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ANNALEN DER CHEME PHARMACIE. LXV. Bandes drittes Heft. Ueber die Zersetzungfproducte des Cyanathyls durch Einwirkung von Kalium ; von E. Frankland und H. Kolbe. In seiner Untersuchung uber die Isolirung des Kakodyls *) hebt B u n s e n zwei wichtige Momente hervor, welche bei dcr Abscheidung der organischen Radicale aus ihren liquiden Ver- bindungen durch Metalle iiberhaupt wesentlich in Betracht kornmen. Die Reduction mufs .bei einer niederen Temperatur von Statten gehen , als diejenige ist, bei welcher der zu zerselzende K6rper siedet und zweitens darf die sich erzeugeende Verbindung des Metalls in dem neu gebildeten Radical nicht unaufloslich seyn. Jene Bemerkungen veranlafsten un’s zu einem Versuche uber die Abscheidung des Aelhyls aus dem Cyanathyl durch Kalium, da wir als gewifs voraussetzen zu dlirfen glaubten, dafs dieses Metall schon bei eiiier unter dem Kochpunkle jener Fliis- sigkeit liegenden Ternperatur seine Verwandtschafl zuin Cyan aukern wurde. Ein vorlaufiger Versuch erweckte in uns die Hoffnung, un- sere Erwarlungen in Erfiillung gehen zu sehen. Denn die sehr *) Annalen def Chemie Bd. XLII. S. 45. Annnl. d. Chemict u. Phartn. LXV. Bd. 3. Heft. 19

Ueber die Zersetzungsproducte des Cyanäthyls durch Einwirkung von Kalium

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A N N A L E N

DER

CHEME PHARMACIE.

LXV. Bandes d r i t t e s Heft.

Ueber die Zersetzungfproducte des Cyanathyls durch Einwirkung von Kalium ;

von E. Frankland und H. Kolbe.

In seiner Untersuchung uber die Isolirung des Kakodyls *) hebt Bunsen zwei wichtige Momente hervor, welche bei dcr Abscheidung der organischen Radicale aus ihren liquiden Ver- bindungen durch Metalle iiberhaupt wesentlich in Betracht kornmen. Die Reduction mufs .bei einer niederen Temperatur von Statten gehen , als diejenige ist, bei welcher der zu zerselzende K6rper siedet und zweitens darf die sich erzeugeende Verbindung des Metalls in dem neu gebildeten Radical nicht unaufloslich seyn.

Jene Bemerkungen veranlafsten un’s zu einem Versuche uber die Abscheidung des Aelhyls aus dem Cyanathyl durch Kalium, da wir als gewifs voraussetzen zu dlirfen glaubten, dafs dieses Metall schon bei eiiier unter dem Kochpunkle jener Fliis- sigkeit liegenden Ternperatur seine Verwandtschafl zuin Cyan aukern wurde.

Ein vorlaufiger Versuch erweckte in uns die Hoffnung, un- sere Erwarlungen in Erfiillung gehen zu sehen. Denn die sehr

*) Annalen def Chemie Bd. XLII. S. 45. Annnl. d. Chemict u. Phartn. LXV. Bd. 3. Heft. 19

2'70 Fr an k 1 a n d u. K o 1 b e , gber die Zersetsungsproducte

energische Einwirkung des Kaliums findet nicht allein schon bei gewohnlicher Temperatur Statt, sondern das Cyankalium, welches hierbei in reichlicher Menge gebildet wird , l6st sich auch in der umgebenden Fliissigkeit so vollstandig auf, dafs das Metall bis zu Ende eine blanke Ohernache behalt. Hierbei ent- wickelt sich von dem Kalium aus ununterbrochen ein brennbares, in Wasser unlosliches Gas mit schwachem atherartigein Geruch, welches wir anfangs fur das gesuchle Aethyl hielten und dessen Untersuchung wir daher unsere Aufinerksamkeit vorzugsweise zuwandten.

Wir bedienten uns zur Darstellung dieses Gases des fol- genden Apparates Fig. I. (Siehe die dieseni Hefte beigege- bene lithographische Tafel.). In die kleine Digerirflasche A von beilau6g 60 Cubiccentiineter Inhalt, auf deren Boden sich vom Stein61 m6glichst befreite Stiickchen Kalium befinden, miindet durch den doppelt durchbohrten Kork einerseits die Gasleitungs- riihre p, anderseits ein bei a zu einer weiten Kugel ausgebla- senes Rohr, dessen unteres umgebogenes Ende zu einer feinen Spike ausgezogen ist. Der obere Theil desselben ist durch Kaulschuk mit einer mit luftdichtschliefsendem Hahne b ver- selienen Messingrcihre verbunden. Die Kugel a dient als Be- hllter des Cyanlthyls, welches msn nachher durch vorsichtiges Oeffnen des Hahns b tropfenweise auf die Kaliomtiicke fliefsen 1att.

Zur Aufnahme des entweichenden Gases ist die in dern Glascylinder C C umgekehrte Glocke B bestimmt , welche unten auf zwei Glasstreifen ruht. Die vom obern Theil der Glocke ausgehende Gasleitungsrohre g ist oberhalb der Kriimmung bei x ein wenig ausgezogen und dann durchKautschuk mit den zur Aufsammlung des Gases fur eudiometrische Zwecke bestimmten weiteren Rohren e und f verbunden, Am hintern Ende be- findet sich in der Kautschukrohre h ein massiver Glasstab, durch den ein vollkommner Verschlufs hervorgebracht werdee kann.

des Cyaniifhyls dwch Einwirkrrng oon Kalium. 271

Kurz vor dem Versuche, ehe dic Gasleitungsrijlire d ein- gefulirt war, wurde in den Cylinder C C frisch ausgekochtes noch warrnes Wasser gegossen, durch Saugen mit dern Muntle an der Oeffnung bei h das ganze Rohrensystem von R bis 11 darnit gefullt , ond darauf das offne Ende bei h durch Uinbindutrg des rnassiven Glasslucks luftdicht ver- schlossen.

