41
3 74 G. Quinche. IV. Uebm eZectr4sche Ausdeh.mwmg; urn G. Qu4mcke. (Fortsetzung von p. 202.) 11. Verlangerung von Glasriihren durch Electrisiren. 0 15. Anordnung der Apparate. Nach den im vorigen Abschnitt beschriebenen Versuchen vergrossert sich das Volumen einer hohlen Glaskugel, wenn die beiden lei- tend gemachten Oberflachen auf verschiedene electrische Spannung gebracht werden. Daraus wiirde folgen, dass ein hohler Glascylinder (Glas- rohre oder hohler Glasfaden) sich verlangern muss, sobald man die Innen- und Aussenseite desselben leitend macht uncl auf verschiedene electrische Spannung bringt. In der That Yasst sich diese Verlangerung an hohlen Glasfaden nachweisen, die innen und anssen versilbert sind. Bus denselben Flintglasrohren, welche zur Herstellung der Thermometerkugeln des Abschnitts I gedient hatten, wurden vor der Glasblaserlnmpe dunne hohle Glasfaden von 0,2 mm bis 2 mm Durchmesser und 1000 bis 1500 mm Lange gezogen, das eine Ende heberartig umgebogen und in ein Gefass mit frischer Xartin’scher Versilberungsfiiissigkeit’) gehangt. Nachdem durch Capillarwirkung die Fliissigkeit in dem Heber aufgestiegen und der hohle herabhangende Glasfaden vollstandig gefullt war, wurde das untere Ende des Glasfadens zugeschmolzen. Nach einer halben Stunde war die innere Oberflache des Fadens mit einem glanzenden Silberuberzug versehen. Der Heber wurde jetzt in ein Ge- fass mit warmem destillirten Wasser gehaingt, das untere zu- geschmolzene Fadenende mit dem Glasmesser abgeschnitten, und der Rest der Silberlosung durch Wasser verdrangt. Die abgetropften Glasrohren wurden in verticaler Stellung an ihrem untern Ende mit einem reinen Bogen Fliesspapier in Beruhrung gebracht, welches den Rest der Flussigkeit aufsaugte. Schliesslich wurden die Glasfaden in dem warmen Luftstrom uber einer Bunsen’schen Lampe getrocknet. 1) G. Qnincke, Pogg. Ann. 128. p. 55. 1566.

Ueber electrische Ausdehnung

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ueber electrische Ausdehnung

3 74 G. Quinche.

IV. Uebm eZectr4sche Ausdeh.mwmg; urn G. Q u 4 m c k e .

(Fortsetzung von p. 202.)

11. Verlangerung v o n Glasriihren durch Electrisiren. 0 15. A n o r d n u n g d e r A p p a r a t e . Nach den im

vorigen Abschnitt beschriebenen Versuchen vergrossert sich das Volumen einer hohlen Glaskugel, wenn die beiden lei- tend gemachten Oberflachen auf verschiedene electrische Spannung gebracht werden.

Daraus wiirde folgen, dass ein hohler Glascylinder (Glas- rohre oder hohler Glasfaden) sich verlangern muss, sobald man die Innen- und Aussenseite desselben leitend macht uncl auf verschiedene electrische Spannung bringt.

In der That Yasst sich diese Verlangerung an hohlen Glasfaden nachweisen, die innen und anssen versilbert sind.

Bus denselben Flintglasrohren, welche zur Herstellung der Thermometerkugeln des Abschnitts I gedient hatten, wurden vor der Glasblaserlnmpe dunne hohle Glasfaden von 0,2 mm bis 2 mm Durchmesser und 1000 bis 1500 mm Lange gezogen, das eine Ende heberartig umgebogen und in ein Gefass mit frischer Xartin’scher Versilberungsfiiissigkeit’) gehangt. Nachdem durch Capillarwirkung die Fliissigkeit in dem Heber aufgestiegen und der hohle herabhangende Glasfaden vollstandig gefullt war, wurde das untere Ende des Glasfadens zugeschmolzen. Nach einer halben Stunde war die innere Oberflache des Fadens mit einem glanzenden Silberuberzug versehen. Der Heber wurde jetzt in ein Ge- fass mit warmem destillirten Wasser gehaingt, das untere zu- geschmolzene Fadenende mit dem Glasmesser abgeschnitten, und der Rest der Silberlosung durch Wasser verdrangt. Die abgetropften Glasrohren wurden in verticaler Stellung an ihrem untern Ende mit einem reinen Bogen Fliesspapier in Beruhrung gebracht, welches den Rest der Flussigkeit aufsaugte. Schliesslich wurden die Glasfaden in dem warmen Luftstrom uber einer Bunsen’schen Lampe getrocknet.

1) G. Qnincke, Pogg. Ann. 128. p. 55. 1566.

Page 2: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 375

Mit Sprengkohle wurde eine Glasrohre von 20 mm lich- tern Durchmesser der Lange nach in zwei Halften getheilt, jede Halfte an den Enden vor der Glasbliiserlampe geschlossen und so zwei 1500 mm lange Glasrinnen hergestellt, die auf der Mitte eines kurzen Spiegelglasstreifens mit ein paar Kitt- tropfen befestigt wurden.

Eine solche Rinne (Taf. 11 Fig. 9) wurde mit dem Spiegelglasstreifen auf eine rnit der Wasserwage horizontal gestellte Unterlage gebracht, sodass ihre Enden iiber zwei leeren Bechergbsern schwebten. Innen versilberte und an beiden Enden zugeschmolzene Glasfaden wurden nebenein- ander in die Rinne gelegt und in der Mitte der Qlasrinne Martin’sche Versilberungsfliissigkeit aufgegossen, die sich gleichmassig nach beiden Seiten der R ime vertheilte und die diinnen Glasfaden bedeckte. Durch die schwere Flussig- keit wurden beide Enden der Glasrinne herabgezogen und floss die Versilberungsfliissigkeit, wenn man zuviel aufgegossen hatte, zuerst von den Enden der Rinne in die darunter ste- henden Becherglaser. Nach Stunde waren die Glasfaden auch aussen versilbert. Der Rest der Versilberungsflussig- keit wurde durch Eippen der Glasrinne in das eine am Ende stehende Becherglas gebracht, die Glasfaden noch in der Rime rnit warmem destillirten Wasser abgespiilt, auf reines Fliesspapier gelegt und in dem warmen Luftstrom iiber einer Bunsen’schen Glasflamme getrocknet.

Das eine Ende eines solchen Glasfadens wurde in ein Uhrglas mit starker Salpetersaure getaucht , der aussere Silberiiberzug auf einer Strecke von 20 mm aufgelost, in einem grosseren Gefass mit reinem Wasser abgespult, rnit reinem Fliesspapier abgetrocknet und iiber einer kleinen Alkoholflamme erwarmt. Die zugeschmolzene Kuppe des Glasfadens wurde j etzt abgeschnitten, ein Platindraht P von 40 mm Lange 20 mm tief in das Innere des Glasfadens ein- geschoben und am Ende des Glasfadens iiber der Alkohol- flamme eingeschmolzen (Taf. I1 Fig. 1Oa).

An dem hervorragenden Ende des Platindrahtes wurde rnit Schellack ein 30 mm langer massiver Glasfaden von 1,5 mm Durchmesser angekittet, dessen Ende zu einem Ha-

Page 3: Ueber electrische Ausdehnung

376 G. @ineke.

ken Q umgebogen war. Glashaken und Glasfaden, soweit er nicht rnit Silber belegt war, wurden rnit geschmolzenem Schellack bekleidet.

Platindraht und die innere Silberschicht bildeten die eine, die aussere Silberschicht die andere Belegung, das Glas des hohlen Fadens die isolirende Substanz einer cylinder- formigen Leydener Flasche oder eines Condensators.

Um die Zufuhrung der Electricitat zu verlangsamen und ein Durchschlagen der diinnen Glaswand moglichst zu ver- hiiten, wurden beide Belegungen des Glasfadencondensators durch leichte Glasrohrchen mit destillirtem Wasser und ein- geschmolzenen Platindrahten mit Commutator, Pallapparat und Leydener Batterie in der 6 2 beschriebenen Weise lei- tend verbunden. Zwischen ausserer Belegung und dem nach- sten Platindraht der Wasserrohre wurde haufig noch ein Goldblatt, der leichtern Beweglichkeit wegen, eingeschaltet.

Die Verlangerung der Qlasfaden wurde mit einem 0 e r t - l i ng ’ schen F i ih lhebe l gemessen, der Langen bis zu 18mm mit einer Genauigkeit von 0,0004 mm zu bestimlnen erlaubte. Derselbe ruhte mit drei Fiissen Fl F, F3 (Taf. I1 Fig. 10) auf drei in ein horizontales Holzbrett eingelassenen Messing- platten rnit Loch, Schlitz und Flache. Fuss F3 ist in der Zeichnung durch den Fuss F, verdeckt. Durch die Fuss- schraube Fl, welche auf der Lochplatte steht, wird die lange Libelle L, und damit gleichzeitig der Schlitten A B und die Mikrometerschraube M horizontal gestellt. Nach links geht die Mikrometerschraube in einen Stahlstab M A iiber, der in der Schlittennase A festgeschraubt ist. Ueber den Stahl- stab ist eine Spiralfeder nus Stahldraht geschoben, welche frei durch eine Oeffnung 0 des Tragers B hindurchgeht und die Nase A des Schlittens nach links driickt, wahrend das Drehen des Schraubenmutterkopfes K die Mikrometerschraube und damit den Schlitten nach rechts zieht. Zwischen zwei horizontalen Schraubenspitzen des Tragers B dreht sich ein Messingring rnit der Libelle L,, einem 200 mm langen Zeiger Z und einem Anschlagstift S, der iiber der Drehungsaxe D liegt.

Die Lage des Schlittens wird in ganzen Schraubengangen (1 rev = 0,24793 mm) an einer horizontalen Scala abgelesen.

Page 4: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 377

Der Kopf der Schraubenmutter ist direct in 100 Theile getheilt, sodass rnit dem Nonius noch bequem 0,001 rev = 0,00025 mm bestimmt werden kann. Die Lage des Anschlagstiftes S wird grob rnit dem vor einer verticalen Millimetertheilung laufen- den Zeiger 2, feiner mit der Libelle L, controlirt, bei welcher 1 Sc. einer Verschiebung des Anschlagstifte- a um 0,00399 entspricht.

E in Streifen Spiegelglas G von 10 mm Dicke, 100 mm Breite und 1400 mm Lange lag auf einer 40 mm dicken, direct an der Zimmerwand befestigten Tischplatte H. Auf dem linken Ende des Glasstreifens G ruhte der 150 mm hohe, 70 mm breite aus hartem verzinkten Holz sehr fest gearbei- tete Rahmen R, dessen obere Flache den Fuhlhebel Orug. Der Rahmen wurde rnit einer grossen Schraubzwinge C fest an die holzerne Tischplatte geschraubt und damit gleich- zeitig auch das linke Ende des Glasstreifens G an der Tisch- platte festgeklemmt. Auf dem rechten Ende des Glasstrei- fens G war mit drei Tropfen Colophoniumkitt ein Maha- gonibrett I mit kurzer Messingschiene U befestigt, auf der sich ein messingener Trager mit horizontalem Tischchen Q verschieben liess. Auf einen kurzen Stift am Rande des Tischchens wurde der Glashaken des doppelt versilberten Glasfadens gehangt.

