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ia H. Hertz. X. Ueber cime die electriscJt e Emtladung begZeiten.de Erscheimumg; vow Heiwrich Hertx. (Iiierzu Taf. I1 Big. 5-7.) Im Folgenden wird eine Erscheinung beschrieben, welche die electrische Entladung, insbesondere den Flaschenfunken, in Luft und anderen Gasen bei nicht zu geringer Dichte hkufig hegleitet. Unter den meisten Verhaltnissen ist die- selbe allerdings so unscheinbar, dass sie nicht der Erwahnung werth gehalten worden zu sein scheint, dieselbe trat mir aber, als ich sie zuerst bemerkte, in so auffalliger Form entgegen. dass ich veranlasst wurde, einige Versuche iiber ihre Natur anzustellen. Vorweg sei bemerkt, dass zu den Versuchen ein grosseres Inductorium benutzt wurde, welches in freier Luft Funken von 4-5 cm gah, dass die mehrfach erwahnte I, e y d en e r Flasche eine solche von etwa zwei Quadratfiiss Be- legung war, und dass die Einschaltnng derselben in den Stromkreis einfacli in der Weise bewirkt wurde, dass die eine Belegung mit dem einen: die andere mit dem anderen Pol des Inductoriums verbunden wurde, ohne dass sonst etwas am Stromkreis geandert worden mare. 1. In Fig. 5 ist eine Entladuiigsvori.ichtung dargestellt. welche aus einem nicht zu eng aiisgezogenen Glxsrohr, einer innerhnlb desselben befindlichPi1 und einer ausserhalb des- selben in der Nahe tler Miindung angebracliten Electrode he- steht. Bringt man diese Vorrichtung unter die Glocke der Luftpumpe, fiillt die Glocke mit gut getrockneter Luft, ent- leert bis xuf 30-50 mm Drnck unrl leitet die Entladungen des Inductoriums ein, so beobachtd man die folgende Er- scheinung: An der Kathode sitzt das blaue Glimmlicht, es folgt gegen die Anode liin cler einen oder einige Millimeter breite dunkle Raum, von dessen Grenze his zur Anode ein I-other Streifen 1-on 1 -2mm Durclimesser den Weg des Stromes l~ezeiclinct. Dieser Streifen fiillt bei jeder der heiden Strom- richtungen den griissten Theil der LBnge des Glasrohies und 1)iegt an dessen Miindung wharf gegen den ansserhalh hefindliclien Pol urn. Ausserdem aber bemerkt man einen

Ueber eine die electrische Entladung begleitende Erscheinung

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Page 1: Ueber eine die electrische Entladung begleitende Erscheinung

i a H. Hertz.

X. Ueber cime die electriscJt e Emtladung begZeiten.de Erscheimumg; vow H e i w r i c h H e r t x .

(Iiierzu Taf. I1 Big. 5-7.)

I m Folgenden wird eine Erscheinung beschrieben, welche die electrische Entladung, insbesondere den Flaschenfunken, in Luft und anderen Gasen bei nicht zu geringer Dichte hkufig hegleitet. Unter den meisten Verhaltnissen ist die- selbe allerdings so unscheinbar, dass sie nicht der Erwahnung werth gehalten worden zu sein scheint, dieselbe trat mir aber, als ich sie zuerst bemerkte, in so auffalliger Form entgegen. dass ich veranlasst wurde, einige Versuche iiber ihre Natur anzustellen. Vorweg sei bemerkt, dass zu den Versuchen ein grosseres Inductorium benutzt wurde, welches in freier Luft Funken von 4-5 cm gah, dass die mehrfach erwahnte I, e y d e n e r Flasche eine solche von etwa zwei Quadratfiiss Be- legung war , und dass die Einschaltnng derselben in den Stromkreis einfacli in der Weise bewirkt wurde, dass die eine Belegung mit dem einen: die andere mit dem anderen P o l des Inductoriums verbunden wurde, ohne dass sonst etwas am Stromkreis geandert worden mare.

