen, dem Schlafe etc. in unleugbarer Beziehung). B c i d e r ophthalmoskopi- schen Untersuehung hat der Augenhintevgrund stets etwas Verwischtes, doch ist es schwer zu sondert~, in wie welt sich hierbei der hnmor aqueus, in wit weit das corpus vilreum betheiligt. Es ist ferner die Pupille grSsser, etwas triiger, und zwar letzteres nicht b]os auf Lichteinfall in das betroffcne Auge, sondern aueh (rela- tiv) auf Lichteinfall in das gesunde zweitc Auge, auf Aceommodatioas-Verihlderungen trod Verk(h'zung der recti interni. Dieses Verhahen unterscheidet sich schon wesentlich yon an~isthesia retinae incipiens, we dig Zu- sammenziehung der Pupille unter den letz{genannten Verh~ihnissen intact bleibt. Ot~bnbar ist bier bereits dutch Ztmahvae des it:traocularen Druckes die Leitung in den Oiliarnerven direct herabgesetzt. Recht umsich- tige Betastung des Bulbus (mit den fiblichen Vorsichten gegen Irrth(]mer aus der Versehiebung) weist meist die prallere Rosistenz, und Berfihren der Cornea mit einem Papiert,:itchcn die geringere Empfindlichkeit naeh. Ieh wiirde dies Alles hier nicht n0eh einmal hervorheben, wenn nicht gerade diese Fiille zu einer gewissen Periode

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durch die Sub(lilt,it der Symptome Tauschungen her- beifi~hrten. Der Augenspiegel zeigte mir, jedoch nieht constant, Ghorioidaleechymosen in der ~iquatorialen Ge- gend. Ob Netzhautecehymosen vor operativen Ein- griffen vorhanden sind, kann ich nicht entseheiden; naeh solchen bilden sic sieh oft in fiberraschender Ausdeh- nung. Ist das Uebel abgelaufen, so 'Shnelt es den sub 1 besehriebenen F~illen sehr, nur pflegen alle yon Zunahme des intraoeularen I)ruckes herzuleitenden Symptome weniger markirt zu sein.

Das zwischen dieser und der vorigen Kategorie yon Fiillen ran" ein gt+adueller Untersehied exislirt, wird schon dad ureh wahrseheinlieh, dass sehr hiiufig auf dem einen Auge die erstere, auf dem andern (lie zweite Form sieh entwiekelt. Dies liegt der alien Erl'ahrung zu Grunde, naeh der sieh auf einem Auge exquisites Glaueom (unter den Syrup(omen der arthritisehen Opht|lalmie oder der glaueomatSsen Chorioiditis), auf dem andern Auge aber eine Erblindung entwiekelt, die sieh nur im sp~iteren Verlaufe yon (~iner eini'achen Amaurose aus extraoeu- larm~ Ursa('hen unterseheidet. Es geht i'm'nee die s';ieh- liehe Identitiit beider Uebel aus den gemeinsamen Ver- /inderungen (let inneren Membranen (besonders eechy- motiseher Natur) und aus deal gemeinschaftliehen Endes- ausgang hervor. Sehliesslieh muss erwiihnt werden, dass die zweite Form nieht selten in die erste tibergeht; sie stellt alsdnnn gewissermassen ein heftigeres und nieht mehr iutermittirendes, sondern nur remittirendes Prodro- malstadium dar. Dg:ult~t gilt nat~rlieh atteh das fiber dan seeund'aren Eintritt der Sehnervenexeavation Gesagte nur mit Besehriinkung, indem zur Zeit des aeuteren Ausbruehs bereits das Sehnervenleiden dureh die prii- existirende (ehronisehe) Erkrankung eingeleitet war.

Im Uebrigen will ieh gern zugeben, dass diese Fm'm des ehronisehen Glaueoms noeh vieles Dunkele hat. Ieh

31 ~

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glauhe zwar, dass die Sehnervenexeavation bei derselben sich ebenfalls dutch I)rueksteigerung erkl",h't, kann abet den Naehweis deshalb lfieht fiih~'en, well die bei der ersteren Form bestehende I-Iarmonic zwischen dem Seh- net'venleiden und den anderen I)rueksymptomen hier aller- dings ni(,ht immeP he~'voi'tritt.

3. A m a u r o s e m i t S e h n e r v e n c x c a v a t i o n .

Bei diesen FSllen, die nur nach Eini~dtirung des Ophthal- moskops yon Manehen den Namen des Glaueoms erhiehen, fehh durchaus der glal~eomatiise Habitus in den 5usseren Theilen des Auges, w'3hl'end genau dieselbe Form yon Sehnerw~,nMdetl wie dort stattfindet. Diese bildet die einzige materiell nachw0isbarc Ver~inderung. Da die breehenden Medien hier vollkommcn ldar bleiben, so kann allerdings der Sehnerv etwas anders gef:,irbt erschei- nea als beim Glaucorn, circe wesentliche Unterseheidung ist abcr zur Zeit nieht m~iglieh. Nur der Arterienpuls wird hier in tier Regelnicht spontan beobachtet; doch kann ieh nicht l~iugnen, dass dePselbe beim Aniegen des Fingers gewShn- lich leichter hervortritt, als bei gesunden Augen.- -Wir kSn- nen uns in Ermangelung aiM" iibrigen aufDruckzunahme deutendel' S.ymptome hM" unmSglich die Pathogencse des Sehnervenleidens in der oben bezeic]meten Weise denken. Es schcint mir zur Verstiindigung dringend nSthig, diese Fiille aus der Gruppe de1' glaucomatSsen Erkrankungen auszuscheiden, und ihr Studium untel' dem angeFdhrtcn Namen, o(lel" einem anderen, fort zu betreiben. In den functionellen StSrungcn haben dieselben i~brigens die grSsstc Aehnlichkeit mit dein cln'onischen Glaucom, nur ist die Entwiekelung eine gMchm~issigcre (meist ausser- ordentlich langsame) und zeigt weniger jene intercurrenten liTerdunklungen. Auch die Chcomopsieen tretea weniger het'vor. Das Wesentli('he bleibt eine allmiilige Beschriin-

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kung des Gesichtss gewShnlidt yon einer Seite her sich verbreitend; zuweilen ist dieselbc genau eoncentrisch und in diescn FSlIen zeigt sich die cer..trale Sehsch~iri'e off relativ noch ausserordendich gut, so dass Individuen kleinste Schrift lesen~ abet sich nicht mehr sieher iiihren kSnnen, eine Discordanz, die wcnigstens in so hohem Grade sich niemals beim chronischen Glaucom finder.

Ausser dee Identit~it im Aussehen des Sehnerven und der Aehnlichkeit in den functionellen StSrungen trug zu der unberechtigten Fusion dieser Krankl',eitsgruppe mit der glaucomatSsen noch der Umstand bet, dass zu- weilen sich auf einena Auge typisches Glaucom, au~" dem zweiten Auge eine solche Amaurose mit Schnervenex- cavation entwickelt. Abgesehen aber davon, dass diese F~lle, naeh strenger Abscheidung der zum chronischen Glaucom gehSrigen, ~iusserst selten und deshalb viel- leicht auf eine zuf.allige Complication zu beziehen sind, so kSnnte das fiber sympathische Amaurose des zweiten Auges (si~_he die vorige Abhandhmg) Gesagte hier in Betracht kommem wenn auders die Sehnerven- excavation bei weiteren Studien eine Art pathognomoni- scher Bedeutung fiir sympathische Amaurosen behauptet. Es dih'fte dann die Erkrankung des zweiten Auges zum Glaucoma in einem analogen Verhiiitnisse stehen, wie wir kS fri'lher bei der Iridochorioiditis fanden.

Die Beobachtung, dass derlei Amaurosen beil'augerem Bestehen in das oben geschilderte Bild des Glaucoms tibergehen, kann ich zur Zeit nicht besliitigen. Ieh urgire dies, well es der Meinung einiger Fachgenossen und meinen eigenen friiheren Vermuthungen widerspricht. Eine solche Dentung wurde uns besonders nahe gelegt dureh die zweiterwiihnte Kategorie yon Fiillen, in denen die Sehnervenveriinderuug zuweilen das auff/illigste Symptom ist, wiihrend dig iibrigen Kennzeiehen aniRng- lieh einer sehr sorgsamen Pr{ifung bediirt'en und dann

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erst sp~iter, unter einer s(:helnbaren Metamorphose des Krankheitsbildes, ia den Vordergrund treten. Das aus- nahmsweise Vorkommen der disparaten Uebel an beiden Augen gab auch der erw~hnten Auffassung a priori einen Vorsehub. Ich habe bet Amaurosen mit Seh- nervenexcavation keine anderen Umhildungen gesehen, als die ill Atrophic des Sehnerven und der Netzhaut, und wenn wirklich die Zukunft anders entschciden, wenn wirklich zur reinen Sehnervenerkrankung ein Leiden tier inneren Membranen, dem des Glaucom fihnlieh, tfinzu- treten sollte, so wiirde uns dies keineswegs berechtigen, alas Sehnervenleiden im Allgemeinen als tin erstes Sta- dium des g|aucomatiisen Uebels zu bezeiehnen, da gerade Fdr die typischen, am meisten aui'gekl~irtcn F~ille sich die Sache sicher tlmgekehrt verh~h; sondern es wiirde immer nut da~'aus resultiren, dass eiue gemeinsehaftliehe inhere Ursache (z. B. in den Gei'iissen).je nach ihrer Modalit~it und Verbreitung zwei versehiedene Krankheits, formen hervorbringen karm. (S. A. f. O. Bd. I, Abth. 1.)

Naehdem ich die Nothwendig'keit ether Abseheidung dieser F~ille aus der glaueomatiisen Gruppe erkatmt, war ich eine Zeit lang dafiir geneigt, dieselben den cerebralen Amaurosen zuzureehnen, well marl nJimlieh unter den Befunden bet Cerebralamaurosen nicht selten eiE~e Sehnervenve~'~nderung vorfindet, welche der Ex- cavation nahe steht. Alhn~lig trateu .jedoeh aueh hicr deutliehere Untersehiede hervor. Bet de~ljenigen Ce- rebralamauvosen, welche ich im Sinne habe, ist deL" Sehnerv aueh vertiet't, abet es tbhlt die Verschiel)ung der Gef~isse, oder sic ist nut" schwach angedeutet. Die Gef'~isse selbst werden dabei yon Anfang an diinner und die Substanz des Nerven weiss, nach Art einer Sehne refleeticend, die Peripherie der Papilla kleiner. Bet unserei' Excavation sind namentlieh die Venen an- tangs breiter und erst in eine~" ganz sf)~terl Periode

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wird der Nerv weiss, zuweilen etwas gl~nzend, dennoch die Papilla kaum kleinet'. ,Jenen Befimd nenne ich zur Unterscheidung nicht mehr ,,Excavathm", sondern ,,Re- traction." Er bezeiehnet sieher eine Abart der Seh- nervenatrophie und ist in der Regel auch yon anderen, auf eerebrale Ursachen deutenden Swnptomen begleitet, welehe bei der Excavation beinahe constant fehlen. - - Es bleibt demnach nichts i'flMg, als die Sehnerven- excavation vorlaufig als substantielles Leiden des ner- vus optieus zu betraehten. Ob es schrumpfbnde Ex- sudate sind, welehe die Oberflache zuriiekziehen, bleibt sehr problematiseh, well wit kein Stadium der Schwelhmg naehweisen kiinnen; jedenfalls aber muss f'fir das Zu- standekommen des Sehnervenleidens ein doppelter Her- gang existiren, einmal dureh Druek auf die Fl~iehe tier Papilla (Glaueom), und dann Zug you dem Stamrne des Nerven aus (Amaurose mit Excavation des Sehnerven); unerklart bleibt, dass letzteres, wenngleieh in untergc- ordneter V,"eise, zu dem PulspMnomen disponirt.

Wie viel Unsieheres uns in diesem Capitel noeh entgegentritt, ergiebt sieh wohl aus unseren eigenen Betrachtungen, abet das kann ieh nicht scharf genug hervorheben, da s s das S e h n e r v e n i e i d e n a l le in naeh d e m j e t z i g e n S t a n d d e r S a c h e n i e h t mehr als b e g r i f f b e s t i m m e n d fiir G l a u e o m zu eraeh- ten i s t , wel l d a s s e l b e in e ine r R e i h e ,con F~l len eine dem G l a u e o m d u r e h a u s f r e m d a r - t ige P a t h o g e n e s e hat.

VII.

Die Unheilbarkeit des 6lmlcoms schien den urspri;mg- lichen ophthalmoskopischen Ergelmissen zufolge eben darin ihren Orund zu haben, dass die Ver~inderungen

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im Auge nut conseeutiv seien und yon e|ner extraocu- laren Quelle, set es in dem Sehnerven oder in den zu- fdhrenden Gef~issen, derivirt werden miissten. Obwohl ich nun die Ansicht i~ber die ~itiologiscbe Beiheiligung des Arterien-Atheroms, wie ich sie in meiner ersten Note fiber Glaueom ausspraeh, noch nicht ganz bet Seite setzen kann, - - ein Punkt, au[" welchen ich sparer zu- r i ickkomme--so gewann doch die Frage yon der The- rapie des Glaucoms i~ir reich wieder eine andere Rich- tu~Jg, sobald ieh den eigentliehen Ausgangspuukt der Erblindung nieht mehr in die Veriinderung des Seh- herren, sondern in die Zunahme des inlraoeularen Drueks setzte. Die Entziindung der Chorioidea selbst weiehtja, wie wir wissen, spontan oder wird in der Regel dureh die fibliehen Arzneimittel, besonders dureh Antiphlo- gose, beherrscht, abet die Folgen der Druekzunahme, vorztiglieh die Excavation der Sehnerven - - diese bil- den das eigentlieh delet'are Moment. Die Iteilidee, in welche ieh einging, war demnach die: dureh irgend ein Vers eine Herabsetzung des intraoeularen Drueks einzuleiten.

Naehdem alle andern Mittel, die eine rasehe Ablei- tung der Siit'te yore Auge erzielen, in Sonderheit Anti- phlogose, Diaphoretiea, Diuretiea, Laxantia, und ein mer- curielles Verfahren, selbst his zur Salivation durehger{ihrt, in meinen Hiinden, wie in denen der andern Faehgenos- sen, sieh eriblglos gezeigt, so glaubte ieh meine Auf- merksamkeit besonders auf ein ZJrtliehes gerfahren rich- ten zu miissen. Die ersten Mittel, welehe hier versueht wurden, waren die Mydriatiea deren druekmindernde Wirkung ieh bereits vor geraumer Zeit naehgewiesen und in versehiedenen Riehtungeu t'i~r die Therapie zu verwerthen reich bemliht habe. Es blieb jedoeh bier ein jede Heileffeet aus. Selbst die begleitende Ciliarneurose, welehe in andern Krankheiten (Ceratitis, Iritis) den Atro-

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pin-Instillafionen meist so raseh weicht, wird hier dutch dieselben nicht im mindesten iuflnenzirt, wahrscheinlich weil bei der Steigeruug des intraocularen Drucks gar keine oder eine h~chst geringe Au[nahme des Mittels durch die Hornhaut zu Stande kommt.

Hieran schlossen sich die Versu.he mit wiederhol- ten Paracentesen der vord~ren Kammer, welche schon so sichtliche Resultate gahen; dass ich im Inter- esse weiterer Studien zur Zeit (A. i" O. Bd. I, Abth. 2) eine VerSffentlichung nicht scheute. Es liess sich n/imlich bereits llaehwei~en, dass nicl,t hies der Ab- fluss des triiben Karnmerwassers und Ersatz desselben dutch ein durchsichfigeres Fluidum eine Lichtnng des SehvermSgens herbeifiihrte, sondern dass ausser dieser unmittelbaren Wirkung, und w)n derselben deutlich zu unterscheiden, nocb eine zweite Heilwirkung auf den Process selbst eingeleitet wurde. Es hatte welter die Paracentese den grossen Vortheil, die Dopendenz violet glaucomat~ser Symptome yon der Druc, ksteigcrung zu beweisen (so der tIornhautan~isthesie). Endlich kounte ich nach den Paracentesen zuerst die ecchymotischen Ver/inderungen im Augenhintergrunde w~ihrend der frii- heren Periode des Uebels constatiren, well durch die- selbe relativ frfih eiue Kl~irung dot brechenden Medien eingeleitet wurde. Leider aber solhen di~, Heilresultate in der unendlichen Mehrzahl tier F/il1~, nut tempor~ir sein. Von den viel(m Kranken, welche ich mit dieser Methode behandelt babe, sind es nut zwei, welche einc dauernde Heilung behalten haben; znn~ichst eine Frau in den Fi]nfzigern, der successive beide Augen unter dem Bilde des aeuten Glaucoms erkrankten und welehe jetzt naeh 3 Jahren noch eines vollkommen guten Seh- vermSgens, trotz atrophirter, verf/irbter Iris und unregel- m~issig mydriatischer PL~pille. geniesst; der zweite Fall: ein Mann in den Vierzigern, dessen rechtes Auge zuerst

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glaucomatSs erkrankte und durch Paracentesen geheilt, dessert linkes Auge ein halbes Jahr naehher befallen und bereits dutch I,'idectomie gehcilt wurde. - - Es er- gab sieh demnach die Unzureiehenheit der Paraeentese, und es geh~irten ausserdem die wenigen geheihen Augen zu denen, in welchen der entziindliche Exsu- dationsprozess, obwohl, mit dem ganzen Symptomen- complex des acuten Glaueoms einhergehend, doch bei seinem ersten Auftreten das Sehverndig'en nur in m'Sssi- gerWeise herabsetzt. Bei den fibrigen Kranken kam, nach- dem die Besserung Tage, Woehen, selbst einige Monate gedauert, die Verschlimmerung, jedoch in dee Regel nieht in Form einer heftigen Entziindung, sondern in Form des ehronischen Glaucoms. Selbst da, wo die Besserung in der Sehseh'~rfe I~inger als 3 Monate sich zu erhalten sehien, war doeh schon hm~rhalb dieses Terrains durch die Abnahme des Gesiehtsfeldes eine {ible Ver~inderung zu prognostieiren. Anfangs w~ihnte ich dureh methodisehe Wiederholung der Paraeentesen diesen Rfickschfiben Widerstand leisten zu kSnnen; al- lein es wurde die jedesmalige Dauer des therapeutisehen Effbetes successive k[irzer und blieb endlieh (f{ir das SehvermSgen) g~inzlieh aus.

Naehdem die Paraeentese sieh als unzul';inglieh er- wiesen, stellte sieh f~ir reich die Frage, ob nicht start der tempor~iren eine dauernde Druekver~inderung erzielt werden kSnne. Es fiel dies bereits in eine Zeit, in wel- eher mir die Wirkung der h'ideetomie bei eh,'oniseher Iritis und versehiedenen Formen der IridochorMditis bekannt war. Die gerh/iltnisse aber, um dle es sieh bei Glaueom handelt, sind yon denen bei gewShnlicher Iridochorioiditis so verschieden~ dass ich kaum aufthe- rapeutisehe Analogieen, in Betreff der Irideetomie, zu hoffen wagte. Was mieh dort geleitet, war lediglich

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auf die VerMil(nisse der Reg~,nbogenhaut gegdlndet; die Operation zi('lte g~,gen den Abschluss der Pupille, als den Quell delet~rer Folgccrscheinungen, dass aber di~; Excisio:l eines It'isstiick(,s direct druckvermindernd wirkt, ging aus den Resultatcn bet Iridochorioiditis nicht hervor und ieh wurde sogar an eine solche Vi~irkung um so weniger erinnert, als sich der sccund~ire Effect gerade h/iufig in Ausfi~llung atrophischer Augen aus- sprach. *)

I)ageget~ war es besonders der Nutzen d(,r Iri- dectomie bet Ulcerationen und lnfiltrationen der Co t nea, welcher reich auf die druckvermindernde Wirkung brachte. Zu den in meincr Arbeit (A. f. O. Bd. II, Abthl. 2) in dieser t3eziehm~g angef'/ihrten Resuitaten gesetlte sieh bald noch eines hinzu, welches mir wm ~,.osserWiehtigkeit schien. Es betrif'ft dies pm'tiellc Stal)hylome der Hortlhaut und Staphylome dcrSclera. Bei den ersteren combinirte man fi'iiher gewShlflMl dieAbtragung des Staphyloms mit derPu- pillenbildung (wenn solehe anders dur(:h die Unbrauehbar- keit der n attirlich,m Pul)ille angezeigt war) in derWeise, dass

*) Was mir yon mehreren Seiten eingcwandt worden ist, dass geradc die Zunahmc ,lcr Spannung nach der Operation bet atrophi- schen Augea meinen Sinn gcgen die h'idectomie bet Glaucom hKtte wenden mlisson, kann ich durchaus nicht zugcbcn. Ich babe daraus hie geschlosscn, ,lass die Iridectomie die directe 'Wirkung einer Druckvermehrung in sich schticsst, sondcrn ich habe tedigli(.h .die Wirkung gegcn die Chorioi4itis im Auge gchabt~ tmt~ die Ausffiliung des Bulbus als indirecto Folg(~ erkliirt. So gut eino Chorioiditis, je nach ihrcn Stadicn und ihrcr ModalitKt, Ueberfiillung des Bulbus oder Collapsus hervorbringcn kann, so kann auch dasst~Ibe Mittel, weichcs dio Chorioiditis bescitigt, scheinbm, in entgegengesetzter Richtung wirken. Der therapcutische Effect der MitteI ist dem phy- siologischcn oft diametral entgegengesetzt, und wenn ich heute g[aubc, dass dic Irideetomie physiologich cinc druekvermindernde ~"irkunq hat, so steht dics den fi'iihercn Erfahrungen tiber die Ausffillung airophischer Augen meines Erachtcns nieht entgegen.

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zuerst die Abteagung und dann Pupillenbildt,ng verrieh- tet wurde, kls ieh aus anderweitigen Griinden diese Praxis umgedreht, gewahrte ich, dass naeh Irideetomie h~ufig die ectatische Pattie giinziich in das normale Nivea~: der I-Iornhaut zur~ickwich, und dass die zweite Operation alsdann nnn~5lhig ward. Ja ieh babe F'alle gesehen, in denen partielle Sta[,hylome wiederholent- lieh erl'olglos operativ angegriffen waren, und bei denen die Ieideetomie das vorher vermisste Resultat hervor- braehte; Ebenso babe ieh anfa•gs an erblindeten Augen, welehe mit multiplen Seleralstaphylomen behaftet waren, mehrere real ein vollstRndiges und dauerndes Zuriieksinken dee eetatisehen Partien naeh Irideetomie gesehen; sp~iter habe ich die Operation unter /ihnlichen Verh'altnissen bei noch bestehendem Sehgerm(igen mit ErIblg ver- richtet.

Es stellte sich nun die Frage entgegen, ob auch an gesunden Auge die Iridectomie eine Herabsetzung des intraocularen Druckes bewirkt, oder ob dies blos unter gewissen krankhaften Bedingu,gen anzunehmen sei. Ieh glaub.e diese Frage bojahen zu kg3nnen, ob- wohl ich zur Zeit noch keine exaeteren Untersuchungen vorlegen kann. Thieraugen, denen ich grosse St[icke Iris exciirte, schieuen mir bei der Betastung in der Regal etwas weicher, f'dhrte ieh bei solchen Augen das Ansatzrohr eiaer Anel 'sehen Spritze mit Umsicht in die vordere Kammer, so slieg nieht mehr wie gew6hn- lich dutch Wirkung des inlraocularen Drueks des humor aqueus in seiner Totalit'at, sondern nut theil- weise in die HShe. Auch bei Kranken, die wegen leu- coma adhaerens der Pupillenbildung unterworfen wur- den, glaube ich eine geringe dauer, de Abnahme der Consistenz constatirt zu haben.

