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180 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 365. 1969 uber K,Si(S,O,),, eine weitere Si0,-SO3-Verbindung Von E. THILO und A. WINRLER &lit 1 Abbildung Inhaltsubersicht (K,SiO,), mit hochpolymerc-ni Kettenanion reagiert mit SO, zur Verbindung K,SiO, . 6 SO,, in der das SO, in Form von S,O,-Gruppen gebunden ist und das Si in isolierten Sili- cium-Sauerstoff -Polyedern vorliegt. Eigenschaften der damit als K2Si(S,0,), zu formulierenden Verbindung werden beschrieben und Strukturmoglichkeiten diskutiert. Summary (K,SiO,), with highpolymeric chain anions reacts with SO, to from the compound K,SiO, . G SO, which contains the SO, as S,Oi-groups and the Si as isolated SiO, polyhedra. Properties of the compound, thus to be formulated as K,Si(S,O,),, are described and possible structures discussed. Vor kurzem wurde iiber die Reaktion von Si-Halogeniden und Alkyl- Si-Halogeniden mit Silbersulfat in Acetonitril und die dabei unter anderem entstehenden, sehr reaktionsfahigen Verbindungen Si(SO,Ag), und Si(SO,), berichtet '). Eine erheblich stabilere Verbindung entsteht, wenn man feingepulvertes K,SiO, mit linearpolymeren (SiO,),-Anionenketten im Bombenrohr mit SO, im oberschufl bei 95 "C etwa 24 Stunden erhitzt und anschlieBend das uberschussige SO, bei 65" abdestilliert. Fur die dabei zuriickbleibende weifle, kristalline Substanz wurde in Gew.-% gefunden K,O: 15,l; 14,8; 14,7. SiO,: 9,3; 9,l; 9,6. SO,: 75,l; 75,7; 75,4, was der ZusammensetzungK,SiO, 6 SO, entspricht (ber. K,O: 14,84; SiO,: 9,47; SO,: 75,69). OH-Gruppen sind mit Hilfe der Protonenresonanz nur in einer Menge von etwa 2 OH- Gruppen je 8 Formeleinheiten, also nur in Spuren nachzuweisen. Reim Erhitzen in trockener Atmosphare bleibt die Substanz bis 120" unverandert und verliert d a m bei einer Aufheizgeschn-indigkeit von l"/min bis 280" nach und nach SO,. Dabei werden 4 SO, abgegeben, wid im Ruckstand liegen amorphes SiO, und K,S,O, (Debyeogramm) vor. l) G. KBUGER, M. RUTTXEE, G. OLIEW 11. E. THILO, Z. anorg. al!g. Chem. 360, 70 (1968).

Über K2Si(S2O7)3, eine weitere SiO2SO3−Verbindung

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Page 1: Über K2Si(S2O7)3, eine weitere SiO2SO3−Verbindung

180 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 365. 1969

uber K,Si(S,O,),, eine weitere Si0,-SO3-Verbindung Von E. THILO und A. WINRLER

&lit 1 Abbildung

Inhaltsubersicht (K,SiO,), mit hochpolymerc-ni Kettenanion reagiert mit SO, zur Verbindung K,SiO, .

6 SO,, in der das SO, in Form von S,O,-Gruppen gebunden ist und das Si in isolierten Sili- cium-Sauerstoff -Polyedern vorliegt. Eigenschaften der damit als K2Si(S,0,), zu formulierenden Verbindung werden beschrieben und Strukturmoglichkeiten diskutiert.

Summary (K,SiO,), with highpolymeric chain anions reacts with SO, to from the compound K,SiO, .

G SO, which contains the SO, as S,Oi-groups and the Si as isolated SiO, polyhedra. Properties of the compound, thus to be formulated as K,Si(S,O,),, are described and possible structures discussed.

Vor kurzem wurde iiber die Reaktion von Si-Halogeniden und Alkyl- Si-Halogeniden mit Silbersulfat in Acetonitril und die dabei unter anderem entstehenden, sehr reaktionsfahigen Verbindungen Si(SO,Ag), und Si(SO,), berichtet ').

