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2. Ueber die Messung tiefer [email protected]; won L. Hotbo~i% und W. Wien. (Mittheilung aus der 1. Abtheilung der Physika1.-Techn. Reichsanstalt.) Ueber die Messung tiefer Temperaturen mit dem W asser- st off thermometer liegen Versuche bis zur Temperatur der fliissigen Luft unseres Wissens nur von Wroblewski und Olszewski vor. Letzterer gibt an1), dass das Wasserstoff- thermometer bei - 150° von dem Stickstoft'thermometer um etwa 1 abweicht unS zieht hieraus den Schluss, dass das Wasserstoffthermometer bei - 200 O noch mit grosserer An- naherung die absolute Temperatur misst, als das Stickstoff- thermometer bei - 150°, weil sich der Wasserstoff bei - 200° noch iiber seiner liritischen Temperatur befindet. Wir haben bei der Temperatur der fliissigen Luft das Wasserstoffthermo- meter mit dem Luftthermometer verglichen und eineii Unter- schied von nur 0,6O gefunden, wenn die Fullung in beiden Fallen hei Oo ungef'ahr den Druck von einer Atmosphare be- sitzt. Hieraus ergiebt sich mit einem hoheii Grade von Wahrscheinlichkeit , dass das Wasserstoff thermometer selbst noch unterhalb - 200° als zuverlassige Gruncllage der Tem- peraturmessung angesehen werden kann. Zur Herstellung der tiefen Temperaturen mittels fliissiger Luft und zu den Messungen stellte Hr. Prof. Linde in ent- gegenkommendster Weise seinen neuen Gegenstromapparat z, und das Laboratorium der Gesellschaft fur Lind e's Eis- maschinen in Miinchen zur Verfiigung. Die fliissige Luft wurde direct aus dem im Gegenstrom- apparat circulirenden Luftstrom entnommen und hatte infolge dessen schon sogleich anfangs einen grosseren Gehalt an Sauer- stoff. Sie sah schwach blaulich aus und war milchig getriibt durch herumschwimmende Theilchen von fester Kohlensaure, 1) Olszewski, Beibl. 10. p. 679. 1886. 2) C. Linde, Wied. Ann. 57. p. 328. 1896.

Ueber die Messung tiefer Temperaturen

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2 . Ueber d i e M e s s u n g t iefer [email protected]; won L. H o t b o ~ i % und W. W i e n .

(Mittheilung aus der 1. Abtheilung der Physika1.-Techn. Reichsanstalt.)

Ueber die Messung tiefer Temperaturen mit dem W asser- st off thermometer liegen Versuche bis zur Temperatur der fliissigen Luft unseres Wissens nur von Wroblewski und Olszewski vor. Letzterer gibt an1), dass das Wasserstoff- thermometer bei - 150° von dem Stickstoft'thermometer um etwa 1 abweicht unS zieht hieraus den Schluss, dass das Wasserstoffthermometer bei - 200 O noch mit grosserer An- naherung die absolute Temperatur misst, als das Stickstoff- thermometer bei - 150°, weil sich der Wasserstoff bei - 200° noch iiber seiner liritischen Temperatur befindet. Wir haben bei der Temperatur der fliissigen Luft das Wasserstoffthermo- meter mit dem Luftthermometer verglichen und eineii Unter- schied von nur 0,6O gefunden, wenn die Fullung in beiden Fallen hei O o ungef'ahr den Druck von einer Atmosphare be- sitzt. Hieraus ergiebt sich mit einem hoheii Grade von Wahrscheinlichkeit , dass das Wasserstoff thermometer selbst noch unterhalb - 200° als zuverlassige Gruncllage der Tem- peraturmessung angesehen werden kann.

Zur Herstellung der tiefen Temperaturen mittels fliissiger Luft und zu den Messungen stellte Hr. Prof. L inde in ent- gegenkommendster Weise seinen neuen Gegenstromapparat z, und das Laboratorium der Gesellschaft fur Lind e's Eis- maschinen in Miinchen zur Verfiigung.

Die fliissige Luft wurde direct aus dem im Gegenstrom- apparat circulirenden Luftstrom entnommen und hatte infolge dessen schon sogleich anfangs einen grosseren Gehalt an Sauer- stoff. Sie sah schwach blaulich aus und war milchig getriibt durch herumschwimmende Theilchen von fester Kohlensaure,

1) O l s z e w s k i , Beibl. 10. p. 679. 1886. 2) C. L i n d e , Wied. Ann. 57. p. 328. 1896.

