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IX. Bespreehungen. 1. Ueber die Zersetzung der Gelatine und des Eiweisses bei der Ffi, ulniss mit Pankreas. Von M. Neneki. (Bern 1876, J. Datp'sehe Buehhandlung). Als Festgabe Gustav Valentin zum 6. November 1876 gewidmet yon der medieinisehen Facultiit in Bern. Bei der grossen Bedeutung einerseits, die den kleinsten Organismen als Krankheitserregern zukommt~ bei der noeh immer so liickenhaften Kenntniss der Biologie derselben andererseits~ yon der jedenfalls noch wichtige Anhaltspunkte zur Unterseheidung und Classifieirung derselben zn erwarten~ muss erwiihnte Arbeit~ die jedenfalls einen Fortschritt auf diesem Gebiete bedeutet, fi'eudig begrlisst werden. N. land bei seinen Versuehen~ Indol dureh Pankreasverdauung des Eiweisses zu gewinnen~ dass ersteres vorziiglieh der F~tulniss seinen Ursprung verdanke. Er konnte unter gfinstigen Verh~Itnissen~ wie sie sieh bei einem 4--5ti~gigen Digeriren bei Luftzutritt und einer Temperatur yon 40 0 gestalten, bis 0)5 pCt. des angewandten Albamins erhaiten; und wurde das Mole- culargewicht des so gewonnenen Indols auf CsHT~N festgestellt. Aus Leim wurde in Uebereinstimmung mit den Fiitterungsversuchen S al- kow ki's kein Indol gebildet. Die Zersetzung der Gelatine bei der Fiiulniss mit Pankreas ergab Bildung yon Glykokoll~ die aber meist erst nach 48 Stunden auftrat~ Leimpepton und Leuein~ ferner tiiiehtige Fettsauren und Ammoniak. Die Menge der so erhaltenen Produete sowie die Anwesenheit derselben tiber- haupt ist verschieden je nach der Dauer der Digestion; so bestehen naeh 5~Stiigiger Digestion die anwesenden Fettsiiuren fast nur aus Essig- siiur% die Leimpeptone werden immer geringer~ auch Leucin verschwindet, indem es welter oxydirt wird. Trotz der Abwesenheit yon Indol sowie yon Tyrosin~ scheint doch die Gruppe der aromatisehen Spaltungsproduete nicht vollsttindig unvertreten zu sein; da sieh in einzelnen Fallen ein aromatischer Kiirper bi|dete 7 dessen Formel dem Co[lidin An d e r s e n's ahnlieh war~ der jedoeh sieh dureh einzelne Eigenschaften wesentlieh yon ihm unterschied. Bei iihnlieher Zersetzung yon Eiweiss (es wurde hierzu k~tu~tiehes

Ueber die Zersetzung der Gelatine und des Eiweisses bei der Fäulniss mit Pankreas

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IX.

Bespreehungen. 1.

U e b e r die Z e r s e t z u n g d e r G e l a t i n e un d des E i w e i s s e s be i de r Ffi, u l n i s s mit P a n k r e a s . Von M. N e n e k i . (Bern 1876, J. Datp'sehe Buehhandlung).

Als Festgabe G u s t a v V a l e n t i n zum 6. November 1876 gewidmet yon der medieinisehen Facultiit in Bern.

Bei der grossen Bedeutung einerseits, die den kleinsten Organismen als Krankheitserregern zukommt~ bei der noeh immer so liickenhaften Kenntniss der Biologie derselben andererseits~ yon der jedenfalls noch wichtige Anhaltspunkte zur Unterseheidung und Classifieirung derselben zn erwarten~ muss erwiihnte Arbeit~ die jedenfalls einen Fortschritt auf diesem Gebiete bedeutet, fi'eudig begrlisst werden. N. land bei seinen Versuehen~ Indol dureh Pankreasverdauung des Eiweisses zu gewinnen~ dass ersteres vorziiglieh der F~tulniss seinen Ursprung verdanke. Er konnte unter gfinstigen Verh~Itnissen~ wie sie sieh bei einem 4--5ti~gigen Digeriren bei Luftzutritt und einer Temperatur yon 40 0 gestalten, bis 0)5 pCt. des angewandten Albamins erhaiten; und wurde das Mole- culargewicht des so gewonnenen Indols auf CsHT~N festgestellt. Aus Leim wurde in Uebereinstimmung mit den Fiitterungsversuchen S a l - kow ki 's kein Indol gebildet.

