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W. Klemm, K. Meisel u. H. U. v. Vogel. Sulfide der seltenen Erden 123 Uber die Sulfide der seltenen Erdenl) Von WILHELM KLEMM, KARL MEISEL und HANS ULRICH v. VOGEL~) Mit 3 Wguren im Text Von den Sesquisulfiden der seltenen Erden ist das schon von MOSANDER~) beschriebene Cersulfid am Iangsten bekannt. MUTHMANN und STUTZEL~) gaben &ne bequeme Darstellungsmethode fur die Sesquisulfide der ersten vier Lanthaniden, niimlich die Reduktion der wasserfreien Sulfate mit Schwefelwasserstoff. AuBerdem ist uber die Sulfide einzelner Cererden von DIDIER~) , MOISSAN~), STERBA~), MATICNON~) und ERDMANN und WIRTH~) gearbeitet worden; die er- haltenen Ergebnisse sind nicht widerspruchsfrei. Das sohon von BERZELIUS vermutetc Cerdisulfid sowie das Lanthan- und Praseodymdisulfid wurden von W. BILTZ~O) entdeckt ; dieser erhielt bezugl. der Sesquisulfide von La, Ce, und Pr in einigen Punkten von MUTHMANN und STUTZEL abweichende Ergebnisse. In neuester Zeit wurde von KLEMM und ROCKSTROH~~) das Sama- riumsesquisulfid dargestellt und Widerspruche in der Literatur auf- gekllirt. Dabei ergaben sich Anzeichen fur die Existenz eines Sama- riumdisulfids. 1) Vorgetragen bei der Tegung der nordwestdeutschen Chemiedozenten in Gottingen, Pebruar 1929; vgl. Z. angew. Chemie 47 (1929), 481. 2, ffber den Anteil der Verfasser an der vorliegenden Untersuchung sei bemerkt : Den rontgenographischen Teil fuhrte K. MEISEL durch, den chemischen H. U. v. VOQEL (Dip1.-Arbeit,Hannover 1929) unter Leitung des Unterzeichneten. 3, BERZELIUS, Lehrbuch der Chemie, Bd. 11, Abt. 1, S. 418. (WoHLER’SChe W. KLEMM. tfbersetzung von 1826.) ‘) MUTHMANN U. STUTZEL, Ber. 32 (IS%), 3413. :) DIDIER, Compt. rend. 100 (IS%), 1461; 101 (1885), 882. €) MOISSAN, Compt. rend.131(1900), 924; Ann. chim. phys. (7)22 (1901),112. ?) STERBA, Ann. chim. phys. (8) 2 (1904), 212. ‘j) MATIGNON, Ann. chim. phys. (8) 8 (1906), 413. *) ERDMANN u. WIRTH, Lieb. Ann. 361 (1908), 215. lr) W. BILTZ, Ber. 41 (1908), 3341; Z. anorg. Chem. 71 (1911), 427. 11) KLSNM u. ROCKSTROE, Z. anorg. u. aIlg. Chem. 163 (1927), 263.

Über die Sulfide der seltenen Erden

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Page 1: Über die Sulfide der seltenen Erden

W. Klemm, K. Meisel u. H. U. v. Vogel. Sulfide der seltenen Erden 123

Uber die Sulfide der seltenen Erdenl) Von WILHELM KLEMM, KARL MEISEL und HANS ULRICH v. VOGEL~)

Mit 3 Wguren im Text

Von den Sesquisulfiden der seltenen Erden ist das schon von MOSANDER~) beschriebene Cersulfid am Iangsten bekannt. MUTHMANN und STUTZEL~) gaben &ne bequeme Darstellungsmethode fur die Sesquisulfide der ersten vier Lanthaniden, niimlich die Reduktion der wasserfreien Sulfate mit Schwefelwasserstoff. AuBerdem ist uber die Sulfide einzelner Cererden von DIDIER~) , MOISSAN~), STERBA~), MATICNON~) und ERDMANN und WIRTH~) gearbeitet worden; die er- haltenen Ergebnisse sind nicht widerspruchsfrei.

Das sohon von BERZELIUS vermutetc Cerdisulfid sowie das Lanthan- und Praseodymdisulfid wurden von W. BILTZ~O) entdeckt ; dieser erhielt bezugl. der Sesquisulfide von La, Ce, und Pr in einigen Punkten von MUTHMANN und STUTZEL abweichende Ergebnisse.

In neuester Zeit wurde von KLEMM und ROCKSTROH~~) das Sama- riumsesquisulfid dargestellt und Widerspruche in der Literatur auf- gekllirt. Dabei ergaben sich Anzeichen fur die Existenz eines Sama- riumdisulfids.

1) Vorgetragen bei der Tegung der nordwestdeutschen Chemiedozenten in Gottingen, Pebruar 1929; vgl. Z. angew. Chemie 47 (1929), 481.

2, ffber den Anteil der Verfasser an der vorliegenden Untersuchung sei bemerkt : Den rontgenographischen Teil fuhrte K. MEISEL durch, den chemischen H. U. v. VOQEL (Dip1.-Arbeit, Hannover 1929) unter Leitung des Unterzeichneten.

3, BERZELIUS, Lehrbuch der Chemie, Bd. 11, Abt. 1, S. 418. (WoHLER’SChe W. KLEMM.

tfbersetzung von 1826.) ‘) MUTHMANN U. STUTZEL, Ber. 32 (IS%), 3413. :) DIDIER, Compt. rend. 100 (IS%), 1461; 101 (1885), 882. €) MOISSAN, Compt. rend.131(1900), 924; Ann. chim. phys. (7)22 (1901),112. ?) STERBA, Ann. chim. phys. (8) 2 (1904), 212. ‘j) MATIGNON, Ann. chim. phys. (8) 8 (1906), 413. *) ERDMANN u. WIRTH, Lieb. Ann. 361 (1908), 215. lr) W. BILTZ, Ber. 41 (1908), 3341; Z. anorg. Chem. 71 (1911), 427. 11) KLSNM u. ROCKSTROE, Z. anorg. u. aIlg. Chem. 163 (1927), 263.

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124 W. Klemm, K. Meisel und H. U. v. Vogel

Uber die Sulfide der Yt te rerden finden sich in der Literatur nur Angaben iiber Y,Sal).

Es waren eine Reihe von Griinden, die uns veranlaBten, die Sulfide der seltenen Erden neu zu untersuchen; insbesondere inter- essierte uns der Verlauf der Molekularraume mit der Ordnungseahl, der Magnetismus und die Konstitution der Disulfide von der Brutto- formel MeS,.

I. Molekularvolumina und Farbe

Bezuglich der Molekularriiume wollten wir die Ergebnisse, die V. M. GOLDSCHMIDT und G. v. HEVESY an den Oxyden bzw. Sulfat- oktohydraten der seltenen Erden gefunden hatten, weiter verfolgen. Bei den genannten Verbindungen sind wegen der geringen Polarisier- barkeit des Anions die Eigenschaften der Kationen besonders einfach zu verfolgen. Nach v. HEVESY~) fallt das Molekular- volumen der Sulfat- Oktohydrate naheeu gane regelmiiBig von der La- em Cp-Verbindung ab (vgl. Fig. 1); bei den Oxyden treten nach GOLDSCHMIDT~) drei &istallarten (A, B, C) auf, von denen man nur fiir die Formen A und C die Dichten sicher kennt; innerhalb dieser beiden Einzelreihen tritt der bei den Sulfaten ge- fundene Abfall der Molekularvolumina ebenfalIs deutlich hervor. Aus den Oxyden ermiitelte GOLDSCHMIDT dann die in Tabelle 1 ange- gebenen Werte fur die Ionenradien der Kationen, die vom La+++

Tabelle 1 Ionenradien (nach GOLDSCIIMIDT)

Sc+++ 0,83 Y+++ 1,06 La+++1,22

Ce+++ 1,18 Pr+++ 1,16 Nd+++ 1,15 61 - Sm+++1,13 Eu+++ 1,13 Gd+++l,ll Tb+++ 1,09 Dy+++ 1,07 Ho+++ 1,05 Er+++ 1,04 Tu+++ 1,04 Yb+++ 1,OO Cp+++ 0,99

zum Cp+++ regelmiiBig abfallen. Dies ruhrt daher, daB mit fort- schreitender Ordnungszahl die Wirkung, die das Ansteigen der Kern- Jadung auf die iiuBeren Elektronen ausiibt, durch den Einbau der hineutretenden 4,-Elektronen4) nicht vollstandig ausgeglichen wird.

