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1759 Bringt man aber nur eine Spur fertig ausgebildeter Bierhefe in diese Liisung, so geht die Hefeverrnehrung rnit Leichtigkeit vor sich. Es ware indessen iiberfliissig, noch weitere Beispiele anzufiihren, denn Thatsachen, die richtig beobachtet sind, k 6 n n e n einander nicht wider- sprechen. Die Theorien haben sich den Thatsachen, nicht diese jenen unterzuordneu. Dass entwickelte Hefe sich auch ohne freien Sauer- stoff vermehrt, habe ich, wie bereits oben auseinander gesetzt, nach scharfster Methode erwiesen; dass aber andererseits Hefe kei m e ohne freien Sauerstoff sich uicht entwickeln kBnnen, ergiebt sich nicht blos aus meinen, sondern auch aus den bekannten Versuchen Gay-Lussac’s, der zerquetschte Trauben bei Ausschluss der Luft nicht in Gahrung gerathen sah, obwohl bier offenbar die Anwenheit von Hefekeimen nicht ausgeschlossen war; ferner aus Bhnlichen Versuchen von D iipping und S t r u v e rnit halb zertriimmerten Trauben (d. Ber. VII, 1402). Die schliessliche Behauptung des Hrn. Brefeld, es sei zwecklos, dass sich Chemiker rnit physiologischen Frngen befassen, ist nicht weniger kiihn und unbegriindet, als die vorhergehenden. Hr. Brefeld, der bisher Morphologe war, hat erst seit se h r kurzer Zeit Debiits in experimenteller Physiologie gegeben , von denen wir oben einige Proben kennen gelernt haben. Es ist nicht anzunehmen, dass sich die Chemiker durch sein Ausweisungsdecret abhalten lassen werden, das Gebiet der Physiologie auch fernerhin zeitweise zu betreten. Breslau, 15. Decbr. 1874. 503. F. Beilstein und A. Rurbatow: Ueber isomere Dichlor- benzole, (Eingegangen am 25. December.) Auf S. 1398 des VII. Jahrgangs dieser Berichte theilten wir mit, beim Chloriren von Benzol eio fliissiges Dichlorben zol erhalten zu haben , das uns identisch zu sein schien rnit o -Dichlorbenzol (aus flussigem Chlorphenol und PC1,). Nur das Verhalten gegen Sal- petersaure war verschieden , o-Dichlorhenzol nitrirte sich leicht und gab ein bei 43O schmelzendes Nitroderivat. Aus dem fliissigen Di- chlorbenzol erhielten wir aber nur fliissige, braune Produkte. Ein einfacher Versuch ergab U~R die Liisung des Widerspruches. Uebergiesst man fltissiges Dichlorbenzol (so wollen wir das durch directes Chloriren des Benzols erhaltene Produkt bezeichnen) mit massig rauchender Schwefelsaure und erwarmt, so 16st sich das o-C, H, C1, leicht auf. Das feste p-C, H, GI, verbindet sich mit einer solchen Saure nur nach anhaltendem Erhitzen im zugeschmolzenen Rohre auf 230° und auch dann nur unvollstandig. Wird nun die

Ueber isomere Dichlorbenzole

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Bringt man aber nur eine Spur fertig ausgebildeter Bierhefe in diese Liisung, so geht die Hefeverrnehrung rnit Leichtigkeit vor sich. E s ware indessen iiberfliissig, noch weitere Beispiele anzufiihren, denn Thatsachen, die richtig beobachtet sind, k 6 n n e n einander nicht wider- sprechen. Die Theorien haben sich den Thatsachen, nicht diese jenen unterzuordneu. Dass e n t w i c k e l t e Hefe sich auch ohne freien Sauer- stoff vermehrt, habe ich, wie bereits oben auseinander gesetzt, nach scharfster Methode erwiesen; dass aber andererseits Hefe k e i m e ohne freien Sauerstoff sich uicht entwickeln kBnnen, ergiebt sich nicht blos aus meinen, sondern auch aus den bekannten Versuchen G a y - L u s s a c ’ s , der zerquetschte Trauben bei Ausschluss der Luft nicht in Gahrung gerathen sah, obwohl bier offenbar die Anwenheit von Hefekeimen nicht ausgeschlossen war; ferner aus Bhnlichen Versuchen von D i i p p i n g und S t r u v e rnit halb zertriimmerten Trauben (d. Ber. VII, 1402).