Die Zersetzung der Gelatine bei der Fiiulniss mit Pankreas ergab Bildung yon Glykokoll~ die aber meist erst nach 48 Stunden auftrat~ Leimpepton und Leuein~ ferner tiiiehtige Fettsauren und Ammoniak. Die Menge der so erhaltenen Produete sowie die Anwesenheit derselben tiber- haupt ist verschieden je nach der Dauer der Digestion; so bestehen naeh 5~Stiigiger Digestion die anwesenden Fettsiiuren fast nur aus Essig- siiur% die Leimpeptone werden immer geringer~ auch Leucin verschwindet, indem es welter oxydirt wird. Trotz der Abwesenheit yon Indol sowie yon Tyrosin~ scheint doch die Gruppe der aromatisehen Spaltungsproduete nicht vollsttindig unvertreten zu sein; da sieh in einzelnen Fallen ein aromatischer Kiirper bi|dete 7 dessen Formel dem Co[lidin An d e r s e n's ahnlieh war~ der jedoeh sieh dureh einzelne Eigenschaften wesentlieh yon ihm unterschied.

Bei iihnlieher Zersetzung yon Eiweiss (es wurde hierzu k~tu~tiehes

180 IX. Besprechungen.

Eiereiweiss verwendet), die his auf 14 Tage ausgedehnt wurde~ erhielt er als i s o l i r t e P r o d u e t e Ammoniak, Kohlensaure, Fettsiiuren und Leuein~ mit der langeren Dauer der Fiiulniss zeigte sich eine stetige Abnahme der Kohlensaure~ wii, hrend die flfiehtigen Fettsauren eben so stetig zunahmen, was bL dadureh erkl~trt~ dass bei gleiehzeitiger Ver- mehrung der Fettsi~uren und des kohlensauren Ammoniaks dieses sich allmii, hlieh verfltiChtige. Auch bier variirten die fltichtigen Fettsituren naeli der Dauer der Zersetzung~ erst trat Valeriansiiure auf, dann normale Buttersaure~ bis sehliesslich (nach 14 Tagen) nut Buttersiiure vorhan- den war.

Eine Prtifung des Verhaitens yon Leucin, Tyrosin und Glykokoil bei Faulniss mit Pankreas ergab bei ersteren die Bildung yon Valerian- saur% hierdureh halt iN. es als erwiesen~ dass das bei der Fi~ulniss ent- standene Leucin dutch die Bakterien zungichst zu valeriansaurem Am- moniak oxydirt wird~ die Vaieriaus~ture naehher noch zu normaler Butter- saur% weiehe~ sowie das GlykokolI den anderen Organismen gegenfiber sehr resistent ist. Beztlglich des Tyrosins ergab sich~ dass es an der Bildung des Ind01s keinen Antheil hubs. Die Indolbildung fasst N.~ in Uebel"einstimmung mit Ktih n e, nieht als Product der Pankreasverdauung auf, sondern als Resultat der Fi~ulniss.

Von Organismen traten zuel-st funds Formen auf~ sodann St~behen~ auch solehe mit ka(ipfehenartiger Ansehwellung. Einzelne der Stabehen erinnerten an P as t e u r ' s Milchsaureferment~ andere an das Buttersaure- ferment (Bacillus subtilis Cohn). Der erste Vorgang bei der F~tulniss seheint N. die Hydratation zu sein; Ueberftihren des Eiweisses in die 15s- liche Modifieation~ hervorgerufen dureh die kugelfSrmigen Organismen~ ithn- lieh wie bei der ammoniakalischcn G~hrung des [-Iarns; nachher tritt Spal- tung in Products sin, wie wit sic aueh dureh die Einwirkung von Sauren~ Aikalien und aueh ungeformten Fermenten erhalten kSnnen. Sehr bald, und zum Theil y o u dem ersten Vorgange nieht zu trennen~ treten Re- ductions, und aueh Oxydatiousvorgi~nge auf; dabsi ist zu beaehten~ dass hie auf einmal die gauze Menge der Proteinsubstanz geliist~ resp. zersetzt wird, sondern sin Theil noeh unveriindert ist~ wahrend ein an- derer sehon zu KohIensiiure und kmmoniak nmgewandelt ist. Das Fer- ment hat sich hierbei durch Sporenbildung vermehrt.

Diese Orgauismen ernahren sich yon dem dureh Hydratation um- gewandelten Ei~veiss, name~ltUch, wie es seheint~ yore Leucin und werden die Hydratationsproduete dutch sic oxydirt.