Das andere zugeschmolzene Ende des Glasfadens wurde in ein leichtes mit geschmolzenem Schellack bekleidetes Flintglasrohrchen gekittet, welches durch einen eingekitteten Drahthaken und einen Steigbugel mit Achatrinne (wie er haufig an den Gehangen der Wagschalen angebracht ist) direct auf den Anschlagstift S des Fiihlhebels wirkte. Taf. II Fig. 10a ist diese Vorrichtung in natiirlicher Grosse dar- gestellt.

Eine nur lose auf die rechte Seite des Glasstreifens G aufgeschraubte Schraubzwinge C, diente als Fuhrung und erlaubte demselben bei Temperaturanderungen sich ouf der horizontalen Tischplatte zu verschieben.

Durch Verschiebung des Tischchens Q auf der Messing- schiene wurde die Libelle L2 in nahezu horizontale Lage gebracht und dann durch Drehen des Schraubenkopfes am

Page 5: Ueber electrische Ausdehnung

378 G. Quincke.

Fiihlhebel fein eingestellt. Der Glasfaden wurde dabei durch das Uebergewicht des Fuhlhebels mit einer Kraft von 21 g gespannt.

Verlangerte sich der Glasfaden, so ging der Zeiger Z herab, und die Luftblase der Libelle L, nach rechts. Durch Drehen des Schraubenkopfes am Fiihlhebel liess sich die Libelle wieder einstellen. Die Verlangerung ist = der Ver- schiebung der Schraube, und wird also direct in Bruchtheilen eines Schraubenganges gemessen.

J e nach der Lange der doppelt versilberten Glasfaden konnte der Holzrahmen mit dem Fiihlhebel an passenden Stellen des Glasstreifens G festgeklemmt werden.

Die Luftblase der Libelle andert ihre Lage nicht, so- lange Spiegelglasstreifen G und der Glasfaden dieselbe Tem- peratur und denselben thermischen Ausdehnungscoefficienten haben.

F u r Gladaden ails Thiiringer Glas traf das letztere zu; fur solche aus Blintglas war der Ausclehnungscoefficient nur wenig geringer. (Vgl. 0 7 11. 0 37). Die meisten Storungen riihren jedoch davon her, dass der dicke Spiegelglasstreifen den Temperaturschwankungen , wie sie ein Luftzug oder die strahlende Warme des Korpers hervorbringen, langsamer folgt als der diinne Glssfsden, dessen Ausdehnung schon merklich wird, sobald ihn der von der warmen Hand des Beobachters aufsteigende Luftstroh trifft.

Da die von mir unter der Einwirkung electrischer Krafte beobachteten Verlangerungen aber nur in seltenen Fallen 0,012 mm ubersteigen, so habe ich die Verlangerung direct aus der Verschiebung der Libelle abgeleitet, die mit einem Fernrohr aus einer Entfernnng von zwei Metern abgelesen wurde. Zehntel eines Scalentheiles von 2,5 mm Lange wur- den durch Schatzung bestimmt und aus fiinf oder mehr Messungen das Mittel genommen.

Es hatte keine Schwierigkeit gehab t, die Empfindlich- keit des Apparates noch bedeutend zu erhohen und durch Beobachtung der Libellenblase mit einem Mikroskop und Ocularmikrometer noch Hundertel oder Tausendtel eines Scalentheiles abzulesen. Die Genauigkeit wiire aber dadurch

Page 6: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 379

nicht grosser geworden, da die Temperatur stets ein wenig mechselt, und die electrische Verlangerung selbst bei schein- bar gleicher Anordnung des Versuches Schwankungen zeigt.

Nachdem die electrische Verlingerung der Glasfaden gemessen war, wurden 10mm lange Stiicke von den beiden Enden und in der Mitte abgeschnitten und mit einem seit- lich angeklebten Wachsstiick auf einem Spiegelglasstreifen (Objecttrager) so befestigt, dass das Spiegelbild die Ver- Iangerung des Rohrchens bildete. Die Wanddicke wurde rnit einem Mikroskop und Ocularmikrometer an vier um 90° voneinander entfernten Stellen jeder Schnittflache bestimmt. 1 Sc. des Mikrometers, von dem noch 0,l Sc. geschatzt wer- den konnten, entsprach 0,00665 mm. Die im Folgenden angegebenen Zahlen sind das Mittel aus diesen Messungen. War die Wanddicke in der Mitte des Glasfadens erheblich dunner als an den Enden, so ist die betreffende Zahl in den folgenden Tabellen eingeklammert.

Die Verlangerung ist dieselbe fur freie positive Electri- citat auf der Innen- oder Aussenseite des Glasfadens und tritt im allgemeinen um so schneller ein, je grosser die electrische Spannungsdifferenz auf beiden Condensatorbelegun- gen ist.

Nach dem Entladen der Leydener Batterie blieb bei Flintglas und Thiiringer Glas eine Verliingerung zuriick, die im allgemeinen um so grosser war, je grosser die urspriing- liche Verlangerung. Dieser Ruckstand betrug bei Flintglas 0,l Sc. bis 0,2 Sc. oder 1 bis 2 Milliontel der ursprunglichen Lange; bei Thiiringer Glas 2 bis 3 Milliontel, bei den gross- ten electrischen Spannungen bis 7 Milliontel der urspriing- lichen Lange.

Des Beispiels wegen lasse ich im Folgenden die Mes- sungen an zwei der empfindlicheren Glasfaden aus Flintglas und Thiiringer Glas folgen. Bei Flintglas ist die Zeit, in welcher die Verlangerung eintrat, angegeben. Bei Thiiringer Glas steht hinter dem Zeichen 8 (welches die Entladung der Lejdener Batterie und des Condensators bedeutet) die nach der Entladung gebliebene Verlangerung, der Ruckstand der Verlangerung.

(Vergl. unten 0 20 u. flg.).

Page 7: Ueber electrische Ausdehnung

380

0,54 ,, 4,l 0,87 ,, 3,7 1,87 ,, 3,O

G. Quincke.

T a b e l l e 14.

Inneii mid aussen versilbert. G e r a d e G l a s f a d e n co nd e iisa to r e n.

3,30 # 0,83 3,28 7,53 1,97 27,29

- 10,78

Electrici- ttitsmenge

in 6 Flaschen

mm mm mm 1 0,056 0,290 645 2,93 10,86 - - - - 3b 0,091 - 700 1,06 4.31 - - - 3 0,173 1,101 G91 1 , l O 3,11 5,02 10,78 - - 7 0,092 - 900 0,93 3,54 7,97 - - 0,89

10 20 30 40

- - - - - -

2,19 4,56 8,G5 1,68 5,98 8,86

1 Laiige 1 Waiidstiirke 1 Aeusserer Durchmesser der Glasfilden

mm mm mm O,li3 1,101 1 0,097 ~ 0,410

Fliiitglas . . . . Thiiringer Glas

Die augenblicklicli suftretende, und die nach der Ent- ladung zuriickbleibende T'erlangerung wachsen nahezu, aber nicht genau, proportional dem Quadrat der Electricitatsmenge auf der Leydener Batterie.

5 16. E i n f l u s s d e r D i c k e u n d B e s c h a f f e n h e i t d e s G1 a s e s. - Wurden die Glasfadencondensatoren ahn- lich wie die Thermometercondensatoren mit Wasserbelegun- gen in der oben (0 2 11. Taf. I1 Fig. 6) beschriebenen Weise in den Schliessungsbogen der Leydener Batterie eingeschaltet,, so erhielt ich die folgenden Resultate:

T a b e l l e 15.

Innen Lind ausseii rcrsillxrt. G c ra d e G 1 as f a d e ii c o ii d e 11 s a t o r c n.

Verliiiigeruiig in Milliontel der urspriiiiglicheii Liiuge bei 17" c.

3 Le dener Flascheii 6 Leydcner Flascheii init Electricitiitsineiige I mit E3kctricittitsmeuge

Page 8: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quiiicke. 381

Nr.

$ 1 Verliingerung in Milliontel der wsprunglichen $3 $451 Q L b g e bei 17 O C. $ 4 8 1 :' 6 L e dener Flaschen 3 Le dener Flaschen :q ' , c;l mit Eectricitiitsmenge I mit ELctricitiitmnenge

I der Qlasfaden I 10. I 20 I 30 1 40 I 60 I 5 j 10 1 15 I 20 __ __

I - 1,661 5,64 10,29 - 0.99 2,801 5,71 - - .- 2.84 5,44 9,911 -

0,35 1,30 - 1 - - 1 1,711 2,171 5,181 9,75

- 1,791 - - 1,751 3,SO 5,84 -

29

- 0,72 -

- - - - -

2,17 -

1,33 0,95 1,03

- - - 4,41 - - -

- - - - 4,18 1,66 - 1,81 -

(0,134) 0,105 0,164

6,16 - - 7,06 - 1 - 1 - 16,95 -

0,609 (1025 0,706 1 780 0,964 1050

Der Apparat Nr. 7 hatte keine Silberbelegungen, son- war mit Eochsalzlosung gefiillt und aussen mit Wasser um- geben in der spater 0 17 beschriebenen Weise.

Die Zahlen der Tabelle 15 zeigen wieder, analog den ahnlichen Versuchen mit Thermometercondensatoren (4 6), dass die Verlangerung nahezu proportional dem Quadrate der Electricitatsmenge in der Leydener Batterie und um- gekehrt proportional dem Quadrate der Glasdicke ist.

Fur gleiche Dichtigkeit der freien Electricitat auf der inneren Belegung der Leydener Batterie ist die Wirkung bei grosserer Oberflhhe der Batterie grosser. Es spricht dies fur einen Einfluss der Capacitat des Glasfadenconden- sators und dafiir, dass deren Grosse vergleichbar rnit cler Capacitiit der benutzten Leydener Batterie ist.

I n der That wurde in der 10 beschriebenen Weise mit der 44 gliedrigen Chromsaurekette die Capacitat des Plintglasfadens Nr. 30 = 0,155 der Capacitat des Thermo- metercondensators Nr. 17 gefunden, welcher nahezu dieselbe Capacitat wie eine Leydener Flasche der benutzten Batterie hatte.

Es wurde ferner die LangenBnderung bei verschiedener Schlagweite der freien Electricitat bestimmt , in ahnlicher

Page 9: Ueber electrische Ausdehnung

382 G. Quincke.

Weise, wie in 0 11 (Taf. I1 Fig. 7) die Volumenanderung eines Thermometercondensators bestimmt wurde. In Ueber- einstimmung mit jenen Versuchen zeigen die in Tabelle 16 zusammengestellten Resultate eine Verlangerung nahezu pro- portional dem Quadrate der Schlagweite oder dem Quadrate der Potentialdifferenz auf beiden Belegungen des Conden- sators und umgekehrt proportional dem Quadrate der Glas- dicke.

T a b e l l e 16. G e r ad e G la sf ad e iic o nd en s a t o ren.

Innen und aussen versilbert.

Wenn die Glasfaden Nr. 3 aus Flintglas und Nr. 35 aus Thiiringer Glas in den Tabellen 15 u. 16 etwas grossere Langenausdehnung zeigen, als die ubrigen, so mag dies in zufalligen Verschiedenheiten liegen, die durch langsamere oder schnellere Abkuhlung beim Ziehen der Faden vor der Glasblhserlampe sich ausbilden und bei so diinnem Material kaum zu vermeiden sein werden. Man kann daher nur, wie es auch hier geschehen ist, aus einer grosseren Anzahl Ver- suche bindende Schliisse ziehen.

