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1893 ANNALEN .A5 10. DER PHYSTK UND CHEMIE. NEUE FOLGE. BAND 50. 1. Ueber Luftsch/wingumger; vom A. Raps. (Ha b i 1 it at i o n s s c h r if t.) (Kierzn Tsf. 111-VI.) Die guten Erfolge, welche die Photographie bei der Dar- stellung von Bewegnngen tijneiider fester KGrper zu verzeichnen hatte, veranlassten mich, zu versuchen, ob sich dieselbe auch zur Aufzeichnung der Luftbewegungen selbst anwenden lasse. Boltzmann hatte folgenden Vorschlag gemacht: Die Strahlen ein und derselben intermittirenden Licht- quelle werden zur Halfte durch ruhende, zur Halfte durch schwingende Luft gefuhrt und dieselben spaker zur Interferenz gebracht. Da hierbei die letzteren Strahlen durch den Wechsel Ton Verdichtung und Verdiinnung abwechselnid eine Verzijgeiung und eine Vorauseiluiig erfahren , so muss eine schwingende Bewegung der Interferenzstreifen entstehen, welche wegen der Intermittenz der Lichtquelle nach dem stroboskopischen Princip verlangsamt erscheint. Diesen Vorschlag fuhrte TGpler in Gemeinschaft mit Boltzmann aus, indem sie die stroboskopische Methode auf die Beobachtung der schwingenden Interferenzstreifen anwand ten und es wurden auf diese Weise die bemerkenswerthen Resul- tate gewonnen, welche in ihrer Arbeit: ,,Ueber eine neue optische Methode , die Schwingungen tijnenlder Luftsaulen zu analysiren" l) niedergelegt sind. Auch hat Ma,ch2)eine Methode angegeben, welche er die spectrale Zerlegung der tonenden Luft nennt; sie ist im wesentlichen auch eine stroboskopische, jedoch weist Mach auf die Mtiglichkeit hin, die erhaltenen Schwingungsfiguren zu photographiren. 1) Tapler u. Boltzmann, Pogg. Ann. 141. p. 321. 1870. 2) Mach, Optisch-akustische Versuqhe. Prag 1873. p. 108. Ann. d. Php. u. Chem. N. F. 30. 13

Ueber Luftschwingungen

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Page 1: Ueber Luftschwingungen

1893 ANNALEN .A5 10. DER

PHYSTK UND CHEMIE. NEUE FOLGE. BAND 50.

1. Ueber Luftsch/wingumger; vom A. Raps. (Ha b i 1 i t a t i o n s s c h r if t.)

(Kierzn Tsf. 111-VI.)

Die guten Erfolge, welche die Photographie bei der Dar- stellung von Bewegnngen tijneiider fester KGrper zu verzeichnen hatte, veranlassten mich, zu versuchen, ob sich dieselbe auch zur Aufzeichnung der Luftbewegungen selbst anwenden lasse.

Bo l t zmann hatte folgenden Vorschlag gemacht: Die Strahlen ein und derselben intermittirenden Licht-

quelle werden zur Halfte durch ruhende, zur Halfte durch schwingende Luft gefuhrt und dieselben spaker zur Interferenz gebracht. Da hierbei die letzteren Strahlen durch den Wechsel Ton Verdichtung und Verdiinnung abwechselnid eine Verzijgeiung und eine Vorauseiluiig erfahren , so muss eine schwingende Bewegung der Interferenzstreifen entstehen, welche wegen der Intermittenz der Lichtquelle nach dem stroboskopischen Princip verlangsamt erscheint.

Diesen Vorschlag fuhrte TGpler in Gemeinschaft mit Bol tzmann aus, indem sie die stroboskopische Methode auf die Beobachtung der schwingenden Interferenzstreifen anwand ten und es wurden auf diese Weise die bemerkenswerthen Resul- tate gewonnen, welche in ihrer Arbeit: ,,Ueber eine neue optische Methode , die Schwingungen tijnenlder Luftsaulen zu analysiren" l) niedergelegt sind. Auch hat Ma,ch2) eine Methode angegeben, welche er die spectrale Zerlegung der tonenden Luft nennt; sie ist im wesentlichen auch eine stroboskopische, jedoch weist Mach auf die Mtiglichkeit hin, die erhaltenen Schwingungsfiguren zu photographiren.

1) T a p l e r u. B o l t z m a n n , Pogg. Ann. 141. p. 321. 1870. 2) Mach, Optisch-akustische Versuqhe. Prag 1873. p. 108.

Ann. d. P h p . u. Chem. N. F. 30. 13

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194 A. Raps.

Beide Methoden hatten mit den Anforderungen zu kampfen, welche alle stroboskopischen Verfahren an die Gleichformigkeit der Tonhohe und der Bewegungsform stellen und konnten daher nur zur Ermittelung vollkommen periodischer Be- wegungen dienen.

Die in vorliegender Arbeit angewandte Methode ist die folgende :

Ein sehr intensives, nahezu padle les Lichtbundel fallt auf eine Sammellinse 2 (Fig. l), welche dasselbe auf den Spiegel s1 eines J a m in’schen Interferentialrefractors wirft. Dort wird das Bundel in der bekannten Weise in zwei, a, bez. az gespalten , welche wieder vereinigt werden, nachdem

Fig. 1

sie auf den Spiegel s, gefallen sind; hierdurch werden dieselben zur Interferenz gebracht. Von den auf diese Weise entstan- denen Interferenzen entwirft eine Linsencombination c ein reelles Bild in der Ebene eines verticalen Spaltes e. Dieser Spalt schneidet nun aus der Interferenzfigur senkrecht zu der Richtung der Franzen einen Streifen heraus, welcher ab- wechselnd helle und dunkle Punkte enthalt. Diese Punkte schwingen bei einer Bewegung der Interferenzfigur auf und ab. Befindet sich nun dicht hinter dem Spalte eine mit photo- graphischem Papier iiberzogene, gleichformig schnell umlaufende Trommel T, so entsteht nach Entwickelung des photographi- schen Papieres eine Reihe ubereinander gelagerter, abwechselnd schwarzer und weisser Curven. Der eine der beiden inter- ferirenden Lichtstrahlen a3 wurde durch ruhende, der an-

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Luftschw inguy en. 195

dere a2 durch tonende Luftl) geleitet. Es schwingen nun die Interferenzstreifen nach Maassgabe der Verdichtung oder Qerdiinnung der von dem Biindel a, durchstrahlten Luftschicht auf und ab, und da die Excursionen der Streifen den Dichtig- keitsannderungen der tiinenden Luft proportional sind. wie auf p. 201 naher auseinandergesetzt wird, so kann mit Recht be- hauptet werden, dass die auf diese Weise erhaltenen Curven die Dichtigkeitsunterschiede an den von dem Lichtstrahle as durchsetzten Punkten einer tonenden Luftmasse als Function der Zeit darstellen.

Es schien von vornherein, dass die Interferenzstreifen bei Anwendung von weissem Lichte (denn solches ist der Intensitat

.-

Fig. 2a.

halber unbedingt nothig) wegen der farbigen Rander nicht die nothige Scharfe besitzen wiirden. Beriicksichtigt man jedoch, dass das photographische Papier auf verhaltnissmiissig wenige Strahlenarten reagirt, dasselbe also wie ein Strahlenfilter wirkt, so kann die bei manchen Curven erhaltene, ziemlich bedeutende Scharfe nicht befremden.

Von grosser Bedeutung fur das Zustandekommen scharfer Bilder ist die Art der Beleuchtung, namentlich die Convergenz des auffallenden Lichtbundels. Deshalb war eine Einrichtung nothig, welche den Winkel des auffallenden Lichtkegels leicht zu andern gestattete. Gute nienste leistete hierbei die im Folgenden beschriebene Anordnung , zu welcher zwei von

1) In der Figur 1 wird beiepielshalber der eine Lichtstrahl durch den Knoton einer gedeckten Pfeife p geleitet, welche durch zwei Glas- platten h und h' versehlossen ist.

13*

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196 A. Kaps.

