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Uber eine neue polymorphe Modifikation des Cadmiumhydroxyds Von OSKAR GLEMSER, U1,RICH H~usckn~~ und HANS RICHERT Mit 8 Abbildungen Inhalisiibersicht Es wird die Hydrolyse von Cadmiumalkylen beschrieben. Nach z. B. Cd(CH3), + 2 HOH = Cd(OH), + 2 CH, hydrolysiert Cadmiumrnethyl in 96proz. Athano1 bei -10" bis 0' C zu y-Cd(OH),, emr, neuen kristallinen Modifikation des Cadmiumhydroxyds. Dichte dy = 4,81 g/cm3; Lo- lichkeit 1,2 . Mol/l. Beim Erhitzen mit Wasser in einer Stahlbombe auf 150' wandelt sich y-Cd(OH), in 4 Tagen in grobkristallines B-Cd(OH),[CG-Typ] um. Im Vakuum zer- setzt sich das neue Hydroxyd bei pHBO = 10 Torr bei 115" zu CdO und H,O. Ultrarot- aufnahmen lassen auf Wasserstoffbruckenbindungen schlieflen ; aus den beobachteten Absorptionsbanden errecbnen sich ein kurzester 0-0-Abstand von 2,74 A, sowie zwei verschiedene Cd-0-Abstande: 1. Cd-0 = 2,37 8; 2. Cd-0 = 2,40 8. Bei y-Cd(OH), sind Knickschwinguugen (6) des Wasserstoffs der OH-Gruppe nachzuweisen. Cadmiumhydroxyd tritt in einer im C6-Typ kristallisierenden Modifikation und in einem vom C6-Typ abgeleiteten Doppelschichten- gitter nach FEITKNECHT~) auf. Letztere ist allerdings nur dann zu er- halten, wenn man von Cadmiumnitrat ausgeht und unter Zusatz von Glucose fallt. Hydrolysiert man in geeigneter Weise Cadmiumalkyle, dann IaBt sich eine weitere polvmorphe Modifikation des Cadmium- hydroxyds gewinnen, woruber im folgenden berichtet wird. Zur Unter- scheiduiig der Cadmiumhydroxyde schlagen wir nachstehende Be- zeichnung vor : a-Cd(OH), Doppelschichtengitter nach dem C6-Typ; y-Cd(OH), Xeues Hydroxyd. P-Cd(OH), CG-Typ; Untersuchurigsmethodik a) Ausfiihrung der Analysen. Die Hydroxyde wurden im Hochvakuum bci 200-250' C zersetzt und das abgegebene Wasser durch 1VIagriesiumperchlorat absorbiert. 1) W. FEITKNECHT, Helv. chim. dcta 21, 766 (1938).

Über eine Neue polymorphe Modifikation des Cadmiumhydroxyds

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Uber eine neue polymorphe Modifikation des Cadmiumhydroxyds

Von OSKAR GLEMSER, U1,RICH H ~ u s c k n ~ ~ und HANS RICHERT

M i t 8 Abbildungen

Inhalisiibersicht Es wird die Hydrolyse von Cadmiumalkylen beschrieben. Nach z. B.

Cd(CH3), + 2 HOH = Cd(OH), + 2 CH,

hydrolysiert Cadmiumrnethyl in 96proz. Athano1 bei -10" bis 0' C zu y-Cd(OH),, emr, neuen kristallinen Modifikation des Cadmiumhydroxyds. Dichte dy = 4,81 g/cm3; Lo- lichkeit 1,2 . Mol/l. Beim Erhitzen mit Wasser in einer Stahlbombe auf 150' wandelt sich y-Cd(OH), in 4 Tagen in grobkristallines B-Cd(OH),[CG-Typ] um. Im Vakuum zer- setzt sich das neue Hydroxyd bei pHBO = 10 Torr bei 115" zu CdO und H,O. Ultrarot- aufnahmen lassen auf Wasserstoff bruckenbindungen schlieflen ; aus den beobachteten Absorptionsbanden errecbnen sich ein kurzester 0-0-Abstand von 2,74 A, sowie zwei verschiedene Cd-0-Abstande: 1. Cd-0 = 2,37 8; 2. Cd-0 = 2,40 8. Bei y-Cd(OH), sind Knickschwinguugen (6) des Wasserstoffs der OH-Gruppe nachzuweisen.