21 4 L. Holborn 71. It7. TVien.

die sich wahrsclieinlich aus der Atmosphiire allmahlich ge- sammelt hatten. Wie auch soiist noch angestellte Versuche bewiesen, mischt sich die feste Kohleiisaure nicht rnit der fliissigen Luft.

Die siedende Luit iiefert gut brauchbare Temperatur- Fader. Es andert sich die Temperatur eines solchen Bades allerdings langsam mit der Zeit, indem aus der fliissigen Luft zuerst der Stickstoff in grosserer Menge verdampft , da seine Siedeternperatur tiefer liegt als die des Sauerstoffs. Die zuriickbleibende Fliissigkeit wird folglich an Smerstoff immer reicher, und ihre Siedetemperatur steigt. Vollstindig constant verhalten sich dagegen Bacler aus reinem fliissigen Sauerstoff, die auch einigemal benutzt wurden. Der Sauerstoff wurde mit Hiilfe der fliissigen Luft conclensirt.

Constante Temperaturen weiter hinauf kann man alsdann mit schmelzendem Aethylather und clem bekannten Gemisch von Alkohol uiicl fester Kohlenskure herstellen. Bei dieseii Temperaturen hat es keine Schwierigkeit , dns Wasserstoff- thermometer mit arideren Tliermometern zu vergleichen. Als solche wurden im vorliegenden Falle Widerstandsthermometer aus reinem Platin (von H e r a u s bezogen) und Thherrnoelemente aus Bisen- und Constantandraht gewahlt. Dies Thermoelement wurde besonders deshalb andereii vorgezogen, weil es nachst dem Wismuth-Antimonelement von allen bekannten die grosste Empfindlichkeit besitzt.

Einerseits urn uns voii den Ungleichmassigkeiten der be- nutzten Temperaturbader moglichst unabhangig z u machen, andererseits um auch noch bei den Zwischentemperaturen, fiir die uns keine constanten Bader zur Verfiigung standen, eine gute Uebereinstimmung zu erzielen, haben wir wieder eine Anordnung benutzt, die sich schon friiher bei unserer Messung der hohen Temperaturen’) gut bewiihrt hat. Wir haben nam- lich den Platinwiderstand, der mit dem Wasserstoffthermometer zu vergleichen war, ins Innere des Gasthermometergefksses eingefiihrt und die Zuleitungen in die Glaswande eingeschmolzen. Die Einschmelzstellen ertragen die tiefe Temperatur sehr gut, wenn die Abkiihlung allmiihlich vorgeiiommen wird: es ist uns

1) L. Holbor i i u. W. Wien , Wied. Ann. 47. 11. 107. 1892.

1Wessury tiefir lkmperaturen. 215

kein Gefass an der Einschmelzstelle gesprungen. Ausser den in die Glasgefasse eingeschmolzenen Widerstanden haben wir noch eine Anzahl anderer Platinwiderstande in flussiger Luft und in einem Gemisch von Alkohol und fester Kohlensaure mit dem Wasserstoffthermometer verglichen. Es zeigten sich dabei Abweichungen im Teniperaturcoefficienten, sowohl bei zwei verschiedenen Sorten von reinem Platin, als auch bei Drahtstucken von derselben Rolle. Man ist deshalb auch bei tiefer Temperatur darauf angewiesen, die Widerstande mit dem Gasthermometer zu vergleichen. Im all- gemejnen nimint der Temperaturcoefficient init sinkender Temperatur zu.

Die Thermoelemente zeigten keine merk- lichen Abweichungen untereinander, wenn die Drahte von derselben Drahtsorte stammten. Sie wurden nur in fliissiger Luft und in dem Gemisch von Slkohol und fester Kohlensaure mit dem Wasserstoff thermometer verglichen. Die Empfindlichkeit nimmt mit sinkender Temperatur ab.

Um Anschluss an die fruheren Messungen zu gewinnen. wurde der Siedepunkt des Sauer- stoffs liestimmt. Ferner wurden noch die Schmelzpunkte einiger organischer Substanzen, die krystallinisch erstarren , mit dem Thermoelement gemessen.

Fig.

a 1. Vergleichung des Platinwiderstandes rnit dem Wasserstoff-

Der 0,05 mm dicke Draht des zu vergleichenden Platin- widerstandes war bifilar auf ein Glimmerkreuz von 45 mm Lange und 13 mm Durchmesser gewiclrelt. Die Enden waren an Metallstucke gelothet, die voneinsnder isolirt auf die Arme des Kreuzes geklemmt waren. Von diesen Metallstucken gingen auch die Zuleitungen aus, die einen Durchmesser von 0,5 mm hatten. Die Kugel des Gasthermometers besass eine Aus- stulpung von etwa 6 cm Large, an deren Ende die Zuleitungen eiiigeschmolzen waren. Der Widerstand schwebte infolge dessen frei im Innern der Kugel (Fig. 1).

thermometer.

