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G. GATTOW u. G. KIEL, Darstellung und Eigenschaften von Bi(NO,), * 5H,O 61 Uber Wismutnitrate. IV1) Darstellung und Eigenschaften von Bi(NO,), 5 H,O Von G. GATTOW und G. KIEL~) Mit 8 Abbildungen Inhaltsubersicht Fur das neutrale Salz, dessen Eigenschaften mitgeteilt werden, konnte die Zusammen- setzung Ri(NO,), . 5H,O gesichert werden. Das thermische Vcrhalten des Bi(NO,), . 5H,O wurde mittels isobarem Abbau, Auf- heizversuchen und Differentialthermoanalyse untersucht und die Zersetzungsprodukte mit Hilfe von chemiachen Analysen, Rontgenaufnahmen und Infrarotspektren charakterisiert. Als Reaktionsprodukte treten zwei basische Wismut(II1)-nitrate der formalen Zusam- mensetzung [B$Oe]z(NOs)ll(OH) ' 6H,O und [Bi,Oe] (NO,), - 4H,O, auf. Summary The composition of Bi(NO,), . 5H,O was ascertained and its chemical and physical properties are described. The thermal reactions were studied by means of isobaric decom- position of the compound, by differential thermal analysis etc. Reaction products were analysed and their infrared and X-ray spectra recorded. Two basic bismuth nitrates were found to exist as intermediary decomposition products: [B&O,],(NO,),, (OH) . GH,O and [B&Oe](NO&. 4H,O. Im Zusammenhang mit unseren Untersuchungen iiber die Hydrolyse von salpetersauren Bi3+-Losungen l) trat die berechtigte Frage auf, ob die Viel- zahl der in der Literatur 3, beschriebenen normalen und basischen Wismut- (111)-nitrate, die z. T. isomorph mit den entsprechentlen Verbindungen der Seltenen Erden sein sollen *), tatsachlich existieren und wie diese unterein- ander zusammenhangen. Die Wismut(II1)-nitrate, die wegen ihrer kosmetischen und medizinischen Bedeutung schon im 17. Jahrhundert Gegenstand von Untersuchungen waren, wurden erstmalig um- 111. Mitteilung: G. GATTOW u. D. SCHOTT, Z. anorg. allg. Chem. 324, 31 (1963). ,) Teil der Staatsexamensarbeit G. KIEL, Gottingen 1964. 3, Vgl. die Angaben in GMELINS ,,Handbuch der Anorganischen Chemie", System-Pir. 4, Siehe z. B. G. BODMAN, Z. anorg. Chem. 27, 254 (1901). 19 (Bi), 8. Auflage, Berlin 1927; Erganzungsband 1964.

Über Wismutnitrate. IV. Darstellung und Eigenschaften von Bi(NO3)3 · 5 H2O

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G. GATTOW u. G. KIEL, Darstellung und Eigenschaften von Bi(NO,), * 5H,O 61

Uber Wismutnitrate. IV1)

Darstellung und Eigenschaften von Bi(NO,), 5 H,O

Von G. GATTOW und G. K I E L ~ )

Mit 8 Abbildungen

Inhaltsubersicht Fur das neutrale Salz, dessen Eigenschaften mitgeteilt werden, konnte die Zusammen-

setzung Ri(NO,), . 5H,O gesichert werden. Das thermische Vcrhalten des Bi(NO,), . 5H,O wurde mittels isobarem Abbau, Auf-

heizversuchen und Differentialthermoanalyse untersucht und die Zersetzungsprodukte mit Hilfe von chemiachen Analysen, Rontgenaufnahmen und Infrarotspektren charakterisiert.

Als Reaktionsprodukte treten zwei basische Wismut(II1)-nitrate der formalen Zusam- mensetzung [B$Oe]z(NOs)ll(OH) ' 6H,O und [Bi,Oe] (NO,), - 4H,O, auf.

Summary The composition of Bi(NO,), . 5H,O was ascertained and its chemical and physical

properties are described. The thermal reactions were studied by means of isobaric decom- position of the compound, by differential thermal analysis etc. Reaction products were analysed and their infrared and X-ray spectra recorded. Two basic bismuth nitrates were found to exist as intermediary decomposition products: [B&O,],(NO,),, (OH) . GH,O and [B&Oe](NO&. 4H,O.

Im Zusammenhang mit unseren Untersuchungen iiber die Hydrolyse von salpetersauren Bi3+-Losungen l) trat die berechtigte Frage auf, ob die Viel- zahl der in der Literatur 3, beschriebenen normalen und basischen Wismut- (111)-nitrate, die z. T. isomorph mit den entsprechentlen Verbindungen der Seltenen Erden sein sollen *), tatsachlich existieren und wie diese unterein- ander zusammenhangen.

Die Wismut(II1)-nitrate, die wegen ihrer kosmetischen und medizinischen Bedeutung schon im 17. Jahrhundert Gegenstand von Untersuchungen waren, wurden erstmalig um-

111. Mitteilung: G. GATTOW u. D. SCHOTT, Z. anorg. allg. Chem. 324, 31 (1963). ,) Teil der Staatsexamensarbeit G. KIEL, Gottingen 1964. 3, Vgl. die Angaben in GMELINS ,,Handbuch der Anorganischen Chemie", System-Pir.