Auf diese Thatsaehen und Vermuthungen gest~itzt,

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glaubte ich mich allerdings zu einer Ausffihrung der Iridcctomie bei Glaucom berechtigt; denn einmal kannte ich die giinstige Einwirkung der Operation auf die cir- culatorischen VerhSltnisse der Chorioidea, und sodann schien alles dafiir zu sprechen, dass der Operation wahr- scheinlich eine physiologische und sicher h~iufig eine thcra- peutische druckvermindernde Wirkung zukomme. - - Die ersten Vcrsuche ficlen ausserordeatlich schwankend aus, da ich sowohl ffir die Wahl dcr F~Ilc, als fiir die Mo- dalit~itert des Versuches kcine Anhahepunkte hatte. Ira Juni 1856 wandte ich das Verfahren zuerst, und yon dann ab besondcrs auf die oben als acutes Glaucom geschilderten F~ille an. Die unmittelbaren Effecte stellten sich sofort als sehr giinstig heraus; allein ich war, an die getauschten Hoffnungen nach der Paracentese den- kend, ~iusserst misstrauisch und blieb es, bis mit der Zeit sich deutliche Unterschiede zwischcn den jetzt und den frfiher erlangten Eriblgen herausstcllten. Es trat gerade mit Fortsetzung der Beobachtung racist eine con- tinuirliche Besserung ein; die glaucomatSscn Zeichen bildeten sich in der spSter zu beschreibenden Weise ztlriick, und ich glaube reich heute, nachdem ich einige Patierlten I/ingcr als Gin Jahr, und eine gute Anzahl liinger als 9 Monate vert'olgt, uieht mehr zu t"duschen, wenn ich in dGr Iridcctomie Gin wahres Heilmittcl geg'en den glaucomatSsen Process erblicke. Dass dasselbe wie jedes therapeutische Verfahren seine natiirlichen Grenzen hat, vcrsteht sich yon selbst; und eben diese, wenigstens his auf einen gewisscn Punkt anzugeben, sei der Zwcck der nachfolgcnden Mittheilungen.

VIII. Wollte ich die Anwendung der Iridectomie Ffir die

verschiedenen Stadien u~)d Gruppeu des Glaucoms ia

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derselbcn Reihentblge er#;rtern, in welcher sie sich suc- cessive meiner Erfahrung dargeboten, so hiitte ich mit den veraltecen und zum Theil abgelaufenen Ffillen an- zufangen, denn begreiflieher Weise win'<] ein neues Ver- fahren wegen dee Unsicherheit des Gelingens zuvih'- derst da erprobt, wo miiglichst wenig zu verlieren ist. Ich glaube .]edoeh dutch eine solehe Darstelhmg die Uebersicht der Indieationen, auf welehe es mir him" be- sonders ankommt, zu verlieren, und ziehe deshalb vor, yon dee gesehiehtliehen Entwiekelung giinzlich zu ab- strahiren und die relativen Erfolge im Ansehluss an die obigen nosologisehen Abtheilungen zu eriirtern. Ieh werde demgemiiss racine Resultate nfittheilen:

1) Kit die Ivideetomie im Prodromatstadium des Glaueoms,

2) i~ir die Irideetomie in det' acuten Periode des inflammatorisehen Glaueoms,

3) ffir die Iridectomie in der sp~iteren Periode des inflammatorischon Glaucoms,

4) fiir die h'idcctomie beim ch,.o,fischen Glaucom, 5) fiir die Iridectomie bei Amaurosen mit Seh-

nervenexcavation. Vielleicht w~ire es am zwcckm~issigsten gcwcsen,

s~immtliche mir zu Gebote stebende Kvankheitsgeschich- ten, dercn Zahl sich sehe angeh,iu~ hat, in extenso mit- zutheilen, da sich aus deren Durchsieht die Indicationen yon selbst ergeben. Wenn ieh (ties unterlasse, gesehieht es einmal, um eine sehr erhebliche Ausdehnung dieserkr- beit zu vermeiden, und zweitens deshalb, well ein grosser Theil der Krankengeschichten so lange als unabge- sehlossen zu betraehten ist, als der zuletzt aufgenom.- mene status praesens noeh nieht (mit einiger Wahr- seheinlichkeit) der bleibende ist. Die Mittheihmg ein- zelner Beobaehtungen sehien mir zur ErlSuterung des Gesagten bcispielsweise beizutragen.

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1. Die I r i d e c t o m i e im P r o d r o m a l s t a d i u m des G l a u c o m s .

Es ist nicht ga~' hiiuflg, dass Patienten schon mit den Prodromen der glaueomatSsen Erkrankung auf dem crstcn Auge iirztliehe Itiil['e naehsuehen; diese werden, wie so h'aufig einseitige Sehst3rungen, iiberschen oder un- geniigend beachtet. Dagegcn ereignet es sich sehr off, dass, naehdem ein Auge dutch Glaueom verloren ge- gang(m, die Patienten yon den Prodromen auf dem zweitcn Auge erschreekt werden. Es tritt nun gerade fiir solehe F~ille die Frage auf', ob man den deutliehen Ausbt'ueh glaucomatiiser E~'krankung auf dem zweiten Auge abwarten, oder sehon wiihrend des Prodromal- stadiums cingrei!%n soil. Ieh habc lange gezSgert, das Letzterc zu thun, well w'ahrend den Intermissionen das Sehvermiigen noch scharf ist, und well es deshalb zuvor einer vollen Sicherstelhmg des gauzen Verfahrens be- durftc. Nachdem ich endlich dutch die sich hiiufcnden Et'fblge immer k[ihner g'eworden, habe ich auch etliche F.alle in dem Pt'odromalstadium operit't, und kann reich mit dem Rcsultatc vollkommen durehaus zui'ricden aus- spreehe.n. Die Obseurationen traten in keinem dee F'alle naeh dee Iridectomie wiedm" ein. Ebenso versehwand die, Ciliat'neurose und die Chromospien; aueh periodische Triibung des humor aqueus, welehe in einem Falle sehon ziemlich sichtbar die (_)bsem'ationen .jedesmal begleitete, t'and si(:h naeh der Operation hi('. wieder ein. Die vor- dere Kammee et'sehien zuweilen wenigm" flach als v o f her; ob vielleicht auch cine geringe Abnahme dm'Pees- byopie stattlln(tet, kann icL vor der Hand noch nicht entscheiden. Ich babe 3 derartige Operit'te, bei denen (tie Vel'duukehmg bereits ziemlich hiiufig cintrat, n u n

etliehe Monate beobachtet, und glaube hieraus die Wahr- scheinlichkeit eines dauerndcn Eefolges erschliessen zu

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dfirfen. Die Sehsr'h~iffe wird bekanntlich durch die An- legung' eines m~tssig breiten Coloboms ebensowenig, als die Aeeomodation beeintr~(:htigt, und wenn wirklieh mi- nime Untersehiedc in letzteren B,~ziehungen hervorgehen sollten, so warden diese doeh g'egen die Sieherstellung vor einer vollst':indigen Erblindung ausser Betraeht fal- l e n , - Nat[irlieh hat eine so fdihzeitige Anwendung der Irideetomie ihre vernfinftige Grenze. Besehr~nken sieh die Prodromalzeiehen z. B. auf sehmerzhafte Em- pfindungen in Stim und Sehl~fe und auf Regenbogen- sehen, ohne irgend welehe Verilnsterung, und kehren diese Besehwerden in Intervallen yon mehreren Mona- ten wieder, zeigt iibrigens das Auge nieht das geringste Krankhafte, so wfirde ieh einen operativen Eingriff begreif- lieher Weise nieht anrathen, da dieser Zustand sieh viele Jahre lang erhalten kann und da dig Patienten selbst zum grossen Theil darin noeh keine Gefahr erblieken. Ein Temporisiren unter "~hnliehen Verh~iltnissen oder die Anwendung geeigneter innerer Mittel stiftet aueh nieht den mindesten Naehtheil und (lilri'en wir sehliesslieh nieht vergessen, dass eine Operation, wenn sic selbst so gefahrlos ist, wie die Irideetomie, dutch Coneurrenz yon ZufSlligkeiten, Unfolgsamkeit der Kranken u. s. w. aus- nahmsweise (tie Gelegenheitsursaehe sehlimmer Folgen werden kann. Ieh pflege mein~m Patienten, welehe aus dem einen Auge glaueomatSs erblindet und a uf dem zweiten bedroht sind, anzuempt'ehlen, sieh sofort zur Operation einzufinden, wenn die Prodromalsymptome auf dem zweiten Auge deutlieher hervortreten und na- mentlieh yon st~irkerer Obseuration begleitet werden. Bis zu einem heftigern entzfindliehen Anfall soil man sieher nieht warren lassen; denn wenn wir auch (sub 2) erweisen werden, dass die Irideetomie w~ihrend des aeu- ten Stadiums in der Regel noch vollkommene Wieder- herstellung bringt, so ist der Transport der Kranken

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dann misslicher, die Operation selbst schrnerzhafter, er- fordcrt grSssere Vorsicht in dcr Austibung und Nach- behandlung; cs kommen massenhaftere Netzhautecchy- mosen, wcshalb auch die Restitution des Sehverm;3gens langsamer g cht, cs bleibcn Vcr~inderungcn der h'is, Immo- bilit~t dcr Pupillc, Accomodationsparese gewShnlich zuriick und endlich ist die Grcnze nicht mehr so scharfzu ziehen~ jenseits deter viellcicht dis Iiiilfe nur noch unvollst~indig ausft:llt. Es ist fcrncr nicht zu 5berschen, dass alas Prodro- malstadium nicht immcr in die acute Form, sondern:durch contimfirliche Verl~ingerungen tier Exacerbationcn auch in chronische Form iibcrgcht, und das-s das Uebel dann einen cntztindlichcn Character cntweder gar nicht oder crst zu einer Zeit annimmt, wo wichtige Folgeerschei- nungen einer vollkommenen Wiederherstellung entgegen- treten.

Die AusfShrung der h'idectomie im Prodromalsta- dium giebt jedenfalls die rclativ gt'mstigste Prognose; Netzhautecchymosen zeigcn sich zwar bier auch zuwei- len nach der Operation, jedoctl wie erw';ihnt in weir gcringerer Ausdehnung, niemals treten (sclbst ohne Druckverband) grSssere Blutungen in den humor aqueus oder das corpus vitreum ein.

II~itte die Iridectomie nur dies sine Verdienst, nach glaucomatSser Erblindung eines Auges das zweite, be- drohte zu erhalten, so glaube ieh, miisste die Wissen- schah der Operation sei~r dankbar sein~ denn es batten doch wirklich diese F~ille s einen theilnehmenden Praktiker ein "Susserst niederschlagendes Geprdge, in welcheu man gegen das Verh';ingniss tier Erblindung vollkommen ohnmtichtig war. Zu bcdauern bleibt es t'reilich, dass diese allerglticklichste Alaplication der Iri- dectomie sich aut" den gering'eren Theil der Glaucoma- tSsen beschr~inkt, da in manchen F~illen gar kein Pro- dromalstadium existirt und in sehr vielen die Patienten

Archiv fll~: Ophthalmologie, ]3and III, 2. 32

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erst w~Jhl'end s f i t e r e r Stadien augen~irztliche H[ilfe re-

quiriren.

B e o b a e h t u n g 1") Wilhelm Hi i f f l e r , in Berlin wohnhaft, 71 Jahre alt, war am 15. Februar 1857 zu mit' gekommen wegea beinahe vollstiindiger Erblindung des rechten Auges. Dieselbe bestand bereits seit meh- reren Mo~mtetl uml bot (lie Kemlzeichen eiaes in seiner sp:,itcrenPeriode bellndlichcn acutenGlaucoms. Iehkomme aufd ie G~;schiehtc dieses rechten Auges bei der betref- f~mlen Krankheitsgruppe (sietle Beob. 9) zuriick. Schon zur Zeit, als P'~tiont behufs der rechtseitigen Iridccl.omle in mei~le Klilfik aut~,enommen wurde (17. Februm'), zeigte sieh die lillkseit,ige Sehschiirfc bei den Priiftmgc~l etwas wand,dbm" und einigc Wochen nachdem reehterseits die Iridectomie mlt relativ gihistigem Er[blgc verrichtet war, tratcn linkerseits ganz deut.lich periodische Obscurationen hervor, welche den baldigcn Ausbruch des glaucomattisen Processes bcfiirchten liessen. In der letzten Woche des M:Arzmonates vergingen kaum 2 Tage ohne solche Obscurationen, w~ihrend wetcher nutl aueh die ominSsen objektiven Erscheinungen sieh einstellten, die Pupille wuvde m}lsslg evweitert, vollkommen start, die Cornea etwas unempfindlieher, der humor t~queus difius getrfib/, die snbconjuzledvalen Gef~isse iujicirten sieh, l~egenbogen ersehienen um die Kerzenflamme, ziemlich erhebliehe Liehtseheu, das ~ehverm~gen sa~k bis auf das miihsame Erkennen grtisserer Schrift, besonders verlor alas exeen- trische Sehen allseigig an Dentlichkeit, so dass die Orien- tirung w~ihrend der Anf~ille sehr unsieher war. Dabei ausserordentlieh heftige Schmerzen in Stirn und Schl~ife, welehe, wean sic Naehts eintraten, den Sehlaf volls0indig verseheuehten. Die Anf~iile dauerten anfangs einige Stuuden, in den letzten Tagen des M~irz 12 Stunden mad dar[iber; eia Opiat sehien dieselben abzukiirzen,

"} Unlst/i.ndc~ aus dem Allgemeinbeflnden, so wiehtig die- selbon sonst Fdr die Auffassung des Glaucoms skin mSgen, werde ich bedieseu Krankengesehiehten wenig berlieksiehfigen, da deren Auff'tihrung den Umfang wosentlieh stoigern und f~l. unseren Zweek nieht viel niitzen wiirde.

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abet das Intervall seIbst nieht zu verliingem, (lie au- dern Mittel 1)lieben wie gewSlmlieh ertblglos. Endlieh drohtcn aueh die IntervaIlen sieh zu verwisehen, nament- lieh erhielt die Pupille nicht mehr ihre voile Mobilitiit wieder; ieh glaubte deshalb der Zeitpunkt ftir (lie Opt- ration sei gekomn~en.

Das SehvermSgen kurz vor der Operation war fbl- gendes: Patient ziihl~ Finger auf 6' und liest No. 16 der Jii g e r ' sehen Schrif~pi'oben mtihsam und mit Irrthiimern, yon No. 14 niehts; mit Convex 6 liest er No. 14 wort- weise, abet zienflieh priieise, yon No. 11 die ki'lrzeren Worte, yon No. 8 nichts ; keine weseutliche Besehriinkung des Gesieht~f'eldes, aber allseitige Herabsetzung in tier Deutlichkeit des exeentrisehen Sehens; dabei miissige Stirnsehmerzen. Dot Zeitpunkt der Operation entspraeh einer noch unvollkommen geliisten Obscuration; dem entspreehm~d wm'en die ol)jectiven Zeichen, die ieh nicht zu wiederholen brauehe, h'idectomie nach innen am 1. April. Die Stirnschmerzen hSrten unmittclbar darnach au{: Am 5. April wurde Patient ans der Anstalt entlassen ; es traten gar keine Obscm'ati(men oder sonstige Prodromal-Symp- tome wieder ein. Das 8ehvermSgen besserte sich con- tinuirlich; die Pupille crrcichtc ihre normale Beweglich- keit, soweit dies mit dem Colobom vercinl)ar war; die Coruea normal empllndlich. Am 13. April ergab die Prii[ung tblgendes: Patient liest mit den fiir seine Pres- byopie eorrizirten Convexgliisern (-{- 12, Jr- 10) die Sehriften his No. 6 fiiessend, ~No. 4 noeh pr~icise aber etwas langsam, No. 3 ebetffhlls noch priicise, aber wort- weise, bier und da stockend, yon No. 1 erkcnnt er mlr die lcichtercn Worte. Der AugenspiegeI zeigt in diesem Falle keine Netzhaut-Eeehymoscn oder andere Ver~inde- rungen der im~eren Iliiute ; die brechenden Medien waren jetzt vollkommen klar, der Sehnerv normal. - - Seit jener Zeit hat sich das SehvermSgen noch continuirlieh gebessert, so class Patient im Augustmonat auch die Sehrit't No. 1 bis aut" cinzelne Worte lesen kmmte; er ging dabei seinen gewSlmlichen Beschiiftigungen nach, nahm auf das Auge nieht die mindestc Ri'mksieht - - ein I)unkt, den ieh nieht genug hervorhel)en kann, da es l~ekalmt ist, wie sonst

32*

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unter ~ihnlichcu Antecedentien die Zuf'~ille von den ge- ringsLe~ Sch~dtichkeiten hervorgerufen werden.

Resumd. H e i l u n g , ul~d, wie es s c h e i n t , d a u - ernde*} H e i l u n g e ines l i n k s e i t i g e n G l a u c o m s n a c h 4 - - 5 w~ichen t l i chem P r o d r o m a l - S t a d i u m , in w e l c h e m die O b s c u r a t i o n e n b e r e i t s in I n - t e r v a l l e n yon 1 - - 2 T a g e u e i n t r a t e n und s c h l i e s s l i c h der A u s b r u c h e ines s u b a c u t e n C~laucoms b e r e i t s a n z u n e h m e n war.**) Die H e i l u n g der g l aucomat~ i sen E n t z a n d u n g auf dem r e c h t e n Auge ha(re ke inen E i n f l u s s auf die E r k r a n k u n g des l inkeu A u g e s g e h a b t .

Auch nach sehr lange dauerndem Prodromal-

stadium gab (tie Iridectomie denselben Erfolg. In die-

ser Beziehung erw':ihne ich eine Patientin, welche schon

ve t beinahe 2 Jahren in meiner Behaudlung war , das

eine Auge an abgelaufenem Glaucom erblindet, da

zweite im Prodromals tadium. Da zu jener Zeit die perio- dischen Obscurationen immer biit~figer und intcnsiver

kamen, und ich keine Mittel gegen den glaucomat~iseu

Process kannte , so stellte ich eine prognosis pess ima

urid sandte die ausw~irtige Patientin hcimw~rts. Bei

eben dieser Patientin wurde vor ~ Jahrel~ yon meinem

Assistenzarzte, Dr. A l f r e d 6 r a e f e , eine Iridectomie

mit vortrefflichem Erfolge verrichtet. Die Obscurationen

waren in der Zwischenzeit intensiver geworden, batten

aber immer noch ziemtich freie Intervalle zwischen sich

gelassen.

~) Soliten in Zukunft Riiekf~ille bei Patienten cintre~en, die ich vorlii.ufig ais ,,mit Wahrscheinlichkeit dauernd geheiit" anf~ihre, so worde iches mir zur Pf/ich~ macben, biers.on in spatere~ Notizen Anzeige zu machen. Um dies eventuell thun zu kS,men, gebo ich die Namea siimm~licher Patienten an, was ich sons~ gem vermeide.

�9 ~') Die Grenze des Prodromalstadiums und des chroni- schen Glaucoms ist natiirlich nieht mit Schiirro zu ziehen. Ich betrachte im Allgemeinen das Prodromalstadium als gesehlossen, sowio dis Intervalle nicht mehr rein sind.

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2. Die I r i d e c t o m i e in de r a c u t e n P e r i o d e des i n f l a m m a t o r i s c h e n G l a u c o m s .

Meine Erfahrungen sind in dieser Beziehung welt ausgedehnter, als fiir das Prodromalstadium. Es wur- den fiber 20 Augen kurz nach dem Ausbruch der ersten heftigen Entzlindung operirt. Bei einigen bestand sogar ein so hoher Entziindungsgrad, dass ein operativer Ein- griff yon vorn herein misslich sehien; es war heftigste Ciliarneurose, starke Chemosis, Thr~nen, Lichtscheu, kurz das Bild der exquisitesten arthritischen Ophthalmic vorhanden. Zuerst suchte ieh unter solchen Umstiinden die Symptome dutch den antiphlogistischen Apparat, Opiate u. s. w. zu lindern, spi~ter abet iiberzeugte ieh micb, dass es am besten sei, trotz alledem die Iridectomie sofbrt zn verriehten, so fern gerade unter diesen Umst~inden ein .iedes Warten Nachtheil bringt und in tier Operation selbst die sicherste HS]fe gegen die Entziindung liegt. Es zeigte sich, dass nach der Operation nicht allein die Reizsymptome ohne Beihiilfe anderer Mittel wichen, sondern es trat iibereinstimmend in allen F~illen sehr rasch cine Kl~irung der breehenden Median ein, so dass schon 6 his 7 Tage nach der Operation der Augen- hintergrund gut mit dam Ophthalmoscop zu untersuchen war. Diese MSglichkeit eben war es, welche uns die Mittel an die Hand gab, verschiedene nosologische Er- gebnisse iiber den Process zu gewinnen. Letztere sind bereits im Verlaufe unserer friiheren Mittheilungen er- w~ihnt, doch scheue ich reich nicht, dieselben hier, an dem zugehSrigenPlatze, noch einmal kurz za wiederho]en.

a. Der Sehnerv ist nach dem ersten Entziindungs- schube vollkommen normal, es fehlt .iede Spur yon Ex- cavation oder Gef~issverschiebung-- immer inderVoraus- setzung, (lass nicht etwa chronisches Glaueom vorausging, sondern dass die Krankheit am gesunden Auge oder

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naeh einem wirklieh intermittirenden Prodromalstadlum auftrat.

b. Dasselbe gilt yon dem Arterienpuis. e. Die rundfleekigen Eeehymosirungen der Netz-

haut werden allerdings constant wahrgenommen; allein es ist ausser Zweifel, dass deren gr6sster Theil sich naeh der Operation bildete.

d. Bei sehr genauer Beobaehtung, besonders der Aequatoriahheile, bemerkt man h~iufig Chorioidalecehy- mosen. Diese verschwindcn .jedoch ~iusserst rasch, und es ist dcshalb noch nicht ausgemacht, ob dcren in- constantes Erscheiacn ira der Krankheit oder l edig]ich ia der Beobachtungszeit liegt. Jedenfalls siad sic nicht durchaus als Product tier Operation anzusehen, da ich Gelegenheit hatte, sic mehrmals vor derselben nach- zuweisen.

Das Schverm~gcn nahm in dcr Rcgel unmittelbar nach der Operation um Einiges zu. Diese unmittelbare Zunahme entsprach, wit naeh der Paracentese, dem Abflusse des getrfibten Kammcrwassers. Der Grad der- selben ist jedoeh unbetr~ichtlich, wenn man sic mit der sp~iter erfolgenden suecessivetl Besserung des Sehver- m~igens verg'leicht. Letztere l~isst sich ebenfalls nur zum geringen Theile alas der Kl~rung dcr Augenfiiissig- keiten ableiten, sic beruht meines Erachtens auf der Wiederaufnahmc der Netzhautfunctionen, welche bis dahin (durch den interocularen Druck) gehindert watch.