Vergleicht man die Molraume der Oxyde USW.~) mit denen der Chloride, so zeigt Fig. 1, daB die Verhaltnisse offenbar anders liegen,

1) POPP, Ann. 131 (1864) 359; CLEVE, Bull. SOC. chim. (2) 21 (1874) 344. z, G. V. HEVESY, Z. anorg. u. allg. Chem. 147 (1925), 228; 150 (1925), 68. 3) V. M. GOLDSCHMIDT, Osloer Akademieber. 1 (1925), 5 u. 7. 4) Altc Ziihlung; in der Wellenmechanik wiire n = 4, I = 3 zu setzen. 5, dhnlich wie die Sesquioxyde verhalten sich aurh die Dioxyde, die Tri-

fluoride und Magnesiumdoppelnitrte, die ebenfalls in Fig. 1 verzeichnet sind.

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tfber die Sulfide der seltenen Erden 125

MO Vo%

250 tcm

240

230

80

M

60

Magnesiumdoppelni- trate nach JANTSCH, Z. anorg. Chem. 76

30 sr.... Y - -La pr 61 ti/ D HO z, 0~ Ce No' Sm Gd @ Er Yb

Fig. 1. Molekularvolumina verschiedener Verbindungen der seltenen Erden Ok tohydrosu l f a t e 0 nach v. HEVESY, Z-anorg. u. allg.Chem.150(1926), 68. Sesquisulfide 0 und Disu l f ide 0 vgl. diem Abhandlung. Trichloride x nachBom~oN,Ann.chim. phys.(8)20(1910),647;21(1910) 83. + ,, &TIONON, Compt. rend. 140 (1906), 1339.

@ ,, BAXTER u. CHAPIN, Z. anorg. Chem. 70 (1911), 1 bzw. ,, BAXTER u. HAWKINS, J. Am. Chem. SOC. 38 (1916), 269.

0 ,, HOPKINS u. DRIOGS, J. Am. Chem. SOC. 47 (1924), 363. 0 ,, K ~ M M u. ROCKSTROH, Z. anorg. u. allg. Chem. 162 (1926),

248; 176 (1928), 194. ,, E P H R A ~ u. BLOCH, Ber. 69 (1926), 2698.

9 ,, KLEIBEEKSEL u. KREMERS, J.Am.Chem. Soc.60( 1928),9Sa. Bei den mit einem punktierten Kreia umgebenen Werten scheint eine Nachpriifung not-

wendig, ob nicht Qemische verschiedener Modiflkationen gemessen worden Bind. Dichloride nach KLEMM u. ROCKSTROE, Z. anorg. u. allg. Chem. 176 (1928),

Sesquioxyde ,, GOLDSCHMIDT, zitiert nach v. HEVESY ,,Die seltenen

Dioxyde 0 nach GOLDSCHMIDT; der Wert f i i r die Gitterkonstante von TbO, ist im Einverstiindnis mit Hm. GOLDSCHMIDT nicht auf 5,10, sondern auf 6,15 A extrapoliert. Fiir HfO, ist das Mo1.-Vol. von ZrO, eingesetzt, da HfO, in der Eluoritform nooh nicht gemessen ist.

194 bzw. KLEMM u. SCHUTE, ebenda 184 (1929), 352.

Erden . . .", Berlin 1927. x Form A. 0 Form B (interpolierte Molekularvolumina). Form C.

Trifluoride 0 nach OFTEDAL, Z. phys. Chem. B 5 (1929), 272.

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126 W. Klemm, K. Meisel und H. U. v. Vogel

wenn man Verbindungen mit starker polarisierbareri Anionen be - trachtet. Bei den Chloriden findet sich der Abfall der Molraume nur vom LaC1, bis zum GdC1,; beim DyC1, und HoCl, tritt ein spitzes Maximum auf ; HoCl, scheint auBerdem in einer engriiumigeren Modi- fikation zu existieren; weiterhin erfolgt nun kein Abfall mehr, sondern ein Anstieg. Diese Ergebnisse lassen sich nun allerdings noch nicht auswerten, denn man weiB nichts uber die Zahl der Kristallarten, die hier in Frage kommen; auI3erdem ist bei keiner der Messungen ge- nugend Vorsorge getroffen, um wirklich ,,physikalisch" reine Stoffe zu erfassen. Jedoch scheint sichergestellt, daB der Verlauf der Mol- riiume bei den Chloriden kompliaierter ist als das bei den Oxyden und Sulfat- Oktohydraten.

Das S-Anion ist, ebenso wie das Cl-Ion, groBer und starker de- formierbar als das O-Ion; man durfte daher erwarten, auch hier charak- teristische Abweichungen von dem Verhalten der Oxyde zu erhalten.

Wir haben daher, wie im Versuchsteil naher beschrieben ist, von den uns zuganglichen Erden die Sulfide durch Einwirkung von trockenem reinem H,S-Gas auf die Sulfate baw. Chloride bei 600 bis 1000° hergestellt. Zur Verfugung standen uns La-, Ce-, Pr-, Nd- Priiparatevonder Auer ge s e 11s c haf t , Sm-, Dy-, Er-, Yb- Salze von dem inzwischen verstorbenen Freiherrn AUER v. WELSBACH, Gd,O, durch Herrn Prof. JANTSCH. Die Reinheit diirfte bei allen Priiparaten hin- reichend gewesen sein; denn, wie Tabelle 5 zeigt, entspricht der Mag- netismus den besten Literaturwerten. Nur Yb,O, enthielt, wie an anderer Stelle auseinander gesetzt istl), nicht unerhebliche Mengen ( N Solo) Cp,O,. Die Praparate von Sc,O, und Y,O, sind die bereits friiher2) benutzten; das verwendete Sc,O, war rein, das Y,O, enthielt dagegen noch Verunreinigungen an Terbinerden (0,5-1 O/J.

Die erhaltenen Sesquisulfide lieBen sich, wie Tabelle 2 zeigt, schon nach der F a r b e i n zwei Gruppen teilen. Wiihrend man bei den Oxyden ein periodisches Auftreten von farblosen (Anfang, Mitte und Ende) und farbigen Gliedern findet, sind - abgesehen vom La,S, - alle Sulfide bis zum a-Dy,S3 schwarzrot bis dunkelbraun ge- farbt, ohne daB sich eine periodische Anderung erkennen lieBe3). Beim

l) KLEMM u. SCHUTH, Z. anorg. u. allg. Chem. 184 (1929), 353. 2, W. BILTZ u. KLEMM, Z. anorg. u. allg. Chem. 131 (1923), 32; 152 (1926), 230. 3, Auch die Oxysulfide scheinen sehr iihnliche Farben zu besitzen; wir

fanden kanariengelbe Oxysulfide beim Pr, Sm, Gd und Dy. Beim Ce so11 sich nach STERBA durch Erhitzen von CeO, in feuchtem H2S-Gas ebenfalls ein gold- gelbes Oxysulfid bilden; wir beobachteten, dai3 Ce,S, mit 24O/ , Oxyd rot ist (vgl. auch Versuchsteil).

Page 5: Über die Sulfide der seltenen Erden

tfber die Sulfide der seltenen Erden

goldgelbbraun dunkelbraun

127

3nc; 3ne 2 pn; 2 pi; 2 pl

Tabelle 2 Farbe der Oxyde und Sulfide

Pr

Nd Sm Gd Dy

Oxyd

hellgrunlich

bliulich gelblich farblos farblos

Sesquisulfid

1 ec; 1 gc; 1 ea

8ai: 8 6

hellgelbl)

farblos

dunkelbraun4)

dunkelbraun dunkelbraun dunkelbraun

,qrauviolette) a d~nkelrotbraun~)

p ielb bis braun7) hellocker leuchtend gelb rcelb reuchtend gelb

6 k ' 106O/, 5nl 98% 6nl; 6ni

6 Pl 7 Pg 6ng

lOnl

2 la 2 la

2ia; l i a 21a; 21c

~-

____- ! Dy,S, treten zwei Formen auf*); /?-Dy,S, und die folgenden Glieder sind hell gefiirbt (ocker bis zitronengelb).

Die angegebenen Fmben gelten jedoch nur fur Praparate, die ganz oder nahezu frei von Oxyd bzw. Oxysulfid sind. Wir beobachteten mehrfach, da13 Priiparate, die einige Prozent Oxyd enthielten, in der Farbe von den reinen Sulfiden auffiillig verschieden waren. Besonders deutlich war dies beim Pr& wie nachstehende Zusammenstellung zeigt :

Oxydgehalt in o/o Farbe 0 dunkelbraun 2 dunkelbraun 5 kanariengel b 6 kanariengelb

-zo,s gelb (nach W. BILTZ) Dem Sprung in der Farbe entspricht, wie die in Fig. 2 angegebenen Rant-

gendiagramme zeigen, ein Wechsel im Gitter; es scheint so, als ob es zwei energetisch wenig verschiedene Formen von Pr2S3 gabe, von denen die eine, an sich unstabile, durch die Gegenwart yon wenig Oxyd stabilisiert wird. Ahnliche

1) 24teiliger Farbkreis. z, Ein Priiparat, das sehr lange auf 10000 erhitzt war, sah hellorange

3) Oxydhaltige Priiparate waren rotstichig. 4) Oxydhaltige Praparate waren kanariengelb (1 pc bzw. 1 nc). 5 ) Aus Sulfat. 6) Nach Tempern der /3-Fom auf 1000°. 7, Da das Priiparat zum Teil &us der a-Fom bestand, kann die genaue

Die ,%Form konnte allerdings noch nicht ganz frei von a-Form erhalten

(4ic) &US.

