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131 2. Ueber Methintrithioglycolsaure ; von Bror Holmberg. Da Aldehyde und Ketone sehr leicht rnit Thioglycolstiure reagiren unter Austritt von Wasser, lag es nahe, auch Ameisen- saure daraufhin zu untersuchen. Wenn wasserfreie Ameisen- saure und im Vacuum destillirte Thioglycolsaure gemischt wur- den, trat keine Reaction ein, aber Zusatz von wasserfreiem Chlorzink, trocknem Chlorwasserstoff oder concentrirter Schwefel- saure rief sofort Condensation hervor. Dabei reagirt ein Mol. Ameisensilure mit drei Mol. Thioglycolsiiure unter Bildung von Metl~intrithioglycolsaure und Wasser, gemass der Gleichung : 3HOCOCH,SH + HOC0.H = 2H,O f (HOCOCH,S), 1 CH. Die Metliintrithioglycolsaure, die noch nicht dargestellt worden war, wurde etwas naher unteraucht, rind es wurde auch versucht, durch Condensation von Thioglycolsaure mit Ameisen- saureathylester und mit Formamid einige verwandte Sauren zu erhalten. Hierbei trat jedoch Alkohol-, resp. Ammoniakabspal- tung ein , so dass auch hier Methintrithioglycolsaure entstand. Condensution von Thioglycolsuure mil Ameisensaure. M e n s a t i o n mil wusserfreiem Chlorzink. Eine Mischung von 5 g wasserfreier Ameisensaure und 28 g Thioglycolsaure wurde mit 15 g pulverisirtem, wasserfreiem Chlorzink versetzt. Das Chlorzink loste sich grosstentheils auf und die Reaction be- 9"

Ueber Methintrithioglycolsäure

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2. Ueber Methintrithioglycolsaure ; von Bror Holmberg.

Da Aldehyde und Ketone sehr leicht rnit Thioglycolstiure reagiren unter Austritt von Wasser, lag es nahe, auch Ameisen- saure daraufhin zu untersuchen. Wenn wasserfreie Ameisen- saure und im Vacuum destillirte Thioglycolsaure gemischt wur- den, trat keine Reaction ein, aber Zusatz von wasserfreiem Chlorzink, trocknem Chlorwasserstoff oder concentrirter Schwefel- saure rief sofort Condensation hervor. Dabei reagirt ein Mol. Ameisensilure mit drei Mol. Thioglycolsiiure unter Bildung von Metl~intrithioglycolsaure und Wasser, gemass der Gleichung :

3HOCOCH,SH + HOC0.H = 2H,O f (HOCOCH,S), 1 CH.

Die Metliintrithioglycolsaure, die noch nicht dargestellt worden war, wurde etwas naher unteraucht, rind es wurde auch versucht, durch Condensation von Thioglycolsaure mit Ameisen- saureathylester und mit Formamid einige verwandte Sauren zu erhalten. Hierbei trat jedoch Alkohol-, resp. Ammoniakabspal- tung ein , so dass auch hier Methintrithioglycolsaure entstand.

Condensution von Thioglycolsuure mil Ameisensaure.

M e n s a t i o n mil wusserfreiem Chlorzink. Eine Mischung von 5 g wasserfreier Ameisensaure und 28 g Thioglycolsaure wurde mit 15 g pulverisirtem, wasserfreiem Chlorzink versetzt. Das Chlorzink loste sich grosstentheils auf und die Reaction be-

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132 1~ b e r g , Ueber Methintvithioglycolsaure.