4, Siehe z. B. G. BODMAN, Z. anorg. Chem. 27, 254 (1901). 19 (Bi), 8. Auflage, Berlin 1927; Erganzungsband 1964.

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fassend und kritisch von R E T T E Y ~ ) ~ ) bearbeitet. Er konnte die Existcnz von 9 normalen und basischen Wismut(II1)-nitraten mit grof3er Wahrscheinlichkeit sichern ') und stellte fest, daB die Zusammensetzung der Salze abhiingig von der Behandlungs- und Trooknungs- ar ts) ist. Die Untersuchungen von DE S C H U L T E N ~ ~ ) sowie von FRIEND und HALL^^) er- brachten im wesentlichen eine Bestatigung der Ergebnisse von RUTTEK~). I n umfangreichen Abhandlungen versuchten HEPNER und LIEIERNIK~~) die Konstitution der Wismut(II1)- nitrate im Sinne der \vERKERSChen Theorie aufzuklaren. In modernen Arbeiten beschrieb O Z O L S ~ ~ ) die Darstellung und die kristallographischen Eigenschaften von 4 basischen Ni- trsten, die bereits RUTTEN 5 ) isolieren koiinte. Ohne eindeutige Ergebnisse zu erhalten, be- schsftigten sich SPIEC~L und H A Y X A N N ~ ~ ) , BITO, AoYAnla und M A T S U I ~ ~ ) , DUVAL*~) und WENDLAXDT~~) mit dem thermischen Verhalten von normalen und basischen Wismut(II1)- nitrsten.

I. Zusammensetzung und Eigenschaften des neutralen Salzes Bi(N03)s .5H,O Obgleich in der Literatur einige, wenn auch z . T. ungenaue Angaben uber

die Darstellung und die Eigenschaften von %(NO,), . 5H20 vorliegen, sollen dime iiberpriift, und durch Verwendung exakter und moderner Untersu- chungsmethoden erweitert werden.

1. Darstellung und Eigenschaften voii Bi(N03)3 - 5 1520

Die Dars te l lung des neutralen Salzes Bi(NO,), SH20 erfolgte dmch Umsetzung von metallischeni Wismut mit konzentrierter SalpeterstXure Is).

Elementarcs Wismut (puriss., As-frei) wurde in konz. HNO, (etwa 66%) geliist (Mengen- verhiiltnis: g Bi : cm3 HSO, = 1 : 2,5) und die griingelbe Liisung so lange vorsichtig er-

5) G. M. RUTTEN, Z. anorg. Chem. 30, 342 (1902). 6, Uiber altcre Arbciten siehe bei RuTTEN5). 7, RuTTEN5) systematisierte die Vcrbindungcn auf Grimd ihrer Zusammensctsung :

S, = neutrales Salz der Zusammensctzung Bi,O, - 3N,05. zH,O und B,,, = basisches Salz der Zusammensetzung x Bi,O, yN,05 z H,O.

8 ) Aus dicsem Grunde sind auch die Angaben von PIC ON^), der vermutlich IVIischungen vcrschiedener Wismutnitrate vorliegen hatte, mit grol3cr Vorsicht zu verwcndcn.

9) M. PICON, Bull. 6oc. chim. [France] 37, 1365 (1925). l o ) M. A. DE SCHULTEN, Bull. Soc. chim. [France] 29, 720 (1903). 11) J. N. FRIEXD u. D. A. HALL, Trans. Faraday Soc. 34, 777 (1938). 12) B. HEPNER u. A. LIRIMRNIK, Arch. Pharm. 264, 46 (1926); B. HEPNER, Arch.

J. OZOLS, Latvijas PSR Zinatnii Akad. Vestis 33, Nr. 4, 87 (1950); 34, S r . 5, 83 Pharm. 264, 65 (1926).

(1950); 35, Nr. 6, 49 (1950). 14) L. SPIECEL u. H. HAYMANN, Ber. dtsch. chem. Ges. 59, 204 (1926). l5) K. BITO, K. AoYanrA u. M. MATSUI, J. Soc. chem. Ind. Japan 3.5, 195 (1932). 16) C. DUVAL, Analytica chim. Acta [Amsterdam] 16, 221 (1957). l 7 ) W. W. WENDLANDT, Texas J. Sci. 10, 392 (1958). Is) Selbstverstandlich IaBt sich Bi(NO,), . 5H,O auch aus Ri,O, und konz. HNO, her-

I D ) Vgl. auch M. MYLIUS u. E. GROSCHUBB, Z. anorg. allg. Chem. 96, 237 (1916). stellen.

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G , GATTOW u. G. KIEL, Darstellung und Eigenschaften von Bi(n'O,), - 5H20 63

warmt, bis sie eine leichte Gelbf&rbung zeigte. Nach einigen Stunden, gelegent.lieh sofort, kristallisieren aus der erkalteten Losung stiibchenformige farblose Kristalle, die durch zwcimaligcs Umkristallisicren aus Salpetcrsiiure gereinigt wurden. Nach schnellem Abpres- sen zwischen Filtrierpapier wurden diese auf Tontellern einige Stunden an der Luft ge- trocknet. - Die Ausbeute betrug im Mittel 95y0 (bezogen auf Bi).

Chemische Z u s a m m e n s e t z u n g . Fur die quantitative Bestimmung auch kleiner Mengen Wismut ist die von uns friiher beschricbenc chelatometrische MethodeZ0) besonders geeignet. Die Nitratbestimmung erfolgte naeh dem ~~ikro-KJELnaHL-Verfahren.

