3
372 A.E. Kornmiillerund R. Janzen: l~ber lokalisierte hirnbioelektrische Zusammen/assend kann gesagt werden: 1. St~rkere Anisokorie muB -- ceteris paribus -- an das Adiesche Syndrom denken lassen; Mydriasis ist aber in einem klinisch ~hnlichen Material yon Tabikern und Taboparalytikern au6erordentlich h~ufig. Entrundung sprieht nicht gegen Adie. 2. Die Verengerungsreaktionen auf Licht, Konvergenz und elektrischen Reiz laufen bei Tabes und Taboparalyse, wenn vorhanden, nicht tonisch, aber in sehr verschiedenem Ausma[~, beim Adieschen Syndrom tonisch aber ausgiebig ab. Die gelegentlich zu beobachtende langsame Er- weiterung aus der Konvergenzmiose beruht auf einer extremen Dilatator- schw~tche. 3. St~rkere spontane -~nderungen der Pupillenweite gehSren dem Adieschen Syndrom zu. 4. Steigerung der Pupillenreagibilits durch Strychnin ist bedingt ffir die Diagnose des Adieschen Syndrom zu verwerten. 5. Das AusmaB der pharmakologischen Reaktionen auf Pilocarpin, Homatropin und Cocain in okularer Anwendung ist differentialdiagno- stisch nicht brauchbar. 6. Der zeitliche Ablauf dieser pharmakologischen Reaktionen ist bei der Adie-Pupille beschleunigt. Die einschli~gigen Beobachtungen be- diirfen jedoch der methodischen Nachpriifung. Die elektrische Priifung der Lidschlul~reaktion der Adie-Pupille wird empfohlen. (Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut fiir Hirnforschung, Berlin-Buch.) Uber lokalisierte hirnbioelektrische Erscheinungen bei Kranken, insbesondere Epileptikern. Von A. E. Kornmiiller und R. Janzen. Experimentell hat sich ergeben, dab sich bei allen bisher unter- suchten Tieren eine weitgehende bioelektrisehe Differenzierung der Hirn- rinde durchffihren 1/i]t. Dies geschah auf Grund von Unterschieden in der Kurven/orm und durch Erfassen der zeitlichen Beziehungen der Potentialschwankungen verschiedener Stellen mittels gleichzeitiger mehr- facher Ableitungen. Es war anzunehmen, da~ sich auch auf der Hirnrinde des Menschen Ji~hnliches findet. Die Frage war nur, ob sich bei Ableitung durch die Kopfschwarte, wie sie beim Menschen in der Regel allein mSglich ist, auch geniigend Einzelheiten finden lassen wiirden. Durch die Erfassung 5rtlicher Di//erenzen w~re eine weitergehende bioelelctrische Kennzeichnung hirnpathologischer Vorgiinge mSglich als bei

Über lokalisierte hirnbioelektrische Erscheinungen bei Kranken, insbesondere Epileptikern

Embed Size (px)

Citation preview

372 A.E. Kornmiiller und R. Janzen: l~ber lokalisierte hirnbioelektrische

Zusammen/assend kann gesagt werden: 1. St~rkere Anisokorie muB - - ceteris paribus - - an das Adiesche

Syndrom denken lassen; Mydriasis ist aber in einem klinisch ~hnlichen Material yon Tabikern und Taboparalytikern au6erordentlich h~ufig. Entrundung sprieht nicht gegen Adie.

2. Die Verengerungsreaktionen auf Licht, Konvergenz und elektrischen Reiz laufen bei Tabes und Taboparalyse, wenn vorhanden, nicht tonisch, aber in sehr verschiedenem Ausma[~, beim Adieschen Syndrom tonisch aber ausgiebig ab. Die gelegentlich zu beobachtende langsame Er- weiterung aus der Konvergenzmiose beruht auf einer extremen Dilatator- schw~tche.