Die ersten Tropfen des Cyanathyls, welche man durch inonicntanes OeOiren des Hahnes b auf das Kalium fallen liifst, bewirken gewijhnlich einc sehr lebhafte Reaction, welche nicht selten von ciner Feuercrscheinung begleitet ist, und die besonders im Anfange sehr rasclie Gasentwicklung hat zur Folge, dafs sehr bald alle alniosphiirische Luft aus dem Apparate ausge- trieben ist. Erst dann als wir uns versichert hiellen, d a t keinc Luft mehr darin vorhanden war, wurde die Entwicklungsrohre d unter die Glocke B gefuhrt, die sich dann in dem Mafse niit dein Gase anfullte , als die Kaliunistiicke unter stetigem Zuflufs von Cyanathyl mehr und mehr verschwanden und sich darnit in eine ziihe gelbliche lasse verwandelten. Zuletzt mufste die Zersetzung durch gelindes Erwiirrnen untcrstiitzt werden. Der Versuch wurde iinterbrochen , sobald die Gasentwickelung rnerklich nachliefs und in der Regel war dann fast alles Kalium consumirt.

Es schien uns zwecknriifsig, das in der Glocke angesarn- iiielte Gas mehrere Stunden, oder einen Tag lang iiber dem Wasser stehen zu lassen, dairiit die darin noch aufgelosten Diirnpfe von verdunstetern CyanBthyl moglichst vollkornmen vom Wasser absorbirt wiirden , wobei wir die Vorsicht gebrauchten, die aubere Oberfliiche desselben mit einer Oelschicht zu be- decken, urn der Miiglichkeit einer Diffusion des iiufsern und innern Gases vorzubeugen. Nachher wurde der Cylinder ganz mit Wasser gefiillt und das Kautschukrohr bei h so lange geoffnet, bis alles Wasser aus dein R6hrensysteme von dein

19 *

272 Fr a ti ki up1 d u. h'o I b e , iiber die Zersetzuagsproducte

unter dem Druck der aufsern Wassersaule slelienden Gase ver- drangt war.

Die Kautschukverbindungen h , s und r wurden darauf der Reihe nach, die beiden letzteren doppelt , niit seidner Schnur unterbunden , dicht hinter jeder Unterbindungsstelle durchschnit- ten und so die Rohren e und f von cinander getrennt. Um letzlere vollkominen luftdicht zu machen , liiuchten .wir die vier Enden sammt dern Kautschukverschlufs in sclirnelzendes Waclis ein, was sie Jalire lang gegen jede Verunreinigung durch die aufsere Luft schiilzt. Wir zogen diefs Verfahren derii Zu- schmelzen ni i t dem Liitlirolir vor, wcil wir cine Zersetzung des Gttses durch die Erhitzung befiirclileten.

Der Rest des Gases wurde zur Bestiinniung seiries specili- schen Gewichtes und zur Verbrennung tnit Iiupferoxyd ver- wandt. Zu erstereni Zwecke dierile cine 200 Cubikcentimeter fassende gewiihnliche Digerirflasclie, deren Hals vor der Glas- blaserlanrpe am Ende verengt war, bis er die Weite eines starker1 Strolihalmes besafs. Diirch cinen klzinen eingeschmir- gelien Glasstiipsel konnle sie IuRtlicht verschlossen werden.

< Sie wurde, nachtlem mclirere Sluckclicn gcsclimolzenen Kalis, zur Eniwiisserung des spiiter eintretenden feuchten Gases, hineingewarfen iind dureh Erwarnien an ihrein Boden befestigt waren, iiiil Quecksilber angefullt , darauf in dem Quecksilber enthaltenden Gefifse D unigekehrt und init ihrer Oeffnung iiber die unter Quecksilber abgebrochene Spitze x der Rolire g ge- bracht. Uiii den Quecksilberdriick zii iiberwinden , mufste das in der Glocke B befindliche Gas durcli Eingiefsen ciner ange- messenen Rilonge Qiiecksilber in den iiufseren Cylinder starker coinpriniirt Wrden, bis endlich Gasblasen ails x in die daruber stehende Flasche aufstiogen. Wir fiillleii dieselbe so weit damit an, bis in dern tlalse nur nocli eine Qiieclisilbersiiule von etwa 10mm Lange iiber deni aufseren Niveau hervorragte und brachten sie dann; die Oeffnung nnter Qiiecksilber gelaiicht , in einen nbge-

des Cyanathyls dtircli Einwirkung von Kalitmi. 273

schlossenen Raum van constanter Temperatur, wo wir sie rnin- tleslens einc Stunde lang sich iiberliefsen. Wiihrend das Gas die durch ein daneben aufgehlngtes Thermometer geinesseiie Teniperatur der nmgebenden Luft annahm, wurde es zugleich tlurch die inwendig befestigtcn Kalistucke entwassert. Die Hiilie dcr iiber dem iiiifsern Niveau sich erhebenden Quecksilberslule i in lnnern des Halses wurde mit einem Zirkel abgeniessen untl aiif einer Millimeterscale ahgetragen. Die Flasche wurde hier- auf, ohne sie jedoch niit der Hand zu beriihren, unter Queck- silber vorsichtig rnit dem Stiipsel verschlossen und gewogen, alsdenn init trockner Luft und znletzt gmz rnit Quecksilber ge- f d l t nnd beide Ma1 wieder gewogen.