Farbe der B-Form nicht angegeben werden.

werden; Naheres im Versuchsteil.

Page 6: Über die Sulfide der seltenen Erden

128 W. Klemm, K. Meirrel und H. U. v. Vogel

p braun

B ge/b I , t , l i l , E I , E, I , ,I I I, 1 1 1 I

I I I I I , I 14 v I 1 1 , A

Die durch die Farbe angezeigte Einteilung der Sulfide in eine u- und eine j3-Reihe bestiitigte sich bei der rontgenographischen

* enthielt noch a-Fom; die durch punktierte Striche gekennzeichneten Linien stammen mijglicherweise von dem Gehalt an a-FOm

Fig. 3. Debyeogamme der Sulfide der seltenen Erden. Die Verbindungen sind nach fallendem Ionenradius des Katioss geordnet

Untersuchung. Pulveraufnahmen der erhaltenen Priiparate (vgl. Fig. 3) zeigten, daB alle Glieder der a-Reihe den gleichen oder sum mindesten einen sehr Bhnlichen Aufbau haben miissen; die erhaltenen Diagramme waren sehr linienreich und einander sehr iihnlich ; wegen eines ziemlich erheblichen Schleiers wiuen die Einzellinien nicht sehr

Page 7: Über die Sulfide der seltenen Erden

Zfber die Sulfide der seltenen Erden 129

gut zu erkennen. In der j3-Reihe dagegen erhielt man weniger linien- reiche Aufnahmen ; die Einzellinien traten jedoch vie1 starker hervor ; die Aufnahmen waren sowohl von denen der a-Reihe wie auch unter- einander verschieden.

Man kann demnach auf Grund der Rontgenaufnahmen annehmen, daB die Gitter der ci-Reihe unter sich sehr ahnlich, vielleioht sogar isomorph und damit vergleichbar sind, daB aber in der j3-Reihe von einem Vertreter zum anderen ziemlich erhebliche Verschiedenheiten auftreten. Jedoch zeigen sich andererseits auch gewisse Ahnlichkeiten, die darauf hinzuweisen scheinen, daB doch irgendein innerer Zusammen- hang ewischen den verschiedenen Strukturen der j3-Reihe besteht.

In den Molekularri iumen (Tabelle 3 und Fig. 1) verhalten sich die Glieder der cc-Reihe genau wie die Sulfat-Oktohydrate, Oxyde und Fluoride bzw. die Anfangsglieder der Chloride; d. h. das Molekular- volumen fellt mit steigender Ordnungseahl des Kations. In der /3- Reihe dagegen weicht die erhaltene Kurve von der der Oxyde usw. ab und gleicht eher der der Chloride; die Molekularraume von B-Dy,S, und Er,S, scheinen etwa gleich zu sein; vom Er,S, zum Yb,S3 steigt das Molvolumen.

Tabelle 3 Molekularvolumina der Sesquisulfide s c 64,4

Y 72.2

Ce 73,Q Pr Tb - I)y

La 77;l 72,2 Nd 72,l GI - Sm 68,2 Eu -- Gd 60,7 CI 65,O Ho - Er 71,3 Tu - Yb 73,li Cp - B 3 692

Dieses Verhalten der /?-Reihe in bezug auf Raumbeanspruchung und Rontgendiagramm zeigt, da8 die letztgenannten drei Sulfide in ihrem Aufbau voneinander verschieden sein miissen. Man hat den Eindruck, als ob vom Dy+++ an, d. h. bei den kleinsten Ionen, die polarisierende Wirkung des Kations auf das Anion so groB wiirde, daB sie eum bestimmenden Faktor im Gitterbau wird und daB so ein stark individuelles Verhalten vorliegt. Es drangt sich hier ein Ver- gleich mit den Erdalkalihalogeniden auf. Bei diesen haben die Fluo- ride (wenig polarisierbares Anion!) die Gitteranordnung, die aus dem Badienverhdtnis von Anion und Kation bei Annahme von nahezu starren Kugeln vorherzusagen istl) ; bei den Chloriden, Bromiden und Jodiden dsgegen (starkere Polarisierbarkeit des Anions) finden sich

Vgl. GOLDSCHMIDT, Ber. GO (1927), 1270. 2. anorg. u. allg. Chem. Bd. 190 9

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130 W. Klemm, K. Meisel und H. U. v. Vogel

konipliziertere Strukturenl), deren Aufkltirung zum grol3en Teil noch nicht gelungen ist.

Andererseits weisen die obengenannten Ahnlichkeiten in den Diagrammen der einzelnen Sesquisulfide der P-Reihe aber doch darauf hin, dal3 vom p-Dy2S3 zum Yb,S3 irgendwelche gesetzmaBige Ande- rungen erfolgen; es scheint denkbar, dal3 es sich um den allmilhlichen Ubergang in eine bestimmte Struktur (Schichtengitter ?) handelt. Dafiir spricht, dal3 bei weiterer starker Verkleinerung des Kationen- radius (Sc,S,) eine wesentliche Anderung in den Hauptlinien des Diagramms nicht mehr auftritt ; beim Yb,S3 wurde demnach die neue Gitterform ausgebildet sein und beim Sc,S, bestehen bleiben. Dem entspricht auch, daB das Molvolumen vom Yb2S3 Bum Sc,S, nicht mehr ansteigt, sondern wieder fiillt. Auch hierin verhalten sich die Chloride2), soweit man es bisher ubersehen kann, ganz ahnlich.

Die Eigenschaften der Y -Verbindungen sind beim Chlorid3) und Sulfid die erwarteten. Beide sind in bezug auf das Molvolumen dem Dy- und Ho-Salz sehr ahnlich, genau wie es von GOLDSCHMIDT fur das Oxyd und van v. HEVESY fiir das Sulfat-Oktohydrat fest- gestellt war; im Rontgenbild zeigt sich dementsprechend fur Y2S3 eine Art Zwischenstellung zwischen hem Dy- und Er-Sulfid.

In der Tabelle 4 sind schliel3lich die Ionenrad ien - Quo t i en ten zusammengestellt. Die Kristallart C der Oxyde tritt in einem recht grol3en Quotientenbereich (0,86.. 0,63) auf. In etwa den gleichen Bereich fallen die Quotienten fiir die Sulfide der a-Reihe (0,70 . . .0,62). Wir haben daraufhin vermutet, daB die Form a der Sulfide der der C-Form der Oxyde ahnlich ware. Wenn auch entscheidende Schlusse auf Grund von Pulveraufnahmen allein nicht gezogen werden konnen, so sind doch die Diagramme der a-Reihe der Sulfide von der Kristallart C der Oxyde (vgl. Fig. 3) so stark versohieden, daB es nicht wahrsoheinlich ist, daB diese Vermutung richtig ist.

1) Nur SrCl, hat Fluoritgitter. 2, Der von KLEMM u. ROCKSTROH, Z. anorg. u. dlg. Chem. 152 (1926), 248

gefundeneDichtewert fur ScCl, 2,38-2,39 weicht von dem v o n S m ~ , Journ. Amer. chem. SOC. 49 (1927), 1248 ermittelten (2,733) erheblich ab; nach schriftlicher at- teilung von Herrn H. S. LUKEHS ist dieser Wert wegen eines Rechenfehlers auf 2,36 zu berichtigen, stimmt also mit dem hier erhaltenen befriedigend uberein.

3, Der ziemlich erhebliche Unterschied zwischen den Dichtewerten fiir YCl,, die von KLEMM u. ROCKSTROH, Z. anorg. u. allg. Chem. 152 (1926), 248 u. KLEIH- HEKSEL u. KREMERS, Journ. Amer. chem. SOC. 50 (1928), 959 erhaltenwurden(2,67 bzw. 2,81), lasses vermuten, da13 YCI, polymorph ist. Die eben erwiihnte dhn- lichkeit von DyC1, und YC1, ergibt sich bei der Benutzung der beiden Dichte- werte in gleicher Weise.

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=

- I_

La Ce Pr Nd 61 Sm Eu Gd Tb

Y Ho Er Tu Yb CP SC

Dy __

__

A

0,92 0,90 0,88 0,87

~~

- 0,85 0,85 0,84

- 0,65 0,65 0964 0,63 0.62

0,80 ~ 0.79 1 .

0;79 0,79 0,76 0,75 1 0,63

0,62 0,61 0,60 0,60 0,60 0,57 0,57 0,B

iibrige ____

( 0 , W ) 0,69 0,59 0,58 0,57 0,57 0,55 0,65 0946

DaB sowohl bei den Sulfiden wie auch bei den Chloriden das Dy-Salz den Gang der Molriiume unterbricht und offenbar ein von den vorhergehenden Gliedern verschiedenes Gitter besitzt, darf nicht wundernehmen, da die Radien von S-2- und C1--Ion nahezu gleich sind. Weitere Schlusse aus den Radienquotienten zu ziehen, wird erst moglich sein, wenn man Genaueres uber die Gitter weiB.