S c h m i d t & H a n s c h in Berlin fiir einen Beleuchtuiigsapparat verwandte Linsen mitbenutzt wnrden. Die beiden gossen Lin- sen q q' (Fig. 2 a uiid 2 b) des Condensators sind in Holzrahmen gelagert, welch letztere durch einen Balg verbunden sind. Jeder dieser Holzrahmen ist an zwei Messingschienen tt' und uu' befestigt ; cliese Messingscliienen haben ilire Fuhrungen in j e zwei Doppelrollen (r, , rz , r 3 , r4) : von denen sich je zwei unterhalb und zwei oberhalb der Schienen befiiiden (Fig. 2b). Durch das Uebergewicht des Condensators werden die Schienen

an die Rollen angedriickt und auf diese Weise eine sehr sichere und leichte Fiihrung erzielt. Man kann jede Linse fur sich verschieben, ohne die Stellung der anderen andern zu mussen. Mittels eines Bajonettverschlusses ist ein Hohl- kegel P aus Zinkblech an dell vorderen Kasten angesetzt,. Dsr Kegel mundet in einen Rohrstutzen 9, in welchem sich die Dispansivlinse d verschieben lasst. Zwischen die Linse a' und die electrische Lampe A ist, ZUI' Abschwachung der nicht- leuchtenden Warmestrahlen, ein Gefass mit Wasser gesetzt. Das vom Lichtbogen der electrischen Lampe A (22 Ampkre) erzeugte Licht mird durch die beiden Sammellinsen qq' convergent gemacht , von der Zerstreuungslinse d aber soweit

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Luftschwingungen. 197

dispergirt, dass ein paralleles Lichtbundel austritt. Durch Verschiebung der Linse q’ kann man leicht dem Lichtkegel den nothigen Oeffnungswinkel geben und so die gunstigste Stellung aussuchen. Das Lichtbundel tritt durch einen 2 cm breiten und 5 cm hohen Spalt f (Fig. 1) aus, fallt auf die Linse I von ca. 15 cm Brennweite, sodass ein reelles Bild der gluhenden Kohlen etwa in der Mitte der Spiegel s, und s2 entsteht. Vor dem Spiegel s2 befindet sich eine spaltformige Bleiide b2 , welche alle storenden Xebenreflexe abblendet. Mittels eines Voigtlander’schen Objectives o wurde ein reelles Bild der Interferenzfigur in der Xbene eines 2 cm hohen und 1-2 mm breiten Spaltes entworfen. Fur manche Faille reichte jedoch die so erhaltene Lichtintensitat nicht aus und es musste noch eine Cylinderlinse Z eingeschaltet werden , welche das Licht auf einen kleineren Raum concentrirte. Eine Blende b, war noch so angeordnet, dass sie conjugirt war in Bezug auf die Ebene des Spaltes e.

Zur scharfen Einstellung der Streifen wurde die Trommel T entfernt und uber den Spalt e ein kleines mattes Glasplattchen von solcher Dicke geschoben, dass die matte Seite genau an die Stelle fiel, welche nachher das photographische Papier einnehmen sollte. Um die Empfindlichkeit der Methode auch bei schwacheren Tonen noch gross genug zu machen, war es nothwendig , die Streifen ziemlich breit zu wahlen. Dadurch wurdeii auch schon die mittleren Streifen mit ziemlich be- merkbaren Farbenrandern umsaumt, und es war fast unmog- lich, die Einstellung so zu treffen, dass nachher ein scharfes Bild erschien. Deshalb wurden die Interferenzstreifen bei der Einstellung durch Drehung des Spiegels s, um eine horizontale Axe sehr fein gemacht. Auf solche feine Interferenzen lasst sich ungemein leichter einstellen. Nach vollendeter Einstellung wurden dann die Streifen dem jeweiligen Zwecke entsprechend verbreitert und der Mittelstreifen durch Drehung des Spiegels s2 um eine verticale Axe auf die Mitte des Spaltes e gebracht. Der Spalt e war durch einen electrischen Momentverschluss m bedeckt. Ueber die anderen Details gelten friiher l) ge- - -~

1) 0. Kr igar -Menze l u. A. Raps, Ueber Saitenschwingungen, Sitzungsber. der Bed. Akad. vom 25. Juni 1891.

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198 8. Raps.

machte Angaben. Nicht nur die Oeffnung des auf die Interferenzplatten auffallenden Lichtkegels, auch der Einfalls- winkel der Lichtstrahlen spielt fiir das Znstandekommeu scharfer Interferenzen eine grosse Rolle, weil die zur Ver- fiigung stehenden Plntten des Refractors durchaus nicht homogen waren. Hierdurch wird das Photographiren besonders erschwert. Denn eiiie Aenderung der Hohenlage des electrischen Licht-

bogens schon um einen halben Centimeter machte unter Umstiinden die Streifen rer-

c - - f wascheri iind zum Photographiren unbrauclibar. * -

s 1. Bewegung der Luft in gedackten Pfeifen.

Zur Untersuchung gelangte zuerst eine Drehorgelpfeife (A ) von folgenden Dimensionen :

Innere Durchniesser 35 x 55 mm, Lange 460 mm ; Hohe der Xundoffnung 25 mm, Breite der Mundoffnung 35 mm.

Dieselbe war an ihrem Ende durch eine Zinkplatte geschlossen undmit zwei Lochern aa’ versehen worden (Fig. 3). Mittels zweier sehr starker Eisenstiicke, welche passerid - ausge- schnitten wurden, waren zwei gute Plan- parallelplatten p p ’ (von Ste inhe i l ) luftdicht gegen die Wan& der Pfeife gepresst. Dicke Streifen von Gummi dienten sowohl als Dich- tungsmaterial als auch zur Dampfung des Zitterns der Glasplatten. Die Glasplatteii waren mit den schweren Eisenmassen mog- lichst starr verbunden, dagegen war die Ver-

bindung mit der Pfeife nur durch dicke Gummiplatten bewerk- stelligt. Diese Vorsicht war unbedingt geboten, denn bei starkeni Tonen der Pfeife zittern die Wande clerselben merklich und da- her sind die erhaltenen Schwingungscurven verfAlscht. Um den Einfluss der Plattenbewegung auf das Resultat zu untersuchen, brauchte man nur (nach Topler ) die beiden interferirenden Lichtbiindel durch den Theil der I’langliiser durchgehen z t l lassen, welcher sich ausserhalb der Pfeife befindet. Es zeigte sich nun, dass nach Anwendung dicser Vorsichtsmaassregeln

Fig. 3.

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Lu ftschw iny ungen . 199

selbst bei den allerstarksten Tonen ein Einfluss der Platten- bewegung auf das Resultat kaum vorhanden. war. Unbedingt zu vernachlassigen ist der Einfluss der Plattenbewegung da- her bei allen Tonen von normaier Starke.

Aber nicht nur das Mitschwingen der Planparallelplatten, auch die ausserhalb der Pfeife mitschwingende Luft kann das Resultat verfalschen. Denn das eine Lichtbundel des Inter- feren tialrefractors durchlauft seinen Weg ganz ausserhalb der Pfeife , das andere theilweise ausserhalb. Diese ausserhalb der Pfeife liegenden , von den Lichtbundeln durchstrahlten Raume schwingen beim Tonen der Pfeife mit, wenn auch nur schwach. Es ist aber Bedingung, dass die Luft, durch welche die Lichtstrahlen ausserhalb der Pfeife gehen, vollstandig ruhen muss. Haben namlich die ausserhalb der Pfeife durchstrahlten tonenden Luftschichten nicht gleiche Verdichtungsphasen , SO

muss nothwendigerweise eine Schwingung der Interferenz- streifen entstehen, welche sicli zu der von dem Knoten der Pfeife erzeugten hinzuaddirt und so unrichtige Angaben ver- ursacht. Urn dies zu prufen, wurde die Pfeife soweit weg- gezogen, dass die beiden Lichtstrahlen gerade an ihr vorbei- gingen; so wurde Fig. 05, Tafel V erhalten. (Man kann in dieser- Figur ubrigens iiber dem Grundtone deutlich. den dritten Partialton (Duodecime) u bergelagert bemerken.) Ea war daher geboten, den zweiten Lichtstrahl, welcher durch die ruhende Luft gehen sollte, einen gegen die aussere Luft abgeschlossenen Raum durchlaufen zu lassen. Zu diesem Zwecke wurde noch ein kleiner Kasten k (Fig. 3) aus starkem Zinkblech luftdicht zwischen die heiden Planparallelplatten eingesetzt. Der Raum zwischen der Pfeife und den Platten des Interferentialrefractors wurde so klein wie moglich ge- nommen. Die nun noch innerhalb vorhandenen tonenden Luftstrecken konnten die Schwingungscurven nicht ' merklich beeinflussen, da die Streifenbewegung der Ilicke der durch- strahlton Luftschicht proportional ist (vgl. p. 201). 1) Die Pfeifen wurden mittels eines friiher z, beschriebenen Gasometers, bei den starksten Tonen mittels eines Blasebalges angeblasen.