For Thiiringer Glas ist die Langenanderung bei gleicher Glasdicke und gleicher electrischer Potentialdifl'erenz grosser, als fur Englisches Flintglas, analog den electrischen Vo- lumeniindernngen der Thermometercondensatoren. Auch lasst

Page 10: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 383

sich Thuringer Glas starker electrisiren, ohne dass die Glas- wand von der Electricitit durchljrochen wird.

Eine Vergleichung der Tabellen 5 und 10 mit Tabelle 15 und 16 lehrt, dass bei derselben Gchhgweite und Glas- dicke fur dieselbe Glassorte die Volumenanderung stets be- deutend grosser als die Langeniinderung ist und oft das Dreifache von der letzteren betragt.

Es spricht dies fiir eine nach drei Dimensionen gleich- massige Ausdehnung des Glases beim Uebergang in den electrischen Zustand und gegen eine Compression der Glas- wand durch einen Druck in der Richtung der Resultante der im Innern des Glases wirkenden electrischen Krafte. (Vergl. unten 0 28).

0 17. E i n f l u s s de r Umgebung auf d i e v e r l a n g e - r u n g von F l in tg l a s faden . - I n 0 9 wurden Versuche beschrieben, bei denen die Volumenanderung eines Thermo- metercondensators dieselbe war fur ’gleiche electrische Krafte, mochte die Thermometerkugel von Luft oder Wasser um- geben sein.

I n beiden Fallen war dann der Druck auf die Glaswand der Thermometerkugel, und also auch deren Volumen ein wenig verschieden.

Ich habe daher ahnliche Versuche fiir die Verlangerung angestellt, bei denen die Belastung- der Glasfaden constant, die elastische Spannung in denselben alsb’-unge&ndert blieb, mochten sie in Luft oder yas se r liegen.

Zu dem Ende wurde eine 800 mm lange, innen versil- berte Glasrinne (Taf. I1 Fig. 11) von 20 mm Durchmesser an den Enden durch zwei halbkreisftrmige dunne Kork- scheiben geschlossen, die in der Mitte einen 2 mm breiten Einschnitt trugen. Diese Rinne wurde genav horizontal unter dem innen und aussen versilberten Glasfadencondensator so aufgestellt, dass dieser frei durch d k Einschnitte des Korkes hindurchging, ohne den Kork zu beruhren. Wurde die Rime bis zum Rande mit Wasser gefiillt, so war der Glasfaden von Wasser bedeckt, konnte sich fi‘ei bewegen, und die

Page 11: Ueber electrische Ausdehnung

384 G. Quincke.

capillare Oberflgche zwischen Glasfaden und Eorkscheibe verhinderte das Ausfliessen des Wassers.

Will man die electrische Verlangerung des Glasfadens in Luft bestimmen, wahrend die Glasrinne unter dem Faden liegt, so muss man die Korke und die Innenseite der Glas- rinne, eben2o wie die aussere Silberbelegung des Glasfadens zur Erde ableiten, urn damit eine Anziehung zwischen Glas- faden und R ime , oder eine von dieser Anziehung herriih- '

rende Langenanderung des Glasfadens zu vermeiden.

T a b e l l e 17. C+ era. (1 e r F 1 in t gl a. s fad e 11 Nr. 5.

Iniicn nnd ailssen versilhert von 1102 min Liiiige iuid 0,126 inm Glnsdicke.

Flaschcn- zahl

3lectricit $its- menga

10 20 30 5 10 15 20

- -~

Verliingerung in Milliontcl der iirsyriinglichen Liinge

in Luft

0,09 2,60 5,71 O,72 2,17 4,41 -

in Wasser

0.81 2,30 4,41

1,99 3,69 5,86

-

Die vorstehend mitgetheilten Versuche zeigen analog mit den friiher (0 9) erhaltenen Resultaten sehr nahe die- selbe Verliingerung , mochte der Glasfaden von Luft oder Wasser umgeben sein.

I n beiden Fallen trat auch, wie die Messungen mit dem Chronoskop zeigten , die Verliingerung in derselben Zeit (2?5 Sekunden) ein.

Hierzu kommt, dass die Verliingerung des Flintglas- fadens Nr. 7 mit Wasserbelegungen (Tab. 15 4 16) sich den Verlangerungen von silberbelegten Flintglasfaden in Luft rollkornmen anreihen.

Es spricht dies alles gegen eine Erwarmnng durch electrische Strome im Innern der Glaswand, da diese eine kleinere und langsamer auftretende Verhngerung bei einer Umgebung des Glasfadens mit Wasser hatte ermarten lassen.

Page 12: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 385

111. Ein Glasfadenelectrometer iind die Abhilngigkeit der electrischen Ausdehnung VOII der Temperatur.

$ 18. G l a s f a d e n e l e c t r o m e t e r . - Vie1 leichter als rnit dem $ 15-11 beschriebenen Verfahren liisst sich die von electrischen Kraften bewirkte Verlangerung des Glases nachweisen, sobald es sich nicht u'm absolute, sondern nur um relative Messung dieser Verlangerung handelt.

Zieht man vor der Glasblaserlampe einen diinnen Glas- faden rnit excentrischem Hohlraum, i o ist derselbe nach dem Erkalten gekriimmt nnd hat die diinnere Wand auf der con- vexen Seite, da die dickere Wandung sich linger abkiihlt oder starker verkiirzt als die diinnere Wandnng.

Eine Flintglasrohre von 3 mm Durchmesser und 50mm Lange, deren Aussenseite mit geschmolzenem Schellack be- kleidet war, setzte sich nach unten in einen krummen Glas- faden von 400 mm Lange fort. Der Glasfaden wurde voll Wasser gesogen und unten zugeschmolzen in einen mit Wasser gefiillten Glascylinder gmenkt. (Taf. I1 Fig. 12). Der nntere Theil der 3 mm dickehFlintglasriihre wurde mit einem durchbohrten Kork in der Oeffnung deb Glascylinders befestigt.

Setzt man die beiden Belegungen dieses Flintglasconden- sators, namlich das Wasser innerhalb und ausserhalb des Glasfadens dnrch diinne Metalldrahte rnit der innern und aussern Belegung einer Leydener Batterie in Verbindung, so kriimmt sich der Glasfaden noch mehr. Die Verschiebung des untern beweglichen Endes kann mehrere Millimeter be- tragen und ist urn so grosser, je grosser die electrische Potentialdifferenz auf heiden Belegungen des Condensa- tors ist.

Es liess sich dies nach den Untersuchungen des Ab- schnittes I nnd I1 erwarten, da der diinnere Theil der Glas- wand eine starkere electrische Verltingerung zeigen muss als der dickere.

J e nach der gembschten Empfindlichkeit benutzte ich Glasfaden \-on 0,5 bis 2 mm ausserem Durchmesser und 0,Ol

?Lnn. d. Phys. 11. Chem. N. F. X. 2.5

Page 13: Ueber electrische Ausdehnung

386 G. Quincke.

bis 0,l mm Wandstarke. Der diinnere Theil der Wand war etwa halb so dick als der dickere.

Die diinnen Glasfaden wurden statt rnit Wasser auch wohl mit Kochsalzlosung gefiillt.

Bei messenden Versuchen wurde das untere Ende des krurnmen Flintglasfadens mit einem Mikroskop und Ocular- mikrometer, wie die Fliissigkeitskuppe in den Capillarrohren der Thermometercondensatoren, beobachtet. Nur stand die Mikrometertheilung jetzt nicht mehr vertical, sondern hori- zontal.

Nach der Entladung des Condensators geht der Glas- faden nahezu in seine urspriingliche Lage zuriick.

Die Bewegung besteht wegen der dampfenden Wirkung des umgebenden Wassers, ohne den Glasfaden in Schwan- kungen zu versetien, in einem einfachen Hingange bei der Ladung und einem einfachen Riickgange bei der Entladung. Jeder dauert nur wenige Secunden.

Um die Verschiebung des untern Olasfadenendes unab- hangig von der Kriimmung der Wand des grossen Glas- cylinders beobachten zu konnen, habe ich spater die krum- men Glasfiide? in viereckige Glasflaschen mit verticalen ebenen Wanden gebracht, in deren Oeffnung eine 20 mm breite Glasrohre von passender Lange mit ein wenig Siegel- lack eingekittet war. Man kann in die verticale Wand auch noch ein rnndes Loch von 40 mm Durchmesser bohren und durch eine aufgekittete Spiegelglasplatte schliessen, wie dies in Taf. I1 Fig. 14 dargestellt ist.

Gewiihnlich waren die Wassersaulen im Innern der krum- men Glasfaden rnit einem am obern Ende eingeschmolzenen Platindrahte, zuweilen mit einem am obern Ende eingekit- teten diinnen Kupferdrahte in leitender Verbindung. Ein ahnlicher Kupferdraht war zwischen Kork und Glaswand festgeklemmt. Beide Dr&hte vermittelten die Verbindung der innern und aussern Wasserbelegung mit den Belegungen der Leydener Batterie.

Wurde ein solches G1 a s fiid e n e le c t r o m e t e r statt eines Thermometercondensators in der 6 2 (Taf. I1 Fig. 6) be- schriebenen Weise mit einer Leydener Batterie verbunden,

1 Sc. entspracli 0,06 mm.

Page 14: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 387

so beobachtete ich bei zwei Apparaten verschiedener Empfind- lichkeit folgende Verschiebungen des untern Endes des krum- men Flintglasfadens.

T a b e l l e 18.

6 Flaschen Electricit&tsmenge

5 I 10 j 20

3 Flaschen Electricitiltsmenge

5 I 10

T a b e l l e 19.

Schlagweite in Millimetcrn 1 1 2 1 3 1 4 l 5

Glasfadenelectrometer Nr. 113 bei 16,5O C. sc. so. SO. so. SC.

beobachtetl 0,25 i 1,22 I 3,04 I 5,30 8,45 bercchnet 0,33 1,33 2,99 5,31 8,30

beobachtet 0,76 2 8 3 ’ 6,71 I berechnet I 0,74 I 2:94 I 6,62

Glasfadenelectrometer Kr. 111. sc. Sr. 1 Sc. I

- - I - -

Unter den beobachteten Ausschlagen stehen die berech- neten, indem man die Ausschliige proportional dem Quadrat der Dichtigkeit der freien Electricitat auf der innern Be- legung der Leydener Batterie von sechs Flaschen oder pro- portional dem Quadrate der Schlagweite (Potentialdifferenz der Condensatorbelegungen) setzte. Berechnete und beob- achtete Werthe stimmen nahezu iiberein.

25 *

Page 15: Ueber electrische Ausdehnung

388 G. Quincke.

Die Abweichungen fur den Apparat Nr. 101 und die Batterie von drei Flaschen erklken sich dadurch, dass die Capacitat des Glnsfadenelectrometers nicht verschwindend klein gegen die Capacitat einer Leydener Flasche war.

Es kijnnen sich die Glasfadenelectrometer also recht be- quem fiir Messungen starker electrischer Spannungsdifferenzen benntzen lassen.