216 L. llolborn IA. W . Wien.

Das Manonieter des Gasthermometers war nach der Jol ly 'schen Construction von B o h m & W i e d e m a n n in Miinchen angefertigt. Die Sclilitten bewegten sich an einer Holzsaule , in die ein Maassstab aus Spiegelglas eingelassen war. Unterhalb der festen Marke. die zur Einstellung diente, setzte sich das Glasrohr des festen Scherikels noch in einer Lange von 800 mm fort, sodass der Innendruck an der Snsatz- stelle fur den Gummischlauch immer grosser als der Aussen- druck blieb. Andernfalls dringt leicht Luft ein.

Die Kugel des Gefasses (ron 7 cm Durchmesser) sammt der Ausstiilpung fasste 206,O C C M , der schadliche Raum (Ca- pillare von 1,3 nim Durchmesser + Raum iiber der Spitze) 0,92 ccm. Da die Correction fur den Einfluss des schadlichen Raumes der absoluten Temperatnr proportional ist, so ist sie bei der Messung tiefer Temperaturen sehr gering. Sie betrug in unserem Falle bei - 190° nur 0 , l O . Ebenso ist die Cor- rection .wegen der Ausdehnung des Glases gering, uncl es ist deshalb vorlaufig davnn Abstand genommen , die Ausdehnuiig des Glases bei tiefer Teinperatur besonders zu bestimmen. Als cubischer Ausdehnungscoefficient ist 0,000 024 angenommen.

Den Wasserstoff, rnit dem das Gefass gefullt wurde, stellten wi r auf electrolytischem Wege her. Um den Sauer- stoff zu entfernen, der etwa durch Diffusion mit ubergehen konnte, ging der Wasserstoff zuerst durch eine Waschflasche, die eine Losung von Pyrogallussaure mit einem Zusatz vori Kalilauge enthielt. Darauf wurde der Wasserstoff durch Chlorcalcium und Phosphorsaureanhydrid getrocknet. Bevor die Entwickelung begann, wurden erst dns zu fullende Gefass, sowie die Trockenrohren und Waschflaschen mit der Queck- silberluftpumpe vollstandig eracuirt und dabei mehrfach mit Wasserstoff ansgespult. Zur Verbindung der einzelnen Theile des Entwickelungsapparates dienten Glasfedern, die mit Siegel- lack gekittet waren.

Mit dem Gefass wurden rerschiedene Beobachtungsreihen nngestellt , und zwar mit zwei verschiedenen Wasserstoff- fullungen, deren Druck bei 00 hiiufig zwischen den einzelnen Satzen controllirt wurde. Er betrug bei der ersten Fiillung 761,9, bei der zweiteri 781.6 mm Quecksilber (von 0O).

Aus den beobachteten Drucken des Wasserstoffthermo-

ilIes.su?y tiefer l'emperaturen. 217

meters wurde die Temperatur t nach folgender Forrnel be- rechnet:

0,00407 p 11 -Po 0,00366 p,, - 0,000024 p (' -k po (1 + 0,00366 1 ; ) .

t = -

Hier bezeichnet p den Druck bei t, p , den Druck bei Oo und t8 die Temperatur des schadlichen Raumes.

Die fliissige Luft, die als Temperaturbad diente, befand sich in einem dunnwandigen Becherglase, das gegen Zuleitung der Warme von aussen gut geschiitzt war. Man konnte auf diese Weise erreichen, dass die Verdampfung so langsam ver- lief, dass sich die Temperatur 10 Minuten lang nicht merklich anderte. Die Temperatur der benutzten Luftbader schwankte, je nachdem niehr oder weniger Stickstoff schon verdampft war, zwischen den Grenzen - 186,4 und - 190,2O. Die Menge flussiger Luft eines jeden Bades betrug mindestens 11/, 1.