1) Der ganze Apparat (ausser Lampe) war auf einem grossen, schweren Steinfundament aufgebtlut.

2) A. Raps, Wied. Ann. 36. p. 273. 18R9.

.

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200 A. Raps.

Der Anblasedruck wurde mit einem Wassermanometer ge- messen. Da das hier beschriebene Verfahren periodische wie unperiodische Bewegungen mit gleicher Starke wiedergibt , so brauchte der Anblasedruck, von welchem die Toiihijhe einer Pfeife bekanntlich sehr abhangig ist, nur einigermaassen con- stant erhalten zu werden. Dies erleichtert allen stroboskopi- schen Verfahren gegenuber, deren Erfolge in den meisten Fallen von der Constanz der Tonhohe abhangen, die Beobach- tung ungemein.

Auf Tafel I11 sind die Dichtigkeitsanderungeii im Knoten der vorher erwahnten gedackten Pfeife als Function der Zeit aufgezeichnet. Nr. 1 zeigt die Schwingungsform bei schwachem Anblasen (60 mrn Wasserdruck). Der Grundton ist bei weitem vorherrschend und die Hewegung von der reinen Pendelschwingung nicht weit entfernt. Der Klang der Pfeife war dumpf und matt. Bei 80 mm und 100 mm Anblasedruck (Nr. 2 und 3) werden die Wellenberge und Wellenthaler be- deutend spitzer, die hijheren Obertone treten deutlicher hervor. Der Klang nimmt schon mehr Charakter an. Bei 120 mm und 140 mm Anblasedruck (Nr. 4 und 5) macht sich der dritte Partialton in der Figur schon bemerkbar, ohne dass man dieselbe auszumessen und in Partialschwingungen zu zerlegen braucht ; fur das Ohr tritt er deutlich hervor. Wurde der Anblasedruck noch weiter gesteigert, bis auf 180-300 mm, so erschienen die Curven Nr. 6-12. Die Duodecime tritt deutlich heraus, auch erkennt man, dass die Druckrnaxima beider Tone bei- nahe zusammenfallen; der Oberton setzt in der Phase ein wenig friiher ein. Auch fiir das Ohr hatte jetzt der dritte Partialton eine sehr grosse Intensifat. Bei den folgenden Figuren wurde die Pfeife mit einem Blasebalg direct an- geblasen, weil der Druck des Gasometers nicht mehr aus- reichte und so die Nr. 13-15 crhalten. Bei Nr. 13 herrscht der Grundton noch vor, wahrend derselbe in Nr. 14 schon hinter der Duodecime zuriicktritt. In der That war der Grund- ton im Gegensatz zum Oberton nur noch schwach vernehmbar. Bei noch starkeren Blasen schlagt die Pfeife vollends in den Oberton uber.

Solche Schwingungszusfande zeigen die Nr. 14 und 15. Diese Figuren, aus fast geracllinigen Strecken zusammen-

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Zuftschwingungen. 20 1

gesetzt, sind den Schwingungen des Mittelpunktes einer Saite, welche nahe bei ' I 3 ihrer Lange gestrichen wird, fast identisch. Ausser dem dritten Partialtone sind noch eine ganze Reihe yon hbheren Obertonen vernehmbar. Es hat nunmehr auch eine kleine Phasenverschiebung des dritten Partialtones gegen den Grundton stattgefunden , indem die Maximalverdichtung des Grundtones mit derjenigen der Duodecime zusammenfallt.

Interessante Aufschlusse geben noch die Nr. 15a u. 15b. Bei sehr starkem Anblasen der Pfeife entsteht oft ein eigen- thumliches Rollen; dies tritt namentlich dann a d , wenn der Anblasedruck allmahlich gesteigert wird. Wie die Figuren zeigen, ist dann der Oberton zum Grundton nicht mehr har- monisch.

Aus den gegebenen Schwingungscurven lasst sich nun ohne weiteres die Grosse der Maximaldruckschwankung im Knoten der Pfeife berechnen. l)

Bezeichnet I; die Dicke der durchstrahlten Schicht zwi- schen den Glasplatten, 1 die Wellenlange in der ruhenden Luft, so fallen auf die Lange L , A = ( L /A) Wellen. Wird nun die Dichte der durchstrahlten Luftscliicht verandert , so andert sich ihr Brechungsexponent und dami t die Wellenlange. Die neue Wellenlange ist dann ?"'= (n/n')i.. Die Anzahl der auf den Weg L fallenden Wellen ist N'= (Ll1'). Werden die beiden Strahlen, von denen der eine durch die ruhende, der andere durch die verdichtete Luft geht, zur Interferenz gebracht, so ist

L' L AT'- N = - - -- 1' i.

gleich dem Gangunterschiede der beiden Wellenzuge. Dieser Gnngunterschied ist aber gleich der Zahl 2 der ganzen Inter- ferenzstreifen, um welche die Interferenzfigur bei einer Dich- tigkeitsanderung der Luft verschoben wurde. Also :

Nun kann man bei Gasen setzen, wenn Q und g' die Uichten der ruhenden bez. verdichteten Gase bezeichnen:

1) Vgl. auch T o y l e r 11. Bol tz rnann 1. c.

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202 A. Raps.

(3) Demnach ist also die Grosse der Streifenverschiebung unter sonst gleichen Verhaltnissen der Lange der durchstrahlten Schicht proportional. Gleichung (3) konnen wir auch schreiben, wenn wir die Dichte der ruhenden Luft = 1 setzen:

(4)

(Eine kleine Neigung der Planparallelplatten gegeneinander ist, wie man sich durch eine einfache Rechnurig uberzeugen kann, von keinem erheblichen Einfluss auf das Resultat.)

Die nur durch die Temperaturschwankungen (ohne Dich- tigkeitsanderixngen) in der Pfeife hervorgebrachten Aenderungen des Brechungsexponenten der Luft sind hier nicht berucksichtigt worden, weil sie nur in so geringem Maasse vorhanden sind, dass ihr Einfluss der Genauigkeit der Methode gegenuber gar nicht in Betracht kommt.

Da alle Bewegungen als adiabatische vor sich gehen, ver- halten sich die in der Pfeife herrschenden Drucke p , p’ zu den ihr zugehorigen Dichten g , p‘:

wobei

k jji P = (+) 7

C k = 2 = 1,41

QlJ

oder log - = k log f , tf) ( 3

oder, wenn wir die Dichte und den Druck der ruhenden Luft als Einheit annehmen :

Setzen wir: log p’= k log g’.

p’= 1 + A p g’= 1 + A p .

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I;uftschwinyunyen. 203

wobei wir, wie stets in der Theorie der Schwingungen, A p und dg als so klein annehmen, dass wir ihre Quadrate ver- nachlassigen lionnen, so folgt :

A p = k A < ) .

Wir mussen also alle Dichtenunterschiede mit 1,41 multipli- ciren, um die Druckunterschiede zu erhalten.

Diese Berechnungsweise ist in der That fur alle Tone von normaler Starke vollstandig erlaubt. Fur die starksten Tone, bei welchen das Quadrat der Dichtenunterschiede sich bemerk- bar macht, treten in der Methode selbst schon solche Fehler hervor , dass eine genauer durchgefiihrte Berechnung doch ohne Werth sein wiirde.

