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Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden Das Konvergenzprojekt von IASB und FASB: Was bedeuten die vorgeschlagenen Neuregelungen für die Praxis?

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Umsatzrealisierung beiVerträgen mit Kunden

Das Konvergenzprojekt von IASBund FASB: Was bedeuten die vorgeschlagenen Neuregelungen für die Praxis?

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Überblick 4

Anwendungsbereich 8

Wann werden Umsatzerlöse erfasst? 10

Identifizierung von Verträgen mit Kunden 10

Zusammenfassung und Segmentierung von Verträgen 10

Vertragsmodifikationen 12

Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen 13

Rückgaberechte 14

Gewährleistungen und Garantien 16

Ist das Unternehmen Hauptlieferant oder Vermittler (Principal-Agent Verhältnis)? 19

Lieferungen auf Kommission 19

Option zum Erwerb zusätzlicher Güter 20

In welcher Höhe werden Umsatzerlöse erfasst? 22

Bestimmung des Transaktionspreises 22

Variable Gegenleistung 23

Einbringlichkeit 24

Zinseffekt (Zeitwert des Geldes) 25

Nicht zahlungswirksame Gegenleistung 26

An den Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistung 26

Nicht erstattungsfähige Anfangszahlungen 28

Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflichtungen 29

Schätzung der Einzelveräußerungspreise (stand-alone selling prices) 29

Änderungen des Transaktionspreises nach Vertragsabschluss 29

Belastende Leistungsverpflichtungen 32

Vertragskosten (contract cost) 33

2 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Erfüllung der Leistungsverpflichtungen 35

Kontinuierliche Übertragung (continuous transfer) von Gütern und Dienstleistungen 37

Rückkaufvereinbarungen (repurchase agreement) 38

Bill-and-hold-Vereinbarungen 39

Abnahme durch den Kunden 40

Lizenzen und Nutzungsrechte 40

Darstellung und Angaben 43

Darstellung 43

Vertragliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten 43

Angaben 43

Unterteilung der Umsätze nach Kategorien 43

Überleitung der Eröffnungs- und Schlusssalden 44

Leistungsverpflichtungen 45

Belastende Leistungsverpflichtungen 45

Wesentliche Ermessensentscheidungen bei der Anwendung des Modells 46

Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften 47

Nächste Schritte 48

3Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Am 24. Juni 2010 wurde vom International Accounting Stan-dards Board (IASB) und dem Financial Accounting StandardsBoard (FASB) (im Folgenden „die Boards“) der Exposure Draft(ED) Revenue from Contracts with Customers veröffentlicht.Dieser gemeinsame Standardentwurf bildet einen wichtigenSchritt zur Konvergenz der Regelungen der IFRS mit den Vor-schriften der US GAAP und wird für Unternehmen in allen Wirt-schaftszweigen gelten.

Die vorgeschlagenen Regelungen basieren auf dem Modell derErtragsrealisierung, das in dem gemeinsamen DiskussionspapierPreliminary Views on Revenue Recognition in Contracts withCustomers vom Dezember 2008 vorgestellt worden war. Zu demDiskussionspapier haben die Boards über 200 schriftliche Stel-lungnahmen erhalten, die im Rahmen der Beratungen zur Ent-wicklung des Exposure Drafts berücksichtigt wurden.

Wesentliche Zielsetzung des Entwurfs ist die Präzisierung derGrundsätze für die Ertragsrealisierung, d. h. es soll diesbezüglichein gemeinsamer Standard erarbeitet werden, der:• Inkonsistenzen und Schwachstellen in den existierenden

Regelungen zur Ertragsrealisierung behebt,• stabilere Grundsätze zur Ertragsrealisierung bietet,• eine branchen- und kapitalmarktübergreifend bessere Ver-

gleichbarkeit gewährleistet, sowie• die Zahl der Regelungen verringert, die von den Unterneh-

men heranzuziehen sind

Die vorliegende Broschüre bietet einen Überblick über diewesentlichen Grundsätze des ED und die möglichen Folgen fürdie anwendenden Unternehmen. Beispiele aus verschiedenenWirtschaftszweigen und Branchen sollen die potenziellen Aus-wirkungen verdeutlichen. Diese Publikation soll den Ab-schlusserstellern eine klare Vorstellung davon vermitteln, welchebedeutenden Auswirkungen der Standardentwurf für sie habenkönnte.

Die Kommentierungsfrist für diesen Standardentwurf ist am 22. Oktober 2010 abgelaufen. Insgesamt sind knapp 1.000 Stel-lungnahmen aus einem breiten Spektrum an Branchen bei denBoards zu diesem Entwurf eingegangen. Die hohe Resonanzmacht deutlich, dass der vorgeschlagene Standard zur Umsatz-realisierung für viele Unternehmen, wie z. B. für Unternehmen

der Telekommunikationsindustrie sowie Unternehmen mit lang-fristiger Auftragsfertigung — sofern er in dieser Form als finalerStandard veröffentlicht würde — weitreichende Konsequenzenhat. Wir empfehlen daher den Abschlusserstellern, sich bereitsfrühzeitig intensiv mit den möglichen Konsequenzen auf ihrUnternehmen auseinander zu setzen.