P a s t e u r ' s Eintheiiungsprineip der organisirten Ferments naeh der physiologischen Function und nicht naeh der mikroskopisehen Struetur halt cr f~lr unbrauchbar und will dies spater welter begriinden~ unwahr- scheinlich scheint ibm, dass der gleiche Niihrstoff in so entgegengesetzter Riehtung, wie dies bei der Faulniss geschieht~ dutch alas gleiehe organi- sirte Ferment zersetzt wird; er konnte in seiner faulenden Flfissigkeit leieht folgende drei Ferments unterschelden: I. Monas crepusculum Ehrb.~ 2. Mikrobakterien, 3. die langen Fiiden yon Bacillus subtilis, und ist N. der Ansicht~ dass jedes derselben sine versehiedene chemisehe Zersetzung der Proteinsubstanz bewirkt~ wodurch auch das gleic, hzeitige Auftreten der Reductions- und Oxydationsproducte erklart wird.

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Selbstverstiindlich muss nach des Verfassers Darlegungen diese Art der Zersetzunff der Eiweissstoffe streng geschieden werden yon der durch ungeformte Fermente. Zu ,der hier er6rterten Zersetzung ist das Pan-

kreas als solches ganz unwesentlich; es kommt b los auf die in dem- selben enthaltenen organisirten Keime an, die er stets, und zwar sogleich naeh dem Tode in demselben gefunden (es waren (ties beweglichc Ktigel- chen~ niemats Stii, bchcn) und die nach einiger Zeit ~mehrgtiedrig wurden~ w/ihrend erst spiiter St/ibchen auftraten.

Im Darm sieht N, nun die Vorg/inge der F/iulniss riiumlich in iihnlicher Weise ablaufcn~ wie dies zeitlich an der Luft geschieht. Im obersten Dtinn- darm~ veto Pylorus an~ finden sich fast nur Mikrocoecen~ und auch die in geringer Anzahl~ welter naeh unten Zunahme derselben~ auch schon vercin- zelte St/ibchen ~ Bacillusf/iden ~ gleichzeitig Vermehrung de r Gase. Der Hauptort nun ist der Dickdarm~ hier finden sich auch Schwefelwasserstoff~ fltichtige Fett~$turen, Indol und noch eine andere aromatische Substanz~ veto Geruche des I~aphthylamins. Den Einfluss~ den diese Fermente auf die Verdauung sowie Zersetzung im Darmrohre baben~ schli~gt :N. nicht zu niedrig an~ wenn er auch hier Modificationen annimmt~ je nach der Zusammensetzung tier 1'qahrung~ dam Aufcnthalt im Darm u. s. w , als ein wichtiges Hinderniss jcdoch ftir die Gi~hrung und F!~ulniss bczeich- net er die Resorption~ durch welche das Material dem Einfiusse der ge- formten Elemente entzogen wird. Bei Pflanzenfressern, we das :Nail- rungsmaterial langsamer geliist wird~ der Darm stets mit Speisebrei geftillt ist~ d~irftc ihre Bedeutung- eine grSssere und nach N. eine verdau- ungsbefOrdernde sein.

So ist denn auch vermehrte Ausscheidnng yon Indol als Spaltungs- product des Eiweisscs bei F~tulniss tin Zeichen intensiverer Fttu[niss~ die wieder nur als ein bcsonderer Fall der G~thrung im Allgcmeincn, d. h. tier Zersctzung organischer Substanz durch geformtc Fermente anfzufasscn ist. Dcr Vorwurf~ den N. ,der modernen Physiologic und namcntlich Pathologic" macht~ dass sic diesen ,normal und in so grosser ~enge constant im ThicrkSrpcr vorkommcndcn Organismcn kcine gcbtihrcnde Beachtung geschenkt hat"~ ist nicht mchr zutreffend, da ihre Bedentung fiir gewisse Infcctionen, so f a r acute gelbe Leberatroph[e, Leberabscesse yon K l e b s , f~ir i~hnliche innere Eiterungen auch vom Ref. bereits vor l~tngerer Zeit hervorgehoben wurde. Dr. J. S o y k a .

2. M. R a y n a u d , ~ t u d e c x p d r i m e n t a l c su r lc r 6 i e d u s a n g duns

la t r a n s m i s s i o n de l ' i m m u n i t d v a c e i n a l e . Comptes rendus. LXXXIV. 453.

Die Impfmig als prophylaktisches Mittel gegen die Variolainvasion hat am heutigcn T a g e nur noch wcnige Gegncr; die Statistischcn Dutch sind ftir dieselbe tin zu beredter Anwalt; aUein wit miissen uns ge- stehen~ dass wir in der wissenschaftlichen Begriindung dicscs Factums nut geringe Fortschritte gemacht haben. Wit k6nncn wohl dicsbeziiglich annehmen, dass die im Gefolge der Impfung auftretenden Pnsteln nicht das Wesen der dutch die erstere gesetzten Ver/inderungcn ausmachcn~ sondern nut als Thcilerscheinung~ als Localisirung einer zwar geringen

Ar ch i v ffir ex10erimenL t'athologie u. Pharmakolog-ie. VII. Bd. 13