Es setzt jedoch diese Berechnung die genaue Kenntniss der Wellenlangen des Lichtes vorstus, welohe auf das photo- graphische Papier bevorzugt wirksam waren.

Ein anderer sehr einfacher und sicherer Weg fuhrt auch zur Ermittelung der Druckanderungen , wobei die Kenntniss der wirksamen WellenlBngen iiberflussig ist. Dieser Weg ist der folgende :

Es wurde die Pfeife, deren Druckanderung im Knoten untersucht werden sollte , an ihrer Lippe vollstandig ver- schlossen und Luft in derselben comprimirt. Das Wnsser- manometer, welches friiher den Anblasedruck hestimmte, wurde jetzt zur Ermittelung des Druckes der in der Pfeife compri- mirten Luft mit einem Kathetometer ausgewerthet. Zu gleicher Zeit (d. h. ehe der Druck in der Pfeife sich verandert hatte), wurde eine photographische Aufnahme der durch die Com- pression verschobenen lnterferenzstreifen vorgenommen. Um eine Marke zu haben, auf welche sowohl die ruhenden, als auch die durch Compressionen verschobenen Streifen bezogen werden konnten, war ein feiner Draht quer iiber den Spalt gespannt. (Auf diese Weise ist die feine weisse Linie ent- standen, welche die Photographien an ihrem oberen Ende durchzieht). Mittels einer Theilmaschine wurde nun die Streifen- verschiebung gemessen und der Druck bestimmt , welcher die Verschiebung der Interferenzfigur um eine ganze Streifenbreite hervorbringt. Nachdem dieser ermittelt war, wurde die Ent- fernung zwischen Wellenberg und Wellenthal der Schwingungs-

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204 A. Raps.

curven bestimmt. Obschon die Rander der Interferenzstreifen iminerhin verschwommen sind, so lasst sich doch der Faden des Mikroskops auf der Theilmaschine sehr .genau auf die Mitte zwischen zwei schwarze Curven einstellen.

Die nach dem eben beschriebenen Verfahren gefundenen Werthe fur den Druckunterschied bei der Verschiebung um eine Streifenbreite sind offenbar bei solchen Zustanden ge- wonnen , welche eine vollstandige Ausgleichung der durch die Compression bez. Dilatation erhaltenen Warmemengen zulassen. In der Pfeife dagegen gehen die Druckanderungen so rasch vor sich, dass eine Warmeabgabe nicht stattfinden kann. Es sind daher auch bier die erhaltenen Dichtigkeitsunterschiede noch mit 1,41 zu multipliciren, um die wirklichen Druck- unterschiede zu erhalten.

In der folgenden Tabelle sind die Maximaldruckunter- schiede in den1 Knoten der vorhin erwahnten Pfeife nach der zuletzt beschriebenen Methode angefuhrt.

100 120 220 240 280

noch stgrker

0,01435 0,01932 0,02113 0,02712 0,03548 0,04531

1) A. Raps , 1. c.

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Luftschwingungen. 205

LBnge 400 mm, Querschnitt 53 mm2, Breite der Mund- offnung 53 mm, Hohe der Mundoffnung 25 mm.

Nr. 16 und 1 7 entsprechen einem Anblasedruck von 30 bez. 60 mm Wasser. Es sind nur eiiifache Bewegungs- formen; der Ton der Pfeife wax hierbei recht dumpf. In Nr. 18 (SO mm Anblasedruck) sind Thaler und Berge be- deutend spitzer. Das Ohr vernimmt auch schon eine ganze Reihe von Obertonen. In Nr. 19 (100 rum Anblasedruck) tritt die Duodecime deutfich hervor, was noch mehr der Fall ist in Nr. 20 und 21 (240 bez. 300 mm Anblasedruck). Noch starker angeblasen ergibt die Pfeife die Schwjngungsfigur Nr. 22. Die Phasenverschiebung des dritten Partialtones ist bei allen Anblasedrucken constant und derjenigen der zuerst unter- suchten Pfeife annahernd gleich. Die mletzt untersuchte ' Pfeife konnte nur durch einen sehr starken Druck zum ganz- lichen Umschlagen in den Oberton gebracht werden.

Die Schwingungsfiguren der dritten untersuchten Pfeife (C) sind von den bisher betrachteten Figuren, welche einander ziem- lich ahnlich waren, sehr verschieden. Die Dimensionen dieser, von dem Orgelbauer Appun gebauten Pfeife (C) sind folgende:

Lange 644 mm, Querschnitt 65 mm2, Hohe der Mund- offnung 15 mm, Breite der Mundoffnung 65 mm.

Die Pfeife ist also im Verhaltniss zu ihrem Querschnitte bedeutend langer , als die beiden bisher untersuchten. Bei schwachem Anblasen (40 und 60 mm Wasser) kommen die Figuren Nr. 23 und 24 zu Stande. Der Ton der Pfeife ist matt und farblos. Bei einem Anblasedruck von 100 bez. 120 mm Wasser (Nr. 25 und 26) scheinen die Schwingungscurven aus fast geradlinigen Strecken zu bestehen.

Es deutet dies auf eine Discontinuitat in der Bewegung hin, welohe in ahnlicher Form schonvon TGpler nnd Boltzmann'), beobachtet wurde ; bei genauerer Ausmessung zeigt sich jedoch, dass die Strecken nicht ganz geradlinig sind; man kann dies auch mit blossem Auge erkennen, wenn man die Schwingungscurven von der Seite ansieht, sodass dieselben verktirzt erscheinen. Alsdann sieht man deutlich die von dem dritten Partialton hervorgebrachte Einbiegung der geraden Lillie. Bei stiirkerem

1) TBpler u. B o l t z m n n n , 1. c.

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206 A. Raps.

Anblaseii (1 40. 160 und 260 mm Wasserdruck) erschienen die Figuren Nr. 28 und Nr. 28. Hier tr i t t nicht etwa eine noch discontinuirlichere Bcwegung hervor, wie man nnch den Ver- suclien von T i j p l e r und B o l t z m a n n hatte erwarten konnen, sondern der dritte Partialton erscheint ganz deutlich iiber dem Grundtone gelagert. Im Gegensatz zu den Schwingungsfignren der beiden zuerst untersuchten Pfeifen, in welchen die Ver- dichtungsmaxima des Grundtones mit denen des dritten Partial- tones ungefahr zusammenfielen , fallt hier das Verdichtungs- maximum des Grundtones mit dem Minimum des Obertones zusammen.

Es tritt hier deutlicli hervor, dass sich die Phasen der Obertone in Bezug auf den Grundton niclit andern. Ueber- haupt yeht aus den bisher gemachten Pbsuchen hervor, dass die Phasenverschiebung zwischen Grund- und Obertiinen fur einen yewissen dnblasedruck unter sonst gleichen Verldtnissen imrner dieselbe bleibt. - Steigert man bei dieser Pfeife den Druck ubcr 240 mm, so schlagt die Pfeife in den Obertoii iiber (Fig. Nr. 30). Jetzt sind recht viele und hohe Obertone horbar.

Becht auffallend klein sind die Druckunterschiede dieser letzten Pfeife gegeniiber den vorher gefundenen, wie ein Blick auf die Curven lehrt. Auch schlagt die zuletzt untersuchte Pfeife bei einem vie1 geringeren Anblasedruck in den zweiten Oberton iiber. Dies riihrt sowohl von der grossen Lange dieser Pfeife im Verhaltnisse zu ihrem Querschnitt: als auch von der geringen Hohe der Mundofhung und des ausstromeii- den Luftblattes her.

Q 2.

Bewegung der Luft in offenen Orgelpfeifen.

Die Untersuchung offener Orgelpfeifen gestaltet sich nicht so einfach, wie die der gedackten. Denn wahrend am geschlossenen Ende eincr gedackteii Pfeife der Grundton und alle ungerad- zahligeii Obertone einen Knoten haben und die Druckvariation in diesem gemeinsamen Knoten von dem Vorhandensein, der St#rke und den Phasen aller vorhandenen Obertijne Rechenschaft ablegt: haben bei einer offenen Pfeife nur der Gruiidton und

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Lecftschwingungen. 207

die ungeraden Partialtone den Ort gemeirisamer Knoten in der Mitte liegen. Die Knoten der geraden Partialtone fallen dagegen nicht zusammen.