Cadmiumhydroxyd tritt in einer im C6-Typ kristallisierenden Modifikation und in einem vom C6-Typ abgeleiteten Doppelschichten- gitter nach FEITKNECHT~) auf. Letztere ist allerdings nur dann zu er- halten, wenn man von Cadmiumnitrat ausgeht und unter Zusatz von Glucose fallt. Hydrolysiert man in geeigneter Weise Cadmiumalkyle, dann I a B t sich eine weitere polvmorphe Modifikation des Cadmium- hydroxyds gewinnen, woruber im folgenden berichtet wird. Zur Unter- scheiduiig der Cadmiumhydroxyde schlagen wir nachstehende Be- zeichnung vor :

a-Cd(OH), Doppelschichtengitter nach dem C6-Typ;

y-Cd(OH), Xeues Hydroxyd. P-Cd(OH), CG-Typ;

Untersuchurigsmethodik a) A u s f i i h r u n g d e r A n a l y s e n . Die Hydroxyde wurden im Hochvakuum bci

200-250' C zersetzt und das abgegebene Wasser durch 1VIagriesiumperchlorat absorbiert.

1) W. FEITKNECHT, Helv. chim. d c t a 21, 766 (1938).

0. GLEMSER u. Mitarb., N e w polyniorphe Modifikation des Cadmiumhydroxyds 59

Zur Cadmiumbestimmung wurde aus neutraler Losung Cadmiumammoniumphosphat in der Siedehitze gefallt und uber Nacht stehen gclassen. Dann wurde abfiltriert, der Niederschlag bei 100" getrocknet und als Cd(NH), PO,. H,O gewogen.

b) I s o b a r e r A b b a u . Der isobare Abbau wurde bei pHZO = 10 Torr vorgenommen. c) D i c h t e b e s t i m m u n g . Die Dichte wurde mit p-Xylol als Sperrflussigkeit pyk-

nometrisch bei 25 d) U l t r a r o t a u f n a h m e n . I m spektralen Bereich von 2,5 bis 14 p wurden Ab-

sorptionsbanden an Praparaten gemessen, die in Paraffin01 suspendiert oder mit KBr zu Pastillen gepreSt waren.

e ) R o n t g e n a u f n a h m e n . I n einer SEEMANN-Kamera mit r = 28,7 mm wurden Pulveraufnahmen mit Kupfer Ka-Strahlung verfertigt.

0,05" C (HoPPLER-Thermostat) ermittelt.

Darstellung der Praparate 1. C a d m i u m a l k y l e . Cadmiumdimethyl, Cadniiumdiathyl und Cadmiumdipropyl

wurden nach KRAIJSE~) hergestqllt. Kurz vor ihrer Verwendung wurden die beiden letzteren destilliert., da sie sich leicht zersetzen.

2. Hydrolyse . Die Cadmiumalkyle wurden zur Vorbereitung der Hydrolyse mit Methanol, Athanol, Aceton oder Ather so verdunnt, da13 1-5 Vol. proz. Losungen entstanden. Je nach Versuch nahm man dabei 20-50 ml Losungsmittel. Dann gab man in kleinen Portionen unter reinstem Stickstoff ausgekochtes Wasser zu, so dalS die Endlosung etwa zur Halfte aus Wasser und zur Halfte aus Liisungsmittel bestand. Im Falle der Verwendung von Ather wurde die Liisung mit Wasser unterschichtet.

Bei der direkten Verwendung von Cadmiumdialkyl bildet sich bei Raumtemperatur unter Wiirmeentwieklung hauptsiichlich D-Cd(OH),, doeh treten im Rontgendiagramm fast stcts noch die Linien von y- Cd(OH), mit auf.