19. E i n f l u s s d e r Umgebnng . - Werden krumrne Glasfaden mit excentrischem Hohlraunie innen und aussen in der 0 15 angegebenen Weise versilbert, so kann man nuch ohne Fliissigkeit die Kriimmung des Glasfadens beim Electrisiren zeigen. Bei plotzlichem Laclen und Entladen des Glasfadenelectrometers kommt aber der Faden in solche Schwaukungen, dass die Messungen vie1 zii lange Zeit in Anspruch nehmen. Dazu kommt nocli der Uebelstand, dass cler Glasfaden, urn ihn vor Luftstromungen zu schiitzen, nicht in einem trockenen Glascylinder aufgestellt werden kann, da er dann durch die freie Electricitat an irgend einer Stelle an die Wand des Glascylinders gezogen wird.

Urn zii sehen, ob ein Glasfaden bei Beriihrung mit Luft nnd Wasser in ahhnlicher Weise dieselben Aenderungen der Kriimmnng zeigt wie ein Thermometercondensator cliesel- ben Volumenanderungen odcr ein grosser Glasfaden dieselbe Verlangerung (I-gl. 0 9 und 17), wurden zwei Glasfadenelec- trometer gleichzeitig nebeneinander in den Schliessungsbogen einer Leyclener Batterie von sechs Flaschen eingeschaltet, sodass die electrische Spannung nuf den drei inneren Be- legungen dieselbe war: wiihrend die ausseren Belegungen zur Erde abgeleitet waren.

Das eine Glasfadenelectrometer Nr. 103 hatte in ge- wohnlicher Weise Wasserbelegungen, das andere Silber- belegungen. Das zweite war in einem knrz zuvor mit Wasser gefullt gewesenen Glascylincler aufgestellt , dessen innere Wande mit einer diinnen Wasserschicht vollstandig bedeckt und zur Erde abgeleitet waren.

Dnrch eine Holtz'sche Xaschine wurde allmahlich die Dichtigkeit der freien Electricitat anf beiclen inneren Be-

Page 16: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quiiicke. 389

legungen vermehrt und mit zwei Mikroskopen die Verschie- bung der unteren Eadenenden beobachtet; bei dem einen Apparate in Wasser, bei dem andern Apparate in Luft.

Dann wurde der Glascylinder des zweiten Apparates mit Wasser gefiillt und die Beobnchtungen wiederholt.

Elcctrometer: Sr. 103 Glasfaclcii in : Wassrr

T a b e l l e 20.

Sr. 104 Sr. 105 Luft Wasscr Luft Wasscr

sc. so.

6 20. E l e c t r i s c h e L a n g e n a u s d e h n n n g b e i v e r - s c h i e d e n e r T e m p e r a t u r u n d 1- e r s c h i e d e n e r S c h 1 a g - mei t e. - Die Glasfadenelectrometer sind sehr geeignet, urn den Einfluss der Temperatur auf die electrische ,Qusdehnung zu untersuchen, da der Ausschlag durch die Langendifferenz benachbarter diinn- und dickwandiger Theile des Glasfadens bestimmt ist, und diese sehr nahe dieselbe Temperatur haben.

Ein 500 mm hoher, mit Wasser gefullter Zinkkasten (Taf. I1 Fig. 13) mit abgerundeten Ecken und quadratischer Basis von 80 mm Seite konnte durch eine Gasflamme erhitzt werden. I n seinem untern Theile waren an zwei gegenuber- liegenden Wiinden zwei runde Fenster aus Spiegelglas von 40 mm Durchmesser angebracht. Jede Glasscheibe war durch untergelegte Lederringe und einen Messingring von gleichem Durchmesser, der in ein kurzes, an der Zinkwand sngelothe- tes Ansatzrohr eingeschraubt wurde, wasserdiclt mit der Ge-

Sc.

Page 17: Ueber electrische Ausdehnung

3 90 G. Quinde.

fkswand verbunden. Eine Eisenplatte passte in zwei dia- metrale Ausschnitte des Messingringes und diente als Schliissel zum Anziehen der Schraube.

In zwei auf dem Deckel des Zinkkastens aufgelotheten kurzen Riihren waren mit zwei durchbohrten Korken der krumme Glasfaden und ein Thermometer eingesetzt. Auf eine dritte Rohre des Deckels war mit einem Kautschukrohr eine 400 mm lange verticale Glasrohre ausserhalb des Kastens befestigt, welche als aufrecht stehender Kuhler wirkte, indem sich in ihr die gebildeten Wasserdampfe verdichteten und in den Zinkkasten zuriickfiossen. Die obere Oeffnung der rer- ticalen Glasrohre war durch ein lose aufgedriicktes Stan- niolblattchen verschlossen , welches den Wasserdampfen den Austritt gestattete und den Zutritt der kalten Luft ver- hinderte.

Ein starker Messingdraht ging durcfi eine Oeffnung des Deckels hindurch und trug am untern Ende einen ringfor- migen Riihrer, um das Wasser des Zinkkastens umriihren und so uberall auf dieselbe Temperatur bringen zu konnen. Messingdraht und Riihrer fehlen in der Zeichnung.

Der Deckel wurde mit einem 60 mm langen Ansatzstuck in den Zinkkasten eingeschoben und schloss dann dampf- dicht.

Wurde die eine Belegung eines Glasfadenelectrometers nllmahlich bis zu einer bestimmten Schlagweite geladen, wahrend die andere Belegung zur Erde abgeleitet war, analog dem in 0 11 (Taf. I1 Fig. 7) beschriebenen Verfahren bei Thermometercondensatoren, so erhielt ich folgende Aus- schlage.

T a b e l l e 21a. Glaufadenelectrometer.

Temp. A u s s c h l a

bei Schlagweite in bIi$imetern 1 1 2 1 3 1 4 1 1 1 2 1 3 1 4

Page 18: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 391

Ec. Se. sc. sc. 7,761 18,Ol - 1 1

1,267 1,215 1,875 1,914 1,866 2,123

Temp. - -

sc. 1 1,313 2,186

> 3,332

16,4' 47,s 79,l 91,o

3, l 28,l 54,7 86,O 94,l

00 15,5 26,6 32,O 42,2

sc. sc. sc.

11,52 26,94 57,08 16,22 36,92 >lo0 25,70 > 100 - 31,71 - -

10,lO 2092 41,32

A u s s c h l a bei Schlagweite in &&ern

1 1 2 1 3 1 4 1 1 1 2 I 3

sc. Sc.

1 1 1,027 1,141 1,218 1,606 1,814 2,545 1,662 3,140

so. 2,25 2,85 4,22 4,20

sc. 3,02 3,10 3,68 5,48 5,02

sc. (0,451 0,94 1,os 0,94 3,46

1,2O 16,O 30,O 38,2

- - - - L

sc. sc. 2,26 1 10,461 4,30 1 21,60' - 5,34 7 3 5 1 -

>30 1 - -. I >13,3 , -

sc. 1 1,340 1,835

>4,971 -

so. 1. 2,899

>7,073 -

- - __ -

sc. 1. 1,381

72,419 - -

Se. 1

>2,577 - - --

* Da bei hoherer Temperatur Flintglas leitend wird, und Thiiringer Glas schon bei gewohnlicher Temperatur unvoll- kommen isolirt, so entladet sich ein Theil der von der Ho1tz'- schen Maschine zugefuhrten Electricitat sofort durch die Wandung des hohlen Glasfadens, und es lasst sich dann die 'gewunschte Schlagweite nicht erreichen. Dies geschieht auch, wenn die zur Verstkkung des Entladungsfunkens angebrach- ten Leydener Flaschen fehlen. In solchen Fallen war der beobachete Ausschlag kleiner als er bei einer kraftigeren Maschine der am Kopfe der Spalte angegebenen Schlagweite entsprochen haben wurde, und ist dies durch das Zeichen > angedeutet.

Wurden beide Belegungen des Glasfadenelectrometers in leitende Verbindung gesetzt, so ging im allgemeinen das untere Fadenende nicht sofort in seine ursprungliche Lage

Page 19: Ueber electrische Ausdehnung

392 G. Quincke.

zuriick, und es blieb ein Ausschlag im Sinne des ursprung- lichen Ausschlags zuriick, der erst allmahlich wieder ver- schwand. Dieser A u s s c h l a g s r u c k s t a n d ist beim Thiiringer Glas griisser als bei Flintglas unter sonst gleichen Bedin- gungen.

T a b e l l e 21b.

SC. Ec. 0 0 0 0 0 O,S4 - 1.55

0,5G -

~~

An s s c 11 1 a g r ii c k s t a 11 d e riach dcr Elitladung 1)ci der I Rchlaeweite in Millimrtem

Temp.

Se.

0.60 2.50

19.00 - -

5 4 7 O

S6.0 91.1

0 0 15,5 26,6 32,O 12,2

sc. l ,S6 - -

0.49 5.2 I 1 1 -- I 0.iG osr22 - -

1.2 16.0 30,O

Aus den angefuhrten Versuchen folgt? dnss mit Erhohung der Temperatur der Ausschlag des untern Fadenendes, ebenso mie cler Ausschlagsriickstand bedeutend zunehmen, dass beide nahezu proportional dem Quadrate der Schlagweite oder den1 Quadrate der Spannungsdifferenz cler beiden Belegungen des hohlen Glasfadens zunehmen ~ i n d erst bei grosseren Aus- schlagen, die mit der electrochemischen Zersetzung der Glas- masse zusammenzuhangen sclieinen, Abweichungen eintreten.

Nennt man H und Hl den Ausschlng des untern Faclen- endes bei den Temperaturen t" und t10 und setzt:

Hl = W ( l + J i ( t l - t ) ) , so l&sst sich die mittlere Zunahme It des Ausschltigs 1 fiir l o Temperaturerhohung finden. Dieselbe ist fiir Flintglas kleiner als fur Thiiringer Glas, wie die folgende ails Tab. 21a abge- leitete Zusammenstellung zeigt.

Page 20: Ueber electrische Ausdehnung

47,8O 49,l 91,0

54,7 28,6"

86,O 94,l

15,5O 26,6 32,O 42,2

0,00850 0,01395 0,01160

0,00106 0,004p3 0,00946 0,00728

0,05026 0,05262 0,03403 0,1535

Flintglas Nr. 114. 0,00685 0,00997 0,01457 0,01892 0,01505 (0,03127)

Fliiitglas Nr. 115. - 0,00553 0,01174 0,01797 0,02352 Tliuringev 0,06317 0,05350 0,09552 (0,1213)

0,01334 0,01615 (0,04617) -

- - -

0,01494 (0,02i5l) - -

alas Sr. 116. 0,1226 0,1017 i0,2283) -

- - - I -

0,00833 0,01581 0,01332

0,00872

0,01371 0,01540

0,08943 0,05306 0,06477

0,01471

- Thiiiiiiger Glas Nr. 115.

0,06101 0,07196 - - 0,06648 I I I 0,04729 - - i8° I 0.04i29 1 (0,08149) I

38,2 (0,8316) - I - Diese Zunahme h ist etwa vou derselben Ordnung, wie

die Zunahine des electrischen Leitungsvermogens bei wasse- rigen Salzlosungen , welche nach den Untersuchungen von F. Koh l rausch ' ) zwischen 0,0057 und 0,072 liegt.

5 21. E l e c t r i s c h e L i i n g e n a u s d e h n u n g b e i v e r - s c h i e d e n er T e m p e r a t u r u n d v e r s c h i e den e r E 1 e c t r i- c i t a t s m e n g e i n d e r L e y d e n e r B a t t e r i e . - Man kann die Belegungen des Glasfadenelectrometers anch in der 6 2 (Taf. I1 Fig. 6) fiir einen Thermometerconclensntor beschrie- benen Weise in den Schliessungsbogen einer Leidener Bat- terie einschalten und den Ausschlag des unteren Faden- endes beobachten.