Durch folgende Anordnung ist es jedoch moglich, den Einfluss der wichtigsten Obertijne bis zu einem bestimmten Grade zu ermitteln. Betrachten wir Fig. 4, so sehen wir die Knoten des Grundtones und sammtlicher wngerader Partialtone in AA' zusammenfallen und die der wichtigsten gerade'n Partialtone in den Raum B C fallen, welcher wenig grosser i.st als Wellenrange des ersten Obertones. Wenn man jetzt einen der beiden interferirenden Strahlen parallel zur LBiigsrichtung der Pfeife durch den Raum C B senden murde (Fig. B), so erhielte man eine Schwingungscurve , welche 1 ,~~-.------~ yon allen Vorgangen in der I

Pfeife ein ziemlich richtiges Bild entwirft. Zu beachten ist nur, dass von dem funften Partialtone aufwarts sich in der Pfeife Schwingungen aus- bilden konnen , welche 2 a 4,,"2--;4 Knoten innerhalb des Rau- H=;;i---.i mes B C haben. (Hierbei kann a alle Zahlen von 1 - m darchlaufen.) Die beiden(oder B i die 2a) Knoten sind aber in entgegengesetzter Druck- phase, d. h. wenn sich dei eine in dem Maximum seiner Verdich- tung befindet, hat der andere das Maximum seiner Verdunnung. Lasst man nun durch beide Knoten hintereinander den Licht- strahl des Interferentialrefractors gehen ? so compensiren sich die Wirkungen der Knoten und es findet keine Streifen- verschiebung statt. Es fallen also alle die Partialschwin- gungen aus der Schwingungsfigur heraus, welche 2 a Kno- ten iniierhalb des Raumes B C haben. Urn den Lichtstrahl in der eben angegebenen Weise durch die Pfeife senden zu konnen , wurde eine doppelt gebrochene Pfeife angewandt, welche solche Dimensionen besass, dass der Knoten des Grund- tones in der Nahe von B (Fig. 5), der des ersten Obertones

IC

F'ig. 4.

Page 16: Ueber Luftschwingungen

208 A. Raps.

bei C lag. Dementsprechend musste der Lichtstrahl sammtliche Knotenflachen, welche zwischen B C lagen, passiren. Die auf solche Weise erhaltenen Schwingungscurven kiinnen allerdings nur ein genahertes Bild von den Vorgangen in der Pfeife geben. Dieselbe Pfeife wurde alsdann in der Weise untersucht , dass der Lichtstrahl quer durch die Mitte der Pfeife hindurchging, an welcher Stelle der Qrundton und die ungeraden Partial- tone ihre Knoten haben.

Die hierzu verwandte Pfejfe hatte die Tonhohe d. Die Fig. Nr. 31 zeigt die Schwingung bei einem Anblase-

druck von 80 mm Wasser. Ns ist hierbei schon deutlich der Einfluss von Obertonen ersichtlich, da die Bewegungsform von der reinen Sinusschwingung abweicht. In Nr. 32 und 33

(150 und 200 mm Anblizse- druck) tritt dies noch mehr hervor. In Nr. 35 (300 mm Anblasedruck) gleicht die Luftbewegung derjenigen einer nahe am Ende ge- strichenen Saite. Das Ohr vernimmt eine ganze Reihe von Obertonen; der Klang ist demj enigen einesviolon-

Bei -a einem Drucke von 200 und 250 cells mm (Fig. auffallend Nr. 36 ahnlich. und 37)

macht sich der erste Oberton sehr bemerkbar. Die Photographien, welche erhalten wurden, als der Licht-

strahl quer durch die Mitte der Pfeife geschickt wurde, Bind in Fig. Xr. 38 (Anblasedruck 80 mm), Nr. 39 (120 mm), Nr. 40 (160 mm), Nr. 41 (200 mm), Nr. 42 (300 mm), Nr. 43 (350 mm) dargestellt. Auffallend ist hierbei , dass der zweite Partial- ton, welcher ganz in der Nahe der beobachteten Stelle einen Schwingungsbauch haben muss, so starke Druckwechsel in der Periode des zweiten Partialtones hervorruft. In Nr. 42 und 43 ist der Einfluss des zweiten Partialtones gar nicht zu ver- kennen. Es muss also auch hier dieser Oberton noch ganz merkliche Druckvariationen hervorrufen. Um die Schwingungs- curven offener und gedackter Pfeifen unter denselben Be- dingungen des Anblasens untersuchen zu kijnnen , wurden die

Fig. 5.

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Luftschwingungen. 209

Anblasedruck in Millimetern

Wasser

140 160 200

noch starker

beiden gedackten Pfeifen, welche in 8 1 mit B und C be- zeichnet waren, nunmehr als offene benutist und der Licht- strahl durch den Knoten des Grundtones geschickt. Die Curven der langen offenen Pfeife (C) zeigen das namliche Verhalten der soeben beschriebenen; auch hier ist eine relativ grosse Druckvariation in der Periode des zweiten Partialtones, welcher unweit dieser Stelle einen Bauch besitzen muss, bei starkem Anblasen bemerkbar. Die andere Pfeife (23) musste sehr stark angeblasen werden (140 mm Wasser), ehe sie einen Ton hervorbrachte. Die Schwingungscurven zeigen Nr. 44 (140 mm Anblasedruck), Nr. 45 (160 mm), Nr. 46 (200 mm), Nr. 47 (300 mm) und Nr. 48 (350 mm). Vlon Nr. 46 machen sich schon eine ganze Reihe von Obertonen bemerkbar (in der Figur sowohl wie fur das Ohr). Nr. 46-48 haben wiederum mit den Schwingungscurven gestrichener Saiten eine sehr grosse Aehnlichkeit; nur sind die Ecken ein wenig abgerundet.

I n der nachfolgenden Tabelle sind die Maximaldruck- unterschiede im mittleren Knoten der offeinen Pfeife (B) an- gegeben.

Druckunterschied im Knoten

in Atmosphiiren ~- ~ ~ ~ _ _ _

0,00451 0,00682 0,01749 0,03971

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210 A. Raps.

eine diinne Membran iiber das offene Ende einer Pfeife gczogen. Diese Membran machte die Oscillationen der Luft mit ? einen dauernden Luftzug dagegen verhinderte sie. Alle vorliegenden Schwingungscurven offener Pfeifen sind ohne ein derartiges Schutzmittel erhalten und keine derselben ist verwaschener, als die Curven der gedackten Pfeife.

Dies war urn so wichtiger, weil dadurch die Moglichkeit gegeben ist Dichtigkeitsanderungen in der tonenden freien Luft auch dann noch beobachten zu konnen, wenn solche unter Umstiinden nic.ht zu vermeidende Luftstromungen vor- handen sind.

§ 3. Bewegung der Luft in Zungenpfeifen.

Die Methode wurde auch zur Untersuchung der Luft- Eine Zungenpfeife A bewegung in Zungenpfeifen angewandt.

Fig. 6.

(Fig. 6) mit metallener , durchschlagender Zunge wurde dicht .hinter der Zunge durchbohrt und die so entstandenen Oeffnungen c durch zwei Planparallelgljiser f unter Beriick- sichtigung der oben erwahnten Vorsichtsmaassregeln ver- schlossen. In die Oeffnung g konnten verschiedene Ansatz- rohren eingesetzt werden. Der eine Lichtstrahl wurde dicht hinter dor Zunge durchgefuhrt, weil dort nach der Theorie das Maximum der Druckschwankung zu erwarten war. Diese Zungenpfeife ergab angeblasen den Ton (klein) c, dessen Hohe sich durch aufgesetzte Rohren und starkeres Anblasen sehr wenig Bnderte. Die Pfeife sprach bei einem Wasserdruck von 80 mm an.