Mit absolutem Athanol reagieren die Alkyle recht heftig zu den Alkoholaten, die sich aus der Losung naeh kurzer Zeit als glanzende Kristalle abscheiden. Fugt man dazu bei Raumtemperatur Wasser, so zerfallen diese und es bildet sich /3-Cd(OII)2. Die auf -10" his 0" ge- kuhlte Losung des Cadmiumathylats in 96 proz. Alkohol bleibt dagegen klar und erst nach tropfenweiser Zugabe von Wasser fangt die Losung nach einiger Zeit hcftig an zu gaseii, dann trubt sie sich plotzlich und y-Cd(OH), flockt aus. Die Geschwindigkeit der Wasserzugabe kann dabei stark variiert werden. Arbeitet man unter denselben Bedingungen bei Raumtemperatur, so beobachtet man nach Zugabe \-on Wasser sofort eine Triibung. Oft bleibt der Niederschlag dann schwer filtrierbar, manthmal ist er auch gallertig. Bei Steigerung der Temperatur auf 80" fallt grobflocliiges /3-Cd(OH), auf Zusatz von Wasser.

2, E. KRAUSE, Ber. dt.sch. chem. Ges. 50, 1813 (1918).

60 Zeitschrift fur anorganische und ailgemeine Chemie. Band 290. 1957

Beirn Verdunsten eirier ntherischen Losung von Cadmiumdia thy1 an feuchter. kohlendioxydfreier Luft bilden sich farblose, ainorphe Produkte, die beim Erhitzen Cadmium und Cadmiunioxyd lieferii. Sip wurden nicht weiter untersucht.

In Methanol und Aceton konnte untcr sonst gleichen Redingungen nie reines y-Cd(OH), erhalten werden. In Tab. 1 ist dizs Ergebnis der Hydrolyseversuche zusanimengestellt.

Tabelk 1 H y d r u l j 5 r \ o n CrLdiriiurrialkylen

M r t h j 1 MrthFl Methj 1 Methyl

Athanul %yo Bthanol 96% Athariol 96% Blethariol

Te m pcra t nr ~-

lianrnterrip. Raumtemp + 70" -10 bls 0" -10 bis 0 -10 bis 0"

Propyl Meth3.l Athyl Propyl ~-

Raunitemp. Raurntemp.

+ 10" Raumtemp. Raumtcmp.

Athanol 96% Athcr Ather *4ther ~ - __

~

Modlfl- kation '

~ ~ .I

B+Y I B 1

B

B B + Y

Y

B+Y I B+Y I *!krNz K

Abb. 1. Apparatur zur Hydro- lyse von Cadrniumaikyien

3. D a r s t e l l u n g v o n y-CdiOH),. Da Cadniiurnhydroxyd, ins- beeondere die feuchte Substariz, stark Kohleridioxpd absorbiert, mula dieses sorgfaltig bei der Praparation ausgeschlossen werden. n

O r D

Abb. 2. Spritze fur die Zugabe yon Cadrrliumalkylen. D Gunimideckei, E V,A-Stahi-Spitze, F P,O,-Rohr. Vor Beginn des Versuchs wird bei G das Rohr ab- genommen und die ganze Spritze sorgfiltig mit N, durchspult. Dann wird das P,O,-Rohr wieder auf-

gesetzt

Abb. 3. Kolb- chen zur Auf-

bewahrung \-on Cad-

miumalkylen

In einem Rundkolben I< (Abb. l), dem niit einem Schliff ein Claisenansatz B aufge- stecktist , wird uber eirie mi t Kaiiiauge gefulite Intensivwaschflasche C Stickstoff eingeleitet. 1st die Apparatur C0,-frei, was am abgeheriden Gasstrom h i R gepriift wird, dann fiiiit man die in Abb. 2 gezeichnete Spritze mit Cadmiumalkyl. Dazu durchstoRt man nrit der V,A-Stahlspitze den a m Ende der Spritze hefindlichen Gurriiriideckel D, druckt den Sternpel P nach unten und zieht BUS dem Kolbcheii (Abh. 3 ) das dort befindliche Alkyl

0. GLEMSER u. Mitarb., Neue polymorphe Modifikation des Cadmiumhydroxyds 61

heraus und bringt die Spitze sofort wieder hinter D. .Jetzt zieht man unter stetern Ein- leiten von StickFtoff den Schliff S (Apparatur Abb. 1) mit R am dem Kolben K heraus und befordert mit der Spritze eine abgemessene Menge Cadrniurnalkyl in den Kolben I(, wo sich bereits die erforderliche Menge des Losungsmittels befindet.