gann sogleich unter Warmeentwickelung. Nach einigen Minuten erstarrte das gauze Gemisch zu einem weissen Krystallbrei, der hier und da in der Nachbarschaft von nicht gelosten, ltleinen Zinkchloridstuckchen rothlich gefarbt war. Nach dem Erkalten wurde das Gemisch mit 100-150 ccm heissem Wasser be- handelt, wobei eine farblose , fast vollig Itlare Losung erhalten wurde. Beim Erkalten krystallisirte die Nethintrithioglycolsaure in kleinen, weissen Bliittchen aus. Ausbeute 2Y g = 80 pC. der Theorie. Die Saure ist schwer loslich in kaltem Wasser, aber sehr Icicht loslich in warmem, so dass sie leicht daraus krystallisirt werden kann. Indessen erhiilt man immer eine etwas trlibe Losung, aber beim Krystallisiren wird die die Trubung verursachende Verunreinigung von den Krystallen mit- gerissen, wahrend die Mutterhuge vollig klar ist. Durch Kry- stallisation aus Eisessig oder aus einem Gemisch von Alkohol und Benzol (etwa 1 : 5 ) kann man eine Saure erhalten, die sich anfangs klar in Wasser lost, aber bald wird auch diese Losuog opalisirend. Es scheiut also, dass eine Zersetzung der Saurc durch das Wasser verursacht wird, aber es ist nicht moglich gewesen , die Art dieser Zersetzung aufzuklaren, denn Zer- sctzungsproducte konnten weder isolirt , noch qualitativ aufge- funden werden. Uebrigens zeigen die Analysen, dass die Zer- setzung ausserst unbedeutend sein muss, wenn auch vielleicht die Resultate der Bestimmungen des elektrischen Leitvermogens hierdurch erklart werden. Auch die durch Condensation mit Chlorwasserstoff oder concentrirter Schwefelsaure erhaltene Skure verhielt sich in derselben Weise. Za den Analysen diente eine Substanz, die erst zweirnal aus Wasser, dann aus Eisessig und schliesslich wieder aus Wasser ltrystallisirt worden war. Die Saure schmolz bei 173O zu einer milchigen Flussigkeit; in dieser fand Gasentwickelung statt, wobei sie vollig klar wurde. Each dem Erstarren schmolz sie wieder bci 171--172O, aber jetzt direct zu einer klaren Flossigkeit.

0,3787 g gaben 0,4039 CO, und 0,1181 H,O. 0,1902 g (Verbrennung nach Klasonj 0,4666 HaSO,.

Holm b e r g , Ueber Nethintrithioglyeolsaure. 133

Berechnet c 29,34 H 3,52 S 33,60

Gefunden 29,332 3,j.L

33,68

Melekulargewichtsbestimmungen wurden in Aceton ausgefiihrt. Acetou Substanz Siedepunkts- Molekulargewiclit in g in g erhohung gefunden berechnet 14,iO 0,3283 0,134' 287 286

- 14,iO 0,5082 0,2120 "81

0,3604 g Siiure neutralisirten 3 6 3 ccm 0,1094 n-Satronlauge (Phenolphtalein).

Berechne t Gefunden Aeqgew. 95,4 95,4

Condensation mit Chlorwasserstoff. Ein Gemisch von Thio- glycolsaure und wasserfreier Ameisensiiure in denselben Pro- portionen wie oben wurde unter guter Kiihlung mit trocknem Chlorwasserstoff gesattigt. Wenn Krystalle sich abzuscheiden begannen, wurde die Gaseinleitung abgebrochen und der Kolben aus dem Kaltegemisch herausgenommen. Unter Warmeentwicke- luug erstarrte daun der Inhalt zu einem weissen Erystallbrei von MettiintrithioglycoIsaure. Ausbeute 70 pC. der Theorie. Die Saure schmilzt bei 172O unter Gasentwickelung.

0.3262 g Slure neutralisirten 31,22 ccrn 0,1094 n-Xatronlsuge.

Berechnet Gefunden Aeqgew. 95,4 95,5

Condensation mit concentrirter Schwefelsuure. Ein Ge- misch von 5 g Ameisensaure und 28 g Thioglycolslure wurde mit I 0 g concentrirter Schwefelsaure versetzt. Die Reaction trat sogleich ein unter Warmeentwickelung und gleichzeitiger Entwickelung von schwefliger Saure. Die Schwefelsaure rief also auch irgend eine audere Reaction hervor und die Ausbeute an Methintrithioglycolsaure war nur 10 g . Bchmelzp. 1 i s o u II ter Gasentwickel ung.

0,2566 g SLure neutralisirten 24,43 ccm 0,1094 n-Natronlauge. Berechnct Gefunden

Aeqgew. 95,4 96,O

134 Ho 1 na b erg , Ueber Metl~intrithiogl?lcolsuure.

Wie schon oben gesagt, krystallisirt die Siiure aus Wasser in dtinnen, blendend weissen Blattchen. Sie liist sich leicht in Aceton und auch in Alkohol, schwerer in Aether, Eisessig und Wasser. Die Loslichkeit in Wasser wurde durch Titriren abgemessener Volumen bei + 2 5 0 gestittigter Losung mit 0,1094 n-Natronlauge bestimmt.

10,OO ccm Losung neutralisirten 10,3L crm, entspr. 0,1128 normal = 10,76 g Slnre in 1000 ccm.

10’00 ccrn Losung neiitralisirten 10,33 ccnl , eutspr. 0,10,30 normal = 10,78 g Slure in 1000 ccm.