Fig. Nr. 49 zeigt die Schwingungsform der Zungenpfeife hei dicsem Anblasedrucke? nachdem bei g ein kegelformiges

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Lu flschw ingungeu . 211

350 mm langes Papprohr I ankesetzt war. Nan si&t sofort den principisllen Unterschied zwischen der Luftbewegung in Floten- und Ztmgenpfeifen. Werden die ersteren schwach angeblasen, so zeigt ihre Luftbewegung sehr einfache Formen, welche fa& nur die Binusschwingung des Grundtmes ent- halten. Hochstens ist der Einfluss des zweiten oder dritten Partialtones noch eben bemerkbar. Hier sehen wir dagegen, dass schon bei schwachem Anblasen der zweite und fiidte Partialton deutlich 7hervortritt. Diese Sahwlngungsfoxm andert sich bei starkerem Anblasen nicht wesenthich.

Fig. Nr. 50 zeigt die Luftbewegung bei 100 mm Anblase- druck, Nr. 51 bei 180 mm. In dieser Figur sind die W e n schon bedeutend mehr zug-escharft. Das Ohr vernahm eine ganze Reihe hoher Obertone. Bei noch starkmem Anblawn zeigten sich die Curven Nr. 52 und 53.

Um sicher zu sein, dass die in dieser Pfeife gefundene Form der Luftbewegung nur durch die Luft- stosse und nicht etwa durch die Art der Zungenbewegung selbst hervor- gerufen seien, wwde die Zunge pho- tographirt wiihrend die Pfeife t8nte.

Zu diesem Zwecke waren die Pfeifenwbde nahe bei der Zunge mit zwei Glstsfenstern versehen, wlelche das Spiel der Zunge zu beobachten gestatteten. Es wurde an verschiedenen Stellen der Zunge y (Fig. 7) ein kleines Reitemhen c aus Papier geklebt, welches die in der Figur gezeichnete Form hatte. Die Schwingungen der immerhin schweren Metallzmge wurden hierdurch gar nicht beeinflusst. In der Ebene dimes Beiterchens wurde n u m e h r das reelle Bild s eines stark be- kmchteten Spalteo enkwosfen. Dieses Rild wurde mittels einer Lime auf eine rotirende Trommel projicirt , welche photo- grapbsches Parpier trug. l) Die so erhaltene Photggraphie der Zungenbewegung zeigte, dass die Zunge eine ganz .einfwhe

A Fig. 7.

1) Dieselbe Versuchsordnung war friiher zur Photographie der Saitenschwingungen (0. K r i g a r - M e n z e l u. A. $laps, 1. c.) angewandt worden. Man braucht sich nur an der Stelle der schwingenden Saite den horiaontalen Stag des Reiterehen6 c zu denken.

14*

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212 A. Raps.

pendelartige Schwingung ausfuhrt. Auch v. Helmhol tz I) hat die Bewegung einer tonendeii Zunge mit dem Vibrations- mikroskop untersucht und eine einfache Bewegungsform der- selben gefunden.

Bekanntlich ist die Grosse und Form des Aufsatzrohres einer Zungenpfeife von dem grossten Eiiiflusse auf die Art ihrer Luftbewegung, weil die Obertone verstarkt werden, welche dem Eigentone des Aufsatzrohres entsprechen. Um die Aen- derung verschiedener Ansatzrohren zu untersuchen, wurden mannichfach geformte Rohren auf die eben erwahnte Zungen- pfeife aufgesetzt. Es zeigte sich, dass die geringste hen- derung der Grosse sowohl wie der Form des Aufsatzrohres von ganz bedeutendem Einfluss auf die Art der Luftbewegungen war. So wurden die Fig. 54, 65, 56 und 57 von derselben Pfeife (bei einem Anblasedruck von 100, 110, 200 und 240 nim) erhalten, nachdem ein anderes kegelformiges Papprohr (von 960 mm Lange, 120 mm oberem, 15 mm unterem Durchmesser) aufgesetzt war.

Aus den bisher betrachteten Schwingungsformen geht her- vor, dass bei kegelfdrmigen Rohrer, sowohl gerade wie un- gerade Partialtone verstiirkt werden. Die Theorie der Luft- bewegung in Zungenpfeifen kommt zu einem hiermit iiberein- stimmenden Resultate, da sie zeigt, dass kegelforniige Rohren alle die Tone verstarken, fur welche die ganze Lange des Kegels (gerechnet bis zu seiner in Wirklichlieit nicht vor- handenen Spitze) ein Vielfaches der halben Wellenlange ist.

Ich habe auch den Einfluss cylindrischer Ansatzrohren untersucht uiid fur ein Glasrohr von 410 mm Lange und 26 mm Durchmesser die Fig. Nr. 58 und 59 (bei einem Sn- blasedrucke von 200 bez. 230 mm) gefunden. Der Einfluss des zweiten Partialtones ist in dieser Schwingungsform ganz bedeutend. Die Theorie der Zungenpfeifen verlangt ftir cylin- drische Ansatzrohren dagegen eine Verstarkung der ungeraden Partialtone. Bei diesen Versuchen ist jedoch eine sehr schwere Metallzunge verwandt worden, welche wegen ihrer grossen Masse den Schwingungen der Luft nicht willig folgt. Daher kann auch die Theorie der Luftbewegung in cylindrischen -~

1) v. H e l m h o l t z , Lchre voii ‘ronempfindungen. 4. Aufl. p. 166.

Page 21: Ueber Luftschwingungen

Luftschwinpngen. 213

Rohren auf den vorliegenden Fall nicht ohne iaeiteres angewandt werden.

Wurde die Ansatzrohre ganz entfernt, (30 konnten Druck- anderungen dicht bei der noch ganz vernehmbar tonenden Zunge nicht beobachtet werden.

Fig. Nr. 60, 61 und 62 zeigen noch die Luftbewegungen in anderen Zungenpfeifen. Bus diesen Figuiren kann man auf den ersten Blick ersehen , wieviel verwickelter und disconti- nuirlicher die Luftbewegung in Zungenpfeifen vor sich geht, als in Flotenpfeifen, selbst bei schwachem Anblasen.

Auch die Luftbewegung in einem kegelformigen Rohr, welches mit dem Munde angeblasen werden konnte, wurde untersucht.

Fig. Nr. 64 zeigt die Luftschwingung dler oben erwahnten langen Papprohre, die auf den zweiten Partialton angeblasen, die Tonhohe d hatte. Der Ton hatte grosse Aehnlichkeit mit dem des Waldhornes. Man erkennt sofort, class der Klang aus einer Reihe mit dem Quadrate ihrer Ordnungszahl an Sttirke abnehmender Partialtone zusammengesetzt jst.

Zu einem gleichen Resultate gelangte v. Helmholtz') auf synthetischem Wege; er fand den Klang einer Reihe har- monisch abgestimmter Gabeln dem des Waldhornes sehr ahulich.

Der bei vorliegender Untersuchung angewandte Inter- ferentialrefractor liess wegen der die beiden Spiegel ver- bindenden Grundplatte eine Untersuchung der Luftbewegung im Innern von Blasinstrumenten nicht zu. Durch eine ein- fache Umanderung des Refractors konnte *jedoch dieser Um- stand beseitigt werden und die Methode diirfte dann vielleicht ausreichen zur Entscheidung der Frage, welche und wie starke Obertone den Klang der verschiedenen Blasinstrumente be- dingen.

§ 4. Schallsohwingungen in freier Luft.

Nachdem sich die Methode auch bei Zungenpfeifen be- wahrt hatte, schien es wiinschenswerth, ziu untersuchen, ob sie auch die Art von Luftbewegungen wieder:gibt, welche durch

1) v. Helmholtz , 1. c.

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21 4 A. Raps.

unseren Hehlkopf hervorgerufen werden. Es wurden mannich- fache Versuche ausgefuhrt derart, dass in Raume von sehr verschiedener Gestalt und Voluaen hineingesungen und die Schwingungsform der Luft in diesen Raumen aufgezeichnet wurde. Dabei stellte sich jedoch heraus, dass die Form und Gr6sse dieser a u m e von bedeutendem Einfluss auf die Art der Schwingtlngen waren; demnach konnten auf diese Weise ejnwurfsfreie Resultate nicht erhalten werden. Es wurde daher, urn von allen Resonanzerscheinungen frei zu werden, versucht, die Schallbewegung in der freien Luft aufzuzeichnen.