Nach dem Niederlassen des Fallapparates welcher die leitende Verbindung mit der Leydener Batterie herstellt,

1) Kohlrausch, Wed. Ann. 6. 11. 192. 1879.

Page 21: Ueber electrische Ausdehnung

394 G. Quincke.

ging das untere Fadenende bis zu einem Maximalausschlag, und darauf langsam wieder zuruck. Bei dem Niederlassen des Fallapparates wurde das Chronoskop (vergl. 0 2) durch einen Druck der linken Hand in Gang gesetzt und, nachdem der Maximalausschlag erreicht war, angehalten. Die Zeit, i n welcher die Maximalverschiebung eintritt, lasst sich aber bei langsamer Bewegung des Glasfadens nur angenahert bis auf einige Secunden genau bestimmen.

I m Folgenden sind die Beobachtungen an einem krum- men Glnsfaden aus Flintglas nnd zwei anderen aus Thuringer Glas zusammengestellt.

Tabe l l e 22a. Kruinmer F l i n t g l a s f a d e n Nr. 110.

50,5 71,2 91,O

Ausschlagszeit I Ausschlagsmaximum bei Electricititsmenge iu 6 Flaschen

10 1 20 I 30 10 I 20 I 30 10 sc. 9r. Sc. 8c. sc. sc.

12,5O2,02# 0 7,60# 0,9 16,25 # 2,4 1 1 1 3,66 O,? 12,97 4,*5 30,46 10,9 1,267 1,707 1,875 30,O" 3,OO 0,7 16,28 5,9 A4,00 10,7 1,875 2,142 2,092 10,3 4,31 0,s 17,72 6,8, (37,7) 12,9 1,86612,332 (2,320) 9,3

1 1,492 1,865 1,832

Electricitatsmenge in 3 Flaschen 5 10 15

18,3" 9 7

20 I 30

22,5" 9,3" 17,O i 4 7 14

10 - -

11,7" 15 7

10" 4 7

F a d e n nus T h i i r i n g e r G l a s Nr. 116.

-4usschlagszeit I Ausschlagsmaximum bei Electricitltsmenge in 6 Flaschcn

20 I 30 10 I 20 30 10 ~ 20 1 30

28,9 0,82 0,l Y,75 1,s 1U,87 3,40,7130,8011 :,047 2,s 1 1,7 i1,4 55,6 0,97 -0,3 4,33 0,3 11,Hli 1,0 0,9670,985 1,143 1,0 1,l 1,0

Sc. sc. sc. 3,Sol,l5# 0.2 4,68# 2,3 10,38# 5,O 1 1 5,6" 10,7" 6,3"

Electricitltsmenge in 3 Flaschcn

Page 22: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 395

F a d e n aus T h u r i n g e r G l a s Nr. 117.

t3

1,9" 15,6 30,3

Ausschlagsmnxiinum bei Electricitatsmenge in 6 Flaschen

10 j 20 30 10 1 20 I 30

3,OO # 0,&,35 # 5,5 29,25#13,8 1 1 -r 4,30 1,7 17,54 9,9 46,60 22,O 1,4331,545 1,593 3,518 1,2118,OO 6,21 51,25 12,6 1,19311,5871 1,756

sc. so. so. so. sc. So.

l5,6 29,6

I Electricitiltsmenge in 3 Flawhen - 5 I 10 15 5 I 10 1 15

sc. sc. sc. so. sc. sc. 2,8O2,30# 0,6 8,17 # 3,5 22,75 # 8,4 1 1 1

3,26 1,2 11,90 4,2 32,20 10,l 1,417 1,456 1,416 2,82 1,3 14,25 3,8 (40,50) 12,2 1,2261,744 1,780

Ausschlagszeit

10 I 20 I 3 0

Hinter dem Zeichen steht der nach der Entladung der Batterie und des Glasfadens noch zuriickbleibende Aus- schlag in Scalentheilen des Beobachtungsmikroskops. Die drei mittleren Spalten geben die Electrometerausschlage. wenn man den fur die niedrigste Temperatur erhaltenen = 1 setzt.

Der Maximalausschlag erfolgte im allgemeinen um so schneller, je hoher die Temperatur und je grijsser die Elec- tricitatsmenge in der Leydener Batterie war.

Bei Temperaturen iiber 80° fur Flintglas und iiher 50" fur Thiiringer Glas nahmen die Ausschlage sehr schnell ab, und die Leydener Batterie entlud sich in kurzer Zeit durch die Wandung des hohlen Glasfadens.

Man erkennt aus den angegebenen Versuchen, dass mit Erhahung der Temperatur der Ausschlag des unteren Faden- endes , ebenso wie der Ausschlagsriickstand bedeutend zu- nehmen, dass beide fur dieselbe Temperatur, sobald sie nicht zu hoch ist, nahezu proportional dem Quadrate der Electri- citatsmenge auf der Leydener Batterie oder dem Quadrate der Dichtigkeit der freien Electricitat auf der inneren Be- legung der Leydener Batterie sind.

Der kleinere Ausschlag fur die halbe Electricitstsmenge auf der Leydener Batterie von halber Oherflache erklart sich zum Tlieil auti der Verkleinerung, welche die electrische Spannungsdifferenz der Batteriebelegungen dnrch Verbindung

Page 23: Ueber electrische Ausdehnung

396 G. Quincke.

mit dem Glasfadencondensator ron merklicher Cspacitiit er- leidet. Ausserdem nimmt die electrische Spannung auch fib, weil ein Tlieil der Electricitiit der Condensatorbelegungen durch die leitende Wandung des Glasfadens hindurchfliesst, und dieser Theil um so grosser ist , je besser clas Glas die Electricitat leitet.

Der Maximalausschlag entspricht also bei lrleinerer Electricitatsmenge und gleiclier electrischer Diclitigkeit in cler Leydener Batterie doch Iiei lrleinerer Oberflaclie einer geringeren electrisclien Spannungsdifferenz der Condensator- belegungen, ist also kleiner, alu hei grosserer Oberfiache der Batterie. Der Electricitatsverlust atis den eLen erwahnten (hiinden kann init steigender Temperatur bei geringen Electriritatsmengen in der Leyclener Batterie sogar so zu- nehmen, dass die electrisclie Bpannnng der inneren Belegung zur Zeit des Maximalnussdilages , also auch der Maximal- :iusschlag selbst erheblich kleiner wird als bei niedrigerer Temperatur, wie dies in der That die Tersuche mit dem gut leitenden Thuringer Glas zeigen.

Da der Condensstor bei diesen Versuchen Linger ge- laden bleibt iind durch die Wandung cles liolilen Glasfadens inehr Electricitiit fliesst, als bei den Tersuchen des rorigen Paragraphen, so ist aucli der Ausschlagsriickstancl bedeutend grosser, als dort fur niedrige Temperaturen. Fur hiihere Temperaturen wird die freie Electricitiit in1 Innern der Glas- masse, welche den Ansschhgsruckstand bedingt, in der besser leitenden Glasmnsse schneller rerschwinden , folglicli ein lileinerer Ausschlagsruckstand beobaclitet werden, nls unter sonst gleichen Bedingungen bei niederer Temperatnr.

Diese Electricitatsverluste clurch Leitung sind bei Thii- ringer Glas so bedeutend, dass ich darauf rerzichtet habe, den Werth der Constanten ?A am den durch Verbindung mit cler Leydener Batterie lierbeigefuhrten ilIaximalaussclilagen H fur verschiedene Temperaturen zu berechnen.

Fiihrt man die Rechnung bei Flintglas durch: so erhalt man folgende Werthe fiir h :

Page 24: Ueber electrische Ausdehnung

G. Qztincke.

T a b e l l e 2213. M i t t l e r e A e n d e r u n g It d e s A u s s c h l a g s 1

fiir 1 Temperatnrznnahme.

Temp. Electricitiitsineligc: in 6 Flaschen

10 20 30 $1

50,s U,OOTO3 0,01561 0,02302 71,2 1490 1945 1861 01,O 1104 1G96 1 1682

397

Electricitiitsmcngc in 3 Flaschen

5 I 10 1 15

0,003i4 0,01566 0,01295 0790 1556 1473 1290 14iO 1059

Q 22. E l e c t r i s c h e V o l u m e n a u s d e h n n n g b e i v e r - s c h i e d e n e r T e m p e r a t u r . - Aehnliche Versuche wurden rnit Thermometercondensatoren angestellt, bei denen die Bele- gungen in der 0 2 (Taf. I1 Fig. 6) beschriebenen Weise mit der Leydener Batterie verbunden waren. Die Senkung der Fliissigkeitskuppe in der Capillarrohre wurde gemessen, wahrend die Thermometerkugel sich in Eiswasser, in Wasser Ton der Temperatur des Zimmers oder von 100" befand.

Fur die Beobachtungen bei hiiherer Temperatur wurde in den ringformigen oberen Deckel eines Metallbechers (Taf. 11 Fig. 5 ) , wie er bei den Thermometercondensatoren benutzt wurde, eine kleine Metallhiilse €1 und ein oben offener Metallbecher J eingelothet. Der letztere wurde mit concentrirter KochsalzlGsung gefiillt und war zur Aufnahmc der Thermometerkugel bestimmt. Der grossere Metdlbecher entliielt Wasser , welches durch eine Gasflamme erhitzt werden konnte. d u f die Hulse H war mit einem kurzen Kautschukschlauch ein 400 mm langes verticales Glasrohr aufgesteckt , melches als aufrechtstehender Kuliler wirkte und mit einer Stanniolplatte lose verschlossen war, ahnlich wie bei dein Apparate Taf. I1 Fig. 13 5 20.

Page 25: Ueber electrische Ausdehnung

398 G. Quincke.

Die Temperatur der Kochsalzlosung wurde durch ein empfmdliches Quecksilberthermometer bestimmt, dessen Ge- fass neben der Kugel des Thermometercondensators ange- bracht war. Bei einigen Versuchen wurde das Thermo- meter durch ein zweites senkrechtes Glasrohr mit Stanniol- platte ersetzt.

In Tabelle 23 sind die Beobachtungen an vier Thermo- metercondensatoren aus Flintglas und Thiiringer Glas zu- sammengestellt, wenn die aussere Belegung bis zu der an- gegebenen Schlagweite geladen wurde, sowohl in Milliontel des Volumens der Thermometerkugel als auch, wenn die' bei 0 O beobachtete Volnmenanderung = 1 gesetzt wird.

Nennt man u und uo die bei den Temperaturen t o und 0 beobachteten Volumenanderungen und setzt

so lasst sich mit Hiilfe dieser Beziehung die mittlere Aen- derung k berechnen, welche die Volumenzunahme 1 bei der Temperaturerhohung urn l o erfahrt. Dieser Werth ist in der letzten Spalte aufgefiihrt.

Die Volumenanderung des Thermometercondensators Nr. 30 bei looo ist fur 2 mm Schlagweite so gross, dass sie ganz anormal erscheint und auch einen Werth k = 0,01859 gibt, der dem bei Thiiringer Glas erhaltenen sehr nahe kommt. Dieser Werth ist daher bei den angegebenen Mit- telwerthen von k nicht beriicksichtigt.

I n ahnlicher Weise sind die Volumenanderungen fur Thermometer Nr. 35 bei 99,4O und 2 oder 3 mm Schlag- weite als unverhaltnissmassig gross nicht bei der Berech- nung von k beriicksichtigt.