Als Beispiel, wie sich die Temperatur der siedenden Luft mit der Zeit andert l), mogc hier ein Versuch angefuhrt werden, wo fliissige Luft in einem Becherglase, das nicht besonders gegen Warmezufuhr geschiitzt war, schnell verdampfte. Die Temperatur der fiiissigen Luft wurde mit dem Thermoelement gemessen. Am Ende des Versuches war die Fliissigkeit etwa nuf den vierten Theil ihrer anfanglichen Menge verdanipft :

Minuten 0 - 159,1" 6 188,5

11 1S7,S 18 186,O 28 185,7 32 185,3 37 - 184,s

Die Te mperaturbader aus Alkohol und fester Kohlensaure zeigten bei ihrer Grosse und guten Einpackung stets eine hinreichende Constanz, auch wenn die feste Kohlensaure nicht im Ueberschuss vorhanden war. Die auf diese Weise erzielten Temperaturen sind auch schon deshalb nicht stets gleich, weil derselbe Alkohol wiederholt henutzt wurde und der Wassergehalt dabei zunahm.

1) Vgl. auch v. W r o b l e m s k i , Wied. Ann. 95. p. 3il und 26. p. 134. 1885.

Die Temperaturen zwischen - 185O und - 79O wurden rnit dttr Anordnung beobachtet, wie sie Fig. 2 darstellt. Das Ge- fass des Gasthermometers rnit eingeschmolzenem Platinwider- stand JVg war von einem Kupfercylinder a von 20 cm HGhe und 8 cm Durchmesser umgeben, den wiederum ein Cylinder 6 aus N'eissblech umschloss. Der Zwischenraum zwischen den beiden Cylindern betrug etwa 2 cm. Das Ganze stand in einem Becherglas C. Bei der ersten Beobachtungsreihe war der Zwischenrauin zwischen den beiden Metallcylindern mit Paraffin ausgefiillt, spater rnit Aether. Das Ganze wurde dadurch, dass fliissige Lnft in das Bccherglas gegossen wurde, unter - 1SO O abgelriihlt. Man beobachtete alsdann bei lang-

Sam ansteigender Temperatur gleich- ~ zeitig Wasserstoff thermometer und Wi-

ders t an d. In dem Falle, wo der Zwischen-

raum Aether enthielt , gefror dieser. Wenn nun die Temperatur allmiihlich anstieg und der Aetlier zu schmelzen begann, wurde er noch mit einem ring- fiirmigen Ruhrer in Bewegung gesetzt. Man erzielte auf diese Weise in der Nahe des Aetherschmelzpunktes eine Temperatur, die ebenso lange constant

blieb wie die des Bades von flussiger Luft. Das Becherglas war naturlich gegen Warmezufuhr von aussen iniiglichst von allen Seiten geschiitzt.

In der folgenden Tabelle siiid die Beobachtungen zu- sammengestellt und in Fig. 3 graphisch aufgetragen. Der Widerstand ist nach der W h e a t s t one'schen Briickenmethode bestimmt, die Kupferzuleitungen sind in Abzug gebracht.

In BSidern von flussiger Luft.

-190'2' 13'28 Ohm 190,2 13'29 190,l 13,31

-189,s 13,36

V e r g l e i c h u n g d e s e i n g e s c h m o l z e n e n W i d e r s t a n d e s W, m i t dem W a s s e r s t o f f t h e r m o m e t e r .

W, = 4S,37 Ohm bei Oo.

- 189,s' 13,37 Ohm I Im Kupfercylinder um- 189,s 13,38 1 geben vou Paraffin. 188,7 13,50 I --1S7,5" 13,92 Ohm 188,3 13.54 1S7,5 13,92 189,7 13,35 186,9 13,98

-189,6 13,37 -186,3 14,13

Messuny tiefir Temperaturen. 219

-185,7O 14,24 Ohm 184,s 14,37 183,9 14,52 183,5 14,66 182,5 14,84 181,s 15,OO 144,7 22,ll 139,O 23,l: 132,s 24,36 118,5 26,97 112,8 28,03 108,5 28,87 103,s 29,77 180,8 15,29 180,3 15,38 179,2 15,58

-174,9 16,39

Im Kupfercylinder, um- geben von Aether.

-169,3 17,45 172,l 16,86 172,s 16,72 172,s 16,72 171,9 16,88 187,2 13,91 187,3 13,88 186,6 13,99 185,5 14,23 183,O 14,72

-181,2 15,04

-178,8O 15,52 Ohm 175,3 16,24 145,5 21,87 139,l 23,13 132,9 24,23 128,2 25,14 121,s 26,33 118,5 26,94 116,9 27,22 115,s 27,43 115,l 27,56 114,7 27,70 115,s 27,47 115,6 27,49 115,4 27,54 115,l 27,56

-114,3 27,73

[m Kupfercylinder, um- geben von Aether.