Das Leitvermogen fur Elektricitat wurde in tiblicher Weise bestimmt. Zu der ersten der angefuhrten Serien wurde durch Condensation mit Chlorzink, zu der zweiten mit Chlorwasser- stoff bereitete Saure verwendet. Wie ersichtlich wachst der Affinitiitscoefficient etwas zu schnell. Ob dies auf den oben erwahnten Verhaltnissen oder auf einer frah eintretenden secundaren Dissociation beruht, muss unentschieden gelassen werden. v bedeutet die Verdunnung in Liter, EL das moleku-

lare Leitvermogen in m den Dissociatiousgrad und cm Ohm’

m2 c~(1 -m) K = 100 - - den AffinitAtscoEfficienten; poo = 375.

t’ Ec 100 m K 32 58,50 15,6 0,090 64 81,33 21,7 0,094

128 11 3,2 30,3 0,102 256 155,l 41,4 0,113

V P 100 m K 32 5836 l5,7 0,09 1

128 112,s 30, L 0,101 256 153,O 40,8 0,109

512 210,6 56,2 0,140

64 81,41 21,7 0,094

512 209,O 55,7 0,137

Die Sake der Methintrithioglycolsaure sind wenig charak- teristisch. Es wurde versucht, das primlre Natriumsalz aus

Ho 1 m b erg, Ueber Netiiintrithioglycolsaure. 135

Saure und Soda in berechneter Menge darzustellen, aber beim Erkalten der Losung schicd sich nur reine Saure ab. 1,ijsungen von den secundaren und den tertiaren Salzen trocknen in Exsiccator zu glasigen Massen ein. Werden ihre hin- reichend concentrirten Losungen mit Alkobol versetzt, so er- halt man die Salze als krystallinische, an feuctter Luft hygro- skopische Pulver.

Das neutrale Calciumsalz wurde durch Neutralisation der Saure mit Calciumcarbonat dargestellt. Es ist leicht loslich in Wasser und scheidet sich daraus in kleinen, weissen Krystall- aggregaten ab. Lufttrocken ist es nach der Formel

Ca,[(OCOCH,S), i CHI, + 6 G O

zusammengesetzt. 0,3650 g gaben 0,1859 CaSO,. 0,3663 g 0,1871 CaSO,. 0,2799 g ,, nach Verbrennung 0,0800 H,O.

Berechnet Gehnden Ca 15,14 15,Ol 15,05 A 3,29 3,20 -

Das Bleisalz, Pb,[(OCOCW2S), :CHI,, ist sehr schwer Ios- lich in Wasser und scheidet sich als feinkornige, weisse Fsllung ab, wenn eine Liisung von Bleiacetat mit einer Losung von mit Soda neutralisirter Stiure versetzt wird.

0,2427 g gaben 0,1862 PbSO,. Berechnet Gefunden

I’b 52,28 52,39

Der Aethylester wurde durch langes Erhitzen einer mit etwas concentrirter Schwefelsaure versetzten Losung der Siiure in absolutem Alkohol dargestellt. Beim Fallen mit Wasser schied e r sich als farbloses Oel ab. Da er nicht krystallisirt erhaltcn werden konnte und eine Destillation aussichtslos schien, wurde e r nicht naher untersucht.

Zersetzung der Saure. Bei Yersuchen, die Stiure durch Hydrolyse wiedw in ihre Componenten zu zerlegen, erwies sie sich als ziemlich bestandig. Beim Erwarmen auf siedendem

136 H o l m b e r g , Ueber ~ethintrithioglycolsuure.

Wasserbade in neutraler oder sctiwach saurer Losung konnte keine Zersetzung wabrgenommen werden. Dagegen wurde sie langsam in heissen, alkalischen Losungen hydrolysirt, uud nach Erhitzen mit concentrirter Salzsaure wabrend einiger Stunden war sie vollstandig zerlegt worden. Einmal wurde die Saure mit iiberschiissigem Natriumalkoholat in absoluter alkoholischer Losung wabrend sechs Stunden erhitzt, ohne dass dabei eine Zersetzund stattfand.