3. St~rkere spontane -~nderungen der Pupillenweite gehSren dem Adieschen Syndrom zu.

4. Steigerung der Pupillenreagibilits durch Strychnin ist bedingt ffir die Diagnose des Adieschen Syndrom zu verwerten.

5. Das AusmaB der pharmakologischen Reaktionen auf Pilocarpin, Homatropin und Cocain in okularer Anwendung ist differentialdiagno- stisch nicht brauchbar.

6. Der zeitliche Ablauf dieser pharmakologischen Reaktionen ist bei der Adie-Pupille beschleunigt. Die einschli~gigen Beobachtungen be- diirfen jedoch der methodischen Nachpriifung.

Die elektrische Priifung der Lidschlul~reaktion der Adie-Pupille wird empfohlen.

(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut fiir Hirnforschung, Berlin-Buch.)

Uber lokalisierte hirnbioelektrische Erscheinungen bei Kranken, insbesondere Epileptikern.

Von

A. E. Kornmiiller und R. Janzen.

Experimentell hat sich ergeben, dab sich bei allen bisher unter- suchten Tieren eine weitgehende bioelektrisehe Differenzierung der Hirn- rinde durchffihren 1/i]t. Dies geschah auf Grund von Unterschieden in der Kurven/orm und durch Erfassen der zeitlichen Beziehungen der Potentialschwankungen verschiedener Stellen mittels gleichzeitiger mehr- facher Ableitungen. Es war anzunehmen, da~ sich auch auf der Hirnrinde des Menschen Ji~hnliches findet. Die Frage war nur, ob sich bei Ableitung durch die Kopfschwarte, wie sie beim Menschen in der Regel allein mSglich ist, auch geniigend Einzelheiten finden lassen wiirden.

Durch die Erfassung 5rtlicher Di//erenzen w~re eine weitergehende bioelelctrische Kennzeichnung hirnpathologischer Vorgiinge mSglich als bei

Erscheinungen bei Kranken, insbesondere Epileptikern. 3 73

Bewertung lediglich der Kurvenform einer einzigen Ableitung (z. B. der iiblichen fronto-occipitalen). Aufgabe des Vortrages war es, durch ein- deutige Beispiele die MSglichkeit der bioelektrischen Differenzierung der T~ttigkeit der Hirnrinde des Menschen bei Ableitung durch die Kopf- schwarte nachzuweisen. An Hand yon Abbildungen wurde zuerst gezeigt, wie schon die ,,Spontanschwankungen" fiber verschiedenen Orten der Sch~,deloberflgche unterschiedlich sein kSnnen, und zwar bei Gesunden sowohl als auch bei Kranken.

Bei einem Kranken mit einer Erweichung des gesamten yon der linken Arteria cerebri media versorgten Gebietes und bei einem weiteren Kranken mit einer Porencephalie wurden die Stellen umschriebener Reduktion der bioelektrischen und entsprechend der funktionellen T~tig- keit eingegrenzt und dabei Kriterien der bioelektrischen Lokalisation besprochen. Bei Epileptikern konnten lokalisierte Steigerungen der bio- elektrischen Spannungsproduktion nachgewiesen werden. Am Beispiel yon zwei Kranken mit symptomatischer Epilepsie wurde die Methode der Bestimmung des Focus besprochen. Dieser lieB sich eindeutig Zest- legen.

An einem letzten Beispiel von einem Kranken mit einer genuinen Epilepsie konnten grundss Feststellungen dargestellt werden. Es zeigten sich fiber verschiedenen Arealen ,,Kramp/str6me", die unter anderem gekennzeichnet sind durch steile Ablgufe und groBe Amplitude. Sie traten vSllig unabhgngig voneinander auf, ein Ausdruck einer 6rtlich verschiedenen und voneinander unabhdngigen Tdtigkeit. Auch die um- schriebene Reduktion der Spannungsproduktion im AnschluB an ge- steigerte T~tigkeit, wie sie aus den Untersuchungen fiber experimentelle Epilepsie bekannt ist, konnte gezeigt werden. Sie ist ebenfalls ein Zeichen 5rtlich unterschiedlicher Ti~tigkeit und bei Ableitung durch die Kopf- schwarte zu erfassen.

