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648 166. Lothar Meyer: Ueber Dreifachchlorjod. (Eingegsngm am 6. April.] Im letrten Hefte dieser Berichte, 6. 434, macht Hr. A. C. Christo- man o s Mittheilungen iiber Jodtrichlorid, nach welchen es scheinen kiinnte, als ob die von Hrn. 0. B r e n k e n ansgef6hrten Versuche, deren Ergobnisse ich in diesen Berichten (VIII, S. 487 ff.) mittheilto, unrichtig angestellt oder die BUS denselben gozogenen Scbliisse faisch seien. Dem gegeniiber muss ich die damaligen Angaben vollstiindig aufrecht erhalten. Was zunHchst die Darstellnngaweise anlsngt, SO hat Herr Christomanos an8 festem Jod, iiber daa er Chlor leitete, Krnsten crhalten, in deren Kerne sich nocb unreriindertes Jod vorfand. Er schliesst bieraus, dass auch in den a. a. 0. beschriebenen B r e n k e n'- schen Versuchen das noch nicht v311ig mit Chlor gesiittigte Chlorid nicht Monochlorid, sondern freiee Jod enthalten habe. Dies ist aber nicht richtig, da in jenen Vereuchen dan Jod erst vollatiindig in fliissiges Monochlorid nnd eret diems in Trichlorid verwandelt worden war. Uebrigens bat nenerdings im hiesigen Laboratorium Herr W. Bornemannl) die Angabe von Kane (Omelin- Kraut, I, 2, S. 416) bestiitigt gefunden, d w JC1, erhitzt JC1, abgiebt, wiihrend Jod zuriickbleibt. Hr. Chrietomanoe giebt nicht an, wie cr dae Jod nachgewiesen bat. Sollte dies etwa durch Destillation qeschehen sein, so wiire es miiglich, dam auch er durch Monochlorid verunreinigtee Trichlorid in Hiinden gehabt hiitte. Doch will ich nicht bestreiten, dass ea nnter Urnsttinden anch gelingen kiinne, unveriinderterr festes Jod in Monochlorid nnd Trichlorid einzuhiillen. Um reines Trichlorid zu erhalten ist es unbedingt erforderlich, des Jod oder Einfachlorjod dampffarmig, wie a. a. 0. sngegeben, mit einem Ueber- schusse von Chlor znzammen su bringen. Die von Hrn. Christomanos angegebene Darstellung arul Jod- wasaerstoff nnd Chlor ist offenbar aehr hiibsch nnd lehrreich, besondera ale Vorlesungsverench. Als Darstellnngsmethode ist sie aber jeden- falls vie1 umstiindlicher nnd scheint auch weniger geeignet, ein vijllig reincs Produkt en liefern, da Hr. Cbristomanoa jedesmal weisse Chlorwasserstoff n e b e l beobachtete, die doch our einer Verunreinigung der Gase ibre Entstehung verdanken kiinnen. Ferner zieht Hr. C h r i s tom an o s unsere Angaben iiber den Zerfall des Trichloridee in Zweifel. Dass er abweichende Wahr- nehmungen machte, keno aber nur daher riihren, dass er die niithigen I) Dessen Inauguraldissertation: Ueber Chlorjod, Bromjod, Chlorbrom und deren Verhalten gcgcu Wasser. Tubingen 1877.

Ueber Dreifachchlorjod

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166. Lothar Meyer: Ueber Dreifachchlorjod. (Eingegsngm am 6. April.]

I m letrten Hefte dieser Berichte, 6. 434, macht Hr. A. C. C h r i s t o - m a n o s Mittheilungen iiber Jodtrichlorid, nach welchen es scheinen kiinnte, als ob die von Hrn. 0. B r e n k e n ansgef6hrten Versuche, deren Ergobnisse ich in diesen Berichten (VIII, S. 487 ff.) mittheilto, unrichtig angestellt oder die BUS denselben gozogenen Scbliisse faisch seien. Dem gegeniiber muss ich die damaligen Angaben vollstiindig aufrecht erhalten.

Was zunHchst die D a r s t e l l n n g a w e i s e anlsngt, SO hat Herr C h r i s t o m a n o s an8 f e s t em Jod, iiber daa er Chlor leitete, Krnsten crhalten, in deren Kerne sich nocb unreriindertes Jod vorfand. Er schliesst bieraus, dass auch in den a. a. 0. beschriebenen B r e n k e n'- schen Versuchen das noch nicht v311ig mit Chlor gesiittigte Chlorid nicht Monochlorid, sondern freiee Jod enthalten habe. Dies ist aber nicht richtig, da i n jenen Vereuchen dan Jod erst vollatiindig in fliissiges Monochlorid nnd eret diems in Trichlorid verwandelt worden war.

