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(Aus dem Physiologischen Institut der Universit/~t Wien.) 0ber die Sorptionswirkung yon Peloiden. Von W. tIolzer und K. Eckel. Mit 7 Textabbildungen. (Eingegangen am 1. Mgrz 1940.) Die gro~e therapeutische Bedeutung der Peloide, liel~ seit langem die Frage in den Vordergrund treten, welche Eigenschaften derselben fiir die therapeutische Wirksamkeit bestimmend w/~ren. Schade tund Z6rken- d6r/er ~ haben darauf hingewiesen, dab die therapeutischen verwendeten Peloide ans einer fiberaus bunten Reihe von Naturstoffen bestehen, welche in ihrer chemischen und mechanischen Zusammensetzung keinerlei gemeinsamen Ziige erkennen lassen. Z6rkend6r/er folgerte daraus, dal~ es sich bei den Peloiden urn derartig heterogene Stoffe handelt, dab ihre Wirksamkeit nicht an das Vorhandensein yon irgendwelchen Tr/igern von bestimmten chemischen, bzw. biologischen Eigenschaften gebunden ist, sondern dal~ die physikalischen Eigenschaften das einzige darstellen, was diese heterogene Gruppe zu einer therapeutisch doch mehr oder weniger einheitlichen Gruppe vereinigt. Physikalisch lassen sich die Peloide durch besondere mechanische und thermische Eigenschaften kennzeichnen. In engem Zusammenhang mit den mechanischen Eigen- schaften, jedoch nicht allein durch diese bedingt, stehen die sorptiven Eigenschaften, welche hier untersucht warden. DaB die sorptiven Eigensehaften physiologische und balneotherapeutische Bedeutung besitzen, haben insbesondere Schade, spater Z6rkend6r/er und Souci a betont. Der Begriff der Sorption umfal~t nach Souci die Ab- und Adsorption im Sinne der yon Vageler in die Bodenkunde eingeftihrten Nomenklatur. Ab- und Adsorption sind ja als Mechanismus unlSsbar miteinander verkniipft und mfissen beim jetzigen Stand der Frage als ein unteilbarer Vorgung erfai~t werden. Unbe- schadet davon, bleibt die Tatsache, dab hier ein ganz komplexer Vorgang zur Unter- suchung steht. In der zusammenfassenden Darstellung der Vorstellungen Schades berichtet H~ibler4 fiber die grol3e Bedeutung des AdsorptionsvermSgens von Moorbrei gegenfiber Substanzen versehiedenster Art wie sauren und alkalischen Farbstoffen, sowie S/~urenundAlkalien. Schade hat naehgewiesen, dab sich dieses Adsorptionsver- mSgen auch durch Dialysiermembranen gewissermaBen als ~emwirkung, deutlich nachweisen I/~Bt. Diese Fernwirkung kommt nach Schade dadureh zustande, dab das Peloid infolge seines hohen SorptionsvermSgens die Xonzentration des Stoffes (ira Versueh: Urat) in der LSsung praktisch auf Null halt und dadureh ,,gleiehsam ein Vakuum" ffir gelSste Stoffe sehafft. Nach Schade bleibt das Konzentrations- 1 Schade, H.:PhysikalischeChemie.Dresdenu.Leipzig 1923.--2Z6r/cendSr]er, W.: Die typischen Eigensehaften der Peloide. Berlin 1938. - - a Souci, S. W.: Chemie des Moores. Stuttgart 1938.- a Hgbler, C.: Physiko-Chemische Medizin. Dresden und Leipzig 1939.

Über die Sorptionswirkung von Peloiden

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(Aus dem Physiologischen Institut der Universit/~t Wien.)

0ber die Sorptionswirkung yon Peloiden. Von

W. t Iolzer und K. Eckel.

Mit 7 Textabbildungen.

(Eingegangen am 1. Mgrz 1940.)

Die gro~e therapeutische Bedeutung der Peloide, liel~ seit langem die Frage in den Vordergrund treten, welche Eigenschaften derselben fiir die therapeutische Wirksamkeit bestimmend w/~ren. Schade t u n d Z6rken- d6r/er ~ haben darauf hingewiesen, dab die therapeutischen verwendeten Peloide ans einer fiberaus bunten Reihe von Naturstoffen bestehen, welche in ihrer chemischen und mechanischen Zusammensetzung keinerlei gemeinsamen Ziige erkennen lassen. Z6rkend6r/er folgerte daraus, dal~ es sich bei den Peloiden urn derartig heterogene Stoffe handelt, dab ihre Wirksamkeit nicht an das Vorhandensein yon irgendwelchen Tr/igern von bestimmten chemischen, bzw. biologischen Eigenschaften gebunden ist, sondern dal~ die physikalischen Eigenschaften das einzige darstellen, was diese heterogene Gruppe zu einer therapeutisch doch mehr oder weniger einheitlichen Gruppe vereinigt. Physikalisch lassen sich die Peloide durch besondere mechanische und thermische Eigenschaften kennzeichnen. In engem Zusammenhang mit den mechanischen Eigen- schaften, jedoch nicht allein durch diese bedingt, stehen die sorptiven Eigenschaften, welche hier untersucht warden.

DaB die sorptiven Eigensehaften physiologische und balneotherapeutische Bedeutung besitzen, haben insbesondere Schade, spater Z6rkend6r/er und Souci a betont. Der Begriff der Sorption umfal~t nach Souci die Ab- und Adsorption im Sinne der yon Vageler in die Bodenkunde eingeftihrten Nomenklatur. Ab- und Adsorption sind ja als Mechanismus unlSsbar miteinander verkniipft und mfissen beim jetzigen Stand der Frage als ein unteilbarer Vorgung erfai~t werden. Unbe- schadet davon, bleibt die Tatsache, dab hier ein ganz komplexer Vorgang zur Unter- suchung steht. In der zusammenfassenden Darstellung der Vorstellungen Schades berichtet H~ibler 4 fiber die grol3e Bedeutung des AdsorptionsvermSgens von Moorbrei gegenfiber Substanzen versehiedenster Art wie sauren und alkalischen Farbstoffen, sowie S/~uren undAlkalien. Schade hat naehgewiesen, dab sich dieses Adsorptionsver- mSgen auch durch Dialysiermembranen gewissermaBen als ~emwirkung, deutlich nachweisen I/~Bt. Diese Fernwirkung kommt nach Schade dadureh zustande, dab das Peloid infolge seines hohen SorptionsvermSgens die Xonzentration des Stoffes (ira Versueh: Urat) in der LSsung praktisch auf Null halt und dadureh ,,gleiehsam ein Vakuum" ffir gelSste Stoffe sehafft. Nach Schade bleibt das Konzentrations-

1 Schade, H.:PhysikalischeChemie.Dresdenu.Leipzig 1923.--2Z6r/cendSr]er, W.: Die typischen Eigensehaften der Peloide. Berlin 1938. - - a Souci, S. W.: Chemie des Moores. Stuttgart 1938 . - a Hgbler, C.: Physiko-Chemische Medizin. Dresden und Leipzig 1939.