Nachdem der Kolben K in ein Kaltebad gesetzt ist, bringt man bei S einen Tropf- trichter mit Wasser an, das unter Einleiten von C0,-freiem Stickstoff ausgekocht wurde. Hierauf wird der N,-Strom bei H abgestellt; K ist dann mit der auBeren Atmosphire iiber die Waschflasche C verbunden. Unter stetem Schiitteln tropft man langsam das Wasser in die gekiihlte Losung, wobei sich das entstandene y-Cd(OH), in Flocken ab- scheidet, oft auch zuerst eine milchige Triibung bildet. Die entstandenen Kohlenwasser- stoffe z . B. nach

Cd(CH,), + 2 H,O = Cd(OH), + 2 CH,

entweichen iiber die Waschflasche, soweit sie sich nicht in Alkohol losen. Die Reaktionsmischung ladt man iiber Nacht stelien. Man kann auch das ausge-

fallene Hydroxyd mit Wasser am Riickflufl kochen ; selbst mehrstiindiges Erhitzen ver- andert das einmal gebildete Produkt nicht

nach dem Kochen besser filtrieren.

. __---__ mehr. AuBerdem lassen sich die Priparate ,I -.

Nachdem die Umsetzung beendet ist und das Hydroxyd sich abgesetzt hat, wird der Kolben K im Stickstoffstrorn von der Apparatur (Abb. 1) abgelost und sofort bei A an die Filtrier- einrichtung der Abb. 4 angeschlossen. durch die ebenfalls Stickstoff stromt, der bei A aus- tr i t t . Nun dreht man das Rohr AB nach oben, der Inhalt von K fliedt auf die Frit te F, wiihrend bei C rnit der Wasserstrahlpumpe ein schwaches Vakuum erzeugt wird. Die Waschfliissigkeit Wasser und Alkohol wird im N,-Strom bei A zu- gegeben. Anschlieflend wird das FrittengefaIj in einem Wasserbad auf 80-90" erwarnit und

F

gleichzeitig mit der Wasserstrahlpumpe bei C evakuiert. Nach dieser Vortrocknung ist das Abb. 4. Einrichtung zur Filtration Cadmiumhydroxyd nicht mehr so C0,-empfind- lich. Man fiillt es schnell in ein Wageglaschen nm und stellt dieses in einen Exsikkator, in dem sich Atzkali und Paraffin befinden.

A n a l y s e : a) W a s s e r b r s t i m m u n g : Einwaage 0,5557; 1,0312 g. 0,0664; 0,1239 g H,O. Ge-

von Cadmiumhydroxyd

funden: 11,9; l2,0% H,O. Berechnet fur Cd(OH), 12,30%.

b) C a d n i i u m b e s t i m m u n g : Einwaage 0,2866; 0,3191 g. 0,4743; 0,5235 g Cd(NH,)PO,. H,O. Gefunden 76,4; 76,5% Cd. Berechnet fur Cd(OH), 76,77% Cd.

Bemerkung : Bei der Entwksserung wurde stets ein etwas groderer Gewichtsverlust fest,gestellt, als der Wasserabgabe entsprach. Zudem wurde bei der Wasseranalyse eincs geringe Gasentbindung bnobachtet. Die geringe Verunreinigung b-steht aus Carbonat, das durch Absorption von Luft-CO, entstanden sein mul l (Vgl. weiter unten die Ult,rarot- messungen). Bei allen Hydroxyden wurde diese Verunreinigung festgestellt (max. 0,5%).

62 Zeitschrift fur anorganischc und allgemeine Chemie. Band 290. 19.57

Eigenschaftm von y-Cd( OH), y-Cd(OH), wird als farkdoscs Pulver erhalteri, das von P-Cd(OH),

a u Ilerlich nicht zu unterscheiden ist. Wahrend dieses schon als junges Hydrolyseprodukt im Mikroskop hei 800facher VergroBerung sechs-

eckige Blattchen erkennen la& ist bei y-Cd(OH), keine Kristall- form sichtbar. Im Polarisations- mikroskop zeigen die Kristallite von P-Cd(OH), Doppelbrechung ; bei y-Cd(OII), ist nichts festzu- stellen. Dagegen sirid im Elek- tronenmikroskop bei eirier Ver- groBerung von 23 000 : 1 deutlich kristalline Aggregate zu sehen.

n<jIirrie POII y-Cd(OH),. Vr rg rohr ung g r d e zwischen etwa 500 bis 3000 a Abb. 5 Elrlrtlorrerirriikroskopischr Auf- Abb. 5 lafit sich die Teilchen-

23000: i abscha tzen.