T a b e l l e 23.

V o 1 LI in e n 8 11 d e ruii g ~ - 106

roil Tlierrnollietercoiidellsatoreii bei der

u = uo (1 + At)

J V

I1

Schlaggweite in Blillimeterii Temp. I;

1,152 1,13i 0,005 791 I),OOY 118

Page 26: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 399

Oo 16,s 25,7

100

~

A v V o l u m e n a n d e r u n g - 10°

von Thermometercondcnsatoren bei der Schlagweite in Millimetern k 1 1 2 1 3 1 4 1 1 1 2 1 3 1 4 Temp.

Nenes Flintglas Nr. 35 (D = 0,206 mm)

0" !0?:4 1 21;;7 I 4y;O I E4%l 11 11 I 1 I 1 I -

v

Vol. Vol. Vol. Vol - 0,589 1,902 3,730 6,304 1 1

0,604 1,971 4,088 6,651 1,025 0,708 2,011 4,330 7,161 1,200 - 2,628 6,869* 10,510* -

10,s Oi998 2;665 5;058 Si700 1,046 1,059 1,024 1,027 0,003 612 99,4 11,239 1 3,538*(10,480*~ - (1,298(1,406*1 2,122'1 - 1 0,002 998

Plintdasthermomctcr Nr. 21 iD = 0.319)

Thiiringer Glas. Thermometer Nr. 8 ( D = 0,%3 mm)

Bei den Beobachtungen an dem Thermometer Nr. 35, welche von Hrn. A l e x a n d e r P o g o r e l k o im Heidelberger Laboratorium ausgefiihrt wurden, wurde ein anderes Funken- mikrometer benutzt , dessen Kugeln 30 mm Durchmesser hatten, und dessen Schlagweite in halben Pariser Linien ge- messen wurde. Das Flintglas war ebenfalls von dem der anderen Apparate verschieden.

Hr. A. P o g o r e l k o bestimmte gleichzeitig fur rer- schiedene Temperaturen in der 0 10 beschriebenen Weise mit einer 44 gliedrigen Chromsaurekette und den Ausschlagen einer Multiplicatornadel die electrische Capacitat derselben Thermometercondensatoren. Die Capacitat wurde dabei mit der constanten Capacitat des Thermometercondensators Nr. 17 aus Flintglas, welcher in Eiswasser stand, ver- glichen. Dem letzteren entsprach ein Multiplicatorausschlag von 46 Scalentheilen.

Werden c und co die Capacifaten bei to und Oo genannt, so lasst sich wieder mit Hiilfe der Relation

die mittlere Zunahme x der Capacitat des Glases der Con- densatorkugel fur lo Temperaturerhohung berechnen.

0 (1 + x 4 c = c

Page 27: Ueber electrische Ausdehnung

400 G. Qiiincke.

T a b e l l e 24. - ~~

Temp. Capacitat I . Flintglasthermomotcr Nr. 30 (D = 0,142 mm).

0 0 79 sc. 1 23,OO 0,01113 99,74

Xeues Flintglas Nr. 35 ( D = 0,206 min). - 00 99,o sc. 1

15 I 102,4 1 1,035 I 0,002333 95,o 119,2 1,204 0,008147

Fliiitglasthermoineter Nr. 21 (D = 0,319 min 1. - 0 0 59,l sc. 1 26 GO,% 1.229 0,004961 99,4 I liS,70 1 1,315 I 0,003168

Thiiringer Glns. Thermometer Xr. S (D = 0,282 mm). - 00 35,a sc. 1 15,OO 0,01228 - 25

100 uiihestimmbar

Es mijgen hier auch noch BeoLachtungen an dem Thermo- inetercondensator Nr. 30 fiir verschiedene Temperaturen mit- getheilt werden, wenn mit demselben in der oben 0 2 (Taf I1 Fig. 6) beschriebenen Weise die Leydener Bzttterie von 6 Flaschen, mit der Electricitatsmenge 20 geladen, leitend verbunden wurde.

T a b e l l e 2 3 ~ . Electricitatsmenge 20 in 6 Flaschen.

Flintglasthcrmometer Nr. 30 (D = 0,142 mn~).

I Temp. Volumenandernng

Vol. y g T 0,007 342

100 115.00 13.45 1,566 0,005 660

Man ersieht aus diesen Versuchen, dass k und 51 ahn- liche Werthe haben, dass die von electrischen Kraften her- beigefuhrte Voluinenzunahrne nnd die Capacitkt des Conden- sators in derselben Weise mit Erhohung der Temperatur wachsen.

Die Aenderungen Ii uncl k, melche die von electrischen Krkften herbeigefuhrte Vesllingerung 1 oder Volumenzunahme 1 bei der Temperaturerhohung urn 1 O zeigen, sind ebenfalls

Page 28: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 40 1

ahnlich, wie eine Vergleichung der Tabellen 2 l C und 221, mit der Tabelle 23 lehrt.

Beide wachsen mit zunehmender Spannungsdifferenz der Condensatorbelegungen und mit zunehmender Temperatur. Die Uebereinstimmung mit x, welches fur verhaltnissmassig kleine Spannungsdifferenzen gemessen wurde, ist auch fur die kleinsten Spannungsdifferenzen der Condensatorbelegungen am vollkommensten.

Eine genauere Uebereinstimmung ist um so weniger zu erwarten, als die Ausschlage der Glasfadenelectrometer, ebenso mie die Volumenanderungen der Thermometerkugeln nicht zu allen Zeiten dieselben sind. J e nachdem der Condensator schon mehrfach geladen worden ist, oder langere Zeit unbe- nutzt gestanden hat, ist der Ausschlag kleiner oder grosser.

Aehnliche, wiewohl kleinere Verschiedenheiten zeigten die Capacitatsbestimmungen.

Hr. A l e x a n d e r P o g o r e l k o hat auch bei Glimmer eine Zunahme der Capacitat mit steigender Temperatur beobachtet, und dabei gefunden, dass auch in dieser Beziehung die Glim- merplatten Nr. 2 und 3 eine Verschiedenheit zeigen (vergl. 0 12). Die Resultate seiner Beobachtung sind in Tabelle 24a zusarnmengestellt.

T a b e l l e 24a.

Temp. I Capacitiit I x 11 Temp. I Capacitat I 1

A O 0 2,473 1 -

11,s 2,505 1,013 0,001131 32,O 2,660 1,076 2375 40 2,683 1,085 2124 55 2,656 1,074 1345

0" 0,980 - 1,028 1,049 0,003920 ::$ I O,'JY4 1 :,004 I -

IV. Ueber die Aenderung der Elasticitiit durch

0 23. A b n a h m e d e r T o r s i o n s k r a f t b e i G l a s u n d I( a n t s c h II k. Ein horizontaler Magnetstab wird an einem hohlen innen und aussen versilberten Glasfaden so aufge- hanngt, dass seine magnetische Axe sehr nahe senkrecht zum magnetischen Meridian steht. Das Torsionsmoment des Glas- fadens ist dann gleich und entgegengesetzt dem Drehungs-

elect ris c h e Kr iif t e.

Ann. d. Phys. U. Chem. N. F. X. 26

Page 29: Ueber electrische Ausdehnung

402 G. Qzcincke.

moment der magnetischen Krafte und der unterste Querschnitt des Glasfadens gegen den obersten um den Winkel cp gedreht.

Gibt man den beiden Belegungen des Glasfadens ver- schiedene electrische Spannung, so beobachtet man eine Drehung des Magnetstabes gegen den magnetischen Meri- dian hin. Die Torsionskraft des Glasfadens ist durch die electrischen Krafte verkleinert worden.

Der Versuch gibt fur positive und negative Torsions- winkel rq beim Electrisiren stets eine Vergrosserung A g . die proportional dem ursprunglichen Torsionswinkel 97 ist.

Nach Entladung der Belegungen des Glasfadens nimmt der Magnet wieder seine urspriingliche Lage an bei Flint- glas, wahrend bei Thuringer Glas eine Drehung im Sinne der Torsionsanderung zuruckbleibt.

Der hohle Glasfaden A B (Taf. I1 Fig. 16) \-on etwa 1 m Lange und 0,5 inm Durchmesser war in der 6 15 Be- schriebenen Weise innen und aussen versilbert, an dem obern Ende A mit einem eingeschmolzenen, von der Aussenfliiche isolirten Platindrahte P, am untern Ende B mit einem Flint- glasrohrchen und einem eingekitteten geraden Kupferdraht rersehen. Es fehlten also nur der Glas- und Metallhaken der Taf. I1 Fig. 10a.

Der Platindraht wurde in einein passenden isolirten Trager 0 festgeschraubt, sodass der Flintglasfaden moglichst frei vertical herabhing. An dem geraden Knpferdraht des untern Fadenendes war in gewtihnlicher Weise durch Schrau- ben ein messingenes Gehange mit verticalem Planspiegel s uncl einem Magnetstab N S befestigt, deren Lage lnit Fernrohr und Scala aus einer Entfernung yon 2360 mm beobachtet wurde. Der Magnetstab war durch einen rings geschlossenen Holzkasten H, der dariiber schwebende Planspiegel s durch ein geschwarztes Metallgehause I mit Planglas G ror Luft- stromungen geschutzt. Holzkasten und Metallgehanse stan- den rnit der Erde in leitender Verbindung.

Als Magnetstab wurde gewohnlich ein runder Stahlstab von 90mm Lange und 14mm Durchmesser benutzt, der 105g wog.

Innere und Bussere Belegung des Glasfadencondensators standen durch Metalldrshte und eingeschaltete kurze Wasser-

Page 30: Ueber electrische Ausdehnung

G. Qitiiwke. 403

saulen mit dem Commutator, Fallapparat nncl der Leyclener Batterie in der 2 (Taf. I1 Fig. 6) beschriebenen Weise in leitender Verbindung. Zwischen den Zuleitungsdraht und den obern Theil cler aussern Silberbelegung war der leich- teren Beweglichlieit wegen ein Goldblatt eingeschaltet.

Nennt man Asp die durch das Electrisiren herbeigefuhrte in Minuten gemessene Drehung des Magnetstabes, a den hbstand der Scala voin Planspiegel und s die dem Drehungs- winliel Asp entsprechenden am Fernrolir abgelesenen Scalen- theile, so ist angenahert:

Der Drehungswinkel cp wurde bei kleinen Werthen direct mit Scala und Fernrohr aus der Lage des Planspiegels mit und ohne Magnetstab bestimmt. Gliijssere Werthe ron cp wurden an der horizontalen Kreistheilnng K, die nnter dem Planspiegel befestigt mar. mit zmei diametral stehenden festen Zeigern Z gemessen.

Des Beispiels wegen mogen hier die Beobachtungen an zwei Glasfaclen aus Flintglas und Thuringer Glas folgen mit Angabe von Lange 1, Wanddicke D und Bnsserem Durch- messer 2r. ,,Maschine" in cler ersten Spalte bedentet, dass die electrisclie Spannung der nicht zur Erde abgeleiteten Condensatorbelegungen soweit als moglich durch Drehen der Holtz'schen Maschine vermehrt wurde.

Bei Thuringer Was ist hinter dem Zeichen # die nach der Entladung zuriickbleibende Torsionsanderung gegeben.

Die Drehung A cp war dieselbe, mochte sich freieElectricitat nnf der innern oder aussern Belegung des Glasfadens befinden.

T a b e l l e 25.

