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Uber Quecksilber(ll)-imino-halogenide, [H~~(NR)~IXI HgX3 *> Von ALWIN MEUWSEN und GUNTHER WEISS~) Inhalt sub ersicht Nach der schon von GUTSCHE~) benutzten Umsetzung 3 HgO + HgX, + 2 RNH,X + 2 Hg,(NR)X, + 3 H,O wurden eine Reihe yon Quecksilber(I1)-imino-Verbindungen gewonnen, in denen X = C1 oder Br und R = H, C2H,, OC,H,, C,H, und Co. NH, ist. Das Verhalten dieser Ver- bindungen gegenuber Wasser und wlfirigen Losungen yon Ammoniak bzw. Ammonium- salz wurde gepruft. SchlieBlich wurde die Reaktionsfolge, die zur angefuhrten Summen- gleichung fiihrt, gekllrt. Fur die Chemie des Quecksilbers sind die Hg-N-Verbindungen charakteristisch, wie sie in Gestalt der langst bekannten beiden Pra- zipitate Hg(NH,),Cl, und HgNH,Cl, ferner den Salzen der Base von MILLON wie Hg,NCI, H,O schon von jeher eine Sonderstellung ein- nahmen. Ihre Konstitution konnte jedoch erst in letzter Zeit durch rontgenographische Untersuchungen3) als durch Hg substituierte NH,- Salze geklart werden. Zu diesen Hg-N-Verbindungen tritt noch als Einzelganger HN(HgBr),, das erstmals 1910 von WIDMAN 4, nach HgBr, + 3 HgNH,Br + 2 HN(HgBr), + NH,Br als lichtempfindliche Verbindung gewonnen und 1952 von RUDORFF und BRODERSEN aus gesattigter HgBr,- und 0,l n NH,-LKsung, die *) Herrn Prof. MARTIN LINRARD zum 60. Geburtstage am 17. Februar 1957 ge- l) Dissertation G. WEISS, Erlangen 1956. 2) Dissertation H. GUTSCHE, Erlangen 1954. widmet. C. H. MACGILLAVRY u. J. M. BIJVOET, Z. Kristallogr. Mineralog. Petrogr., Abt.A 94, 240 (1936); W. N. LIPSCOMB, Acta crystallogr. [London] 4, 156 u. 266 (1951); W. RUDORFF u. K. BRODERSEN, Z. anorg. allg. Chem. 270, 145 (1952); W. RUDORFF u. K. BRODERSEN, Z. anorg. allg. Chem. 274, 323 (1953). 4, R. WIDMAN, Z. anorg. Chem. 68, 20 (1910).

Über Quecksilber(II)-imino-halogenide, [Hg3(NR)2]X, HgX3

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Page 1: Über Quecksilber(II)-imino-halogenide, [Hg3(NR)2]X, HgX3

Uber Quecksilber(ll)-imino-halogenide, [ H ~ ~ ( N R ) ~ I X I HgX3 *>

Von ALWIN MEUWSEN und GUNTHER WEISS~)

Inhalt sub ersicht Nach der schon von GUTSCHE~) benutzten Umsetzung

3 HgO + HgX, + 2 RNH,X + 2 Hg,(NR)X, + 3 H,O

wurden eine Reihe yon Quecksilber(I1)-imino-Verbindungen gewonnen, in denen X = C1 oder Br und R = H, C2H,, OC,H,, C,H, und Co. NH, ist. Das Verhalten dieser Ver- bindungen gegenuber Wasser und wlfirigen Losungen yon Ammoniak bzw. Ammonium- salz wurde gepruft. SchlieBlich wurde die Reaktionsfolge, die zur angefuhrten Summen- gleichung fiihrt, gekllrt.

Fur die Chemie des Quecksilbers sind die Hg-N-Verbindungen charakteristisch, wie sie in Gestalt der langst bekannten beiden Pra- zipitate Hg(NH,),Cl, und HgNH,Cl, ferner den Salzen der Base von MILLON wie Hg,NCI, H,O schon von jeher eine Sonderstellung ein- nahmen. Ihre Konstitution konnte jedoch erst in letzter Zeit durch rontgenographische Untersuchungen3) als durch Hg substituierte NH,- Salze geklart werden.