'reinperatur wiilirend des Verschliebens . . . 29,P C. ilarornelerstaiid . . . . . . . . . . . ?48,01ml Abzuzieliende Quecksilbersiiulc . . . . . . . . i7,2mm Gcwicht des mit Gas gefiillten nallons . . . 53,501 Grin. 'l'cniperatur dcr Luft in der W-age . . . . 20,3O C. Gewicht des Ballons mit trockner Luft gefullt . 53,5715 Grm. Trmperatur beiin Wiegen desselben . . . . 20,9O C. CiIpacitiit des Balloris . . . . . . . . . 210,2 Cbc.

D a m s berechnet sich das specifische Gewicht des Gases x u 1,075.

Uin tlas relative Verl~iiltnit seines Iiohlenstoff - und Was- ~ e ~ ~ I o f l & ? I i i ~ l ~ e ~ zu ermi~teln , leileten wir ein anbestimintes Vo- lumen des Gases durch eine mit gluliendem Ihpferoxyd gefiillte V crbrennungsriilire , rnit der-em vordeten Ende ein gewogener Clilorcalciiitn - und Iialiapparat verbundeii war. Ein anderes am Iiinteren Endt! dcr Verbrenoungsriilirc arigebrach~es Chlorcalcium- rohr, welches andcrseils in die Kautschukriibre c miindete, tnufsle das feuchte Gas vor seineni Eintritt in den Verbrennungs- apparat enlwiissern. Durcli behutsaines Niederdriicken dcr Glockc B lids sich der Gnsstroiri , tlcsscri Schnclligkeit durch die

Wir erhielten dabei folgende Zahlen :

274 F r a n k 1 an d u. K o 1 be , iiber die Zerselmngsproducte

Flussigkeit des Kaliapparates angczcigt wurde , genau re- guliren.

Nachdem sich eine hinlanglic!?e Menge Wasser und I i c i l r - lensaure gebildet hatte, wurde die Kautschukrohre c durch- schnitten und das im Verbreiinungsapparate noch vorhandene Gas durch Saugen am Kaliapparate hindurch gezogen. Bei der WIgung des Chlorcalciumrohrs ergab sich eine Gewichtszunahnie von 0,1794 Grm.; das Gewicht des Kaliapparates hatte sich i i i t t

0,2915 Grm. vermelirt. Das verbrannle Gas enlhielt demnach auf 0,0795 Gewichtstheile Kohlenstoff 0,0199 Theile Vl'assersloff, Zahlen, welche genau dem Verhaltnifs von C : I=€ = 2 : 3 ent- sprechen.

Die eudiometrische bnalyse mufste jenes Resultat bestatigen und zugleich iiber die Condensationsverhlltnisse Aufschlufs ge- hen. Wir benutzten dazu je eins der beiden auf die angege- bene Weise gefullten Rbhrchen e, f , deren Inhalt unter Queck- silber in das Eudiometer entleert und darin mit Sauerstoff ver- brannt wurde. Rinsichtlich des dabei buobacliteten Verfaltrcns und der nbthigen Vorsichtsmaafsregeln verweisen wir auf den Artikel Etidiometrie im chemischen RandworterDuck Bd. 11, S. 1050 IT.

I.

C. siiuleiiber d. b. 0oc.u. I Ill beob. Vol. Temp. Queclcsilber- Barom. Cow. Vol.

Wanne Druck Vol. d. angewand- 1 1i7,2 i5,7 ten Gases (feucht) / 456,5mm 743,9mm 30,37

Nach Zulassung von 216,3 743,5 169,55 Sauerstoff (feucht)

Nach d.Verbrennung 286,l 743,l 94,OO (feucht) . . . . Nach Absorptionder 121,6 16,2 451,5 '744,4 Kghlensiiure(trock.1

Zulassung "On 323,3 16,3 241,4 744,O Wasserstoff (trock.) I

33,74

53,37

des Cyanatlrykr durch Ehwirkung von Kaiim.

II.

275

beob. Vol. Temp. Quecksilber- Barom. Corr. Vol. C. saule iiber d. h. 0OC.u.l m

Wanne Druck

Nach Zulassung von 33i,9 229,i 743,6 157,65 Sauerstoff (feucht) I Nach d. Verbre"- 281,6 i5,3 280,9 744,i izO,0? nung (feucht) . . 1

Absorption d* 231,6 15,3 333,i 7473' 90,92 CO, (trocken) . . 1

21,5 746,8 370,05 Nich Zulassuiig v. 539,o 15,4 H (trocken). . . I Nach der Verbre'- 247,2 15,4 316,7 745,5 97,30 iiung (feucht) . . I

Aus den obigen Analysen berechnet sich, dafs 1 Vol. des Gases nahezu 3v2 Vol. Sauerstoff zur Verbrennung bedarf und 2 Vol. Kohelnsaure erzeugt :

Angewandses Gasvol. Verbrannkr Sauerst. Gebildete CO, 1. 3437 105,60 60,26

11. 15,oo 51,80 29,15

Fafst man dic obigen Thatsachen zusanimen , so ergiebt sich, t la t das fragliclie Gas die Zusainmensetzung und Conden- sation des bis jetzt hypothetischen Methyls besitzt. Die in ihren Details bereits mitgethrilte Bestimmuiig seines specifischen Ge- wichtes hatte die Zahl 1,076 gegeben, welche mit dem berech- neten specifischen Gewichle = 1,037 nahe gonug iibereinstimmt, wenn man erwagt, dafs dem Gase wahrscheinlich noch ein wenig Cyanathyldampf beigeriiengt gewesen ist , wodurch das spec. Gewicht offenbar erhoht werden mubte :

1 Vol. Kohlenstoffdampf = 0,82922 3 ,, Wasserstoff = 0,20730 Z Methylgas = 1,03652

- - 1 : 3,47 : 1:99

- - 1 3,45 : 1,94

(gefiinden) : 1,076.