Es war hierbei von vornherein zu fiirchten, dass die Interferenzstreifen durch den ward men Athem eine betrachtliche Ver- schiebung und Verwaschung erleiden wiirden. DieseVerschiebung ist jedoch, wie sich herawgestellt hat, auf die Re- sultate von keinem naclitheil4gen Ein- fluss. Bei manchen Schwingungsfiguren sieht man deutliche Abweichungen der Streifen von ihrer Ruhelage.

Dieseii verschobenen, jedoch vidiy scharfen Czirven ist die akustische Sch winguny superponirt.

Die Versuchsanordnung war die folgende: Ein Luftraum ab (Fig. 8)

wurde von einer Mktallrijhre c1 eingeschlossen , welche auf beiden Seiten die gliisernen Planparallelplatten d , e trug. l) Das Licbtbiindel I' des Interferentialrefrackors durchsetzte nun den eingeschlossenen Raum a b , das Biindel T' die freie Luft. Wuade nun in eiaigem Abstande von dem Interferentialrefractor ein Ton erne@ , so musste die Dichtigkeitsdifferenz zwischea der eingeschlossenen ruhenden und der tonenden Luft ein Auf- und Abbewegen der Streifen hervorrufen. Um einwurfs- freie Resultate zu erzielen, ist es eine nothwendige Fordernng, dass die in der Rijhre el eingeschlossene Luft an der Be- wegung der ausserhalb befindlichen tijnenden gar nicht theil- nimmt. Deshalb wurden die Wande des Metallrohres ziemlich

Fig. 8.

1) Die L h g e des Rohres cf betrug 15 em.

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Luftschw inguny en. 215

stark gewahhtt, sodass ein Mitttinen der eingeschlossenen Luft unmSglich war. Auch ist die durch die Stimme erregte Lnft- bewegung nicht sehr stark, wie die nachfolgenden Resultate zeigen. Zuniichst wurde die Schallbewegung in der freien Luft vor einem Sprachrohr untersucht, dessen Miindung 4-5 cm von dem Rohre c1 entfernt war. Es zeigte sich hierbei, dass die Luftbewegung hinreichend gross war, um schon gnnz deutliche Excursionen der Streifen zu ergeben. Hierauf wurde zu demselben Zwecke ein langes kegelformliges Papprohr mit tiefem Eigentone benutzt. SelbstverstPndlich konnten die in die Rohren gesungenen Vocale auf ihre Uebereinstimmnng lnit der Klangfarbe der frei gesungenen 'Vocale mittels des Ohres gepruft werden. Merkliche Unterschiede konnten mit dem Ohre Laum festgestellt werden; ich glaube, dass die Unterschiede lange nicht so gross waren, als diejenigen, welche hervortreten, wenn Vocale von verschiedenen Personen unter sonst gleichen Bedingungen gesungen werden. Dennoch zeigen die Schwinguogscurven Abweichungen voneinander, manchmal sogar recht erhebliche. Es ist daher von der Wiedergabe des sehr grossen, auf diese Weise erhaltenen Materials hier ab- gesehen worden, weil, wie gleich gezeigt laird, Schwingungs- curven erhalten werden konnten, welche auch von den Resonanz- einfiussen des Sprachrohres frei sind.

3 s ze@e sich namlich, dass die Luftbewegung, welche man durch ArqZges Singen von Yocalen in der Nahe des Licht- strahks E" erhalt, Schwinyungscurven hervorhiagen Rann, utelche noch manche Einzelheiten wiedergeben und in vielen Pallen einen Schluss auf die physikutiscAe Besdaffenheit des Yoeals zw muchen erlauhen.

In den Fig. 8, bis U, Taf. V I sind die Schwingungscurven fur die Vocale a, o und u angefuhrt. Urn die den*Vocalen e, i und ii eigenthumlichen Bewegungen wi(ederzugeben, ist die Empfindlichkeit der bis jetzt gewahlten Versuchsanordnung noch nicht gross genug; diese Empfindlichkeit lasst sich aber hochst wahrscheinlich mit besseren dpparaten in einer sptiter anzugebenden Art und Weise erreichen. Selbstverst'indlich sind die vorliegenden Curyen nocb nicht geeignet, eine auf mikrometrische Ausmessung gegriindete Zerlegnng in Partial- schwingungen zu erfahren. Bei manchen tritt jedoch ein

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216 A. Raps.

Oberton so charakteristisch hervor, dass man seine Periode dennoch mit genugender Sicherheit angeben kann. Diejenigen Einzelheiten aber, welche sich erkennen lassen, sind namentlich auch in Bezug auf eine sehr wahrheitsgetreue Wiedergabe der Intensitatsverhaltnisse bemerkenswerth.

Die Vocale mussten allerdings mit sehr starker, an- gestrengter Stimme gesungen werden , um brauchbare Ampli- tuden zu ergeben, und darf dieser Umstand nicht ausser Acht gelassen werden, wenn es sich um eine Vergleichung mit anderen Resultaten handelt.

Die Vocale wurden in A-dur und zwar von a (a der Normalstimmgabel = 435 Schwingungen) aufwarts bis e' und abwarts bis f i s oder gis gesungen; nur in diesen Lagen hatte meine Stimme die nothige Kraft.

Die Fig. A, bis A, zeigen die Luftbewegungen, welche durch Singen des Vocals a hervorgebracht werden. Fig. A, zeigt ausser dem Grundtone a den vierten Partialton besonders stark ausgepragt, also a", Fig. A, (auf h gesungen) den dritten Partialton also fis", Fig. A, (auf cis gesungen) gis", Fig. A, (auf d' gesungen) den Ton a", in Fig. A, lasst sich ein be- sonders charakteristischer Ton ohne genauere Zerlegung in Partialschwingungen nicht erkennen; Fig. A, (auf yis gesungen) lasst neben dem aufflackernden Grundtone den vierten Partial- ton gis" deutlich erkennen, ebenso Fig. A, (auf f is gesungen) den Ton fis", und Fig. A, (auf f gesungen) f ; schliesslich ist in Fig. A, (auf c' gesungen) der dritte Partialton g" deutlich vorherrschend. l)

Es ergibt sich hieraus also, dass derVocal a neben seinem Grundtone noch einen Oberton deutlich ausgepragt besitzt, dessen Tonh6he zwischen f " unit a" schwankt.

Die Fig. 0, und 0, geben die Schwingungsfiguren des Vocals 0 , Fig. 0, zeigt die Schwingung beim Singen dieses TTocals auf den Ton a; man erkennt deutlich funf kleine Zacken uber dem Grundtone, also den fiinften Partialton cis"', Fig. 0, (auf h gesungen) zeigt das Vorhandensein der Doppel- octave h". Die Fig. 0, bis 0, zeigen die Schwingungsformen,

1) In den verkleinerten Lichtdruckreproductionen sind die Einzel- heiten nicht rnehr so deutlich zu erkennen, wie in den Originalen.

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Luftschwingungen. 217

wenn der Vocal o nacheinander auf die Noten cis’, d’ und e‘ gesungen wird. Es sind hierbei die Obertiine (Doppeloctaven und Duodecime) cis”’, d”’ und h” deutlich ausgepragt. Dem- nach tritt bei lautem Singen des Vocals o ein Oberton heraus, dessen Tonhohe von W bis a“* liegt.

Die Schwingungscurven des Vocals u sind in den Fig. U, bis U, dargestellt. Auf a gesungen zeigt der Vocal u die Schwingungsform U,. Ueber dem Grundtone ist deutlich der dritte Partialton e“ gelagert. I n Fig. U, (a,uf h gesungen) ist die Octave h‘ deutlich, ebenso lagert die Octave cis’’ und d“ uber dem Grundtone in Fig. U, und U4 (u auf cis’ und d gesungen). Fig. U, lasst keine Einzelheiten erkennen, in Fig. V, (u auf gis gesungen) ist wiederum die Octave gis’ deutlich sichtbar. Eine nierkwurdige Curve zeigt u auf f i s gesungen; sie scheint aus zwei fast geradlinigen Strecken zu bestehen und ist durch eine aussergewohnlich grosse Amplitude aus- gezeichnet. Dies hat offenbar seinen Grund .in einer sehr starken Resonanz der Mundhohle auf den Ton fis. Einen hiermit sehr ubereinstimmenden Ton findet auch v. Helm- hol tz ,) fur die Resonanzhohe der Mundhohle bei der Angabe eines dumpfen u namlich f. Mit Ausnahme der Fig. U,, in welcher sehr viele Obertone vorhanden sind, treten beim Singen des Vocals u der Oberton g6s‘-e“ hervor.