Zu diesen Hg-N-Verbindungen tritt noch als Einzelganger HN(HgBr),, das erstmals 1910 von WIDMAN 4, nach

HgBr, + 3 HgNH,Br + 2 HN(HgBr), + NH,Br

als lichtempfindliche Verbindung gewonnen und 1952 von RUDORFF und BRODERSEN aus gesattigter HgBr,- und 0 , l n NH,-LKsung, die

*) Herrn Prof. MARTIN LINRARD zum 60. Geburtstage am 17. Februar 1957 ge-

l) Dissertation G. WEISS, Erlangen 1956. 2) Dissertation H. GUTSCHE, Erlangen 1954.

widmet.

C. H. MACGILLAVRY u. J. M. BIJVOET, Z. Kristallogr. Mineralog. Petrogr., Abt.A 94, 240 (1936); W. N. LIPSCOMB, Acta crystallogr. [London] 4, 156 u. 266 (1951); W. RUDORFF u. K. BRODERSEN, Z. anorg. allg. Chem. 270, 145 (1952); W. RUDORFF u. K. BRODERSEN, Z. anorg. allg. Chem. 274, 323 (1953).

4, R. WIDMAN, Z. anorg. Chem. 68, 20 (1910).

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G Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 289. 1957

0,02 n an NH,Br war, erhalten worden ist:

2 HgBr, + 3 NH, + Hg,(NH)Br, + 2 NH,Br.

Die von ihnen auf rdntgenographischem Wege durchgefuhrte Strukturuntersuchung zeigte, dalj hier Hg-Atome und NH-Gruppen ein gewelltes Sechsecknetz bilden, wobei die NH-Gruppen die Ecken besetzen und die Hg-Atome auf den Sechseckkanten liegen. Jedes Hg- Atom ist an zwei NH-Gruppen gebunden und jede NH-Gruppe ist von 3 Hg-Atomen umgeben. In den Sechseckmitten befindet sich je ein Br-, zwischen den einzelnen Sechseckebenen sind HgBr3-Gruppen eingebaut. Das Ergebnis dieser Untersuchung,) fuhrte beim Queck- silber(I1) -imino-bromid zur Formel [Hg,(NH),] Br, HgBr,.

Bereits 1954 wurde von GUTSCHE 6 , eine analoge Chlorverbindung mit Athylimino-Gruppen erhalten :

2 HgCI, + 3 C,€IsNH, -+ Hg,(NCZHJCl, + 2 (CZHSNHJCI oder

HgO + HgC1, + C,H,NH, + Hg,(NC,H,)Cl, + H,O.

Es gelang ihm auch das nicht substituierte Hg(I1)-irnino-chlorid zu gewinnen und zwar auf einem Wege, der wie im Versuchsteil be- schrieben, zur Darstellung einer ganzen Reihe analoger Verbindungen beschritten werden kann :

3 HgO + HgX, + 2 (RNH,)X + 2 Hg,(NI()X, + 3 H,O.

Hiernach wurden die entsprechenden Verbindungen mit X = C1 oder Br, mit R = H, C,H,, C,H,O, CO . NH, und C,H, erhalten.

Es sind dies durchweg fein verteilte, farblose oder grunlich- bis tief- gelbe Pulver, die unloslich in organischen Solventien sind, von heiljer 2 n HC1 leicht gelost werden. Auch K J oder KCN bewirken glatte Auf- losung. Erhitzt man Hg,(NC,H,)Cl,, so entsteht bei 180-200" und etwa 15 Torr ein aus fast reinem Hg,CI, bestehendes Sublimat. Die Athoxyl-Verbindungen zersetzen sich bei 150 O an der Luft unter schwa- chem Aufflammen, wobei wiederum Hg,X, zuruckbleibt. - Die Licht- empfindlichkeit der Hg(I1)-imino-verbindungen ist bei den Bromiden groI3er als bei den entsprechenden Chloriden ; sie ist besonders beim zitronengelben Hg,(NC,H,)Br, ausgepragt, das im Sonnenlicht schon nach wenigen Minuten graubraun wird. Dabei andert das hellgelbe Hg,(NOC,H,)Cl, seine Farbe kaum, auch nicht im Laufe einer Stunde.