Die zu analysierende Substanz wird in wenig konzcntrierter HNO, (etwa 66%) odcr HCIO, gelost, die Liisung mit H,O auf einen pH-Wert von etwa 1,6 verdunnt und mit einer 0,Oi m Komplexonlosung (dDTA 1x1) gegen PAR21) als Indikator bei konstanter Beleuch- tung titriert (Genauigkeit: f 0,050/,; Grenzkonzentrationen: 0,4 und 600 yg Bi/cm3) *").

Die perchlorsaure Losung bzw. feste Substanz wird nach Zugabe von 1)EvARDAScher Legierung mit 3Oproz. NaOH versetxt, das entstehende NH, mit einem Sauerstoffstrom in die 0,l n H,SO, enthaltcnde Vorlage getrirben. Um Fehler durch etwa bei der Reduktion ubergehende Natronlaugenebel zu vermciden, erfolgte die Bestimmung des XH, erst nach einer weiteren Uberfiihrung in einer z weitcn Mikro-KJ~LoaHL-Apparatur. Rucktitration der vorgelegten Menge 0 , l n H,SO, mit 0 , l n NaOH gegen den ,,Mischindikator 5".

Die Bestimmung der prozentualen Gehalte ergab als Mittelwert aus 6 Bcstimmungcn: 43,l & O,l./;, Bi3f uud 38,4 5 0,206 NO;, der Rest von 18,506 ist H,O zuzuordnen. Daraus folgt ein molares Verhaltnis von Bi3+: S O ; : H,O = 1 : 3,Ol: 5. Diese Werte stehen in bester ~bcrcinstimmung zn der theoretischen Zusammensetzung von Bijh'O,), . 5 H20 : 43,09% Bi3+, 38,35% KO, und 18,56% H,O.

Eigenschaf ten. Bi(NO,), 5H,O kristallisiert triklin in der pinakoida- len Klasse 1 - Ci. Die Kristalle, die eine hohe Doppelbrechung aufweisen, sind optisch zweiachsig negativ. Der Ausloschungswinkel betragt 26,0, & 0,2".

Die Dichte wurde pyknomet'risch unter Verwendung von wasserfreiem Toluol zu di5 = 2,800 0,006 g/cm3 bestimmt. Dieser Wert liegt zwischen den in der Literstur,) angegebenen Bestwerten (2,736 bis 2,830 g/cm3).

Das neutrale Salz Fesitzt keinen eindeutigen Schmelzpunkt. Werden die Kristalle langsam erwarmt, dann beobachtet man bei 65 "C eine Triibung an

der Obcrflaehe. Bei etwa 73 "C treten Fliissigkeitsblasen im Innern unter Beibehaltung dee augeren Habitus auf. Bei 75 "C ist der Kristall innen ganz geschmolzen; die Kristallform wird jedoch haufig erst bei 2 110 "C zerstort. Diese Bcobachtungen stimmen mit den An- gaben von RUTTENS) iiberein, der einen ,,Schmelzpunkt" von 75,5OC fand.

Die Infrarotspektrenz2) von Bi(NO,), . 5H,O wurden im Bereich von 650 bis 10000 cm-l aufgenommen (s. Abb. 5). Die Spekt'ren zeigen Banden mit Maxims bei folgenden Wellenzahlen (ern-') z 3 ) :

20) G. GATTOW 11. D. SCHOTT, Z. analyt. Chem. 188, 10, 81 (1962). zl) PAR = Pyridin-(2-azo-4)resorcin; Farbumsehlag: orange nach gelbgriin. 2z) Fur die Untersuchungen fand ein LEITz-Infrarot-Spektrograph Vemendung. Gear-

23) sst = sehr stark, st = stark, m = mittel, s = schwach, b = breit. beitet wurde 8owohl rnit Nujol-Buspensionen als auch nach der KBr-PreBtechnik.

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64 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 335. 1965

3500 (b, st), 1780 (m), 1660-1620 (b, m, Schulter), 1600 (at), 1440 (e, Schulter), 1380 b k 1360 (b, sst), 845-830 (m-at), aufgespalten), 735 (8 ) .

ADDISON und GATEHOUSE 24) sowie nach KATzINZ5) moglich. Eine Zuordnung der NO, -Banden bei 1360-1380, 830-845 u. 735 em-l ist z. €3. nach

2. Bestimmung des Molekulargewichtes

Die Molekulargewichtsbestimmung auf kryoskopischem Wege sollte Auf- schluB geben'iiber das im neutralen Salz enthaltene Kristallwasser, da dieses nur durch Erganzen der analysendaten fur Bi3+ und NO; zu lOOyo ermit- telt wurde. Durch die gemessene Anzahl der in einem geeigneten Losungs- mittel auftretenden ,,Molekulteile" kann eventuell auf die Anzahl der vor- handenen Kristallwasser zuriickgeschlossen werden. Schwierigkeiten bereitet hierbei jedoch die Wahl eines geeigneten Losungsmittels, da sich das neu- trale Salz in Wasser, Aceton, Benzol, Methanol, Bthanol, n-Butanol, Dioxan, Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff, Methylenchlorid, Monochlorbenzol, Essigsaureanhydrid USR. nicht ohne Zersetzung 26) lost ; loslich ist es jedoch in Glycerin und Eisessig.