Es ist leieht, die Anschauung, dass die Wiederher- stelluag ledJglieh yon der Kl~irung der breehenden Me- dien abhfingig sea, zu widerlegen. Ieb. verwcise z. B. all den Fall des Gause (Beobaehtung 2); in demselben war vor der Operation jede qualitative Lichtemplindung aufgehoben, mid doeh sail man mat dcm Augenspiegel noeh einigermassen" die Contourcn des Sehnerven. Dem entsprechcnd hfitte Patient auch noch gr(issere Objecte erkennen mllssen. Fiinf Tage nach der Operation war

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ziemlieh ~iel Blur in der vorderen l{ammer, so dass bei dot AugezLspiegeluntersuehung der Augenhintergrund noeh verwischter, als vet der Operation ersehieu; dennoch konnte l'atient wieder Finger anf 3 bis .t Fuss z~ihlen.

Es existirt [~berhaupt zwischen der Kl~irung der brechenden Medien und zwisehen der Restitution des Sehactes durehaus keine directe Proportion; eine in- directe ist darin begriindet, dass die Triibung sicher an vermshrte Ausscheidung yon Fliissigkoit und diese wie- der an Forthestehen dot Ohorioiditis und Zunahms des interocularen Druckes gekn~ipfi ist. - - I)er Haupteffect auf das Sehverm;.;gen ist in 2 bis 3 Wocheu er- reicht. Die Injectionsph~inomene pflegen schon bei weitem eher abgslauf'en zu sein. Dis Cornea wird in diesen F~llen immer wieder empfindlich, w~hrend dies in ~lteren F~llen nieht mehr gilt, well sich alsdann wahrscheinlich Texturver~inderungeu in den zur Horn- haut getLenden Nerven ausgebihlet haben, welehe keiner I~i'lckbildung mehr f~ihig sind. Die C, iliarneuross h~Srt meist unmittelbar naeh der Operation auf', nut in weni- gen F~llen kamen innerhalb der ersten beiden Tage noeh leichte Anwaadhmgen yon Stirnschmerzen vet; in der Regel trat vollkommene Schmorzlosigkeit oder eine leicht dri','~kende "vVundempfir~dunF~ im Auge, yon den fr~heren Beschwerden vollksmmen verschieden, ein. Die Iris verh~h sich ausserordentlieh verschieden, und h~ingt dies offenbar yon dem Grade der iritisehen Betheiligung ab. Eine vollkommen bewegliche und normale Iris babe ich, nachdem einmal heftige Entz;,indungen eingetrsten waren, kaum gesehen. H~iufig tritt eine unvollkommens Mobilit~t wieder ein, in den meisten F~illen abet bleibt die Pupille wfllkommen start, obwohl nicht in dem Grads der fr~'lheren, sondern nut einer mittleren Erweiterung. Zuweilen wurde auch die Pupille (nati]rlich immer auf das Colobom die entsprechends R[ieksicht genommen)

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etwas enger, als eine normalc Pnpille. - - Unregelm~is- sige Form und Versehiebung der Pupille hleiben eben- falls, sclbst wenn keine hintere Syneechien vorhanden waren, nieht selten zuriiek. Dieselben sind hier, wie tiberhaupt beim Glaueom, auf die ungleiehm~issige para- lytisehe Betheiligung tier Ciliarnerven zu beziehen. Es fragt sieh, wenn wit eine grkl~rung fiir das Zuriiek- bleiben des Pupi.ilarleidens suehen, datum, ob tier f3rund in den GewebsstZ3rungen dcr Iris oder viel- leieht in raseh einlretenden Ver/inderungen der Ciliar- herren selbst liegt. Es ist sehwer, dies mit Sieherheit zu entseheiden; allein ieh neige doeh mehr zu tier er- steren Annahme, denn es steht im kllgemeinen die Pupillaraffeetion in ann~herndem Verhiiltnisse zu den zur~iekbleibenden Texturver/inderungen der Iris. Diese erhRlt in allen heftigen F/illen ihr normales Gepr';ige nieht wieder, sondern es bleiben .jene asehgrauen Ent- fRrbungen, aueh einige Undeutliehkeit des Fa~erwerks, fleekweise oder in grSsseren Bereiehen, besonders gegen den peripherisehen Theil zurSek. Es giebt dies noeh fiir alle Zeit ein Zeugniss des gla.eomat~3seu Leidens, welches gerade Fdr die sp~itere Demonstration der F/ille yon Wiehtigkeit ist. - - Die Prallheit des Bulbus ging vollkommen zur Norm zurtiek; ia in einigen F/il[ell sehienen die operirten Augen bei der Betastung eine Spur weieher.

Wenn die Restitution des Sehverm~gens innerbalb dieses Zeitraumcs yon 2 bis 3 Woehen am auff/illigsten vorw~irts gegangen war, so trat doeh allemal yon die- ser Zeit ab noeh eine eontinuirliehe Besserung ein, so dass der Sehaet seine eigentliehe Feinheit erst naeh circa 6 Wochen wieder erlangte, l)iese Besserung war meines Erachtens besonders an die II[iekbfldung der Netzhauteeehymosen gebunden. Die kleineren dieser Eeehymosen bedingten zwar, wenn sic exeentriseh wa-

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ten, keine wesentliche I3ehinderung, die gr~3sseren da-

gegen venlrsachton Undeutlichkeit des exeentrisehen

Sehens an gewissen Stellen des Gesiehtsfeldes, Scotome

u. s. w. Zuweilenwar aueh die Gegend dee maeula lutea befallen, alsdann I)iieb die eentra]e SehsehRrte natlirlieh

sehr zur{iek; die Entstehung exeentriseher Fixation h~itte in einem derartigen Falle bereits f~r die I leilnng ernste

Besorgnisse errogt, wenn nicht der Augenspiegel deren

Grund in einer grossen eontralen Netzhaut -Eeehymose

naehgewiesen m~d die Ert,~hrung beroits bestanden h.atte,

dass naeh Riickbildung dee Netzhauteeehymosen die

Netzhaut an allen betreffenden Stellen wieder leitungs-

fiihig wivd. In liingstens 6 his 8 "Wochen sind die

letzten Spuven dee Netzhauteeehymosen versehwunden.

Dies galt fiiv s~immtliehe F~-ille yon Glaneom mit Ansnahme eines einzigen (Madame ~I'--I aus Wien), in welchem das Netzhautleiden, nachdem wegen ehro- nischen Gtaneoms (lie Pupillenbildung verrichtet, eine eigen- thiimliehe Wendung nahm. Es traten nlimlieh wiedcr- holentllch neue Netzhauteechymosen anf, ol)wohl (las Acussere des Auges ganz den WFmschen entspraeh, und endlieh cntstandcn um dieBhltflecke herum weissePlaques, wie bei Albnrninurie. In dee That ergab aueh die Untersuelmng des Urins in einer sp~itern Periode Albu- men. - - Dieser Fall muss vorlliut3g yon der Betraeh- tm~g mlsgcsehlossen wcrden trod bieibt insof~rn interes- sant, nls eben die der h'ideetomie folgenden Netzhaut- ecehymosen die Oelegenheltsursaehe flh" eine, wahr- scheinlieh mit einem Niercnleiden in gerbindung stehende, Netzhautentartung wurden.

In a l l e n F ' a l l e n , in d e n e n (lie K r a n k e n v e t

At, l a n f y o n 2 W o e h e n n a e h d e m E i n t r i t t dee

E n t z { i n d u n g o p e r i r t w u r d e n , t e a t e i n e v o l l s t ' a n -

d i g e V v ' i e d e r h e r s t e l l u n g de s S e h v e r m ~ 3 g e n s ein.

Einige dieser F~lle sehienen vollkommen verzweifelt, da

bereits eine jede Spur ClualitatJver Liehtempfindung er-

loschen war. Ieh brauche nicht zu sagen, dass ich

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selbst Anfangs diesen Patienten wenig Aussicht erSff- note. Ieh unternahm vielmehr bei Manehen (siehe Beobaehtung.2) die Operation lediglieh der heftigen Of liarueurose wegen, und der Effect war fiir beide Theile ein wahrhaft fiberrasehender. Erst seit einem halben aahre wage ieh es aueh bei g~nzlieh erlosehener Di- stinction eine vollkommene Wiederherstellung zu prog- nostieiren, vorausgesetzt, dass weniger als 2 V~roehen seit dem Eintritt din; Enfz(indung verflossen und dass eine leidliehe quantitative Liehtempfindung vorhan- den ist.

Die anf, ingliehe BeFt'lrehtung, dass die Erfolge nieht yon Dauer sein m~3chten, sehwand mehr und mehr bei fortgesetzter Beobaehtung. Sehr bald traten markante Urtersehiede gegen die sonstigen tlemissionen des glau- eomat6sen Processes herror. Das Gesiehtsfeld blieb absolut normal. Das exeentrisehe Sehen behielt seine Deutliehkeit, naehdem es einmal die zukg3mmliehe H(ihe erreieht hatte. Nieht die geringsten Prodromalzeiehen traten wieder ein. Die Sub.junetiva]geF*isse bildeten sieh vollkommen zurllek; die vordere Kammer wurde nieht mehr beengt und Niehts verrieth einen abnormen Zu- stand des Auges, als die gerf/irbung der Iris und die Tr'agheit, resp. Starrheit der P u p i l l e . - Wenn man nun die Beffirehtung yon Riiekfiillen i'[ir spiitere Zeit geltend maeht, so kann ieh dieselbe duroh die bisherige Dauer meiner Beobaehtungen allerdings nieht vollkom- men absehneiden, aber so viol steht fest, dass eine ~ihn- liehe Sistirung des glaueomat{~sen Processes niemals spontan oder naeh einem andern Arzneiverfahren ein- tritt. Eine genaue Beobaehtung in den sonstigen(soge- nannten Stillest'anden des inflammatorisehen Glaueoms ergiebt doeh immer wesentlieh andere Oharaetere, in Sonderheit bei der funetionellen Prfifung. Ieh fiige

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hinzu, dass Vide der Operirten den gefiirchtcten Seh~d- liehkeiten in dem weitesten Umfaage ausgesetzt waren und dass Manche dersclben .jetzt circa ein Jahr in Be- ohachtung sind, ohne (lass ich in dem Gesagtcn irgend Eta'as zu beselqr/inken braud~te. Nag nun die Sache sich schliesslieh herm,sslelh.n, wie sic wolle, so mdne ieh, dass Fachgonosscn, welche den Vcrlauf des aenten Glaucoms kenncn, hereits dm'ch die jetzt vorliegenden Thatsach,m zur Naehahmung aufgefi)rdert werdem

Trotz der {iberraschenden Erfolge der Iridectomie kurz nach den] Eintritt der EntzSndung, wird doch eine genaue l)urchsicht der l~rgebnisse, (lie tliehtigkeit des obcn zu Gunsten des Prodromalstadium Gesagten erweisen. In Sonderheit hebe ieh ~oeh einmal den Umerschied in der Bedeutung der Operation hervor. Im Prodromalstadium wird auch bei nicht ganz correcter Verrichtung sclten ein Zufall yon Belang eintreten. In der acuten Periode kann dagegen, wenn nicht alle Vor- sichtsmaassregeln getroffen werden (siehe IX), (lurch in- nere Blutungen, excedirende N(~tzhautecchymosen u. s. w. der Erfolg vereitelt werden. M(iglicher v, rcise wird dies trotz gr(~sster Behutsamkeit in verei[lzeken Fiillen statt- finden, wor[iber erst eine umfangreiche Statistik ent- seheiden kann.

Wo haben wit nun, um der Pflicht der Vcrst~indi- gnng zn genSgen, die Grenze tier f r i s c h e n Fiiile ge- gen die i i l t e ren zu ziehen? BegreiflicherWeise muss diese Frage zu einer ganz willkiMichen Bcantwormng fiihren, da sieh im weiteren Verlaufe der Krankheit kcine Ahgrenzung mehr findet. Aus prognostischen Rftcksichten w~ire es am geeignetsten, die Fiille f r i s eh zu nennen, in denen noch kcine I3eschrgnkung des Ge- siehtsfeldes-und keine Sehnerven-Excavation vorhanden ist. Leider sind diese beiden Merkmale beim acuten Glaueom in der cntz(]ndlichen Periode sehwer festzustel-

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Ion, da die Trilbung der brechenden Medien eine genaue Benrtheilung der Papilla zuweilen nnmilglich macht, und da einerBesiimmung des Gesichtsfeldes zuweilen, wenn es sich nur noch nm quantitative Perception handelt, iiber- grosse Sehwierigkeiten entgegentreten. Wir waren des- halb bet unseren Mittheilungen gezwungen, eine belie- bige Grenze i'iir die Dauer zu selzen und wiederholen, dass die beriihrten F.a]le einen Spielraum yon 14 Ta- gen seit dem ersten inflammatorischen Ausbruch ein- hielten. Ich seize hinzu, dass in allen diesen F'allen sp.ater keine Sehnerven-Exeavation hervortrat, und dass ich ein etwa vor{ibergehendes Sehnervcnleiden wiihrend der Entz[indung nicht annehmen kann, so lang(~ noeh kein Fall Vorliegt, in welchem eine Excavation nach tier Iri- dectomie nachweisbar geschwunden ist. Auch in dern Falle, in welchem nur quantitative Lichtempfindung vor- handen war (Beobachtung 2) sehien sich dieselbe gleich- miissig durch das ganze Gesichtst'eld auszudehnen, ohne dass dies etwa durch Liehtdiffusion zu erkliiren war. Es scheint somit, dass, wenn wir yon einer 14tligigen Dauer sprechen, die beiden obigen Bedingungen slets vorhanden sin& Andererscits werden wir spiiter sehen, dass eben diese Bedingungen sich zum Gl{ick f~ir die Glaucomhcilung h'auilg auch noch auf weir l~ingere

Zeitriiume vorfinden. Ein Resultat, welches sich aus den Krankenbe-

obachtungen ergiebt, ist, dass die lrideetomie ohne we- sentlichen Einfluss auf das zweite Auge ist. Nieht selten trat kurz darauf tier Process auf dem anderen Auge auf, obwohl das erste vollkommen restituirt war (siehe Beobaehtung 4 und 6), wiihrend in anderen Fiillen aller- dings das zweite Auge bisher fret blieb. Da letzteres .jedoch beim spontanen Verlauf oft Jahre hindurch start- finder, so ist es fiir einen giinstigen Einfluss durehans nieht erweisend, und das erstere ergiebt mit Sieherheit,

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dass die g laueomat5se Entz( indung des zweiten Auges

nicht in einer sympathischen Abh';ingigk.eit yon der Er-

k r a n k u n g des ersten Auges steht.

B e o b a e h t u n g 2. I-[errGause, iuBerlin,ea.50Jahre air, hatte bei guter Sehkraft in den ,Jahren 1850--1855 cine sehr starke Zunahme sciner Presbyopia bemerkt, so dass er yon -I- 24: bis auf -V 10 steigen musste. Am 3. ,lanuar 1855 wurde derselbe, ohne dass andcr- weitige Vorboten vorausgegangen waren, angeblich nach eiucr ErkSltung, you einer heftigen Eiltz[indung des rcchten Auges befalleu; cs stellten sich reissende Sehmerzen in Stim und Schl~it~, l/cgenbogenseheu und eiae rasehe Verfinstcrung des reehtseitigen Sehverm~gens ein. - - Eiuige '_Page sp~iter wurde dersclbe iu racine Klinik, durehaus mit dem Bilde glaucomat~Jser Chorioiditis, auf- genommen. Das Uebel wurde damals mit Paraccn- tescn behandelt~ welche ein sehr gtinstiges llesultat zu liefel'n sehienen; in der That trat aueh sp~iter keine neue Entziiudung wicder aut; abet schon im Miirz stellte sich eine siehtliehe Abnahme des Sehverm~Jgens mit sueeessiver Einengung des Gcsichtsfhldes heraus; Irisatrophie und Hornhautan~isthesie gingen progressiv welter, obwohl die brechenden Medien klar blicben. - - Im August 1855 war das reehte Auge vollkommcn erbliudet. - -

Das linke Auge des Patientelt blieb bis zum 15. De- cember 1856 gesund, nut hatte die Prcsbyopie noch um Einiges (bis + 8) zugenommen. An dem erw~ihnten Tage stellten sich linkerseits R egenbogensehen, Sehmer- zen in Stirn und Schliifim und Tags darauf eine ausser- ordetatlieh heftige Entziindung tin. Am 20. December sah ieh den Kranken; er war dureh die wiithenden Sehmerzen der letztcn Tage aufs Aeusserste erschgpft und im Betreff des Sehvermtlgcns durchaus resignirt; dieses war mit dem Auftritt der Entziindung sofbrt er- losehen, und da Patient die Gleiehheit des linksoitigen Uebels mit dora rcehtseitigen wohl erkmmt, so glaubte er aueh @ler bIeibendeu Nrblindung nieht entgehen zu k~hmcn. Der einzige G.ruad, weshalb er aufs Neue meine [[filfe requirirte, lagebenin denunertr~iglichen Sehmerzen.-- Die Untersuchung ergab: heftige Id~jection dot vorderen

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Ciliargef~isso, Ieichto Chcmose, vordere Kammer stark diffus getrtibt und abgoflacht, dic Hornhaut unem- pfindlich t'md auf ihrer hintern Wand bcschiagcn, Pupille in hohem Grade crwcitert, rauchig, Iris schmutzig verf~irbt, Bulbus prall, g a r k c i n c q u a l i t a t i v e L i c h t c m p f i n - d u n g , so dass Paticnt die Beweguug einer Ilaad selbst bei bester Bclcuchtung nicht wahraehmon kounte. Auch die quantitative Lichtemptindung war sehr schwach; das Hell und Dunkel eiuer niedrig brennenden Lampe wurde nicht uaterschiedcn~ derselbe Wcchscl dagegen bei cincr hellbrennenden Lampc im verdunkelten Zimmer auI einigc Fuss, uad, wic cs schien, im ganzen Umfange des (~e- sichtsf~ldes gleichm~issig, crkannt. Ich schlug die h'i- dectomie vor, wagte jedoch bei der viillig autgchobcnen Distinction keine Wiederhcrs~ellung des Sehverm(igens, sondem nut Beseitigung der Entzilndung zu versprecheu. Um mir iiber den Einfluss, welcheu die TrSbung der brechcnden Medien bci dcr Erbliudung habcn konnte, Rcchenschaft zu geben, stellt.c ich zuvor noch cine vorsich- tige ophthalmoskopischc Uutersuchung an ; der Augenhin- tcrgrund crschien begrciflicher Wcisc ausserordcntlich ver- wischt, dcnnoch gewahrte maa eiuigermasscn die Contou- ren des Schnervcn. Dass hieriu ein bedeutcndes Missver- hiilmiss zum SchvermSgen des Krankcn lag, bcdarf keiner wcitcren Erwhhnuog. - - Die Iridcctomie wurdc am 22. December dutch Excision nach innen verrichtct. Obwohl nach Ausfluss des Kammerwassers die Pupille und die Iris betriichtlich klarer erschieneu~ so konnte Patient doch unmittelbar nach der Operation die Bewc- gung eiuer Hand nicht wahrnehmcn. Die Ciliamcurose war soibrt fiir immer abgcschnitten, Patient hattc nur eiaen Icichten Wuadschmerz im Auge, wclchcr jodoch den Schlai nicht im mindesten st0rtc. - - Tags darauf war die Injec~iou bereits rtickg:~ingig, jedoch ziemlich viel Blut in der vordcrcn Kammcr i trotzdem hatte dic quaatitative Lichtempfiudung bedeutend gcwommn; cs konnte das IIcll und Dunkc[ cincr niedrigst brcnuenden Lampc bci- nahe auf 1 Fuss Entfcruuag uuterschicdcn wcrden. Es wurde tin leichter Druckverband a n g e l e g t . - Am 2. Tage nach der Operation war das Blutquantum ia der vorderen Kammcr verringert, Patient konnte die

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Bewegungen ether Hand mit Sicherheit uaterscheiden und dies im ganzcn Umkreise des excentrischen Seh- taurus, was mir you besonderer Wichtigkeit war, da ieh bet der dump{bli Lichtemplhlduug vor der Opera- (,ion doch niche zu einem w)llgShigen Schlusse fiber das C~esichtsfi~ld hatte kommen klinnen. - - Vier T a g e

naeh der Operation war Patient bereits im Stande, Finger mit Sieherheit zu ziihlen, noch einen Tag sp~iter gesehah dies bis auf' 3 Fuss Entfernung. Es wurde nun zum erstemnale naeh der Operation eine vollkommen gem~ue Untersuchung angestellt, welche Folgendes ergab: Cornea normal cmpllndlich, Injection v~illig geschwunden, die t)upil[e geg~'~l [i'[ihcr bedeutend vcrkleinert, der Bulbus weniger prall, iiber die Fiirbung der Iris und der Pupille konnte wegen de,' m)eh nieht verschwmldenen hiimor- hagisehen Dtu'chtr~inkung des Kammerwassers niehts mit Sicherheit constatirt werden; aus demselben Grunde ergab aueh (tie Augenspiegehmtersuehung noeh nieh/s Positives, man s;~h die Contouren des Sehnerven jetzt weuiger deutlich als vor dcr Operation, ein Umstand, den ich ei gens hervorhebe, weil er beweist, wie wenig die li'iihere SchstiJrung sich auf optischem Wege erkl~iren l~isst. - - Am 28. Dezember wurde Pat.tent aus der Anstalt entlassen und 8 Tage sp~iter aufs Neue der Beiund notirt. Die Pupille ht~tte jctzt eine normale Tiinchung und unge- f'~ihr @w.n normaten Durchmesser, welchen sie seitdem beibehalten hat; die h'is zeigte in ihrem gr(isscren Kreise einige umschriebene graue verwisehte Stellen, welche ebenfhlls vozl Bestand blieben, im tibrigea Bereiehe war ibre Fiirbung mad ihr Faserwerk durchaus gut erhalten; die vordere Kammcr im Verh~iltnisse zur Presbyopie nieht iibcrtrieben eng utld ~-ollkommen kiar, die Pupille eine Spur auf Licht bewcgIich. Der Augenspiegel zelgte den Augenhintergrund noch nicht so scharf, als iu dem normalen Auge, was ieh auf einell 1~est yon diffuser (;daskih~pertriibuog bczog, dennoch konnten die meisten Details ohne M[ihe constatirt werden; der Sehnerv war nicht im mindesteu excavirt, auf der Netzhau~ zeigten sich au versehiedenen Stelieu ruudfleckige Ecchymosen und zwar besouders an den Vercinigungsstelleu je zweier Veaen, eiuzehle derselben wurden genau verzcichaet, um

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etwaige Ver~inderungen mit Sichcrheit constatire~l zu k6mmn. Patient z~ihlte Finger ohae Miihe in 20' Eat- ibrmmg und las mit -% 8 ~'o. 14 der J~iger 'schen Sclifiiiproben gel~iufig zwischetl 8 und 10 Zoll, No. 11 cntzifl~rtc er wortweise, v(m No. 8 (:rkalmte cr hicr mid da Sylbeu.- -Zwei Woehcu sp~i~e.r l a s c r mit denseibell Gl~iseru No. 6 fiiessend, No. 4 wortwcise uad crkannte einzelae Worte yon No. 2; das Gcsichtsfcld war voll- kommen Imrmal, der Augenhintergruud jetz~ gauz klar, eiu Theil der Netzhautccchymosen bercits vcrscbwundeu, die noeh iibrigen verldeinert.--AehtWochcn uaeh derOpe- ratiou war you Netzhauteeehymosen keine Spur mehr zu entdeeken, Patielat las Schritt No. ~ und No. 3 fliessend, erkannte die meisten Worte yogi No. 1; das Spiel der Pupille war aueh jetzt nut sehwaeh angedeutet mad blicb so, die Aceommodatiou noeh ,iusserst besehriinkt, wie ieh es iiberhaupt bei einem grosseu Theile meiner Ope- rirte~l gefimdeu habe. Dies beruht wohl aut den in der Iris uud]dem tensor chorioideae festgesetzten Ver~indemn- geu; Patient ging von nuu ab seiuen gew/.ilmlichcu Be- seh~iftigungeu uaeh. Als ieh ihn zum letzten Male sah, waren 8 Monate seit der Operation verllossen, und nieht clue Spur verd~iehtiger Symptom% ~-ihnlieh denen des Prodromal-Stadium, war in dieser gauzen Zeit aufzu- decken; das Sehvermiigen hatte sich sogar seit dem letzten Befunde noeh etwas verbessert; das Gesiehtsfeld war absolut normal.

