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Z. anorgr. allrr. Chem. 412. 76-80 (1975) J. A. Barth, Leipzig ijber ternare Oxocuprate. VII Zur Kristallstruktur won Nd,CuOs Von HK. MULLER-BUSCJIBACTM und 15'. 'CF7OLLSCHL&2EB Kiel, Iiistitut fiir Anorganische Cheinie der Universitat lnhaltsiibersich t. Die Kristallstruktur von Nd,CuO, wurde an Einlcristallen untersucht (Raumgruppe D:~-I4/mmm, a = 3,945, c := 12,171 A). Nd,CuO, kristallisiert nicht im K,R'iF,- Typ, sondern bildet eine bisher unbekannte Kristarllstriilrtur aus, in der Cu2+ eine quadratisch pianare Umgebung besitzt. Nd3+ besetzt in einer quadratisch dichten Pa.ckung von Sauerstoff in hestimmter Weise wiirfelforniige Koordinationspolyeder, ahnlich der CaF,-Struktur. Die Ergeb- nisse widen diskutiert. About Oxocuprates. VII. On the Crystal Structure of Nd,CuO, Abstract. The crystal structure of Pid,CuO, was exarnincd by single crystal X-ray diffraction data (Space group D:i-I4/mmm, a = 3.945, c = 12.171 d) Nd,CuO, has not the IC,NiF4-type but forms n hitherto unknown crystal structure with Cu2+ in a cornplanar oxygen stirrounding similar to the CaF,-structure. A detailed discussion is given. I. Einloitung Die in den letzten Jahren bekannt gewordenen ternaren Oxocuprate (I1 u. 111) dcr Alkdimetalle (z. B. KCuO,l), NaCuO,,), L~,CUO,~)) uiid der Erdalkalinietalle (z. 13. C~CU,O,~), S~,CUO,~), SrCu0,6)j besitzen Cu2+ (bzw. Cu3+) in planar qua- drcztischcr Umgebung von Sauerstoff. Auf die Verwandtschaft zwischeri Sr2Cu0, und Verbindungen des K,NiF,-Typs, wie z. B. ~9r,ZrO,~), wurde bereits hinge- wiesen6). Sr,CuO, lafit sich formal vom K,NiF,-Typ ableiten, indem ein Sauerstoff aus dem Anionengitter eritfernt wird, so dal3 fur CuZ+eine quadratisch planare Umgebung iibrigbleibt (vgl. Abb. I). Verbindungen der Zusammensetzung SE,CuO, (8E = Pr3+, Nd3+, Sm3+, Eu3k u. Gd3+) gehdren nach bisherigen Er- l) K. HESTERXANK u. R. HOPPY, Z. anorg. allg. Chem. 367, 349 (1969). 2) K. HRSTEKMANN ti. R. HOPPE, Z. anorg. allg. Chem. 367, 261 (1969). 3, R. HOPPB u. H. RIECK, Z. anorg. allg. Chem. 379, 167 (1970). 4) CHR. L. TESKE u. HK. M~LLER-BUSCHBAUM, Z. anorg. allg. Chcm. 370, 134 (1969; j) CHR. L. TESKE u. HK. MULLER-BUSCHBAUM, Z. anorg. allg. Chem. 371, 326 (1969). 6) CIIR. L. TESKE u. HK. MULLER-BUSCHBAUN, Z. anorg. allg. Chem. 379, 234 (1970). 7, 8. SCHOLDEE, D. RADE u. H. SCHWARZ, Z. anorg. allg. Chem. 362, 149 (1969). H. PAUSCH 11. HI<. M~;-LI,~R-~uscHBA~J#, Z. Naturforsch. 27 b, 888 (1972).

Über ternäre Oxocuprate. VII. Zur Kristallstruktur von Nd2CuO4

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Z. anorgr. allrr. Chem. 412. 76-80 (1975) J. A. Barth, Leipzig

ijber ternare Oxocuprate. VII

Zur Kristallstruktur won Nd,CuOs Von HK. MULLER-BUSCJIBACTM und 15'. 'CF7OLLSCHL&2EB

Kie l , Iiistitut fiir Anorganische Cheinie der Universitat

l n h a l t s i i b e r s i c h t. Die Kristallstruktur von Nd,CuO, wurde an Einlcristallen untersucht (Raumgruppe D:~-I4/mmm, a = 3,945, c := 12,171 A). Nd,CuO, kristallisiert nicht im K,R'iF,- Typ, sondern bildet eine bisher unbekannte Kristarllstriilrtur aus, in der Cu2+ eine quadratisch pianare Umgebung besitzt. Nd3+ besetzt in einer quadratisch dichten Pa.ckung von Sauerstoff in hestimmter Weise wiirfelforniige Koordinationspolyeder, ahnlich der CaF,-Struktur. Die Ergeb- nisse w i d e n diskutiert.