1. I n Fig. 5 ist eine Entladuiigsvori.ichtung dargestellt. welche aus einem nicht zu eng aiisgezogenen Glxsrohr, einer innerhnlb desselben befindlichPi1 und einer ausserhalb des- selben in der Nahe tler Miindung angebracliten Electrode he- steht. Bringt man diese Vorrichtung unter die Glocke der Luftpumpe, fiillt die Glocke mit gut getrockneter Luft, ent- leert bis xuf 30-50 mm Drnck unrl leitet die Entladungen des Inductoriums ein, so beobachtd man die folgende Er- scheinung: A n der Kathode sitzt das blaue Glimmlicht, es folgt gegen die Anode liin cler einen oder einige Millimeter breite dunkle Raum, von dessen Grenze his zur Anode ein I-other Streifen 1-on 1 -2mm Durclimesser den Weg des Stromes l~ezeiclinct. Dieser Streifen fiillt bei jeder der heiden Strom- richtungen den griissten Theil der LBnge des Glasrohies und 1)iegt a n dessen Miindung wharf gegen den ansserhalh hefindliclien Pol urn. Ausserdem aber bemerkt man einen

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NUS der Miindung des Rohres geradlinig hervorspringenden, scharf begrenzten Strahl von braungelber Farbe, von etwa 4 cm Lange und von der in der Zeichnung, Fig. 1, ange- deuteten Gestalt. Der griisste Theil des Strahles scheint unbeweglich zu stehen, nur an der Spitze lauft er in ein- zelne flatternde Zungen aus. Der Strahl andert seine Ge- stalt nicht merklich bei Umschaltung des Stromes. Wird abcr eine Flasche eingeschaltet, so tritt eine wesentliche Aenderung ein, der Strahl erscheint heller und geht nur auf eine Strecke von 1-2 cm geradlinig fort, um sich dann in ein Ruschel heftig bewegter, nach allen Seiten auseinander gehender Zweige aufzuliisen, in der Ar t , wie dies Pig. 6 andeutet.

2. Vergrossern oder verkleinern wir den Druck der Luft, so wird, falls wir zunachst von der Benutzung der Flasche absehen , nach beiden Richtungen hin der Strahl unschein- barer, aber in verschiedener Weise. Vergrossern wir den Druck, so fullt die Funkenbahn den Querschnitt der Mun- dung nicht mehr aus, auch der austretende Strahl fullt dann den Querschnitt nicht mehr, sondern tritt nur auf der Seite der Miindung aus, an welcher der Funke sich zeigt; er wird dabei schmaler, kurzer und nimmt eine dunklere, rothbrnune Farbung an. Verkleinern wir den Druck, so wird der Strahl gleichfalis kiirzer, aber er verbreitert sich gleichzeitig, nimmt eine hellere gelbe Farbung und eine geringere Lichtstiirke an. Wenn sich die ersten Schichten in den1 Rohre bilden, ist er nur noch eben wahrzunehmen, er erfullt dann einen kleinen, halbkugelfiirmigen Raum vor der Miindung des Rohres. Bei Anwendung der Flasche zeigt sich ein analoger Verlauf, das lCIaximum der Entwickelung aber liegt bei kleineren Drucken, und es wird vortheilhaft, die Miindung des Rohres weiter zu wahlen. Die auffalligsten Formen in Luft habe ich beobachtet bei folgender Versuchsanordnung: die Glas- rohre war 5 mm weit, 3 cm lnng, ohne alle Verenguug an der Mundung, die Luft war auf 10-20mm Druck gebrncht und wurde durch ein unter die Glocke der Luftpumpe ge- stelltes Schalchen mit Schwefel- oder Phosphorsaure gut trocken gehalten, eine grosse Flasche war eingeschaltet und

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der Glanz der Entladungen selbst dadurch abgeblendet, dass als aussere Electrode ein iiber das Glasrohr gestulptes und classelbe etwas iiberragendes Metallrohr benutzt wurde. Der Strahl zeigte sich unter diesen Bedingungen als ein baum- artiges Gebilde, welches bis zu 12 cm Hohe annahm, der dem Stamm entsprechende Theil schoss geradlinig auf eine Lange von 3-5 cm aus dem Rohre auf, wahrend die Krone aus Flammen gebildet wurde, die lebhaft nach allen Seiten auseinander flatterten. Die Helligkeit lasst sich etwa nach der Angabe bemessen, dass die Erscheinung auch im hellen Zimmer noch wahrnehmbar war, dass aber zur Beobachtung der Einzelheiten das Zimmer verdunkelt werden musste.