5, K. BRODERSEN u. W. RUDORFF, Z. Naturforschg. 9b, 164 (1954). E, Dissertation H. GUTSCHE, Erlangen 1954.

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A. MEUWSEN u. G. WEISS, Uber Quecksilber(I1)-imino-halogenide 7

Hg,NHCl, und Hg,NHBr, stehen hinsichtlich Lichtempfindlichkeit vor den Phenyl-Verbindungen.

In chemischer Beziehung wurde das Verhalten der Verbindungs- klasse gegen Wasser und waljrige Losungen \-on Ainmoniak bzw. Am- moniumsalz genauer verfolgt. Die Tab. I vermittelt einige Zahlen- werte. Gegeniiber Wasser sind die Phenylverbindungen am bestandigsten ; Hg,(NC,H,)Cl, wird anscheinend auch nicht von siedendem Wasser an- gegriffen. Das analoge Bromid, ebenso die dthoxylverbindungen sind nur gegenuber kaltem Wasser noch relativ haltbar. Bemerkenswert ist das Verhalten der dthylderivate. Zwar gelingt es noch, Hg,(NC,H,)C12 innerhalb 2 Stunden bei etwa 50-60" darzustellen. Das entsprechende

0,2 n NH, ' Tabelle 1

Verha l ten yon Quecks i lbe r ( I1 ) - imino-ha logen iden

R . NHJ Berechnete ' H,O usammensetzg.

%

Hg 82,4 C1 14,6

Hg 69,7 Br 27,7

Hg 77,9 C1 13,s

Hg 66,4 Br 26,5

Hg 71,2 C1 12,4

Hg 61,5 Br 24,5

kalt, ' hei8 2 mmo1/100 ml - 83,3 12,7

69,7 27,9

78,2 12,5

67,3 23,O

84,6a) 12,2

75,79 20,8

79,2e) 9,5

70,1d) 20,3

- 70,6C) -

61,7 63,6e) 24.6 1 21.0

[olverhaltni: 1 : l O

85,6 7,7

76,7 19,3

86,2 7 3

79,l 16,2

74,6 7,1

70,2 21,5

Hg 75,5 1 7 5 , 7 79,2') 86,l C1 13,4 1 13,9 , 12,l 1 7,s

Hg 64,7 I 64,9 69,7f) I 78,9 Br 25,s I 26,2 21,2 i 16,O

1

[olverhaltnis 1:3

83,3 13,3

68,3 29,l

77,8 9,9

67,l 23,6

68,l 14,4

55,9 27,9

-

Reaktionsbedingungen: a) 4 h bei 85'; d) 2 h bei 85"; b) 5 h bei 90"; e) 3,5h bei 90"; c) 3 h bei 80"; f ) 2 h bei 90'.

Sonst stets 2 h bei Raumtemperatur mechanisch geschuttelt. - Das VerhaIten gegenuber 0,2 n NH, bzw. RNH,X wurde mit angegebenen Molverhaltnissen in jeweils 50 ml Fliissig- keit gepruft.

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8 Zeitschrift fur nnorganische und allgemeine Chemie. Band 289. 1957

Bromid ist jedoch nur bei Raumtemperatur zu gewinnen, wobei die Reaktionszeit etwa 14 Tage betragt. Versucht man sie durch Erwarmung abzukurzen, so entstehen schon in 1-2 Minuten farblose Substanzen, deren Hg- und Br-Gehalt gut der Formel [Hg,(NC,H,),]OH, HgBr, en ts prich t .

Die Behandlung mit kaltem wafirigem NH, verursachte bei allen Verbindungen Ansteigen des Hg- und Fallen des C1-Gehalts. Dabei wurden Hg,(NH)Cl, und Hg,(NH)Br,, letzteres schwieriger, in Salze der MILLomchen Base uberfiihrt.

Hg,(iXH)X, + NH, + Hg,NX + NH,X.

Laat man waigrige Losungen von NH: einwirken, so uberlagern sich zwei Effekte, namlich Hydrolyse durch Wasser und die Bildung von Hg(NH,R)X,; diese Reaktion uberwiegt bei den Phenylderivaten.