Uebrigens bat nenerdings im hiesigen Laboratorium Herr W. B o r n e m a n n l ) die Angabe von K a n e ( O m e l i n - K r a u t , I, 2, S. 416) bestiitigt gefunden, d w JC1, erhitzt JC1, abgiebt, wiihrend Jod zuriickbleibt. Hr. C h r i e t o m a n o e giebt nicht an, wie cr dae Jod nachgewiesen bat. Sollte dies etwa durch Destillation qeschehen sein, so wiire es miiglich, dam auch er durch Monochlorid verunreinigtee Trichlorid in Hiinden gehabt hiitte. Doch will ich nicht bestreiten, dass ea nnter Urnsttinden anch gelingen kiinne, unveriinderterr f e s t e s Jod in Monochlorid nnd Trichlorid einzuhiillen. Um reines Trichlorid zu erhalten ist es unbedingt erforderlich, des Jod oder Einfachlorjod dampf fa rmig , wie a. a. 0. sngegeben, mit einem Ueber- schusse von Chlor znzammen su bringen.

Die von Hrn. Chr i s tomanos angegebene Darstellung arul Jod- wasaerstoff nnd Chlor ist offenbar aehr hiibsch nnd lehrreich, besondera ale Vorlesungsverench. Als Darstellnngsmethode ist sie aber jeden- falls vie1 umstiindlicher nnd scheint auch weniger geeignet, ein vijllig reincs Produkt en liefern, da Hr. Cbr i s tomanoa jedesmal weisse Chlorwasserstoff n e b e l beobachtete, die doch our einer Verunreinigung der Gase ibre Entstehung verdanken kiinnen.

Ferner zieht Hr. C h r i s tom an o s unsere Angaben iiber den Zerfall des Trichloridee in Zweifel. Dass er abweichende Wahr- nehmungen machte, keno aber nur daher riihren, dass er die niithigen

I ) Dessen Inauguraldissertation: Ueber Chlorjod, Bromjod, Chlorbrom und deren Verhalten gcgcu Wasser. Tubingen 1877.

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Vorsichtsmassregeln nicht eingehalten hat. Das Trichlorid ist gleich dem Salmiak und anderen Stoffen n n r i m f e s t e n Z n s t a n d e b e - a t i n d i g ; es s c h m i l z t u n d v e r d a m p f t n u r u n t e r Z e r s e t z u n g , Man kann also streng genommen nicht von einem n S c h m e l z p n n k t e " desselben reden, wie Hr. C h r i s t o m a n o s thnt. Das Schmelzen ist eine Folge der Dissociation, deren Eintritt, wie wir gezeigt haben, von den iiusseren Umstiinden, Druck , Temperatur, Oegenwart von Chlor etc. abbiingt. Wir haben den Beginn derselben unter gewissen Bedingungen schon bei 250, unter anderen erst iiber 800 beobachtet. Wenn Hr. Chris t o m a n o s sie bei anderen Temperatnren eintreten sab, so riihrt das nur daher, dass er unter anderen Bedingungen beob- nchtete. Um wahreunehmen, dass in Chlorgas von 1 Atm. Druck der Zerfall erst bei 670 C. stattfindet, iiberzieht man die Wandungeh einer etwa 15 bis 20 Cm. lsngen, etwa fingerstarken Olasriihre im Chlor- strome rnit einem dichten a b e r n i c h t z u d i c k e u Sublimate von J.Cls, schmilzt das eine Ende zu ond zieht das andere zu einer langen Capillare aus. Senkt man eine solche Riihre b i s n a h e a n die o f f e n e S p i t z e ganz in warmes Wasser ein, so kann man den Zerfall bei 670 beobachten. Schmilzt man die Spitze vor dem Er- wiirmen zu, SO dass die Ausdehnung des Chlors verhindert wird, das- selbe also bei 670 so dicht bleibt, wie es bei Mitteltemperatur war, so muss man stiirker erhiteen, nm den Zerfall zu bewirken.