Überblick über das vorgeschlagene ModellDas vorgeschlagene Modell schreibt die Grundsätze vor, nachdenen Unternehmen zukünftig die Höhe, den Zeitpunkt und dieEinbringlichkeit von Umsatzerlösen bestimmen sollen, die sichaus der Lieferung von Gütern bzw. Waren1 oder der Erbringungvon Dienstleistungen an den Kunden ergeben. Umsätze sind erstdann zu erfassen, wenn die zugesagten Güter oder Dienstlei-stungen auf den Kunden übertragen worden sind. Die Höhe desUmsatzes bemisst sich nach der Gegenleistung, die das Unter-nehmen für diese Güter oder Dienstleistungen erhält. Nach demModellentwurf erfolgt die Umsatzrealisierung erst mit der Über-tragung der Verfügungsgewalt (control) auf den Kunden.

Das vorgeschlagene Bilanzierungsmodell sieht die folgendenfünf Schritte vor, denen ein Unternehmen folgen muss, um denangemessenen Betrag sowie den richtigen Zeitpunkt für dieErfassung von Umsatzerlösen zu bestimmen:

4 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Überblick

1. Identifizierung von Verträgenmit dem Kunden

2. Identifizierung von separatenLeistungsverpflichtungen innerhalb des Vertrages

3. Ermittlung des Transaktionspreises

4. Aufteilung des Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflichtungen

5. Erfassung des Umsatzes, sofern eineLeistungsverpflichtung erfüllt wurde

1 Im Folgenden vereinfachend nur „Gut“ oder „Güter“.

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Das vorgeschlagene Modell ist auf Verträge mit Kunden anzu-wenden. Der Standardentwurf versteht unter einen Vertrag miteinem Kunden ein Bündel von Rechten und Leistungsverpflich-tungen (sog. performance obligations). Die Rechte stehen dabeifür den Anspruch eines Unternehmens auf den Erhalt einerGegenleistung (z. B. ein Entgelt). Die Leistungsverpflichtungenumfassen die Verpflichtung des Unternehmens, Leistungen zuerbringen oder Güter an einen Kunden zu übertragen. Dabei isteine Leistungsverpflichtung definiert als „Zusage in einem Ver-trag mit einem Kunden, einen Vermögenswert (wie ein Gut odereine Dienstleistung) auf diesen Kunden zu übertragen“. Derarti-ge Verpflichtungen können sowohl explizit als auch implizit ausdem Vertrag hervorgehen. Jeder Vertrag ist in seine einzelnenLeistungsverpflichtungen aufzuteilen. Verspricht ein Unterneh-men einzeln abgrenzbare (distinct) Güter oder Dienstleistungenbereitzustellen, so sind diese als separate Leistungsverpflich-tung getrennt von einander zu erfassen. Eine separate Lei-stungsverpflichtung liegt vor, wenn das Unternehmen oder einanderes Unternehmen gleichartige oder ähnliche Güter bzw.Dienstleistungen einzeln verkaufen könnte, weil sie eine unter-schiedliche Funktion und eine eigene Gewinnmarge aufweisen.

Der ED schlägt ein Prinzip der vertragsbasierten Ertragsrealisie-rung vor. Schließt ein Unternehmen mit einem Kunden einenVertrag ab, führt die Konstellation aus Rechten und Leistungs-

verpflichtungen in diesem Vertrag zu einer Nettovertrags-position. Zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung, d. h. wennbeide Vertragsparteien noch keine Leistungen erbracht haben,hat die Nettovertragsposition einen Wert von Null. Der vertragli-che Vermögenswert und die Leistungsverpflichtung stehen sichbei einem beiderseits noch zu erfüllenden Vertrag im Sinne desRahmenkonzepts für die Aufstellung und Darstellung vonAbschlüssen des IASB (das „Rahmenkonzept“) in gleicher Höhegegenüber und heben sich damit gegenseitig auf. Die Nettover-tragsposition verändert sich erst mit der Erfüllung der Leistungs-verpflichtung durch das Unternehmen oder den Kunden. Nachdem vorgeschlagenen Modell werden Erträge dann realisiert,wenn sich ein Netto-Vermögenswert aus einem Vertrag erhöhtoder sich eine Netto-Verbindlichkeit aus einem Vertrag verrin-gert oder wenn beides eintritt, d. h. wenn eine Netto-Verbind-lichkeit aus einem Vertrag zu einem Netto-Vermögenswert auseinem Vertrag wird. Eine solche Veränderung ergibt sich, wenndas Unternehmen die in dem Vertrag enthaltene Leistungsver-pflichtung zur Übertragung des zugesagten Gutes oder derErbringung der zugesicherten Dienstleistung an den Kundenerfüllt. Die Übertragung ist erfolgt, sobald der Kunde die Verfü-gungsgewalt über den Vermögenswert erlangt hat. Die Erfüllungdurch den Kunden (in der Regel durch Zahlung der Gegenlei-stung) führt hingegen zu einer Verminderung der Nettover-tragsposition und damit nicht zur Erfassung von Erträgen.

5Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Unternehmen Kunde

Leistungs-verpflichtungen

RechteVermögenswert/Schulden?

Nettovertragsposition(net contract position)

Abb 1. Das neue Modell im Überblick

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Leistungsverpflichtungen werden beim erstmaligen Ansatz zumTransaktionspreis bewertet. Dieser entspricht der von demUnternehmen erwarteten Gegenleistung des Kunden. Umfasstein Vertrag mehrere solcher Leistungsverpflichtungen, hat dasUnternehmen den Transaktionspreis im Verhältnis der Einzelver-äußerungspreise (stand-alone selling price) der Güter undDienstleistungen auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zuverteilen. Der Einzelveräußerungspreis eines zugesagten Gutesoder einer zugesicherten Dienstleistung ist der Preis, zu dem dasUnternehmen dieses Gut oder diese Dienstleistung an fremdeDritte separat verkaufen würde, d. h. nicht im Rahmen einesMehrkomponentenvertrags. Den besten Anhaltspunkt hierfür lie-fern beobachtbare Marktpreise. Diese liegen vor, wenn dasUnternehmen oder ein anderes Unternehmen die betreffendenGüter oder Dienstleistungen gesondert vertreibt. Verkauft

jedoch weder das Unternehmen noch ein anderes Unternehmendieses Gut oder diese Dienstleistung separat, ist es erforderlich,den Einzelveräußerungspreis auf Basis anderer Informationen zuschätzen.

Eine Leistungsverpflichtung wird von einem Unternehmen durchÜbertragung des Gutes oder der Dienstleistung an den Kundenerfüllt. Ein Gut bzw. eine Dienstleistung ist „übertragen“, wennder Kunde die Verfügungsgewalt darüber erlangt. Bei Erfüllungeiner Leistungsverpflichtung wird der Betrag als Umsatz erfasst,der dieser Leistungsverpflichtung auf Grundlage ihres Einzelver-kaufspreises bei Vertragsabschluss zugeordnet worden ist.Somit entspricht der Gesamtumsatz, den ein Unternehmen wäh-rend der Laufzeit eines Vertrags bei Erfüllung der Leistungsver-pflichtungen erfasst, dem Transaktionspreis.

6 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Leistungs-verpflichtung

Rechte

Unternehmen liefert Güter bzw.erbringt Dienstleistungen

Anstieg des vertraglichenVermögenswertes

Umsatzrealisierung

Abb. 2 — Umsatzrealisierung als Veränderung der Nettovertragsposition

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Änderungen der geltenden IFRSAuch wenn sich die Bilanzierung einer Vielzahl von Transaktio-nen nicht wesentlich verändert, ist es gleichwohl sehr wahr-scheinlich, dass alle Unternehmen von den neuen Regelungenbetroffen sein. Nach IAS 18 Erträge liegt der Fokus bei derErtragsrealisierung auf einem Übergang der Chancen und Risi-ken (risks and rewards), während das vorgeschlagene Modellauf den Übergang der Verfügungsgewalt (control) abhebt. Dasneue Modell kann somit zu einer anderen Periodisierung vonErträgen führen. Davon wären u. a. die nachfolgenden Sachver-halte betroffen:• Vertragskomponenten, die nach den derzeitigen IFRS Rege-

lungen zur Ertragsrealisierung nicht als separate Leistungs-komponenten zu behandeln sind, wie z. B. bestimmteGewährleistungen, sind nun unter Umständen als separateLeistungsverpflichtungen zu betrachten. Die Höhe der Erträ-ge der einzelnen Vertragsbestandteile bemisst sich anhandder Verteilung des Transaktionspreises auf die identifiziertenLeistungsverpflichtungen. Die Erträge werden erst bei Erfül-lung der jeweiligen Komponente erfasst.

• Die Bilanzierung von Fertigungsaufträgen kann sich grundle-gend ändern, da die Umsatzerfassung im Verlauf der Ferti-gungsphase in Fällen, in denen die Verfügungsgewalt überden im Bau befindlichen Vermögenswert erst bei dessen Fer-tigstellung auf den Kunden übergeht, voraussichtlich nichtmöglich sein wird.

• Unternehmen, die sich bei der Bilanzierung von Mehrkompo-nentenverträgen (sog. multiple-element-Vereinbarungen)bislang an US GAAP orientiert haben (z. B. Verwendung desverkäuferspezifischen objektiven Nachweises (vendor-speci-fic objective evidence - VSOE)), werden ihre Vorgehenswei-se möglicherweise ändern müssen.

• Die Bemessung der Erträge wird sich grundlegend ändern, dadas vorgeschlagene Modell zu jedem Abschlussstichtag eineNeubewertung vorsieht. Es könnten in einer nachfolgendenBerichtsperiode beispielweise neue Informationen vorliegen,die es dem Unternehmen nun ermöglichen, eine bedingteKaufpreisleistung zuverlässig zu schätzen.

• Die Notwendigkeit von Ermessensentscheidungen wirderheblich ausgeweitet, zum Beispiel bei der Identifizierungvon separaten Leistungsverpflichtungen, der Klassifizierungvon Gewährleistungen oder der Schätzung von Erträgen, dievom Eintreten einer Bedingung abhängig sind.