SchlieBlich sei noch auf ein Ergebnis allgemeinerer Art hin- gewiesen, das man &us Fig. 1 ablesen kann. Die absolute Abnahme des Molvolumens i s t um so groBer, j e groBer das Anion i s t ; die Differenz zwischen zwei benachbarten Verbindungen (z. B. LaCI, und CeCl,) betriigt im Mittel bei den

7,5 cm3 = l,Oo/,) Sulfat-Oktohydraten 1,fi ,, = 0,6%) Doppelnitraten

Sulfiden (a-Form) Chloriden (a-Form) 0,9 ,, (= 1,5O/")

13 ,, i = 1,g0/o)

Oxyden (Form C) 0964 3 , I= 194'/0) Fluoriden 0,4, ,, (= 1,40/,)

Die prozentualen dnderungen sind von den Fluoriden bis zu den Sulfiden etwa die gleichen; erst bei den sehr groBen Molriiumen wird die prozentuale Abnahme kleiner.

Dieses Verhalten scheint f i i r die Verbindungen mit geringem Molekularvolumen leicht zu verstehen; denn Ahnliches findet man

1) Ctemisch von 2 Formen? 9*

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132 W. Klemm, K. Meiael und H. U. v. Vogel

auch bei den Alkalihalogeniden, die im Kochsalzgitter kristallisieren. Die Differenzen im Molekularvolumen betragen 5. B. zwischen

RbCl und LiCl RbJ LiJ 26,4 ,, (59%) LiJ did LiCl 11,s ,, (46%) RbJ ,, RbCl 15,Q ,, (31°/0)

22,3 cm3 (72°/0)1)

d. h. die absolute Anderung ist um so erheblicher, je groBer der gemeinsame Verbindungspartner ist.

Dies ist hier, wenn man Konetanz der Ionenradien a.nnimmt, gittergeometrisch notwendig; denn die Raumdifferenz der Elementar- bereiche zweier Verbindungen mit gleichem Anion (Radius b) uncl verschiedenen Kationen (Radien a1 und a,) betrligt

(al + b)3 - (a, + b)3 = u13 - uZ3 + 3b(u12 - a22) 4- %,(a, - u2),

ist also um so erheblicher, je groBer b ist. Es mussen tihnliche Griinde gittergeometrischer Art sein, die das

ganz iihnliche Verhalten der Lanthanidenreihe bedingen; fur die Fluoride, Oxyde, Chloride und Sulfide durfte diese Erkliirung aus- reichen. Wenn man aber bedenkt, da13 der Gehalt der Doppelnitrate an Erdmetallen nur etwa 5 O / , , (volummiiBig) betrtigt, so ist es doch sehr merkwiirdig, daB sich bei den Sulfat-Oktohydraten und Doppel- nitraten solche grol3e Unterschiede finden.

II. Magnetismus

Weiterhin sollte der Magnetismus der Sesquisulfjde untersucht werden. Es lieB sich so entscheiden, ob es sich um salzartige Ver- bindungen handelte oder ob schon mehr legierungsiihnlicher Charakter vorlagz). Im letzteren Falle wiirden sich wahrscheinlich, wie 1;. B. bei vielen Nitriden, Carbiden, Sulfiden usw. von Ti, V u. a., eine groBe Abweichung vom Ionenmagnetismus zeigen. Die Messungen (vgl. Tabelle 5) erwiesen, daB die Sulfide nahezu die gleichen Magnetonen- werte ergaben wie die Oxyde; daniit ist erwiesen, daB sie als Salze aufzufassen sind. Allerdings ist der Magnetismus durchweg UM eine Kleinigkeit hoher (im Mittel 0,6 WEIss’sche Magnetonen), be- sonders beim Pr, Sm3) und Yb. Bei den sehr stark magnetischen

1) Bezogen auf das mittlere Molekularvolwnen. 2, Uber verschiedene Untersuchungen, die sich mit dieser Fritge hschaf-

,) Auch zwischen SmBr, und Sm,O, hatten sich geringe Unterschiede tigen, Wird demnachst berichtet werden.

ergcben; vgl, KLEMM u. ROCKSTROH, Z. anorg. Chem. 1.76 (1938), 198.

Page 11: Über die Sulfide der seltenen Erden

Uber die Sulfide dcr seltenen Erdrii 133

18,O 8,O 40,O 52,2 47,O > 21,g1)

La Ce Pr Nd Sm Gd

Er Yb

DY

17,5 7,O

40,2 53.0 46,7 23,02)

Tabelle 5 Magnetismus der Oxyde und Sulfide. (Magnetonen nach WEBS)

hier gef.

0 1 1 , ~ ) 16,7 17,4

877 40,O 52,O 46,5 22,72)

I

I

Sulfid

0 12,l 17,6 17,9 9,9 40,l 52,4 47,l 23,7a)

Differenz R,S,-RR,O,

Gesamtmittel + 0,6

Vertretern liegen allerdings die Unterschiede schon fast innerhalb der Fehlergrenzen unserer MeBmethode, so daiB hier eine sichere Aus- sage nicht moglich ist.

i l l . Konstitution der Disulfide

SchlieBlich sollte die Rage nach der Konstitution der ,,Disul- fide" geklart werden. Verbindungen vom Typus MeS, sind bisher beim La, Ce, Pr und vielleicht beim Sm beobachtet worden. Fur ihren inneren Aufbau ergeben sich grundsiitzlich zwei Moglichkeiten: es kann sich - wie bei den hoheren Oxyden - um wahre Disulfide mit VierwertigemMetalI oder auch, gemSil3 der Formulierung M2S3* S, urn Polysulfide handeln. Der Entdecker der Disulfide, W. BILTZ, hat der zweiten Auffassung den Vorzug gegeben, weil sich La,S, nahezu ebenso leicht bildet wie Ce,S,, und weil sich ferner die Disulfide mit starker Saure unter Bildung von H,S, - neben H,S - zersetzen; von diesen Argumenten wird man dem ersten mehr Beweiskraft zu- billigen mussen als dem aweiten.

Es ist recht merkwiirdig, da13 bei der Bestandigkeit von Ce(4)0, das entsprechende Ce(4)S, nicht existiert , und es erschien uns er- wunscht, den Polysulfidcharakter von Ce,S,. S und La,S,.S noch strenger zu beweisen. Dies konnte - nachdem der salzartige Cha- rakter der Sulfide der Erden nachgewiesen war - leicht durch Be- stimmung des Magnetismus geschehen. Fur Ce(4)S2 war Diamagnetis- inuse) zu erwarten (da Ce++++) dieselbe Elektronenanordnung hat wie

1) Das PrLparat enthielt wahrscheinlich etwas Cp. 2, Fur den CpGehalt korrigiert.

4, CeO, ist auch tatsiichlich als wahres Diuxyd diamagnetisch. 3, Ce,(SO,),.

Page 12: Über die Sulfide der seltenen Erden

134 W. Klemm, K. &Gisel und H. U. v. Vogel

La+++), fur Ce,(3)S3-S der gleiche Magnetismus wie fur Ce2S3 (etwa 12 WEISS’SChe Magnetonen). Entsprechend muate La(4)S, para- magnetisch sein (wie z. B. Cu(2)S04], weil es keine vollbesetzte Edel- gaskonfiguration besitzt , La,(3) S3 S diamagnetisch.

Wie Tabelle 5 zeigt, ergaben die magnetischen Messungen einen eindeutigen Beweis fur den Polysulfidcharakter ; CeO, und CeS, sind also etwas durchaus Verschiedenes.

Raumchemisch fallt auf, daB die VolumvergroBerung bei der Ril- dung der Polysulfide aus den Sesquisulfiden verhiiltnismBBig klein ist (etwa 9 cm3; das Nullpunktsvolumen des Schwefels betragt 15 cm3). Rei der Anlagerung von Polysulfidschwefel treten sonst Besonder- heiten im raumchemischen Verhalten nicht auf; so ist die Differenz zwischen Rb,S, und Rb,S 56,4 cm3 I), also 14,l cma pro &om S; der Volumzuwachs von K,S30G zu K,S40G2) betragt 15,7 cm3. In diesen Fallen wird also nahezu das Nullpunktsvolumen des Schwefels be- ansprucht. Der erheblich kleinere Volumzuwachs bei den Polysulfiden von La und Ce erinnert daran, daB bei legierungsartigen Sulfiden die Differenz bei verschiedenen S-Gehalten auch oft sehr klein ist; z. 13. betragt sie zwischen FeS, (23,9 cm3) und FeS (17,9 em3) nur 6 (31113. Man konnte dies als Hinweis dafiir ansehen, daB La$, und Ce,S, nicht mehr ganz rein salzartig sind, sondern schon einen beginnenden Ubergang zu den legierungsartigen Sulfiden darstellen.