Acp =;.3-135. ,a

G e r n d e r F l i n t g l a s f a d e n Kr. 31. Innen uiid ausseii versilbert. I = T S O nun, D = 0,105 mm , 2r = 0,iOG min.

Page 31: Ueber electrische Ausdehnung

404 G. Qttincke.

Thi i r inger G l a s f a d e n Nr. 36. Innen und aussen versilbert.

D = 0,084 rnm , I = 1100 mm , 2 r = 0,454 mm.

10 20 30

Electricitatsmenge in 6 Flaschen

2,75 sc. # 1,80 sc. 0,000 879 # 0,000 575 7,lO 5,40 2 269 1726

Zersclilagen ~- -

0: = 38'

Nr.

d y I

Wand- Durch- LLnge starkc mcsser Elcctricitatsmenge in 6 Flaschen

10 I 20 1 30 ' 40 Dreheu

aer Maschine

32 31

db

36 35

di 3s

3

mm 0,041 0,105

o,i?o5

mm 0,084 0,097

O,ib7 0,186

mm 1

mm mm 0,266 - 0,706 7 S O

0,%39 id0

- - 195 - 637 1075 _. 657 1315 - 416 658

879 479 486 520 - 0,992 ~ 1110

m m mm 6 I 1250

2269 1765 1626 2399 1214

- 3655 2639

1342 -

2540 5590 I -

Page 32: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 405

Die Abnahme der Torsionskrnft wachst etwa mit dem Quadrate der Electricitatsmenge (Dichtigkeit) der Leydener Batterie und nimmt ab mit der Dicke der Glaswand, ahnlich wie die electrische Volumenzunahme oder Veryangerung. Die Aenderung selbst ist aber unter sonst gleichen Umstan- den bedeutend (etwa 100 mal) grosser, als jene.

6 24. Z u n a h m e d e r T o r s i o n s k r a f t b e i G l i m m e r u n d G u t t a p e r c h a . Sechs Glimmerplatten von 150 mm Lange und 30 mm Breite wurden an den Enden auf einer Strecke von 3 mm mit Kitt aus Schellack und Canadabalsam zusammengeklebt, sodass ein langes Band von 870 mm Lange, 30,13 mm Breite und 0,039 mm Dicke entstand. Bechnet man die Kittstellen ab, so war die Lange nur 842mm.

Die eine Seite dieses Glimmerbandes wurde behaucht und lnit Goldblatt belegt (vgl. 0 12), am obern und untern Ende dickere Glimmerstreifen und am untern Ende ausser- dem ein Flintglasrohrchen mit gerndem Kupferdraht aufge- kittet.

An dem C: li mm e r b a n d e wurde, wie an den Glasfaden, der Magnetstab mit Planspiegel aufgehangt, wobei das obere Ende des Glimmerbandes zwischen zwei zur Erde abgeleitete Stanniolplatten und eine Korkklemme gepresst war.

Die magnetische Axe des Magnetstabes wurde nahezu senkrecht zum magnetischen Meridian gestellt und dadurch der untere Querschnitt des Glimmerbandes gegen den obern urn 13O tordirt.

Wahrend die goldbelegte Seite des Glimmerbandes zur Erde abgeleitet war, wurde vor der unbelegten Seite ein isolirter Spitzenkamm vorbeigefuhrt, der mit dem positiven Conductor einer kraftigen Holtz'schen Maschine in Verbin- dung war. Die unbelegte Seite des Glimmerbandes wurde dadurch in ihrer ganzen Breite stark positiv electrisch, wah- rend die electrische Spannung auf der mit Gold belegten, und zur Erde abgeleiteten Seite 0 blieb.

Dadurch, dass die beiden Seiten des Glimmerbandes ver- schiedene electrische Spannung annahmen, verminderte sich der Torsionswinkel 'p des untern Endes urn etwa 100 Sc.

Page 33: Ueber electrische Ausdehnung

406 G. Quincke.

oder lo. Die Torsionskraft des Glimmers hatte also um ,-$ oder 0,077 7 des urspriinglichen Werthes zngenommen.

I m Verlauf von bis 1 Stunde verlor der Glimmer allmahlich den electrischen Zustand, nnd gingen allmahlich der Magnet und Spiegel in die friihere Lage zuriick. Nega- tive Electricitit wirkte wie positive Electricitat.

Bei einer Drehung des Magnetstabes urn lSOo wurden cler ursprungliche Torsionswinkel y negativ und die von den electrischen Kraften herbeigefiihrte Aenderung A y positiv.

Eine Vergleichung der Zahlen init den bei Glas gefun- denen ist nicht wohl miiglich, da die electrische Spannungs- difTerenz der beiden Glimmerflachen nnbekannt war, sicher aber einen grosseren Werth, wie bei den versilberten hohlen Glasfiden hatte.

Ein Streifen G u t t a p e r c h a von 11POmm Lange, 30mm Breite nnd 0,034 mm Dicke, einseitig mit Goldblatt belegt, zeigte, wie das Glimmerband behandelt, ebenfnlls eine Zu- nahme der Torsionskraft um 0,003 160 des ursprunglichen Werthes nach dem Electrisiren.

des unelectrischen Gutta- perchabandes nahm aber noch starker ab, die elastische Nachwirkung war also noch grosser, als bei Kautschuk.

Der Versuch, breitere Outtaperchastreifen auf beiden Seiten mit Goldblatt zu belegen und zu electrisiren, fiihrte nicht zum Ziel, weil dann die dunne Guttapercha von der Electricitat durchgeschlagen wurde.

Am diesen Versnchen geht hervor, class die Torsions- kraft von Glimmer und Guttapercha znnimmt, von Flintglas, Thiiringer Glas uncl Kautschuk clagegen abnimmt, wenn man den beiden Oberflachen einer Plntte am den erwahnten Stoffen verschiedene electrische Spannung gibt.

Die urspriingliche Torsion

6 26. T o r s i o n s k r a f t v o n G l a s f a d e n b e i v e r s c h i e - d e n e r S c h l a g w e i t e m i t d e r T o r s i o n s k r a f t von S t a h l - d r a h t verg l ichen . Die in 0 23 beschriebene Methode hat den Uebelstand, dass der nnterste und oberste Querschnitt des tordirten hohlen Glasfadens um einen verhaltnissmassig kleinen Winkel gegeneinander gedreht sind, und dass dem

Page 34: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincke. 407

entsprechend auch nur kleine Aenderungen clieses Win- kels von den electrischen Kraften hervorgerufen werden konnen.

Es wurde daher noch eine zweite Methode benutzt, in- dem der Xagnet N S des Apparates Taf. I1 Fig. 16 entfernt, und statt dessen in der Hiilse C des messingenen Gehanges ein Stahldraht von 910mm Lange und 0,196 mm Durch- messer befestigt wurde. ' Am untern Ende U des Stahldrahtes hing eine Poggendorff'sche Klemme. Nachdem diese letztere an dem torsionsfreien Stahldraht ihre Gleichgewichtslage an- genommen hntte, wurde sie in einer passenden verticalen Bohrung des festen Armes E festgeschraubt. Der Stahldraht ging dahei frei durch Oeflnungen des Holzkastens H nnd der darunter liegenden Tischplatte hindurch. Der ganze Apparat stand auf einem festen Pfeiler in einem 7' limmer des Erdgeschosses.

Wurcle cler unterste Querschnitt des Stahldrahtes um einen Winkel cp, gedreht und in dieser Stellung wieder fest- geschraubt, so dsehte sich der oberste Querschnitt des Stahl- clrahtes und der nnterste Querschnitt des innen und aussen versilherten hohlen Glasfadens A B um den Winkel y o , der direct an der Kreistheilung K gemessen wurde (vgl. auch die schematische Zeichnung Taf. I1 Fig. 16a).

Innere und &ussere Belegung des hohlen Glasfadens standen wie die Belegungen eines Thermometercondensators in der oben 0 11 (Taf. I1 Fig. 7) beschriebenen Weise mit den Belegungen einer Leydener Flasche in Verbindung, welche durch eine Holtz'sche Maschine bis zu einer bestimmten Schlagweite geladen werden konnte. Die Messingkugeln des Pnnkenmikrometers hatten 24 mm Durchmesser.

Bei dem Electrisiren der inneren und ausseren Belegung des hohlen Glasfadens anderte sich der Winkel yo um eine Grosse d yo, welche mit Fernrohr und Scala in gewijhnlicher Weise gemessen wurde. Die Drehung A T , ist in Graden durch den Ausdruck gegeben:

Aspo = 2 5 7 , 3 0 , 2a

Page 35: Ueber electrische Ausdehnung

408 G. Quincke.

wenn s die abgelesenen Scalentheile und a den Abstand des Spiegels von der Scala bezeichnen. Dieser Abstand betrug bei den folgenden Versuchen 2138 mm.

Nennt man zo das Torsionsmoment des Glasfadens , T*( das des Stahldrshtes fiir den Drehungswinkel 10, und be- zeichnet die durch electrische Krafte herbeigefiihrte Aende- rung des Torsionsmomentes to durch A t , , so ist: (1) (2)

t o CPO = =, (VZL -- 9%) 7

( t o + At") (Yo + A Yo) = tlL (cp,, - To - dY 0 ' ) woraus durch Division folgt :

so.

-0,45 -1,s

sc. 0,45 1,s

0,9 4

( l + $ ) ( 1 + + ) = 1 - 'lo- A %'-%'

sc. - 5,S5

8 3 -

l8,45 - I -535 -9,25

oder mit Vernachlassigung der Glieder hoherer Ordnung :

360' -360

720 1440

(4)

52" - 52

100 204

F u r Glas findet man auch init dieser zweiten Methode stets sp,, und A ~ J , von demselben T'orzeichen, d. h. die elect,rischen Krafte vermindern die Torsionskraft des Glases.

Die Kugeln des Funkeninikrometers wurden auf eine bestimmte Schlagweite gestellt , die Holtz'sche Maschine langsam gedreht und gleichzeitig die Verschiebung der Scala im Fernrohr beobachtet. Die grosste Verschiebung, welche im Augenblick des Entlaclungsfunkens vorhanden war, wurde notirt. Nach einiger Zeit, wenn der Apparat wieder zur Ruhe gekommen war, wurde der Versuch wiederholt.

Die folgenden Beobachtungen wurden von Hrn. G. 0 1 d s. im Heidelberger Laboratorium angestellt.

T a b e l l e 27. Fl intg lasfndcn Nr. 45.

Aeusserer Durchinesser 0.534 inin. Waiiddicke 0,OSi mm. Lange 1053 inm.

'pu I To . ._

I

Page 36: Ueber electrische Ausdehnung

G. Quincle. 409

~~ ~- -

Schlagweite in halheii Pariser Liiiicn 2 1 3 1 4 ! 5

urspriiiiglichen Werthes __ - 100

136 542

1440 204 153 Mittel 143 I 559 1 1526 I 2903 I 4745

Bei einem anderen Flintglasfaden Nr. 41 von 0,124mm Wanddicke, 790 mm Lange und 0,743 mm ausserem Durch- messer wurde gefunden:

bei der Sclilagmeite 1 2 3 4 halbe Par. Linien A r TO

- -O l o 6 = 54 180 360 613.

Die erste Methode des 0 23 mit einem Magnetstab gab fur denselben Flintglasfaden Nr. 41 und die Schlagweite 4 als Abnahme der Torsionskraft 536 statt 613.