276 F r a n k la n d u. Kol b e , uber die Zersetz;ungsprodticte

Das Methyl ist ein farhloses, bei - 180 niclit condensir- bares, in Wasser unliisliches Gas von schwacheni iitherartigrii Geruch. Alkohol absorhirt davon sein 1,13 faches Volun~cri. b4it einern gleiclicn Volumen ausgekochten Alkohol uber Queck- silber vermischt und duinit geschuttelt, verscliwand es bis auf eine kleine Blase, die nicht I(.. pC, vorn Ganzen betrug. Con- centrirte Schwefelsaure wirkt niclit auf das Methyl ein , noch verbindet es sich rnit Schwefel oder Jod, wenn man sie in dein Gase erbilzt.

Es war interessant und wichtig zu versuchen, ob sich das Methyl gleich dem Wasserstoff unmittelbar niit Chlor zu Methyl- chlorur vereinigt. Zu diesern Zweclte fullten wir von Neuem einige durch Kautschuk verbundene trockne Rohren gleich denen mit e und f hezeichneten ; die vordere derselben war an einern Chlorcalciumrohr und dieses anderseits in die Kautschuk- riihre c befesligt , vvelche letztere wahrend des Fiillens der Glocke B in der Mitte unterbunden war. Nachber wurde die Schnur gelost und durch RTiedertlrucken der Glocke das Gas durch jcnes Rijhrcnsystern hindurchgetrieben. Da das Gasvolumen in dcr Glocke rvolil tiils Zwanzigfache von der Capacitiit der zn fullenden Riilirchen betrug, so durften wir an- nelirnen, dafs zuletzt iille atniosplifirische Luft BUS dern Apparat verdrangt war. Die Riilircn wurdcn scliliefslich durch Unterbin- dung der Kaotscliiiliverbiiidung~n wie oben I crschlossen und von rinander getrennt.

Wir fullten darauf ein anderes Rohrchen von derselben Capacillt, wie eins drr obigen init trocknem Clilor und vcr- Banden das eine ausgezogene Ende ilesselben dann inoglichst rascli durch ein starkes l<autschukrohr mit dcr das Methyl ent- haltenden gleichen Riilire, so dafs die heiden Gasc durcli jenes niit einander coinniunicirtcn. Nach 24 sturidiger Aufbewabrung an einern dunklen Orie hatlcn SIC sicli volll~oitimen gerrtisclil, dine sich jedoch veriintlert zu Iialm. Darauf tlcirr za'slrciitcn

des Cyaizdthyls durch Einwirkring von linlitrm. 277

Licht ausgeselzt , verschwand die Farbe des Chlors mehr r t i t t l

rnehr, ein Reweis, dafs nun Vereinigung Statt fand. Nach abcrrnals 24 Stunden wurden die beiden Rohren an ihren Enden niit rler 1,ijtbrohrflamme ahgescliinolzen , um zu weitercn Versr~chen zu dienen.

Beim Wictleriiffnen unler Quecltsilber zeigte sich, dafs einc bemerkbtire Condensation ?ticlit eingetreten war. Gleichwohl korinle des chlorhi~ltige Product nicht Chloril-iediyl seyn , (la es, wie einige Gasblascn, die man austretcn liefs , zu erkennen gaben, cine grofse Menge Salzsiuregns beigetiiengt enthielt.

Uin tlen Gehalt an Selzsiiure quantitativ zri l)estitnrticn, wurde das Gas ubcr (2necksill)er in eine kleine in Millimeter eingetheiltc und calibrirte tvockcne Glesgloclic iibergefiillt und das gcrnessene Volumen so lange rnit einer Jiugel von was- serhaltipem phosphorsnuren Natron und zulelzl mil einer Kali- kugel behandelt bis die Salzsiiure ahsorbirt war, der Riickstand in ein griifseres Er;diometer gebracht und mit Sauersloff verbrannt.

heob. Vol. Temp. @uecLsill)cr- Barom: Corr.Yol. C. slulc iilw d. b. ooc. u.

Waiiiie 1 m Drcick

Die Analyse gab folgentle Zahlen :

Anfiingl' Vo'umen 103$ 28,gO 41,2mrn 752,5mni 68,35 (trocken) . . . Nach FIG1 (trockcn) . .I Nach d. Uebcrfiillen 1 i. p. Eudiortt. (fcbt.) / Narli Z U I ; I S ~ U I I ~ von 1 0 (feucht) . . .

'* 55,i 18,s 95,O 755,i 34,00

116,l 18,s 439,2 755,O 32,50

,36?,5 19,O I86,G 754,8 187,05

269,8 753,7 123,OO

186,i 19,8 367,3 753,2 66,95

462,3 20,O 86,s ?52,4 286,90

Nach dcr Verbren- I 281,5

Nach Absorptioii d. 1 C02 (trockeii) . . / Nach Zulassung von ) FI Clrookcn) . . /

ig,, nurlg *) (fCIICII1) . (

Nacli tler Verlwen- 24O,2 20,0 31i,6 752,O 94,70 nurig (feucht) . . 1

278 Franklaird u. l i o l b e , fiber die Zersetzungsproducte

Bei der grorsen Schwierigkeil, die das Chlor - und Methylgas entlialtenden Riihrcn von nbsolut gleicher Capiicitiit zu erhallen und tla es fvrner unvermeidlich ist, dafs nicht beitii Zusammenfigttn

Eudiometcrs stellenwcise mit eiiier schwarzen Metallhaut iiberzog. Gleichzeitig wnrde eine grofse filcnge Chlor frei, von dem das riick- stindige Gas eine tief gelbcFarbe ainiahni. Es wnrdc nachher vom Quecksilber vollstandig ahsorbirt , wohei sich der schwarze Beschlag in wveifses QueclrsilLercliloriir verwandelte.