Es versteht sich von selbst, dass d i e B e s t i i n d i g k e i t d e e T r i - c h l o r i d e s i m C h l o r g a s e n u r a u f f o r t w i i h r e n d e r N e u b i l d u n g j e d e s z e r f a l l e n d e n T h e i l c h e n s beruhen, also n u r irn G l e i c h - g e w i c h t ZWiSCheD Z e r f a l l u n d W i e d e r v e r e i n i g u n g bestehen kann, wie es bei allen analogen Erscheinnngen der Dissociation all- gemein angenommen wird. Man sieht auch leicht ein, dam die Er- scheinung eine andere werden muss, sobald man die Moglichkeit der Neubildung verringert oder oermehrt. Erhitzt man z. B. eine d i c k e Schicht Trichlorid in einer Chloratmosphtire, so werden die der Wand anliegenden Theilchen dissociirt, die Neubildung von Trichlorid aber verhindert oder doch erschwert, weil die oberen uoch iinzersetzten Schichten den Zutritt des Chlors abhalten. Ferner wird die IXsso- ciation leichter eintreten, wenn das Chlorgas verdiinnt oder rnit einem indifferenten Case gemiscbt ist. Aehnliche Umstande iniigen bei der Beobachtung des Hrn. C h r i s t o m a n o s obgewaltet haben, in welcher das Trichlorid in Chlorgas schon bei 330 schmolz. Dass die Tem- peratur der Schmelzung mit dem gebotenen Raume und dom von diesem abhhgigen Drucke des Chlors veriinderlich ist, hat Herr C h r i s t o m a n o s ja ebenfalls wie wir gefunden.

Der Unterschied seiner und unserer Auffassung ist vielleicht kein sehr grosser; aber seine Darstellusg ist geeignet , Missverstiindnisse hervorzurufen nnrl richtig bcobachtete Tbatsachen wieder in den Wust

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der zweifelhaften Angaben zu verstossen , deren die anorganische Chemie wahrlich mehr, als niithig wtire, aufzuweisen bat. Dies hat niich veranlasst, verstehcnde Berichtigungen der Gesellschaft niit- zutbeilen.

T i i b i n g e n , 2. April 1877. Chemisrhes Laboratorium der Universitiit.

167. A E m m e r 1 i n g : Znr Kenntnirr pflanrenahemisalrer Vorghge. (x mite Mittheiluug.)

(Eingegangeo am 6. Aprir.)

In eiiier vor mehreren Jahren veriiffentlichten Abhandlung') babe ich gezeigt, dass sicli einzelrie Fragen der chemischen Pflanzenphysio- logie durcli das Sludium gewisser Reactionen liisen lassen, such wenn man dieselben unnbhiingig von der Pflanze theoretisch bearbeitet. Ea Bind besoriders die ersten Verwandlungeprocesae der Mineralstoffe, welche die Pflanze aus den sie umgebenden Medien aufnimmt, die fiir eiii solches Stiidium geeignet scheineo. Meine erste in dieser Richtung unternommene Arbeit bezog sich auf die Verwandlung salpetersaurer Salse in der Pflanze, und fiihrte zu dem Schloss, dass dieselben durch eine i n Pfianzeu sehr verbreitete Siiure, die OxalsPure, unter Hilduug freier Salpetersiiure theilweiee zerlegt werden.

Im Folgenden erlaubc ich mir nun einige Mittheilungen zu machen iiber eine Reaction, welche m i i g l i c h e r w e i s e in Beziehung stelit zu den chemischen und losenden Wirkongen , welche die Pflanze durch Vermittlong ihrer Wurzel lruf unlbliche Bodenbestandtheile ansiibt. Wir kiinnen uns von den Erniihrungsvorgjingen der Pflanse iiur geniigend Rechenschaft geben, wenu wir den in der Erde sich susbreitenden Wurzelfasern das Vermogen zuschreiben, einen liisenden Einflnss auf gewisse unliisliche Bodenbestaiidtheile zu iiben, wenn sie i n directe Beriihrung mit ihnen kommen. Lassen diese Wirkungen anch vielr Mineralien des Bodens, wie z. B. unverwitterteii Feldspntli unveriindrrt, so giebt ea doch andere, welche ihnen nicht zu wider- stehen vcrniijgen ; sie werden chemiscli umgewandelt und wandern zuin T h t 4 in loslicher Form mit den in der Bodenfliissigkeit geliisten Salzen in die Pflanze ein, indem sie zunliehst die Membranen drr Worzelzellen endosmotiech durchdringen. Du die Pflanze innerhalb einer verhliltnissmissig kurzen Periode ilirer Entwicklong sich mit Mineralstoffen versorgt, so muss das hier in Hetracht komriicnde chemiscli umwandelnde und losende Agens ein eriergisch wirkendes

') Diese Rericlite V, S. 780; sosflibrlich vd. Landw. Vrr.iur,hsstntionen XVI1, s t l i l .