R e s u m ( i . Fa l l y o n a c u t e m G l a u c o m ohlle P r o d r o m a l s ~ a a r mit s o f o r t i g e r v o l l s t i i n d i g e r A u f h e b u n g der D i s t i n k t i o n s f ~ i h i g k e i t . - - I r i - d e c t o m i e nach 7 T a g e n . H e i l u u g (sei t 8 Mo- na t en ) . N a c h w e i s , d a s s der E f f e k t s ich n ich t du tch A u f h e l l u n g der b r e c h e n d e n Medien er- kl~irt. P a r a l e l l e des V e r l a u f e s z w i s c h e n dem du rch I r i d e e t o m i e u n d d e m du rch P a r a c e n t e s e b e h a n d e l t e n A(~ge.

B e o b a ch tun g3. Conditor O e r te 1 iuBerli~l, gesuu- der Mamt in den 40igeu, war bis Mi~tc Dec. 1856 gesuud gewesen. Zu diescr Zeit traten pl~itzlieh, angeblieh ohne Prodrom, rechterseits Druek im Auge, Schmerzen in Stirn uud Schlfife, Liehtseheu, Thr~inen und Abnahrue

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des SehvermSgens ein. In den dem Ausbruch tblgen- den Tagen er[i)lgte zwar wieder cine Remission der Erscheiaungcn, alter dann yore 2k l)ccmnber ab eine stere Zunahmu derselben. - - Am 26. sah ich den Pa- ticnten: ChorioMitis glaucomaWsa; ganz dieselben Er- schelnungcn, wie am liakcn Augc des G a u s e (Beob. 24 die Pupillc jedoch mlr m~issig ,ny&'iatisch, die Hornhaut- empfindlichkcit kaum herabg(~se~zt, dagegen die vordere Kammer ,iusserst flach, der humor aqueus sehr stark getrilbt, quantitative LichtcmpfindurJg gut, qualitative bcinahc aufgehobeu, nur bci bcstmilgiicher Belenchtung konnte Patient die Bewegung eincr Hand wahraehmen, Ciliarneurose schr heffig. - - [ridectomie dm'ch Excision nach innen am 27. Decbr. Einige Stunden aach der Operation trat noch chic h~:wa~dim~g you ~tirnschmer- zeu auf, scitdem nicht wieder, vollkommea gute Nacht. Tags darauf kein Blur in dcr vordereu Kammer, die- selbe noch mlissig dittus gctriibt, die himcrc Hornhaut- wand beschlagen, Injektion gcringc.r; Pat.lent sieht die Bewcgung einer I-land auf eiu Fuss Entt;~rmulg. Drei Tage nach der Operatkm ziih[t dcrse[be Finger. Am sechstcn Tage aus dcr Ansta/t entlasscn. Nach 10 Ta- gen die crste genauc Untersuchung, welche Folgen- des crgicbt: Injektionsphihmmcm.' vollkommcn riick- gSngig, Coraca normal cmplil~dlich, humor aqucus aoch nicht ganz klar, auch (tic hi.~ere l:lornhautwand noch nicht ganz ffci, dercu Beschlag jedoch jctzt auf ein mittlercs, ziemlich kMnes ]~;ereieh beschriiukt; das Irisgewebe sehr hochgradig veriindcrt, grossc graue Flccke, inncrhalb deren das Faserwerk hiichst undcut- licit ist, dcr t)igmcn[rand der Pupilie bier und da voll- kommcn fchlend, (licsc noch immer m~issig -~crgKissert, uugcf:'ihr in demselbcl~ Grade wie vor der Operation, auch vollkommcn starr, vordere Kammcr noch immcr schr flach; (lie BcurtheiluI~g des Augenhiatergundcs, noeh miihsam, ze[gLe Nctzhautecehymosen*), denen des

*) F~.lle, in denen Chorioidalecchynlosen gut nachweis- bar w a r e n , f~iht.e ieh unter diesen Beobacktut tgen <leshatb nicht an, weil ieh zu dcren Nachweis beim acuten (•laucom erst in den letzten 4 Monaten ge lang t bin+ und well so re-

Archly fill' Ophthahuo/ogie. Bd. IIL 2. 3~

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G a u s e volllr iihulieh. Patient z~ihlte Finger n 3 ' his 4 ' Enffernmlg, crkanntc Worte, yon Schrift

No. 16; Gcsichtsf('.ld m)rnml. I)rei Woch(,n nach der ()potation waren dic brechendcn 31edien klar, Netzhaut- ,'cchynmsen ber(4ts in dcr l),5ckbildung, d.er Sehnm'v vollkommcn norm:d, dic Verhiilmisse dcr h'is nnd dcr Pupiilc noch dies~lbcn, vordcrc K'mm~crjedoch w(,niger abgcflacht, Patient las Schrii'1 No. 11 fliessend, No. 8 pr~icise II11(1 \~'()l'tt~ V. No. 4. Sechs~u llach (ter ()pcratioI.a war (h;r otli(.ktiw;Beihnd dcrselbe , nut dass dicNctzhaut~cchy- mos(~a vollst;;ndig verschwundeli watch. Paticnt las Schrift No. 4 prScisc und cillzelneWort, e yon No.2. Dcrsclbe hat sich scithm" den vcrschicdenstcn Schii(llichkeitcn, bcsondcrs Na(:lttwm:hen und (lem Einflusse grcllen Lich|es (tds Coaditor) vie[fhch ausgcsetzt, doch nicmals.zeigte sich (~tw:~s (h'()hendes Imi den Priiihngen, welche in regel- mSssigen'Abstiinden yon 3 bis 4: WocheIl .wicderholt wm'd(~n. Die hochgradigcn Vcriindcrungcn dot h'is be- stehen noch jetzt ~,ollkommen in der n~imlichen Weise nnd wih(t(~n g(~wiss B(~sorgniss i~rregen, wenn nicht :diesAndcre normal gel)liebe~i, das Sehverm~igcn s~)gar imrner l)~SSCl' gewordcn wiire. Die Accomodation des rechten Augcs 1)liel) hier ebenfhlls ~iusscrst bcsckriinkt, das link( Auge bis j,qzt gcsmld.

]?~eSlllll6, A k n t e s C, l auc , )m o h n e P r o d r o - r e a l s ( a d j u r e *). I r i d e c t o m i e 1~/ W o c h e nach ,2 (l(~m A u s I ) r u c h e ; v o l l k o m m e n e Wiederh* ' . r - s t (~l lung d e s S c h v c r m i i g e n s ( B ( ; s t a n d 8 Mo- n~tle), h o c h g r a d i g e V e r i i n d e r u n g c n d e r h ' i s .

B ~ ' o b a c h t u n g 4. Madam(; M a a s in Berlin, ein(~ I)mne in den FnntMgern mit ei, was tr}igem IJntel'h~ibe, s()nst gesulld, hat.t(; seit dcm Winter 1855--56 l~egc, n- I,(*g,msehem, Zunahme dot Prcshyopie und zuwei/en V('rdunl~,,hmg,~n auf dem rechten Auge bemcrkt, dicse Ersch,;ilml,gcn j('doch wcnig bcachtet, so class sich

(.r Fiill(.~ in Betvoff der IIeilungsresultate noeh zu un- sicher sind.

*) Die Existenz des P~'odromalstadiums is( bei tins(i- tiger ~]i'krallku!lg hie mit Sichel'hoit zn Ieugnen, ,l~:t die Symptom( den Patienten Ieicht entgohen.

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dieselben crst aus einem l~ingercn Krankencxamen erga- ben. fm Februar 1857 traten pliitzlich rechterseits heftige Stiraschmerzen, Lichtscheu, Thriincn und innerhalb wenigcr Stunden vollkommene Erl,lindung tin. Drei rl'qge sp?iter sah ich die Patientin; cs wa,:(m rechtcrseit.~ alle Symptomc glaucomatSser Chorioiditis vorhanden, die In- jection sehr het~.ig, Chemose miulcren Grades, Cornea ziemlich unempfindlich, Mydriasis und Abflachung der vorderen I(ammer ungemein stark, dagcgcn die Trii- bung des humor aqucus nut mfissig, quantitativc Licht- empfindung war im Umiange des ganzcn Gesichtsfeldcs und zwar in dem Grade vorhanden, dass das [Iell und Dunkcl einer ziemlich nicdrig brennenden Lampe auf 8 " miterschieden wurde, dic Bewegung einer Hand konute I'atielltin nur bci belier Beleuchtung und dann selbst unsicher wahrnehmen; dabei heItige Stirn- schmerzen. Tags darauf Irideetomie dureh Excision nach innen; obgleieh der humor aqueus nur wenig ge- triibt war, zeigte sich doch ein unmittelbarer Effbkt, so dass l)atientin Finger nach der Op~',ration sicher z)ihlen kom~te. An die Stclle der qu~ilo, ndcn Ciliar- II(~llrosc trat tin leichtcr Wundschmerz, welcher gnte Nachtruhe zuliess. Am Morgeu nach der Opera- tion war (lie Ch(;mosc vollst~indig vcrschwuadcn, die Injection dcr vordercn Ciliargefiisse bedtyutend geringer. I'aticntin ziihltc Finger attf 2 ' bis 3' , cine genauereUn- tersuchung wurde wegen der grossen gcmiithllehcn Er- regthcit vcrmieden. In den beiden folgendcn Tage, n schritt die Besserung nach Wunsch ~brt. - - Drei Tage nach der Operation bekam die Kranke linkerseits Stirn- schmerzen, welche sich gegen Abend heftig stcigcrtcn, die rechte Seite blicb hierbci vollkommcn frei. T:~gs darauf war ei~l Ausbruch glaucomatilscr Chorioiditis aut' dern linken Augc dcutlich zu constatiren. Die linksei- tigen h~j('ktionsph~inornenc traten so stark hervor, dass ich reich beinahc geseheut h~itte zu opcrircn, besonders war die Chemosis schr hochgradig mid schon die Berilhrung der Augenlider verursachte heftige Schmer- zen. Dic Pupille aui dicsem zwcitcn Auge crschicn wenigcr st'irk mydriatisch als auf dem ersten, aber sehr unregclm}issig ausgcbuchtct, auch waren nach

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innen und uaten breitc hintert~ Synechien vorhanden, der humor aqueus sehr getrhbt; trotzdem konnte Pa- tientin noch Finger aut' eillige Fuss Eutfernung z~ihleu. Die Iridectomie wurde iiir den folgenden Tag beschlos- sen und an dcmselbeu, also am fi_lnftell Tage nach tier rechtseitigen Operation, dutch Excision eincs grossen Irisstiickes nach innen ausgefi ihr t . Wegen dcr bctr~icht- lichen Chemosis wurde kurz l~ach dot Operation die Conjunktiva noch durch einige kurzc Scheerenschuitte incidirt uud das darmiter befindliche Serum herausge- lassen. Die Schmerzen htirten unmittelbar aui, Tags darauf' war nut ein geringer Grad voll Chemosis wic- der eiugetreten, der jedoch bald v61lig verschwand. Die Injektion bildete sich in weuigen Tageu zuriick und die Besserung trat gauz in derselben Weise, win bei dezl frilhcren Patienten beschrieben wurde, ein. Es war mir mm sehr lehrreich, den Vergleich zwischen bciden Augen anzustellen, yon dcncn das erste am 5ten Tage der Erkraukung, das zweite am 2ten ']'age nach derselben operirt, war. Dicscr Vergleich llel bald und sehr schlagend zu Gunsten des letzteren Augcs aus; schon in 8 Tagcn hatte die Sehkrait des link,m Auges die des rechtea erreicht, Paticntia koante j(.,tzt mit jedem Auge miihsam No. 14 durch die geeigaeten Couvexgliiser lescn uud you Schrift No. 11 dic meisten Wortc erkennen. Vol~ da ab iiberflilgelte die Sehkraf't des linken Auges die dcs rechtcn, nach 3 Wochen k(mnte Paticatin mit dem liHkeu Auge Schrift No. 3 sicher,., mit dem rech~en dagegen selbst Schrift No. 6 mu' milhsam lesen. Nctzhautecchymoscn w~lren vor- han(l~m, in welchem Verh~iltnisse aber deren Riickbilduug zu der Besscrmag stalld: kanu ich nicht beurthcilen, da Paticntin, in der Stadt wohnhait , liUl" in griissseren Terminen lllltersucbt Wllrdt;. Ein " nachweisbarer Unt(~rschied zwisch(m der Schkrafi beider Augen blieb auch spater zurilck. Das Gesichtsfcld war beider- seit~ normal, ebcuso der Sehno, rv, die brechenden Me- dien win'den klar, (tie Cornea normal empfiudlich, der Bulbus verlor sciue Prallheit, die Pupille blieb rechter- seits mSssig erwcitcrt, vollkommca start, die h'is fleckig ver['ih'bl:~ vordere Kammer aber im Verh~iltnisse zur

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Preshyopie nicht verflacht; links nnhm die Pupille wie- dcr eine mittlcre Grlisse an und erhielt ein leichtes Spiel (mr Lieht trotz einer brciten hinteren Synechie, das Gewebe der Iris war nut wenig ver~indert, die Aecomodation zwm' aueh beschr~inkt, attar lange nieht in dem Masse als rechts. -- Als ieh Patientin 6 Me- hate nach der Operation zum Ietztenmale sah, hatte ihr Sehvorm~gen gegen den fi'iiheren Beflmd lloeh be- dcutend zugenommcn, so dass sic aueh rnit dem sehleeh- tereu Auge Schrift No. 3 bei gntcr Beleuchtung pr~icis lcsen konnte. In der ganzen Zeit waren nicht die ge- rings(ca Znflille eingetreten.

Resumt ; . A k u t e s G l a u c o m n a c h e in j~ ih r i - gem I ) r o d r o m a l s t a d i u m . O p e r a t i o n am f i lnf- t en T a g e . E i n i g e T a g e d a r a u f g l a u e o m a t i i s e U h o r i o i d i t i s a n f dem z w e i t e n Auge. O p e r a - t.iou an d i e s e m A u g e z w e i T a g e n a c h de m A u s - b r u c h e . B e i d e r s c i t i g e H e i l n n g { B e s t a n d 6 M e - ha te ) , j e d o c h d a s S e h v e r m ~ J g e n a u f d e m z w e i t - o p e r i r t e n Auge seh~irfer *'*).

B e o b a c l l t u n g 5. General y o n F e l d e n ~ in Berlin wohnhaft, 70 Jahrc alt, Arthritikus, mit sehr rigi(lcn hrterien, sonst rlistig, war im Februar 57 yon eiuer schr sehmerzlmiieu Entzii~(hmg des reehteli Auges

*) Es ki~m~tc hiornach, wie nach einigen andern meiner Beobachtungen scheinen, als werm die Operation den Aus- bruch des Uebets auf dent zweitc.n Augc besehIeunige; dies iut mSglich, bleibt rail. jedoch iiusserst zweif'e[haft, wean ich (tie Ntatistik moiaer operirten und nicht opcrirtea F~lle yon Glaucom vergleiche. Gerade bci den heftig entz(ind[ichen Formen tritt sohr hii.ufig kurz uach einander das Uebel auf beiden Augon aug (Siehc zum'Bcispiel Beobachiung 5)

**) I(.h glaube zwar, (lass die friihzcitigere Ausf(ihrung der Ol)e, ration bei d(~m Unterschiede zwisehen der beidor- seitigen Sehkt'aft in diesem Falio sieh weseutlich beiheiligt, ~ilJ sieherer Schluss abet bei so k[einen Zeitdifferenzen er- giebt sieh ans dieser einen tleobaehtung um so weniger, als ieh [inks ein griisseres Stiiek h'is exeidirte, was meinen sp~teren Erfahrungen zufolge Vorthcile bietet. Ausserdem habe ich se[bst bei den akutestcn FS, tlen einigemale in dot zweiten Woche operirt und Wiederherstel[ung einer sehr be- friodigendea Sehschiirfe gesehen.

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hethllen wordcn. Ich wurdc, nachdem das Uebel 5 Tnge bostanden, consultht. Dic Utdcrsuchung ergab: fehw Iujel~tion der vord~wn Cdla%ei:~sse, I~lornhautcmpfiad- lichkeit uagcf~ihr normal, humor aqaeus schwach diffils getriibt, die Pupillc vcrtikal oval, a~tch oben stm'lr aus- gebuchtet, sonst nut miissig erweitert, dabei cizfig,: l.ichtscheu und sehr hct'tige Ciliarneurose, besondcrs Nachts, das Sehv(;rn~Sgea st) wcit crhalten ~ d~lss Patient mittlere. Schriit crkczmen koa~te; aueh behaup- t,ete er, auf diesem Auge stets schlechter, als auf dem liuken gesehen zu habeu. Da das Gesichtsfi~ld :msser- dem normal war, so schien [tier keine Getahr im Vcr- zuge zu liegen, und ich empfahl ih'tliche Blutcnth,erull- gen, belladonnisirte Merkurialsalbe und Abends ein Opiar Am tblgendcn Tage ging es bctrSchtlich besser, so d;u~s die Behandlung Ffir einige Zeit in den Hiindcn des Or- dinarius blieb. Eine Woche sp~iter wurde ich aut~ Neue zugczogen; cs waren in den lctzten Tagen trotz Blutentle, erungen etc. st~irkerc Stirnschmerzen auf der rechten Seite mid endlich eine :4usserst hefCige Ezlt- zlindaug des linkcn Auges mit wiithend.r Ciliarneurosc oinge, tretcn. - - Als ieh den Patieaten sah, thud ich zu- a~iehst das reehte Auge wesentlich veriindcrt; obwohl (lie hlj~;l~tion und Triibung (los humor aqueus geriag- i,.igig war , h'~tte die Ausbuchtuag der Pupille nach ,,bt,n e.tschiedcn ztlgenommen, die Sensil)ilitiit, de, r 1 Iorahaut war gesunkcn uad das SehvcrmSgen hatte so weir abgeuommen, dass Patieat kaum grosse Seht'itL .rkemw.n konatc. Es cntwickclte sichjetzt deutlich das Bild des akuten oder subakuten (31aucoms. Liuks f~.mdich hoch- gradigt: h~jektion der vorderen Ciliargefiisse, Pupille st .rk mid ghqchmfissig erweitert, den humor aqueus difths getrilbt; Finger konnten mit diesern Auge m u ' miihs~lu it| eilfigcn Fuss Eati~ruung geziihlt werdca. Es win'de cine heidt:rseitige h'ideetomie ffir den kommenden Tag ver:dn'edet. An diesem Tage war m)eh eizm heftig~: Exacerbation am liid~ea Auge eblgetretcn; starke Che- mose, Lichtscheu, vordere Kammer sehr abgeflaeht, I 'a- tient, kol~Ilte die Finger nicht mehr zShlc~ ; aueh rechts hattc sich jetzt einige chemotische SchwelluIlg entwickelt, P~tient konntr nut noeh mSbsam FiJ~ger aufl~/~ ' ziilfien. Die Opera-

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tionwurde an lmiden Ang~n g'Mchzci fig und in gleichm~issi- gem Uu,thnge (des exeidirLen Stiiekcs) ausgeIilhvt. Die wiitl lendenSclunerzen h[h'l, en so fort anf, die ['lbrig~'nErsehei- mmgen bi[dei-.en, sich wie in den t'rilh,3r erwiilmfen Fiilh,n zm'~'mk, die Pupillc erlfielt bcidcr~,its cim~ Spul' v~m ]3eweg/L':.:keit,, links bliebeii hoehgradige rceht,, unb~,- dcntende Veriind~rung,,n der h'is zuriiek, Akkomodation bciderseits besehr~inl(t. Aufangs sehien es mi.', als solle das l-~csultat des rechten Auges glh~stigt~r aus- fidlen; mit diesem konnte Patient, bereits naeh 8"l'ag~n Sehriti, No. 11 wortweise Ie, sen, w~ihrend er mit dem linken kallt-n Sylben yon No. 16 erkalmte. Es erklih'te sieh diese DifiL'renz bei dot ophth;dmosliot)isehen Unt.er- suchung dadm'ch, dass links umfangreiche 1,;cehym,)sen in d~w gesammten Ausdehmmg der l~etint~ und :inch in der Gegel).(l der lllaelll~.l iut.ea vorh,~tl).(].(ql ware, ll, w.tihrend dieselben rechts beinah(3 li~h[ten. Einer diescr eentralen Eeehymosen entspvcchend, ha(re Patient noeh iu einein Zcitraume yon 4 Woehen linkerseits cinch Ncbellleek im Centrum des G(~siehtsteldes, dm'eh wel- cl).el), el" die Gegenstfinde rauchig mid etwas verze, rrt s a h . - NaeMem (lies Alles versehwunden, war das links,.ifige 5chve, rmiigen sehiirfcr, als das rcchtc, was

jedoch wohI zum The, il yon dcm triiher best.oh,m(len Uuterschiede herrl.'thrte. - - Als ieh dell l)aLiemelx ZUln letzt.en Male sah, konnte derselbe link~ ,'S('hrifi No. 3, rceht.s No.5t)rficis lesen ; (]esiehtsfi_~ld ul).d 5ehlwrv ersehienea I)ei- derseits normal. - - Es waren beinahe 6 Monate verst, riohen, Patient ha(re dutch den Ted seiner Frau vie!e Genfiiths- afli~kte erlit.ten, reich in den lctztcn Mona(on g(.g,,n mei- llell WIlllSCh Abellds gem'beitet~ er war aueh seitdcm veil sein(,n m'thritischen l~osehwerdcn mehl'theh heimgesueht worden, al)er all[' (tel). Augen batten sieh nieht (tie min- desten Kr:mkheitssympt~)me gezeigt.

R e s u m d . 5 u c e e s s i v c r A u s b r u e h g l : l u e o - m a t ~ i s e r C h o r i o i d i t i s a n t ' b e i d e n A u g e n , z u e r s t a n f dem l ' e e h t e n mi t m i i s s i g e r E n t z i i n d u n g , l~/a W o e h e n s p i i t c r a n t dem l i n k e n A u g e mi t s e h r heft, i g e r E n t . z i i n d u n g und r a s e h e m Ver - l u s t c d e s Sehverm~Jgel~S. ( } l c i e h z e i t i g e I r i - d e e t o m i e a u f l ) e i d e u Aug( ;n , d ie H e i l u n g a u f

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dem l e t z t e n d u r c h m a s s e n h a f t e N e t z h a u t e c - c h y m o s e n ve rz~ ige r t , a b e r d o c h vol ]s t~ indig ( B e s t a n d sei t 6 Monat ;cn) .