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gefMle somit dauernd maximal und die Diffusion yon innen nach auBen geht schneller als nach bloBen Di_ffusionsgesetzen vor sich und kann his zum letzten Rest erfolgen.

Feraer hat bereits Schade darauf hingewiesen, dab natiirlich zwischen den l~e- sorptionsverh~ltnissen an der menschlichen l-laut und der Dialysiermembran weit- gehende Unterschiede bestehen. Er meinte jedoeh, dab ungeachtet des vitalen Charakters der ttautsekretion sicher eine Abhangigkeit dieser Prozesse yon augerer und innerer Konzentration besteht. Hgbler 1 schreibt dazu: ,,Es ware denkbar, dab durch adsorptive Umformung der sezernierten Fliissigkeit zu mehr odor minder reinem Wasser ein Vakuum fiir gel6ste Stoffc geschaffen werden kann und dadurch ein Plus an gelSstem Material aus den Driisenzellen herausgeholt werden kann". Die Bedingungen fiir das Eintreten eines solehen Mechanismus sind bei der balueotherapeutischen Anwendung yon Peloiden umso giinstiger, als ja durch mechanische, thermische, quellende und iadungsbestimmende Vorg~nge die Haut so beeinflugt wird, dag die Bedingungen fiir einen Stoffaustausch im giinstigen Sinne beeh~fluBt werden. Erw~rmung der Haut stellt ja den st~rksten der iiber- haupt bekannten Hyper~miereize (bis zu -t- 300% der Indifferenzdurchblutung) dar. Ferner sei darauf hingewiesen, dab mit warmem Wasser benetzte Haut derart quillt, da]] die Warmeleitfahigkeit um mehrere 100% ansteigt. Alle diese Faktoren schaffen gtinstigc Bedingungen fiir den Stofftransport fiberhaupt und damit auch ftir das Auswirken des SQrptionsmechanismus im Sinne yon Schade.

I m Sinne der frf iheren Ausff ihrungen wurden zur Un te r suchung der sorp t iven Verh~ltnisse de r Peloide Unte r suchungen ausgeffihrt , welche an sieh ohne das bes t immte Ziel des Nachweises eines ba lneo the rapeu t i - schen Effektes ausgef i ihr t sind. Sekund£r kSnnen diese Un te r suehungen jedoeh als ein Be i t rag zum ba lneo the rapeu t i schen Mechanismus von Pelo- iden dienen. U m eine solche ~ b e r t r a g u n g zu er le ichtern , wurden die Unter - suchungen, nachdem or ient ie rende Vergleichsversuche ergeben ha t t en , dab sieh die Verh~ltnisse mi t diesem oberf l£ehenakt iven Mate r ia l sehr gu t dars te l len lassen, an e inem h~ufig ve rwende ten Mate r ia l ausgef i ihr t , fiber welches ges icher te kl inische Ef fah rungen vorl iegen, n~mlich an P i s tyans Vu lkansch lamm (P.V.). Auf die ba lneo the rapeu t i s ehe Wi rkung ehemischer Pe lo idbes t and te i l e wird hier n ieht e ingegangem

Nach Anweisungen yon S c h a ~ muB im Vorversueh einer Sorpt ions- un te r suchung vorers t fes tgeste l l t werden, ob Gleichgewiehtszust i tnde zu e rwar ten s ind ~. Dies is t yon en t sche idender Bedeu tung daftir , ob m a n die Vorg/tnge durch eine einfache Adsorp t ions i so the rme (wohl besser nach Ostwald a Adsorp t ionskurve) beschre iben kann.

Man schiittelt eine bestimmte Gewichtsmenge der zu sorbierenden Substanz mit einer bestimmten Menge yon der I~sung des Sorbens. In einem zweiten Ver- such wird dieselbe Menge Substanz zu der halben Menge der doppelt so konzen- trierten Sorbensl6sung gegeben. Beide Mischungen werden gcschiittelt und nach einer fttr die Sorption hinreichenden Zeit, wird die zwei~e Mischung au[ das VoIumen der ersten aufgefiillt und bis zur Ver~eitungskonstanz geschiitt~lt. Liegt ein Gleich- gewichtszustand vet, so mug die Endkonzentration der Substanz in beiden L6sungen, allf~llig naeh Trennung yon L6sung und Sorbens, die gleiche sein. Finder man erhebliehere Differenzen, so besteht kein Gleichgewicht. Es kann noch immer an Adsorption gcdacht werden, der Vorgang ist jedoch durch l~berlagerung yon andercn Prozessen kompliziert.

H~bler, C.: loc. cir. S. 185. -- 2 Schade, H.: loc. cir. S. 573. __30stwald, W.: Die Welt der vernachlassigten Dimensionen. Dresden u. Leipzig 1937.

Sorptionswirkung von Peloiden. 795

Dieser Anweisung entsprechend warden 20ecru einer 50mg-% Methylen- blaulSsung (im weiteren hier kurz als NormallSsung bezeichnet) einerseits mit einer Aufschwemmung yon 0,5 g P.V. in 3 ccm Wasser versetzt. Andererseits wurden 20 cem NormallSsung mit einer Aufschwemmung von 0,5 g P.V. in 6 cem Wasser versetzt. Beide LSsungen wurden 20mal geschiittelt, 2 Min. stehen gelassen und dann durch ein Filter (es wurde immer Schleieher und Schfill Nr. 595 verwendet) filtriert und die erste LSsung durch Zusatz yon 3 ccm Wasser auf das Volumen der zweiten aufgeftillt. Das erste Filtrat war eindeutig erheblieh dunkler als das zweite.

Der Versuch zeigt somit, dal~ eine konzentriertere PeloidISsung die gleiche FarblSsung schw~cher entf~rbt, ~ls eine weniger konzentrierte. Es herrscht somit im Sinne der Nomenklatur yon Schade kein Gleich- gewicht. Eine Erkl~rung dieser Beobachtung st5Bt auf Schwierigkeiten. Es lassen sich lediglich Hinweise daftir geben, dab der negative Ausfall bei einem naturgegebenen Peloid erheblich wahrscheinlicher ist, als das Eintreten eines .Gleichgewichtes. Eine Aufschwemmung yon P.V. stellt fiberhaupt nur sehr bedingt ein unreines kolloidales System dar, da es sich 15sungsphysikalisch gesehen prim/~r tells um eine Suspension, tells um eine echte L6sung handelt. Nut ein ganz geringer Anteil der gelSsten Teile bewegt sich bei einem Peloid in kolloidalen GrSBenordnungen.