Die schliessliche Behauptung des Hrn. B r e f e l d , es sei zwecklos, dass sich Chemiker rnit physiologischen Frngen befassen, ist nicht weniger kiihn und unbegriindet, als die vorhergehenden. Hr. B r e f e l d , der bisher Morphologe war, hat erst seit s e h r kurzer Zeit Debiits in experimenteller Physiologie gegeben , von denen wir oben einige Proben kennen gelernt haben. Es ist nicht anzunehmen, dass sich die Chemiker durch sein Ausweisungsdecret abhalten lassen werden, das Gebiet der Physiologie auch fernerhin zeitweise zu betreten.

B r e s l a u , 15. Decbr. 1874.

503. F. Bei lstein und A. Rurbatow: Ueber isomere Dichlor- benzole,

(Eingegangen am 25. December.)

Auf S. 1398 des VII. Jahrgangs dieser Berichte theilten wir mit, beim Chloriren von Benzol eio fliissiges D i c h l o r b e n z o l erhalten zu haben , das uns identisch zu sein schien rnit o -Dichlorbenzol (aus flussigem Chlorphenol und PC1,). Nur das Verhalten gegen Sal- petersaure war verschieden , o-Dichlorhenzol nitrirte sich leicht und gab ein bei 43O schmelzendes Nitroderivat. Aus dem fliissigen Di- chlorbenzol erhielten wir aber nur fliissige, braune Produkte. Ein einfacher Versuch ergab U ~ R die Liisung des Widerspruches.

Uebergiesst man f l t i s s i g e s Dichlorbenzol (so wollen wir das durch directes Chloriren des Benzols erhaltene Produkt bezeichnen) mit massig rauchender Schwefelsaure und erwarmt, so 16st sich das o-C, H, C1, leicht auf. Das feste p-C, H, GI, verbindet sich mit einer solchen Saure nur nach anhaltendem Erhitzen im zugeschmolzenen Rohre auf 230° und auch dann nur unvollstandig. Wird nun die

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Lijsung des fliissigen c, H, c1, in der Schwefelshre mit Wasser ver- setzt, so fallt sofort krystallisirendes p - c6 H, C1, heraus. Das blos durch Destillation und Ausfrieren gereinigte f l i i s s ige C, H, C1, halt also noch vie1 f e s t e s p-C, H, C1, geliist. Man entfernt aus der Liisung die freie Schwefelsaure durch Baryt und erhitzt die f r e i e D i c h l o r b e n z o l - S u l f o s a u r e C6 H, C1, . SO, H im Oelbade. Es entweicht C, H, CI,, das man mit Alkali wascht und destillirt. Es ging bis zum letzten Tropfen bei 179O uber und erwies sich als vii l l ig i d en t i s c h m i t o - D ich l o r b enz o 1. Die Salpetersaure wirkte nun glatt und ruhig darauf ein und wir erhielten das bei 430 schmelzende C, H, C1, (N 0,).

Wir haben die Identitat des fliissigen Dichlorbenzols rnit 0-C, H, C1, ausserdem noch festgestellt durch ein genaues Vergleichen der beiden S u l f o s a u r e n . Alle untersuchten Salze zeigten genau dieselbe Kry- stallform und Liislichkeit und denselben Wassergehalt. Wir fiihren daher nur deren Formeln an. R n r y t s a l z (C, H, C1, . SO,), Ba+ 2H2 0 Blattchen, in Wasser wenig liislich; B l e i s a l z (c, H, C1,. SO,), Pb + 2 H, 0 Nadeln, in kaltem Wasser noch weniger lijslich; K a l k s a1 z C, H, C1, . SO,), Ca 4- 2H, 0 seidenglanzende Nadeln, in Wasser leicht liislich.