A b o u t O x o c u p r a t e s . V I I . O n t h e C r y s t a l S t r u c t u r e of Nd,CuO,

A b s t r a c t . The crystal structure of Pid,CuO, was exarnincd by single crystal X-ray diffraction data (Space group D:i-I4/mmm, a = 3.945, c = 12.171 d) Nd,CuO, has not the IC,NiF4-type but forms n hitherto unknown crystal structure with Cu2+ in a cornplanar oxygen stirrounding similar to the CaF,-structure. A detailed discussion is given.

I. Einloitung Die in den letzten Jahren bekannt gewordenen ternaren Oxocuprate (I1 u. 111)

dcr Alkdimetalle (z. B. KCuO,l), NaCuO,,), L~,CUO,~)) uiid der Erdalkalinietalle (z. 13. C ~ C U , O , ~ ) , S~,CUO,~), SrCu0,6)j besitzen Cu2+ (bzw. Cu3+) in planar qua- drcztischcr Umgebung von Sauerstoff. Auf die Verwandtschaft zwischeri Sr2Cu0, und Verbindungen des K,NiF,-Typs, wie z. B. ~9r,ZrO,~), wurde bereits hinge- wiesen6). Sr,CuO, lafit sich formal vom K,NiF,-Typ ableiten, indem ein Sauerstoff aus dem Anionengitter eritfernt wird, so dal3 fur CuZ+ eine quadratisch planare Umgebung iibrigbleibt (vgl. Abb. I). Verbindungen der Zusammensetzung SE,CuO, (8E = Pr3+, Nd3+, Sm3+, Eu3k u. Gd3+) gehdren nach bisherigen Er-

l) K. HESTERXANK u. R. HOPPY, Z. anorg. allg. Chem. 367, 349 (1969). 2) K. HRSTEKMANN ti. R. HOPPE, Z. anorg. allg. Chem. 367, 261 (1969). 3, R. HOPPB u. H. RIECK, Z. anorg. allg. Chem. 379, 167 (1970). 4) CHR. L. TESKE u. HK. M~LLER-BUSCHBAUM, Z . anorg. allg. Chcm. 370, 134 (1969; j) CHR. L. TESKE u. HK. MULLER-BUSCHBAUM, Z. anorg. allg. Chem. 371, 326 (1969). 6 ) CIIR. L. TESKE u. HK. MULLER-BUSCHBAUN, Z. anorg. allg. Chem. 379, 234 (1970). 7 , 8. SCHOLDEE, D. RADE u. H. SCHWARZ, Z. anorg. allg. Chem. 362, 149 (1969).

H. PAUSCH 11. HI<. M ~ ; - L I , ~ R - ~ u s c H B A ~ J # , Z. Naturforsch. 27 b, 888 (1972).

Kd,CnO, 77

fahruiigeii ebenfalls zum K,NiF4-Typ g-la), was allerdings bedeutet, da13 CuW oktaedrisch von 02- koordiniert ist.

Urspriinglich interessierte an vorliegender Untersuchung der Ubergang vom oktaedrisch koordinierten &a+ in Nd,CuO, zu quadratisch planar koordiniertem Cu2+ in der Verbindung Sr,CuO, (gemall Abb. 1) sowie eine mogliche tetragonale

K2 Ni 6 - Typ

*Zr @Sr 0 0 Sr, Zr 0,

z=a

Abb.1 Vergleich des K,h'iF,-Bautgps (links) mit dem Sr,CuO,-Typ (rechts). Das charakteri- stische Sauerstoffatoni (OI), welches zur Erzcugung ciner quadratisch planaren Anordnnng urn Cu2+ entfernt werden mu& ist durch einen Pfeil gekennzeichnet

JAHN-TELLER-Verzerrung, die sich besonders auf den kiirzesten Abstand dsr-O auswirken mii13te. Uberraschenderweise wurde wahrend dieser Untersuchuiig festgestellt, dalS Nd2Cu0, nicht zum K2NiF,-Typ gehBrt, woriiber im folgenden zuerst berichtet werden soll.

11. Darstellung von Nd &uOa -EinkristalIen und rantgenographische TJntersuchung Mikrokristallines Nd,CuO, wurde durch eine Feststoffreaktion aus Nd,O, und

CuO bei 1 000 "C in Sauerstoffrttmosphare dargestellt. Die so erhalt'ene Substanz

9) M. FOEX, A. NANCHERON u. M. LINE, C. R. hebd. SBances Acad. Sci. 260, 3028 (1960). lo) M. FOEX, Bull. SOC. chim. France 1961 p. H.S. 11) R. FRUSHOUR u. K. VORRES, A.E.C. Accession No. 46-246 Rept. Bo. TID-22-207, Paper E,

12) V. F. SAVCHENEO u. Ya. S. RUBINCHIP, Vestnik Akad. Eauk Beloruss. SSR Ser. Chim. (1965).