Nachdem, wie aus dem vorangegangenen hervorgeht, der l~eaktions- mechanismus sicher nicht durch eine einfache Adsorptionskurve zu be- schreiben ist (was ja auch nach Freundlich und Schade nur in unkompli- zierten F~llen zu erwarten ist), wurde das SorptionsvermSgen von F.V. gegenfiber der NormallSsung von Methylenblau quanti tat iv untersucht. DaB sieh diese Verh~ltnisse nicht durch die ,,Adsorptionsisotherme" nach Freundlich beschreiben lassen, ist fiir diese Untersuchung ohne Be- lang. Diese ist ja nur eine, fiir einen gewissen Bereich und fiir streng definierte Verh£1tnisse giiltige Interpolationsformel. Der Vergleich des SorptionsvermSgens von Torf mit einem Standardpr£parat geht auf die grundlegenden Untersuchungen von Souci 1 zurffck. Dieser untersuehte Torf von Bad Aibling und verwendete als Standardpr£parat Carbo medicinali8 Merck. Souci gab einen konstanten Wert des Sorptions- verh~ltnisses an, weleher in Prozenten ausgedriiekt wurde. Unabhfiaagig yon den Toffkonzentrationen sollte danach das SorptionsvermSgen dutch eine Verh~ltniszahl, gegeniiber dem Standardpr~parat verglichen werden kSnnen. Frfiher hat Cherbuliez ~ die Adsorption-Reduktion von Methylen- blau an einem Vergleichssorbens (Ton) untersucht. Diesen Fragen galten unsere Versuche.

Zu einer gleichbIeibenden Menge (20 ccm der Normal-Methylenblau- L6sung) wurden je 5, 10, 20, 30 und 40 nag Carbo medicinalisMerclc zu- gesetzt. Die L6sung wurde 20mal, in stets gleicher Weise, umgeschiittelt, durch 2 Min. stehen gelassen und durch das, stets im folgenden verwendeten Filter Schleicher und Schfill Nr. 595 filtriert. Auf dieseWeise

1 Souci, S. W.: Chemie des Moores. Stuttgart 1938. 2 Cherbuliez, E.: Schweiz. reed. Wschr. 64, 1166 (1934).

796 W. Holzer mud K. Eckeh

wurde eine Entf~rbungsreihe gewonnen. Diese Arbeitsbedingungen wurden fiir die folgenden Versuche stets eingehalten. Es wurden nun jene Gewichtsmengen P.V. gesucht, welche imstande sind, die Normal- 16sung zu den gleichen Farbt6nen zu entf~rben. Die Farbtongleichheit der beiden Entf~r]aungsreihen wurde mit einem Eintauchkolorimeter

Tabelle I. Vergleich der Gewichtsmengen von Carbo medicinalis Merck mit den Mengen

yon P.V., welche die gleichen sorptiven Eigenschaften gegentiber einer 50 rag-% MethylenblaulSsung aufweisen.

Carbo medicinalis Merck (rag) . . . . . . 05 1052070 30 40 Pistyans Vulkanschlamm (mg) . . . . . . ]5 320 850 1020 Verh~ltniszahl Yon Pistyans Vulkanschlamm-

menge zur Menge an Carbo medicinalis Merck fiir gleiche Sorption . . . . . . 30 32 28,5 28,3 25,5

bestimmt. Die Tabelle 1 stellt die entsprechende Carbo medicinalis Merck-Werte den P.V.-Werten gegeniiber. Die Abb. 1 stellt die Zahlen- werte der Tabelle 1 graphisch dar. Da der Farbvergleich mit dem Eintauch-

0 ca~ meYl~h/¢e~ Tag

Abb. 1. Z u s a m m e n h a n g zwi- schen den Gewich t smengen

yon Carb0 medieinal is Merck und P i s tyans Vulkan- s c h l a m m , welche jeweils zu 20 c c m einer 50 r ag -%igen Methylenblau lSsung zuge- se tz t , die g le icheEnt f~trbtmg

h e r v o r r u f t .

colorimeter sehr genau ist und da wir den Kur- venverlauf bei Kontrollversuchen immer wieder erhalten haben, kSnnen wir nicht daran zweifeln, dab diesem Kurvenverlauf eine Gesetzm~l~ig- keit der Sorptionsfi~higkeit im untersuchten Falle innewohnt. W~re die Kurve eine Gerade, so lieBe sich die Neigung derselben als fester Wert des Sorptionsverh~ltnisses definieren. Wie die drit te Zeile der Tabelle 1 zeigt, ist nun das Sorptionsverh~ltnis konzentrationsabhiingig. Der erste Differentialquotient der Kurve in Abb. 1 gibt in jedem Punkte das Sorptionsver- h~ltnis an. Es folgt daraus, dab sich unter den gegebenen Bedingungen fiir den beobachtetcn Vorgang der Sorption, wenn man also ein Peloid mit einem reinen Sorbens vergleicht, keine kon- stante Sorptionszahl angeben l~gt. (Zur Frage der Reinheit des Vergleichssorbens und dessen Priifung siehe M i c h a e l i s u n d R o n a l ) . Die Sorp-

tionszahl, worunter wir das Verh~ltnis der aufgewandten Sorbens- menge des untersuchten Stoffes zur Menge des Vergleichsstoffes (Carbo medicinalis Merck) verstehen, schwankt in den Versuchen zwischen 25,5 und 32,0. HSheren Konzentrationen des untersuchten Peloides entspricht eine kleinere Sorptionszahl. Dieses Ergebnis ist

1 Michaeli~, M. u. P. Rona: Praktikum dcr physikalischen Chemie, S. 140. 1930.

Sorptionswirkung yon Peloiden. 797

ohne weiteres verst/~ndlich. Zweifellos handelt es sich bei dem kom- plexen Vorgang der Peloidsorption (wie ] a i m iibrigen auch Sorp- tionsversuche anderer Autoren ergeben haben 1) um Vorg~nge, welche wir im gewissen Sinne teilweise als eine Abs/~ttigung aktiver Grenz- fl/tehen verstehen kSnnen. Deshalb stehen ffir die Sorption bei hSheren Konzentrationen nur mehr geringere aktive Kr~fte zur Verfiigung. Ferner zeigt die Abb. 1, dab die Sorptionskurve fiir die mittleren Bereiche, also yon 10--30 mg Carbo medieinalis Merck, gut durch eine Gerade anzun/~hern ist, welche allerdings auch in diesem Falle nicht durch den Null- punkt des Koordinatensystemes geht. Dies bedeutet, da$ innerhalb gewisser Grenzen eine bestimmte gleiehbleibende Menge Peloid als Stufendifferenz den gleichen Sorptionsunterschied bewirkt wie eine gleiehe Menge des Standardsorbens. MSg- licherweise bietet sich bier, ungeachtet der festgestellten UnmSgliehkeit ffir den ganzen Sorptionsbereich yon einem kon- stanten Sorptionsverh/~ltnis zu sprechen, ein Weg zu einer Definition einer prak- tisch verwertbaren Sorptionszahl, welche Vergleichsmessungen ermSglieht. Die so definierte Sorptionszahl entsprieht dem Differentialquo~ienten der Sorptionskurve in demjenigen Bereich, in welehem sic dutch eine Gerade zu ersetzen ist, das ist in unserem Falle tats/ichlich auch der mittlere Bereich. Dieser Wert betr~gt

0 5 10 ,c~,"6o med/'z/h.Mem~ ~9

o o/M o,a v,¢ a,5 v,s v j o,8 o,g ~g ~'slyans-Vulkanschlamm

Abb. 2. Die Ext inkt ionskoeff iz ien- t en einer 50 mg- %igen Methylen- b l au l f sung , y o n welcher zu 20 ccm jewefls Carbo reed. Merck bzw. P i s tyans V u l k a n s c h l a m m zugese tz t wurden . (BeispieP. 10rag Carbo reed. Merck geben den gleichen Extink- t ionskoeff iz ienten wie 320mg Pyst i - ans V u l k a n s c h l a m m , naml ich 0,41.)