Zum Ueberfluss haben wir auch noch das m - D i c h l o r b e n z o l (aus Dinitrobenzol) dargestellt und dessen Sulfosaure untersucht. m-C,H4Cla siedet bei 172O (Thermometer im Dampf); spec. Gew. bei O @ = 1.307. Das B a r y t s a l z der m - D i c h l o r b e n z o l s u l f o s i u r e (C,H, C1, SO,),Ba+ H, 0 bildet kurze, dicke Nadeln. Es verliert das Krystallwasser nicht im Exsiccator, sondern erst bei 1850 voll- standig. 100 Thl. Wasser liisen bei 14.8O 2.65 Thl. wasserfreies Salz. B l e i s a l z (c, H, C1, SO,), Pb + 3 H , O glanzende, kurze Nadeln, ver- liert iiber Schwefelsaure zw e i Mol. H, 0, das dritte erst bei 1800. Es ist in Wasser vie1 lijslicher als das o-Salz. K a l k s a l z (c, H, Clz ,SO,),Ca + 2 H, 0 glanzende Nadeln, verliert kein Wasser iiber Schwefelsaure; in Wasser sehr leicht liislich.

Beim Liisen von m-C, H, C1, in Salpetersiiure (1.52) bildet sich nur e i n Mononitro-Derivat, das aus Alkohol in glanzenden, farblosen Nadeln krystallisirt, welche bei 33O schmelzen. Formel C, H, C1, (NO,).

Die viillig ausser Zweifel gesetzte Verschiedenhei t des f 1 ii s s i g e n Dichlorbenzols vom. m - C, H, C1, stand in auffallendem Widerspruch zu der in letzter Zeit namentlich vou W u r s t e r und G r u b e n m a n n (8. 416 dieses Jahrgangs) vertretenen Ansicht der Identitgt des fl i is- s igen D i b r o m b e n z o l s Riese’s rnit dem m-C, H, Brz; wir haben deshalb weitere Vergleiche der gechlorten Derirate des Renzols und AniIins rnit den entsprechenden gebromten Derivaten angestellt , aus- nahmslos aber eine vijllige Uebereinstimmung im Verhalten beobachtet.

Festes p - Chloranilin wurde rnit Chloracetyl in die Acetylverbin-

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dung iibergefiihrt. Letztere lrrystallisirt aus Essigslure in langen, dicken Nadeln, die bei 172.5O schmelzen. Durch Salpeter-Schwefel- siinre wurde daraus ein Nitroderivat bereitet und dieses durch Kochen mit Soda zerlegt. Das so erhaltene C h l o r n i t r o - A n i l i n C , H, C1 (N 0,) . N H, krystallisirt am schonsten &us Ligroin, worin es in der ICBlte sehr wenig liislich ist, in orangegelben, flachen Nadeln, die bei 115O schmelzen. I n Allrohol, Aether und Essigsaure lost es sich leicht, in C S , wenig in der ISalte, leicht beim ErwBrmen. h u s der LBsung in conc. HCl wird es durch Wasser gefiillt.

Dasselbc Chlornitro-Auilin ent.steht,, wenn man C, 1-1, C1, (NO,) Schm. 54.5O (aus festem CG 1'1, Cl,) rnit alkoholischem Ammoniak auf 210-220° erhitzt. Die R e a d o n verlduft sehr glattl), wiihrcnd bei der entsprechendeii Bromverbindung vie1 harzige Substanz entstehen sol). Durch Beharideln dieses Chlornitro -Anilins mit salpetriger SBure rind Allrohol erhiilt man m-C, H, C1 (NO,), dieselbe Verbindung wie aus Dinitro-Benzol. m - C , H, Cl (NO,) schmilzt bei 460 und siedet un- zersetzt bei 233O (Therm. im Dampf). Wir haben daraus das fliissige in-Chloranilin clargestellt.

Der einfachste Weg zur Rereitung des m- L)ichlorbenzols ist die Zerlegang des zweifach gechlorten Anilins. Fiihrt man die Chlorirung des Acetanilids in wiisseriger Liisung aus, wie es Gr iess vorschreibt, und auch W i t t ,) ausgefiihrt hat, so l h t sich die Bildung schmieriger Massen nicht vermeiden. Wir losten 100 Gr. Acetanilid in eitiem Geniisch von 525 CC. Eisessig und 350 CC. Wasser untcr ErwBrmen und leiten die theoretische Menge Chlor ein. Die Fliissigkeit fiirbt, sich dunkler und scheidet Dichloracetanilid aus, dem etwas Monochlor- acetanilid beigemengt ist. Man filtrirt den Niederschlag ab und zer- legt ihn durch Kochen mit Alkali. Das D i c h l o r a n i l i n wird in der belrannten, von G r i ess angegebenen Weise, vom Monochlor-Anilin befreit.