Bei Herstellung der Quecksilber(I1)-imino-Verbindungen gemalS

3 HgO + HgX, + 2 (RNHJX + 2 Hg,(NR)X, + 3 H,O

gelang es nicht, die Reaktionszeit durch Erhohung von [HgX,I2- abzu- kurzen, wohl aber, wenn die Konzentration des verwandten (RNH,)+ vermehrt wurde. Dies spricht dafur, dafi in diesen Imino-Verbindungen nicht HgX2,- vorha,nden und ferner, da13 sie ebenfalls als durch Queck- silber substituierte Ammoniumsalze aufzufassen sind. Die erfolglosen Versuche, zwei Halogenatome etwa durch Sulfat auszutauschen, zeigen, daB die Halogenatome kaum gleichartig gebunden im Hg,(KR) X, vor- liegen, sondern entsprechend der von BRODERSEN und RUDORFF auf- gestellten Strukturformel [Hg,(NH),]Br, HgBr,. Auch die Unmoglich- keit, etwa aus 2 HgO und NH,HgCl, ein hypothetisches N(HgCl), zu gewinnen, spricht gegen die alte von WIDMAN gebrauchte HN(HgX),- Formel.

Es war noch zu klaren, uber welche Stufen der Gesamtumsatz

3 HgO + HgX, + 2 NH4X + [Hg,(NH),]X, HgX, + 3 H,O

sich abspielt. Dazu wurden an sich mogliche Teilvorgange experimentell gepruft. Folgender Primarvorgang erschien naheliegend :

2 HgO + 2 NH4X -+ 2 HgNH,X + 2 H,O. (a)

Diese Umsetzung laBt sich wie schon friiher') gefunden, zur pra- parativen Darstellung von HgNH,X verwenden. Dann folgen die weiteren

') Dissertation H. GUTSCHE, Erlangen 1954.

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A. MEUWSEN u. G. WEISS, uber Quecksilber(1I)-imino-halogenide 9

Reaktionen : 2 HgNH,X + 2 HgX, + 2 Hg,(NH)X, + 2 HX,

2 HX + HgO -+ HgX, 3. HZO, (b)

(4 (b + c): 2 HgNH,X + HgO + HgX, -+ 2 Hg,(NH)X, + H,O.

Tatsachlich erhalt man nach dieser Summengleichung (b + c) mit guter Ausbeute sowohl Hg,(NH)Cl, als auch Hg,(NH)Br,, wenn auch erst nach langerer Reaktionszeit. Dies beruht wohl darauf, da13 bei gleichzeitigem Ablauf von (a $- b) rasch reagierendes HgNH,X in statu nascendi vorliegt, beim Umsatz (b + c) jedoch von vornherein polymere HgNH,X-Ketten, die sich nur langsam umsetzen.

Auch die Darstellung von Hg,(NH)Br, aus HgBr, und NH, nach RUDORFP und RRODERSEN ist auf denselben Reaktionsablauf zuruck- zufuhren :

HgBr, + 2 NH, --f HgNH,Br 4- NH,Br,

HgNH,Br + HgBr, --f Hg,(NH)Brz + HBr,

HBr + NH, --f NH,Br,

Gesamtumsatz: 2 HgBr, + 3 NH, -+ Hg2(NH)Br2 + 2 NH&.

Der Summenvorgang (b' + c') vollzieht sich tatsachlich in der Warme im Verlauf weniger Minuten mit guter Ausbeute und unter Ent- stehung eines reinen Praparats. - Im Einklang mit HgNH,X als Zwi- schenkorper steht auch die Tatsache, dalj ein Hg(I1)-imino-jodid oder - Rhodanid nicht dargestellt werden konnte. Die dazu notwendigen Zwischenverbindungen HgNH,J und HgN€€,(NCS) sind bislang eben- falls unbekannt.

An und fur sich ware als Primarprodukt der zu den Imino-Ver- bindungen fiihrenden Gesamtreaktion auch Hg(NH,X), moglich ; doch konnte die dann erforderliche Folgereaktion mit HgX,, die erst Hg,(NH)X, liefern rnufite, experimentell nicht verwirklicht werden, so da8 Hg( NH,X) , als Zwischenkorper ausscheidet.