Eine erheblich stabilere Verbindung entsteht, wenn man feingepulvertes K,SiO, mit linearpolymeren (SiO,),-Anionenketten im Bombenrohr mit SO, im oberschufl bei 95 "C etwa 24 Stunden erhitzt und anschlieBend das uberschussige SO, bei 65" abdestilliert. Fur die dabei zuriickbleibende weifle, kristalline Substanz wurde in Gew.-% gefunden K,O: 15,l; 14,8; 14,7. SiO,: 9,3; 9,l ; 9,6. SO,: 75,l; 75,7; 75,4, was der ZusammensetzungK,SiO, 6 SO, entspricht (ber. K,O: 14,84; SiO,: 9,47; SO,: 75,69). OH-Gruppen sind mit Hilfe der Protonenresonanz nur in einer Menge von etwa 2 OH- Gruppen je 8 Formeleinheiten, also nur in Spuren nachzuweisen.

Reim Erhitzen in trockener Atmosphare bleibt die Substanz bis 120" unverandert und verliert d a m bei einer Aufheizgeschn-indigkeit von l"/min bis 280" nach und nach SO,. Dabei werden 4 SO, abgegeben, wid im Ruckstand liegen amorphes SiO, und K,S,O, (Debyeogramm) vor.

l) G. KBUGER, M. RUTTXEE, G. OLIEW 11. E. THILO, Z. anorg. al!g. Chem. 360, 70 (1968).

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E. THILO u. A. WINRLER, Uber K,Si(S,0,)3, eine weitere Si0,-SO3-Verbindung 181

Hydrolyse und Iionstitution Von Wasser wird die Substanz bei Raumtemperatur nur relativ langsam

und ohne Zischen unter Hydrolyse gelost. Nach kurzem Stehen (-20 min) sind 10saure OH-Gruppen pro Atom Si nachzuweisen. Nimmt man das Losen bei 0" unter Zusatz von gemahlenem Eis vor und neutralisiert die sich bildende Saure laufend rnit kalter Natronlauge, dann zeigk sich, daB beim Losen nur ein kleiner Teil des in der Substanz gebundenen SO, in Schwefel- saure uberfuhrt wird, der Hauptteil( 80-90%) liegt in Form von S,O;--Ionen vor, die mit einer Halbwertszeit von = 5,02 min zu Sulfationen hydro- lysiert werden ,). Da auch wahrend des Losungsvorgangs schon ein Teil der Disulfationen zu Schwefelsaure hydrolysiert wird, nehmen wir an, da13 in der intakten Substanz das gesamte SO, in Form von S,O;--Gruppen ge- bunden ist.

Wird der Losung Tetramethylammoniumbromid zugesetzt oder mit (CH,),NOH an Stelle yon NaOH titriert, dann verlangsamt sich die Hydrolyse im selben MaBe, wie es friiher fur die S,O:--Hydrolyse bei Alkalidisulfaten gefunden wurde 2). Wird die Substanz, die durch trockenen Ather nicht verandert wird, rnit wasserhaltigem Ather umgesetzt, dann reagiert das Wasser ebenso wie reines Wasser, aber n u rnit einem der Menge des zugesetzten Wassers entsprechenden Ted der Substanz, der Rest bleibt unverandert. Eventuelle Zwischenprodukte partieller Hydrolyse lieBen sich nicht nachweisen.

Von kalter n/lO Schwefelsaure (0') wird die Substanz ohne Bildung eines unloslichen Ruckstandes gelost . Nach Ausweis der Reaktion der Losung mit Molybdansaure ,) liegt das Silicium darin ausschlieBlich als monomeres H,SiO, vor. Auch im K,SiO, 3 6 SO, muB das Si daher in isolierten Silicium- Sauerstoff-Polyedern vorliegen. Bei der Reaktion des K,SiO, mit SO, werden also alle Si-0-Si-Bindungen gespalten, sie fiihrt zur Bildung des Kalium- tris-disulfatosilicates K,Si(S,O,),.

Ammonoly se Mit gasformigem Ammoniak reagiert die Substanz bei Zimmertempe-

ratur langsam, wobei im Verlauf von etwa 70 Stunden ohne erkennbare Zwischenstufen nach und nach pro Atom Si -12 Mole NH, aufgenommen werden. Zum gleichen Produkt fuhrt die vie1 lebhaftere, unter Zischen ver- laufende Reaktion mit flussigem NH,. In der waBrigen Losung dieses Produktes fanden sich pro Atom Si 3,l Mole SO, als Sulfat, 2,9 Mole SO, als Amidosulfat NH,SO; und 8,3 Mole NH,-Ionen. Ein solches Ergebnis ist zu erwarten, wenn im K2Si(S20,), alle (S-0-S)-Bindungen zu HOS- und H,NS-Gruppen und alle (Si-0-S)-Bindungen zu NH,Si- und HOS-Grup- pen ammonolysiert werden.

