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1332 NH--- C--- N H 1‘. ‘. CO I ‘co ‘co Mit dem Studium der Oxydationsprodukte sind wir eben be- Cambridge, Harvard-College, 4. Juni 1878. schaftigt. 342. L. Barth und J. S c h r e d e r : Ueber Diphenole. [Der kais. Akad. der Wissenschaften in Wien vorgelegt am 4. April 1878.1 (Eingegangen am 25. Juui.) Vor einer Reihe von Jahren hat der Eine von uns I) eine Reaction beschrieben, bei welcher aus Phenol, unter dem Einflusse des schmel- zenden Kalis Salicylsaure Oxybenzoesaure und hauptsachlich ein Kiirper von der Formel C, , H, , 0, , der Diphenol genannt wurde, entstand. Wir haben nun diesen letzteren K6rper einer genaueren Untereuchung unterzogen , dereu Resultate in Folgendem mitgetheilt seien. Die Darstellung des Rohproduktes und die Trennung von den mitgebildeten Sauren geschah in der Weise, wie in der citirten Ab- handlung beschrieben ist. Das Rohdiphenol erstarrte nach langerer Zeit mehr oder weniger krystallinisch a). Die weitere Verarbeitung war nun etwas abweichend von der friiher angegebenen. Zunachst wurde die Masse im luftverdunnten Raume destillirt. Dabei ging sie bei einem Drucke von beilaufig 150 mm griisstentheils zwischen 310- 3300 iiber. Der Riickstand, eine dunkel gefarbte, zahe Masse, etwa 5 Procente des Gesammt-Di- phenols betragend, wurde einstweilen bei Seite gestellt. (A). Das Destillat wurde nach kurzer Zeit zu einer harteii, krystallinischeu Masse, welche schon mit freiem Auge wahrnehmbar zwei verschiedene Krystallformen zeigte, lange diinne Nadeln und Bliittchen. Die friiher angewendete Behandlung mit kohlensaurem Natron wurde ale nicht zum Ziele fiihrend aufgegeben, dagegen erwies sich folgende Trennungs- methode als brauchbar. Die Krystallmasse wurde in vie1 siedend heissem Wasser aufge- nommen worin sie unter vorherigem Schmelzen relativ nicht allzu- I) Wien. Akad. Ber., 11. Abth., 62, pag. 547. 2, In den Sitzungsberichten der k. Akademie 1. c. wird in einer Aumerkung erwllhnt , dass sich in dem damals beschriebenen Diphenol nach mehrwiichentlichen Stehen KrystallansLtze zeigten, die von der Ober6Lche ausgehend, sich gegen das Innere verbreiteten, und die Vermuthung ausgesprochen, dass der KGrper mit der Zeit endlich ganz in den krystallinischen Zustand Ubergehen werde. Die88 An- merknng ist leider in den Annalen durch ein Versehen nicht mitgetheilt.

Ueber Diphenole

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NH--- C - - - N H 1‘. ‘.

C O I ‘co ‘co

Mit dem Studium der Oxydationsprodukte sind wir eben be-

C a m b r i d g e , Harvard-College, 4. Juni 1878. schaftigt.

342. L. Barth und J. S c h r e d e r : Ueber Diphenole. [Der kais. Akad. der Wissenschaften in Wien vorgelegt am 4. April 1878.1

(Eingegangen am 25. Juui.)

Vor einer Reihe von Jahren hat der Eine von uns I ) eine Reaction beschrieben, bei welcher aus Phenol, unter dem Einflusse des schmel- zenden Kalis Salicylsaure Oxybenzoesaure und hauptsachlich ein Kiirper von der Formel C, , H , ,, 0, , der Diphenol genannt wurde, entstand. Wir haben nun diesen letzteren K6rper einer genaueren Untereuchung unterzogen , dereu Resultate in Folgendem mitgetheilt seien.

Die Darstellung des Rohproduktes und die Trennung von den mitgebildeten Sauren geschah in der Weise, wie in der citirten Ab- handlung beschrieben ist. Das Rohdiphenol erstarrte nach langerer Zeit mehr oder weniger krystallinisch a).