-175,4 16,25 179,5 15,47 180,9 15,19 175,2 16,23 174,s 16,33 168,4 17,49 164,3 18,36 155,4 20,09 147,O 21,66 140,4 22,88

-133,5 24,19

0

- 129,7O 126,5 124,9 122,4 116,4 115,5 107,3 109,3

- 109,6

24,82 Ohm 25,41 25,92 26,21 27,51 27,59 29,20 28,78 28,67

'n Badern von Alkohol md fester Kohlensriure.

-79,O 34,12 78,6 34,20 78,5 34,21 70,s 35,80 38,P 41,54 38,l 41,63 18,7 45,16

-18,l 45,27

-75,7 34,82 79,5 33,H9 79,2 34,04 79,l 34,09 56,O 38,31 55,4 38,41 57,O 38,44 78,5 34,17

-78,s 34,16

Die Temperatur lasst sich als Function des Widerstandes durch eine Gleichung zweiten Grades bis auf ungefahr lo Ge- nauigkeit darstellen, wahrend die mittleren Abweichungen der Reobachtungen nur einige Zehntel Grad betragen. Die Glei- chung lautet

t = - 258,3 + 5,0567 cYg + 0,005855 Wg2.

Die Formel ist auf Grund der Werthe des Widerstandes bei Oo, in Kohlensaure und in flussiger Luft berechnet. Nach ihr ergeben sich fur die Werthe des Widerstandes:

W, = 27,56 23,13 21,87, die Temperaturen :

wahrend die beobachteten

sind.

114,5O 138,2O 144,90;

115.1O 139,lO 145.5O

230 A. HoEborn u. W. Wien. \

Wenn es gestattet w k e , diese Formel ,fur Temperaturen unter - 190° zu extrapoliren, so wurde fur die Temperatur

- 258,3O

der Widerstand Null werden. Ausser dem eingeschmolzenen Widerstande haben wir noch

Platinwiderstande gemessen , die auf Glimmerplatten aufge- wickelt und in Kupferbuchsen eingeschlossen waren. Die Glimmerplatten, an deren Enden Eupferstreifen zur Versteifung und Befestigung der Zuleitungen angeklemmt waren, schwebten frei in den hermetisch geschlossenen Kupferbuchsen. Die Zu-

OmU leitungen aus Platin waren aus den Buchsen in Glasrohren heraus- gefuhrt, die an dem einen Ende mit der Kupferwandung, an dem andern mit der Zulei- tung verlothet waren. Die Glasrohren waren an den Lothstellen vor- her platinirt und nach- her galvanisch ver- kupfert. Diese Anord-

-t. nung hatte denvortheil, Fig. 3. dass die Widerstande

bei jeder Temperatur und in jedem Bade gemessen werden konnten, ohne dass Nebenschlusse durch die Leitung der Bader zu befurchten waren. Ausserdem waren die Widerstande gegen mechanische Einfliisse vollstindig gesichert.

Diese Widerstande sind einmal in Badern von Aussiger Luft, sodann in solchen aus Alkohol und fester Kohlensaure mit dem Wasserstoffthermometer verglichen worden. Das Gefhss des Gasthermometers lag hierbei neben den Wider- sanden. Auch sind die Buchsenwiderstande im Dampfe des siedenden Wassers mit Hulfe eines gewohnlichen Siedeapparats gemessen. Die Resultate der Beobachtung sind in der fol- genden Tabelle enthalten. Es sind in dieser der Vergleichung halber auch die in Glas eingeschmolzenen Widerstande ?Yg, Wi

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2 22 A. Holborn 71. 7K Wien.

und W0 mit aufgenommen. lk’i bcfand sich in einem Luft- thermometergefass, das als Reserve cliente und W, in dem Gefiss, worin der Sauerstoff condensirt wurde und auf das wir unten naher z u sprechen kommen. lT2 und bestanden aus Platindraht von 0,l mm Durchmesser, alle anderen aus solchem von 0,05 mm Durchmesser. Es sind in der Tabelle gleichzeitig noch die mittleren Temperaturcoefficienten u, be- zogen auf Oo, angegeben.

Der Platindraht fur die Biichsenwiderstande ist vor dem Wickeln in schwacher Rothgluth ausgegliiht , bei den einge- schmolzenen Widerstanden ist dies nicht geschehen. Fur die Haltbarlreit der Widerstande ist dieser Unterschied nicht von Belang. Es haben sich sogar wider Erwarten die gegliihten Drahte in der ersten Zeit nach dem Wickeln mehr geandert, wie die nicht ausgegliihten.