B

\, \

\ \

20 30 ~ 50

im untersuchten Fall 26,5, d. h., dal~ z. B. 10 mg Carbo medieinalis Merck das gleiche SorptionsvermSgen znkommt wie 10mal 26,5 ---- 265 mg yon P.V.

Um die Sorption quantit~tiv zu beschreiben, schien es yon Vorteil, die Untersuehung dureh Bestimmung des Extinktionskoeffizienten mit Hilfe des Pul~richschen Stufenphotometers zu erweitern. In der Abb. 2 sind die Extinktionskoeffizienten fiir die gleichen Versuchsbedingungen dargestellt, wie sic der Abb. 1 zuzugrunde liegen. Es ergibt sich unter Wahl entsprechenden AbszissenmaBst~be, sowohl fiir das Standard- sorbens wie fiir P.V. eine Kurve des Extinktionskoeffizienten, welche mit zunehmender Konzentration des Sorbens kleinere Werte des Ex- tinktionskoeffizienten zeigt und anni~hernd in Hyperbelcharakter abf£llt. Diese Darstellung ermSglicht unter Einfiihrung des Extinktionskoeffi-

1 Marc u. Schmidt siehe W. Benade: Moore, Schlamme, Erden. Dresden u. Leipzig 1938.

798 W. Holzer und K. Eckeh

0,~

zienten denselben Vergleich der Sorptionsverh~ltnisse, wie ihn bereits Abb. 1 ermSglichte, jedoch aufgebaut auf einer objektiven vergleich- baren MeBzahl, n~mlich dem Extinktionskoeffizienten. Zieht man in einer beliebigen OrdinatenhShe eine Horizontale (H), so ergeben sich mit beiden Kurven je ein Schnit tpunkt (A, B), deren zugehSrige Abszissen die entsprechenden Sorbensmengen bedeuten.

Da die Zahlenwerte der Extinktionskoeffizienten zu den wirklichen Gewichtsmengen des in LSsung befindlichen Farbstoffes in einem linearen

Verh~ltnis stehen, wurde mit o~ / einer Verdiinnungsreihe eine o,6 / Eichkurve der Extinktionskoeffi-

zienten hergestellt. Diese zeigt die Abb. 3 im doppellogarith- mischen System. Diese Eich- kurve ist eine Gerade und ent-

/ spricht somit den theoretischen j Bedingungen einer solehen Vet-

diinnungsreihe. Diese Verdim- nungsreihe wurde nicht in der sonst iiblichen Art hergestellt, dab ein Teil der hSher kon-

0,a zentrierten LSsung ffir die n~chstniedrige verwem weiter

~ ¢ 0~ 4¢ 0j ~ 1 2 s ~ 5 ~ det wurde, sondern die einzel- /4efhyh~/ouin~ccmWo.~ Tag nen LSsungen wurden aus der

Abb. 3. EichkurvederExtinktionskoeffizienten AusgangslSsung und aus Was- einer Methylenblaul~sung (20 ccm AcLua dest . wurden jeweils mit den Absz issenwerten mg Me- ser, aus Biiretten gemischt. Jede thylenblan versetzt . Messung mit Pulfrichs" einze]ne LSsung wurde dann

Stufenphotometer . ) filtriert und yon ihr der Extink-

tionskoeffizient bestimmt. Die Tatsache, dab sich hier dieser lineare Kurvencharakter ergibt, beweist ferner, dal3 die Filterung keinen irgend- wie bestimmenden EinfluB auf den Verlauf der Sorptionswerte ausfib.t. Eine derartige Kontrolle schien uns deshalb bedeutend, weil t rotz der Her- stellung einer mSglichst reinen und eehten LSsung des Methylenblaus doeh das verwendete Filter gef~rbt war. Es ist bekannt, dal~ sich hin- sichtlich der Bindung der Farbstoffe an Filter die Vorg~nge der Adsorption und Capillarisation gewisserma~en gegenfiberstehen. Das basische Methylenblau wird yon Filterpapier racist stark adsorbiert. Eosin z. B., welches ein echt gelSster saurer Farbstoff ist, wird schlecht adsorbiert, jedoch fast wie Wasser capillarisiert. Es ist sehr wahrscheinlich 1, da~ das adsorbierende VermSgen der Cellulose fiir nicht kolloidale Farb- stoffe an die stets vorhandenen Beimengungen yon Aschebestandteilen,

z Michaelis, L. u. P. Rona: loc. cit. S. 141.

Sorptionswirkung yon Peloiden. 799

vor allem von Calciumsilikat gebunden ist. Diese F~rbung des Filters beansprucht, infolge der hohen F~rbekraft yon Methylenblau, anscheinend nur so geringe Gewichtsmengen yon Farbstoff, dab die auf diese Weise entstehenden Fehler unterhalb der Fehlergrenze der Methodik liegen. Es ist jedoch auch eine andere Deutung des Experimentalbefundes hin- sichtlich der Filterfarbbindung m6glich, ja wahrscheinlieher: Die vom Filter zurfickgehaltene Farbstoffmenge ist betr~chtlich, es besteht jedoch ein eindeutiger exponentieller Zusammenhang zwischen gefilterter Far[i- stoffmenge und durchge- lassener Farbstoffmenge, so dab sich die Extink- tionskurve im Koordina- tensystem zwar dreht oder verse]fiebt, aber nicht ihren gesetzm~Bigen Charakter als Gerade im doppelloga- rithmisehen System /~n- dert. Wie dem auch sei, haben diese speziellen Ver- hMtnisse keinen EinfluB auf den hier vorgenom- menen Sorptionsvergleieh.