3. Kann der Strahl wegen zu grosser Nahe der gegen- iiberliegenden Wand nicht zu voller Entwickelung kommen, so breitet er sich an der Wand aus. Trifft er dieselbe senk- recht, so bildet er eine kreisfiirmige Wulst um den Treff- punkt; trifft er unter einiger Neigung auf, so gleitet er an der Wand fort nach der Seite, nach welcher ein die Wand treffender Korper reflectirt werden wiirde. Die hier auf- tretenden Erscheinungen lassen sich am einfachsten beschrei- Inen, indem man sagt, die Strahlen verhalten sich sehr ahn- lich, mie es Fliissigkeitsstrahlen, die aus den Miindungen der Rohre Itustraten, thun wiirden.

4. Der Magnet zeigt keine Wirkung auf den Strahl. Ebensowenig thun dies genaherte Leiter, aucli dann nicht, wenn dieselben geladen sind, z. B. wenn dieselben mit einem cler beiden Pole verbunden werden.

5. Der Strahl erzeugt eine betrachtliche Erwarmung in den Korpern, auf welche er auftrifft. Ein Thermometer in den Strahl gebracht, steigt nach den Urnstanden um zehn und mehr Grad, trifft der Strahl die Glaswand, so erhitzt e r die- selbe fiihlbar, kleine Gegenstande, mit Klebwachs an Drahte befestigt, werden im Strahl abgeschmolzen. Erzeugt man den Strahl in freier Luft (siehe unter lo), so kann die erzeugte Hitze direct durch das Gefiihl wahrgenommen werden. Hin- gegen gelang es nicht, einen noch so diinnen, in den Strom gehangteii Platindraht zum Gliihen zu bringen.

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6. Der Strahl iibt eine betrachtliche mechanische Wirkung aus. Ein in denselben gehangter Draht gerath in heftige Oscillationen, ebenso ein elastisches Glimmerblatt , durch welches man den Strahl ablenkt. Legt man ein Glimmer- blattchen iiber die Miindung des Rohres, so wird es durch die erste Entladung weit fortgeschleudert. Radiometerartige Flugradchen verschiedener Ar t konnen durch den Strahl in continuirliche Rotation versetzt werden. Indessen ist die Stosswirkung nicht einseitig von der Miindung fortgerichtet. Befestigt man vor derselben ein Glimmerblattchen so, dass es nur in der Richtung gegen die Miindung hin beweglich ist, so gerath es gleichwohl in Schwingungen, beweisend, dass nach jedem von der Miindung abgerichteten Stow ein wenn auch weniger energischer Riickstoss erfolgt.

7. Der Strahl ist keine momentan aufblitzende Erscheinung, sondern entwickelt sich in bequem messbarer Zeit. Seinen zeitlichen Verlauf habe ich untersucht einmal mi t dem Dreh- spiegel, sodann mit einem eigens hierfiir construirten Apparate, welcher iibrigens schon von anderen angegeben ist, und der folgende Einrichtung hat: Auf die Axe eines B e c q u e r el'schen Phosphoroskops ist eine Scheibe mit schmalem, radialem Schlitz aufgesetzt, bei jeder Umdrehung der Scheibe bewirkt der Apparat bei einer bestirnmten Stellung derselben die Oeffnung des primaren Stromes. Rotirt nun die Scheibe schnell, so erscheint sie durchsichtig, blickt man aber an verschiedenen Stellen hindurch, so sieht man die Dinge so, wie sie zu bestimmten verschiedenen Zeiten nach Oeffnung des Stromes erscheinen. Dieser Apparat leistet meist vie1 bessere Dienste als der Drehspiegel, in dem vorliegenden Falle aber geniigt der letztere. Beide Versuchsmethoden ergeben das Folgende: Die Erscheinung verlauft nicht momen- tan, sondern hat eine Dauer von etwa 'Izo Sekunde. Nicht alle Theile des Strahles erscheinen gleichzeitig; die unteren leuchten schon, ehe die oberen beginnen; die oberen sind sichtbar, nachdem die unteren schon erloschen sind. Die Erscheinung ist daher nur fur das unbewaflnete Auge ein Strahl, in Wirklichkeit besteht dieselbe in einer leuchtenden Wolke, die aus dem Rohr mit endlicher Gesehwindigkeit