Nach einer frhheren Bcol~achtnng von Buns en (Annalen der Chemie Bd. XLVI, S. 33) sol1 sich der WasserstolF bemerlrharer chlor- haltiger Gase durch eudiometrische Veri)nflniig init Sauerstoff nicht 1)estimnieii lassen, weil die dahei erzeugte Salzsaure zuin Theil nnter Ausschcidung von Chlor zersctzt wird. Wenu, iin schcinbaren Wi- derspruch mit dieser Tbatsache, bei der obigen Analyse , wie sich ans den Daten derselbcn ergicbt , eine vollstsndige Verhrennung des Wasscrstob und Kohlenstob Statt gefundcn hat, so liegt der Grund dieser Erscheinung unstreitig in der die Entzundung des Gases be- gleitcnden starken Warmeentwiclrelnng. W e sehr die Verbrennlich- keit des Salzsluregascs mit der Verbrennungsteinperatnr zunimint, gcht aus folgcndcn cudioinctrischen Versuchen hervor , in denen Salz- slnrcgas niit Knallgas und SauerstoiT in verschiedenen Vcrhaltnissen verbrannt wurde.

V e r s u c l i 1. beob. Vol. Temp. Queclrsillier- Bar. Corr.Vol I).

C. du le iiher d. 0" C. u. l i n Wniinc Druclc

Saucrstotrgas (trocken) Nach Znlassung von Iinallgas (trocken) . Nach Zulassung von Silzsiinregas (trocken) Nach der Verhreii- nung (feucht) . . . Nach Zulassnng von Wasser (feucht) . .

172,3 21,2" 382,41:1111 748,9inni 63,l

285,5 21,2 265,9 748,O 137,6

362,2 21,2 187,4 74&9 202,7

237,7 21,2 3IG$ 746,9 1023

170,O 21,2 367,O 746,9 61,2

+ 1 ,51m, =21111111 Wasscrdruck.

DiC Explosion durch den electrischen Funken war im ohigen Falle scl~r scllwach nnd die geringc Mengc des ansgeschiedcnen Chlors gab sich kauil> durch seine Farbe zu erhennen 10 dem nlchsten Versuche, ~0 ein klcincs Vnlnlnen Salzsiinrc init einem vie1 grofsern Voiumen iiii;;!lgas ~ I I I I ~ wclligcr cIhcrschiissigcn Sanerstoli', als zuvor, vcrbrdnnt wurclc, \var die Entziindnng von cincr wcit stilrltern Warmentwicke-

des ‘ Cyan Bllqls dwch Ekwirkzrng ,eon Kalium 279

beider kleine Antheile atmosphiirischer Luft eingeschlosserr werden, darf man von der vorstehenden Analyse keine absolule Genauiglteit erwarten. Die Rrsultate gewiihren indesseti hin- reichende Anhaltspuiilile, urn die atoinistische Zusanit~ienselzung tles neuen chlorhultigen Products sicher zu stellen.

Es ergiebt sich d a m s zunachsl, dafs die Mischung aus gleichen Volumen Salzsiiuregas und des andern Products be- steht. Die Verbrennung des nach Absorption der Kohlensaure gebliebenen -Ruckstandes mit Wasserstoff ceigt, dafs dieselhe

lung begleitet. Es fand dabei Sublimation des Quecksilbers und eine reichliche Awcheidung von Chlor Statt.

V e r s u c h 11. beob. Vol. Temp. Quecksilber- Bar. Corr.Vo1. b.

C. slule iiber d. OOC. u.im Wanne Druck

BnallgG (trocken) 305,4 21,40 251,2mm 746,8nlm tM,4

1 353,o Nach Zulassung von 0 (trocken). . .

Nach Zulassung von 1405,6

Nach der Verbren- 1 ii9,6’

Nach Zalassmg VOB 1 tit,i

Salzsfiureg. (trock.)

nung (feucht) . . Wasser (feucht) .

21,4

21,4

21,s

21,5

199,s

146,i

435,2

419,8

746,2

7458

742,9

742,9

t 78,8

225,6

32,O

3t,3 +

2mm= 26mm Warserdruck.

Wenn gleich jene beiden Versuche keine absolute Genauigkeit gewilhren,-weil die letzten Ablesungen iiber Wasser geschahen, so sind sie doch hinlilnglich beweisend fiir die ausgesprochene Behaup- rung. Bei dem ersten Versuch, in welchem 65 Vol. SalzrHuregas mit 74,5 VoL Hnallgas und 63,l Vol. Sauerstoff verbrannt wurden, verschwandeu vom letzteren nur 1,9 Vol. Es waren also von 65 Vol, SalzsSure nur 7,6 Voi. zerlegt.

Im zweiten Versuch wurden 46,8 Vol. SalzsHure mit i40,4 Vol. Knallgas und %,4Vol. Sauerstofl vermischt und hei der Verbrennung 7,t Vol. SauerstotF verzehrt. Vou 46,s Vol. Salzsiiure blieben dem- nach nur 118,4 Vol. unzersetct iibrig. Im ersten Falle war kaum I/,, Vol., im zweiten iiber Vol. der angewandten Salzsaure ver- brannt.