Die Einfiihrung des Extinktionskoeffizienten

in den Sorptionsvergleieh

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PZs~ans - Vulk~nschlamm

Abb. 4. Die q u a n t i t a t i v e n Z u s a m m e n h ~ n g e der Me- t h y l e n b l a u s o r p t i o n bei Z u s a t z yon P i s t y a n s Vttlkan- s c h l a m m zu 20 c c m einer 50 r a g - % i g e n Me thy l e nb l a u 16sung. (Die u n t e r h a l b der I t :urve bef ind l ichen Ordi- n a t e n s ind durch alas Pe lo id sorb ie r t , die oberha lb be- f ind l ichen s t ehen noch f re i in L 6 s u n g u n d s tehen f i i r

die L i c h t a b s o r p t i o n zu r Ver f i igung . )

ermSglicht, wie die Abb. 4 zeigt, einen quantitativen Uberblick fiber die sorbierten Farbstoffmengen. Mit Hilfe der Eichkurve in Abb. 3 li~Bt sich, wie es in Abb. 4 geschehen ist, eine Sorptionskurve zeichnen, welehe den Zusammenhang zwischen Grammen des zugesetzten Sorbens und der sorbierten Menge von Methylenblau darstellt. Es ergibt sieh eine an- n~hernd ,,parabolische" Kurve, welehe bei gr6Beren Mengen des zu- gesetzten Sorbens einem Grenzwert, anscheinend asymptotiseh, zustrebt. Die Abbildung ergibt z. B., dab 320 mg P.V. (Punkt A) 6,6 mg Methylen- blau (Punkt B) in dem beschriebenen L6sungsverhi~ltnis sorbiert hat, dab also noeh 3,4 mg ffei in L5sung zur Verffigung stehen (Streeke C D). Mit Hilfe derartiger Auswertungen l~Bt sich die Benrteilung des sorptiven Verhaltens eines Peloides in exakter und einfacher Weise durchffihren.

Nachdem nun die sorptive Wirkung am physikalisch-chemischen Modell sichergestellt und quantitativ auswertbar geworden ist, versuchten wit den biologischen EinfluB diese S(/rption. Z6rkendSr/er 1 hat Fr6sche in StrychninbKder eingeh/~ngt und festgestellt, dab Peloide, welche dem Bad zugesetzt wurden, Kri~fte entwickeln, welche der Resorption irgend-

1 Z6rkend6r/er, W.: Die typischen Eigenschaften der Peloide, S. 80. 1938. Z. f. d. ges. exp. ~vIed. 107. 53

800 W. Holzer und K. Eekeh

welcher Stoffe aus d e m Bade entgegenwirken. Die im folgenden ange- s te l l ten Versuche b a t t e n den Zweck zu zeigen, dab auch ohne Heran- z iehung einer Ver£nderung der Resorp t ionsbed ingungen der H a u t , d ie sorp t iven Eigenschaf ten der Peloide al lein ims tande sind, die beobach te t en Ph~nomene zu erkl~ren. Dabe i s tehen neben den Beobach tungen an sieh fiir uns die quan t i t a t i ven F r a g e n im Vordergrund.

Als Versuchsmaterial dienten Temporarien (Wintertiere). Die Tiere wurden nach dem Verfahren yon Scheminzky und K6"llensperger 1 mittels Kurzwellen de- zerebriert. Dieses Verfahren ermSglieht in eleganter Weise eine unblutige Ab- trennung des Groflhirns yon peripheren System, ohne dab anderweitige L~sionen gesetzt werden miissen. Die Fr6sche wurden mit einer Knoehenzange am SehAdel geial]t und in ein Bad yon 400 cem Fltissigkeit bis zum Processus xyphoideus ein- geh~ngt. Das Bad wurde jeweils mit verschiedenen Strychninmengen versetzt. Es zeigte sich nach einiger Zeit bei den eingeh~ngten FrSschen, yon denen immer zwei im gleiehen Bad waren, fiir die beginnende Strychninvergiftung typische ]~ber- erregbarkeit beim Zuckreflex nach Kneifen tier Zehen, was in Abst~nden yon 15 Se- kunden bei kurzen Versuchen, von 30 Sekunden bei l~ngeren Versuehen, dureh- gefiihrt wurden. Das Auftreten des ersten, einige Sekunden anhaltenden Stryehnin- tetanus wurde als Krampfeintritt markiert. Der Mittelwert der beiden, in einem Versuch eingeh~ngten, Tiere wurde mit anderen solchen Mittelwerten aus Parallel- versuchen zur Angabe verwendet. Es wurden je drei solche Parallelversuehe mit insgesamt 24 Frfschen gemacht. Die Tabelle 2 zeigt in der zweiten Zeile die Zeiten, welche bei verschiedenen Strychnlnkonzentrationen erforderlieh waren, um einen Krampfeintritt zu beobachten.

T a b e l l e 2. Zusammenhang zwischen der Strychninkonzentration (%) eines Bades, in

welches dezerebrierte Temporarien bis zum Processus xyphoideus eingehangt wurden mad der Zeit bis zum Eintri t t des Strychnlnkrampfes.

Stryehninkonzentration in % (Lfsungs- mittel Wasser) . . . . . . . . . .

Zeit bis zum Eintrit t des Strychnin- krampfes in Minuten . . . . . . .

0,2 0,1

3,5 6,5

0,05

11,0

0,025

20,0

Zur Unte r suchung der sorp t iven W i r k u n g d e s P.V., wurden nun Fr6sche in verschieden konzen t r i e r t e S t rychnin l6sungen gleichen Volu- mens e ingetaucht , welche vorher mi t je 30,7 g P.V. verse tz t waren. Diese gewithlte Pe lo idmenge ergab sich aus Vorversuchen zur Bes t immung der Wasse rkapaz i t~ t des ve rwende ten P.V. in einer Ab~nderung des S tanda rdve r fah rens von Benade3. Es sehien f l i t eine a d e q u a t e Genauig- ke i t in diesen Z u s a m m e n h a n g v611ig, zu geniigen, yon der Arbe i t svor - schr i f t der mehrt~igigen F i l t r a t i o n abzugehen und zur Bes t immung der in den folgenden Versuchen als Grundlage genommenen Wasse rkapaz i t~ t das Sed imen tvo lumen zu w~hlen.

Naeh Vorversuehen wurden 50 g Peloid mit je 37,5, 35,0, 3~,5 eem Wasser ver- setzt und verriihrt. Nach je einer Stunde wurde die HOhe des in gleiehen Probe-

I Scheminzky, F. u. F. KSllensperger: tffliigers Arch. 241, 38 (1938). Benade, W.: Moore, Sehlamme, Erden. Dresden u. Leipzig 1938.

Sorptionswirkung yon Peloiden. 801

rShrchen stehenden Wassers gemessen. Diese ergab bei 13 cm HShe des Sedimentes freie Wasserschichten yon 1,1 bzw. 0,7 bzw. 0,05 cm. 50 g Schlamm binden somit rand 32,5 ccm Wasser; es entspricht hinsichtlich der Bindung somit 1 g P.V. 0,65 ccm Wasser. Die Wasserkapazit~t wird diesem ~Vert gleichgesetz$ und ist somit nach .Benade 0,65. Dieser Weft liegt auch in dem Bereiche tier yon Benade ffir Mineral- peloide angegebenen Schwankungsbreite yon 0,3---0,7. Da nach Benade Torfe und organische Schlamme im Zustand voller Wassers/~ttigung gerade die, fiir thera- peutische Badezwecke geeignete, Konsistenz haben, bzw. nach..Angaben desselben Autors bis zu 125% der Wasserkapazit/~t praktisch angebreit werden, wird diese Schwankungsbreite des Wasserzusatzes fiir die folgenden Vergleiche zugrunde gelegt.