2, Siehel) und E. THILO u. F. VON LAMPE, Z. anorg. allg. Chem. 349, 1 (1967). 3) E. THILO, W. WIERER u. H. STADE, Z. anorg. allg. Chem. 340, 261 (1965).

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3 82 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 365. 1969

I I I

-41s primare Ammonolyseprodukte im Stroni von NH,-Gas waren verstandlich pro A t o m Si 3 NH,SO;<, 2 (NH,),SO,. 1 K,SO, und Si(NH,),:

Da das Si(NHz)4 aber nur unterhalb 0’ bestandig ist und leicht in Si(NH), und NH, iibergeht~4), kann im NH,-Reaktionsprodukt nur Si(NH), vorliegen. Das NH,-Reakt,ionsprodukt mul3te daher ails

3 NH,SO,NH,; 2 (NH,),SO,: 1 K,SO, und 1 Si(NH),

hestchcn und beim Liisen in Wasser

3 Atome N als NH2-Gruppen und 9 Rtome N als NH:

liefern, was sehr nahe den gefundenen 2,9 Molen Amidosulfat- imd 8,3 Molen NH:-Ionen ent- sprieht .

Von den nach GLEMSER’) bei der Hydrolyse des Si(NH), in feuchtem Stickstoffstrom zu erwartenden 2 KHZ-Ionen lieBen sich in mehreren Versuchen mit dem Ammonolyseprodukt allerdings nur 1,2 bis 1,5 nachweisen, WAS auf der extremen Empfindlichkeit dieser Substanz gegeniiber Spuren von Feuchtigkeit beruhen durfte.

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Hesktion rnit Methanol und Pyridin Mit8 dampfformigem und fliissigem Methanol reagiert K,Si(S,O,), auch

ohne erkennbare Zwischenstufen in bisher noch nicht durchsichtiger Weise zu K,H(S04),5), CH,0S04H, H,$04 und Kieselsaure, wobei sich pro Atom Si 6,*5-4,2 HOS- und 3,5-5,8 CH,OS-Gruppen nachweisen lieBen.

Mit kochendem trockenem Pyridin reagiert K2Si(S,0,), zu K,SO,, Yyri- diniumsulfonsaure C5H,N SO, und Kieselsaure.

Page 4: Über K2Si(S2O7)3, eine weitere SiO2SO3−Verbindung

X. THILO u. A. WINKLER, Uber K,Si(S,O,),, eine weitere SiO,-SO,-Tierbindung 183

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Zriitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 365. 1969

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IV

Da des relativ groi3en Ionenradius des Ti'' wegen das Ti im SO,-Additions- produkt wohl sicher dem Sauerstoff gegenuber die Koordinationszahl 6 haben wird, nehmen wir an, dab auch das Silicium im K,SiO, . 6 SO, sechs- fach koordiniert ist, zumal es in S,Ot--Koordination kationisch vorliegen mul3, was im allgemeinen - z. B. beim A1 - mit einer Erhijhung der nor- malen Koordinationszahl von 4 auf 6 verbunden ist. Aber auch unter Vor- aussetzung einer 6er-Koordination des Si im K,Si(S,O,), sind noch eine ganze Reihe von Strukturmoglichkeiten denkbar, von denen die Formeln I-IV die am nachsten liegenden sein durften.

Die Schemata I und I11 durften die grol3ere Wahrscheinlichkeit fur sich haben, nach denen der Si(S,O,):--Komplex entweder ein monomeres Anion oder Baueinheit einer hochvernetzten Substanz ware. Die Schemata I1 und IV stehen erst in zweiter Linie zur Diskussion, da in ihnen zwei verschieden- artig gebundene S,O,-Gruppen vorliegen wijrden, die bei der Solvolyse ver- schieden reagieren sollten, wofur aber die Reaktion mit wenig Wasser und die kontinuierlich verlaufende Addition von NH, oder CH,OH keinen Hin- weis geben. Pormel IV ware allerdings der von SCHOTT und HENNEBERC~) fur ein von ihnen dargestelltes Siliciumoxalat vorgeschlagenen Formulie- rung analog.

Fraulein URSULA THIERACI~ iind Frau BRIG~TTA MASCHKE danken wir fur die Mithilfe

6 ) G . SCHOTTU. G. HENNENBERG, Z. anorg. allg. Chem. 323,228 (1963).

Berlin-Adlershof, Institut fur Anorganische Chemie der Deutschen

bei den zahlreichen Versuchen.

Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Bri der Kraktion eingegangen am 5. Juni 1968.