Die weitere Verarbeitung war nun etwas abweichend von der friiher angegebenen. Zunachst wurde die Masse im luftverdunnten Raume destillirt. Dabei ging sie bei einem Drucke von beilaufig 150 mm griisstentheils zwischen 310- 3300 iiber. Der Riickstand, eine dunkel gefarbte, zahe Masse, etwa 5 Procente des Gesammt-Di- phenols betragend, wurde einstweilen bei Seite gestellt. (A). Das Destillat wurde nach kurzer Zeit zu einer harteii, krystallinischeu Masse, welche schon mit freiem Auge wahrnehmbar zwei verschiedene Krystallformen zeigte, lange diinne Nadeln und Bliittchen. Die friiher angewendete Behandlung mit kohlensaurem Natron wurde ale nicht zum Ziele fiihrend aufgegeben, dagegen erwies sich folgende Trennungs- methode als brauchbar.

Die Krystallmasse wurde in vie1 siedend heissem Wasser aufge- nommen worin sie unter vorherigem Schmelzen relativ nicht allzu-

I ) Wien. Akad. Ber., 11. Abth., 62, pag. 547. 2, In den Sitzungsberichten der k. Akademie 1. c. wird in einer Aumerkung

erwllhnt , dass sich in dem damals beschriebenen Diphenol nach mehrwiichentlichen Stehen KrystallansLtze zeigten, die von der Ober6Lche ausgehend, sich gegen das Innere verbreiteten, und die Vermuthung ausgesprochen, dass der KGrper mit der Zeit endlich ganz in den krystallinischen Zustand Ubergehen werde. Die88 An- merknng ist leider in den Annalen durch ein Versehen nicht mitgetheilt.

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schwer loslich ist. Die Losung, welche so verdiinnt sein muss, dass auch beim Abkiihlen keine Trubung entsteht, wurde nun mit etwas Bleizucker versetzt, die entstandenen, dunkelbraunen Flocken entfernt, und das Filtrat dann mit Bleiessig ausgefallt. So erhielt man einen weissen, voluminosen Niederschlag, der ausgewaschen, mit viel Wasser angeriihrt und in der Warme mit Schwefelwasserstoff zerlegt wurde. Nach dem Filtriren uud Verjagen des Schwefelwasserstoffs entzog Aether der Liisung ein nach dem Verdampfen desselben erstarrendes Oel. Dieses wurde nun in heissem Wasser geliist, und die beim Er- auf die Zimmertemperatur sich milchig triibende Fliissigkeit so lange geschiittelt, bis die feiu vertheilten oligen Tropfchen sich vereinigt und als zusammenhlngeude Schichte am Boden gesammelt hatten. Die daruber stehende, ziemlich klare Flussigkeit wurde nun zur Trennung von Spuren suspendirter Oeltriipfchen durch ein nasses Filter filtrirt. Nach einigem Stehen schied sich dann aus dem Filtrate eine reichliche Krystallisation, vornehmlich an den Wanden der Kry- stallisationsgefiisse haftend, ab. Die Flussigkeit wurde von den Kry- stallen abgegossen und neuerdings zur Auflosung der friiher ausge- schiedenen oligen Parthie verwendet, und dieses Verfahren unter theilweiser Erneuerung des Wassers so lange fortgesetzt, bis sich schlieslich keine Krystalle mehr abschieden. Das ubrigbleibende Oel war im Verlaufe der Operationen braun geworden und wurde nun neuerdings einer Bleibehandlung etc., unterworfen. Der erhaltene, lichtgelbe Aetherriickstand erstarrte nach einiger Zeit wieder voll- standig krystallinisch. Er wurde einer neuerlichen Auskochung mit siedendem Wasser unterzogen und lieferte eine weitere Menge von Krystallen. Dasselbe Verfahren konnte noch mehrmals rnit dem gleichen Resultate wiederholt werden, und es echeint, dass durch die Bleibehandlung eine geringe Menge eines die Krystallisation hindern- den Kiirpers weggeschafft wird. Wir miissen noch bemerken , dass die von dem Bleiniederschlage ablaufende Fliissigkeit nur Spuren von organischer Substanz enthalt.