Fur die Bestimmung des Molekulargewichts fand Eisemig (Schmelzpunkt: + 16,6 "C; kryoskopische Konstate : 3,9) Verwendung, gearbeitet wurde in einer geschlossenen Glas- apparatur nach BECKMANN mit magnetischer Ruhrung 27). Eingeseht wurden Substanz- mengen von 0, l bis 0,2 g und 32,15 bis 40,83 g Eisessig; die gemessene Gefrierpunktsernied- rigung lag zwischen O , l O o und 0,38'*8).

Aus 9 Einzelmessungen wurderi unabhangig von der experimentellen Versuchsmethodik usw. zwei verschiedene Molekulargewichte erhalten : 97,2 und 66,6 & 0,s. Das heil3t also Werte, die S/7,3 bzw. 1/5,0 des theoretischen Molekulargewichtes (485,O) von Bi(NO,), . 5 H,O entsprechen. Man kann also annehmen, daB eine ,,Umorientierung" innerhalb der ,,Molekel", sei es in Form einer Reaktion mit dem Losungsmitt el und/oder einer Dissoziation, stattgefunden hat.

Zur Kllrung dieser Frage wurde eine Losung von Bi(NO,), . 5H,O in Eisessig vorsichtig eingedampft. Die sich an derGefal3wandung abscheidenden Kristalle besitzen die formale Zusammensetzung [B&O,](NO,), . 4H,O und sind sowohl chemisch als auch ront'genographisch identisch mit Produkten, die bei der Ext,raktion von Bi(NO,), . 5H,O mit wasserfreiem Ather bzw. bei der sehr langsameri Hydrolyse (pH = 0,5 bis 1 , O ) bei 20°C in H,O ent-

~

24) C. C. ADDISON u. B. M. GATEHOUSE, J. chem. Soc. [London] 1960, 613. 25) L. I. KATZIN, J. chem. Physics 18,789 (1950); J. inorg. nuclear Chem. 24,245 (1962) 26) Uber die Reaktionen yon Bi(NO,), . 5H,O mit Wasser und organischen Losungs-

mitteln vgl. die folgcnden Publikationen. 27) Firma Normag, Hofheim am Taunus. ,a) Niihere Einzelheiten siehe bei l).

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0. GATTOW u. G. KIEL, Darstellung und Eigenschaften von Bi(NO,), - 5H,O 65

stehen26). Nimmt man an, da13 auch in Eisessig Polykationen des Wismuts [B&0,(OH),,-,,]6+, deren Existenz in waBrigen salpeter- und perchlorsauren B?+-Liisungen eindeutig gesichert wurde 29), vorliegen und legt das in den Kristallen gefundene Verhaltnis Bi3+ :NO3 = 1 : 1 zugrunde, dann IaBt sich der Losungsvorgang formal wie folgt formulieren :

6Bi(N03), - 5H,O 4 [Bie(OH)12](N03)6 + 18H,O + 12 HNOB.

Danach ist die Anzahl der Partikeln in der Losung 5,2 bezogen auf eine Formeleinheit ; dieser Wert erhiiht sich auf 7,1, wenn eine vollstandige Dissoziation der HNO, stattfindet. Im Rahmen der experimentellen Genauigkeit und unter der Berucksichtigung, daIj der verwendete Eis- essig nicht absolut wasserfrei war, stimmen die experimentell bestimmten Werte 6,0 und 7,3 mit dem formulierten Losungsvorgang relativ gut iiber- ein. Indirekt diirfte daniit aueh ein Beweis fur die 5 Kristallwasser gegeben sein.

11. Das thermische Terhalteri des Bi(NO& a 5H,O Nit Hilfe verschiedener Verfahren sollen Stabilitat und Umwandlungen

des neutralen Salzes Bi(NO,), . 5H2O in Abhangigkeit von der Temperatur untersucht werden. Es gilt z. B. zu klaren, ob sich das neutrale Salz konti- nixierlich zersetzt oder ob in bestimmten Teniperaturbereichen bestandige Zwischenverbindungen existent sind.

Cbereinstimmend fmden verschiedene Autoren, dalj sich das Bi(NO,), . 5H,O nicht unzersetzt entwissern lBDt, jedoch gehen ihre Meinungcn iiber mogliche Zwischenprodukte auseinander In) 15) Is) 17) 2a). Zum Teil wurden auch thermische Zersetzungen mit undefi- nierten Wismutnitraten (keine Analyse der Ausgangssnbstanz) durchgefiihrt (2. B. D W V A L ~ ~ ) ) .

I n Vorversuchen wurde das thermische Verhalten mittels Differential- t h e r m o a n a l y ~ e ~ ~ ) untersucht. Sls indifferente Vergleichssubstanz diente c~-Al,O,3~) ; die Aufheizgeschwindigkeit betrug 5"/min.

Das Differentialthermodiagramm (Abb. 1) zeigt endotherme Peaks hei 77", Sl" , 130", 145", 306", 420", 508", 593" und 740°C (+5° )32) . Die Repro- duzierharkeit der Peaklage lie13 vermuten, daB stabile Zwischenzustande (z. B. Verbindungen) rtnftreten33).

29) Allgcmeine Ubersicht und Literaturangaben uber die Polykationen des Wismuts bei G. GATTOW u. D. SCHOTT, Z. anorg. allg. Chem. 324, 31 (1963).