• Unternehmen müssen das Ausfallrisiko ihrer Kunden beurtei-len. Die erwartete Einbringlichkeit der Gegenleistung soll sichkünftig unmittelbar auf die Höhe der erfassten Erträge aus-wirken. Nachträgliche Änderungen der ursprünglichen Ein-schätzung werden hingegen in den sonstigen betrieblichenErträgen oder Aufwendungen und nicht in den Umsatzerlö-sen erfasst.

• Entgegen den derzeit geltenden Regelungen des IAS 18 ver-langt der Standardentwurf, dass Vorauszahlungen, die einKunde an das Unternehmen leistet, abzuzinsen sind.

Das vorgeschlagene Modell kann außerdem den Zeitpunkt derErfassung von Umsatzkosten im Vergleich zur aktuellen Praxisbeeinflussen. Beispielsweise aktivieren manche Unternehmenderzeit die zusätzlich im Rahmen der Auftragsanbahnung anfal-lenden Kosten, die einem Dienstleistungsvertrag direkt zure-chenbar sind, soweit diese durch künftige Nettoauftragserlöseausgeglichen werden können. Nach dem Modellentwurf sind Auf-tragskosten jedoch in der Periode ihres Entstehens aufwands-wirksam zu erfassen, es sei denn, sie sind nach dem einschlägi-gen oder einem anderen IFRS-Standard aktivierungsfähig.

Der Standardentwurf wird die folgenden Standards und Interpre-tationen ersetzen:

• IAS 11 Fertigungsaufträge

• IAS 18 Erträge

• IFRIC 13 Kundenbindungsprogramme

• IFRIC 15 Vereinbarungen über die Errichtung von Immobilien

• IFRIC 18 Übertragungen von Vermögenswerten von Kunden

• SIC 31 Erträge — Tausch von Werbeleistungen

7Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Die vorgeschlagenen Regelungen sind auf alle Verträge mit Kun-den anzuwenden. Davon ausgenommen sind jedoch:

• Leasingverträge

• Versicherungsverträge

• Finanzinstrumente

• bestimmte nicht-monetäre Transaktionen zwischen Unter-nehmen, die in demselben Wirtschaftszweig tätig sind

Einige Verträge mit Kunden können auch nur teilweise in denAnwendungsbereich des Standardentwurfs und ansonsten in denAnwendungsbereich anderer IFRS fallen. Sofern ein andererStandard regelt, wie ein Vertrag in mehrere Komponenten auf-zuteilen ist und wie diese Komponenten zu bewerten sind, soll-ten diese Vorschriften von den Unternehmen zuerst angewendetwerden. Gibt es hierzu jedoch keine Vorgaben in einem anderenStandard, sollen Unternehmen sich bei der Segmentierung undBewertung von Vertragskomponenten am Standardentwurf zurUmsatzrealisierung orientieren.

Beispiel 1 - Anwendungsbereich

Bank B vergibt Hypothekenkredite an Privat- und Geschäfts-kunden. Die Kredite sind fest oder variabel verzinslich, wobeisich die Höhe des Zinssatzes nach der Kreditlaufzeit bemisst.Die Kredite werden von den Kunden nach einem vereinbartenRückzahlungsplan getilgt. Zusätzlich wird eine Bearbeitungs-gebühr für die Einrichtung des Kredits berechnet, und beiZahlungsverzug können Strafgebühren erhoben werden. DieHypothekenkredite stellen eine einzige Leistungsverpflich-tung dar, die die Kreditbereitstellung und -herausgabe, dieÜberwachung der Zahlungseingänge und die Berechnung vonStrafgebühren im Verzugsfall umfasst.

Bank B ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertraglichenCashflows aus Zinsen und Gebühren nicht in den Anwen-dungsbereich des Standardentwurfs fallen, und verteilt dieseErträge daher nach den Regelungen des IAS 39 unter Anwen-dung der Effektivzinsmethode über die gesamte Kreditlaufzeit.

IAS 18 enthält derzeit, wenn auch nur eingeschränkt, Leitlini-en dazu, was eine „Gebühr“ oder der Gesamtertrag aus einemKredit ist. Der ED verzichtet dagegen auf derartige Leitlinien.