Bus den hier vorliegenden Persuchsergebnissen geht’ hervor, dass die kraftig gesungenen Yocale a , o una! u einen besonders stark ausgepragten Oberton enthalten. Derselbe hat keine feste Ordnungszahl, sondern bei steigender Tonhohe sinkt seine Ordnungs- zahl. Der Ton ist auch nicht von absolut fester Tonhohe, sondern nimmt eine solche Hohe innerhalb eines getuissen Bereiches an; dass er harmonisch zum Grundton ist. Es zeigen zwar einige Vocalcurven periodische Veranderungen des Obertones und seiner Phase; dies durfte jedoch mehr dem Umstande zuzu- schreiben sein, dass meine nicht besonders geschulte Stimme die Klangfarbe des betreffenden Vocals schlecht festgehalten hat.

Die bisher erhaltenen Vocalcurven konnen noch keineswegs einen vollstandigen Einblick in die Natur der Vocalklange gewahren; sie sollen in erster Linie die Anwendbarkeit der

1) v. H e l m h o l t z , Lehre von den Tonempfindungen. 4. Aufl. p. 177.

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218 A. Raps.

vorliegenden Nethode auch fur so verwickelte Erscheinungen von Luftbewegungen darthun.

Die soeben angefiihrten Resultate , welche sich aus der Betrachtung der Vocalcurven ergaben , schliessen sich, soweit man aus denselben schon allgemeine Folgerungen ziehen will, sehr gut der von v. Helmholtz') ausgesprochenen An- sicht iiber die Vocalklange an. Nach v. He lmho l t z sind in der Klangmasse , welche der Kehlkopf erzeugt , eine grosse Anzahl yon Obertonen enthalten. Ton diesen Obertonen wird nun einer (oder mehrere) durch die Resonanz der Mundhohle besonders verstarkt, wahrend andere wiederum abgedampft werden. Die Mundhohle hat fur jeden Vocalklang eine be- stimmte Tonhohe starkster Resonanz und es wird eine Ver- stirkung desjenigen Obertones angenommen, welcher mit dem Eigentone der Mundhohle zusammenfallt oder ihm nahe kommt. Denn die Luft der Mundhohle, welche eine geringe Masse und Dichtigkeit besitzt, gibt ihre empfangene Bewegung durch die Mundoffnung sehr schnell an die aussere Luft ab. Ausserdem ist sie begrenzt durch W a d e , welche sehr unelastisch sind und vie1 innere Reibung besitzen; daclurch wird die Luft- bewegung noch schneller gedampft. Aus diesen Grunden kann aber die Mundhohle auch einen Ton, der nicht genau mit ihrem Eigentone zusammenfallt , sondern nur wahrend einiger Schwingungen mit demselben iibereinstimmend oscillirt , sehr erheblich verstarken. Die Resonanz kann ebenso stark sein, als wenn die beiden Tone genau dieselbe Tonhohe hatten. Daher konnen bei ein und clerselben Mundstellung Tone, welche in der Scala ziemlich weit auseinanderliegen, noch eine Ver- starkung erfahren.

Es kann also nach der Ansicht v. Helmhol tz ' der charakteristische Ton eines Vocals nicht ron absolut fester Tonhohe sein, weil es immer nur harmonische Obertone sind, welche verstarkt werden. Ebensowenig konnen aber auch die Vocale durch solche Partialtone charakterisirt werden, welche eine bestimmte Ordnungszahl haben, sondern es muss an- genommen werden, dass bei steigender Tonhohe des Kehltones

1) H. v. H e l m h o l t z , Lehre von den Tonenipfindungen. 4. Aufl. p. 168.

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Juftschw ingungen . 219

die Ordnungszahl der durch die Mundhohle verstarkten Ober- tone herabsinkt.

In diesen allgemeinen Gesichtspunkten bestatigen die vorliegenden Vocalcurven die Helmhol tz 'siche Ansicht voll- kmmen; nicht so gut stimmt die aus denselben entnommene Hbhe der charakteristischen Tone mit derjenigen uberein, welche v. He lmho l t z als Tone starkster Resonanz der Mund- hohle fur die einzelnen Vocale angibt. Diese sind nach v. He lmho l t z fur:

A-a"; O-b'; U - f (bis f ' ) .

H e r m a n n l) hat in seinen schonen photographischen Auf- nahmen der Schwingungen von Phonographenplatten fur den Vocal a den Ton err bis gis",. fur den Vocal 0 : cis'' bis e", fur den Vocal u: c" his e" (und einen zweiten Ton c' bis e') als charakteristisch gefunden.

Die in dieser Arbeit auseinandergesetzte Methode ist noch einer bedeutenden Verfeinerung fahig und die Amplituden der Curven lassen sich dann hochst wahrscheinlich so vergrossern, dass eine genaue analytische Zerlegung

Man kann namlich (nach dem Vorgange von F a r a d a y und Topler ) den Lichtstqahl mehr- fach durch den zu untersuchenden Raum durch- refiectiren und so die optische Weglange bedeu- tend vergrossern. Die Versuchsanordnung ist dann die folgende: Die beiden Planparallelplatten b b' (Fig. 9) sind an ihren Innenflachen versilbert und ist die Versilberung an den Stellen dd' umd ee' weggenommen, sodass die Lichtbundel ungehindert durchgehen konnen. Bei geeigneter Lage der Platten und passendem Ein- fallswinkel der Lichtbundel wird nun jeder der beiden Strahlen 3, 5. . . ma1 durch den Luftraum reflectirt vverden. Hierdurch wird selbstverstandlich die Excursion der St,reifen bei gleicher Dichtigkeitsdifferenz der durchstrahlten Luftraume 3, 5 . . . ma1 so gross, wie bei einmaliger Durchstrahlung, bez. wird bei gleich grosser Excursion der Streifen die Scharfe bedeutend

moglich wird. b

6'

Fig. '*

1) Her m a n n , Phonophotographische Untersiichungen, P fluger's Archiv Fur Physiologie. 63. p. 1.

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grosser werden. Bei einer gedackten Pfeife wurde eine der- artige Anordnung getroffen ; es wurden noch Streifenbilder erhalten, welche zum Photographiren hinreichend hell und deutlich waren. Fig. R, bis R, (Taf. VI) gibt solche an.

Es wurden auch Untersuchungen uber die objective Existenz der Combinationstone im freien Luflxaume angestellt ; hierfur zeigte sich jedoch die bisher angewandte Empfindlichkeit noch nicht gross genug; dahin zielende Versuche miissen bis spater aufgehoben werden.

Schliesslich will ich noch bemerken, dass die hier be- schriebene Methode eine einwurfsfreie Messung der objectiven Schallstarken gestattet ; auch hierbei lassen sich fruchtbare Resultate erst bei Anwendung einer hinreichenden Empfind- lichkeit erwarten.

Da die Einstellung schon bei einer einmaligen Ilurch- strahlung recht schwierig und miihselig ist, wenn der Refractor nicht ausgezeichnete Platten besitzt, so wird sie dies noch vielmehr bei mehrfachen Reflexionen, und es muss daher ein moglichst vollkommener Interferentialrefractor 1) verwendet werden, wenn die vorhin beschriebene Verfeinerung der Methode wirklich angewandt werden soll; dann freilich diirfte die Methode im Stande sein, noch iiber manche hyclrodynamische und akusti- sche Frage Aufschluss. zu geben.

Be r l in , Physik. Inst. der Univ., Weihnachten 1892.

1) HSchst wahrscheinlich sind die Conatructionen von Z e h n d e r oder Michelson fur diesen Zweck sehr geeignet.

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