Ann. d. Phgs. u. Cbem. N. F. XIS. 6

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aufsteigt. Diese Geschwindigkeit ist, wenn keine Flasche benutzt wird, im Mittel fur den ganzen Weg von der Ord- nung von 2 m in der Sekunde, aber sie scheint bei Beginn des Vorganges weit griisser zu sein, und ebenso scheint sie weit grosser zu sein fur Flaschenfunken, es war fiir solche haufig wohl das Nachleuchten des Gases, aber nicht die Entwicklung des Strahles zu beobachten.

8. Den beschriebenen analoge Erscheinungen treten auf in anderen Gasen, doch zeigen die Strahlen nach Farbe, Gestalt, Abhangigkeit von der Dichte etc., charakteristische Unterschiede. In Sauerstoff ist der Strahl sehr schon, sehr ahnlich demjenigen in Luft, jedoch die Parbung ein reineres Gelb. Die Erscheinung in Stickoxydul ist derjenigen in Sauerstoff fast gleich. I n Stickstoff gelang es nur, sehr schwach sichtbare Strahlen herzustellen, die Parbung war am ehesten ein dunkles Roth. In Wasserstoff haben die Strahlen die beste Entwicklung bei circa 100 mm Druck, bei Anwendung kraftiger rother Flaschenfunken, die Farbung ist ein schones Blau-Indigo, die Lichtstarke nicht gross. Dagegen sind die raumlichen Dimensionen weit betrachtlicher, als in Luft, so- dass selbst in einer G-lasglocke von 20 cm Hohe der Strahl sich nicht frei entwickeln kann, sondern sich an der oberen Wolbung ausbreitet. In Dampf von Terpentinol und Aether, sowie in Leuchtgas sind die Strahlen griinlich weiss, kurz, scharf gezeichnet. Das Spectrum des Lichtes ist in Luft und Sauerstoff ein continuirliches , besonders in Roth, Gelb und Griin hervortretendes; in den kohlehaltigen Dampfen ein Bandenspectrum, welches sicher als ein Kohlenspectrum erkannt werden konnte; in Wasserstoff war es wegen der Lichtschwache ausserst schwer wahrzunehmen, doch sah ich zu verschiedenen Malen mit Sicherheit einige Banden, deren bemerkenswertheste mindestens sehr nahezu an der Stelle der griinblauen Wasserstofflinie lag, die ubrigen lagen von hier aus in der Richtung des Violetten. I n Stickstoil' konnte ein Spectrum nicht erhalten werden.

9. In den genannten Gasen kann man das Vorhanden- sein eines Strahles immer durch die mechanische Wirkung desselben nachweisen , indessen ist der Strahl keineswegs

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unter allen Umstanden deutlich sichtbar , und seine Sicht- barkeit scheint theilweise an sehr sonderbare Bedingungen gekniipft. Ungetrocknete Zimmerluft gibt ein ausserordent- lich vie1 schwacheres Bild, als solche, welche gut getrocknet wurde. Stellt man unter die Glocke der Luftpumpe eine Schale mit Schwefelsiiure oder Phosphorsaure oder Chlor- calcium, SO sieht man die Erscheinung an Deutlichkeit ge- winnen, in dem Maasse als die Luft trockener wird. Rathsel- hafter noch erscheint das Verhalten des Wasserstoffes. Fiillte ich die Glocke mit demselben, so riefen die Entladungen des Ruhmkorffs nicht ohne weiteres das Leuchten hervor, sondern Flaschenfunken waren hierzu erforderlich, war der Strahl indess einmal sichtbar geworden, so konnte er ohne die Einschaltung der Flasche unterhalten werden. Er danerte aber nur einige Minuten an, dann erlosch er, ohne dam ich ihn wieder hervorrufen konnte. Ich habe die Bedingung des Leuchtens nicht ausfindig zu machen vermocht. Die grossere oder geringere Feuchtigkeit schien von keinem Einfluss, eben- sowenig die Anwenheit einer kleinen Menge Sauerstoff. Blieb der Wasserstoff stundenlang unter der Glocke, ohne benutzt zu werden, so verlor er sein Leuchtvermogen nicht, war das- selbe durch die Entladungen aber einmal zerstort, so stellte auch stundenlange Ruhe dasselbe nicht wieder her. Ich wurde das Leuchten auf Verunreinigungen schieben l), wenn ich nicht glaubte, das Spectrum des ausgesandten Lichtes als ein Wasserstoffspectrum erkannt zu haben. Uebrigens erfolgen die Schwingungen eines dem Strahl entgegengestellten Glimmerblattchens ebenso lebhaft i n feuchter wie in trockener Luft, in frisch bereitetem Wasserstoff, wie in solchem, wel- cher zu leuchten aufgehort hat, sodass das Sichtbarwerden der Strahlen nur als eine nebensiichliche Eigenschaft dcr- selben erscheint.