Die so aus der wiisserigen Liisung erhaltenen Krystalle zeigen nun auf das Deutlichste zweierlei Formen. Es ist uns nicht gelungen, durch verschiedene Losungs - oder Fallungsmittel eine auch nur an- nahernd brauchbare Trennung zu bewerkstelligen. Wir mussten uus daher auf die kactionirte Krgstallisation beschranken, und zwar er- wies sich auch hier das Wasser als das beste Trennungsmittel. Ein sehr miihseliges und oft wiederholtes Umkrystallisiren und A bschlammen fiihrte wenigstens theilweise zum Ziele. Wir erhielten so von dem in Nadeln krystallisirenden Korper eine einigermaassen betrachtliche Quantitat, ron dern in Blattchen krystallisirenden nur so viel um seine chemische Charakteristik geben zu konnen. Die Hauptmasse des Pro- duktes blieb imrner ein Gemisch der beiden Kiirper, das der weiteren

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Trennung spottete. Demgemass kiinnen wir einstweilen auch nicht so ausfiitirliche Angaben fiber beide Substanzen machen, als wir wohl ge- wiinscht hatten.

Der weitaris in vorwiegender Menge vorhandene Kiirper kry- stallisirt in langen, feinen, platten Nadeln, die eine Lange ron oft mehr als 2 Cm. besitzen. Obwohl in Wasser leichter liislich als der zweite Kiirper, krystallisirt e r doch eben wegen seiner iiberwiegenden Menge zuerst beraus, und ist noch von diesem zweiten nicht getrennt, so bedecken sich seine Nadelo bald nach dem Erscheinen mit Schuppen und Kornchen des letzteren und erhalten dadurch eine rauhe Ober- flache. 1st e r schon ziemlich rein, so trtibt sich seine wasserige L6sung zuerst milchig, dann beobachtet man pliitzlich das Eracheinen feiner Spiesse in der Fliissigkeit. Mit der Vermehrung derselben klart sich dieselbe, bis endlich die Krystallisation mit einer fast quantitativen Aiisscheidung beendet ist.

Der zweite Kiirper ist, wie erwahnt, in vie1 geringerer Menge vorhanden, in Wasser fur sich schwerer liislich als der erste und krystallisirt in kleinen, flimmerden Blattchen. Beide Substanzen be- sitzen die Formel C , 9 H , o 0 , und sind also isomere Diphenole. Da sie von den bis jetzt heschriebenen sich durch ihre Eigenschaften wesentlich unterscheiden, so bezeichnen wir den in Nadeln krystalli- sirenden mit a-Diphenol und den in Blattchen krystsllirenden mit

Q - D i p h e n 01. Seine Krystallform und seine Lijslichkeit in Wasser wurde schon angefiihrt. Es 16st sich ferner leicht in Alkohol, Aether, Chloroform, Benzol, Xylol etc. Seine wasserige Liisung giebt mit Eisenchlorid eine rein kornblumenbl:iiie Farbenreaction, welche wochen- lang ohne Veranderung oder Triibung bestehen bleibt. Auf Zusatz von kohlensaurem Natron tritt Entfarbung ein. Beim Erhitzen scheidet sich ein rothbrauner Niederschlag aus, der jedoch nicht aus Eisen- oxyd besteht. I n Wasser schmilzt es schon unter 1000, fiir sich er- hitztzt aber ganz scharf bei 123O. Es krystallisirt wasserfrei und gab bei der Analyee folgende Zahlen:

- Diphenol.

Berechnet fllr C, zH, ,O, C 77.42 77.51 H 5.37 5.48.

Gefunden

Zur Bestatigung der Formel wurde die Dampfdichte dee Kiirpers nach der Methode von V. M e y e r im Schwefeldampfe ausgefiihrt.