Die Gewinnung alkyl- und alphyl-substituierter Hg( 11)-imino- verbindungen legte nahe, auch Hg( 11)-oxim-verbindungen zu erzeugen. Die statt HgO mit Hg(I1)-acetat, ferner HgX, und (NH,OH)X in abs. methanolischer Losung bei etwa -35" vollzogene Umsetzung fuhrte zu einem gelbgrunen Niederschlag, dem etwa die Formel Hg,(NOH)CI, zukommt. Doch schon bei Raumtemperatur war er rasch farblos bis grau geworden. Dagegen sind Hg,(NOC,H,)X, durchaus bestandige Verbindungen. Weiter lieferte die Reaktion

3 HgO + HgX, f 2 N,H,X --f 2 Hg,(N2H,)X, + 3 H,O

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10 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 289. 1957

eine zur Explosion neigende C1-Verbindung, die wohl identisch mit der sehon 1899 von HOFMANN und MAR BURG^) auf anderem Wege erhaltenen Verbindung ist. Wie BRODERSEN 1956 zeigteg), handelt es sich beim Hg,(N,H,)C1, uni eine Hg,(NH)Cl, verwandte Verbindung, da sie beide Blattstruktur besitzen. Die Untersuchung dieser durch Queck- silber substituierten Hydrazinium- Salze, die wesentlich unbestandiger als die analogen Ammoniumsalz-Derivate sind, befindet sich in Arbeit.

Versuchsteil Das benotigte HgO wurde fur jede Umsetzung frisch hergestellt. Meist wurden

90 ml einer 0,133 m HgCl, rnit 30 ml etwa 5% NaOH kalt gefallt und das HgO durch Dekantieren sofort grundlich ausgewaschen. Die so bereitete Hg0-(12 mmol) Suspension wurde unmittelbar umgesetzt. Mit der Fillungsflussigkeit langere Zeit ohne sofortiges Auswaschen stehen gelassene HgO-Praparate fiihrten ofters nicht zu den gewunschten Imino-Verbindungen.

Reines HgNH,Cl oder HgNH,Br wurde als Suspension aus Hg(NH,X), nach An- riihren mit kaltem, dann Zugabe von heiSem Wasser und kurzem Erhihen erhalten: Hg(NH,X), + HgNH,X + NH,X. Es wurde gut ausgewaschen und in waBriger Sus- pension weiterverarbeitet.

(C,H,ONH,)CI fallt beim Einleiten von HC1 in die atherische Losung der Basis; das Bromid wurde daraus nur in wiBriger Losung mit der berechneten Menge HBr dargestellt.

Handels-Methanol wurde uber CaO destilliert; der dann noch verbliebene Wasser- rest rnit Mg-Spanen entzogen. Ather wurde mit CaCl,, dann Na getrocknet nnd de- s tilliert .

Zur Analyse wurden die Prapamte nach dem Absaugen, wenn nicht anders vermerkt, nur mit Methanol, dann Ather gewaschen und im braunen Vakuumexsikkator iiber At,- natron getrocknet.

Die quantitative Entbindurg von NH, bzw. RNH, durch Destillation mit etwa 5 n NaOH wurde durch vorhergehende Zugabe yon etwas Thiosulfat erleichtert. - Zur Halo- genbestimmung nach VOLHARD wurde zur Entfernung des Hg die (150-200 mg) Ein- waage mit (1-2 g) NaOH in 50 ml H,O zum Sieden erhitzt, dann anteilweise (2-3 g) Zn-Staub zugefiigt. Nach 15 Minuten Sieden kann vom Zn-Ama.lgam abfiltriert, mit SO,H, (I : 1) angesauert und nach VOLHARD titriert werden.

Athoxylamin wurde nach TRAUBE u. Mitarb. lo) gewonnen.

Hgd NH) C1.L a) Man fugt zu 2,6 g (12 mmol) frisch gefalltem HgO eine konz. Losung von 1,08 g

(4 mmol) HgCl,, etwa 0,s g (9 mmol) NH,C1 und bringt auf ein Gesamtvolumen yon etwa 30 ml. Nun schuttelt man eine Stunde auf der Maschine; schon nach l/, Stunde ist meist

*) K. A. HOFMANN LI. E. C. MARBURG, Ber. dtsch. chem. Ges. 30, 2019 (1897);

9) K. BRODERSEN, Z. anorg. allg. Chem. 286, 5 (1956). I n ) W. TRAUBE, H. OHLENDORF u. H. ZANDER, Ber. dtsch. chem. Ges. 63, 1487

Liebigs Ann. Chem. 305, 214 (1899).