Versuchs te i l Zur Dars t e l lung der Sesquisulfide haben diemeisten Autoren

die Einwirkung von gasformigem Schwefelwasserstoff auf die Sulfate bei Rotglut benutzt ; nur CLEVE und MATIGNON gingen zur Bereitung des Y,S, bsw. Sm2S3 vomchlorid am. Dieses zweiteverfahren schien uns Er-

heblicheVorteile zu besitzen; denn bei der Einwirkung von H,S- Gas auf die wasserfreien Su l f a t e entsteht Wasser, gegen das alle Sulfide bei holier Temperatur sehr empfindlich sind. Infolgedessen bildet sich zuerst stets ein stark oxysulfidhaltiges Produkt, das dann meist nnr durch sehr lange Einwirkung von H,S (oft ist mehrtagiges Warten erforderlich) viillig in das reine Sulfid ubergefuhrt werden kann. In

I) Nach den Tabellen von JL~NDOLT-B~~RNSTEII? ist : Rb,S, d = 3,62; M V = 126,2 Rb,S d = 2,91; MI’= 69,s

5c4 2, Nach eigener Messung ist die Dichte von KzS40, bei 25O 2,29, M V =

132,O cm3; fur K,S,O, fanden wir d i 5 = 2,32, iMV = 116,3 em3; die Differenz betriigt also 15,7 cm3.

Page 13: Über die Sulfide der seltenen Erden

l%er die Sulfide der seltenen Erden 135

einzelnen Fallen wird das anfanglich entstandene Me,O,S von H,S bei 1000° kaum verandert; dies beobachtete z. B. W. BILTZ~) bei Ce-freiem Pr, wir beim Y und Er.

Geht man dagegen vom wasserfreien Chlorid aus, so fiillt diese Schwierigkeit weg, und es gelang durchweg, durch etwa zehnstundige Einwirkung von H,S ganz oder nahezu oxydfreie Praparate xu erhalten. Der Weg uber das Chlorid empfiehlt sich besonders dann, wenn man aus dem Oxyd durch Chlorieren im S,Cl,Cl,-Strome bequem und sicher oxydfreie Chloride erhalten kann. Dies ist bei den Erden der Fall, deren Chloride oberhalb von 7000 schmelzen. Diese Methode empfahl sich also fiir alle untersuchten Elemente auBer Y, Gd und Dy,). Hier mu13 man zur Reindarstellung der Chloride den muhsameren Weg uber die Entwiisserung des BydrateE beschreiten, der auch bei Verwendung von Unterdruck3) mindestens einen Tag und zudem standige Aufsicht verlangt. Hier zog man daher den Weg uber das Sulfat vor, der zwar langwierig ist, aber nicht die sorgfaltige Ein- haltung eines engen Temperaturbereiches verlangt.

Die Darstellung der Disulfide erfolgt zweckmaBig uber das Sulfat. Bei einem Versuch, Ce,S,. S aus CeCl, herzustellen, erhielten wir nur Ce,S,, obgleich die Temperatur erheblich unter dem Disso- ziationsbereich des Disulfids, das von W. BILTZ~) bestimmt worden ist, gehalten war. Die nachtragliche Uberfuhrung von Ce,S, in Ce,S,- S ist sehr zeitraubend. Es gelang uns zwar, durch mehrtagiges Erhitzen im H,S-Strome bei 580 O wieder 6,9 O/,, Polysulfidschwefel anzulagern, den vollen theoretischen Gehalt (7,90/0) konnten wir jedoch auf diesem Wege nicht, erreichen5).

Einze lhe i ten der Dars te l lung uber d a s Chlorid. Die durch Gluhen der Oxalate erhaltenen Oxyde wurden im Porzellanschiffchen eingewogen und im Quarzrohr in ublicher Weise chloriert, was bei Verwendung von 1 bis 2 g in etwa 5 Stunden beendet war. Die Temperatur wurde dabei von 400O langsam bis zu oinem Punkte gesteigert, der etwa 200 unter dem Schmelzpunkt des betreffenden Chlorids lag; man erhielt so leicht gesinterte Praparate, die sich dann gut mit

1) W. BILTZ, Z. anorg. u. allg. Chem. 71 (1911), 427. 2) Die Schmelzpunkte fallen vom LaCI, ( - 860°) bis zum TbCI, ( - 600O)

und steigen dann wieder zum CpCI, ( - gooo). 3) KLEINHEKSEL u. KREMERS, Journ. Amer. chem. SOC. 50 (1928), 959; vgl.

dazu aber JANTSCR, GRUBITSCR, HOFFMANN u. ALBER, Z. anorg. u. allg. Chem. 185 (1929), 49.

4) W. BILTZ, Ber. 41 (1908), 3341. 5 ) Auch W. BILTZ hatte bei 2 Praparaten von Ce,S,, die hei 400° im H2-

Strom entschwefelt waren, in 3 bxw. 12 Stunden nur 4,8 bzw. 4,2% Wieder- aufnahme von S erzielt.

Page 14: Über die Sulfide der seltenen Erden

3 36 W. Klemrn, K. Meisel und H. U. v. Vogel

H,S umsetzten. Ein Schmelzen ist zu vermeiden, da dann die Einwirkung des H,S nur an der Oberfliiche erfolgt.

Nach dem Abkiihlen auf 150° wurden die C1,- und S,CI,-Reste mit C 0 2 vertrieben und H,S-Gas eingeleitet. Die ersten Versuche wurden mit einem Schwefelwasserstoff ausgefuhrt, der aus FeS und HC1 im Kwr’schen Apparat erzeugt, mit KHS- und Chromoacetat-Losung gewaschen und mit CaC1, und P,O, getrocknet war. Sie ergaben M33erfolge; man erhielt Praparate rnit zu wenig Sulfid- und bei den Disulfiden auch zu wenig Polysulfidschwefel. Es wurden daher weitere Versuche mit vorgelegtem Schwefelschiffchen angestellt ; hier wurde der Polysulfidgehalt besser, die Praparate erhielten aber immer noch erhebliche Oxydmengen (5% und mehr). Offenbar enthielt also das H,S-Gas als storende Beimengungen H,l) und 0,.

Zu brauchbaren Praparaten gelangte man erst, als man H,S benutzte, det vor der Verwendung verfl i issigt war. Man benutzte hierzu eine Wasch- flasche aus diinnwandigem Glas, die mit 2 Normalschliffhiilsen versehen war. Zum Kondensieren des H,S mittels eines C0,-Alkohol-Breies wurde sie mit einem Schliff an die Erzeugungsapparatur angesetzt und die Ableitung durch ein CaC1,- Rohr vor der feuchten Atmosphare geschutzt. Wollte man den kondensierten H,S verdampfen lassen, so verschloB man das Zuleitungsrohr mit einem Normal- schliffstopfen und setzte das Ableitungsrohr auf den Normalkonus, der an die zur Darstellung des Sulfids dienende Apparatur angeschmolzen war2).

Um den verflussigten H2S mit bequem regelbarer Geschwindigkeit verdampfen zu lassen, benutzte man den von A. SIMON~) angegebenen Kryo- staten mit fliissigem NH, als Siedeflii~sigkeit~) und Alkohol als Badflussigkeit. Man stellte die Temperatur auf einige Zehntelgrade iiber den Siedepunkt des H,S ein. Dann geht die Verdampfung mit geeigneter Geschwindigkeit vor sich; eine besondere Feinregelung ist dadurch bequem moglicb, daB man das Tem- perierbad verschieden hoch stellt, so daB also die Waschflasche mit dem fliissigen H2S verschieden tief in das Bad eintaucht.

Die Sulfurierung erfolgte dann im allgemeinen so, ds5 man zunachst einige Stunden auf 500-600° erhitzte und dann die Temperatur iiber Nacht auf 600 his 700° einstellte. Die Geschwindigkeit des Gasstroms betrug dabei etwa eine Blase pro Sekunde. Am nachsten Morgen erhitzte man dann noch einige Stunden auf 800-1000°, lie5 im H,S-Strome erkalten, machte sofort die Auswage, pulverte das Praparat und nahm die Analyse vor.

Bei der Dars te l lung uber das Su l f a t ging man von umkristallisierten Sulfathydraten aus und stellte daraus unter Beachtung der von 0. BRILL^) ge- gehenen Zersetzungstemperatur die wasserfreien Sulfate dar. Diesc wurden dann im Porzellanschiffchen eingewogen und in der gleichen Weise wie die Chloride sulfuriert.

1) Der Hz-Gehalt von H2S aus techn. FeS betragt oft 10-lfjo/#,. 2) Es versteht sich von selbst, daO in der Apparatur alle Verbindungcn

durch Srblauche und Stopfen vermicden waren; soweit sich die Vefbindungen nicht verschmelzen lieBen, wurden Schliffe benutzt, die rnit meta-Phosphofsaure gedichtet waren.