Berechnet f i r C , ,H,,,O, Gefunden D 6.44 6.40

Bei der Destillation tiber Zinkstaub liefert der Kiirper eine be- sonders reichliche Ausbeute an Diphenyl (iiber 70 Proc.). Das Di- phenyl wurde a n allen ausseren Eigenschaften, Krystallform, Geruch und Schmelzpunkt, der gpnau bei 70.5O lag, erkannt.

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&lit Kalhydrat und Jodmethyl und mit etwas Methylalkohol in RGhren eingeschlossen und auf 130° einige Stunden lang erhitzt, lieferte er das bereits in der fruheren Abhandlung erwahnte, fliissige Dianisol.

Erwarmt man a-Diphenol mit wenig mehr engli- scher Schwefelsaure als die Gleichuug

verlangt, iu der Platinschale bis eben Dampfe von H 2 S 0 , aufzu- treten beginnen, und sich die Masse rothbraun fiirbt, so erstarrt die- selbe nach dem Abkuhlen k6rnig- krystallinisch. Sie lost sich dann sehr leicht schon in kaltem Wasser. Eiue Trennung der geringen Menge uberschiissiger Schwefelsaure durch Beharidlung mit koblen- saurem Blei oder Barium lasst sich in der gewiihnlichen Weise nicht ausfiihrcn, weil die gebildete Sulfosaure mit beiden Metallen fast uu- lijsliche Salze erzeugt. Es empfiehlt sich daher, den geringen Ueber- schuss der angewendeten Schwefelsaure annahernd mit berechneten Mengen von Bleicarbonat abzusattigen, das Filtrat von Spuren ge- lBsten Bleies durch Schwefelwasserstoff zu befreien und nach dem Filtriren von Schwefelblei zur Syrupconsistenz zu concentriren. Im Ex- siccator erstarrt dann dasselbe zu einer lichtgrau gefarbten Krystall- masse. Die Saure ist ausserordentlich leicht lijslich in Wasser. Bei 1 loo zersetzt sich dieselbe unter Braunfarbung in eine firnissartige, ausserst bygroskopische Masse. Dieselbe Zersetzung findet auch schon bei langerem Trocknen an der Luft bei looo statt. Zur Analyse wurde die im Wasserstoffstrome bei looo getrocknete Saure ver- wendet.

Berechnet fiir C , ,H,(HSO,),O, Gefunden C 41.61 41 45 H 2.89 3.37 S 18.49 17.85

S u l f o s a u r e .

CIaHIOO, + 2 H 2 S O 4 = C l % H g ( H S 0 3 ) 0 2 + 2H2O

Die Verbindung ist demgemass als eine Disulfosaure anzusprechen. N a t r i u m s a lz. Durch genaues Sattigen der Sulfosaure mit kohlen-

saurem Natron erhalten , scheidet sich i n Form feiner , steruformig gruppirter Nadeln aus. Es krystallisirt rnit 2 Mol. Krystallwasser, die es bei 200O verliert.

'1 2H8NaZS208 Gefunden

Gefunden N a 11.79 11.50 11.21

H2 0 8.45 8.07 C , ,H,Na2S,08 + 2 H,O

Natriumbestimmungen, die aus Krystallisationen der Mutterlauge erhalten waren, ergaben eiuen etwas kleineren Natriumgehalt. Die- selbe Beobachtung der Verminderung des Gehaltes a n Basis wurde auch bei auderen Salzen gemacht, und es deutet dies darauf hin, dam

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sich beim Concentriren der wlsserigen Losung der Salze sobon ein Tbeil der Sulfogruppe abspaltet.

Das K a1 i u m s a1 z krystallisirt ebenfalls in Nadeln mit einem Molekiile H, 0.

B a r i u m s a 1 z. Erhalten durch Fallen des Kalium- oder Natrium- salzes mit Chlorbarium, als krystallinischer Niederschlag.