30) DTA-Apparatur der Gebruder Netzsch, Selb/Bayern. 31) G. GATTOW, Z. anorg. allg. Chem. 298, 64 (1959). az) Wegen des beim Erhitzen suftretcnden relativ groljen Substanzverlustes sind die

Peaks von 420°C an niir noch schwach ausgebildet. 33) Eine exakte Charskterisierung der Umwandlungsprodukte war mit der bei der

Differentialthermoanalyse eingesetzten geririgen Substanzmenge (etwa 0,5 g) und dem gro- Ben Gewichtsverlust (bis 52y0) nieht m(ig1ich.

5 2. snore. allg. Chernie. Bd. 335.

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Urn eine Zuordnung der Peaks erreichen und somit die Umwandlungspro- dukte genau charakterisieren zu konnen, wurde das neutrale Sala sowohl isobar abgebaut als auch unter deli Bedingungen der DTA mit konstanter Geachwindigkeit aufgeheizt 33). Die Endprodukte wurden jeweiIs cheniisch analysiert, sowie IR-spektroskopisch, rontgenographisch und differential- thermoanalytisch untersucht.

Abb. 1. Differentialthermodiagramm von Bi(KO,), . 5H,03,). $bszisse: Temperatur der Probe in "C; Ordinate: Temperaturdifferenz der Probe gegen a-Al,O, in willkiirlichen Ein-

heiteri

1. Isobarer Abbau des neutralen .Salzes Der isobare Abbau von Bi(NO,), . 5H,O erfolgte bei 760 mm Hg gegen

Luft. Dabci wurde eine bestimmte Menge des Salzes (2 bis 10 g)84) in einem elektrischen Ofen

auf definierte Tempcraturen (Kontaktthermometer bzw. Temperaturregler) bis zur Ge- wichtskonstanz erhitzt (siehe

Es zeigte sich, daR die Gleich- gewichtseinstellung sehr langsam erfolgte, wenn die Substanz bei schnellem Aufheizen schmolz. Da- bei bildete sieh eine zahviskose

2 Masse, die nur sehr langsam an ; 20 Gewicht verlor und nach etwa h 5 10 Tagen zu einem weil3en Pulver

erstarrte. Temperte man das S 70 B

60 Abb. 2).

- t :," 30

Bi(NO,), . 5H,O- zunachst bei '0 700 750 & 2% 3 h 350 60 OC, so war schon nach 16 Stun- I(_- -L L L - f (Ifdl den ein Gewichtsverlust von etwa

Abb. 2 . Gewichtsverlust beim isobaren Abbau von 30% zu verzeichnen und die Kri- Bi(hTO,),. 5H,O in Sbhangigkeit von der Zeit und stalle hatten weil3es pulveriges

der Temperatur Anssehen. Die so behandelten

34) Es wurde jeweils mit 4 Vergleichsproben geilrbeitet.

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G. GATTOW u. G. KIEL, Darstellung und Eigenschaften von Bl(NO,), . 5H,O 67

Produkte schmolzen nicht mehr bei steigender Temperatur und errcichten rn escntllch schneller konstantes Gcwicht. Durch Rontgenaufnahmen und ohemische Analysen wurde eindeutig gesichert, da13 auf beiden IVegen dasselbe Ergehnis erhalten wird. Daher sind zur Zeitersparnis fur hohere Temperaturen die Proben zuntichst bei 60 "C vorbehandelt worden.

Aus der Abb. 3, die den Zusammenhang zwischen Gewichtsverlust und Zunahme des Bi3+-Gehaltes bzw. Abnahme des NO,-Gehaltes (jeweils in yo) wiedergibt, ist ersichtlich, dnB alle drei Kurven ein Plateau bei 50°C bis etwa 100°C zeigen, daran schlieBt sich eine kanthiierliche lineare NO, -Abnahnie bzw. Bi3+-Zunahme an. Im Be- reich von etwa 100 "C bis 400 "C ist der Anstieg der NO, -Abnahmekurve iimgekehrt gleich dem

Gehalt Y und dem BiS+-Gehalt X besteht fol- gende lineare Bezieliung (X uiid Y in Gew.-%) :

der Bi3+-Zixnahmekurve. Zwificheri den1 NO, -

f 5o 2

P = -1,07X + 96,6.

Aus diesen Ergebiiissen folgt, dalj zwischen 100 "C und 400 "C in1 Mittel niir NO, alsgegeben wird; d. h. bereits 5 100°C sind die Substanzen fast vollig entm assert. In diescm Temperaturbereich sind keine dcfinierten Verbindungen existent, sondern es liegen verniutlich sich in der Zusam- mensetzung kontinuierlich andernde Mischungen (Nitrat-Oxid) oder feste Loslingen vor.