B e o b a c h t u n g 6. Minna D a n k h o f in Berlin, 46 Jahr air, stelite sich am 16. October 1856 in meiner Klinik vor. Sie hatte yon ihrem 13ten his zum 20sten Lebensjahre nn Menstruations-Anomalieen und spasti- schen Besehwerden zur Zeit der RegeIn gelitten. Vom 20sten Jahre ab waren diese UnregeIm~issigkeiten w~r- sehwunden, jedoch wurdc sic yon heI~iger ,,Kopfgicht" heimgesueht, welche ott woehenlang dauerte, zum hui:- enthalte im Bet*e zwang und yon dera Eintritte der Regeln durchaus unabh~ingig war. Zu den heftigsten Anfiillen gesellten sich auch peinigende Sehmerzen in den A r m e n

und Fiissen hinzu, welche jede Bewegung ersehwerten. Dies Alles hatte bis zur Zeit ihrer Vorstellung fortbe- standen, war sowohl dm'ch 7 Entbindungen, als d(lreh interem'rente Krankheiten (Typhus und Intermittens) nichtwesen~]ieh modi~icirt worden. Sie hatte jedes Jahr mehtana[s zur Linderung ihrer Beschwerden Ader gelassen. Ira 34:sten Lebensjahre batten sich den Kopfbesehwerden zuerst krankhafte Emptindungen in den Augen, n~imlich Gefiihl yon Hitze in dcnsel- ben und Schmerzen in der Augenbrauengcgend hin- zugesellt. Hierzu kam bald ein krankhafter Vcr- schluss der Lider, so dass Patientin dieselben beim geringsten Lichte nicht often crhalten konnte..Letzterer Beschwerden wegen hatte sic bereits vor 9 Jahren (1847) in tier Augen]dinik der hiesigen Chari% Hfilfh gesucht und solehe (durch wiederholte Blutentleerungen) geihnden. - - Vom Jahre 1848 an lift sic periodisch an Regenbogensehen und Obsem'ationen des linken Auges. Diesc kamen allm~ihlig in kih'zeren Telaninen, his im Jaim, ~ 1854 Entziindungm) mit sehr heiiiger Ci]iarneu- rose hinzutraten, welchc nach wiederholten Recidiven zu einer vollstiindigen Erblindung dieses Auges {]ihlqen. Auch auf' dem rechten Auge bestanden suit deal Jahre 18,50 leegenbogensehen und Ciliarneurose, seit 1853 Obscurationen iu mehrmonadlchen Interv'dlen. Iu den Sommermonaten 1856 batten diese Prodromalzeiehen

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au Intensit~it bedeutend g e w o n n e n . - Bei der Auf- nahme der Patientiu *) laud sich linkerseits eln abge- laufenes Glaucoma, Pupillc stark erweitert, h'is verf:,'irbt, Cornea unempfindlich und leicht infi[trirt, Bulbus wall, Cataracta glaucomatosa cingeleitet, kcine Spur voli Lichtempfindung; dazu m, ch fortbestehende inncre Entzilndung~ Blutergiisse ia die vordere Kammcr, Stirn- schmerzen, subconjunctivale htjection. Das rcchte Aug(; war hyperpresbyopisch und schien sich auf dem Ue, ber- gange des Prodromalstadiums in subakutes Gtaucom zu bcfiuden. Die SehschiirIi~ war in den Intcrvallen noch so gut, dass Patientin mit ~- 6 Wortc yon No. 2 crkennen konnte. Die ()bscurationen wiederhohcn sich aber sehr rasch und nach 14tiigigcr Beobachtung er- wits sich, dass uuu einige Tr~igheit der Pupillc, ]eichte diffuse Trlibung des humor aqueus und Stiirung der Sehschiirfc auch wfihrcnd der Intervalle zuriickb]ieb. Da es beinahe den Ansehciu hatte, als seicn die Ver- schlechterungen des rechten Auges mit den hcftigen Ent- ziindungsschiiben au fdem }inkenAuge imZusammenhange, so wurde zuerst, am 7. November 1856~ (tie Iridectomie links verrichtet, n:~tiirlich lediglich in der Absicht, die Entziindung zu heben mid ohnc allc IIofthung fiir das ~ehv(,rmSgen. Ill erstcrcr Bo, zichung trat auch ein sehr giinstigcr Erfolg t in: die Ciliarneurose h~,~rte vollkom- men auf, Injectionen und Blutergtisse in die vordere Kammcr kchrtea nicht wicdcr, dcr Bulbus ver[or seine Prallheit; dagegcu blieb die Hornhaut uncmpfindlich, die Cataracta schritt fort und das SehvcrmiJgcn blieb, wie erwartet, vollkommcn aufgehoben. Trotz des Vcrschwindens der liakseitigcn Eutziindung nahmen die rcchtseitigen Zuf~ille rasch an Bedrohlichkcit zu, es ges(qltcu sich zu den Obscurationcu Injecfionsph~inomenc; Paricntin konnte selbst in den Remissioncn Schrif~ No. 14 nur wortweise lescn, yon No. 8 niehts mchr. Sic litt schr yon der hcftigen rcchtscitigen Ciliarneurosc, wclchc jctzt ganz schart in dcr Mit.tellinie a b s c h n i t t . -

*) DieselSe erfolgte w~hrend melner Abwesenhei~, trod wurde das Journal in don ersten drei Wochen yon meinem Assis~onzarzte Dr. A l f r e d G rae fo geflihrt.

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A m 16, November wurde die Irldectomie rechts ver- richter; die Ciliarneurose hlJrte sotbrt auf und ist scit- dem nicht wieder gekehrt , obwohl Pathmtin naeh wie vor an ihrmi anderwehig(m Kopfbescbwerd,. 'n /itt. I):,s St,'hvermiigen I)f'sserte sich c(mtimfirlich, so d;tss Pa- tientin bereits am 29. Novbr. Schril~; No. 4 priicis und am 10, Decbr. Schrift No. 1 las. Obscurat.ionen sind nicht wieder eingetreten, nut zwei Mal will I)~tientin iu den Wintcrmonar des Morgens beim Aus cin(m leichte, n gelb(m Schein vor dcm rechtml Auge beob:mhte, t haben, welcher n:mh wcnigen 51inut(m vcr- schwand uud dic Wahrnebmung der Gegenst~indc nicht hindcrto. Netzhautecchymostm watch in diesem Fallc h~ichst unbedeutend, der Schnm'v tl'oLz des langen Pro- dl'omals|.'ldiun~s v~illig normal~ auch erreiehte die Pu- pillc, was zu den 8cltenheiten geh~irt, ihr t?eies Spiel wk.'der. - - Ich babe die Patientin 8 Monate lang in re- gelmSssigen Tevmincn von 14 Tagen gesehen, sic. hatte bei kiinst.licher Beleuehtmlg gen~iht und sich ilbe,'haupt ihrcs Auges ziernlich rtieksichtslos bedient, demunge- achtet blieb d~ls Sehverm(~gen intact. - - OI)wohl (li(; an(lcrweitigen K6rperbeschwerden begreiflichcr Wei.~e nicht verschencht ware, n, so giebt Pntien~i,~ an, dass nach dem Wegthllen der Cilia,'neurosc ihr Kopl' unen(t- lich leichWr sei, nicht I)loss die Stirn, sondm'n (let' ge- samml:e. 8ch~idel scieu lh~i yon den gichtrischen Schmer- zen, diese llngen .jetzt erst yore I li,lt(;rk()p[' an. Auch land sic iu diesem Jahre keinen G rund sich den sonst unontbchrlichen Blutenth;erungen zu unterzichen **J.

") Bei dicsm. Gelegmlheit hebo ich iibet'haupt den glinstigen Einfluss hervor, den (lie lIeihmg din, Ci!.i;trneuroso, bei sehr ausgadehnien IIyper,~isthesien ausiibI. - - Es bestoht sieher ein haupis'a.ehlicher Fortsehritt tier neuern Nervel l - p*~thologio darin, erwiesen zu haben, vr hiiuflg locale Rei- zttllg(,,ll gewisser Nt,rvenve,'zweigungen suee~gsiv'e in ]miller gr~issern Bahnen Krankhcils(~cscheimmgen h(;vvorrufen. Die Ci!.iarneuros(; I.iefert hierzu eineu lehrroiehen Beitt'ag. Ich habe nicht selte.n gesehen, (lass sehr ausgedehntc Sch ne "zen, die sich iiber den ganzen Umfang des Schitdels, des llb,lor- kopfs mid noeh weiter ausbreiteten, nach Beseitigung der Ciliar,murose abnahmcn, resp. ,mfldh.ten.

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t~esumd. G l a u c o m a t S s e E r b l i n d u n g d e s l i n - ken A u g e s mit n o c h f o r t b e s t e h e n d e r En tz i i n - dung . H e i l u u g d e r L e t z t e r e n d u r c h I r i d e c t o m i e , n e g a L i v e r E f f e c t flit das S e h v e r m i i g e n , nega- t i v e r E f f e c t a u e h ffir die e i n g e l c i t e t e E r k r a u - k u n g des r e e h t e n A u g e s ; au f d i e sem seehs- j i i h r i g e s P r o d r o m a l s t a d i u m , desser t Anf i i l le se i t e in igen W o c h e n n i c h t Inehr v o l l k o m m e n z u r i i e k g i n g e n , ulld sieh du rch al lm~ihl iche Stei- gerul~g zu r g l a u c o m a t t i s e n C h o r i o i d i t i s e,lt~- w ieke i t eu , l~eeh t s e i t i g e I r i d e c t o m i e . Wie- d e r h e r s t e l h l n g des S e h v e r m i i g e n s . B e s t a n d de r H e i l u n g ( se i t a e h t M o n a t e n ) t ro t z F o r t - d a u e r der i i b r igen , w a h r s e h e i n l i e h mi t dem Augen t ibe l in u r s 3 e h l i c h e m Zusammet~haage s t e h e n d e n , K t i r p e r b c s e h w e r d e n .

B c o b a c h t u n g 7. Frau yon B S t t e h e r ausCur- Ian(I, etwa 60 Jahre air, stellte sieh mir zuerst im Friih- jahre 1856 vor. - - l~eehts Erblindung dutch Glaucoma chronicum; kebm Behaladlung, weil das SehvermiJgen vollkommen erloschen trod keine Entzlindtmgssymptome mehr vorhanden waren. Lblks eataraeta prow.~cta; da (l:~s Sehvermiigen auf letzterem Auge dem Grade der Liusetitriibutig durehaus entspraeh, trod der habitus des Auges nicht im Mindestelt {'iir eiue amblyopische Com- plication �9 lrgumtmt:irte~ so rieth ich dcr Patientin eine Cataractoperation azl, verschob dieselbe jcdoch wegen noch mangelnder Heiii~. Als Paticn~in der Anweislmg gem~iss sich irn Herbste 1856 anf~ Neue vorstellte, laud ich bei dcr Besiehtigung die friiher noeh durchscheinende CorLicalsubstanz vollsOindig getriibt, die Pupille gut mobil, das Auge bet auch jetzt objeetiv nicht das ge- ringste Verdiichtige uad/)atierltin konnte naeh allen Rich- ttmgslinieu hin die B(,'wcgung oilier Hand wahrnehmen. Die Zeit der Operation sehien mir gekommen, und nut au f (h'uud intcl'eurreTm~r Kiirperbesehwcrd(.a sollteu noch eizlige Wochen abgewartet werden. Wilhreud dieter Frist w(u'de ieh pl;itzlieh wogen sehr heftiger Stirn- schmerzen auf tier linken Seite zur Patientin geruf, n. leh komlte diesell)e erst eiueu Tag naeh Eintritt der Besehwerden sehen und land zu meinem Sehreeken die

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deutlichen Zclchen glaucomat~ser Choriolditls auf dem catarac|~sen Auge: heftigstc Ciliarneurose, so class t)a - tientin continuirlich wimmerte, die Augenlider bei dcr Berfihrung empfindlich, ThrSnen, Lichtseheu, Subconjunc- tiv~l-[njection, mlflauchende Chemose, Pupille erweitert, Iris etwas vcrl'[irbt. Ordination: Blutegel vor und hinter das linke Ohr, belladomfisirte und mit Opium versetzte Merkurialsalbe auf die Stiru 7 Abends ein reichliches Opiat. Tags darauf war der Zu~tand eher schlimmer; Patient in hatte iu der Nacht nur wenige Stunden in einem halbtaume]icben Zust.nde, ohue jede Erquickung, zugebracht, dic Chemose war zwar zuriickgegangen aber die Mydriasis st~irker, der humor aqueus diflhs getriibt, die vordere Kammer ahg(;flacht und der Lichtschein ge- ringer, so d~ss Patientin (lie Bewegungen einer Haud selbst bci guter Be[euehtung nieht mehr wahrnehmen, wohl aber das Hell und Dm~kel einer niedrigst brennen- deu Lampe m~terscbeiden komlte. Ordination: Blutegel vor das Ohr, spauisehe Fliege im Nacken, Fortsetzung der Salbe. Abends morphium accticum. Am vierten Tage der Erkrankung hatte Paticntin c~was mehr Ruhe, die objeetiven Symptome waren ungei'~ihr diesclben. Or- dination wie ~i'fiher. In (tel~ tblgenden Tagen stiegen die Symptome aufs Neue. Chemosis entwickelte sich wieder, die Abflachung der vorderu Kammer und Ver- [~irbung der h'is nt~hm zu. Da ondlieh am aehten Tage der Erkrankung dic 31y<triasis betr~ichtlich zugenommen und auch der Lichtschcin so weir abgenommen hatte, dass P'~tientin das Hell und Dtmkel eincr niedrigst brcn- nendea Lampe nut noch unsicher erkennen kotmte, so schlug ich ~ls ultimum relhgiunl die Iridectomie vor, welche am ~leunten Tagc ausgetlihrt wurde. Das Ner- vensystem der I)atiemil~ war durch die anhaltcnden Schmerzen und Schl~fflosigkcit sehr ersctdipft, ausser- dem der Act der ()perdition wegen der Emplilldlichkeit der Lider, dcr ziemlieh hochgradigen Chcmosis, der starken Abflachung der vordern l~:ammer und der pe- ripheren Retraction der Iris schwierig, sofem es sich auders darum haudelte, ein grosses [risstiick zu ent.- fernen. Das exeidirte Stiick war ausserordeutlich steif {infiltrirt). Nach der Oi)eration trat sofort ein Nachlass

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der entzfiudliehen Erscheinungen ein, Patientin sehlief zum el's~en Male; schou naeh zwei Tagen komite eine Besserung des Lichtseheilts constatirt werdcn. Die Pupillc zog sieh his zttm Zustande einer mit.tleren Erweiterung zusammet~, btieb abet s~rr , die Iris stel[e~l- weise stark verf~irbt. Die R~'tckbiidung der krankhaf~en Erseheinungen erfolgte sodaml ganz wie in dea fi'iiher bcschriebcneIl FSllcn; dcr Lichtschein nahm progressiv zu, ~,ier Woehen nach d(,r Operation konnte Pafientin (den Rilcken gcgen das Fenster gekehrt) die Beweguu- gen einer t Iand wieder iu 1 bis 2 Fuss Entti~rnung wahrnehmen, us schien jedoch, nach der relativen Deut- lichkeit der excentrischen Eiudriicke zu schliessen, als WClm die ~iussere ~'etzhauthSlfte etwas weniger sensibel wiir% als die innere; dennoch wagten wir, da bei kleinen Dit~brenzen die durch den Staar bedingte Lichtzerstreuung leicht Irrtlfiimer begriindet, keine unbedingte Schluss- iolgerung. Jedenfhlls musste die centralc Sehsch~irfe der Patientin jetzt als normal angesehen werden, da sie gut fixirte und im Vergleiche mit einer beliebigcn Staarkranken ia keiuer Weise zurfiekstand. Drei Monate naeh der Iri- deetomie verriehtete ich die Extraction des Staarcs dureh oberen Lappensehnitt; cs trat w~ihrend der Entleerung des humor aqueus einigerHornhaut-Collapsus ein; obwohl dig lteilung mit Irisvorfall zu Stande kam, so wurde ein sehr be[ricdigendes Schverm6gen crreieht; Patientin konnte nieht allein alle Gegeas6:inde untcrseheidel~, sondern mit ~ 2~/~ Schrift St , 8 priicis und die meistea Worte yon Nr. 4 uad 3 erkcnncn. Das Gesiehtsfeld war voI~ tmrmaler AusdehnuHg, (lie excentrisehen Ein- driieke, nach der Peripherie der innern Gesichtsfeld- h~ilfte allerdiags relativ undeutlich, immrhalb einer ()eft: hung yon 45 0 jedoch das exeentrisehe Sehen auch ltoch imien yon relativ normalcr Schiirfi~'. Dcr Sehnerv zeigte keine Spur yon E x c a v a t i o n . - Ich babe die I 'a- fientin nach dcr Extractioa gegen drei Monate beob- aehtet, wiihrend weieher Zeit sieh das Sehverm~Jgen COlttinuirlieh besserte.

R e s u m 6 . A c u t e s G l a u c o m ail e i n e m f r i i h e r y o n C a t a r a c t b e f a l l e n e n A u g e . I r i d e e t o m i e am n e u n t e n T a g e . D i e B e s s e r u n g ~ a b g e s e h e n

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yon den objeetiven Zeiehen dureh die all- m~ihliche Kl~irung de sL ieh t s che in s zucons ta- t iren; Wiederhers te l lung des Sehverm~igens durch Ext rac t ion d c s S t a a r s d r e i M o a a t e n a c h der Ir idectomie.

Z u s a t z . Dieser Fall darf nicht ,o aufgefasst wer- den, als wenn bei einer bereit, eingetretenen cataracta glaucomatosa eiue Iteilung m f operativem VUege erzielt worden wgire. Dcr Zcitpunkt~ in welchen die zlusbildung des Consekutivstaars bei glaucomatb'sem Prozesse 9~'llt, liegt jedenfalls jenseits der Grenze, innerhalb der die Iri- dectomie ihre tlh'lfe gewdhrt; die Cataract war hier prii- exietirend, also }eb~e cataracts glaucomatosa, and der Fall beweist nur, class man an einem glaueomatb'sen und dutch [ridectomie behandelten Auge mit Glilck die Ex- traction eines vorAerbestehenden Staares verrichten kann.

3. D i e I r i d e c t o m i e in de r s p ~ i t e r e n P e r i o d e des a c u t e n G l a u c o m s .

Wean die Heilwirkung der Iridectomie am gl~n- zendsten in frischen F';illen ist, so verliert sis ihre Be- ,leumng doch keineswegs mit dem l~ingern Bcsiande tier Erkrankung. Obwohl racine Beobachtungen f.dl" diese (?,ruppe noeh zahlreicher als ffir die vorige sind, so ist bei tier Verschiedenartigkcit der Erfolge doeh die Sachs ihrer Erledigung wenigor nahe geriickt und sine noch welt gd3ssere Ausbreitimg des Studiums ffir die Zukunft n~ithig. Folgendes rn(ichte ich vorl~ufig als Ergebniss meiner Versuehe hiastelien.

a) Eine mehrw;3chentlichr mehrmonatliche Dauer, veto Eintritte der ersten glat~eomattison Entz(indung an gerechnet, schliesst eine vollkommene Wiederherstelhmg ,lieht unbedingt aus, sondern es h~ingt dies *con der In- dividualiffit der F';ille ab. Ztaweilen sind die ersten Ent- ziindungen zwar ihrel" Hef/igkeit naeh iatensiv, abel" doch insofern gutal"tig,'l" Natur, als in den dal"auf fol- genden Remissionen trotz einiger Iridoplegie und Eat-

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f'arbung der h'is lange Zeit hindurch ein beinahe nor- males Sehw~rm~'~gen mit normalem Gesiehtsfelde und unww~inderter papilla optM zuriiekbleibt; es sind die~ wiedm.um file FSlic, in denen das eigentliehe l)ebfit dot l~,rankheit yon dora Prodromalstadium nicht seharf ab_ zugrfinzen ist, well sieti die ers/en ICntziindungsanf'alte dureh alhniihliche Steigerung der prodromalen Obseu- rationsanf',ille, entwMteh~. In eben diesen giillen kann die h'ideetomie selbst nodl viele Monate naeh dem Ausbt'uehe vollkommene Wiederherstcllung hevbeiffih- ten, und es davf" hierauf gereehnet werden, wenn in (let" dem letzten Anfalle vorhergehenden Remission Gesiehts- feld und papilla optie, i normal waren; (lie eentrale 8e, h- s(:h,irib, konnte hierbei sehon bedeutend gesehwii(,ht sein (siehe z. B. Beobaehtung 8). Die Heihmgen seheinen hier aueh, wie in (lee ersten Periode, vollkommen dauer- haft zu sein. In l);3savtigern F~illen k6nnen sehon etliehe Wo(.hen naeh dem ersten dinfalle die Verhiiltnisse we- senfli('h ungSnstiger sein, ja as kommen foudroyante FSlle ww, in denen (lie Distinktionsf~ihigkeit sofbrt ffir immer erlischt trod in clench eine tiff]re sehon naeh we- nigen Wo(:hen ve, rspStet ist.

b) Eine wesenlli(.h andeve Riehtung bekommt die Prognose, so wie des Gesie t , t s f e l d e i n g e e n g t ist. Am rclaliv gi'mstigsten ist noch eine m'assige eoneen- trisehe Eimmgung, welehe, jedoeh wait seltener vor- kommt als eine vorwaltend yon eincr Seite ausge- hende, l)ie Letztere triibt die Prognose um so mehr, als sic sieh der Mittellinie n i i h e r t . - Gleich with- rig ist das V e r h a l t e n der P a p i l l a . In den Fallen, we bei einer hoehgradigen Besehriinkung des Gesiehts- foldes die Papilla noeh sehr wenig exeavirt war, trat freilieh keine Herstellung, abet doeh immer e, ine bedeu- tende Besserung ein. Diese bezog sirh besonders aur die Sehsehiirt>, jedoch moist aueh auf das Gesichtsfeld,

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welches zuweilen (siehe Beobachtung 9) die viers Ausdehnung erreichte. Solche Besserung'en blieben in der Regel auf ihrer H(ihe. Tritt dagegen zu einer hoch- gradigen Gesichtsfeldbeschr~nkung ausgepr~igte Seh- ne rvenexcava t ion - nnd dies ist leider der gew(ihn- lichste Fall - - so kann ieh vor voreilig gef'assten Hoff- nungcn nieht genng warnen. Es seheintvon unbereehenba- ren Zuf~lligkeiten in dem einmal eingeleiteten Sehnerven- leiden abzuh~ngen, ob sich dasselbe nach aufgehobener Ursaehe substantiell wetter entwickelt oder nieht. Der nSehste Effect der Operation schien aueh hier in den m~'~isten F/fllen giinstig, in ether grossen Quote dersel- ben trat nieht bloss Besserung der eenlralen Sehseh~irfe, sondern aueh Erweiterung des Gesiehtsfeldes ein, aber nut in einzelnen F/illen sehien diese Besserung yon Be- stande zu seth, in den anderen nahm die Sehkraft sp/i- ter wieder ab. Es ist eine lange Zeit der Beobaehtung nGthig, um hier iiber die Endresultate zn entseheiden, so viel aber l~isst sieh sehon heute sagen, dass die Er- iblge bet einmal eingeleiteter Sehnervenexeavation ~iusserst versehieden ausfallen und tempor/ire Erfolge oft vGllig wieder versehwinden. Trotzdem bleiben einige F~ille sehr ermuthigend und kS muss ,einger~iumt wer- den, dass die Irideetomie selbst unter diesen Umst/inden mehr leistet als alle sonstigen Mittel, set es aueh h~iufig nur um dig Erblindung zu verziigern.-- Ist das Gesiehts- tMd bereits stark exeentrisch, so darf nie mehr auf eine bedeutendo Besserung gereehnet werden, ein Aus- spr~mh, tier mehr f'fir das sp~ilere Stadium des aeutea Glaueoms als f~ir das ehronisehe Glaucom gilt (siehe Beobaehtung 13). Ein SIillstand raseh progrcssiver For- men wurde auch dann zuweilen erreieht, ieh vermuthe jedoeh, dass derselbe stets nur tempar~r ist. In keinem Falle, wo die quantitative Liehtempfindung erlosehen war, trat irgend cin('~ Spur yon Distinetionsverm~igen ein.