Die friiher beschriebenen Froschversuche wurden nun nach der gleichen Methodik an insgesamt 30 Fr6schen wiederholt, wobei wie erw/~hnt

Tabelle 3. Zusammenhang zwischen der Strychninkonzentration ( % ) eines Bades, welchem

5% seiner Wasserkapazit~t P.V. zugehetzt waren, und der Zeit bis zum Ein~ritt des Strychninkrampfes yon Temporarien, welche bis zum Processus xyph~)ideus in das Gemisch eingeh~ngt waren.

Strychninkonzentration in % Wasser plus 5% 0,125 0,063 der Wasserkapazitat Pistyans Vulkanschlamm 1,0 0,5 0,25

Zeit bis zum Eintritt des Strychninkrampfes in Minuten... . . . . . . . . . . . . . . . 3,5 6,5 12,5 16 33

und begriindet, dem Bade vorher 30,7 g P.V. zugesetzt wurden. Dieser Zusatz entspricht nur 5% jener Peloidmenge, welche Wasser unter Be- riicksichtigung der Wasserkapazit~t balneo- therapeutisch zugesetzt wfirden. Die Tabelle 3 zeigt die Zeiten, welche fiir den Krampfein- tritt erforderlich waren, wenn die Fr53che in StrychninlSsungen verschiedener Konzen- trationen eingeh~ngt wurden, wobei obige P.V. Menge dem Bade zugesetzt war.

Die Abb. 5 stellt die Zahlenwerte ohne Peloid (Tabelle 2) graphisch den Versuchen mit Peloid (Tabelle 3) gegeniiber. Wenn man bei einer bestimmten Strychnynkonzentration eine Horizontale zieht, so ergeben sich auf jeder Kt~rve je ein Schnittpunkt, deren Ab- szissen einen Vergleich zwischen der Krampf- zeit ohne und mit P.V. Zusatz ermSglichen. Bei konstanter Strychninkonzentration ergibt sich zwischen dem Bad ohne und mit P.V. eine VerzSgerung des Krampfeintrittes um das 3,08 bis 4,06fache, somit im Mittel um

% I I l I

I

I

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! 0 • 20 3g/4/~

Hi

Abb, 5. K r a m p f e i n t r i t t s z e i t e n yon T e m p o r a r i e n in Abh~ngig- k e i t yon der S t r y c h n i n k o n z e n - t r a t i o m (Ges t r i che l te K u r v e : B a 4 m i t Z u s a t z y o n 5 % de r W a s s e r k a p a z i t t t t an P i s t y a n s

Peloid; ausgezogene Kulw~: B a d ohne Peloid.)

das 3,5fache. Vergleicht man hingegen bei gleicher Badezeit die Strychnin- konzentrati0nen, so ergeben sich Wirkungsverh~ltnisse vom 4 5fachen. Diese VerzSgerungen des Krampfeintrittes durch die Wirkung des

53*

802 W. Holzer und K. Eckel:

Peloides sind um so fiberzeugender, als ja in unserem Falle nur 1/~ 0 (bzw., bei anderer Bewertung der Badekonzentration nach der Wasser- kapazit~tt, 1/30) jener Schlammenge, die fiir ein normales therapeutisches Bad mit einem Wassergehalt yon 100% (bzw. 125%) der Wasserkapa- zit~t notwendig w~re, verwendet wurde. Die Verh~ltnisse liegen unter therapeutischer Bedingung aber noch erheblich giinstiger.

Um jedoch den Sorptionsnachweis nicht nur auf der Untersuchung eines Farbstoffes und einer toxischen Substanz aufzubauen, wurde die Sorptionswirkung erg/inzend mit dem Alkaloid Pilocarpin untersucht. Durch Pilocarpin 1/~Bt sich eine rasche voifibergehende Erregung des

Abb. 6. K o n t r a k t i o n s k n r v e n eines Froschherzens . Obere K n r v e : Zei t in Sek lmden . Mit t lere K u r v e : K o n t r a k t i o n s v e r l a u f . U n t e r e K u r v e : Zusa tz einer Pi locarpinl6sung, 15 Tropfen

e iner 1%igen LSsung au f 20 ecru Ringer .

Herzens, dann aber eine L£hmung erzielen, die auf Beeinflussung vagaler, zum Tell auch sympathischer, im Verlauf der autonomen Nerven einge- schalteter Ganglienzellen beruht. Die Kontraktionen des Herzens wurden unter Verwendung eines Herz-Lungenpr£parates yon Esculenten, mit einem Sehreibhebel nach dem Suspensionsverfahren aufgezeichnet. ])as Herz wurde in ein Gef~B mit Frosch-RingerlSsung eingetaucht. Diese L5sung konnte gegen eine PiloearpinlSsung ausgetauscht werden, welcher wahlweise zur Sorption P.V. zugesetzt worden war. Die Abb. 6 zeigt einen derartigen Versuch mit unvorbehandelter Pilocarpin-RingerlSsung. Die mittlere Kurve stellt die Herzkontraktionen dar, w/~hrend die untere die Einwirkungsdauer einer LSsung angibt, welche in 20 cem Froseh- Ringer 15 Tropfen einer l%igen PilocarpinlSsung enthielt. Fast augen- blicklieh setzt bei dieser reinen PilocarpinlSsung eine starke Herab- setzung der Exkursionen ein; naeh kurzer anf/tnghcher Frequenzbeschleu- nigung zeigt sich eine Bradykardie mit kleinerwerdenden Kontraktions- wellen. Nach 45 Sekunden erfolgte in diesem Versueh ein Herzstillstand Die Abb. 7 zeigt denselben Versueh mit der gleiehen PilocarpinlSsung, jedoeh nach vorangegangener sorptiver Behandlung. Dazu wurden auf 20 ccm LSsung 8,5 g P.V., das ist 75% der auf die Wasserkapazit/~t be, zogenen Menge zusetzt, ausgeschiittelt und filtriert. Wie die Abb. 7 zeigt, bewirkt die sorptiv behandelte PilocarpinlSsung iiberhaupt keine merkliche Beeinflussung der Herzaktion. Die geringftigige Stufe in der

Sorptionswirkung yon Peloiden. 803

Kontraktionsstufe der Abb. 7 ist ohne physiologische Bedeutung, da sie in meehanischer Weise auf den Flfissigkeitswechsel zurfickzuffihren ist. Sie zeigte sich folgeriehtig aueh in Abb. 6..])as geringe Absinken der KontraktionshShe in Abb. 7 kann einerseits darauf zurfickgeffihrt werden, daI~ noeh geringe Mengen Pilocarpin nicht sorbiert wurden, wahrseheinlicher ist jedoch, dab diese geringffigige Abnahme der Kon- traktionshShe dem physiologisehen Verhalten des gew/~hlten Pr/£parates entspricht. Es konnte auch, zur Stfitzung dieser Erkl/irung, bei unvor- behandelten LSsung mit kleineren Pilocarpinzusi~tzen eine derartige geringe und langsam beginnende inotrope Wirkung nicht gefunden werden.