D i c h l e : ,&Cd(OII), cl:; = 4,78 g/cm3. Literaturwert 4,8103) und 4,7 9 4) . y-Cd(OH), d:‘ = 4,81, g/em3.

Los l i c l ike i t : y-Cd(OIT), ist in verdiirinten Sauren leicht, in Wasser uiid Alkalien dagegeri schwer loslich.

Zur Ermittlung der Loslichkeit in Wasser wurde die elektrise1,e Leitfaliigkeit 5, der gesattigten Losung herangezogen. Nach c = _If_

g 2 1 berechnet sich die Sattigungskonzentration in Mol/l. x bedeutet die spezifische I,eitfahigkeit, A die Ak~uivalentleitfahigkeit, nus der Beweg- lielikeit der Ioneri errechnet (11 = ii+Cd2+ + uOH-). Als Mittelwerte er- gchcn sich

B-Cd(OH),: 0,79 . lo4 Mol/l. Litcraturacit 0 , 7 .

y-Cd(OH),: 1,2 . MoI/l.

Mol/16) und 2 , 6 . 10-4 PJIoI/l?)

Die VVerte siiid n u r groBenordiiurigsinafiig richtig, da die Messungen wcgcn dcr Eigenleitfahigkeit des verwendeten Wassers (8.0 . 10 6 cm-1 . Ohni-I) etn-as urisicher sind. Es ist aber deutlich, dal3 y-Cd(@H), ctwas bchwerer als /I-Cd(OH), in Wasser loslich ist.

J ) U. F HUTTIG 11. R MYTYLEK, Z. anorg. allg. Cheni. 190, 353 (1930). 4, DE SCHULTEN, C . R hebd. Seances Acad. Sci. 101, 72 (1885). ”) A. EUCKEN 11. R. SUHRMAW, Physikalisch-chem. l’iahtikumbaufgaben, Leipzig

h , c* h I ) r , A N D E R , z. ph>5ib Chpni. 27. 66 (1898). 7) H HCIU Z anore. C‘herri. 24. 126 ( 1 0 0 0 ~ .

1948, b. 200.

0. GLEMSER u. Mitarb., Neue polyrnorphe Modifikation des Cndrniurnhydroxyds 63

Bes tandigkei t : y-Cd(OH), nimmt in feuchtem Zustand begierig CO, auf ; in getrocknetem Zustand nur wenig. Mehrstundiges Kochen mit Wasser hat keine Einwirkung. Eine Mischung von P- und y-Cd(OH), wandelt sich beim Erhitzen in 10proz. Natronlauge nach wenigen Minuten vollstandig in P-Cd(OH), um. Bei reinem y-Cd(OH), ist bei der gleichen Operation auch nach 15 Minuten noch keine Veranderung wahrzunehmen ; eelbst wochenlanges Lagern unter Natronlauge ist ohne sichtbare Wirkung. Dagegen geht das Hydroxyd beim Erhitzen mit Wasser in einer Stahlbombe auf 150" nach zwei Tagen teilweise, nach weiteren zwei Tagen vollstandig in gut kristallisiertes P-Cd(OH), bber.

I s o b a r e r Abbau. Die Zersetzung des Hydroxyds in Oxyd und Wasser beginnt bei etwa 100" und erreicht bei 115" den Zer- Eetzungsdruck von 10 Torr. Bei dieser Tempe- ratur werden 3/4 des Wassers abgegeben, da- nach ist Erhohung der Temperatur notwcndig. Abb. 6 1d3t erkennen, daB bei 115" C die Ver- bindung CdO . H,O abgebaut wird, die als Hydroxyd Cd(OH), zu formulieren ist, wie die nachs tehenden U1 traro tmessungen zeigen.

Beim Abbau wurde eine geringe Abgabe von Gas (CO, nach Ultrarotmessung) beob- achtet. Nach HUTTIG und MYTYZEK wurden bei B-Cd(OH),3) je nach Vorbehandlung Zer- setzungstemperaturen zwischen 11 4" und 178" gefunden. Da die Umwandlung der beiden Hydroxyde in das Oxyd innerhalb der gleichen

100 110 120 130 t -t "C

Abb. 6. Isobarer Abbau von y-Cd(OH),

Temperaturspanne erfolgt, durften sie sich energetisch nur wenig von- einander unterscheiden. Doch ist P-Cd(OH), die stabilere Modifikation.