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c) Prallheit des Bulbus, Iridoplcgie, Hornhaut- an~isthesie und Abflach,mg (let w)r(l,,ren Kamrner sind, eeteris paribus, giinstig, sofern sic heweisen, dass (tie llerabsetzung des Sehvermligens noeh zum Theil direkt yon der Druekzunahme herzuleiten ist, auf welche die, Irideetomie ihren gSnstigen Einlluss nicht versagt. Das- selbe gilt ungef';ihr yon tier Trfibung des humor aqueus und corpus vitreum. F~illt dieselbe aueh fiir die Erblin- dung als untergeordneter Faetor in die Wagsehale, so ist sie doeh Zeuge eines noeh tloriden Ausseheidungs- })recesses und als solehe prognostiseh gllnstig.

d) Halten die bei veraltetem Leiden dutch Iridec- tornie erreiehtcn Besserungen nieht vor, so erfolgt die sp~tere Ahnahme des Sehverm;3gens nicht unter den Erseheinungen einer neuen g'laueomatiisen Chorioiditis, weshalb wit aueh yon einer Rekrudeseenz des urspriing- lichen Leidens nicht reden diirfen. Es stellt sich viel- mehr alsdann das BUd einer progressiven Amaurose mit Einengung des Gesiehtsfeldes heraus; die Substanz des Se}merven wird weisser und undurehsichtiger, die arteria centralis enger, auch die Sehnervenexcavation seheint in einzelnen F~llen zuzunehmen.*) Da weder VerRn-

*) Von einer wirkl ichen Z unahme del. Excavat ion nach verrich- refer Iridectomie I)e, siizc ich unter meinen siim,nfiichen Fitllen nur zwei Boispiele. - - Es Minnie in diescm Ergel)niss vieileicht ein Gegengrmld gegen die aufg(~stciite Theori(; v o n d e r En t s t ehung der Sehnerven- excavation geschen werden ; lllaTI k6nnto sagen , dass, wenn (lie Sehnervenexcax, ation wMdich durch den intraocularen Druck herbei- gefiihrt wird, die Normal is i rung des Letzteren auch zuweilen cine Rest ihdion der Sehnervenform herbeifShron trod jedenfa l ls einer Zu- nahmc der Excavation vorbeugen miissc. Allerdings w'Xro es noch schlagender fiir die Richiigkei t unsere r Ansiehten, w e n n nach ~ler Iridcctomie mit den (ibrigen l ) rucksymptomen auch die Sehnerven- excava{ion ~xicder verschwitnde, woven ich reich bisher leider in ke inem Fa[le i iborzeugen l(onnte; au f der andern Seite ist (las Zur i ickgehen der Sehnervenpapill(~ yon dot einmal er langten Form wedor aus phys ika l i schen noch aus anatomischen Bet rach tungen mit Nothwondigkei t zu deduciren, j a es kann die in e inzelnen F~tlen

Arohi~" ftti, Ol~hthMmologie, Bd. IIL 2. ~ 4

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derungen in den innern Membranen und TriJbungen der

breehenden M~,(lien, no(.h solche Symptome, welehe fiir

Druekzunahme spreehen, sich hinzugesel len, so ist je- denfalls die substanti ,qle For ten twiekohmg des Sehnorven-

leidens als Grund dot Erbl indnng anzunehmen. Das Gesagte erlitt in einem einzigen Falle eiae

Ausnahme, in welchem die sp~itere Verschlecbterung doeh wicder unter Symptomen innerer Drucl~vermehrung zu Smnde kam. - - Dieser Fall betraf Mad. S a e k aus Wien, eine Dame in den vierzigen, deren Augen sehon seit etliehen Monaten veto Glaucoma ergriffen ware, n. Bei- derseits erschien tier Sehnel3~ erheblich excavirt, links existirte nur noch eha excentrischos Gcsichtsfeld, rechts war des Gesichtsft,ld etwas beengt, jedoch noch cen- trale Fixation Inld mittleres Sehvern|Sg(m vorhande, n; die Symptome der Druekzunahme waren hoehgra- dig und zcigten sieh sehon dadureh sehr hartniiekig, class links ein dnreh Irideetomle angeh,gtes Colobom l)ehui's des tmmit~elbm'en Erlblges noeh dutch eiaen zweiten Eingriff vergrSsser~ wer(len nmsste. Ai/hngs sehien ein Vcrlauf, wie in den iibrigen F~illen, cillge,- leitef., naeh 6 Woehen aber traten die subeonjunetivalen Venen mehr hervor, derBulbus wurdepraller, die Cornea un- emplindlieher, die I'npille grgsser, dig Netzhautvenen brei- ter, gesehliingelt, die Exeawltion mm'ldrtc.r, das Sehvermll- gen sehwiieher, Gesiehtsf;~hl enger, mM stellte sieh so wie- der (las Bild eines ehronischen Gl;meoms hcrans. Ieh m'gire,~ dass (lies miter allen der einzige Fall is(, we (lit; Vcrsehleehterung yon einer wirkliehen l~eerudescenz des glaueomatiisen l'roeesses abhing uad haim Griinde, zu glauben, dass hi(n" eine noeh umthngreiehere Ex- cision der Iris bessern Ertblg gehabt hiitte.

vorkommende Znnahme derSehnervencxcavation, nach Verminderung, des Drucks, die Theorie ebensowenig umstiirzen, ais ein Fall yon partieller Cerectasie oder Staphyloma partiale, welchar trotz Iridec- tomla sieh verschlimmert, die Betheiligung ties intraocMal'en Drucks bei der Pathogenese dieser Uebel widerlegt. Es ihsst sieh ~ehr wohl denken, (lass, wenn elnmal die Substanz und Resistenz des Sehnerven in einer gewisson Woise vor/iudert ist, alsdann aueh ein normal starker Druck der Augentl[issigkeiten relativ zu gross int.

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e) In allen F~illen sell)st abg(;iaufener glaucoma- t6ser Erblinduug beh'3.1t die Iri,h~ctomie den Vortheil, etwa bcstehcnde Entzi'mduugsprozess(; und Ciliarneurose zu beseitigen. Wer (lie Quale, n kennt, welche diese

(,rblindeten Augen zuweilen noch lange Jahre hindurch

den Patienten bereiten, wird aueh noch diese Wirkrmg

der Iridectomie als h;Jchst willkommen beg]'fissen; sic

macht es iiber[liis~ig, derlei Patienten mit h~iufigen Blut- entleerungen und narkotisehen Mitteln zu traktiren, weh.he

frfiher trotz aller Gegenrede des Allgemeinhefindeus, des

Alters u. s. w. of't nnvermeidlieh waren. Es ist r bekannt, dass im sl)iitern Verlaut'e des glaucomaffisen Prozesses durch die Aniisthesie der Cornea zuweilen eigenthfimliche Erweichungcn uud Uleerationen der Letz- teresa bedingt werdeu. Die Iri,.te('tomie kalm auch in

dieser Riehtung gihnstig wirl(en, theils indem (tie I~eitung in den IIomhautnevven wiederhergestollt wird, theils

indem die Abnahme des intraoeul;u'en Dl'uekes i~ber-

haupt bci Hornhautinfiltrationen yon Vortheil zu sein scheint.

B e o b a c h t u n g 8. Arl)eitsraalm Kurz in Berlin, 61 Jahr qlr., stellte sich Mitre September 1856 zmn ersten Male in mcimw Klinik vor*). Seit den Wintermonaten 1855/5(; lm/te (hwselbe yon Zeit zu Zeit Erseheinungen l)lauer Farben vet (]cn Angen g,habt, um die Kerze h e r u m hat te e.l' l l e g e n b o g c n g(r l ind vcenll er ill

die, sere Zustmach~ cinen Geg,,st'tnd lixirte oder das Auge dern Lichte exponirLe, so ][ttttell die thrbigen El'sCliei- nungen sich radf6rmig in dem Gesichtsfelde gedreht und das Sehvermiigen sieh so welt verfinstert, dass er selbs~ gl'osse Drueksehrift niel)t mehr erl~ennen k(mnte. Nach einer gut dm'ehschl.['en(m Nacht war anfiinglich (Ins ~ehverm~igen allemal wied(,' vollkommen seharf' gew('~sen. Dk.~se Anf}ille hat~en sich allmfihlich in ktlr-

*} I)a dies in die Zeit lneiner Abwesenhe i t fiel, so wurde das ,lournal in den ers tcn (i Wochen yon meinem Assis tenz- arzte Dr. Alfred Grao.f 'e geffihrt.

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zeren Intervallea und namentlich dann constant wicder- holt, wenn das Auge irgcnd ciner Anstrengting ausge- setzt, oder cine Nacht schlaflos verbracllt worden war. Auf dem linken Augc waren irn August 1856 zuerst Entztindungen aufgctretcn, i)~ Folge derea das Sehver- miigea ziemlich rasch abgenommcn hattc, l{echts sollte nach Angabe des Paticnten die Sehsch:,irti~ cbenihlls selbst in den [nterva[len zwischeu den Obscuratkmen abgen(Jmmeu habcn, doch zeigte (lie Priithng, dass dicse Angabe Iediglich auf Zunahme dcr Presbyopic zu deu- ten war. - - Bei der Aufimhme erwies sich links tin bereits auspepdigtes acutes Giaucom, zicmlich smrke Drucksymptome, dagegeu zur Zeit nur schwacbc Trl,'l- bung der brechcnden Medien, die Papiile uoch ~l~cht excavirt, alas Sehverm~igen schr herabgesetzt mid eLwas schwankcnd, da sich noch immer Exacerbationen und Remissionen markirten. Im Mittel k(mnte Patient Fin- ger auf 8' z:~]hlen und mit .~' 6 Worte yon No. 16 er- kennen. W~ihrcnd der ableitendcn Behaudlung, die in den n~ichsten zwei Monaten ciugeleitet ward, nahm das Sehvermiigen nachweisbar ab, auch die rcchtssciSgca Obscurationen wurdeu intcnsiver und fiihrten bereits jedesmal einige Pupillarerweiterung und Triibung des Kammerwassers herbei. Als ich den Patientea Anfangs November sah, war links stm'kcMydriasis, VerfSrbung der Iris, ziemlich betr~ichtlichc dift'usc Tl'i'lbung der brechen- den Medieu zngegen, so dass es nur noch mit Miihe gelang, eine uormalc Form der Papilla optici zu con- statiren. Patient ziihlte Finger bis auf 6 ~ und er- l(mmte mit ~-. 6 miihsam Worte yon Schrift No. 20. Das Gesichtsield war viillig normal. Nach dcr am 6. November verrichteten Iridectomie zog sich (lie links- scitige Pupille his auf eine mittlere Griisse zusammen, blieb jed()ch vollkommen starr, die Iris sehr hochgradig ver~iudert~ die brcchcndcn Medieu lichteten sich in ge- wohnter Weis% und das SehvermSgen nahm contiuuir- lich zu, so dass PatienL bereits am 12. November Fin- ger auf' 15 ~ z~ihlen und mit --F 6 Worte yon No. 13 uad grosse Buchstabcn yon No. 10 erkennen kpnnte. Die weitere Gencsung wurdc durch einen Ausbruch granu- liircr Conjunctivitis, welche damals iu Berlin herrschte,

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sehr verz~igert. Im Februar 1857 konnte Patient mit -! 6 No. 8 pr:Acis und No. 5 mit Irrthiimern, im

M~irz No. 6 pr~icis und Worte von No. 3 lesen. Ich bemerke, dass bald nach der Operation des linken Auges acutes Gl:mcom auf dem bedrohten rechten Aug(~ ausbrach und dass gegen dies in den ersten Tagen dureh Iridectomie eingeschritten wurde. Die Heilung dieses Auges erfolgte bis zu einer normalen Sehsehiirfe ganz wie in den frfiher sub 2 mitge, theilten Beobach- tungen. Der Vergleich beider Augcn fiel entsehieden zu Gunsten des rechten aus, da auf diesem cine grlis- sere Sehsch~ir{~, einiges Spiel der Pupille und eiae ziem- lich excursive Accommodation wieder e i n t r a t . - I n den 8 Monateu nach der Operation, w~ihrend deter ieh den Patienten in regelm~issigen Intervallen prilfte, sind we- tier ProdromalzufiUle, noch irgend sonstige krankhafte Erseheinungen eingetreten, obwohl P,4tient sich versehie- denen Sehiidlichkeiten (besondersNacbtwachen} exponirte.

R e s u m d . A e u t e s G l a u c o m , n a e h e inem ' / , j g h r i g e n P r o d r o m a l s f ~ a d l u m a u s g e b r o e h e n und 2'/.~ M o n a t e b e s t e h e n d , S e h n e r v und Ge- s i c h t s f e l d n o r m a l , D i s t i n c t i o n s v e r m S g e n be- r,~its self, 2 M o n a t e n s e h r s t a rk g e s u n k e n . W i e d e r h e r s t e i l u n g ei~ler b e f r i e d i g e t i d e n , ob_ w o h l n i c h t g a n z a o r m a l e n , Sehsch~ir fe d u r c h I r i d e c t o m i e ( B e s t a n d se i t 8 M o n a t e n ) , Aus- b r u c h a c u t e n G l a u c o m s a u f ' d e m z w e i t e n A u g e w e n i g e W o c h e n n a c h d e r O p e r a t i o n a m e r s t e n ; vo l l s t~ ind ige H e i l u n g d u r c h I r i d e c t o m i e , k u r z n a e h dam A u s b r u c h v o l l z o g e n { B e s t a n d sei t 8 M o n a t e n ) .

B e o b a c h t u n g 9. W i lhe lm I Ig f ' f l e r in Berlin, 71 Jahr alt, desseli reehtes Auge bereits sub 1 (Be- obaclltung 1) erwiiimt worden ist, kam am 15. Feo bruar 1857 in meiae Klinik. Er hatte seit 1~/~ Jahreu Farbel~ringe am die Llchtflamme mid seit dem Decbr. 1856 eine Sehschw~iche des rechten Auges bemerkt; miiglieher Weise bestand diese aber schon you einem irilheren Termine ab, da er erst dureh hefIige Schmer- zen in der reehten Stirn und Sehliifb zur Prfifung des reehten Auges veranlasst wurde. Mit den Schmerzen~

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welehe die Mittelllnie hie iibersehritten, waren zugleieh Lichtscheu und rl'hr~inen autg;etrcten ; in den Remissionen, welche dann periodisch crfb]gten, sollte Anfaugs einige Bes- serung, niemals abet' vollstilndige Herstellmlg der Sehkraft stattgefunden haben, in Summa hatte das SehvermOgen in den Monaten Januar and Fcbruar continuir]ich abgenom-

men.-- Dic Untersuchung ergab das Bild eincs acutcn Glau- corns in seinem sp.iteren S tadium : m~" .~."~,e'~,q,~ A(t sde, hnung (let" 8ubeonjunctivalgef'iisse, Ilornhautempfindlichkeit stellen- weisc beinahe erlosehen, humor aqueus diffus getriibt, h'is entf~irbt, Pupilh.' erweitert, vordere Kammer abge- flacht, bulbus prall, Augenhintergrund wegen Trtlbung der brcchenden Medien nicht zu untersuchen, heftige Ciliarnearose, das Sehverm~Jgen beinahe erloschen, een- trale Fixation aufgehoben; Patient fixirte eine tland un- sicher mit naeh Imien vo,'beischiessendcr Sehaxe und konnte so mit der iunern Netzhauth~ilfte noeh Finger, bet guter Beleuehtung bis 1 ~, wiewohl zuweilen irreud, z~ihlen. Die genaue [hnctionelle Prtifimg, welehe bet der geringen Distinction sehr miihsam war, ergab, dass (lie innere H~iliie des Gesichtsl'eldes vollkommeu fehlt, dass der (centrale) Fixirpunct eben an tier Grenze des erhalteuen ~ehbereichs liegt, aber nur ether sehr dumptbn quan- titatlveu Wahrnehmung entsprieht; des yon hier ab sich naeh Aussen erstreckende Sehbereieh hat, auf 1' Ent- t~rnung gemessen, eine Breite yon 13 Zoll mid eine H~ihe, welche, yon innen nach aussen gerechnet, sieh yon 2~/z '' bis 18" steigert. Imlerhalb dieses Gesiehts- feldes ist aber nur ein kleiner I~aum, welcher noeh h'idliche qualitative Liehtempllndung vernfittelt, und dit.ser Raum entspricht, wit es sehon aus den erstcrw~ihnte~ 5eh- vcrsuehen hcrvorgeht, einem ziemlieh stark naeh innen cxeentrischenNetzh'mtabschnitt. -- Die Irideetomie wurde am 17. Februar ausgeflihrt; es trat sofort ein Nachlass der Ciliarneurose ein, so dass Patient gut schlief, was in den vorhcrgehcnden Tagen dureh Opiate nicht zu erreichen war. Der Habitu~ des Auges ertuhr allmiilig ei~e giinstige Ver~inderung; (tle Reizsymptome bSrten vollstiindig aul; dim Cornea en'eichte ihre normale Em- plindiichkeit wieder, die Pupille wurde etwas kleiner, jedoch ohne Spiel, Iris blieb m~issig verf~irbt; die bre-

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chenden Medien kliirten sich so rasch, dass schon nach 6 Tagcn eine Untersuchung des Augenhintergrundes m~Jglich war. Diese ergab sehr reich[iche Netzhaut- ecchymosen, d,'n Sehnerv leicht excaviJt. Am 25. Febr. wurde eiJle gem~u,~ Priifung des 5,ehw'~'mSgens ange- stellt; P~tic~lt zlihlte hereits Filtger sicher auf 6' Eilt- re, hung, m~d zwar weehselte er mit do~ eentralen uI~d mit der excentrischcn Fixation, gcwissermaassen die Vortheile der ,.,inen und der andern probirend. Es ging sehon hieraus hervor, dass eine namha{te Verlinderung imGesichtsi~Ide sich eingestcllt tmtte. DieMessung ergab, dass jetzt der dem Netzhautcentrum entsprechende Fixir- punkt bereits imlerhalb des Gesichtst~Ades, und zwarum 1" nach aussen roll der Grenze lag; die Bt'eite betrug (immer in 1 ' Abstand gemessen) 18", die H0ite in einer dttrch den Fixirpunkt geiegten VerticaIlinie 12", ~m [te~" ~iussersten Grenzc 20", Vierzehn Tage spiiter z~ihlte Patient Finger in 18' und fixirte immer mit dcr norm~fien Sehlinie; das Gesichtsf'eld iibcrragte den Fixirpunkt nach innell um l'/z" und die Form, welche jctzt wieder verzeichnet wurde, war gegeJl den urspHhlglichen Be[hnd wesentlieh ver~indert ; start dass es frhher ciuem linch aussen zu auseiu- an(t('r laut'cndel~ Trapeze glich, hatte es jctzt beinahe die F(~rm eillcs l{echt(~eks. Die B~'eite bet~'t~g "26" (('t'iiher 13"), die H0hc liings einer durch den Fixirpunkt gezogenen Ver- ticalen 24" (Ii'iiher 2~/z"), welchcr Betrag bis gegcn die~ius- sere (}renze (ti-[iher 18") ziemlich unveriindert b[ieb; in Sum- ma war dasGesichts{hld rcichlich 4 real so gross, als ur- spriinglich. Anthngs April warci1 die Nctzhauteechymosen verschwunden, Patient zTihlte Finger auf 25' und dariiber, las mit -P 6 No. 11 pdicis, einzelne Wol'te yon No. 7 und selbst yon No. 5 ; das Gesichtsibld, wie bei der l.etzten Prii- i'ung, in de~' Brei~,e n~ch etwas grSsser. - In dendarau~ iof genden Monate~l blieb die Sache ziemlich m~ver~indert, und traten nicht die gel'ings~en glaueomatiise1~ Erscheimmgen wicder cir. Bei emerim Juli angestcllten Priifhng land ich die Tragwei~e fib' gr(issere Objeete ungei~ihr wie im April, aber das Erke~mcn der Schrit't m[i hsamer, Pa~,ient konnte mit -i- 6 die Worte von No. 5 nich~ mchr erkennen Iohne nach- weisbareVer~nderung der Accommodation) und auchWorte yon No. 8 uur sehr sp~irlich. Die Sehnervenexeavation

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hatte nicht im Geriugsten zugenommen. Im Monate August war keine weitere Verschlechterung der Seh- seh~irf~ eingetretcn; das (~esich~sfcld butte sich durchaus auf der Hiihe der Bcsserung erhalten; trotzdem bleibt cs ungewiss, ob uicht noch cine wcitere Abnahme des Sehvermiigens sp~iter cintretau wird. Das linke Augo wurde inzwischen vor abgelauf:enem Prodromalstadium operirt, uud zwar mit durchaus giinstigem und dauern- dam EHblge (siehe Beobachtung 1).

R e s u m 6 . Acu tes G l a u c o m , w e l c h e s nach v o r a n g e g a n g e n a m l ' /~ j? ihr igen P r o d r o m a l s t a - dium m i n d e s t a n s v e t 2 Mona ten , v i e l l e i e h t auch f r i ihar , a u s g e b r o c h a n war . L e i a h t e S e h - n e r v e n a x c a v a t i o n und sehr h o c h g r a d i g e Be- s e h r S n k u n g des G e s i e h t s f e l d e s ; tier F ix i r : p u n k t l ieg t z w a r an der G r a n z e des G e s i c h t s - [e ldes , j e d o c h wi rd e x c e n t r i s c h f ix i r t ; nur noah ein g e r i n g e r Res t yon D i s t i n c t i o n s v e r - mSgan. Nach der I r i d e e t o m i e A u f h e l l u n g der b r e c h e n d e n ~,Iedien, R i i ckb i ldung tier D r u c k - s y m p t o m a , allm~ilige E r w e i t a r u n g des Gc- s i e h t s f e l d e s bis i ibar das Vie r fache , und Wie- d e r h e r s t e l l u n g e e n t r a l e r F ixa t ion . 4 Mona t e sp~iter eine g e r i n g e A b n a h m e der c e n t r a l e n Sehsc h-:4r fe ohne Vers eh lcch t e rung im G es ich ts- felde, de sha lb der E n d e s a u s g a n g noch n ich t g a n a u a n z u g e b e n .

4. D ie I r i d e e t o m i e b e i m c h r o n i s c h e n

G l a u e o m .