Die vorgeschlagenen Regelungen gelten für alle Verträge mitKunden. Daher können auch Verträge, die aus bisheriger Sichtnicht zu Umsatzerlösen führen, in den Anwendungsbereich desED fallen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vertragspartnerder im Entwurf dargelegten Definition eines Kunden entspricht.Ein Kunde wird dabei als Partei definiert, die mit einem Unter-nehmen einen Vertrag über den Erhalt von Gütern oder Dienst-leistungen aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unter-nehmens abgeschlossen hat. In der Grundlage für Schlussfolge-rungen (Basis for Conclusions) zum ED verweisen die Boardsauf die Praxis in der Öl- und Gasindustrie, wo sich mehrereUnternehmen per Vertrag zu Produktionsgemeinschaftenzusammenschließen, um von den Vorteilen der gemeinsamenErschließung und des gemeinsamen Abbaus einer potenziellenRessource zu profitieren. In solchen Verträgen ist üblicherweisefestgelegt, welcher Teil der geförderten Öl- und Gasmengenjeder Partei zusteht. Abweichungen von dem vereinbarten Ver-hältnis werden gewöhnlich durch Barzahlungen ausgeglichen.Vereinbarungen dieser Art erfüllen die Definition eines Vertrags.Unternehmen müssen daher prüfen, ob der Vertragspartner alsKunde anzusehen ist und der Vertrag somit in den Anwendungs-bereich des ED fällt. Der Entwurf enthält keine konkretenAnwendungsleitlinien zu diesem Thema. Die Boards weisen indesdarauf hin, dass sämtliche Fakten und Umstände in die Beurtei-lung, ob Unternehmen, die Partei eines Vertrags zur Bildungeiner Produktionsgemeinschaft sind, der Definition eines Kundenentsprechen, mit einzubeziehen sind. Ähnliche Vereinbarungenüber Gemeinschaftsprojekte sind häufig im Life-Sciences Bereichund im Bereich der Luftfahrt und Verteidigung anzutreffen. Beider Prüfung, ob diese Verträge in den Anwendungsbereich desED fallen, sind ebenfalls alle relevanten Fakten und Umstände zuberücksichtigen.

8 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Anwendungsbereich

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Verkauf nicht-finanzieller VermögenswerteDer Entwurf sieht darüber hinaus vor, dass die Ansatz- undBewertungsvorschriften des vorgeschlagenen Modells auch aufdie Veräußerung von bestimmten nicht-finanziellen Vermögens-werten anzuwenden sind, die keine Leistung des Unternehmensim Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit darstellen,etwa die Veräußerung von Sachanlagen und immateriellen Ver-mögenswerten. Der ED regelt somit auch die Bewertung undden Ansatz von Gewinnen aus dem Verkauf solcher nicht-finan-ziellen Vermögenswerte, obgleich diese insofern von der Defini-tion von Umsatzerlösen abweichen, als sie nicht im Rahmen dergewöhnlichen Geschäftstätigkeit eines Unternehmens entste-hen. Nach dem vorgeschlagenen Modell hat das Unternehmenden Vermögenswert auszubuchen, wenn der Käufer die Verfü-gungsgewalt über diesen erlangt. Zwar unterscheidet sich dieseVerfahrensweise von dem derzeit vorgeschriebenen Chancen-und-Risiken-Modell, jedoch dürfte der Erfassungszeitpunkt invielen Fällen der bisherigen Praxis entsprechen.

9Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Identifizierung von Verträgen mit KundenDamit das vorgeschlagene Modell angewendet werden kann,muss ein Unternehmen zunächst das Vorliegen von Verträgenprüfen. Verträge können sowohl schriftlich, mündlich oder auchimplizit geschlossen werden. Das Geschäftsgebaren des einzel-nen Unternehmens hat somit Einfluss darauf, ob ein Vertrag imSinne des ED vorliegt oder nicht.

Nach dem ED besteht ein Vertrag nur dann, wenn die folgendenKriterien kumulativ erfüllt sind:• Der Vertrag hat wirtschaftliche Substanz. Dies ist dann der

Fall, wenn sich die künftigen Cashflows des Unternehmens inFolge des Vertrages voraussichtlich ändern.

• Die Vertragsparteien haben den Vertrag angenommen undzugesagt, ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen.

• Für jede Vertragspartei können durchsetzbare Rechte bezüg-lich der zu übertragenden Güter oder der zu erbringendenDienstleistungen identifiziert werden.

• Das Unternehmen kann feststellen, zu welchen Bedingungenund in welcher Form Zahlungen für diese Güter oder Dienst-leistungen zu entrichten sind.

Der ED präzisiert, dass Vertragskündigungsklauseln einen wichti-gen Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Vertrags darstellen. Sobesteht kein Vertrag, wenn eine der Vertragsparteien den beider-seits noch nicht erfüllten Vertrag ohne Strafe jederzeit kündigenkann. Unter einem „beiderseits noch nicht erfüllten“ Vertrag ver-steht man eine Vereinbarung, bei der die Übertragung der festge-legten Güter oder die Erbringung der festgelegten Dienstleistun-gen durch das Unternehmen und die Entrichtung der vereinbar-ten Gegenleistung durch den Kunden noch nicht stattgefundenhat. Viele Unternehmen führen ein Auftragsbestand. Darin kön-nen Aufträge erfasst sein, die gemäß den vorgeschlagenen Rege-lungen Verträge darstellen, da bei einer vorzeitigen Kündigungeine Strafe zu entrichten ist. Daher ist es erforderlich, dassUnternehmen ihren Auftragsbestand sorgfältig prüfen, um zuermitteln, welche Aufträge in den Anwendungsbereich des neuenED fallen. Besonders wichtig ist diese Beurteilung auch im Hin-blick auf die nach dem Standardentwurf geforderten Angabe-pflichten für Verträge, die in den Anwendungsbereich des Ent-wurfs fallen. Diese sind in den nachfolgenden Ausführungen zuden Angaben ausführlicher dargestellt.