Oberhalb 400°C zeigen alle Kurven ein aus- gepragtes Plateau bei 52,O & O , l % Gewichts- verlust. Dieser entspricht dem theoretischen Wert (51,9%) fur die formale Zersetzung

2Bi(NO,), . 5H,O + Bi,O, } 3N,O, + 5H,O. __c TPCI

Der Bi3+-Gehalt dieses Zersetzungsproduktes Abb. 3. Z,~samm~nhang z\n.i-

stimmt genau mit dem von reinem Bi,O, iiberein. Gewichtsrerlust - (b) Zur Klarung der Frage nach der Existenz und Zunahme des Bi3+-Ge-

definierter Verbindungen und dem Vorliegen von M t e s (a) bzw. Abnahme des Mischungen bzw. fester Losungen zwischen 100 "C -(hhaltes in -4bhan.n-

gigkeit yon der Temperatur und 400 "C wurden von den Temperprodukten heim Abbau des

Bi(NO,), . 5H,O veraufnahmen angefertigt. Die ausgewerteten Rontgenaufnahmen sind in Form von Strichdiagrammen der Abb. 4 zu entnehmen. €I*

unmittelbar nach Beendigung des Versuclies Pul-

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68 Zcitschrift fur anorgankche und allgemcine Chemie. Band 335. 1965

Aus der hbb. 4 ist ersichtlich, daB bcim isobaren Abbau von Bi(NO,), q5131,0 bei 50°C bis 60°C (Typ I) und bei 77 "C his etwa 130 "C (Typ 11) Produkte 35) entstehen, die ein eigenes Rontgenogramm aufweiseiz. Oberhalb 130 "C zeigt dns Dehyeogramm ein gestortcs Gihter vom Tgp 11. Bei weiterer

n

770°C , -- -~ _-_

77- 1300c

50- EO'C

1 I --

25 fl(#03h 5H,O

j L , L L l r / # , I 8 1 , I , I

50 60 70 - Jcu ~~~

Abb. 4. Debyeogramnie der Reaktiorisprodukte beim isobaren Abbau von Bi(KO,), . 5 H,O

Temperaturerhohung tritt nb etwa 260 "C ein neues Ront8genbild auf, das mit keinem der niich sphter untersuchten Nitrate z6 ) ?s) oder Wismut(II1)-

35) Haufig treten zwischen 50°C und 130 "C bei diesen Versnrhsbeding~~rlgen Mischun- gen von Typ I und IT auf.

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G. GATTOW- u. G. KIEL, Darstellung und Eigenschaften Ton Bi(NO,), - 5H,O 69

oxid-Modifikationen36) Ahnlichkeit besitzt. $1) etwa 400 "Cj wird nur noch das Interferenzmuster des LX-B~,O,~~) beobachtet.

Die Festlegung deu Zusammensetzung von Produkten mit dem Riintgen- interferenzmuster des Typs I und I1 wurde durch die Tatsache vereinfacht', daB der Typ I in reiner Form bei (ler Hydrolyse von Bi(NO,), . 5H,O in der Hitze (2 100 "C) bei pH = O,,i his 1,0, der Typ I1 bei der Extraktion des neutralen Salzes mit absolutein ather iiiid bei der Molekulargewichtsbestirii- mung in Eisessig bzw. bei der langsamen Hydrolyse 26) bei 20°C aiiftritt :

Typ 1. Gefunden: 71,6 & 0,274 Bi3+ urid 19,7 & 0,206 NO, ; Diolite d:' = 5,546 i - 0,003 gjcm3.

Theoretisch: T l , 5 l % Bi3+ und 19,457b NOB. I n Verbindung mit der berechtigten Annahme des Vorliegens von Polykationen28) 2g)

in der Losung ergibt sich die formale Zusamrnensetzung26) (vgl. RUT TEN^))

[Bi,O,],(NO,),,(OR) . 6H,O.

TJ'P 11. Gefunden: 69,8 & 0,10/; Bi3+ nnrl 20,8 & 0,2"/, KO;; Dichte d? = 5,183 + 0,02 &/em3.

Theoretisch: 69,900; Bi3' und 20,74 NO,. Unter der Annahme der Esistenz von Polykationen28) formale Zusammensetzung 26) 37) abgeleitet wcrden (vgl. O Z O L S ~ ~ ) ) :

in Liisung kann folgende

[Bi,0,](N0,)6 - 4H,O.

530O-Produkt. Gefunden: 84,l & 0,296 Bi3+ und 7,2

Theoretisch: 84,13 %Bi3+ und 7,1376 KO3. Unter der Voraussetzung, daB diese Substanz kein H,O (oder OH-) mehr enthalt, folgt die formalo Zusammensetzung3a)

0,204, NO,.

Bi,4(N03)4019 3 4BiON0, . 5Bi,O, r\ [Bi,O,],(NO,),,O,,.

Die Infra,rotspektren (KBr-PreBtechnik) der Abbauprodukte, die direkt naeh Reendigung der Temperversiiehe angefertigt wurden und die in Abh. d zusammenfassend wiedergegeben sin& zeigen im wesentlichen grol3e Bhn- lichkeiten.

Zu bemerken ist eine zunehmende Aiifspaltung der v3-Nitretbande3g) bci 1390 em-l. Bcim Bi(FO,), . BH,O ist eine Aufspaltung kaum cu erkennen, bei den 50"- bis 85°C-Proben

3 6 ) G. GATTOW 11. H. SCHRODER, Z. anorg. allg. Chem. 315, i i G (1962); G. GATTOW u. I). SCHUTZE, Z. anorg. allg. Chem. 325, 44 (1964).

37) Vgl. die formalen Formulierungen bei der Molekulargewichtsbcstimmung des neu- tralen Salzes in Eiscssig.