3, A. SIMON, 0. FISCHER, R. &AUNER u. L. EHLINC, Bet. 80 (1027), 568. 4, Dieser Thermostat hat sich auch sonst bestens bewahrt. j) 0. Bsrr,L, Z. anorg. u. allg. Chern. 47 (1905), 464.

Page 15: Über die Sulfide der seltenen Erden

Uber die Sulfide der seltenen l3rden 137

Zur Analyse wurde zunachst q u a l i t a t i v auf Sulfat bzw. Chlorid gepriift ; es ergab sich in den meisten Fallen hochstens spurenweise Reaktion auf diese Anionen.

Fur die q u a n t i t a t i v e Analyse ergab schon die Auswage bei der Darstellung einen Anhalt, die bei guten Praparaten bei etwa 1 g Substanz innerhalb einiger Milligramm mit der berechneten uber- einstinimte. Zur Bestimmung des Sulf idschwefels wurden 150 bis 200 mg Substanz in einem mit C0,-Gas gefullten Kolben von etwa 150 em3 Inhalt rnit 30 em3 H,O und dem gleichen Volumen 2 n-H2S0, versetzt und der gebildete H,S durch einen langsamen C0,-Strom durch zwei mit 2 o/oiger AgN0,-Losung beschickte Peligotrohre ge- leitet; gegen Ende der Zersetzung vertrieb man etwaigen noch in Losung gehaltenen H,S durch kurzes Aufkochen. Die Wagung des in einem Filtertiegel aufgefangenen und bei 1200 getrockneten Ag,S bzw. die Resttitration nach VOLHARD ergab den Gehalt an sulfidischem Schwefel. Parallelbestimmungen Eeigten, daB die erhaltenen Werte auf mindestens 0,2O/, zuverlassig sind.

Den Gehalt an Polysulfidschwefel erhielt man durch Wagung des irn Zersetzungskolben abgeschiedenen und in einem Filtertiegel ge- sammelten, bei 80 O getrockneten Schwefels. Diese Bestimmung ergab meist zu niedrige Werte, weil der Schwefel Neigung hat, kolloidal in Losung zubleiben. Es wurde wiederholt beobachtet, daB sich beim Ein- engen des Filtrates noch nachtraglich Schwefel ausschied. Aus diesem Grunde darf es nicht wundernehmen, daB die erhaltenen Werte ziemlich stark schwanken und den theoretischen Wert nicht immer erreichen.

Es war uns daher sehr angenehm, daB Herr cand. chem. H. LOFF- LER, der zur Zeit hier unter Leitung von Herrn Prof. Dr. GEILMANN eine Untersuchung iiber eine neue Bestimmungsmethode des Schwefels in Sulfiden ausfuhrt, unsere Praparate auf einem unabhangigen Wege analysierte. Die angewandte Methode besteht darin, da13 das Praparat bei einer allmahlich bis auf 1000 O gesteigerten Temperatur im 0,-Strom verbrannt wird. Das gebildete SO,-SO,-Gemisch wird in 5 o/oige NH,-Losung, die mitH,O, versetzt ist, geleitet und alsBaS0,bestimmt. Der Ruckstand war bei Sc- und Ce-Sulfiden reines Oxyd, in allen anderen Fallen basisches Sulfat von der Zusammensetzung Me,(SO,), -2Me,0,1) ; dieses wurde mit Konigswasser aufgeschlossen. Es zeigte

1) Es fallt auf, daB auch hier basische Verbindungen, die 2 Mole Oxyd auf I Mol Sulfat enthalten, offenbar besonders bestandig sind. Bei der Dar- stellung der Sulfide tritt die entsprechende Stufe Me,S, .2 Me,O, ebenfalls hiiufig als schwer veriinderbares Zwischenprodukt auf, wenn man vom Sulfat ausgeht ; ebenso pflegt man die basischen Chloride MeOCl zu formulieren.

-

Page 16: Über die Sulfide der seltenen Erden

138 W. Klemm, K. Meisel und 13. U. v. Vogel

sich, daB bei den Sesquisulfiden die auf diese Methode erhaltenen S-Werte mit den unsrigen sehr gut ubereinstimmten. Bei den Poly- sulfiden ergab der von Herrn LOFFLFR erhaltene Wert fur den Gesamt-

- 1 z - -

I I1 I I1 IV I

I1 I II

I11

IV

I I1 111

IV

V VI I

I1

-

I

IT

-

- u Ej

5 8 6 EJe

Sulfat 1 9

$ 9

1 ,

,, -__ Jhlorid Sulfat :hlorid

3 ,

9 ,

,,

,.

Sulfat

2hlorid

Sulfat

Zhlorid

3 ,

7 , __

1 ,

Tabelle 6 g b e r s i c h t iiber die erhaltenen PrLparate

- . - _-____ Analyse

Berechnete I Gef unden __ Sul- €id-S

23,7

23,6

__ __

__ 25,7

25,6

25,4

25,O

24,2 23,4 22,8

22,3 21.7

51,6

34,98

Poly- sulfid- S

799

7,9

Cusalrlmensetzung __ Ietall

6S,4

68,6

__ ~

74,3

74,4

74,6

75,0

75,8 76,6 77,2

77,7 78,3

48,4

65,1a

- __..-__

Sulfid- S

23,l 23,s 23,2

23,l; 23,0 23,3

-__ ~~

25,O 24,s 25,7

25,l; 25,l 25,O

24,4

25,5; 25,4 25,2

25,l; 25,O;

23,5

24,l 2,81); 25,2,

24,7 24,7

23,9; 23,s 23,5; 23,6

22,54) 22,55) 22,9

22,l 21,4

50,78)

50,g7)

33,8

_____

'olysd~ fid-S

7,o 791 7 892

8,2;7,3' 793

Metall

- 68,8 .. -

68,6 68,s 74,3

74,4 -

- __

74,2

_- -

75,l

76,0

_- -

75,l 75,0

'6,l; 75,! 7,l; 77,: 6,s; 77,(

77,2 76,9

77p 77,3

-

-

__

l) Vorderer Teil (gelb). ,) Nach KLEMM u. ROCKSTROH. 5, Aua der gelben Form durch Tempern erhalten.

Enthielt noch etwas Chlorid.

") Hinterer Teil (braun). 4, Gelbe Form mit wenig violetter.

Page 17: Über die Sulfide der seltenen Erden

nher die Sulfide der selteneii Eiden 139

- 1,7420 1,9546 1,7816

~ 1,1521 1,1230 1,2527 0,7956 1,5864 1,5605 1,4009 1,6752 1,6527 1,4381

~ 1,4276 1,2783 1,4412

1,8403 ~ 1,2631

1,0497 1,1830 1,0006

-

schwefel nach Abzug unserer Werte fur den Sulfidschwefel nahezu genau die theoretischen Werte an Polysulfidschwefel. NBheres ist aus Tabelle 6 zu ersehen.

- - _ _ _ ~ _ _

0,2866 0,8060 0,3198 0,8060 0,2819 0,8072 0,1814 0,8060 0,1762 0,8060 0,1960 0,8060 0,1243 0,8060 0,2445 0,8060 0,2406 0,8060 0,2145 0,8060 0,2617 0,8060 0,2572 0,8060 0,2273 0,8060 0,2247 0,8060 0,1934 0,8060 0,2172 0,8060

0,2769 0,8060 0,1898 0,8060 0,1451 0,8040 0,1621 0,8040 0,1312 0,8072

- -

(Analysen- und 1 . ~ _ _ _ _ _

3e Asa

Gesamt schwefe; (L" OPELEI ___ ___ -

31,6; 31,

31,2; 31, -_

%,l; 50,

-_

33,5

Sulfid- bzw.

Polysul- fidgehalt

97,5 98,4 98,3 97,4 98,4 97,3 96,O

98,l 97,7

100

- 95

100 98,9 98,3

93,4

94,7 - 98,8 98,8 98,5

98,5 98,5

100

100

99,0 98,6

98,2

98,6

97

Tabelle 6

D

c h t e we r t e) - _________ . . ,

0,8700 0,1455 0,8060 1,3919 /0,2310 IO,8O60

1;0228 0-1352 0;8060 1.1749 IO:1557 10,8060 0,7396 0,2076 0,8060 1 0.7260 10.2038 10.8060

htemc __

d i 5

=z=c===

4,82 4,86 4,95 4994

4,90 4,93 5,lO 5,12 5,13 5,15 5,15 5,23 5,23 5,26 5,15 5,18 5,IO 5,lO 5,33 5,35

- __

- 5,36 5,36 5,82 5,87 6,16 6,09 6,52 6,47 6,47 6,06 6,09 6,08 2,88 2,88 2,91 2,91 3,87 3,86

__

lung df5 f . d.

gehalt korr.