Abb. 7. K o n t r a k t i o n s k u r v e n eines Froschherzen . K u r v e n b e z e i c h n u n g wie in 2~bb. 6. Die v e r w e n d e t e P i loca rp in l f sung m i t 8,5 g P i s tyans V u l k a n s c h l a m m auf 20 ccm v e r s e t z t u n d

ausgeschi i t te l t .

Leerversuche zeigten auch, da$ Herzen in reiner RingerlSsung die gleiche Erseheinung aufweisen. In unseren Versuchen erfolgte beim Arbeiten des Herzens in der sorptiv behandelten RingerlSsung der Herzstillstand erst naeh 7--9 Min. Auch diese Versuche beweisen, da$ dem unter- suchten P.V. zweifellos eine kr/~ftige sorptive Wirkung zuzuordnen ist.

Die obigen Versuche bestatigen zunachst die grundlegenden Versuche von Z6rkend6r/er fiber die Kr/~fteentfaltung von Peloidb/~dern, welche der Resorption irgend welcher Stoffe aus dem Bad entgegenwirken und stellen einen quantitativen Vergleich ffir diese resorptionshemmende Wirkung dar. Obgleich Z6rkend6r]er die selektive Adsorption bei diesem Meehanismus erwogen hat, stellte er das Versuchsergebnis doch bevorzugt im Sinne einer hemmenden Beeinflussung der Resorption dar. Die folgen- den Versuche sollen zeigen, daB, zumindest in bestimmendem AusmaB, nicht so sehr die Resorptionsverh/~ltnisse (vor allem nicht die cutanen Res0rptionsverh/~ltnisse), sondern die Sorptionsverh/~ltnisse bei dieser Art dex Peloidwirkung im Vordergrund stehen.

Die Frage der Unterscheidung zwischen Hautresorption und Sorptions- vorg/~ngen im Peloidbad wurde dadurch zu entscheiden versucht, dab die Hautresorption durch Injektion der fraglichen Substanz in den KSrper eines Warmblfiters umgangen, und somit ausgeschaltet wurde. Als Versuchstiere wurden weiBe M~use des gleichen Wurfes von 12 g KSrpergewichtes verwendet. Ffinf M/~use bekamen je 0,04 mg Strychnin

804 W. Holzer und K. Eekel:

subcutan in den Riicken injiziert. Im Mittel t ra t in 105 Sekunden nach kurzen Strychninkr/~mpfen der Tod ein, wobei ein eharakteristisehes kurzes Stadium der l~bererregbarkeit vorangegangen war. Die ver- wendete StrychninlSsung wurde nun auf je 20 ccm mit 1 g P.V. ausge- schiittelt und klar filtriert. Einer Reihe yon je ffinf Miusen wurde yon diesem Filtrat die gleiche Menge wie im vorhergehenden Versuch injiziert. Das Ergebnis war eindeutig. Alle Miuse, welche die sorptiv vorbehandelte LSsung injiziert erhielten, iiberlebten die Injektion ohne zeitliche Be- gTenzung. Sogar das Stadium der ~bererregbarkeit konnte nicht beob- aehtet werden.

Um zu beweisen, dab nieht der Filtervorgang einen Teil des Strychnins unwirksam maeht, wurde folgender Versueh ausgefiihrt: M/~usen wurden je 4 nag Stryehnin in 1%iger LSsung injiziert. Diese Lfsung wurde aus einem Filtrat hergestellt, dessen Zusatz yon P.V. auf eine Wasserkapazit/~t von 125% bezogen war, also yon der Konsistenz eines normalen Bades war. Auch diese Miuse, welehe also fund die 100fache Dosis letalis (f) injiziert erhielten, iiberlebten dauernd den Versuch. H~tte d e r Filter- vorgang einen Teil der StrychninlSsung adsorbiert, so miiflte bei einer derart hohen Konzentration die RestlSsung noch konzentriert genug sein, um mit Sieherheit toxische Wirkungen zu entfalten. Aueh Leerversuche mit einfacher Filterung ohne P.V. bestitigten diese Annahme.

Um die Versuche nieht nur auf eine Tierart zu beschr/~nken, wurden die gleichen Versuche aueh an Katzen ausgefiihrt. Eine Katze wurde mit der letalen Dosis Stryehnin intramuskulir injiziert. Die zweite Katze erhielt die 10fache letale Dosis, welche jedoch mit P.V. ausgeschiittelt war, und dann filtriert worden war. Aueh diese Versuche zeigten, daft die Katzen, die mit dem sorptiv vorbehandelten Filtrat injiziert wurden, v611ig unbeeinfluft blieben.

All diese Injektionsversuche beweisen somit, da f im Sinne unserer Annahme dem untersuchten P.V. hohe sorptive Wirkungen zuzusehreiben sind, so da f es nieht notwendig erseheint, zur Aufkl/~rung der Versuche am Froseh eine Beeinflussung der Hautresorption als prim/~r im Vorder- grund stehend anzunehmen. Es scheint uns vielmehr bewiesen, daft die sorptiven Eigensehaften des untersuehten Peloides allein imstande sind, die beobachtete, ,,entgiftende" Wirkung qualitativ und quantitativ zu erkliren.

Zusammenfassung. 1. Die sorptive Wirkung yon Peloiden wurde an einer klinischen

erprobten Substanz, nimlich Pistyans Vulkanschlamm untersucht. Sor- biert wurde Methylenblau. Als Vergleichssorbens diente Carbo medicinalis Merck. Es besteht kein konstantcs Wirkungsverh~ltnis bei verschiedener Menge des verwendeten Peloides zu der entsprechenden Mengen des Vergleiehssorbens.

2. Das Verh~ltnis der jeweils sorbierenden Peloidmengen zu der Menge der Vergleichssubstanz yon gleicher sorptiver Wirkung ffir die betreffende

Sorpgionswirkung yon Peloiden. 805

zu sorbierende Substanz wird als Sorptionszahl definiert. Diese entspricht dem ersten Differentialquotienten derjenigen Kurve, welche erhalten wird, wenn man die zugehSrigen Mengenwerte von untersuchtem Peloid nnd Standardsorbens in einen karthesischen System so auftr~tgt, daft die Untersuchungswerte gleich den Abszissen, die Standardsorbenswerte gleieh den Ordinaten werden. Die also gefundene Sorptionszahl ist konzentrationsabh~ngig.