1969.

78 HR. MCLLER-BUSCHBAUM u. W. WOLLSCHLAGER

wurde aufgeschmolzen und von 1 150 "C mit 10 '/h in Sauerstoffatmosphare abge- kuhlt. Die isolierbaren schwarzen Einkristalle fuhrten uber DrehkristaU-WEISSEN- BERG- und Prazessionsaufnahmen zu einer tetragonalen Elementarzelle mit

a = 3,945 A und c = 12,171 A sowie zu den systematisch vorhandenen Reflexen: (hkl) mit h+k+l = 2n, (hkO) mit h + k = 2n, (0111) mit k+l = 2n und (hhl) niit 1 = 2n und damit zur Raumgruppe D:~-I4/mmm. Da es sich hier um die fur den K,NiF,-Typ charak- teristische Raumgruppe handelt, wurden zur Bestimmung der variablen Para- meter die Atomlagen des K,NiF,-Typs mit Hilfc von 344 unabhangigen Diffrakt-o- meterdaten nach der Methode der kleinsten Fehlerquadrate verfeinert 13). In Verbindung init FOURIER-Synthesen fie1 auf, daB O,, nicht die Punkt,lage 4e des K,NiF,-Typs besetzt (vgl. Tab. I), sondern, wie 'der Temperaturfaktor ebenso eindeutig zeigt, auf den speziellen Positionen der Punktlage 4d liegt.

Tabelle 1 Parameter fur Nd,CuO,

In der Raumgruppe D:~-I4/mmm besetzen Cu2+, Nd3+ und 02- folgende Punktlagen:

Cu in 2a mit x = 0 y = 0 z = o Nd in 4e mit x = 0 y = 0 z = 0,3513 0, in 4c rnit x = 0 y = 0,5 z = 0 01, in 4d mit x = 0 y = 0,5 z = 0,25 O,, besetzt nicht die Punktlage 4e des K,NiE',-Typs !

Da das Streuvermogen gegenuber Rontgenstrahlen im Wesentlichen von Nd3+ und Cu2+ getragen wird, wax diese Abweichung von Nd,CuO, vom K,NiF,-Typ anhand der fruheren rontgeiiographischen Untersuchungen mikrokristalliner Proben offenbar nicht zu erkennen. Ein Vergleich des RefIexprofils der beobach- teten mit den berechneten Daten ergibt mit der falschen Position fur 011 einen Gutefaktor von R = 0,126, der sich auf R = 0,lO verbessert, wenn der Tempe- raturfaktor fur O,, alle Grenzen ubersteigt. Erst die Besetzung der Punktlage 4d orgibt ohne spezielle Korrekturen eine Verbesserungdes Gutefaktors auf R = 0,06 und eine entsprechend gute obereinstimmung beobachteter und berechneter Intensitatswerte (Auf die Wiedergabe berechneter und beobachteter Daten kann hier verzichtet werden).

111. Beschreibung und Diskussion Die Kristallstrukturuntersuchung an Nd,CuO,-Einkristallen fuhrt zwar noch

zur Raumgruppe des K,NiP,-Typs, ergibt jedoch fur den Aufbau der Koordina- tionspolyeder von Cua+ als auch Nd3+ durch die hier neu aufgefundene Saueratoff- position (O1J grundlegende Veranderungen. \Vie man Abb. 2 entnehmen kann, ist

13) Alle Rechnungen wurden an der elektronischen Rechcnanlage der Univemitat Kiel (PDP 10, Fa. Digital) ausgefiihrt.

Nd,CuO, 79

in Nd,Cu04 Cu2+ nicht, wie bisher angenommen, oktaedrisch, sondern wieder quadratisch planar von 02- umgegeben. Es ist zu erkennen, daB die quadratisch planaren Konfigurationen ausschlieBlich uber Ecken miteinander verknupft sind, so da13 in der a/a-Ebene zweidimensional unendliche Vernetzungen vorliegen. Diese Cu/O-Netze sind jedoch nicht das strukturbestimmende Element, sondern sie

K, NI 5 - Typ NdaCU 04 -Typ

*Cu @ N d 0 0 Abb. 2 Vergleioh des K,NiF,-Bautyps (links) mit der Kristallstruktur von Kd&uO, (rechts). Die quadratisch planare Anordnung urn Cuz+ und Wiirfel urn Nd3+ sind an- gedeutet

entstehen aus einer quadratisch dichten Kugelpackung der 02--Ionen. Diese ist unmittelbar vergleichbar mit der Anionenpackung des Fluoridgitters. Auch die Besetzung der durch die quadratische Kugelpackung von 02- erzeugten wurfel- fiirmigen Polyeder ahnelt dem CaF,-Gitter, d. h. langs [IOO] und [OlO] sind init Nd3+ besetzte Wiirfel uber Kanten miteinander verkniipft. Da jedoch neben der Baugruppe [Nd,0,l2- (die mit Ca,F, identisch ist) zum Ladungsausgleich Cu2+ eingelagert ist, ergeben sich hieraus die Unterschiede zum CaF,-Typ.