Die Aenderung der Torsionskraft ist hiernach propor- tional dem Quadrate des electrischen Spannungsunterschiedes auf beiden Belegungen des Glasfadens.

Die Schwierigkeit liegt auch bei diesen Versuchen darin, dass man unter scheinbar denselbenBedingungen bald grossere, bald kleinere Werthe von Aspo erhalt.

Bei Flintglas sind diese Werthe im allgemeinen um so grijsser, je lsngere Zeit der Glasfaden unelectrisch war, und um so kleiner, je ofter er electrisirt und entladen wurde.

Bei dem Flintglasfaden Nr. 45 schwankte z. B.: dq0 misclien 9,3 Sc. bis G,9 Sc. fur 91%' = 3G0°

20,7 14,8 720 52,5 30 1440

bei einer Sclrlagweite von 4 halben Pariser Linien. Noch weit grosser sind die Schwankungen bei Thiiringer

Glas, wo es auch vorkommt, dass bei scheinbar denselben Bedingungen in einer Reihe aufeinander folgender Versuche Aspo zuerst zunimmt und dann mieder abnimmt. So gab

Page 37: Ueber electrische Ausdehnung

410 G. Quincke.

z. B. der Thiiringer Glasfaden Nr. 47 von 0,158 mm Wand- dicke bei der Schlagweite 4 folgende Drehungen dcp,,:

17 12 8 Scnlentheile, und bei einer spateren Versuchsreihe :

14 16 10,s 13 10,s 9,5 6 9,s 5 9 10 Scdentheile. Des Beispiels megen mogen liier einige Messungen an

(flnsf&den ails Thiiringer- Glas folgen.

T a b e l l e 25.

Nr.

Thiiringer Glas Abnalnne der Torsionskraft in 3Iilliontel cles ursprunglichen

Werthes bei Schlagweite 4s. 4 2

55 5 :% Q Z l Q,) in halbcn Pariscr Linien 3s Q E 3 1 1 2 1 3 1 4

Auffallend ist, class bei grossen Schlagweiten die Tor- sionskraft einen Minimalwerth zu erreichen scheint, unab- hiingig von der electrischen Spnnnnngsdifferenz der Be- legungen.

Bei Flintglas liess sich ein solcher Minimalwerth nicht erreichen, weil bei grosseren Schlagweiten die Glaswand stets durchgeschlagen wurde.

3 26. A e n d e r u n g d e r Langencl i la tn t ion . - Da der Torsionsmodnlus proportional dem 'Elasticitatsmodulus einer Substanz ist, so wiirde lnit den Versnchen der 0 23-25 anch bewiesen sein, class der Elasticitatsmoclnlus von Glim- mer und Guttapercha durch electrische Kriifte vergrossert, von Flintglas, Thiiringer Glas nncl Kautschnk dagegen ver- kleinert. wird.

Ich versnchte daher auch eine Aendernng' der Langen- dilatation durch Electrisiren des Glimmerbnndes nachzu- weism.

An dem unteren Ende des Glimmerbandes wurde eine leichte Waagschale (von 11,97 g) befestigt (vergl. Taf. I1

Page 38: Ueber electrische Ausdehnung

G. Qriincke. 41 1

Fig. 15). Ein Metallhaken am unteren Ende der Waag- schale war rnit dem Oertling'schen Fiihlhebel (vergl. 0 15 nnd Taf. I1 Fig. 10) durch einen feinen Stahldraht verbun- den. Der Stahldraht lief iiber eine leichte zwischen Spitzen gehende Rolle von 100 mm Durchmesser. Sein eines Ende mar vertical in der Verlangerung des Glimmerbandes; das andere Ende horizontal.

Mit diesem Apparat wurde zunachst der Elasticitats- cogfficient der verschiedenen Snbstanzen bestimmt.

Tor der Glasldaserlampe wurden massive Faden aus Thiiringer Glas und Flintglas gezogen und in den beschrie- benen Apparat eingesetzt. Dann wurde die Verlangerung fur eine Belastung der Waagschale rnit 50 g oder 100 g (bei Guttapercha mit 20 g) rnit dem Oertling'schen Fuhlhebel gemessen.

Die Lange wurde mit einer auf Glas geatzten Milli- metertheilung, der Durchmesser an 10 uber den ganzen Faden gleichmgssig vertheilten Stellen mit einem Fiihlhebel gemessen , und aus diesen Messungen das Mittel genommen.

Aehnliche Messungen wurden an einem Guttapercha- streifen und dem Glimrnerbande angestellt , dessen Dicke sehr genau rnit einem Spharometer bestimmt wurde.

Nennt man: 1 die Lange,

A 1 die Verlangerung, G das belastende Gewicht in Kilogrammen, 2 den Querschnitt des Fadens oder Bandes in Quadrat-

millimetern, so ist der ElasticitiitscoBfficient :

Die Messungen sind in Tabelle 29 zusammengestellt und zeigen, dass die elastische Kraft des Glimmerbandes sechsmal kleiner, -als die des Glases war.

Page 39: Ueber electrische Ausdehnung

412 G. Quincke.

T a b e l l e 29.

LIngc . . . . Breite . . . . Dicke . . . .

bei 5Og ,, 1oog

Belastung

Thiir. Glas 1 Flintglas ' Glimmer

1120 0,3200 0,3380

0,0390 Verllngei-ung

(1 rev. = 0,247 934 mm) rev. rer. rev.

0,7257 1 0,7120 I 0,2861 1,6065 1,5355 0,6078

ElasticitltscoBfficient kg qinm

Guttaperclia

mm 1167

48,64 0,0618

rev. 1,8899

(bei 20 g)

157 I fiir 50 g 3809 3250 504,4 1, 1oog I 3495 1 3044 1 475,3

Belastung Temp. =i 17O C.

Hieraus lasst sich die ron electrischen Kraften bewirkte Langendilatation berechnen, die bei Glimmer besonders stark auftreten muss.

Da das Glimmerband durch Waagschale und Fuhlhebel eine Belastung von 33 g hatte, so murde diese eine Ver- liingerung von 0,049 mm hervorgebracht haben. Eine Vermehrung der elastischen Kraft cles Glimmers durch Electrisiren um 7 Procent wurde also eine Verkiirzung cles Glimmerbandes um 0,003 mm oder eine Verschiebung der Libellenblase des Fuhlhebels urn noch nicht 1 Sc. herbei- fiihren.

Zu dieser Verkurzung kame dann noch die von den electrischen Kraften herriihrende Verlangerung des Glimmer- bandes, die nach den Versuchen des $ 12 erwiesen ist und fur eine 3 mm Schlagweite entsprechende Spannungsdifferenz etwa 1,5 Sc., bei 6 mm Schlagweite (einer Spannungsdifferenz, die wohl nicht erreicht wurde) etwa 6 Sc. Verschiebung der Libellenblase hetragen wiirde. Es ware also am Fuhlhebel eine Verschiebung der Libellenblase von 0,5 Sc. bis 3,5 Sc.. entsprechend einer Verlhgerung von 10 bis 15 Milliontel der urspriinglichen Lange zu erwarten gewesen.

Page 40: Ueber electrische Ausdehnung

G. Qziimke. 413

I n der That beobwhtete ich eine Verlangerung Ton 2,3 Sc. bis 2,9 Sc. durch starkes Electrisiren des Glimmers mit einem Spitzenkamm in der 6 24 beschriebenen Weise.

Leider erlaubte die Schellackkittung nicht, das Glimmer- band durch Bestreichen mit einer Flamme unelectrisch zu machen und die entsprechende Verkiirzung zu beobachten.

Mein Bestreben, eine Aenderung der electrischen Ver- langerung bei verschiedener Belastung der W aagschale oder des Glimmerbandes zu beobachten, scheiterte zum Theil an der Schwierigkeit, fiir langere Zeit die Temperatur geniigend constant zu erhalten und die electrische Spannungsdifferenz der beiden Glimmerflachen zu messen, hauptsachlich aber an der kleinen, fortwahrenden Verlangerung , die das Glimmer- band bei der Belastung zeigte, und die der elastischen Nach- wirkung zuzuschreiben ist.

Bei den mit Glimmerplatten construirten Thermometer- condensatoren hatte die Vermehrung der elastischen Kraft hochstens die beobachtete Senkung der Fliissigkeitskuppe im Capillarrohre, welche 6 12 nachgewiesen wurde , verkleinern konnen.

Bei den Thermometercondensatoren am Glas, dessen electrische Kraft durch Electrisiren abnimmt , hatte freilich diem Abnahme eine Senkung der Fliissigkeitskuppe herbei- fuhren konnen, da der hydrostatische Druck auf die Innen- seite der Thermometerkugel grosser als auf die Aussen- mite war.

Gegen eine solche Annahme spricht einmal der Urn- stand, dass man das Capillarrohr des Thermometerconden- sators auch seitlich oder nnch unten legen kann (6 14): es erfolgt doch beim Electrisiren ein Zuriickgehen der Fliissig- keitskuppe im Capillarrohr.

Ferner war die Belastung der geraden Flintglasfiiden durch den Fuhlhebel nur 21 g, und es wiirde bei der geringen Aenderung des Elasticitatscoefficienten des Glases durch Electrisiren nur eine sehr geringe Verschiebung der Luft- blase des Fiihlhebels dadurch hervorgebracht worden sein.

Beispielsweise wiirden diese 21 g bei den geraden Faden aus Flintglas Nr. 3 und Thiiringer Glas Nr.35 (vgl. Tab. 14

Page 41: Ueber electrische Ausdehnung

414 H. R. Hertz.

g 15) eine elastische Verlangerung von 0,007 mm, re~p.0~083 mni hervorgebracht haben.

Hatte sich nun die Elasticitat durch Electrisiren urn 0,004 des urspriinglichen Werthes vermindert (welche Aen- clerung jedocli bei meinen Beobachtungen nie erreicht wurde), so wiirde dies einer Verlangerung der Glasfadenum0,OOO 028 mm resp. 0,000 332 mm entsprechen, oder einer Verschiebung der Libellenblase um 0,01 Sc. oder 0,l Sc. Die beobachteten Verlangerungen waren aber 50 bis 100 ma1 grosser, konnen also nicht durch eine Aenderung der Elasticitat des Olases e rk lk t werden.

(Fortsetnuig im niiichsteii Heft.)

V. PersucAe x a w FeststeZZumg einer oberert Grenxe f iAr* d i e kimetisclw Emergie der eZectr4schm 8trii-

PILUWV; umt H. R. E e i - t x .

Nach den Gesetzen der Induction ist die Intensitat i in einem linemen Stromkreise, in melchem die variable electro- motorische Kraft A wirkt, gegeben durch einen Anfangsmerth und die Differentialgleichung:

d i dt i w = A - - P - - r

in welcher tu den Widerstand, P das Potential des Leiters auf sich selbst bezeichnet. Durch Multiplication mit i dt folgt die Gleichung :

welche zeigt, dass das durch obige Gleichung gegebene Gesetz im Einklange steht mit dem Principe von der Erhaltung der Energie, unter der Voraussetzung nlmlich, dass die von der Kette geleistete Arbeit einerseits und die im Stromkreise gewonnene Wlirme und die vermehrte potentielle Energie mdererseits die einzigen in Betracht kommenden Arbeits- grossen sincl. Diese Voraussetzung ist nicht erfiillt, nnd es kijnnen also die obigen Gleichnngen esacte Giiltigkeit nicht

A i d t = i ” u d t + d ( P i Z ) ,