D i c h l o r a n i 1 i n schmilzt bei 630 und siedet unzersetzt bei 245' (Therm. im Dampf). W i t t giebt den Schmelzpunkt bei 62.5O und den (wahrscheinlich nicht corrigirten) Siedepunkt abei 2390 an. Aus schwa- chem Alkohol krystallisirt das Dichloranilin in priichtigen , langen, seidegliinzenden Nadeln.

Bei der Einwirkung yon Salpetriglither giebt Dichloranilin m - D i - c h I o r b B n z o 1. Wir haben die Natnr diescs Korpers festgestellt durch Darsf.ellung des bei 33O schmelzenden C, €1, C1, (NO,) und eint! genaue Untersuchung der Salze der Sulfosaure 0, H, C1, . SO, I-I. Es ergab sich eine viillige ldentit,iit im Verhalten beider Dichlorbenzole.

Wic m m aus Ubigem crsieht , bestiitigen unsere Versuche alle

Die Ausbeute ist eine sehr befriedigende.

1) Vergl. 1 , a u b e I i h e i m e r . 2 ) Diem Rerichte VII, 1601.

Diese Ber. VII, 1GO1.

Beobachtungen, welche V. M e y e r , S t i i b e r , W u r s t e r u. A. a n den Rromderivaten des Renzols und Anilins gemacht haben mit Aus- nahme der Constit,ution des f l i i s s i g e n Dibrombenzols. Im Regriffe, diesen einzigen Widerspruch dorch das Experiment zu liisen, erhielten wir die willkommene Nachrichi, I ) , dass V. M e y o r die Verschieden- heit des fliissigen Dibromhenzols vom m-C, H, Rr, festgestellt hat. Die in un.serer Abhandlung niegergelegten Erfahrnngen werden es nun leicht machen, auch dils f l i i s s i g e Dibrombenzol - die Ortbo- verbindung - rein darzustellen.

Wir haben unsere Beobachtungen in den Sitzungen der russischen chemischen Gesellschaft vom 19./7. Nov. und 17 / 5 . Dec. vorgetragen.

St. P e t e r s b u r g , d. 22410. Dec. 1874.

504. Friedrich C. Q. Miiller: Zweite Mittheilung uber die Dif- fusion der Gase durch die Wandung der Seifenblasen.

(Eingegangen am 25. December.)

In No. 15 dieser Rerichte findet man die erste Mittheilung iibcr diesen Gegenst,and. Heute theile ich zuerst eine Ablnderung des dort beschriebenen Experimentes mit, welche sich durch Leichtig . keit und Sicherheit der Ausfiihrung empfiehlt und zugleich einen Gber- raschenden Vorlesungsversuch darbietet. Man spannt ebenfalls eine Glasgloclre rnit der Oeffnung nach unten in ein Stativ und fiillt sie rnit Leuchtgas. Dann schiebt man das Rohr mit einer lufterfiillten Seifenblase unter und klemnit es zur Sicherheit in ein kleines Stativ. Nach einer halben Minute wird die Blase ein brennbares Gemisch von Leuchtgas und Lnft enthalten, Um dies zu demonstriren, entfernt man den das Rohr schliessenden Schlauch mit Quetschhahn. Wie bekannt, zieht sich die Blase wie ein elastischer Kautschukballon lang- sam zusammen und treibt ihren Inhalt aus dem Rohr hinaus. Pr’ahert man nun dem in eiiie Spitze von 1 Mm. Diclre ausgezogenen Ende des Rohrs eine Flnmmo, so entziindet sicb das ausstriimende Gas, und es wird ein kleines Fllmmchen sicht.bar , welches etwa 10 Secunden brennt. Dasselbe ist freilich nicht weithin sichtbar , sein Vorhanden- sein lasst sich aber einfach dadurch zeigen, dass man ein Halzchen daran entziindet. Der Versuch ist in dieser Weise deshalb leichter auszufiihren, weil man die Blase nicht wieder unter der Glocke fort- zunehmen braucht, wobei sie Ieicht zerplatzt. Ferner besorgt man das Aufblasen erst in der Glocke, wenn das zuvor in Seifenbriihe getauchte Rohr festgeklemmt ist. Auch ltann man die Blase dreist 5 Ctm. dick werden lassen.

1 ) Diese Rerichte VII, 1560.