In der Richtung [0 0 I] sind mit Nd3+ besetzte Doppelwurfel zu erkennen (vgl. Abb. 2), die eine gemeinsame Flache besitzen. -411 beiden gegeniiberliegenden Flachen scblieBt sich je ein leerer Wurfel aus 0 2 - an, dessen quadratische AuBen- flache langs [ O O l ] mit Cu2+ besetzt ist. Aus dieser Anordnung ergibt sich somit in dieser Richtung immer eine Polge: leerer Wiirfel, Doppelwiirfel mit Nd3* besetzt, leerer Wiirfel, die in der aus Abb. 2 zu entnehmenden Weise rniteinander verkniipft sind. Nd3+ liegt nicht im Schwerpunkt der 02--\Vurfel, wie die Abstande der Tab. 2 zeigen.

80 HR. MGLLER-BVSCHBAVN 11. iv. ij70LLSCHLAGER

Diem Auslenkung aus der Wurfelmitte ist bei Berucksichtigung der Metall- abstande zu verstehen. Die Nd -Nd- und Nd -Cu-Abstande werden bei einer Anordnung von Nd3+ im Schwerpunkt seiner wurfelformigen Uingebung bet,racht- lich kurzer als die hier gefundenen. Die hier beschriebene Kristallstruktur zeigt, daB Nd,CuO, nicht zum K,NiF,-Typ gehort, sondern ein eigenes neues Kristall- gitter aufbaut, mit Cu2+ in quadratisch planarer Sauerstoffumgebung.

Tabelle 2 Interatomare Abstande [A] fur Nd,CuO, mit O,, in der Position 4d

Bezuglich der bisher bekanntgewordenen terniiren Oxoeuprate gibt es im Zusammenhang mit Nd,CuO, zwei weitere interessante Gesichtspunkte. Der eine betrifft die Systematik der Oxocuprate. Zur Vereinfachung wurde von TESKE 14)

eine quadratisch planare Umgebung von Cu2" durch Oa- in Ebenen angenommen, mit

a) ausschliel3licher Kantenverknupfung und b) ausschlieBlicher Eckenverknupfung

der quadratischen Polyeder. In der Verbindung Nd,Cu04 wurde erstmals ein Beispiel fur ein [Cu02]2--Gerust mit zweidimensional unendlicher Eckenver- knupfung aufgefunden. Neu an dieser somit systematisch einzuordnenden Kri- stallstruktur sind andere Querverknupfungen zwischen den eben gebauten Cu/O- Gerusten. Alle bisherigen Verbindungen haben als verbindenden Eestandteil Metallkationen, wahrend fur Nd,CuO, eine Querverknupfung durch eine [Nd20J2+- Gruppierung erfolgt. Der zweite interessante Gesichtspunkt betrifft die Gestalt der Polyeder, die die quadratisch planaren Cu/O-Konfigurationen verbinden. So wurde beispielsweise fur LizCiO, 3, eine Vernetzung durch OZ--Tetraeder um Li+, fur C~CU,O,~) eine Vernetzung durch OZ--Oktaeder um Cazf und fur S~,CUO,~) schliel3lich eine Vernetzung durch trigonale Prismen um Sr2+ beobachtet. NdzCu04 besitzt &e bisher noch nicht beobachtete Vernetzung der Cu/O-Geruste durch 02--Wurfel um Nd3f.

I n welcher Weise Mischkristalle aus Sr,CuO, und Nd,CuO, aufgebaut sein werden, liil3t sich nach den hier erhaltenen Ergebnissen nicht mehr so leicht vor- aussagen, als dies fruher gema13 Abb. 1 moglich erschien.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken wir fur die Unterstutzung mit wertvollen Sachmitteln.

Bei der Redaktion eingegangen am 17. September 1974.

Anschr. d. Verf.: Prof. Dr. HK. MiiLLER-~CSCRBAUM u. Dip1.-chem. W. ~VOLLSCHL~GER, Inst. f. Anorg. Chemie d. Univ., BRD-23 Kiel, Olshausenstr. 40/60

la) CUR. L. TESKE, Dissertation, Kiel 1970.