280 Fr a n k 1 a n d u. K o 10 e , iiber die Zersetzungsproducte

noch 2,s Vol. Slickstoff enthielt; dcmnach sind den1 verbrannten Gasvoluinen = 32,55 gegen 3,5 Vol. atinosphlrisclier Lutl bei- geinengt gewesen, abgesehen von derjenigen Menge des Stick- stoffs, die sich bei der Verbrennung zu Salpeterslure oxydirl, also der Beobachtung entzogen hahen mufs. Nach Akzuq dieser 3,5 Vol. Luft bleiben 29,O Vol. des eigentlichen brennbaren Gases, welche der Analyse zii Folge 90,4 Vol. Sauerstoff con- sumirt und damit 56,O Vol. Kohlensaure erzeugt haben.

' Da, wie der Versucli gezeigt hat , i Vol. Methylgas mit

1 Bol. Chlor sich in 1 Vol. Salzsluregas (= Vol. H+'/,Vol.CI) und 1 Vol. eines andern Gases verwandelt, so mfs letzteres offen- bar aus Vol. Chlor ond 1 Vol. Methyl minus Vol. Was- serstoff bestelien und sein specifisches Gewicht [ n u b = 2,226 seyn :

1 Vol. Kohlendainpf 0,82922 2l/, ,, Wassersloff 0,17270

,, Chlor 1,22445 Coiidensirt zu 1 Voluinen 2,22631.

Die& ist aber die Condensalion und Zusainmensetzung des Chlorathyls. Der Rechnung zu Folge erfordert 1 Vol. desselben 3,25 Vol. Sauersloff zur Verbrennring und erwiigt 2 Val. Koh- lensaure ; die obige Analyse hat damit in hinllnglicher Ueher- einstiinmung 3, i2 Vol. verbrannfen Sauerstoffs nnd 1,93 Vol. der gehildelen Kohlenslure auf 1 Val. des brmnharen Gases ergeben.

Wenn gleich jenes Gas in seiner Zusammenseteung, der Condensation seiner Elemente und folglich seinem specifischen Gewiclite mit dem Chloriithyl grnau iihcreinstinimt , so ist es dcnnoch nicht dersclbe Kiirper , soiitlern nur eine isomere Ver- bindung. Denn wlhrend das Chlor#thyl unter + 12O C. liqiiid wird und hci - 1 8 O C. krystallisirl"), so behiilt jmes Gas, durch eine Kugel von phosphorsaurein Natron von Sihiiurt! befreit

*) Lii w i g , Chemic tler org. Vchindungcn 2. Aufl. Bd. 11. S. 434.

des Cyanilth@ durch Einccihng vm Kalium 281

und durch eine Kalikugel entwlssert, selbst bei - 18O C. seinen Aggregatzusland unverlndert bei. Auch unterscheiden sie sich, jedoch weniger bestirntrit , durch ihre verschiedene Aufliislichkeit in Wasser , welches vom Chlori&hyl ein gleiclirs Volutnen aufnimnit, voti dern andern Gasc aber bei einer Tein- peratur von + 190 C. und '18 Atrnosphareridruck Wasser nahe sein zweifaches Volumen absorbirt.

Es ist kautn zu hezweifeln, dafs jene bemerkenswerlhe Isn- inerie in einer von der rafionellen Zusainmensefzung des Chloratliyls abweicheiiden Gruppirung der Atome ihren Grund hat. Viel- leielit ist der neue gasf6rrnige Kiirper eine gepaerte Verbindung dcs Methyls mil eineni andern Atom Methyl, worin 1 Aeq.

Wasserstoff durch Chlor vertreten wird = C, H, . C,($).

Ob und in wie weit dicse Hypothese riclitig ist, rnufs diirch spaterc Versuche ermittelt werden.

Uebrigens zeigl jenes Gas manche Uebereinstinimung init dein Chloratliyl; es besitzt einen sehr verwandten Gerucli, verbreritit wie jenes utiter Bildung vori Salzsluredampfen iait srnaragdgriiner Fiamnie und wird von einein Ueberrnafs von Chlor iiri Sonnenlichle in einen festen , cdinphorarligen Kiirper verwandelt , welcher ohne Zweifel Chlorkohlensloff = C, €Is ist. Wir haben aus Mange1 an Material seine Eigenschaflen nicht weiler studirt.

Kyanathin.

Wenn man von 1 Alom Cydiiiilhyl 1 horn Pelhyl abzieht, so bleibt das Glied C, N, €y iibrig, welches .sich offenbar in der zahen gelblichen Masse befinden ttiufs, die Lei der Dar- stellung des Methyls an der Stelle des Kaliurns zuriickbleiht. Es ist uns leider bis jctzt nicht gelungen , zu ertnitteln, welche Verbindung jener Korper, oder wenigstens die Gruppe C, 11, ejngeht. Behandelt man tiiimlich den Ruckstand niit Wasser,

282 Frankland ec. K o l b e , iiber die Zersetmnpproducte

so erhiilt inan in der Auflosung eine reichliche Menge Cyan- kalium und aufserdein eine weifse unlosliche Substanz , welche indessen , wie aus den nachfolgenden Beobachtungen hervor- peht, aufser allem Zusammenhange mit der gesuchten Ver- bindung steht.

Jene in Wasser unlosliche Substanz , welche wegen ihrer merkwiirc’igen Beziehungen zu dem Cyanathyl unsere Aufnierk- samkeit irn hohen, Grrde in Anspruch nahm, wurde, durch Auswaschen mit kaltem Wasser von Cyankalium und Cyanathyl hefreit , in siedendem Wasser gelbst. Beim Erkalten setzten sich daraus kleine perlaiuttergliinzende Krystallblattchen ab, welche bei 100° getrocknet folgcnde Zusarnmensetzung zeigten.

0,3557 Grin. gaben mit Kupferoxyd verbrannt 0 ) 0,856 Grm. Hoblenslure und 0,300 Grm. Wasser.