Obwohl ich gerade in F~lien aus dieser Gruppe

die ]rideetomie am friihesten in Anwendung gebracht ,

so bin ich doch zur Zeit noch ausser Stande, {iber

deren definitive Eriblge ein irgendwie umschrieb(mes

Urtheil zu f~illen. Da ich unter meiuen Beobachtungen

solche tinde, in denen bedeutende Bes~erung der Ope-

ration s sich w~ihrend eines Zeitraums yon 3 Mo-

naten auf derselben HShe erhielt, um dann wieder einer

VerseMimmerung Platz zu machen (siehe Beob. 19),

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so bin ich begreiflicher Weise zu der 'aussersten Vor- sicht in Betreff tier Annahme dauernder Heilwirkungcn aufgcfordert. Nut so viel kann ich ohne Zagen als Ergebniss dcr bisherigen Versuehe hinstellen, class dic h'idectomie auch bet dem chronischcn Glaueom eincn temper'at gllnstigen Effect ausiibt, dessen Grad und Dauer yon den individuellen Umst'anden abhilngt. Da diesc therapcutische Einwirkung der Operation jedenfalls alle Hcilwirkuagen iibertrifft, welch(; wit dutch auder- weitige Kurmethoden erzielen, so liegt uns die Pllicht einer Fortsetzung und VervicliRltigung der Beobaehtun- gen ob, und hoffen wir, dass gewissenhafie Faehge- nossen yon recht vielen Seiten her dieses Bestreben nnterstiitzen werdcn.

Im Allgemeinen scheint die Prognose hier yon dea- selben Faktoren bedingt zu werden, wie bet dcm acuten Glaucom in der sp'ateren Periode. Gesichtsfeldbeschr~in- kung und Sehnervencxcavation triiben die Prognose, heben .jedoch die Hoffaung auf einen g[lnstigen Einfluss, resp. auf Sistirung bis dahin progressiver Uehel nieht un- hedingt aui'; ,ja es geht sogar aus meinen F'allen hervor, dass hochgradige Gesiehtsi'eldl)eschr/inkung beim ehro- nischen Glaucorn die Aussiehten weniger absehneidet als helm akuten, so dass man selbst bet stark excen- trischem und schlitzfSrmigem Gesichtsi'elde bedeutende Besserungcn zu constatiren Gelegenheit hat (siehe z. B. Beob. 13). Unglinstig fiir vollkommene I-Ieilung ist im Allgemeinen, dass beim chronisehen Glaueom verhiilt- nissm/issig t'r~ihzeitig Sehnervenexcavation sich ent- wickelt. Es kommt deshalb auf eine recht zeitige Dia- gnose des Uebels wesentlich an. Diese liegt nicht so often, wie beim acuten Glaucom, we sic sich durch den crsten entzfindlichen Anfall mit Iridoplegie ergiebt, wiihrend bier die iiusseren Symptomc sich o~ lange Zcit hindurch auf eine ganz leiehte Triibung des humor

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aqueus, Tr~igheit dor Pupille, einig,, Abflachung der vor- deren Kammer beschr~inken und doch bereits in dieser Periode das Sehnervenleiden entsteht. Je mehr zur Zeit der Operation die Symptome des Druckver- mehrung ausgepriigt sind, deslo mehr darf ceteris part- bus yon der Iridectomie erwartet werden. Die Dauer des Uebels mSge in keiner Wcise abschrecken, da ieh nach vie!]Shrigem Bestand zuweilen noch bedeutende Besserungen eintreten sah, welehe Iris zur Zeit, wo ieh dies schreibe, ibrtgedauert haben. Das Aussehen des Auges verliert auch hier seinen glaucomatSsen Habims; die brechenden Medien wurden stets wieder klar, der Bulbus yon normaler Resistenz, etwa vorhandene Ciliar- neurose hSrte auf, Netzhauteechymosen zeigten sich in der Regel. jedoch in geringerem Umfange als beim akuten Glaucom, die Texturveriinderungen in der Iris waren durchschnittlich geringer als dot/, die Pupille wurde enger und erhielt }l~iUfiger als dort eine mittlere Beweglichkeit wieder, was zum grSssten Theil auf die geringere iritisehe Betheiligung zu beziehen ist. Einmal ausgepriigte Sehnervenexcavation verschwand nicht

wi,'der.

B e o b a c h t u n g 10. Frau Hof fmann iu Berlin, 57 Jahr air, stellte sich am 4. November 1856 in mei- ~ler Klinik vor. Sie hatte seit ether langen Iieihe yogi Jahren an Kopfschmerzen, besonders in der Stirn- gegend, aa ,,rhcumatischem Ziehen in den Gliedern" und Schlafl0sigkeit gelitten. Seit 6 Jahren hatte sie vor dem linken Auge Farbensehen und periodische Verdun- kelungcn bcmerkt; seit 4 Jahren hatte dieses Auge allm~i]ig an Sehkraft eingebtisst, ohne dass jemals ent- ziindliehe Erscheinungcn sich eil~gestellt batten. Be- sorgniss wegen des reehten Auges, welches jetzt eben- falls an periodischen Verdunkeluugen lift, hatte die Patientin zu mir gefilhrt. -- Zur Zeit ihrer Vorstellung zeigten sich links alle Symptome ehronischen Glaueoms; dig subconjunctivalen Venen waren ausgedehnt, die

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Hornham zi('mlich unempflndlieh, dh~ vord('re Kammer abgeflaeht, der humor aqueus leieht getriibt, die Pupille erweitert und start, die Iris ein Weniges verf~rbt, der Sehnerv stark exeavirt. P,gientin ziihlte Fingor suchend und bald ermildend bis auf 2' Entfermmg, crkannte yon Schrift No. 20 der Jae, gcr'schen Schril'tprobei~ mit Convexgllisorn nichts, das Gesichtsteld war hochgradig und allse, itig beschr~inlr nach Aussen betrug dic ()eft- uung aur 10 ~ nach den iibrig(~n Richtungen entschie- d(',n mehr, doch war cine genaue Umgrenzuug duvch dio schwankendcn Angabeu sear erschwert. Diescs Sehv(;rmiJgcn erwies sich innerhalb einer sechstiigigen Bcobachtungszeit durchaus c(mstaut. Iridectomie am 10. November. Am 15. ejusd, z)ihlte die Kranke Finger auf 4' sicher und besser fixirond, sic entziffln-te mit -l- 6 Wortc yon No. t6 und selbst von No. 14. Am 24. No- vember z~ihlt si(; Finger auf 16', lie, st No. 11 wort- weisc und crkennt einzelne, Buchstabcn yon No. 4. Das Gesichtsfeld hatte sieh entschiedcn urn Einiges er- weitert, die Oeffaung uach Aussen betrug jetzt gegen 20", in Summa abet war es noch immer sear beengt, so dass aut 1' Abstaud gemcssen, der Querdurchmesser 14", dcr HShcndurchmesser nur wenig mebr bctrug; die ~iussct'cn Kraukheitssymptome waron viillig zurlickg~- gangcn, (lie brechenden Medien hat, ten sich gekl~irt mid erlaubtca die sehr hochgradige Schnervenexcavation in ihrcn Details zu erkennen, die vordere Kammer war sichtlich ticthr geworden, die Pupille zeigte eine Spur wm Bcw<~glichkeit,dieSubconjunctivalvenen waren vollkommcn zuriickgebildet, vcreinzelte Netzhautecchymosen waren schoa im Verschwindcn. Die Besserung des Sehvenn6gens erhielt sioh ganz auf der angcgcbenen Hghe beinahc w~ihrend dreier Monate. Am 21. Februar 1857 wurde zuerst eine neuc Abnahme der Sehkraft canstatirt, Pa- ticntin konnte yon No. 4 nichts mehr erkemmn, No. 11 mlr sylbeaweise und irrcnd zusmnmenbringen. Auch das Gesichtsti~ld zcigte eine nachweisbare Verengung, welche vorwaltend liings eines yon ausscn-oben llach innen-unten gerichtetenI)iagonaldm'chmessers fortschritt. Das Sehver- miigea sank bis Endc April; am 26. April konnte Patientin. Finger nm, n<)ch in 8' erkennen, las No. 16 pr~icis, yon No. 14

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die meisteu Worte, Yon No. 11 vereinzelte Sylben und von No. 8 nichts. Das ~iussere Ansehen des Auges war genau dasselbe geblieben, auch in der Sehnerven- excavation kom~te ich keinen Unterschied finden, nur schicn mir die Substanz des Sehnerven etwas weisser und undurchsichtiger und die St~imme derNetzhautarterien etwas dilnner zu werden. Ich glaubte nun, dass es zur progressiven Erblindung kommen wiirde, }edoch ist yon jener Zeit bis zum August 1857 der status quo genau derselbe geblieben, so dass Patientin 9 Monate naeh der Operation immerhin ein bedeutend besseres Sehverm(igeu und ein etwas grllsseres Gesichtsf'eld als vor der Ope- ration besitzt. Auf dem rechten Auge war inzwischen das bereits drohende Glaucom ausgebrochen, und zwar in acuter Form. Es war sofort dutch Iridectomie mit dem g[instigsten und bis jetzt (7 Monate) dauernden Erfolge eingeschritten worden.

R e s u m d . C h r o n i s c h e s G l a u c o m , s e i r m e h - reren J a h r e n b e s t e h e n d , mit h o c h g r a d i g e r Seh- n e r v e u e x c a v a t i o n , E i u e n g u n g des Ges ich ts -

f e l d e s , u n s i c h e r e r F ixa t ion und ~iusserst redu- c i r t em Sehverml igen . Kurz nach der Ir idec- tomic bedcu tende B e s s e r u n g tier S e h k r a f t und n a c h w e i s b a r e E r w e i t e r u n g des Ges i ch t s - feldes. Nach d r e i m o n a t l i c h e m B e s t a n d e der B e s s e r u n g ncue V e r s c h l i m m e r u n g ohne glaucomat~isc Zeichen, welche Versch l imme- rung j e d o c h nach einem vierw~ichent l ichen For t seh~ i t t e ihre vorl~iufigc I-I~ihe e r re ich te und 9 Monatc nach dcr O p e r a t i o n noeh ein g e g e n den anf~inglichen Z u s t a n d b e d e u t e n d g e b c s s e r t e s Sehvc rml lgen zurl ickl iess .

B e o b a c h t u n g 11. Frau Lich tens t~ id t aus Breslau, circa 50 Jahr alt, consultirte reich zuerst im Sommer 1855. Das linke Auge war bereits seit meh- reren Jahren in Form acuten Glaucoms v~illig erblindet; rechts hatten sich ebenfalls schon seit geraumer Zeit periodische Verdunkelungen und Stirnschmerzen, Chrom- opsiecn und ungef~ihr seit einem Jahre alhn~ilige hb- nahme des Sehverm~igens ohne entziindliche Zeichen

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eingestelh. Dio I:~tersuchmlg ergab damals chronisches Glaucom mit m~issiger Verengul~g des Gesichtsfeldes und einiger ]:Ierabsetzung der ceutralcu Sehsch~iri~. Da mir zu jener Ze, it die Heilwirkung der h'idectomie noch nicht bekannt war, so Wurdell aitdcrwcitige Kurvor- schl~ige gemacht uzld die l)rognose den Verwandt(~n gegeniiber verzweiiblt gcstcllt. Im August 1856 kam die Kra~fiCe aut"s Neue. Das Uebclwar inzwischen init BeibehaItm~g seines fl'lihereil 0ficht elltzi'mdlichen)Charak- terslbedeutend vorgeschritten; t'upille stark mydriatisch bci verhiiltnissmiissig gcfii~gen Tcxturvcriinderungen dcr Iris, vordere Kammer abgeflacht, humor aqueus getriibt, Cornea beinahe unempIindlich, Bulbus prall, periodisch 0iliarneurosc, papilla optici i~l mittlerem Grade ex- cavirt. Das Sehvermiigen war jetzt dem Er]~ischen uahe, Patientiu konntc Finger uur noch miihsam ziihlen. und mit -d- 12 eiuzehie ~or te yon No. 16 der Jaeger- schen Schriftproben sucheud entzift~rn. Das Gesiehts- reid bildete cinch ganz eugen Schlitz lind war wegen der unstetc~l Fixation nicht genau zu u m g r e n z e u . - Nach ausgefiihrter Iridcctomic tr'Lt zulliichst die mchr- theh besehriebene giiustige VeHinderuug im iiusseren Habitus des Auges eiIl; trotz des lal~gcn Bestehens er- hielt doch die Cornea ihrc Empihldlichkeit und die Pupille ein(~u el'hell ihres Spieles wieder. Letztere wurde aueh gegen fi'iiher bedeuteud kleiner, dic Ciliarnem'ose hiirte auf, die bl'cchcndell Mcdicn kl~irten sich u. s. w. Das SehvermSgen uahm erht:blich zu, so dass Patientin Finger mit Sicherheit in 4' bis 6' z~ihlen, mit -1- 12 einige Zcilen yon No. 14 priicis lesen konnte; das Auillndell der Gegenstiinde ficl wegeu des engen Gcsichtsihldes begreiflicher Weise schwer; wareu aber einmal die Oll- jecte ill das Sehbereich gelangt, so wurden sic jetzt f~ster als fri'~her lixirt. Auf Gruud dieser giinstigeu Aenderung war nun auch eine genaue Bestimmung des Gesichtsfeldes mSglich. Dass dieses sich vergriissert, ergab sich aus der gt.gen friiher ofli~nbar gebesserten, wiewohI noch immer hSchst mangelhaiien Oficntirm@ Das Sehbereich l'ih' qualitative Wahrzlehmung beschrieb trine elliptische Figur, deren grosse Axe (auf l ' Abstand gemcssen) 7% dereil klcinere 3" betrug; um dieses Be- reich herum existirte noch iu eii,er ziemlich breiten Zone

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qm~ntitativc Liehtempfindung. Patientin verliess einige Wochca uach der Operatiou Berlin, und erhiel~ ich wei- tere Naehriehten dureh die Freuudlichkeit des Dr. F o er- s t e r in Breslau. Im December 1856 hatte die Besse- rung der objectivea Zeichea sieh durchaus erha|ten. Patieutin konute mit -F 16 eiuige Zeilen von No. 13 richtig erkennen, das Gesichtsfeld war nicht enger ge- worden, hatte sich aber mehr ei~ler runden Form ge- n~ihert, indem der gr[issere Durchmesser yon 7" auf 6 ' ' herabgegangen, der kleiuere dagegen you 3 ~' auf 5 '~ gestiegen war. Die Ot'ientirung war dementspre- chend noch immer hilchst unsieher, so dass Patien- tin au[" den Strasseli naeh wie vor gef'fihrt werden musste. Dieselbe war in den WintermonatetJ vielcn Gem[ithsaffecten ausgesetzt und ha[re sich sogar wieder- holten Nach[waehen am Bette eh~er krankei~ Tochter uuterzogen, Sch~idlichkeitezl, die fi-iiher sofortige Ver- schlimmerung hervorgeruf~n hatten. Ciliarneurose war nieht wieder eingetreten und selbst die ab und zu au~- tauchenden Kopfschmerzen pflegten sich auf die nicht operirte Seite zu beschr~inkell*). Im Friihjahre 1857 habe ieh auf's Neue Nachriehten erhalten, welehe in derselben Weise lauteten.

R e s u m ~ i . M e h r j ~ i h r i g e s c h r o n i s c h e s G l a u - corn a u f e i l i em A u g e n a c h b e r e i t s e r i~o lg t e r g l a u c o m a t ~ i s e r : E r b l i u d u n g des a n d e r u A u g e s . I r i d e c t o m i e k u r z v o r m E r l ( i s c h e n d e r S e h - k r a f t {der b i s h e r i g c n E x i t w i e k e l u u g gem~iss zu p r ~ s u m i r e n ) b e i s c h l i t z f ~ r m i g v e r e n g t e m G e s i c h t s f e l d e u l id S e h l : e r v e i l e x c a v a t i o n m i t t - l e r e n G r a d e s . R i i c k b i l d u n g d e r g l a u c o m a t i i - s e n E r s c h e i n u n g e n ; e i u i g e , w i e w o h l s e h r b e s c h r ~ i n k t e ( u n d , w e g e n U u s i e h e r h e i t d e r F i x a t i o n v o r d e r I r i d e c ~ o m i e , n i c h t m e s s b a r e )

*) Patientin sah, wie Dr. Foerster beriehtet, die Gegen- s~nde auf der Strasso noch immer wie besehneit. Diese Angabe habe ich 5frets bei Sehnervenexcavation erhaiten und ist das Symptom meines Eracb, tens auf das eingeleiiete Sehnervenleiden direkt zn beziehen und yon den glauko- matliaen Chromopsien, welche f[ir Druckzunahme argumen- {iren, wesentiich zu unterscheiden.

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E r w c i t e r u t ~ g d e s G ( . s i c h t s l e i d e s , m ~ s s i g e Z u - n a h m e d e r S e h s e h i i r f e u n d B e s t a a d d i e s e r B e s s e r u n g s e i t 9 M o l l a t e l i .

B e o b a e h t u n g 12. Carl W a g n e r in Berlin, 58 Jahr alt, stellte sich am 20. April 1857 in mei~ler KIinik vor. Das reehte Auge war in Folge eines, vor 7 Jahren ausgebrochenen, chronischen Glaucoms sell einem Jahre vollkornmen erblindet, verursachte jedoch immer noch sehr l~istige Ciliarneurose. Linkerseits waren scit 4 Jahren, anfhngs periodisch Ciliarneurose, Chromopsieen, Verdunkehmgen und dann auch in den [ntervallen Sehschw~iche aufgetreten. ~Besonders in den [etzten 6 Monateu war die Sehkraff merklicb gesunken und Patient selbst hatte die Einengung des Gesichts- feldes -con innen her iu rasch progressiver Weise be- merkt. Et~tziindliche Erseheinungen waren nicht vor- hmiden gewescn. - - Bei der Uutersuchung zeigte sich links das vollkommene Bild chronischcn GIaueoms: humor aqueus diflus getriibt, Pupiile erwcite.rt m~d bei- nahe unbeweglich, Iris |lUl" wenig verfiirbt, der Sehnerv sehr excavirt, Artcrieupuls jedoeh mlr beim leiehten Anlegen cines Fingers hervortretend, die CeniralgeFisse ungew~i[mlich stark verdriingt und die Netzhautvenen sehr breit. Patient konnte mit -{-6 N(). 8 leidlich pr~i- else, Worte yon 4, v(m 2 gar nichts erkennen, das Ge- sichtstbld war yon aussen-obenher beinahe um ein Vier- thei[ vereHgt mid wurde genau in meinem Journa|e verzeiehuet. Am 27. April lridectomic alff beiden Augen, l'ech|s uafiirlich nm' der Oiiiarneurose wegen. [,inkcr- seits gingen die iiusserlich sichtbaren Krankheitscrschei- ttu[~gen wit iti den librigett F~illelt zuriick. Es traten soit jencr Zeit wader Ciliarnem'os% noch Chromopsieen und st~irkere Obscurationen aufl Vierzehtl Tage nach der Operation war die Seh~ch~irf~ noch ctwas geriuger als zuvor, was sich (hlrch sp~rliche Netzhautecehymosen erkl,irte. Am 27. Mai las Patient mit --. 6 No. 8 miihsam, jedoeh pr~ieise mtd erkannte (tie meisten Worte voa 4 utld 3. Die Sehsehiirfb hatte demnaeh mindestens die friihere H~ihe wieder erlangt und die Zeichnung des Ge- siehtsfeldes eongruirte genau mit der vor der Operation aufgenommeuen. Ganz ebenso verhielt sich die Sache

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bi.~ zum 18. August, wo (lie letzte Prlifung statt lhnd. Rechterseits blieb ein Einfluss auf das Sehvermilgen na- tfirlieh aus, die [--Ieiluag der Ciliameurose wurdc erreicht.

ReSume. C h r o n i s c h e s G l a u c o m , i a e l u s i v e des durch di'e A u a m n c s e n ich t a b z u g r e n z e n o den P r o d r o m a / s t a d i u m s , se i t v ie r J a h r c n be- s t ehend , mit m i l s s i g c r H e r a b s e t z u n g der Seh- sch~irfe und e r h c b l i e h e r E i n e n g u n g des Ge- s i c h t s f c l d e s ; d a s U e b e l , in den l e t z t e u M o n a t e n rase.h p r o g r e s s i v . Naeh der I r i d e e t o m i e Auf- hi iren der p e r i o d i s e h e u V e r S e h l i m m e r u n g e n und E r h a l t u u g d e s b e s t e h e n d e n Sehverm~igens . (Skit v ie r Monaten) .

B e o b a e h t u n g 13. Frau Hauptmann Be in l i eh aus Pless, iJ~ den vierziger Jahren, eonsultirie mieh im Miirz 1857. Das linke hugs war vor mehreren Jahren sehr sehwaeh geworden und allmShlieh, ohne entzilud- liehe Zeiehen, erblindet. Reehts batten sieh ebenfalls sehon vor mehren Jahren periodisehe Verdunkelungen und seit l~inger als einem Jahre zuuehmende Sehsehwiiehe gezeigt, welehe jetzt nut noch ein geriuges Distinktions- ~ermiJgen iibrig l i e s s . - Bei der Untersuehung land ieh beiderseits das ausgepr~igte Bild ehronisehen Glaueoms: die Bulbi prall, die Subeonjunetivalvenen links entwiekelt, die HornhSute beiderseits sehr unempfindlich, humor aqueus leieht getriibt, Pupillen stark erweitert, links me'hr als reehts, beiderseits vollkommen start, mit grlln- liehem Ansehen, vordere Kammer abgeflaeht., Iris stellen- weise stark verfiirbt ,rod atrophiseh. Der Augeuspiegel zcigte links (atrophische) Chorioidalver~iuderungen in der Gegend des Aequators, den Augenhintergrund beider- seits verwiseht, links kmmten sogar (gegen die Regel) einige sehwebende GlaskSrperopaei6iten umgr~inzt wer- den; der Sehnerv war beiderueits hochgradig exeavirt, rechts bei l~ingerer Beobaehtung interemTent Arterien- puls, links war die Beurtheilung der in der Papille ver- laufimden Gef~isse wegcn der Glaskiirpertriibun.g sehr sehwer, ja es schien, als wcnn in der Sehnervengrube selbst noeh eine eigenthilmliehe triibe Substanz lagert, e. DiG fhnktionelle Priifhng ergsb links nur eine Spur buantitativer Liehtempllndung, reehts wurden Finger

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noch auf 3 bis 4 Fuss gczi;hlt uud Buchstaben von No. 20 crkmmt. Das Gesichtsfbld war ~iusserst beengt, bildete cinch schmaleu Schlitz, es lag bcreits stark excentrisch, ~ng, auf 1 Fuss gemessen, erst 2 Zoll nach Ausscn yore Fixirp(mktt~ an, die Stclle des relativ deut- lichstcu Sehe~s k~g uoch weitcr excei~trisch, so dass Patieutin bei den Schproben bereits in einem sehr sicht- |ichcu Winkel nach inneu mit der Sehaxe vorbeisctmss. Die horizoutale Ausdchnung des Gesichtsfbldes beWug ( a u f l Fuss gemessen) unget)ihr 6 Zoll, die vertikale 2'/., his 3 Zoll. Es wurde zuniichst rechterseits Iridce- tomie ausgefiihrt, mid unmittclbar nach der Operation einc gcriJ~ge Besserung tier Sehschiirfe m~chgcw~esen. Tags nach tier Operatiou war ein leichte.r Bluterguss iu die vordere Kammer vorhauden. Sorgtliltige Fort- sctzung des Druckverbandes bls zur 1)~esorptiou. Acht Tage nacb der Operation bcsLand tblgendes Resultat: der Bulbus wcniger prall, die Cornea jedoch immer noch sehr unemplhidlich, der humor aqueus klar, die vordere Kammer wcniger itaci~, die Pupille weniger erweitert, yon ziemlich normalem Colorit, jedoch start, die Iris an ihrem grossen Kreisc difths verf3rbt, der Augen- hinlx',rgrmtd schad, Sehnervet~cxcavation wie frflher, Arterieapuls nur ~iusscrst stitch und nach bestimmten ('~elegcttheitsursachcn. l)as Schvcrm~Jgcn hatte nach- wcisbar gewommn, Patientin kountc Finger bis auf 10 Fu~s z~ih/cn, Worte yon No. 16 erkem~eu und schon die Art mad Wcisc, mit welcher sic die Gesichtsobjecte auflhnd, liess cine Erwciterung des Gesichtsteldes ver- muthen. Die Messung ergab, dass das C~csichtsf~ld zwar gegcn den Visirpunkt bin nichts g6wonnen hatte, dass es abcr nach ausseu bin 1)einahe die doppelte und in vertikaler Richtung bcinahe "die vicrfache Ocfl~mng butte. Da mir der Fail yon dogmatisdmr Wichtigkcit crschleu, so waren die Mcssungeu vor und nach der Operation (zur Controle) in drci vcr- schiedeuca Euttbrttungcn (1, 4, 8 Fuss) angestcllt. In 8 Fuss Entlbrnung konntc die Patientin jetzt mehr, ale die II(iho clues Measchen fibersehen, wfihrend sic iriiher kaum deu Kopf uud die H~iifte der lqrust gleichzeitig in ihr Sehbereich l)aih; hiucinbringen kSnucn. Obwohl

Archly flit' Ophthahnologie. Band II1. 2, ~ 5

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genauere Versuche ergaben, dass in einem grossen Theile des jetzterlangten Oesichtsf~Ides nur eine ~usserst dumpfe Wahrnehmung bestand, so war doch dieOrientirung, wie bc- reitsangedeutet, sichtlieh besser. Die excentrische Fixation war genau dieselbc gcblieben. Linkerseits wurde etwas sp~iter, ohnc jede Aussicht ffir das SchvermSgen, ledig- lich der anderweitigen glaucomat~sen Erscheinungen wcgen, die Iridectomie verrichtet; naehdem ein ziemlich betr~iehtlicher Bluterguss in die vordere Kammer resor- birt worden, zeigte sich einige Vcrmehrung der quan- titativen Lichtcmpfindung, ausscrdcm Kl~irung des Glas- kSrpers bis au{' einige sehwebende Opacitfiten, Kl~irung des Kammcrwassers, Abnahme dcr Prallheit des Bulbus und der Pupillarausdetmung. Nach cintra drci Monate spSter erhaltenen (firztlichen) Berichte hat sieh das Seh- verm6gen constant erhalten.