G e f u n d e n Berechnet Ba 28.48 28.83

Das Krystallwasser konnte nicbt genau bestimmt werden. D i b r e n z c a t e c h i o . Erhitzt man das Kaliumsalz der vorbe-

schriebenen Disulfosaure mit iiberscbiiaeigem Aetzkali , so wird nach einiger Zeit die Schmelze gelb und entwickelt beim Ansauern reich- lich schweflige Saure. Aether entziebt dann der Scbmelze das gebildete Produkt, das nach dem Verjagen des Aethers in Wasser aufgenommen und im Vacuum zur Krystallisation gebracht wurde. Man erhalt so eine braunliche Krystallmasse, die aus feinen , verfilzten Nadelchen besteht, aber geringe Mengen eines die Krystallation hindernden KBrpers entbalten muss, d a sie nicht ganz feat wird. Die Substanz ist ungemein luftempfindlich und zersetzlich, nnd alle Versuche, sie vollkommen rein und farblos fiir die Analyae herzustellen, scheiterten. Es waren daher von letzterer auch nur annahernde Zahlen zu er- warten.

Berechnet fur C, ,H, ,O, Gefunden C 66.06 67.68 H 4.59 4.79

Nur durcb Sublimation im Wasserstoffstrom liess sich ein kleiner Theil des KBrpers als farbloser, krystalliniscber Anflug gewinnen, die Hauptmasse wird aber aucb hierbei zersetzt und hinterbleibt als schwarzbraun gefiirbter Syrup. D e r Schmelzpunkt der sublimirten Substanz lag bei 84O. Ibre wasserige Liisung giebt mit Eisencblorid eine hellgriine Farbenreaction , die auf Zusatz von sehr wenig ver- diinnter Sodalosung dunkelblau, bei weiterem Zusatz violett, und end- lich roth wird. Diese Reaction ist genau dieselbe, welche Brenz- catechin zeigt, nur ist die erste Griinfarbung heller. Wir haben clesbalb fiir die Substanz den Namen Dibrenzcatechin gewahlt, urn an ibre Formel und die analogen Farbenerscbeinungen zu erinnern. Das nicbt sublimirte Produkt, wie es zur Analyse verwendet wurde, zeigte dieselben Farbungen mit Eisencblorid und Sodalosung, nur hatte das Griin einen Stich ins Braunliche. Die Reaction ist ausserst emp6nd- lich , und verschwindeade Spuren kijnnen dieselbe nocb hervorrufen, namentlich intensiv sind die blauen und violetten Nuancen.

I n reinem Zustande stellt es kleine, flimmernde Blattchen dar. In Wasser ist es ziemlieb schwer lijslich obne darin friiher zu schmelzen wie das a-Dipbenol. Die wasserige Liisung

- D i p h e n o 1.

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giebt mit Eisenchlorid eine hellgriine Farbenreaction. Nach einiger Zeit triibt sich die klare Flassigkeit und es scheiden sich unter Ent- fiirbung griine Flocken aus. Gegen andere Lijsungsmittel verhalt ee sich ganz gleich dem a-Diphenol. Bei der Destillation mit Zink- staub lieferte es ebenfalls reichlich Diphenyl, dass a n seinen Eigen- schaften und Schmeizpunkt sicher erkannt wurde. Es schmilzt bei 190°, ist wasserfrei und gab bei der Analyse folgende Zahlen:

Berechnet f i r C, H, 0, Gefunden C 77.42 77.42 H 5.37 5.53.

Die Dampfdichte, in Schwefeldampf ausgefiihrt, ergab die Dichte 6.39 statt der berechneten 6.44.

Auf gleiche Weise wie beim a-Diphenol wurde auch aus dem 8- Diphenol ein Diaoisol dargestellt. Dasselbe erstarrte nach dem Destilliren in kurzer Zeit krptallinisch. Unter dem Mikroskope waren deutlich Oktazder zu erkennen. Der Siedepunkt konnte, weil cum Versnche zu geringe Mengen von Substanz verwendet wurden, nicht bestimmt werden. Dasselbe wurde vornehmlich deshalb dar- gestellt, urn die Bildung des in der friiheren Abhandlung erwahnten krystallisirten Dianisols zu erklaren , was hiermit auf befriedigende Weise geschehen ist.