10. Man kann die Strahlen auch in Gasen von Atmo- spharendruck hervorrufen, man thut zu dem Ende gut, eine der bisher benutzten ahnliche , aber kleinere Entladungsvor-

i j Der WasserstoE war bereitet ails reinein Zink und verdiinnter

6 * Schwefelslure.

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richtung anzuwenden. Die Erscheinung ist allerdings nur einige Millimeter lang und sehr unscheinbar, aber man kann an derselben mit Bequemlichkeit einige weitere Beobachtungen anstellen. Man kann die Hitze und den Stoss des Strahles dem Gefiihl direct wahrnehmbar machen. Der Strahl treibt Rauch und kleine Flammen auch in einer Entfernung von 2-3 cm von der Mundung des Glasrohres auseinander. Durch einen starken Luftstrom wird der Strahl umgeknickt und bei Seite getrieben. Blast man durch die Miindung, an welcher sich der Strahl bildet, so verlangert sich derselbe, saugt man Luft ein durch die Miindung, so verkiirzt er sich. Leitet man durch die Miindung ein anderes Gas nnd stiilpt gleichzeitig ein Reagensglaschen uber dieselbe, so erhalt man die Erscheinung in dem betreffenden Gase ; beispielsweise erhalt man so in Wasserstoff einen nur wenige Millimeter langen, aber deutlich sichtbaren blauen Strahl. Leitet man durch die Mun- dung Leuchtgas und entziindet dasselbe, so oscillirt die Flamme heftig beim Dnrchgang der Funken, der unter 7 beschriebene Apparat zeigt, dass durch jeden Funken eine kleine Gaswolke ausgestossen wird, die oberhalb der Miindung getrennt von der ubrigen Gassmasse verbrennt.

11. Nach allem Gesagten kann es kaum zweifelhaft er- scheinen, dass der Strahl gebildet wird durch eine aus dem Rohr austretende leuchtende Gasmasse, und es liegt die An- nahme nahe, dass die austreibende Ursache in der Expan- sivkraft zu suchen sei , welche die gesteigerte Temperatur dem Gasinhalt ertheilt. Bringt man indess die Electrode, welche bisher ausserhnlb des Rohres lag, im Innern desselben nahe der Miindung an, oder lasst man die Funken in einem beiderseits geschlossenen Glasrohr uberschlagen, welches in irgend einem seitlichen Punkte eine Oeffnung besitzt , so treten zwar auch in diesen Fallen aus den Miindungen Strahlen aus, aber dieselben sind vie1 schwkcher, als diejenigen, welche an den gleichen OeEnungen entstehen wiirden, falls auch die Funken die Oeffnungen passirten. Ware erhohte Temperatur die Ursache des Austretens, so konnte ein solcher Unter- schied nicht bestehen. Deutlicher, als diese immerhin zwei- deutigen Versuche sprechen gegen die obige Annahme die

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Formen, in welche der Strahl ubergeht, wenn die Entladungs- vorrichtung ganzlich geandert wird.