Ultrarotmessungen Die Ultrarotabsorptionsspektren wurden im Bereich von 2,5 bis

1 4 p mit einem Gerat der Firma Perkin-Elmer aufgenommen. Die Sub- ztanzen wurden in Paraffindl aufgeschlammt und dann zwischen zwei Kochsalzplatten gebracht. Parallelversuche mit Praparaten in geprel3- ten KBr-Pastillen ergaben keinen Unterschied.

Das durch Hydrolyse aus Cadmiumalkylen hergestellte P-Cd(OH), liefert im Absorptionsspektrum eine Bande bei 2,77 bis 2,80 p, die von

64 Zeitschrift fur anorganische und allgerneine Chemie. Band 290. 1957

der OH-Valenzschwingung herruhrt. Da die H,O-Deiormationsbande hei 6,2 ,U fehlt, liegt die Verbindung Cd(OII), und nicht CdO . H,O vor.

Dieses Ergebnis war zu erwarten, da echte Oxydhydrate noch nie nachgewiesen wurden 8).

Die geringe Ver- schiebung der OH-Va- lenzbande deutet auf eine schwache Wasser-

stoffbruckenbindung der Ar tO-H.0 (beigut durchkrist. P-Cd (OH), fanden wir fruher

zeigt eine starkere Ver- schiebung der OH-Va- lenzbande bei 3,lO p, die nach fruheren Unter- suchungen einem kin- zesten 0-0-Abstand von 2,74 A entspricht.

AuBer der Valenz- schwingungsbande (v) gelang es uns, noch Ab- sorptionen der Knick- schwingung ( 8 ) des Wasserstoffs der OH- Gruppe zuzuordnen. Darunter versteht man eine Schwingung des Wasserstoffs senkrecht zur O-H-Valenzrich-

2,84 ,u) '). y-Cd(OHj,

~ -

8) Hieruber wird i n Kurze berichtet werden.

9, E. HARTERT U. 0. GLEMSER, Naturwiss. 40, 199 (1953); 0. GLEMSER u. E.

Chem. 283, 111 (19%). HARTERT, z. anOrg. d g .

0. GLEMSER u. Mitarb., Neue polymorphe Modifikation des Cadmiumhydroxyds 65

tunglo). Nimmt man 6 und v in em-1 und setzt sie in die folgende, empi- risch gefundene Gleichung

r(K)oH = 8,9 - 10-1 (4720--6-0,7 Y)

ein, dann erhalt man den OH- Radius des Hydroxyds in bezug auf das Kation, d. h. r(K)oE + Radius des Cd2+-Ions ergibt den Cd-0 .-Abstand im Cd(OH),- Gitter.

Im Falle des y-Cd(OH), treten zwei Absorptionen bei 10,45 und 10,78p auf. Durch Deuterieren wurde y-Cd(OD), hergestellt. In Abb. 8 bemerkt man im Ultrarotspektrum, dalj beide Absorptionen nach 14,3 und 14,85 p verschoben werden, also gegeniiber 10,45 und 10,78 etwa um den Faktor 1,36, wie man es auch nach der Deute- rierung von einer OH-Bande zu erwarten hat. Diese beiden Knickschwingungsbanden wer- den nun der Valenzschwingungs- bande durch die empirische Gleichung zugeordnet. Man er- halt dann zwei verschiedene r ( K)oH- Werte

rA(K)OH = 1,34 d; r,(K)oH = 1,37 d.

Das entspricht zwei verschie- denen Cd-OH-Abstanden von 2,37 und 2,40d.

Aus den Ultrarotspektren ist die Verschiedenheit der beiden Cadmiumhydroxydmodifikati-

onen ohne weiteres ersichtlich. Bei Mischungen, wo die Rontgen-

l o ) E. HARTERT u. 0. GLEMSER, Z. Elektrochem., Ber. Bunsenges.physik. Chem. 60, 746 (1956).