*) Boi dieser und den nachfolgenden Analysen wurde nach beendeter Verbrennung mit Kupferoxyd , durch Erhitzen von geschmolzenem iiberclilorraurem Kali, melclies sich im hieteren Theile der Riihre befand und durrh einen ausgegliihten Asbestpfropfea von dem Kupfer- oxyd getrennt War, ein Strom von Sauerstoff iiber das reducirte Kupfer geleitet.

Ueberchlorsaures Kali eignet sich dam besser, als ‘das chlorsaure Sale, weil bei ersterem die Gasentwiekelung vie1 gleichmsfsiger und zu Anfang weniger stiirmisch ist. Der Kaliapparat war aiifserdem mit einem kleinen , Stiicke von geschmolzenem Kalihydrat enthalten- den, R6hrchen versehen, um die von den die Kalilauge d-rch- streichenden Luftblasen fortgefiihrten Wasserdiimpre zu absorbiren. Beide wurden zusammen gewogen. Zuletzt wenn der Kaliapparat vom Chlorcalciumrol~r getrennt war, wurde durch Saugen der im ersteren mdglicher Weise noch enthaltene freie Sauerstoff d u d a t mosphiirische Luft ersetzt.

Manche sehr kohlenstolFreiche Verbindungen lassen sich mit blofsem ‘Kupferoxyd ohne Sauerstoffgas nie vollsthdig verbrennen. Benzol , Naphtalin und ahnliche Biichtige , kohlenstoffreiche Korper

ben, mit Kupferoxyd allein verbrannt, im Durchschnitt l/, pC.

jedoch fast absolut genaue Resnltate. Jener Verlust scheint durch die Bildung von Kohlenkupfer veraulatt zu werden.

P ohlenstoff zu wenig , bei gleichzeitiger Anwendung von Sauerstoff

.

des Cymhthyls dwch EivatmXwng von Kalium. 283

0,2055 Grm. gaben 0,495 Grm KohlensPute und 0,171 Grtn. Wasser.

Die Bestimrriung des Slickstoffgehalts , nach B u n s e n s Methode durch Gliihen einer unbestimmten Menge Subslanz rni t Kupferoxyd und melall. Kupfer in einer slickstoff freien evacuir- ten und darauf hermetisch versehlossenen Glasrohre ausgeflihrt, gab folgende Dalen :

beob. Vul. Temp. Queckailber- Bar. Corr. Vol. b. C. atiule iiher d. 0 0 c. u. i m

Wsnne Druck

370,4mm 753,9mm 62,8 1

Nach d* 40,s 20,s 517,4 755,8 9,M CO, (feuchk] I Daraus erpiebt sich das Verhaltnifs der Kohlenslure zum

Procentische Zusarnmensetzung : (C = 75; H = 12,5). Stickstoff = 6 : 1,009.

bereehnet gefunden - C, 65,s 65,6 65,O & 9,1 9,3 9,2 8 25,4 25,5, 25,5

100,o 10,4 100,3.

Die analysirte Verbindung hat demnach die Zusammen- setzung des Cyanathyls. Sie ist jedoch weit entfernt, irgend eine Eigenschaft mit jenem zu theilen. $ie liist sich in allen Sliuren mit Leichtigkeit auf, giebt dami! in Wasser und Alkohol losliche, theilweise schBn kryslallisirende Salze und wird daraus durch Kali, Ammoniak und die kohlensauren Alkalien unverjln- dcrt gefallt, kurz sie ist eine organische Basis.

Wir nennen sie Xycaniithira, um daniit an ihre Abstammung vom Cyanathyl zu erinnern. Die Formel des Cyanathyls ent- spricht jedoch nicht der atornistischen Zusammensetzung des

284 Frank land u. K ~ l b e , uber die Zersetzlungsproducte

Kyanathins, sondern niufs , wie sich aus der Analyse seiner Salze ergiebt , verdreifacht werden. Ein Atom dieser Basis be- steht deinnacli aus : C,, €4, €&.

Das Kyanlithin ist iin reinen Zustande eine weifse , geruch- und fast ganz geschniacklose fluchtige Substanz , schmilzt bei ohngefahr 1900 0. und fangt nahe bei 280° C. an zu sieden, wobei sie jedocli eirie partielle Zersetzung erleidet. Sie ist in Allrohol in fast allen Verhaltnissen liislich , im kalten Wasser sekr wenig, in kochendciri Wasser leichter loslich und scheidet sich aus letzterein, wie erwlilint , beim IangSamen Erkalten in kleinen irisirenden Kryslallblattchen ab. Die' warme wassrige Liisung zeigt eine schwache, aber deutlich alkalische Reaction. Die Basis kann anhaltend mit Kalilauge gekocht werden, ohne die Zersetzung des Cyanathyls und uberhaupt ohne eine Ver- anderring EU erleiden. Wird sie damit zur Trockne verdampft und im Silberliegel zuni Sclimelzen erhitzt, SO subliinirt der griifste Theil derselben unverandert ab, dine dare der Ruckstand gesclirvlrzt w i d .

Die Salze dtvj Kyariiithins liaben durcligehends einen bilter- lichen herben Gesclrinack und sind alle i n Wasser und Alkohol liislich.

Das salpelersaure Kycinathin = C,, XIl5 K, 140, NO, durcli Aufliisurig der Basis in verdunnter Salpetersaure erhalten, kryslallisirt beiiri freiwilligen Verdunsten in grofsen farblosen Primen ; es reagirt nach dein Umkrystallisiren vollkomnien neutral. Die Analyse des Lei 100° C. gelrockneten Salees hat folgende Zalilen gegeben.