,*) Ob diese Substanz cine definierte Verbindung oder eine Nischung aus ,,BiONO," uncl Bi,03 darstellt, kann nicht mit Bestimmtheit entschieden werden, da die Abbau- kurven (Sbb. 3), die IR-Spektren (Abb. 5) und die DTA-Aufnahmen (Abb. 1 und 6) keinen sicheren Hinweis gcben.

39) Zuordnung der Randen nach ADDISON 11. GATEROUSE 24) sowie nach K A T Z I K ~ ~ ) .

. ~~ ~

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70 Zeitschrift fur anorganische und nllgemeine Chemie. Band 335. 1965

Abb. 5. IR-Spektren der Reaktionsprodukte beim isobaren Abbau von Bi(NO,), . 5H,O

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G. GATTOW u. G. KIEL, Uarstellimg und Eigenschaften von Bi(NO,), . GH,O 7 1

ist, sie schon deutlich vorhanden ; sie ist noch klarer bei den 130"- bis 200 OC-Produkten. Die Spektren der 330 OC-Produkte zeigen zusatzliche scharfe Banden bei 1420 und 1280 cm-l40). Die Aufspaltung der v,-Bande ist nach K A T Z I N ~ ~ ) bei ionisierten Verbindungen zu finden, d. h. also, daB fi i r den vorliegenden Fall der ionare Charakter der NO,-Gruppe mit steigender Temperatur zunimmt. - Die Spektren zeigen deutlich, daB das Kristallwasser uberwiegend schon bei etwa 100 "C abgegeben wird. Von 400 "C an erhlilt man das Spektrum von reinem I iBr (Jiasserbanden!).

60 "C

77°C

13Ooc

200 "C

33PC

L I ~ 7 8 ~ - _ 100 200 ' 300 400 500 600 700

* T ( O C /

d b b . 6. Differentialthermodiagramme der Reaktionsprodukte bcim isobaren Abbau von Bi(NO,), . 5H,O. Abszisse: Temperatur der Probe in "C; Ordinate: Temperaturdifferenz

der Probe gegen %-AI,O, in willkurlichen Einheiten

Aus den Differentialthermodiagrammen der Abb. 1 und 6 ist zu entneh- men, dal3 die Kurven der Produkte von 60", 77" und 85 "C gleichen Verlauf hinsichtlich der Anzahl, Lage und relativer ,,Intensitat" der Peaks zeigen. Dagegen andern sich sukzessiv die Kurven der Reaktionsprodukte von hohe- ren Ternperat~ren~l). Allen Diagrammen gemeinsnm ist die ( a + 6 ) - Vmmandlung36) des Wismut(II1)-oxids bei etwa 720 "C bis 740 "C.

Aus den DTX-Aufnahmen ist lediglich zu entnehmen4*), dai3 im Bereich von 50" bis 5 100 "C gleiche oder sehr ahnliche Endsubstanzen existieren; im anschlieBenden Tempera- turbereich ist das Vorliegen sich kontinuierlich andernder Produkte (evtl. Mischungen) und einer stabilen Verbindung zwischen 400' und 700 "C anzunehmen.

40) In den RANAN-Spektren von Bi(NO,), . 5H,O treten u. a. Banden bei 1440 und

41) Diskussion iiber die DTA-Kurven siehe weiter unten. 1285 cm-1 auf; vgl. R. ANANTHAKRISHNAN, Proc. Ind. Acad. Sci A 5, 417 (1937).

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72 Zcitschrift fur ariorganische und allgemeine Chemie. Rand 335. 1965

2. Aufheizversuehe mit dem neutralen Salz Die langsame Gleichgewichtseinstellung bei dem isobaren Sbbau (vgl .

Abb. 2) und die dagegen sehr schnelle Aufheizung bei der Differentialther- moanalyse (5"/min) lassen daran zweifeln, daB trotz der Reproduzierbarkeit. der Peaks Gleichgewichtszustande erreicht werden. Urn dieses nachzuprufen, wurden Aufheizversuehe durchgefuhrt.

Tn einem elektrischen Tiegelofen wurde eine Anza,hl P r ~ b e n ~ ~ ) (Einwaagen: 2 bis 10 g) linter den Bedingungen dcr DTA mit konstanter Geschaindigkeit (5"/min) aufgeheizt. Unter standiger Beobachtung wurden nach Erreichen der jrweiligen Tcmperatur die Proben aus dem Ofen entfernt und sofort weiter untcrsucht.

Von Zimmertemperatur an aufwarts gibt das ncutrale Salz ein farbloses, stechend rie- chendes Gas ab (farblos bis etwa 140 "C). I m Bercich von 70" bis 75 "C schmilzt es und zeigt bei etwa 88 "C die ersten weiSt,riiben Stellen an der Oberflache, die langsam groRer werden.

I i I

J . I L - L - '0 MO 300 &O 7GG -- 71%'

Abb. 7. Gewichtsverlust (76) des Bi(NO,), .liH,O bei den Aufheizversuchen (.io/'min) in Abhangigkeit von der Tem-

peratur

Bei 130 "C bilden sich die ersten Blasen, bei 14.5 "C beginnen elle Proben unter Abgabe weil3er Nebel mi sieden; diescr Vorgang ist bei ctwa 150 "C beendet (Erstarrung zu einem weiI3en Pulver). Der weif3e Nebel wird durch braune Dampfe verdrangt, deren Intensitlit mit steigender Tempe- ratiir bis zu einem deutlichen Maximum bei etwa 300 "C zunimnit. Bis ctwa, 350 "C bleiben die Substanzen weiB, erst oberhalb dieser Tcmperatur beginnen sie sich in der Hitze gelb zu farben (Farbe in der Kllte: anfanglich weil3).