(1920).

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A. MEUWSEN u. G. WEISS, Uber Quecksilber(I1)-imino-halogenide 11

kein gelbes HgO mehr zu erkennen. Ausbeute: 3.2-3,4 g (82--85% d. Th.) schwach gelblichgrunes Pulver.

b) In einen Dreihalskolben laBt man 1,9 g (6 mmol) Hg(I1)-acetat gelost in e tna 80 ml abs. Methanol ziemlich rasch und unter kraftigem Riihren zur Losung von 0,52 g (2 mmol) HgCI, und 0,25 g (4,6 mmol) NH,C1 in Methanol zuflieBen. Es entsteht erst ein farbloser, bald gelblichgruner Niedersehlag. Ausbeute: l , ? g (87% d. Th.).

HgdNH)CI, Ber. Hg 82,4, C1 14,6, NH 3,l Gef. 82,2, 82,9, 13,9, 14,7, NH 2,7, 2,9.

Die Darstellung eines reinen Praparats gelingt in wal3riger Suspension nur bei Raum- temperatur und nicht zu hohem (10-20%) NHf-Uberschufi. Beim Arbeiten in Methanol ist es von Vorteil analysenreines Hg(I1)-acetat verwenden zu konnen, ohne wie unter a) frisch gefalltes HgO herstellen zu mussen.

Hg2 (NH) Br2 a) Nach RUDORFE u. BRODERSEN~') wurden 2,16 g (6 mmol) HgBr,in 80 ml siedend

hei8em Wasser gelost und dazu 100 m l 0 , l n NH,, das 0,2 g (2 mmol) NH4Br enthielt, in bezug auf NH4Br also 0,02 n war, gegeben. Es enstand sogleich ein deutlich gelber Nieder- schlag, der noch heiB abgesaugt und mit 250 ml kaltem Wasser nachgewaschen wurde. Trocknung iiber NaOH. Ausbeute: 1,4 g (81% d. Th.).

b) Man bringt zu 2,6g (12 mmol) HgO eine konz. Losung von 1,44 g (4 mmol) HgBr, und 0,9 g (9,2 mmol) NH,Br; das Gesamtvolumen betrage etwa 30 ml. Insgesamt wurde 6 Stunden geschuttelt; Aufhellung trat schon nach 2l/, Stunden ein. Ausbeute: 4,4 g (95% d. Th.).

Hg,(NH)Br, Ber. Hg 69,?, Br 27,7, NH 2,5 Gef. 69,1, 69,8, 27,4, 28,4, 2,i.

Hg2 (NC2H5)C12

a) 3,2 g (12 mmol) HgCI, werden in einem Liter kalten Wasser gelost. Unter kraftigem Riihren werden 1 2 ml m/ l waBrige C,H,NH,-Losung zugegeben. Nach 3 Minuten Schiitteln wird abzentrifugiert, mit wenig Eiswasser gewaschen, dann mit Methanol, schlieBIich hither behandelt. Ausbeute: 1,2 g (58% d. Th.).

Hg,(NC,H,)Cl, Ber. Hg 77,9, NC,H, 8,4, C1 13,7 Gef. 77,9, 77,5, 8,7, 13,5.

b) 2,16 g (10 mmol) frisch gefalltes gelbes HgO sowie 2,7 g (10 mmol) HgCI, werden mit 10,5 ml m/l C,H5NH,-Losung in 90 ml Gesamtvolumen bei Raumtemperatur 4 Stunden geschuttelt. Ausbeute: 4,2 g (81% d. Th.).

Hg,(NC,H5)CI, Ber. Hg 77,9, C1 13,7 Gef. 77,6, 77,2, 13,4, 13,5.

Die Darstellungen a) und b) wurden von Herrn Dr. H. GUTSCHE durchgefuhrt.

c) Man erwarmt unter Riihren eine Suspension von 2,6 g HgO (12 mmol) in wenig Wasser auf 65", gibt dann noch 1,08 g (4 mmol) HgCl, und 0,65 g (8 mmol) [C,H,NH,]Cl,

11) W. RUDORFF u. K. BRODERSEN, Z. anorg. allg. Chem. 270, 145 (1952).