4,77 4,74 4,92 4,88

4,85 4,87 5,10 5,08

} 5JO

__._

Oxyd-

__ ._ ..___

- __ ___

(5,061

5,23 5,25

W 4 )

(4,971

5,25

5,34 5,34 5,82 6,16 6,08 6,50 6,47

6,05 6.02

-

2,89

2,90

38.2

__ L; 8

% -_ - _ 85,2 85,6 83,4 83,7

77,1 76,8 73,8 74,0 73,8

- __

7493)

72,3 72,0

73m

76J 1 72,0 -

72,1 72,1 68,2 66,7 69,2 64,7 65,0

71,3 73.6

64,5

64,3

72,2

7, Das vorstehende Priiparat nochmals im H,S-Strome auf 1000° erhitzt,;

a ) Differenz dea Sulfid-S gegen den Gesamt-S nach LOFFLER: La,S, I1 8,2; chloridfrei, aber etwas oxydhaltig.

Ce,S, I1 8,2.

8 , Fiir ein Molekulargewicht 89,8.

Page 18: Über die Sulfide der seltenen Erden

140 W. Klemm, K. Meisel und If. TJ. 17. Vogel

Xur Bestimmung der seltenen Erden wurde aus der schwefel- sauren, heil3en Losung mit heiI3er Ammoniumoxalatlosung grob kri- stallin gefallt und durch Zutropfeln von NH,-Wasser zu der siedenden Losung eben neutralisiert. Es war notwendig, mit lrleinem Volumen, 100-150 cm3, zu arbeiten und zur vollstandigen Ausfallung iiber Nacht stehen lessen. Das Oxalat wurde in iiblicher Weise bei schwacher Rotglut zersetzt und vor der Wagung auf 11000 gegliiht. Wegen der kleinen Einwage ist die Bestimmung nur auf 0,2-0,3 O/,, genau; beim Yb wurden sowohl hier als auch bei anderer Gelegenheit meist etwas zu niedrige Werte erhalten.

Besp rechung der P r a p a r a t e i m e inze lnen Die erhaltenen Ergebnisse sind in Tab. 6 zusammengefal3t. 1. Disulfide. La,S,, und Ce,S, wurden ohne Schwierigkeit nach den

Angahen von W. RILTZ erhalten. Die Farbe war goldgelb bzw. tabakbraun. 2. Sesquisulfide. La$, wurde iiber das Chlorid und aus dem Sulfat

dttrgestellt. Die Farbe war hellgelb, wurde aber in einem Falle hellorange, als man zur Verbesserung des Schwefelgehaltes 10 Stunden im H,S-Strom auf 1000° erhitzte. Unter dem Mikroskop lie6 sich erkennen, da13 in allen Fallen stark reflektierende, undurchsichtige hexagonale Saulen vorlagen, scheinbar handelt es sich um eine Pseudomorphose vom Lanthansulfat zum Sulfid. La,S, scheint besonders empfindlich gegen Spuren von Feuchtigkeit zu sein; denn es ge- lang uns nie, vollig oxydfreie Priiparate zu erhalten; auch W. BILTZ hat den theoretischen Schwefelgehalt nicht erreicht.

Ce,S, ist im reinen Zustande schwarz-violett, wie MUTHMANN und STUTZEL angeben, nicht rot, wie W. BILTZ fand. Rote Tone findet man nur bei Praparaten, die etwas Oxyd enthalten, wie man sie fast immer erhalt, wenn man vom Sulfat ausgeht. Es geniigen schon Beimengungen von 2 bis 4% Oxyd, um vollig ein- heitlich zinnoberrote Produkte zu erhalten. Die Verhaltnisse liegen hier scheinbar iihnlich wie bei den gelben Praseodymsulfidpraparaten, iiber die S. 127 aus- fiihrlich berichtet ist, daD namlich die Beimengung von sehr wenig Oxysulfid zu einer neuen Kristallform mit vollig veranderter Farbe fiihrt.

PrzS, und Nd,S, erhielt man aus dem Chlorid ohne Schwierigkeiten; beidc sehen in reinem Zustande dunkelhraun aus; enthalt Pr,S, merklich Mengen Oxyd (die Grenze lie@ zwischen 2 und so/,), so ist es, wie die Tabelle S. 127 zeigt, rein gelb.

Sm,S,: Der Vollstandigkeit hdber seien hier die Angaben von W. KLEMM und J. ROCKSTROH kurz wiederholt: Die Herstellung erfolgte aus dem Sulfat durch langwierige Reduktion m it H,S (5 Tage). Das Gewicht fie1 zunachst er- heblich unter den berechneten W ert und stieg dann wieder langsam his zu diesem. Die Farbe ging von gelb bis rosa in schmutzigbraungelb und weiterhin braun iiber. Bei langdauerndem Erhitzen auf 600° erhielt man ein polysulfidhaltiges Produkt.

Gd,S, wurde in vollig gleicher Weise wie Sm,S, erhalten; der Verlnuf dcr Farhen und Gewichtsanderungen war der gleiche wie beim Sm.

Page 19: Über die Sulfide der seltenen Erden

Uber die Sulfide der seltenen Erden 141

Auch Dy,S, lie13 sich aus dem Sulfat herstellen; auch hier fand man die gleichen Farbanderungen wahrend der Sulfurierung. Versuchte man dagegen vom Chlorid auszugehen, so ergaben sich Schwierigkeiten, weil die Chlorierung mit S,CI,-Cl, usterhalb des Schmelzpunktes meist unvollkommen ist , so daB infolgedessen die erhaltenen Sulfide meist oxydhaltig waren. Nur in einem Falle gelang es, iiber pin so hergestelltes Chlorid ein einwandfreies Sulfid zu erhalten; dieses Praparat sah gelbbraun aus, enthielt aber auch violette Teile; seine Dichte war erheblich niedriger als die des braunvioletten Sulfids, das man aua dem Sulfat erhalten hatte. Die Asnahme lag also nahe, da13 es sich um zwei ver- schiedene Formen handelte. Dies wurde einmal durch das Rontgendiagramm bestiitigt (vgl. Fig. 3). Ferner gelang es, das gelb-braune Sulfid durchErhitzen auf 1000° in das braunviolette umzuwmdeln; Dichte und Rontgenbild entsprachen jetzt vollig dem Pfodukt aus dem Sulfat.

Es gelang nicht, die violette Form in die gelbe zuriickzuverwandeln. Man versuchte dies durch 6-stiindiges Erhitzen des im Vakuum in ein Quarzrohrchen eingeschmolzenen violetten Priiparats auf 200, 400, 600 und 8@0°, wobei jedesmal nach dem Erhitzen abgeschreckt wurde. Farbanderungen traten jedoch nicht auf. Ob eine monotrope Modifikation vorliegt oder Enantiomorphie mit sehr lang- samer Umwandlungsgeschwindigkeit, muB dahingestellt bleiben.

Es ist nach diesen Ergebnissen sehr merkwiirdig, da13 wir iiberhaupt die gelbe Form von Dy,S, teilweise erhalten haben, obwohl die Temperatur wtihrend der Darstellung fur 1-2 Stunden 950° erreicht hatte. Wir haben dann noch mehrfach versucht, aus einem durch Entwiisserung des Chloridhydrats dargestellten Chlorid die gelb-braune Form frei von der violetten zu erhalten; obwohl wir dabei mit der Temperatur 700° nicht iiberschritten, bestand trotz- dem das Priiparat fast immer nur aus der violetten Form.

Er,S, und Yb,S, lieBen sich ohne Schwicrigkeiten aus den Chloriden er- halten. Die Farbe des ersteren war gelbweiB (hellocker), die des letzteren leuchtend gelb. Durch Erhitzen auf 1000° wurde die Farbe von Er,S, nicht verandert.

Die Umsetziing von Er,( SO,), mit H,S-Gas fiihrte zu einem blaDrosa gefarbten Produkt, das der Formel Er,O,S entsprach und sich beim nochmaligen Erhitzcn im H,S-Strome nicht merklich verhnderte.

Sc,S, erhielt man leicht am dem Chlorid, das bei der Der- stellung aus dem Oxyd im Clz-S,C1,-Strome zu einer schon kristallinen Masse aus dem Schiffchen in das Quarzrohr sublimiert war; das Sulfid sah leuchtend gelb aus, enthielt aber noch etwas Chlorid. Nach einer nochmaligen Behandlung im H,S-Strom bei 100OO war das Sulfid zwar chloridfrei, enthielt aber dafiir etwas Oxyd.

Y,S, lieB sich aus dem Sulfat nicht darstellen; man erhielt nur das nahezu farblose Y,O,S. Man stellte YesJ daher iiber das Chlorid dar, das durch Ent- wiissern von Chloridhydrat im HC1-Strome bei Unterdruck erhalten wurde und sich klar in Wasser loste, also oxydfrei war. Das Sulfid scheint - wie La$, - gegen Wasserspuren besonders empfindlich zu sein, denn unser Priiparat ent- hielt etwa 3% Oxyd; die Farbe war etwas heller gelb als die Ton Sc,S,. Wegen der geringen Reinheit unwres Y -Pr&parats verzicbteten wir auf Versuche, zu v6llig oxydfreiem Sulfid zu kommen.