Der Verlauf des prozentualen Gewichtsver- lustes als Funktion der Temperatur (Abb. 7) zeigt eindeutig, daB die Gewichtsverluste wesentlich unter denen der entsprechenden Versuche des iso- baren Abbaus (vgl. Abb. 3) liegen. Ebenfalls er- geben die Riintgenaufnahmen (Abb. 4) und che- rnischen Analysen eine zu denen des isobaren Ab- baus relative Verschiebung in ihrer Zuordnung zur Temperatur 28).

Aus den Frgebnissen der DTA, der Aufheizversuche und des isobaren Abbaus folgt in Verbindung mit den RGntgenaufnahmen, den IR-Spektren und den chemischen Analysen, daB bei der Differentialthermoanalpse von Bi(X0J3 . 5H,O zunkchst kcine Gleichgcwichte vorliegen. Erst oberhalb 400" bis 450 "C nahern sich die DTA-Diagramme Gleichgewichts- zustlindcn. Ein weiterer Beweis dieser Tatsache ist durch Variation der Aufheizungsge- schwindigkeit bei der DTA und Extrapolation der Umwandlungspeaks auf eine Geschwin- digkeit von ,,Null" erbracht worden.

3. Die thermischen Eigenschaften des neutralen Salzes

-4uf Grund der durchgefiihrten Untersuchungen ergibt sich fur die ther- mische Cmwandlung des Bi(NO,), . 5H,O folgendes Bild42), wobei die bei- den Grenzfalle getrennt behandelt werden sollen :

42) Vgl. hierzu die Differentialthermodiagramme der Abb. 1 und 6.

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G. GATTOW u. B. KIEL, Darstellung und Eigenschaften von Bi(NO,), - 5H,O 73

1. Beini Erwkrmen. Dasneiitrale Salz schmilzt bei 75 "C. Die Schmelze wird bei weiterem Erhitzen unter Eintrubung zahflussiger ; bei etwa 130 "C beginnt sie zu sieden und wandclt sich schlieBlich vollig in ein weiljes Pulver urn (Beendigung der Umwandlung : I50 "C) 43), das rijntgenograpliisch die formale Zusamniensetzung [Bi,O,],(NO,),,(OH) . GH,O besitzt und das sich bei weiterer Teinperaturerhohung zersetzt. Ein Maximum der Abgabe nitroser Gase wird bei etwa 300 "C beobachtet. Bei diescr Temperatur liegt ein Gewichtsverlust von etwa 45% vor, dein cin NO, -Gehalt der verblei- benden Substanz von etwa 13% zukommt. Diese restlichen 13% werden bis etwa 420 "C kontinuierlich abgegeben. bis schlieBlicli Bi,O, resultiert, das eine reversible Umwandlung ( x + 8) bei etwa 720 "C bis 740 "C durchliiuft 36) .

Uber die von der Differentialthermoanalyse (vgl. Abb. 1 und 6) bei etwa 500 "C und 600 "C bzw. 580 "C angezeigten thermischen Effekte lassen sich keine sicheren Angaben machen ,*).

710"- lBiM3,3 .5H, 0 (Nt9Jl,7 IOtil.6@' c - L % h o 3 ~ E - 8 , 0 , 740" I

Abb. 8. Thermische Zersetzung des Bi(NO,), . 5 H,O35) untcr Gleichgewichtsbcdingungen

2 . Un t e r Glei c hg e w i c h t s b e di ngung e n. Beim Erwarmen imter Gleichgewichtsbedingungen lafit sich das in Abb. 8 aufgefiihrte Umwand- lungsschenia des neutralen Salzes aufstellen. Bi(NO,), . 5 H,O wandelt sich ab 50 "C his 60 "C in das [Bi,O,],(l"O,),,(OH) GH,O urn, das ab etwa 77 "C bis N 130°C in des [Bi60,](N0,), . 4H,O iibergehtS5). Bei weiterem Er- hitzen tritt eine kontinuierliche Zersetzixng ein44), die bei etwa 400 "C bis 450 "C beendet ist. Als endgiiltiges Zersetzungsprodukt resultiert a-Bi,O,, das sich bei 720 "C bis 740 "C reversibel in die Hochtemperaturmodifikation (&Bi,O,) umwandelt 3 6 ) .

Fur die Bcreitstellung von Institutsmitteln danken wir sehr Herrn Professor Dr. 0. GLEMSER. Der Deutschcn Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemischen Industrie gilt unser Dank fur die grofiziigige Unterstiitzung unsercr Arbeit.

43) Die in Abb. 1 aufgezeigte Aufspaltung der ersten beiden Peaks ist moglicherweise auf eine uberlagerung des Sclimelzens bzw. Siedens durch die Abscheidung des gcbildeten Zersetzungsproduktes bcdingt,.

44) Es sol1 noch cinmal auf das bei 330 "C auftrctende, mijgliche Zersetzungsprodukt 38)

der Znsammensetznng 4RiON0, . 5Bi,O, hingewiesen werden.

GO t t i ngen , dnorganisch-chemisches Tnstitut der Universitat.

Bei der Redaktion eingegangen am 24. April 1964.