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12 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 289. 1957

beides gelost in einigen ml Wasser hinzu. Gesamtvolumen etwa 30 ml. Nach astiindigem Ruhren ist bei 65" die Reaktion beendet. Ausbeute: 3,7 g (90% d. Th.) fast farblose Substanz.

HgJNC2H&& Ber. Hg 77,9, N 2,7, C1 13,7 Gef. 77,0, 2,9, 13,2.

Wird die Reaktionstemperatur auf 80" erhoht, so erhalt man je nach (C,H,NH,)CI- oberschnl mehr oder weniger rasch - mit 50% Ubersehul binnen 10 Minuten - farblose Korper der Formel

[Hg,(~C,H,),J OH, HgC1, Ber. Hg 79,3, C1 10,5 Gef. 78,9, 79,0, 10,0, 9,9.

Hg2"C2Hs)Br2 2,6g HgO in etwa 20 ml Wasser aufgeschwemmt, werden mit 1,44g (4 mmol)

HgBr, und 1,l g (8,s mmol) [C,H,NH,]Br gelost in etwa 10 rnl versetzt und kurze Zeit geschuttelt. D a m l a l t man im Dunkeln unter gelegentlichem Umschutteln stehen, bis nach etwa 1 4 Tagen eine vollig farblose Suspension vorliegt. Ausbeute: 4,O g (83% d. Th.).

Hg,(NC,H5)Br, Ber. Hg 66,4, Br 26,5, N 2,s Gef. 65,7, 66,5, 25,5. 26,4, 2,8.

Auch hier wird '/* des Halogens gegen Hydroxyl ausgetauscht, wenn zwischen 65 und 85" (am besten wieder mit 50% Ammonsalz-Uberschul) gearbeitet wird. Ein Korper derselben Zusammensetzung entsteht auch bei Einwirkung von heiRem Wasser auf HgdNCz%j)Br2 :

[Hg,(NC,H,),]OH, HgBr, Ber. Hg 70,0, Br 20,9 Gef. 70,1, 69,3, 20,3.

Hg2(NCGHS)C12 2,6 g HgO werden mit wenig Wasser bei etwa 65" im Rundkolben verriihrt. Dann

l a l t man eine etwa 40" warme Losung von 1,l g (4 mmol) HgC1, und 1,14 g (83 mmol) Aniliniumchlorid in 10-20 ml Wasser zuflielen. Unter weiterem Ruhren wird 60-65" und ein Volumen von etwa 80 ml gehalten. Nach 11/,-2 Stunden ist Farbanderung von tiefgelb nach hellem Gelbgrun eingetreten. Ai~sbeut~e: 4,O g (89yo d. Th.).

Hgz(NC&JC1, Ber. Hg 71,2, C1 12,4 Gef. 70,5, 70,3, 12,6, 12,8.

Voluminoses, irn Sonnenlicht sich rasch graugrdn farbendes Pulver, das anscheinend auch bei stundenlanger Einwirkung von siedendem Wasser keine Veranderung erfahrt.

Hg2 (NC6HFi)Bh 2,6 g HgO werden mit 80 ml Wasser bei 80" etwa 5 Minuten durchgeruhrt. Dann

l a l t man unter weiterem kraftigem Ruhren eine warme Losung von 1,44 g (4 mmol) HgBr, und 1,46 g (8,4 mmol) Aniliniumbromid zuflielen. Gesamtvolumen etwa 100 ml;

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A. MEUWSEN u. G. WEBS, uber Quecksilber(I1)-imino-halogenidc 13

Umsetzungsdauer etwa 10 Minuten, wobei die Farbe von orangegelb nach zitronengelb ubergeht. Ausbeute: 4,3 g (82% d. Th.).

Hg2(NC~H5) Br!2 Ber. Hg 61,5, Br 24,5 Gef. 60,9, 61,1, 24,4, 24,3.

Zitronengelbe, voluminose Substanz, die bald im diffusen Tageslicht braun wird. Kaltes Wasser verandert nicht, heiBes hydrolysiert in einigen Stunden.