0,401 Grin. gaben 0,699 Grin. liohlerisaure und 0,256 Grm. Wasser.

Zwei nach B u ri se n s Alethode ausgefuhrte Sticksloffheslirn- inungrn lieferten folgendc Resultate :

des Cyanilthyls durch Ehwivhng von Kaliurn.

I.

C. siiule fiber d. 00 c. u. l m

285

beob.Vo1. Temp. Quecksier- Bar. Corr. Vol. b.

Wanne Druck

1 34,Gmm 746,9mm 72,74 Anfdngl. Volumen 132,0 21,20 CO,+ €4 (feucht) 1 Nach Absorption ] 28,2 21,20 236,8 746,9 13,30 der CO, Cfeucht)

11. I 134,? 18,40 130,Omm 745,3mm 75,76 Anfangl. Volumen C02+€4 (feecht)

Nach Absorption ] ' 28,5 17,9 235,O 750,9 13,80. der CO, (trocken] Daraus berechnet sich das Verhaltnifs der Kohlenslure zum

SIickstoff = (1) 4,5 : 1,007. (111 4,5 : 1,002.

Procentische Zusammensetzung : berechnet gefunden

C,a 4?,4 47,5 % e 790 730 N4 24,5 24,6 0, 21,l n

i00,o. Das schwefelsaure und salzsaure Kyaniithin sind in Wasser

sehr losliche, nicht krystallisirbare Salze. Das essigsaure Salz verliert beim Abdampfen tluch im Vacuum Essigsaure und verwandelt sich in eine unliisliche basische Verbindung. Dss oxalsaure Salz, durch Neutralisation der S h e mit einem Ueberschufs der Basis erhalten , gieht beim freiwilligen Verdunsten der filtrirten Losung grofse, wohl gebildete, prismatische Krystalle. Auch das chlorkohlendilhionsaure Salz hat grofse Neigung zu kry- stallisiren.

Wie das Ammoniak und die organischen Basen bildet das salzsaure Kyanathin mit Platinchlorid ein Doppelsalz von aus-

Annal. d. Chemio u. Phrrm. LXV. Bd. 3. IleR. 20

286 Frank land u. K O l b e , Ober die Zer~etzlungs,~roccte

gezeichneter Schiinheit , welches sich in Form eines gelblich rothen krystallinischen Niederschlags abscheidet , wenn concen- trirte Liisungen beider verinischt werden, Es ist i n Alkohol, auch in einer Mischung von Alkohol und Aether zienilich leicht, in Wasser schwieriger loslich und krystallisirt daraus beim langsainen Verdunsten in grofsen rubinrothen Octaedern. Die alkoholische Auflosung erleidet beim Kochen eine Zersetzung, in Folge deren sich Clilorplalinaniriioniutn bildet.

Der obige Niederschlag init kallem Wasser einige Male ausgewaschen , darauf zwischen Filtrirpapier geprefst und bei 1000 gelrocknet, gab bei der Analyse folgende Zalileii :

0,797 Grin. in eineni Porcellantiegel tnit Alkohol befeuchtet lind nach dessen Verbrennung anhaltend stark gegluht, lieferlcn 0,209 Grm. Platin.

0,427 Grin. gaben 0,456 Grin. Kohlerisauro und 0,169 Crm. Wasser.

Znoarnniensetzung : PtCI, + C,, H,, S,, 1IC.I.

Cl lr 29,l 29,l H I , 4,3 4 4 5, 11,4 - GI8 28,7 n

Pt 26,5 26,2

bereclinet gefundcn

100,o.

Wir hahen uns vergebens beniiiht, die Umstande zu er- mitteln , welche die merlrwiirdige Urasetzung der Elernente des Cyanathyls zu Kyanathin bedingen. Alle Versuche , latzteres auf eineni andern Wege , als dem bczeichneten, darzuslellen, sind fruclitlos geblieben. Selhst als wir das obige Verfahren tlahin abiinderten , dafs wir , anstatt das Cyanathyl tropfenweise uuf tlas Kaliuin fallen zu lassen, lelzteres in Cyanjithyl warfen,

der Qpanii~s d u d Ehabinkucng von Kalkm. 207

bildete sich zwar Methylgas und Cyankalium, aber kaum eine Spur jener Basis. Cyanathyl erleidet eben $0 wenig die gehone Veranderung, wenn man es in einer hermetisch verschlossenen starken Glasriihre fur sich oder mit trocknem Cyankalium ge- mengt bis zu 240° C. erhitzt; es bleibt dabei vbllig unvcr- Bndert. Uebrigens ist auch die nach dem angegebenen Ver- fahren erhaltene Menge der Basis sehr gering, sie betrlgt nur wenige Procente vom angewandten Cyanathyl.

Es ist schwer, sich von der rationellen Zusammensetzung des Kyanathins einen Begriff zu machen. Um daruber eine Hypothese aufzustellen , welche es den1 Anilin anreihet , der wir jedoch gegenwartig nicht den rnindesten Werth beilegen, so kann man sich vorstellen, dab esgleich jenem ein gepaartes Amid sey, in dessen Paarling zwei Aeq. Wasserstoff durch

zwei Aeq. Cyan vertreten sind =C,, 181 . a€€,. Ueber

den Werth oder Unwerth dieser Ansicht rniissen kiinftige Be- obachtungen entscheiden.

Die vorstehenden Versuche sind im Laboratorium des Hrn. Prof. Bunsen angestellt, welcher uns wahrend unseres Auf- enthalls in Marburg die Benutzung desselben freundschaftlichst gestattete. Miige es uns erlaubt seyn, ihm hier fur die viel- faltigen Beweise seiner Giite und seines Wohlwollens unsern warmsten Dank abzustaltes.

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