Da das p-Diphenol, wie schon angefiihrt wurde, in viel gerin- gerer Menge ale die a-Verbindung gebildet wird, und die vollkom- mene Reindarstellung desselben viel schwieriger ist, so fehlte es uns an Material, um daraus weitere Derivate in geniigender Menge zu gewinnen.

Beide Diphenole erzeugen , wie uns qualitative Versuche gelehrt haben, eine Anzahl interessanter Abk8mmlinge, die aber erst dann einem genauen Studium unterzogen werden k8nnen, wenn eine zweck- massige Trennungsmethode dieser Isomeren gefunden werden wird.

Der Eingangs rnit (A) bezeichnetc Riickstand wurde nach Ent- fernung des Thermometers fiir sich destillirt, und nach dem Aue- kiihlen ale dnnkelgelbe colophoniumartige Masse erhalten , wahrend in der Retorte etwas Koble zuriickblieb. Durch wiederholtes Aus- kochen des Destillats mit Wasser wurden noch gewisse Mengen der beschriebenen Diphenole und zwar vornehmlich !-Dipheno1 erhalten. Der auf diese Art erschiipfte Riickstand, dunkelbraun von Farbe, schien in dieser Form nicht tauglich zur weiteren Untersuchung. Er wurde deshalb mit Zinkstaub gemengt und im Wasserstoffstrome de- stillirt, um zu erfahren, ob er noch Dipbenol oder vielleicht ein hiiher condensirtes Produkt enthalte. Es war namlich zu erwarten, dass die dabei entstehenden Kohlenwasserstoffe sich leichter wiirden von einander trennen lassen. Das Reactionsprodukt stellt eine gelblich- braune, haibfeste Masse dar , die deutlich nach Diphenyl riecht. -

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Durch wochenlanges Erwarmen im Wasserbade unter Daruberleiten von trockenem Wasserstoff konnte daraus eine nicht unbetrachtliche Menge Diphenyl gewonnen werden, das in den bekannten irisirenden Blattchen absublimirte. Der Ruckstand war dunkel gefarbt und lie- ferte, fur sich destillirt, wobei e r bei ausnehmend hoher Temperatur iiberging, ein gelbliches Oel, dass sofort nach dem Auskiihlen kry- stallinisch erstarrte., aber etwas weich blieb. I n starkem Alkohol lost sich der KBrper beim Kochen fast ganz und das Filtrat erfiillt sich bald mit weissen, krystallinischen Flocken, die nach dem Er- kalten gesammelt und umkrystallisirt wurden. Sie stellen nach dem Trocknen ein weisses, lockeres Pulver dar, das unter dem Mikroskope Blattchen zeigt , die haufig aneinander gereiht und sternformig grup- pirt waren. Ihr Schmelzpunkt lag bei 206O. Die Analyse ergab folgende Zahlen :

Gefunden Berechnet fiir C, g H , C 93.54 93.91 H 5.76 6.08.

Die Dampfdichte im Schwefeldampfe nach V. M e y e r ergab:

D 7.70 7.94. Demnach ist der Kijrper unzweifelhaft ein Diphenylbenzol und

zwar, nach seinem Schmelzpunkte zu schliessen, das sogenannte Pa- radiphenybenzol, welches von G. S c h u l z *) als Nebenprodukt bei der Diphenyldarstellung aus Benzol erhalten wurde.

Die vom geriannten Kohlenwasserstoffe getrennte alkoholische Losung gab beim Concentriren noch etwas Diphenylbenzol, gemischt mit harzigen, gelben Flocken und durch Filtration van diesen ge- trennt , nach vollstandigem Verjagen des Alkohols einen zahfliissigen Syrup, der noch Kohlenwasserstoff enthielt, aber nach einer damit vorgenommenen Analyse auch sauerstoffhaltig w a r , und daher der Reduction zum Theile entgangen war. Zu weiteren Versuchen reichte seine Menge nicht aus.

Es ist nun allerdings miiglich, dass das Diphenylbenzol ein secun- dares, aus Dipbenyl entstandenes Produkt ist, aber mit Riicksicbt auf die Eigenschaften der Muttersubstanz scheint es wahrscheinlich, dass dasselbe aue einem hijher condensirten Phenole -(Triphenol) durch Reduction gebildet wurde.