Hg2(N. CO - NH2)C12 und Hg2(N C o n NH2)Br2 2,6 g HgO werden mit einer Losung von 1,08 g (4 mmol) HgCI, bzw. 1,44 g (4 mmol)

HgBr, und 0,9 g Harnstoffchlorid bzw. 1,3 g des eutsprechenden Bromids in etwa 60 ml Reaktionsvolumen bei Raumtemperatur etwa 1 Stunde geschiittelt. Ausbeute : 3,6 g (87% bzw. 73% d. Th.).

Hg,(N * CO - NH,)Cl, Ber. Hg 75,6, C1 13,4 Gef. 75,8, 13,2.

Hg,(N. CO NH,)Br, Ber. Hg 64,8, Br 25,s Gef. 65,4, 25,O.

Farblose bis schwach grunliche bzw. gelbliche Pulver, die sich leicht in kalter 2 n HCIIOsen.

Hgs(N. OC2H5)CI~ und Hgz(N. OC2Hs)Br2 Zur Aufschlammung von 2,6 g HgO fugt man eine Losung von 1,08 g HgCl, bzw.

1,44 g HgBr, und 0,9 g (C,H50. NHJCl bzw. 1,31 g (C,H50 * NHJBr. Man ruhrt bei 60 bzw. 70Oetwa 1 Stunde. Nach dem Erkalten 3,2 g (75% d. Th.) bzw. 4,3 g (87% d. Th.) Aus beute.

HgAN * OCzH5)Ch Ber. Hg 75,5, C1 13,4 Gef. 76,0, 75,6, 13,7, 13,O.

Staubfeines, hellgelbes, gegen Luft praktisch unempfindliches Pulver, loslich in kalter 2 n HCI. Beim vorsichtigen Erhitzen hinterbleibt nach kurzem Aufflammen reines Hg,Cl, bzw. Hg,Br,.

Hg,(N - OC2H,)Br, Ber. Hg 64,7, Br 25,s Gef. 64,5, 64,2, 26,8, 27,7.

Tiefgelbes, lichtunempfindliches Bromid, verpufft beim vorsichtigen Erhitzen und hinterlafit Hg,Br,.

Versuehe zur Klarung des Reaktionsverlaufes 2 HgNH,X + HgX, + HgO + 2 Hg,(NH)X, + H,O.

a) 1,52 g (6 mmol) frisch dargestelltes, nicht getrocknetes HgNH,Cl wurden mit 0,81 g (3 mmol) HgCI, und 0,65 g (3 mmol) frisch gefalltem HgO in 25 ml Wasser bei Raumtemperatur 9 Stunden geschiittelt. Ausbeute: 2,6 g (90% d. Th.).

Hg,(NH)CI, Ber. Hg 82,4, Cl 14,6 Gef. 81.8, 13,7.

Page 10: Über Quecksilber(II)-imino-halogenide, [Hg3(NR)2]X, HgX3

14 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 289. 1957

b) 1,78 g (6 mmol) frisch dargestelltes, noch feuchtes HgNH,Br wurden mit 1,08 g (3 mmol) HgBr, und 0,65 g frisch gefalltem HgO in 25 ml Wasser bei Raumtemperatur 20 Stunden geschdttelt. -!ufhellung nach 2l/, Stunden. Ausbeute: 2,9 g (84% d. Th.).

Hg ASH) Br, Ber. Hg 69,7, Br 27,7 Gef. 69,l.

HgXH,Br + HgBr, + NH, --f Hg,(NH)Br, + iXH,Br.

1,8 g (5 mmol) HgBr, wurden in etwa 40 ml heiljem Wasser gelost und darin 1,5 g (5 mmol) HgNH,Br suspendiert. Dannliel3 man uuter kraftigem Riihren 50 ml0,l n NH, zuflieljen. Schon nach 3 Minuten kann man den hellgelben Niederschlag abtrennen. Aus- beute: 75--80y0 d. Th.

HgdNHPr , Ber. Hg 69,7, Br 2i,7 Gef 69,0, 68,9, %7,1, 27,5.

Erlangen, Institut f u r Anorgaxische Chemie der Uniaersitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 18. Dezember 1956.