5 2. Vergleichung des Thermoelements Constantan-Eisen mit dem Wasserstoff thermometer.

Die Thermoelemente wurden im Bade yon flussiger Luft und in einem Gemisch von Allrohol und fester Kohlensaure mit dem Gasthermometer verglichen. Sie wurden erstens com- pensirt mit einem Daniell’schen Element, das wiederum durch ein Cadmiumelement controlirt wurde , zweitens mit einem Zeigergalvanometer nach d’Arsonva1, wie wir es friiher bei der Messung hoher Temperaturen angegeben haben,l) ge- messen. Die LBthstellen mit Kupfer befanden sich stets auf 0 O .

Bezeichnet x die thermoelectrische Kraft in Mikrovolt und t die Temperatur, so ergiebt sich fur die Abhangigkeit beider voneinander die Formel

entsprechend den Werthen fur t = - 0,01750 x - 0,000 000 8784 x’,

t = - 78.3’ x = 3720 t = - 189 .1 .t‘ = 7700.

Was die Uebereinstimmung verschiedener Thermoelemente untereinander betrifft, so hatten zuerst verschiedene Stucke einer Sorte von Constantandraht, der in sich nicht gleichmassig war, bei der Temperatur der flussigen Luft Unterschiede in ihrem

1) L. Ho lborn und W. W i e n , Wied. Ann. 56. p. 395. 1895.

Messung tiefer l’emperaturen. 1 2 3

thermoelectrischen Verhalten, denen Unterschiede der Tempera- tur bis zu 2 O entsprachen. Dagegen wies 1 kg Constantandraht (von 0,6 mm Durchmesser) einer anderen Lieferung (van Wolf f , Berlin, bezogen) keine solchen Unterschiede auf. Dieser Draht war in seiner ganzen Ausdehnung gleichartig. Ebenso war dies mit dem Eisendraht der Fall. P ie angegebene Formel bezieht sich auf die zweite Sorte von Constantandraht.

In Verbindung niit einem Zeigergalvanometer ist das Thermoelement sehr bequem fur die praktische Messung tiefer Temperaturen, da man damit ohne geringe Xiihe auch an solchen Stellen niessen kann! die wegen der dicken Hullen gegen Warmezufuhr sonst nur schwer z y erreichen sind. Das Galvanometer kann nach der einmal bekannten Abhangigkeit der thermoelectrischen Kraft von der Temperatur geaicht werden , sodass man unmittelbar die Temperaturgrade abliest. Bei dem Linde’schen Gegenstromapparat wurde z. B. die Lothstelle zwischen Constantan und Eisen direct an die eiserne RGhre, die den Luftstrom leitete, angelothet und auf diese Weise die Temperatur der im Innern circulirenden Luft vor und hinter dem Regulirventil gemessen.

8 3. Siedepunkt von Sauerstoff mit 7,6 Proc. Stickstoff.

Da wir nicht auf die Kerstellung von reineni Gas ein- gerichtet waren, mussten wir uns mit kauflichem Elkan’schen Sauerstoff begniigen. Nach einer nachtraglich von Hrn. Mylius ausgefuhrten Andyse enthielt das Gas ubereinstimmend rnit dem Inhalt anderer Boniben aus derselben Quelle noch 7,6 Proc. Stickstoff. Ueber die Correction des Resultates auf reinen Sauerstoff lasst sich zur Zeit nur sagen, dass sie wohl inner- halb eines Grades liegen wird.

Der Sauerstoff wurde durch Abkiihlung in einem kugel- formigen Glasgefass von 8 cm Durchmesser (Fig. 4) condensirt, der den eingeschmolzenen Platinwiderstand ?Pi enthielt. Dieses Gefass war vorher zusammen mit dem Luftthermometergefass in ein Bad von fliissiger Luft gebracht und der Widerstand W0 auf das Wasserstoffthermometer bezogen.

War das Gefass geniigend mit fliissigem Sauerstoff gefiillt, so wurde es a m dem Kiihlbade herausgezogen, und der Sauer-

224 L. Holhorn u. P'. H'ieri.

stoff siedete an freier Luft. F u r die Siedetemperatur ergaben sich folgende Werthe :

U7" t Barometer Mittel aus 13,73 - 184,0° 712,4 mm 4 Beobacht. 13,67 - 184,4O 71012 ,, 14 17

13,69 -- - - ~ _ _ 184,3O - 710,s - L. "L 8 77

13,70 - 184,2O 711,O mm

Messurig der Dampjipannung. Um den Siedepunkt vom niedrigen Miinchener Barometerstand auf 760 mm zu reduciren, wurde noch die Dampfspannung des Sauerstoffs bei der Tem-

peratur der dussigen Luft mit Hiilfe derselben Anordnung beobachtet. Da es sich nur urn eine Correction von lo handelt, so wird die lineare Extrapolation keinen merklichen Fehler bringen.