Anhang.

Page 20: Über die Sulfide der seltenen Erden

142 W. Klemm, K. Meisel und H. U. v. Vogel

Messungen: Zur Bestimmung der F a r b e der Sulfide wurden die Pulver auf Papier in dunner Schicht ausgebreitet und mit Tafeln des O S T W A L D ' S ~ ~ ~ ~ 24teiligen Farbkreises verglichen. Man stellte fest, daB mehrere Beobachter dabei zu praktisch gleichen Ergebnissen kamen. Bemerkenswert erscheint, daB bei versehiedenen Priiparaten eines Stoffes nur der WeiB- und Schwarzgehalt geringen Schwan- kungen unterworfen war, wiihrend der Farbton derselbe blieb. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammengestellt.

Zur Bestimmung der Dichten wurde die im hiesigen Labora- torium iibliche Methode mit Petroleum als Sperrflussigkeit benutzt.

Die Zahlen fur die einzelnen Dichte-Messungen sind in Tabelle 6 neben die zugehorigen Analysen gestellt. Bei einer Reihe von Pra- paraten war es notwendig, denoxydgehalt zuberiicksichtigen. Es zeigte sich, daB man unter Benutzung der Mischungsregel bei verschiedenen Oxydgehalten praktisch iibeinstimmende Werte fiir das reine Sulfid erhielt, wenn der Oxydgehalt nicht sehr grol3 war. Wir glauben, daB die als Mittel der besten Praparate angegebenen ,,wahrscheinlichsten" Werte in der 2. Dezimale nur um wenige Einheiten unsicher sind.

Die Rontgenaufnahmen erfolgten mit Cu-K-Strahlung (Had- dingrohre), 30-40 kV, 11 mA, 3-5 Stunden Belichtungszeit.

Die magnetischen Messungen wurden nach der schon mehr- fach beschriebenen Methodel) durchgefuhrt und sind in Tabelle 7 zu- sammengefal3t. Wegen der groBen Unterschiede des Magnetismus wurde mit verschiedenen Polabstiinden des Magneten (0,9-1,9 cm) gemessen. Als Eichsubstanzen dienten Hg und eventuell als sekundiire Basis Nd,O, und Dy,O,. Man iiberzeugte sich, daB auch bei dem am stiirksten magnetischen Material (Dy,S,) bei einer Erhohung der Schichthohe im Rohrchen von 5,5 auf 6,5 cm der gleiche X-Wert erhalten wurde. Die erhaltenen Magnetonenzahlen durften in der ersten Dezimale nur um wenige Einheiten unsicher sein.

Zum SchluB haben wir einer groBen Reihe von Personen und Be- horden unseren herzlichsten Dank auszusprechen: Material uberlieBen uns auf Vermittlung von Herrn Direktor PETERS die Auer-Gesell- schaft, ferner Herr Prof. G. JANTSCH, Graz, und vor allem der inzwischen verstorbene Freiherr AUER v. WELSBACH ; fur die Beschaffung der magnetischen MeBeinrichtung danken wir der Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft. Vor allem aber sind wh- HerrnProf. W. BILTZ fiir sein stets forderndes Interesse und die Uberlasmng vonMitteln und wertvollen Priiparaten des Instituts zu groBtem Dank verpflichtet.

l) Vgl. Z. anorg. u. allg. Chem. 176 (1928), 196.

Page 21: Über die Sulfide der seltenen Erden

uber die Sulfide der seltenen Erden 143

Tabelle 7 Magnetische Messungen - -. -

4

f - - 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 2 1 1 1 1 1 1 1 1 1 2 1 2

-

-

-

-

~~

F7l mgl)

- 0,229 -- 0,852 - 0,229 - 0,852 - 0,229 - 0,852 - 0,229 - 0,852 - 0,229 - 0,852 - 0,090 - 0,331 - 0,090 - 0,331 -- 0,090 - 0,331 - 0,090 -~ 0,331 - 0,090 - 0,331 - 0,090 - 0,090 - 0,090 - 0,090 -- 0,090 -~ 0,090 - 0,090 - 0,090 - 0,235 - 0,854 - 0,235 - 0,854

--

~___

'Subst.

mg l)

- 0,033 - 0,128 - 0,028 - 0,102 -- 0,013 --- 0,075 -- 0,006 - 0,074 - 0,005 - 0,074 + 0,455 + 1,694 + 0,567 + 2,188 - 0,003 - 0,005 + 0,429 + 1,647 +0,999 + 3,898 + 1,170 + 2,586

+ 1,835

+ 1,432 + 2,550 + 2,626

-1- 2,362

i- 1,779

4- 0,960 -k 3,601 + 1,023 4- 3,781

- __

e I

144

1,27

1,523

2,30

2,29

1,08

1,28

1,06

1,49

2,lB

1,IS 2,55 2,47 1,86 1,76 1,30 2,60 2,60

1,45

1,34

__

+ 2470

+ 2640

-- 14 -- 7

4- 2460

+ 2520

+ 4860 + 5450

+ 5330 + 5430

. I - 5370

-1- 5250 + 5570 + 5520

-1.- 1290

+ 1690

- l) (Mag- ietonen nach WEISS) __.__

-

._

_-

__ ___

11,9

12,3

__

11,9

12,0 ~-

16,7 17,7 17,6 17,5 17,7 17,4 17,9 17,Y

8,7

9,0

_.__

--

l) Es bedeuten: Amp.=Stromstiirke des Elektro-Magneten; P,=der auf die Vergleichs- subRtanz ausgeubte Zug; BSubst. = desgl. fiir die zu untersuchende Substanz; e = schein-

'Subst. x n ' bareDichte;X die magnetische Susceptibilitat pro g gemiil3 x = ~ ___ ; XMol, =mo- Fn QSubst.

lekulare Suszeptibilitat (auf 1 Atom, Erdmetall im Molekiil bezogen); n = Magnetoncn nach WEISS.

,) KLEMM u. ROCKSTROH fanden an dem gleichen Priiparat x = 5,7, n = 7,6; fur diese Abweichung wissen wir keine Erkliirung.

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144

+152 +152

+135 t 1 3 6

W. Klemm, K. Meisel und H. U. v. Vogel. Sulfide der seltenen Erden

+27600 +27600

+27600 4-28000

Er,O,

Er,S,

+251 $-251

+228 4-224

Eichsubstanz

+46800 -1-46800

+48200 +57200

desgl.

+194 +198

+179 4 179

desgl.

desgl.

+36900 $37800

+38600 4-38600

Tabelle 7 (Fortsetzung)

F- mg

+ 3,329 -+- 3,329

-1- 3,329 $- 3,329 + 0,840 -1- 0,840

_ ~ _ _

-+ 0,840 t 0,840 + 0,840

+ 0,840 + 0,840 - 0,090

- 0,331 - 0,090

- 0,331

4- 0,840

__

'Subst.

mg

+ 1,152 + 1,152

___

-}- 2,719 -1 2,628 -- + 6,629 -1 6,353

+ 6,923 + 7,444

+ 6,923 + 7,270 + 6,168

+ 1,566 4- 6,181 -t- 1,801 i- 6,855

-}- 6,287 ___

- - e -- -- 0,98 0,98

2,60 2,49 1,46 1,40

1,68 1,84

--

1,97 2,03

1,94 1,91

1,09

1,26

- ___ (Mag-

Letonen nech

WEISS)

39,9 39,9

39,o 40.2 52,o 5x0

52,7 52,l

46,2 46,7 47,l 47,l

22,o

22,9

Zusammenf assung. 1 . Es wurden die Uisulfide von Lathan und Cer, sowie die Sesqui-

sulfide von Scandium, Yttrium, Lanthan, Cer, Praseodym, Neodym, Samarium, Gadolinium, Dysprosium, Erbium und Ytterbium dar- gestellt, eine Reihe davon erstmalig.

2. Die erhaltenen PrBparate wurden durch Rontgendiagramme, Farbbestimmungen, Dichtemessungen und Bestimmung des Magne- tismus charakterisiert.

3. Die Ergebnisse sind kurz die folgenden: a) Nach Farbe und Rontgendiagramm lassen sich bei den Sesqui-

sulfiden eine a-Reihe (La-Dy) und eine P-Reihe (Dy-Yb, Y, So) unter- scheiden ; in der a-Reihe fallen die Molekularvolumina (Lanthaniden- Kontraktion), in der P-Reihe zeigt sich ein unregelmiif3iges Verhalten.

b) Nach dem magnetischen Verhalten sind alle untersuchten Sesquisulfide d s Salze anzusprechen.

c) Fir die Disulfide wurde der Polysulfidcharakter sichergestellt .

Ealznover, Technische Hochschule, Institut fur anorganische Chemie.

Bei der Redaktion eingegangen am 28. Februar 1930.