Gefunden Berechnet fur C , , H I

Nach der im Vorstehenden mitgetheilten Charakterisirung der beiden Diphenole sind nun von den zahlreichen miiglichen Isomeren vier bekannt 2): 1) Das ron G r i e s s aus Tetrazodiphenyl, spater

I ) Ann. Chem. 174, 201. a) G r i e s s , Jahresber. 1864, S .435 , L i n c k e , J. pr. Chem. (2) 8 , S. 43,

E n g e l h a r d t und L a t s c h i n o f f , Zeitschrift f. Chemie 1 8 7 1 , 8. 2 5 9 ; D G b n e r ; diem Ber. IX, 8. 129.

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ron L i n c k e aus Phenolparasulfosaure erhaltene, 2 ) das von E n g e l - h a r d t und La t s c h i n o f f aus Diphenyldisulfosaure dargestellte, dann von D i i b n e r genauer untersuchte und endlicb 3) und 4) die von uns beschriebenen. Die Substanzen unterscheiden sich scharf durch ihre Schmelzpunkte: 1) schmilzt bei 156 - 19S0, 2 ) bei 269 - 270°, 3 ) bei 123O, 4) bei 190°.

Durch Erhitzen mit Zinkstaub wird das erste nicht reducirt, die anderen drei geben fast yuantitativ Diphenyl. Die Farbungen durch Eisenchlorid , sowie das Verhalten gegen Bleizucker und Bleiessig sind fiir die erstgenannfen nicht mitgetheilt. Was die Constitution betrifft, so kommt dem Diphenol von G r i e s s und L i n k e wohl sicher die Parastellung zu, es kann daher als Paradiphenol bezeichnet werden. Der Korper von E n g e l h ard t und La t s c h i n o f f und Dii b n e r enthalt nach den Untersuchungen des Letzteren die beiden Hydroxyle in einem Benzolkerne. Fiir diesen scheint der Name Diphenol, der zuerst von dem Einen von uns gebraucht wurde, nicht passend, in- sofern er ausdriicken soll, dass zwei Phenolmolekiile unter Verlust von H, sich zu einem Molekiil vereinigt haben.

a- und P-Diphenol kiinnten vielleicht als Ortho- respective Meta- Diphenol bezeichnet werden, insofern durch die bei ihrer Entstehung gleichzeitig mitgebildeten Sauren (Salicylsaure in uberwiegender, Oxy- benzogsaure in geringerer Menge, wahrend ParaoxybenzoCsaure nie beobachtet wurde) ein Anhaltspunkt fiir die Stellung der Hydrosyle gegeniiber der Verbindungsstelle gewonnen werden kann; wonach das in bei weitem grosserer Quantitat auftretecde a-Diphenol als Ortho-, das andere als Metaverbindung erschiene 1). Freilich ist die Miiglichkeit nicht ausgeschlossen , dass auch ein Ortho - Metadiphenol entsteht. Diese Auffassnng der drei eigentlichen Diphenole ist aller- dings a b h h g i g von der Annahme der Erklarung ihrer Bildungsweise. Es lasst sich nicht laugnen, dass der Mechanismus der Reaction in allen drei Fallen viele Aehnlichkeiten zeigt , indem beim Schmelzen von Phenol mit Balihydrat die Ausliisung von Wasserstoff a n der Ortho- und Metastelle, beim Schmelzen von Phenolparasulfosaure die husliisung von HSO, an der Parastelle erfolgt, und in allen Fallen dann zwei solche Phenolreste sich mit einander zu Diphenolen ver- einigen. Diese von dem Einen von uns gegebene Erklarung bat auch L i n c k e (1. c.) fast wortlich acceptirt.

W i e n , I. Chem. Universitlits-Laboratorium.

1) I n der friiheren Abhindlung murde nach den damaligen Anschauungen @rtho statt BIeta und umgekehrt gebraucht.

Ber ich te d. D. chein. Gesellsrhnft. Jzhrg. XI. 90