Bei der Messung der Dampfspannung blieb das Gef%ss in der fliissigen Luft. Hahn e, sowie der seitliche Hahn von b waren geschlossen. Die Temperatur wurde durch den ein- geschniolzenen und zur Controle noch durch einen in die flussige Luft eingetauchten Widerstand gemessen. Gleichzeitig wurde der Druck im Gefass am Manometer abgelesen. Brauchbare Resultate erhielt nian nur, wenn der fliissige Sauerstoff stark geschuttelt wurde.

Es ergab sich fur Wo = 13,05 Ohm, entsprechend der

Xessriny tkfkr Ybmperaturen. 225

Temperatur von - lS7,51’j eiii Druck von 347 mm. llilittels h e a r e r Extrapolation erhBlt man hieraus und aus dem Druck 711 nim fur - 184,2O fiir den Siedepunkt bei 760 mm Druck den Werth - lti3,2O.

SiedepzlnAts6estimmu~~~ mit dem 2Yzermoelement. Ausserdem murde der Siedepunkt des Sauerstoffs niit Hiilfe des Thermo- elements Eisen-Constantan bestimmt. Zu diesem Zweck diente eine unten geschlossene Glasrijhre (Fig. 5 ) ~70n etwa 4 cm Durchmesser. Oben war eine engere Glasriihre angeschmolzen, in die das hineinragende Thernioelement luftdicht eingekittet war. Durch ein seitliches Rohr wurde der Sauerstoff eingeleitet, die Luft zunachst ausgetrieben und das Gas als- d a m durch Kiihlung in + Stuiide zu einer 30 cm hohen E’liissigkeitssBule condensirt. Bei dem Sieden an freier Luft bei 712mm Druck wurde bei verschie- denen Versuchen die thermoelectrische Kraft zu 7620, 7520, 7560,7570, im Mittel also zu 7540Mikro- volt gefunden.

Einem Druck von 760 mm wiirde darnach in Uebereinstimmung niit dem fruheren eine Siede- temperatur von - 183,2O entsprechen.

Die Siedetemperatur schwaiikte zumeilen um einige Zehntel Grad, sodass eine grijssere Genauig- lieit auf cliesem Wege iiberhaupt nicht zu erreichen ist. Es erklkrt sich diese Erscheinung wohl aus Bhnlichen Ursachen wie die Ungleichmassigkeiten in der Temperatur des siedenden Wassers.

Mit dem obigen Werthe stimmt eine Beob- achlung (184,lO bei 708 mm), wo das Luftthermo- meter ohne eingeschmolzenen Widerstand unmittelbar in den fiiissigen Sauerstoff tauchte, gut uberein.

Bisher liegen Bestimmungen des Siedepunktes vom Sauer- stoff von Wrob lewsk i und Olszewski vor. Erstererl) gibt - 181,5O bei 740 nim an, welchen Werth letzterer2) neuerdings auf - 182,5O bei einer Atmosphare verbessert hat.

1) v. W r o b l e w s k i , Wied. Ann. 25. p. 401. 18%. 2) O l s z e w s k i W e d . Ann. 56. p. 133. 1895.

Ann. d. Phys. u. Cbein. N. F. 59. 15

226 L. llblborn u. 1% Wien.

Nimmt man nach W r o b l e w s k i an, dass der Siedepunkt der Luft von normaler Beschaff'enheit um 9,6O tiefer als der des reinen Sauerstoffs liegt, so wgre unser MTerth unter der Voraussetzung , dass der Siedepunkt eines Gemisches von Sauerstoff und Stickstoff proportional mit dem Stickstoffgehalt abnimmt, auf - 152,3O zu verbessern, wenn er fur reinen Sauerstoff giiltig sein soll. Dasselbe ergiebt sich, wenn man den Unterschied zwischen den Siedepunkten des Saucrstoffs und Stickstoffs nach W r o b l e w s k i nuf 11.1'3~ annimmt.

§ 4. Schmelzpunkte einiger organischer Substanzen. Von den bei gewohnlicher Temperatur fliissigen Verbin-

dungen scheint es fast nur organische Substanzen zu geben, die noch unter - l ooo flussig bleiben. Wir haben uns be- miiht, eine Anzahl Fliissigkeiten herauszufinden, deren Schmelz- pmkt moglichst tief liegt, wobei die Herren Prof. v. B a e y e r und Prof. T h i e l e die Freundlichkeit hatten, uns ihren Rat11 zu ertheilen.