Oxyohtion der Saure. 5 g SLure wurden in etwa 50 ccrn Wasser theilweise gelost, tbeilweise aufgrscblanimt. Unter Kiihlung mit Eis wurde Brom langsam zugetropfelt. Jeder Tropfen wurde sogleich entfiirbt unter schwacher KohlensLure- entwickelung. Nach Zusatz von 27 g Brom trat keiue Ent- farbung mehr ein. Alle feste Saure war jetzt vkrschwuiiden und die Losung war fast vollig klar gi*wortleii. Die Losung wurde auf dem Wasserbade eingeduiistt*t, der Riickstand in Wasser gelost und wieder eingedunster, bis a1lt.r Uromwasser- stoff entfernt worden war. Dann wurtie der dickfltissige Riick- stand in Aceton gelost und durch Uebertiihrung in das saure Anilinsalz als Sulfoessigsuure identificirt. Dieses Salz wurde erhalten, wenn Anilin in kleinen Tropfen zu der Acetonlosung hinzugefilgt wurde. Es schied sich in kleinen, weissen Blfitt- chen ab und wurde aus absolutem Alkohol umkrystallisirt l).

Schmelzp. 185'.

0,2627 g neutralisirten 19,40 ccm 0,1094 n -Natronlauge (Phenol- phtale'in).

'/? (HOCOCH~.S020H,H,NCBH5) Berechnet fur Gefunden

Aeqgew. 117 I19

Die Oxydation verlauft also nach der Gleichung

(HOCOCB,S), i CH f 20Br f 11 H,O =

3HOCOCH,SO,OH + CO, + 20HBr.

') S t i l l i c h , Journ. f. pract. Chem. p2] 14, 53.

H o l m b e r g , Ueber lklethintrithioglgcolsaure. 137

Diese Gleichung erfordert 27 g Brom zu 5 g Saure, welche Menge j a auch thatsachlich verbraucht wurde.

Condensation von Thioglycolsaure mit Ameisensaureathylester.

Das Gemisch von 19 g Thioglycolsaure (== Mol.) und 8 g Ameisensaureathylester (= lll0 Mol.) wurde mit trocknem Chlorwasserstoffgas gesattigt. Nach vier Tagen wurde dss jetzt sehr dickfliissige Gemisch rnit kaltem Wasser behandelt. Dabei schied sich ein farbloses 001 ab, das schwerer als Wasser war. ( Ameisensaureathylester ist specifisch leichter als Wasser.) Das iiberstehende Wasser gab starke Thioglycolsaurereaction. Das Oel wurde mit verdiinnter Kalilauge behandelt, wobei es sich zum grossten Theile loste. Das Nichtlosliche wurde durch Er- hitzen mit Salzslure verseift, wonach Thioglycolsaure gefunden werden konnte. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass es auch Ester der Methintrithioglycolsaure enthalten konnte, denn diese Saure wird j a von heisser Salzsaure zu Thioglycolsaure und Ameisensaure hydrolysirt. Die mit Kalilauge erhaltene Losung wnrde mit Schwefelslure angesauert , wobei Methintri- thioglycolsiiure auskrystallisirte. Schmelzp. 173O unter Gas- en twickelung.

0,1391 g gaben 0,3398 BaSOd. Berechnet Gefundeii

S 33,60 33,54

0,1611 g Siiure neutralisirten 17,17 ccm 0,0978 n-Baryt. Berechnet Gefunden

Aeqgew. 95,4 95,9

In derselben Weise, aber vie1 langsamer und unvollstln- diger, verlief die Reaction bei Verwendung von Zinkchlorid als Condensationsmittel.

Condensation von Thioglycolsaure wit Formamid.

20 g Thioglycolsaure und 5 g Formamid wurden gemischt. Unter Kiihlung wurde trocknes Chlorwasserstoffgas bis znr Sattigung eingeleitet. Das Gemisch erstarrte dann allmahlich

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zu einer weissen Krystallmasse. Diese wurde in heissem Wasser gelost und beim Erkalten krystallisirte Methintrithioglycolsaure heraus. Schmelzp. 172- J 730 untcr Gasentwickelung.

H o 1 rn b e r g , Ueber ~ethilztritliioglycolsli'ure.

0,2141 g Slure neutralisirten 20,26 ccm 0,1094 n-Natronlauge.

Zlerechnet Gefunden Aeqgew. 95,4 36,6

Die Mutterlauge gab starke Thioglycolslurereaction ; bei freiwilligem Verdunsten krystallirte fast reiner Salmiak aus.

Bei Verwendung von Zinkclilorid als Condensationsmittel wurde auch Methintrithioglycolslure erhalten, aber zu gleicher Zeit entstand eine in Wasscr unlosliche Substanz. Diese wurde von Schwefelsaure in Zinksulfat und Thioglycolsaure zerlegt. Sie bestand also aus einem Zinksalz der Thioglycolsaure, das natiirlich dem freigemachten Ammoniak seine Bildung verdankte.

(Geschlossen den 28. Nlrx 1907.)

Ruchdruckerei . J u l i u s K l i n k h a r d t , Leipzig.