3. In mittleren Bereichen entsprechen gleichbleibende Mengenunter- schiede des untersuchten Peloides ebenfalls gleichbleibenden Mengenunter- schieden des Standardsorbens. In diesem Bereich l£13t sich eine ffir prak- tische Sorptionsvergleiche gfiltige Vergleichszahl folgendermaBen deft- nieren: In den Bereichen, in welchen die Sorptionsmengenkurve sich durch eine Gerade ann~hern l~13t, ist die Neigung dieser Geraden eine, in diesen Bereichen mengenunabh~ngige, chara~teristische Zahl ffir die Sorptions- kraft des untersuchten Stoffes gegenfiber dem Vergleichssorbens. Auf keinen Fall aber ergibt ein Vielfaches einer Peloidmenge bei der Farb- sorption den gleichen Farbton wie das gleiche Vielfache der entsprechenden Standardsorbensmenge. Untersuchungen fiber den Extinktionskoeffi- zienten der sorptiv behandelten LSsungen ergaben das gleiche Verhalten. Mit Hilfe yon Standardkurven fiber den Extinktionskoeffizienten l~13t sicb das Tasten nach L6sungen gleichen Farbtones vSllig vermeiden und die.Bestimmung einer Sorptiosnkurve rasch und exakt durchffihren. Ein Beispiel einer derartigen Auswertung an dem untersuchten Peloid zeigt, dab es auf diese Weise m6glich ist, jeweils die sorptiv gebundene sowie die noch in LSsung freie Farbstoffmenge anzugeben.

4. Ffir das untersuchte Material (Pistyans Vulkanschl(~mm) ergibt slob, dal3 im Mittel 26,5 g des Peloides als Stufendifferenz die gleiche sorptive Wirkung entfalten wie 1 g des Standardsorbens Carbo medi- cinalis Merck. Im Sinne obiger Definition stellt somit 26,5 den Diffe- rentialquotienten der Sorptionsmengenkurve dar, ist also die Sorptions- zahl im mittleren Bereich.

5. ])as untersuchte Peloid vermag, gemessen an in StrychninlSsungen eingeh~ngten, mit Kurzwellen dezerebrierten Temporarien das Strychnin wirksam zu sorbieren. Bei konstanter Konzentration betr~gt durch die Peloidwirkung die Verz6gerung der Krampfeintrittszeit das 3--4fache, bei gleicher Wirkungszeit betr~gt das Strychninmengenverh~ltnis mit und ohne Peloid das 4 5fache.

6. Das untersuchte Peloid vermag ~hnliche sorptive Wirkungen gegen- fiber dem Alkaloid Pilocarpin auszufiben. Die Wirkung wird an der vagotropen, vornehmlich negati~ inotropen Wirkung am Herz-Lungen- pr£parat yon Eskulenten gezeigt.

7. Die Injektion yon sorptiv vorbehandelten toxischen LSsungen gibt den experimentellen Weg, zu .entscheiden, ob es sich primer um eine Beeinflussung der Resorption oder, um eine sorptive Bindnng handelt. Versuche an weil3en M~usen zeigen, dab sorptiv vorbehandelte L6sungen

806 W. Holzer und K. Eckeh Sorptionswirkung yon Peloiden.

yon Strychnin auch noeh "in 100faeher Dosis letalis fiir die Tiere voll- kommen atoxisch geworden sind. Prinzipiell die gleichen Erscheinungen lassen sich an Katzen nachweisen. Die Befunde sind also keineswegs nur an bestimmte biologisehe Experimentalbedingungen geknfipft, so daI~ die Annahme nahe liegt, den sorptiven Eigenschaften auch balneo- therapeutische Wirkungen bestimmender Art zuzuordnen.

8. Alle Versuehe beweisen, dab dem untersuchten Peloid in hohem Grade sorptive Wirkungen zuzuschreiben sind. Mit Rficksicht auf die mehrfaehen Beobaehtungen fiber sorptive Wirkungen an anderen Peloiden, l~flt sich schlieBen, dab die beobaehteten Erscheinungen mit quanti- tativen Untersehieden allgemeine Eigenschaften yon Peloiden darstellen. Die balneotherapeutisehe Bedeutung dieser sorptiven Eigenschaften seheint uns im Sinne der Deutung yon Schade darin zu liegen, dab die sorptiven Eigensehaften als physikaliseher Meehanismus einen der bestimmenden Faktoren der therapeutischen Peloidwirkung darstellt. Nieht eingegangen wird bei dieser Untersuehung auf die Tatsache, dab die hier ins Auge gefaflte Sorption ein sehr komplexer Vorgang ist. Man darf dabei keineswegs nur an eine meehanische Grenzfl~chenadsorption denken, welebe ann~bernd der aktiven Oberfl~ehe allein verh~ltnisgleich ist. Es gibt ja ,,zahlreiehe Pulver, welehe bei denkbar grSBter Oberfl~che keine Spur eines oberfl~ehenaktiven Nichtelektrolyten adsorbieren, z. B. das Eisenoxyd und Kaolin" ( M i c h a e l i s und Rona). Die Sorption ist also nieht nut ein mechaniseh faflbarer oberfl~chenaktiver Prozel3, sondern aueh ein dutch die ehemisehe BindungsmSglichkeit an der dar- gebotenen Oberfl~ehe bestimmend regulierter Vorgang. Diese Auffassung seheint uns eine Briieke yon der rein chemisehen Auffassung des Wirkungs- meehanismus yon Peloiden und der rein sorptiven Auffassung zu schlagen. Neben der theoretisehen Kl~rung der Sorptionsverh~ltnisse und unmittel- baren balneotherapeutisehen Bedeutung dieser Befunde scheinen uns die sorptiven Wirkungen in der Balneologie von hygienischer Bedeutung, da sie zumindest in Analogie imstande sind, die Seltenheit yon Infektions- iibertragungen durch Peloide durch Bindung yon Bakterien und Toxinen zu erk]~ren. Dariiber hinaus erseheinen uns die Befunde fiir die Frage der Grundwasserreinigung und damit fiir die allgemeine Hygiene der Bodenkunde yon Interesse. Diese Vermutung gewinnt dadurch Boden, daB W o o d m a n s e y z u n d Uher 2 das Sorption'svermegSn von Peloiden gegen- fiber Bakterienaufsehwemmungen geprfift hat und eindeutig Sorption his fast zur praktisehen Sterilit~t festgestellt hat. Ferner scheint uns der neuerliehe Nachweis der sorptiven Wirkung im Hinblick auf die innerliehe Anwendung yon Hei]erden im Sinne yon K u n z e und Vogel a

yon Bedeutung.

1 Woodmansey, A. : Arch. med. Hydrol. (Brit.) 14, 162 (1936). - - 2 V. Uher, Prel3burger ~rztliche BlOtter, 1930, N. 7. -- a Kunze, R. u. Vogel: Balneologe 8, 80 (1936).