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Z. snorg. allg. Chemie. Rd. 290. 5

66 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 290. 1957

aufnahmen wegen der zahlreichen Linien unubersichtlich werden, haben uns die Ultrarotaufnahmen die Kennzeichnung der Praparate sehr er- leichtert. In Tab. 2 sind die aus Ultrarotmessungen ermittelten Ab-

stande beider Modifikationen auf gef uhr t .

Die weiter noch im Spek- trum des y-Cd(OH), auftreten- den Banden bei 2,79 und 2,84 p

IPTCd(OH), 1 2,98A 1 (Abb. 7 ) sind bei der deu- I - y-Cd(OH), 2,74 A 2 3 7 u. %40 I terierten Verbindung (Abb. 8)

nach 3,79 und 3,85p ver- schoben. Sie haben nur geringe Intensitat und sind vermutlich auf etwas beigemischtes P-Cd(OH), und basisches Carbonat zuruckzufuhren. Die flache Bande bei 7,25 ,u ruhrt von der C0,-Gruppe her. In Abb. 8 ist weiterhin noch die OH-Bande bei 2,90 p und die H,O-Deformations- bande bei 6,15 p vorhanden. Testaufnahmen beweisen, da13 das H,O durch KBr eingeschleppt wurde, aus dem wir geprefite Pastillen fur die Un tersuchung verf er tigten.

Die Bande der OH-Valefizschwingung des y-Cd(OH), wird bei besserer Auflosung sich in mehrere Teilbanden auflosen lassen, wie aus der Abb. 8 hervorgeht. Diese Teilbanden entsprechen jeweils ver- schiedenen kurzesten 0-0-Abstanden.

Die in Abb. 7 noch weiter vorhandenen Banden bei 14,l und 14,65p haben wir noch nicht zuordnen konnen. Vielleicht sind es anders- artige Knickschwingungen des Wasserstoffs der OH- Gruppe.

Tabelle 2 Aus U l t r a r o t m e s s u n g e n e r m i t t e l t e A b -

s t a n d e von C a d m i u m h y d r o x y d

I lo-o-Abstandl Cd-oH-Abstand 1 1

Rontgeniintersuchungen

y-Cd (OH), zeigt gegenuber B-Cd( OH) , ein eigenes, charakteristisches Rontgendiagramm. In Tab. 3 sind die entsprechenden Daten aufgefuhrt. Die angegebenen Intensitaten sind einer Aufnahme mit dem NORELCO- Zahlrohrgoniometer entnommen.

Wir haben die Indizierung der Rontgenreflexe versucht. Folgende Typen liegen nicht vor: C19-, C27-, d-TaS,-, CaC1,-, HgCl,-, HgBr,- und PbC1,-Typ. Wegen der zahlreichen Linien ist eine Indizierung nur mit Hilfe der Pulveraufnahme schwierig und unsicher ; es konnte aber ein verzerrter C27- oder 8-TaS2-Typ vorliegen.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemie danken wir verbindlichst fur die gewahrte Unterstiitzung.

0. GLEMSER u. Mitarb., Neue polymorphe Modifikation des Cadmiurnhydroxyds 67

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13

I l 4

Tabelle 3 P u l v e r a u f n a h m e von y-Cd(OH), m i t K u p f e r - K a - S t r s h l u n g . Intensitaten sind von 1-20 angegeben; 20 ist die hochste Intensitit

.-

15,3 17,9 P7,G 30,5 30,9 31,s 35,O 35,7 36,3 37,3 41,8 42,9 47,O 47,5 48,O

2 0 (korr.) -

~

In t .

1 18 13 20

3 1 4 5 2 5

17 4 4

13 1 4 12

5,12 4,95 3,23 2,93 2,89 2,84 2,56 2,51 2,47 2,41 2,159 2,107 1,932 1,913 1,894

'1 7 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30

2 0 (korr.) __

49,2 50,l 53,8 54,9 55,6 56,2 56,8 57,6 62,9 63,6 64,G 65,9 66,8 68,l 70,O

Int.

15 10 13 3 9 3 3 1

14 14

2 14

2 2 7

1,851 1,820 1,703 1,671 1,651 1,635 1,620 1,599 1,476 1,462 1,442 1,416 1,400 1,376 1,343

Gottingen, Anorganisch-chemisches Institut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 6. Oktober 1956.