Die grSBten Steigerungen des elektrischen Energiewechsels im ZNS stellen die Entladungen des kontinuierlichen Krampfstromanfalles dar, die z. B. wiihrend des groBen epileptischen Anfalles zu registrieren sind. Man kSnnte annehmen, dab beim groBen Anfall stets die gesamte Hirn- rinde eine gesteigerte T~tigkeit aufweist. Falls es sich aber um umschrie- bene Steigerungen dabei handeln sollte, so w~re es aus physikalischen Erw~gungen heraus fraglich, ob man diese bei Ableitung durch die Kopf- schwarte noch lokalisiert erfassen kSnnte, denn die Potentialschwankungen des kontinuierlichen Krampfstromanfalles erreichen Werte, die ein Viel- faches der normalen betragen. Damit kSnnte durch eine grSBere physi- kalische Streuung die MSglichkeit einer Abgrenzung entsprechend ein- geschr~nkt werden. Mittels gleichzeitiger dreifacher Registrierung (bifrontal, bicentral und bioccipital) ws zweier generalisierter epi- leptischer Anf~lle bei dem letztgenannten Kranken konnte gezeigt werden, dab auch der kontinuierliche Krampfstromanfall lokalisiert bleiben kann.

374 Richard Jung: Registrierung von Tatigkeit und Funktionen

Damit war zweierlei bewiesen: 1. Die physikalische Streuung ist selbst bei maximal groBen bioelektrischen Spannungsschwankungen nicht derartig, dab eine umschriebene Erfassung der letzteren bei Ableitung dutch die Kopfschwarte unmSglich w/~re. 2. Wenn schon trotz der in Rechnung zu ziehenden physikalischen Streuung durch die Kopfschwarte der Krampfstromanfall noch umschrieben ableitbar bleibt, ist anzu- nehmen, dab die dadurch angezeigte abnorme T~tigkeit auf der Hirn- rinde auch lokalisiert ist. Dieser Befund war nach den tierexperimentellen Untersuchungen ffir die Hirnrinde zu erwarten und ist hiermit auch fiir das menschliche Gehirn erwiesen.

Die vorgelegten Tatsachen fiber die M6glichkeit der Erfassung 6rt- lichcr Unterschiede der bioelektrischen Spannungsproduktion der Hirn- rinde des Menschen bei Ableitung durch die Kopfschwarte sind die Voraussetzung unseres Bestrebens, auch beim Menschen mehr, als dies bisher geschehen ist, 6rtliche bioelektrische Unterschiede der T~tigkeit der Hirnrinde im Rahmen diagnostischer und pathophysiologischer Frage- stellungen zu suchen.

(Aus dem physiologischen Laboratorium der Psychiatrischen und Nervenklinik der Universit~t Freiburg i. Br. [Direktor: Prof. Beringer].)

Ein Apparat zur mehrfachen Registrierung yon Tiitigkeit und Funktionen des animalen

und vegetativen Nervensystems. (Elektreneephalogramm, Elektrokardiogramm, )Iuskel- aktionsstriime, Augenbewegungen, Galvanischer Haut- reflex, Plethysmogramm, Liquordruck und Atmnng.)*

Von Richard Jung.

Mit l l Textabbildungen.

A. Einleitung. Ffir die klinisch-neurologische Diagnostik und neurophysiologische

Forschung bedeutet die Entwicklung der Methoden objektiver Registrie- rung eine Grundlage weiteren Fortschritts. Eine wesentliche Bedingung ffir die erfolgreiche Anwendung dieser Methoden ist die mehr/ache, gleich- zeitige Registrierung verschiedener Vorgiinge des zentralen und peripheren Nervensystems und seiner E//ektoren. Seitdem W. R. Heft 11 (1925) vom allgemein physiologischen Standpunkt auf die Zusammenh~nge animaler und vegetativer Nervenfunktionen und die Bedeutung des Studiums ihrer

* Mit Unterstfitzung der Rockefeller Foundation.