12. Verkurzt man niimlich das Rohr mehr und mehr und andert die Entfernung und Gestalt der Electroden, so kann man die bisher benutzte Entladungsvorrichtung conti- nuirlich in jede andere iiberfiihren, dabei verandert der Strahl seine Gestalt, aber er verschwindet nicht, sondern geht con- tinuirlich in andere Formen iiber. Es zeigt sich, dass die bisher benutzte Entladungsvorrichtung vor allen ubrigen nur deshalb den Vorzug verdient, weil sie die hier betrachtete Erscheinung von dcr iibrigen Lichtmasse der Entladung iso- lirt. Die auftretenden Gebilde sind sehr mannigfaltig und oft sehr zierlich, mein Beobachtungsmaterial reicht nicht aus, dieselben in Ordnung darzustellen. I m allgemeinen zeigt sich die Form derselben abhbgig von der Richtung des Stromes, und es lasst sich deutlich erkennen, dass die be- wegten Gasmassen Geschwindigkeitscomponenten in der Rich- tung der Stromloahn besitzen, deren Ursache nicht einfach in der erhtihten Temperatur der Funkenbahn gesucht werden kann. Zur Bestatigung geniigt das einzige Beispiel, welches ich anfiihren will. Lasst man den Eunken der Flasche zwischen kugelformigen Electroden von nicht zu grossem Ab- stand iiberschlagen, so erscheint das dem Strahl analoge Ge- bilde als ein die Mitte der Funkenbahn umgebender Wulst. (Pig. 7, a, cc.) Die Farbe desselben ist entsprechend der Farbe des Strahles gelb bei geringen Dichten, rothbraun bei athmospharischem Druck. I n dieser letzteren Farbung kann der Wulst mit einiger Aufmerksamkeit an jedem Funken gesehen werden, der zwischen den Electroden einer H o l tz’- schen Maschine iiberspringt, wenn die (nicht allzu kleinen) Flaschen derselben benutzt werden. Interessant ist der Auf- schluss, welchen das unter 7 erwahnte Instrument uber die Bildung dieses Wulstes gibt. Zunachst erscheint der helle geradlinige Funke, wahrend dessen Dauer das gelbe Licht entweder noch nicht vorhanden ist oder wegen der Blendung des Auges nicht gesehen werden kann, ihm folgt die Aureole (Fig. 7, b, p ) , vom positiven Pol als rother Streif ausgehend und mit dem gelben Lichte cc umgeben, letzteres staut sich

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etwas jenseits der Mitte des Weges zur Kathode und bildet einen Wirbel (Fig. 7; c) ; diesen Wirbel sieht man noch einige Zeit in der Luft zwischen den Electroden stehen (Fig. 3, d), nachdem die iibrige Erscheinung erloschen ist, das Game hat iibrigens nur eine Dnuer von etwa 'Ilo Sekunde.

Die hier beschriebenen Erscheinungen habe ich in der Literatur nicht erwahnt gefunden, Hr. Dr. G o l d s t e i n hatte bei seinen zahlreichen Versuchen iiber die Entladung in ver- diinnten Gasen analoge Erscheinungen schon haufig beob- achtet, auch machte er mich erst aufmerksam auf den vor- theilhaften Einfluss, den ein sorgfaltiges Trocknen der Luft auf die Helligkeit des gelben Lichtes nusiibt.

XI. ElectrCsche Untersuchungen; von C a r l Prornrne.

2. Abhandlnng.

Ueber das Perhalten von Platin, Palladium, Gold, Grtskohle, und Aluminium in Salpetersiiure.

In der Einleitung zu der ersten Abhandlung habe ich die Bemerkung gemacht , dass eine friihere Beobachtung, nach welcher das Grove'sche Element unter Umstanden einen sehr vie1 starkeren Strom liefert, je langer man es ge- schlossen halt, fur mich mit die Veranlassung war, das Ver- halten des Platins in Chromsaure einer eingehenden Unter- suchung zu unterwerfen.

Die grosse Reihe interessanter Gesetzmassigkeiten, welche hierbei gefunden wurden, legte es nahe, in derselben Weise, wie die Chromsaure, auch die Salpetersaure zu unter- euchen.

Die Beobachtungen geschehen ganz in der friiher be- schriebenen Weise, auch alle allgemeinen, am Schlusse des 0 1 der ersten Abhandlung gemachten Bemerkungen gelten fur das Folgende. In dem Element Zink-Schwefelsaure- Chromsaure-Platin (Palladium etc.) tritt nur Salpetersaure