Zusammenfassung und Segmentierung von VerträgenObwohl in den meisten Fällen ein einzelner Vertrag mit einemKunden vorliegen wird, enthält der ED auch Kriterien dafür,wann ein Unternehmen für die Zwecke der Umsatzrealisierungverschiedene Verträge kombinieren oder einen einzelnen Ver-trag segmentieren muss.

Nach dem ED sind Verträge zusammenzufassen und als ein einzi-ger Vertrag zu bilanzieren, wenn sich die vertraglich vereinbar-ten Gegenleistungen einander in ihrer Höhe beeinflussen. Einesolche Abhängigkeit von Vertragskonditionen wird unterstellt,wenn die Höhe einer in einem Vertrag für Güter oder Dienstlei-stungen zugesagten Gegenleistung von einer zweiten, in einemanderen Vertrag zugesagten Gegenleistung abhängig ist.

Der ED legt die folgenden Indikatoren fest, anhand derer eineAbhängigkeit von Vertragskonditionen zwischen zwei oder meh-reren Verträgen festgestellt werden kann:• Die Verträge werden gleichzeitig oder mit nur einem gerin-

gen Zeitabstand voneinander abgeschlossen.• Die Verträge werden als ein Paket mit einem einzigen wirt-

schaftlichen Zweck verhandelt.• Die Verträge werden zeitgleich oder unmittelbar aufeinander

folgend erfüllt.

Zwischen zwei Verträgen besteht nicht schon allein deswegeneine preisliche Abhängigkeit, weil im Rahmen eines neuen Ver-trags aufgrund einer bestehenden Geschäftsbeziehung mit demKunden (d. h. aufgrund früherer Verträge zwischen den beidenVertragsparteien) ein Preisnachlass gewährt wird. Die Feststel-lung, ob die Preise mehrerer Verträge voneinander abhängigsind, erfordert eine sachkundige Beurteilung und hat sämtlicheFakten und Umstände zu berücksichtigen.

Umgekehrt kann ein Unternehmen beschließen, einen Vertragaufzuteilen und statt einem zwei oder mehrere Verträge zuerfassen, wenn die im Vertrag zugesagten Preise von einigenGütern oder Dienstleistungen nicht von den Preisen andererGüter oder Dienstleistungen, die Gegenstand desselben Vertragssind, beeinflusst werden. Gemäß dem Modellentwurf sind diePreise für bestimmte Güter oder Dienstleistungen als unabhän-gig von den Preisen für andere Güter oder Dienstleistungen zu

10 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Wann werden Umsatzerlöseerfasst?

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betrachten, wenn — und nur wenn — beide der folgenden Bedin-gungen kumulativ erfüllt sind:• Gleiche oder ähnliche Güter bzw. Dienstleistungen werden

vom Unternehmen oder anderen Unternehmen regelmäßiggesondert vertrieben.

• Der Kunde erhält keinen nennenswerten Preisnachlass aufbestimmte Güter oder Dienstleistungen, weil er diese zusam-men mit anderen Gütern oder Dienstleistungen im Rahmeneines Vertrages erwirbt.

Gelangt ein Unternehmen zu dem Ergebnis, dass ein Vertrag seg-mentiert werden sollte, hat es laut den vorgeschlagenen Regelun-gen den Gesamtbetrag der erwarteten Gegenleistung im Verhältnisder Einzelveräußerungspreise der Güter oder Dienstleistungen, diein den „Vertragssegmenten“ identifiziert wurden, auf die einzelnenVertragssegmente aufzuteilen. Änderungen der erwartetenGegenleistung werden ausschließlich für die Vertragskomponenteerfasst, auf die sich die Änderung auswirkt. So sind Änderungen inder Höhe der bedingten Gegenleistung, die aus Änderungen ihresvariablen Anteils resultieren, der Vertragskomponente zuzuord-nen, in der diese Schwankungen aufgetreten sind.

Beispiel 2 - Segmentierung eines Vertrags

Unternehmen R schließt mit dem Kunden C einen Vertragüber den Verkauf eines Bürogebäudes ab. Der Vertrag bein-haltet auch eine Vereinbarung zur Instandhaltung des Gebäu-des über einen Zeitraum von fünf Jahren. Der Vertrag siehteine feste Einmalzahlung für das Gebäude und eine über denErbringungszeitraum der Dienstleistung zu zahlendenInstandhaltungsgebühr vor. Diese ist in vierteljährlichenRaten zu entrichten. Die Höhe der Instandhaltungsgebührbemisst sich nach dem aktuellen Marktpreis. Für die erstendrei Monate bietet Unternehmen R allerdings eine kostenloseInstandhaltung an. Ein weiterer Preisnachlass wurde nichtvereinbart.

Unternehmen R verkauft regelmäßig Gebäude an Kunden oderbietet diesen Instandhaltungsleistungen an. Beide Leistungenwerden auch regelmäßig als Paket angeboten. R entscheidet,dass der kostenlose Instandhaltungszeitraum für den Vertragnicht von wesentlicher Bedeutung ist und dass daher keinePreisabhängigkeit zwischen den beiden Verträgen besteht.Der Vertrag wird deshalb in zwei Verträge aufgeteilt.

11Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Beispiel 3 - Zuordnung von Preisnachlässen bei einem segmen-tierten Vertrag

Unternehmen P schließt mit einem Kunden einen Vertragüber den Verkauf der Produkte A und B für einen Gesamtpreisvon EUR 100 ab. Bei Prüfung des Vertrags gelangt P zu demErgebnis, dass die Produkte A und B trennbar sind und sepa-rate Leistungsverpflichtungen darstellen. Die Einzelveräuße-rungspreise betragen EUR 65 für Produkt A und EUR 35 fürProdukt B. P hat außerdem Anspruch auf ein zusätzliches Ent-gelt in Höhe von EUR 10, wenn der Kunde durch den Einsatzvon Produkt A bestimmte Effizienzvorteile erzielt.

Bei einer Segmentierung des Vertrags ist diese zusätzlicheGegenleistung in Höhe von EUR 10 in voller Höhe dem Pro-dukt A zuzurechnen.

Wird der Vertrag nicht aufgeteilt, hat P die zusätzliche Gegen-leistung in Höhe von EUR 10 im Verhältnis der Einzelveräuße-rungspreise auf die Produkte zu verteilen. Demnach sind EUR 6,50 dem Produkt A und EUR 3,50 Produkt B zuzuweisen.

In der Basis for Conclusions weisen die Boards darauf hin,dass ein Vertrag die Voraussetzungen für eine Segmentie-rung auch dann erfüllen kann, wenn ein Rabatt nachweislichnur für einen Teil der vertraglich vereinbarten Güter oderDienstleistungen eingeräumt wird. Ein Unternehmen hat alsonicht zwingend zu unterstellen, dass ein Preisnachlass für einbestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung nurwegen des Erwerbs des gesamten Güter- und Dienstleistungs-pakets gewährt wird. In dem vorstehenden Beispiel beziehtsich die Prämie klar auf Produkt A und ist nicht abhängig vomVerkauf von Produkt B, sodass der Vertrag aus unserer Sichtaufzuteilen wäre.

VertragsmodifikationenVertragsmodifikationen sind Änderungen im Umfang eines Ver-trages oder beim vereinbarten Preis, die von einer der Vertrags-parteien ausgehen. Eine solche Änderung kann beispielweiseden Leistungsumfang (d. h. die Art oder Anzahl der dem Kundenzugesagten Güter oder Dienstleistungen), Art und Zeitpunkt der

Vertragserfüllung oder die bisher vereinbarte Preisgestaltungbetreffen. Bei einer Vertragsmodifikation hat das Unternehmenzu beurteilen, ob die Änderung einen neuen Vertrag begründetoder ob sie in den bestehenden Vertrag aufgenommen werdensoll. Dies ist abhängig von den Wechselwirkungen zwischen demursprünglichen Vertrag und dessen Modifikation.

In ihrer Basis for Conclusions legen die Boards dar, dass auf Ver-tragsmodifikationen dieselben Grundsätze anzuwenden sind, dieauch für die Segmentierung oder Zusammenfassung von Verträ-gen maßgeblich sind. Die vorgeschlagenen Regelungen sehenvor, dass die geänderten Vertragsbestimmungen in Fällen, indenen die Vertragsänderung wegen der Preisabhängigkeit klarmit dem ursprünglichen Vertrag verbunden ist, ein Teil desursprünglichen Vertrags darstellt. Wenn sich die Vertragsände-rung hingegen auf Güter oder Dienstleistungen bezieht, derenPreis unabhängig festgelegt wird, ist sie in vielen Fällen als sepa-rater Vertrag anzusehen und gesondert zu bilanzieren. Damiteine Vertragsmodifikation als eigenständiger Vertrag behandeltwerden kann, muss sie die Voraussetzungen für das Vorliegeneines Vertrages erfüllen (siehe hierzu die Ausführungen zurIdentifizierung von Verträgen mit Kunden auf Seite 10).

In Abhängigkeit davon, ob die Vertragsänderung mit demursprünglichen Vertrag kombiniert wird, können die Höhe derUmsatzerlöse und der Zeitpunkt ihrer Erfassung unterschiedlichausfallen. Sofern die Vertragsmodifikation mit dem ursprüngli-chen Vertrag kombiniert wird, führt dies zu einer Neuverteilungdes Transaktionspreises auf die separaten Leistungsverpflich-tungen. Soweit die Neuzuweisung des Transaktionspreisesbereits erfüllte Leistungsverpflichtungen betrifft, hat das Unter-nehmen den kumulativen Effekt in der Berichtsperiode zu erfas-sen, in der die Änderung stattfindet. Im Ergebnis werden dieUmsätze aus der Vertragsmodifikation so erfasst, als ob diegeänderten Bestimmungen bereits Teil des ursprünglichen Ver-trags gewesen wären. Gelangt das Unternehmen hingegen zudem Schluss, dass die Vertragsmodifikation und der ursprüngli-che Vertrag als separate Verträge zu behandeln sind, so hat esdie Änderungen auf dieser Grundlage zu bilanzieren.