Der Schmelzpunkt wurde mit Hulfe des Thermaelemeritea in folgender Weise bestimnit. Eiii weites Reagensglas von etwa 4 cm Durclimesser wurde bis zur Hohe von etwa S cni mit der Flussigkeit gefullt uiid in flussige Luft getaucht. Die Liithstelle des Thermoelementes wurde ungefdhr in die Rlitte der Flussigkeit gebracht, sodass sie hier einfror. Wenn die ganze Masse fest und noch unter dem Schmelzpunkt gekuhlt war, wurde das Glas aus der Aiissigeri Luft herausgenommen nnd gegen Warmezufuhr von aussen miiglichst gut isolirt,. Die Temperatur stieg d a m , bis die Substanz zu schmelzen aniing. Wahrend des Schmelzens blieb sie bei fortwiihrendem Ruhren lange Zeit , in einigen Fallen wahrend einer halberi Stunde, constant.

Die folgende Tabelle enthalt die Schmelzpunkte fur solche Substanzen, die lirystallinisch fest murden und einen bestimmten Schmelzpunkt erliennen liessen.

Ammoniak 3740 Mikrovolt - 78,8O Toluol 4660 - 102,o

Schwefelkohlenstoff 5070 - 112,s Ameisensaures Methyl 4870 - 107,s

Aether 5250 - 117,6 Bromlithyl 5550 - 129,5

illi.ssn nq tiefer Temp era tur en. 227

F u r den Schmelzpunkt des Aethers gibt Olszewski -117,4l) a n , fur den des Schwefelkohleristoffs ,,etwa - 110 O''. 2, Der Aether stammte ron K a h l b a u m und war uber Natrium cle- stillirt. Das zur Schnielzpunktsbestimmung benutzto Toluol ist nachtraglich yon Hm. Myl ius untersucht , der an- giebt, ,,clsgs es fast ganz innerhalb eines Grades ubersiedete (Siedepunkt 110,3 ") und gar kein Benzol enthielt. Wasser liess sich kaum eine Spur (weniger als Proc.) darin nach- weisen."

Andere Substanzen, die wir noch beobachteten, blieben freilich noch bei tiefer Temperatur Aussig, hatten aber keineii bestiinmten Schmelzpuiilrt, sondern bildeten eine gallertartige Masse , die allmahlich hart wurde. Hierher gehoren die Alkohole (moglicherweise , weil sie noch Reste von Vasser enthielten). Aber auch hinylen bildete bei der Temperstur der siedenden lluft eine zaihfliissige Masse; am flussigsten blieb in dieser Temperatur Petroleum&ther.

5. Vergleiohung von Wasserstoff- und Luftthermometer.

Wir haben schliesslich noch das Gefass mit den1 ein- geschmolzenen Widerstaiide N II mit Luft gefullt und mit den1 Luftthermometer die Temperstur der flussigen Luft gemessen. Die Luftfulluiig w u d e in ahnlicher Weise wie die Wasserstoff- fiillung vorgenommen; an die Stelle der Waschflasche rnit Pyrogalluss2iurelGs~ing war eine solche mit Kslilauge getreten. Der Druck der Fiillung betrug bei O o 772.4 mm Queck- silber (0").

Als das Gefiiss in fliissige Luft getaucht wurde. ergnben sich folgende Resultate :

"j tH tL t K - t L 13,31 Ohm - 189,9" - 190,6O 0,7Q 14,03 - 186,4 - 156,9 075

Hier bedeutet N, den beobachteten Widerstand und tH die hieraus nach p. 219 abgeleitete Temperatur nach dem

1) L a n d o l t u. B G r n s t e i n , Tabellen 2. Aufl. p. 164. 2) O l s z e w s k i , Wied. Ann. 20. p. 253. 1853.

15*

228 L. I lblhom u. 1Y. F i e n . Xessung etc.

Wasserstoflthermometer. tL ist die Temperatur , welche sicli aus der Beobachtung mit dem Luftthermometer unter Annahme des .4usdehnuiigscoefficienten 0,00367 berechnet.

Dies Ergebniss zeigt, dass die Luft hier als ein vom Siittignngszustand entfernter Dampf aufzufassen ist, der den Gasgesetzen nahe folgt.

C h a r l o t t e n b u r g , 26. J u l i 1896.