Resum6. C h r o n i s c h e s G laucom yon mehr als j~ihriger D a u e r , mit h o c h g r a d i g e r Seh- n e r v e n e x e a v a t i o n and e inem sch l i t z f~ rmigen , n a c h a u s s e n e x c e n t r i s e h e n G c s i c h t s f e l d e . Nach der I r i d e c t o m i e Rf ickbi ldung des g l aucoma- tSsen H a b i t u s , n a c h w e i s b a r e Zunahme der SehscMir fe , bedeut lende V e r g r S s s c r u n g des Ges i ch t s f e ldes , aber F o r t b e s t e h e n der excen- t r i schen F ixa t ion (vorl~iufiger B e s t a n d drei Nonate).

5. D ie I r i d e c t o m i e b e i A m a u r o s e mi t S c h -

n e r v e n e x c a v a t i o n .

Da wit den hicrher gehSrigen F'allen eine andere

Bedeutung als dem Glaueom gegeben, so mag es son- derbar evseheinen, dass wit aueh hier die Iridectomie

erprobt haben. Zwei Grfinde waren es, welche arts

hierzu bestimmten. Zun/ichst glaubten wir gerade in

dem Vevgleich der Heilwirkungen fiir die Riehtigkeit

oder Unrichtigkeit unserer nosologischen Ansichten Ar-

gumeme zu finden, sodann widerspraeh selbst die An-

sieht yon einem substantiellen Sehnervenlciden einer ge-

wissen Einwirkung der Iridectomie nieht. Freilieh konnte

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ein so auff/illiger, direkter Nutzcn, wie z. B. bet aeutem Glnueom unmiiglich yon einem druekvermindernden Ve,'fahren bet eine,' primitiven Erkrankung des Optieus erwartet werden, aber es ist der Sehnerv stets dem l)rucke der eontenta bulbi ausgesetzt, dieser Druek kihmte mSgliehe, rweise dutch Besehriinkung des StolT- weehsels oder auf irgend eine uns unbekannte Weise sieh bet der Entwiekehmg eines Sohnervenleidens be- theiligen, den Stillstand progressiver Uebe] verhindern u. s. w. Ve,.minderung des Drucks unter des normale Quantmn ldinnte dann vielleicht g{instig seth. Man denke sieh, um im Kreise dieser Voraussetzungen zu bleiben, die Subsmnz des Sehnerven durch irgend einen innern Process geloekert, so wird die Papilla dem nor- malen Drucke in anomaler Weise nachgeben und wenn der urspriingliche Process seinem Wesen nach ether Heilung i'iihig ist, so k{innte dann doeh die ektatisehe Form der Papille mit den mechanischen und trophischen Sffirungen, welehe sieh daran kniipfen, die Wiederaui2 nahme der Function vcrhindern.

Solche, zur Zeit bedeutend {~ber die Thatsaehen hin- ausgehenden Hypothesen wiirde ieh sieher unerwiihnt lessen, allein Versuche werden dureh Hypothesen her- vo,'gerufen, und i('h wollte lediglieh die Beweggri_inde zu meinen Versuehen bet primitiver Sehnervenexeavation angeben. - - Ich kann die Resultate dieser Versuehe dahin zusammenfassen, dass ieh eine eigentliehe l-Ieil- wirkung der Irideetomie bet Amaurose mit Sehnerven- excavation niemals beobaehtet habe, niemals sah ieh Bes- serungeu derSehsehiirfe oder Erweiterungen des Gesiehts- feldes, welehe ausserhalb der Griinzen (lee sonstigen Sehwankungen und der Beobaehtungsfehler lagen. W'enn wir bei einem noeh sehr dunkeln Kapitel der Krankheitslehre die arts de.r Therapie uns zugehenden Gesichtspunkte nieht unbeaehtet lassen wollen, so w{ir-

35*

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den demnaeh die mitgetheihen Ergebnisse eben/hlls prak- tiseh far eine Abseheidnng dieser Krankheits,gruppe yon dem Glaueom stimmen.

Eine andere Frage ist (lie, ob l?Nle yon progres- slyer Amaurose mit Sehnervenexeavation dureh die Iri- deetomie zuweilen einen Stillstand ert~'thren, iudem eine Verringerung des intraocularen Drueks die spontane oder medieamenffise Sistirung des Sehnervenleidens er- m~;glieht. In dieser Bezichung setze ieh noeh immer meine Versuehe fort, werde abet sehwerlieh vor Ablauf einiger Jahre eine Ueberzeugung g~,winnen, da aueh die spontanen Veriinderungen bei Amaurose mit Seh- nervenexeavation so langsam sind, dass man sie oft in Zeitr~ulnen yon 3 bis 6 Monaten kaum naehweisen kann, da ferner selbst ein wirklieher Stillstand soleher F';ille bei anderen Kurmethoden ztlweilen einzutreten seheint. Obwohl Letzteres ti'eili('h ohne alle progno- stisehe Bestimmharkeit stattfindet, so begriindet es doeh aueh einen Untersehied gegen den stets progressiven, wenn aueh hiiufig sehubweise oder lent progressiven glaueomattisen Process. - - l)emnaeh wiirde aueh die Mit- theihmg yon Kr,mkheitsgesehiehten aus dieser Gruppe unzweekm/issig sein.

IX.

Ueber de.n operativen Eingriff selbst babe ieh nut wenige Worte beizufiigen. Es handeh sieh um die Aus- sclmeidung eines Irisstileks durch dieselbe Eneheirese, wie sic sonst zur Anlegung einer kSnstlichen Pupille mittelst lrideetomie gebciiuehlich ist. Folgende Special- riicksichten sind zu beobaehten:

1. Dic Wunden mi~ssen so excentrisch wie mSg- lich angelegt werden, so dass (lie ~iussere Wunde un- gef~;hr J/2 j" welt in die Sclera und die innere Wunde gerade an die Gr~inze der Cornea und Sclera f~ilh. AuI'

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diese Weise ist es mSglich, die Iris genau his zu ihrer Ciliarinsertion herauszunehrnen, und es seheint, dass dies zum Erfblge nSthig ist. .iedenfal]s denselbo,~ w'r- siehert. Da iibeMem wegen doe begMtonden Mvd,'iasis die Iris nur ein schmales Bereieh ei,mimmt, ,o wird ein jedes Abweichen der inncrn Wunde yon d~.r Cornea- peripherie die Masse des exeidirten Stiiekes um eine erhebliehe Quote besehriinken.

2. Das exeidir(e 8t[]ek muss m6glieh,t gross sein, weshalb man sieh einor breiten Imnze bedienen oder eine gewNmliehe ziemlieh welt voest(~ssen muss. Es unterseheidet sieh hierin diese Operation yon einer Pu- pillenbildung, z. B. bei leueoma adhaerens, we man be- kanntlieh Exeisionen yon mittlerem Umfange aus opti- sehen Grt'mden den zu massenhahen vorzieht. Je in- tensiver derProeess, je ausgel)rilgter die Druekzunahme ist, desto umfangroieher rathe ieh die I~xeisiou auszu- fiihren. ~ W a s die Operafionsstelle anbeirifftl, so ist dieselbe bier begreiflicher W,qse ziemlieh gleiehg{]hig. Ich pflege die gxeision naeh innen zu w.'rriehten; will man in kosmefiseher R(i('ksieht }msonders serupulg3s sein, was des Alters der Patienten hall)(,r racist tmn;3thig ist, so kann man die Excision naeh oben maehen, obgleieh ieh wirklieh die, l,]ntstellung dm'e,h ein na-h innen an- gebraehtes Colobom ni,',ht erheblieh und bei dunkeln Augen durehaus unmerklieh finde. Die Excision naeh oben ist (iherdem ,,nbequem und erfordert eine gr~sse, re

Rotation des Bulbus mit dem Ophlhalmostaten, welehe bei dem Bestehen hehiger Entz5ndung leieht etwas Gewalt- sames bekommt.

3. Das Kammerwasser muss sehr behutsam ent- leert werden, well ein ztt pl6tzlieber Naeblass des Drueks (bei dem be, stehenden Proees~e) umfangreieho Blut.ungen sowohl in die inneren Membraneu, als in die Hghlen des Auges verursachen kann. Ein Factor ~trebt tiei-

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lich solehen Blutergiissen im Verglcieh zur gewiihnlichen Iridochoroiditis mit Atrophia bulbi entg(,gen, n/imlich d~r relativ hN~ereDruek, selbst na(.h Entleerung (los Kammer- wassers. In der That k,)mmt es aueh bei Glaueom sol- ten zn so massenhal'ttm und der Anfsaugung trotzenden Ansammlungen, wie in den erwiitmten F'Jillen. AuI der andern Seite aber ]iegt in der Natur des Uebels selbst eine grosse Disposition zu Get~issberstangen, ob dureh directo Betheiligung der Get,isswandungen odor lediglieh dutch dig vorausgehende vengse Strangulation, h~sse ich dahingestellI. Ich babe das Zustandekommen yon Netzhautecchymosea vielfach erwRhnt und sehon dies muss zur Vorsieht ~mffbrdern. Bereits w~ihrend des Abfliessens des Kammerwassers pflege ieh mit dem Finger einen gelinden Druek auf den Bulbus auszuSben und knrz naeh der Operation einen Compressivverband anzulegen, der in den n~iehsten Stunden vorsiehtig ge- loekert wird. *)

Eine anderweitige auf die Operation beziigliehe Naehbehandlunng land ieh nieht fiSr nSthig. Selbst da, wo d(,r EingrilT zur Zeit (let heftigsten Entziindung unternon~men wurde, gingen die Entz~'mdungszeiehen spontan zurSek; ausnahmsweise mag jedoch tinter sol- chen Umst/imlen ein antipMogistisehes Verfahren ange- zeigt sein, um die Riield)ildung der Reizerseheinungen zu besehleunigen. Dass (lie Augen bier l~inger vor Licht zu sehiitzen und iiberhaupt die gewohnten Caute- len sorgf~iltiger als bei gewShnlieher Pupillenbildung einzuhalten sind, ist wohl selbstverst/indlich.

*) Die beste Form des Drackverbandes, welcho mir zur Zoit bekannt ist, besteht darin, dass auf die geschlossenen Augenlider ein ziemlich reichliches Charpiepolster gelegt und dieses dnrch cinc woliene Stirnbinde angehalien wird. Der Grad der Spannung wird durch eine seitlich am Kopfie beflndliche Schnalle rognlirt und muss den Kranken unter al[en Umst~.nden bohaglich sein.

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X~

Die Heilwirkung eines ~rtlichen Verfabrens holm glaucomat~sen Procosse und die I)a~:,'r d~'r e,'rc'i('hten [tei[ungen, wenigsLens f'iir gcwi.~sc Ffille, k~rmtc direct zu dem Schlu~sse f[~hren, class alas gauze Uebel noth- wendig ein rein locales 'und dass Anderer und racine fi'Shere Vermuthung []ber Bin zu Grtmd(, liGgendcs (~e- ['~issleiden nothwendig unri,htig sei. Ich gebe zu, dass diese Vermuthung dure.h die ErSflge tier Iridcctomie stark erschfittert ist, aber doch muss cine unbedingte Schlussfblgerung in dcr genannten Richtung zur Zeit noch abgewchrt wGrden. Es l~isst sich wohl denken, dass dutch Ver~inderungen in d~m Gefiissen eine be- stimmte Anomalie der Circulation eingc'lGitet wird, welehe :m und fiir si(:h die Ftmktion der i,mern Theile des Au- gGS nicht aut'hebt, wohl abet dann, wenn Gin iSrtlicher Factor sich zu derselben summirt. Nach einer geeig- neten Ver'3nderung der localen Circulation kSnnta m~Sg- licher Weise dig (:~rundursachG fortbestehen, ohne den i'ri'theren EffGct zu produciren. We,'fen wit cinch Blick auf die Therapie, so fimtea wit, dass Heihmg h~tufig genug night in Wegriiumung der Ursachen, sondern in Wegdiumung gewisser Mittr~lglieder besteht, welehe alas Causalitatsverh~ilt hiss unterhielten.

Fassen wir noch einmal alles 5ber die Wirkung der h'idectomie Gesagte fi~r die allgemeine arztliche Praxis zusammen, so ergiebt sich:

1. Dass das sicherste Resultat fiir diejenigen FRlle ,,rreieht wird, in denen Gin Auge (nach Erblindung des an- dern) bedroht ist. Es wird file soIche F~ille ~rztliche P/licht sein, die Kranken m~iglichst bald einer strengen augen~rztlichGn Beobachtt, ng zu iiberweisen und es wird in reciproker Weiss, angen~irztliche Pfiicht sein, die

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Haus'irzte aui' die.jenigen Symptome genau aufmerksam zu maehen, welehe cinch operativen Eingriff nihhig er- seheinen lassen.

2. Ffir den oinmal ausgebroehenen glaueomaffJsen Pro('ess sind irn Allgemeinen die Erf'olge desto gfinsti- ger und dauerhai~ter, .je friiher eing~sehritten wird. Bei den reeht heftigen F'allen, welehe einc soforfigc Auf- hebung des Sehverm~igens hervorbcingen, muss die Iri-

�9 O" deetomic womSglieh in den ersten I~a~en d,,r Krankheit unternommen werden. Eine sehnelle Vcrriehtung hat bier cine wahrhaft lebensrettende Bedeutung und da ein Transport der Kranken zu dieser Zeit, selbst wenn die ~iusseren Mitr vorhanden sind, nahmhafte Sehwierig- keiten bietet, so wiire es wiinsehenswertb, dass ein.jeder Arzt, namentlich auf dem Lande und ia kleineren Stiid- ten~ wo die A!lgcnhcilkundc nicht als Specialit'at culti- virt wird, sich mit der Symptomatologie des acuten Olau- corns einerseits und mit der Technik der Iridectomie andererseits vertraut mache. Ich g]aubo, dass Letzteres noch leichter sein wird als Ersteres, nnd selbst eine gute Assistenz ist [)ei der Iridectomie woit eher zu ent- behrea als bei vielen chirurgischcn Operationen, z. B. der Traeheometie, welehe ein .jeder krzt aus urgiren<lm~ Indicationen unter den ungi'mstigstcn Verhiihnissen ver- riehten muss. Die Irideetomie erh/ilt hierdurch gewisser- reassert eine exceptionelle Stelhmg urlter den fil)ri- gen Augenoperationen, deren Verriehtung, da sic selten aus urgirenden Indicationcn fliesst, in den tt~in- den einer verhiiltnissm'assig ldeinen Quote yon kerzten blieb. Es miissen nothwendig, wenn die Verhiiltnisse in der Wissensehaft sieh ~indern, dementspreehend aueh die Postulate sich iindcrn, welche an das iirtztliche Thun g~,stellt wer~]en. Ein glaueomat~ses A uge war fri:her yon dem Momcnte, wo (lie Diagnose f>stgeste]lt war, als

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unheilbar zu betrachtcn und u,enn nur die bekannteu, den Fortgang besehleunigenden SehSdlichkeiten in ver- nSnftiger Weise abgewehrt wurden, so kam nieht viel darauf an, ob das eine oder das ~mdere augen~irztli('he Kurverfahren etwas friiher oder spater eingesehlagen wurde. Niemals hatte sich ein Arzt wegen soleher Auf- sehiibe einen Vorwurf zu maehen. Die Saehe hat sieh. wenn wir nieht irren, umg[,staltet und es wird ein Auge, welches an aeu,em Glaueom erblindet ist: eb~,n so gut den Verdaeht der Vernaehl~ssigung erregen, als eine atr(,sia pupillae nach einfaeher iritis, tin sehleeht geheilter Brueh und d e r g l . - Ich musste dies naeh- driieklieh hervorheben, denn (,s hat sieh

3) ergeben, dass nieht etwa die Irideetomie flir alle Stadien ('.in geeig'netes tteilmittel bietet, sondern d:~ss die IIeilwirkungen in den s]fiitern Z(;itr~iunwn, allerdings rmeh niiheren Umstiin(h'n, sehwankend w(~rden oder aus- bleiben. Es ist traurig zu sehen, wie vM unheilbar Erblin- dete auf Grund ihres vermeintlieh jetzt heilbaren Uebels weite tieis(~n (mternehmen, obwohl doeh die Zeit derlliilfe fiir dieselben l~ingst verflossen ist. Wir mSehten, um unser(;n augen~irztlieh~,n Faehgenossen und uns triibe Stuaden zu sparen , dazu auffordern, alle s(,it Ifing(,rer Zeit einma[ vollst~ndig erblindete Glaucomat[ise wo mgglieh in ihrer Heimath zu vertr6sten und aueh den ~ilter Erkrankten mit gering(,m SehvermSgen und engem Gesiehtsfelde nut beseheidene Hoffnungen zu erSffnen.

So sehr ich reich in dem verflossenen Jahre mit der Feststellung der Thatsachen, die sich an die Glau- comheilung krfiipfen, besch~iffigt habe, so bin ich doch yon der Liiekenhaftigkeit der bishcrigen Ergebnisse, aueh in rein empiriseber Beziehung, fief durchdrungen. Die Scala tier Versuche kann nicht g'ross genug, der Verfolg der Wirkungen kann nicilt ausdauernd genug, die

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Beobaehtung selbst nieht genau und gewis8enhaft genug sein! Wie viel bier zu thun {ibrig bleibt, wie wenig die Erfahrung eines Einzelnen gen{igen kanu, ergiebt sieh gerade mit *brtsehreimndem Studium.

Noah unm~dlieh dunkler als die empirisehen That- saehen bleibt die Theorie des Vert~ahrens. ~\rtts mieh zu derselben fiihrte, war dry Plan den intraoeularen Druek zu vem'inp_.;em. A,,C diesem Wege und in diesen Ansehauungen seheint ein Resultat erzielt zu sein; hier- mit ist aber nieht tier wirkliehe Naehweis flit die Rieh- tigkeit der Erkllirung gegeben. Die Wirkung der Iri- deetomie ist m(;gli'eher Weise sehr zusammengeselzt. Dutch die Ftesehr].inkung dee seeerairenden (Iris-) Fl'aehe wird allerdings dee Grund f['lr eine Vea'ringerung des I lussigkeltsquantums gegeben, es fehlt .jedoeh die ex. perimentelle Darlegung, um wie viel wenigee humor aqueus abgesondert wlrd und ob dieser Defect seinem Grade naeh eine namhaf~e Ver'anderung des intraoeu- laren Druekes erkl'aren kaun. Die museulare Zusammen- wirkung der Iris mit dem tensor ehorioideae, auf deren Studium tins namentlieh die neue Aeeommodationslehre geFdhrt hat; w/irde es begreiflieh maehen, dass die l~x- eision dries Irissti~ekes dureh l~]ntspanmmg des tensor chorioideae Druekrerminderung auf muskularem Wege herbeifi~hrt. Das Fortbcstehen der Accommodation bei Colobom sprieht treilieh nieht sehr in diesem Sinne, al- lein es sind bier doeh die Umst'ande wesentlieh anders. Vielleieht bezieht sieh aueh der Eingrifl' in die Iris zu- niiehst auf die Cireutationsverhiiltnisse der Chorioidea und die therapeutisehe Dmekverminderung ist erst se- eundiir. Dass die Ie[d{;etomie bei Glaueom ~ief in die Circulation des Auges eingreift, geht unter anderem sehon aus dem Zustandekommen der Eeeh.ymosen her- vet. ~ Ist die Analyse aller dieser Punkte erst welter gediehen uncl eine riehtige t~rkllirung begriindet, so wird

Page 100: Ueber die Iridectomie bei Glaucom und über den glaucomatösen Process

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vMleicht das Vel'tMl,'en solhst no(.h besser eingeriehtet ,rod den F~illcn adaptirt werden; es w~ire reeht wohl denkbar, dass bei gewi~sen Ffillen eine Excision auf gewShnlichem Wege nicht geni;~gt, dass man abet mit der Entf~rnung umfangreichcrer Irispartien den Ileil- zweck erreicht. Ieh habe beseits sub IX die Erfahrung mitgetheilt, das alas excidirte Iris~tiiek f/it die schlim- meren Fiill,: relativ grosset sein amss.

Endlich bleibt die ganze Lehre yore Glaucom den vet'sehiedetlsten Forschungen {iberlassen. Nach dem grossen Aufruhr, welehen die ersten ophthahnoseopi- schen Befunde ia die Ansehatmngen [iber Glaucom ge- bracht batten, sehien mir das Bediirfiliss einer Siehtung unabweisbar zu sein. Die Schwierigkeiten, welche ich hierbei fand, werden sicb wohl bei der unbefangenen l)urehlesung dieser BlRttor ergeben haben. MSehte ichnur einiges zur Entwi,'rung beigetragen haben trod bessere KrMte die sehwere Arbeit bald gliieklieher zu Ende bringen I