12 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Beispiel 4 - Vertragsmodifikationen

Unternehmen A vereinbart die Herstellung und Montage einerMaschine mit dem Kunden B. Einen Monat nach der Montageschließt A mit B einen gesonderten Wartungsvertrag für dieMaschine ab, der eine Laufzeit von drei Jahren hat. DieGegenleistung für die Wartungsarbeiten ist vergleichbar mitdem Entgelt, das A anderen Kunden berechnet, und steht mitdem Montagevertrag nicht im Zusammenhang.

Daher wird der Wartungsvertrag als separater Vertrag bilan-ziert. Obwohl beide Verträge mit demselben Kunden abge-schlossen werden, ist der Preis für die Wartung unabhängigvom Preis für die Maschine.

Identifizierung der separaten LeistungsverpflichtungenDer ED definiert eine Leistungsverpflichtung als „rechtlichdurchsetzbare (explizite oder implizite) Zusage in einem Ver-trag mit einem Kunden, ein Gut oder eine Dienstleistung an die-sen Kunden zu übertragen“. Nach dem vorgeschlagenen Modellmuss ein Unternehmen die Vertragsbedingungen sowie das nor-male Geschäftsgebaren analysieren, um alle vereinbarten Güterund Dienstleistungen zu identifizieren. Dies lässt sich an dem fol-genden Beispiel verdeutlichen: Unternehmen A räumt seinenKunden üblicherweise eine Gewährleistung von 90 Tagen ein.Wenn auch nicht gesondert vertraglich vereinbart, stellt dieseine Dienstleistung im Sinne des ED dar.

Ein Unternehmen muss bestimmen, ob die vereinbarten Güterund Dienstleistungen als separate Leistungsverpflichtungen zubehandeln sind. Dies ist nur dann der Fall, wenn das Gut oder dieDienstleistung „einzeln abgrenzbar“ (distinct) ist. Ein Gut odereine Dienstleistung ist „einzeln abgrenzbar“ im Sinne der vorge-schlagenen Modells, wenn:• das Unternehmen oder ein anderes Unternehmen ein identi-

sches oder vergleichbares Gut bzw. eine identische oder ver-gleichbare Dienstleistung separat verkauft; oder

• das Unternehmen das Gut oder die Dienstleistung separatverkaufen könnte, weil die beiden nachfolgenden Vorausset-zungen kumulativ erfüllt sind:• Das Gut oder die Dienstleistung haben eine bestimmte

Funktion, d. h. sie stiften allein oder zusammen mit ande-ren vom Kunden erworbenen Gütern oder Dienstleistun-

gen Nutzen oder wird separat vom Unternehmen odereinem anderen Unternehmen separat angeboten und

• Sie haben eine bestimmte eigene Gewinnmarge, d. h. sieunterliegen eigenen Risiken und das Unternehmen kanndie erforderlichen Ressourcen für die Lieferung des Gutesbzw. die Erbringung der Dienstleistung eindeutig identifi-zieren

Sofern Güter oder Dienstleistungen nicht als separate Leistungs-verpflichtung zu behandeln sind, hat das Unternehmen dieseGüter und Dienstleistungen so lange mit anderen zugesagtenGütern oder Dienstleistungen zusammenzufassen bis ein Paketvon Gütern oder Dienstleistungen entsteht, das „bestimmt“ ist.Diese Kombination von Gütern oder Dienstleistungen kann zurFolge haben, dass das Unternehmen sämtliche in dem betreffen-den Vertrag zugesagten Güter oder Dienstleistungen als eineeinzige Leistungsverpflichtung zu bilanzieren hat.

Die Pflicht zur Kombination von Gütern oder Dienstleistungen,die einzeln nicht „bestimmt“ sind, mit anderen Gütern oderDienstleistungen bildet ein grundlegendes Element des vorge-schlagenen Modells und kann einen wesentlichen Einfluss aufden Zeitpunkt der Umsatzrealisierung haben. Diese Vorschriftkann jedoch auch dazu führen, dass mehrere Güter oder Dienst-leistungen kombiniert werden müssen, die für sich genommen„bestimmt“ sind. Die Anwendungsleitlinien zum ED führen hierzuals Beispiel einen Bauauftrag an, der die folgenden Güter undDienstleistungen umfasst:

• Vorbereitung der Baustelle

• Herstellung des Fundaments

• Errichtung des Rohbaus

• Rohrverlegung

• Leitungsverlegung

• Abschließende Arbeiten an der Baustelle

• Auftragsmanagement

Das Unternehmen gelangt zum Schluss, dass die Auftragsmana-gementleistungen nicht „bestimmt“ sind, während die übrigenzugesagten Güter und Dienstleistungen „bestimmt“ sind. DasUnternehmen beschließt daher, die Auftragsmanagementlei-stungen mit anderen vereinbarten Gütern und Dienstleistungen

13Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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zu einem Paket von Gütern und Dienstleistungen zu kombinie-ren, das insgesamt die Voraussetzung der „Bestimmtheit“erfüllt. Im vorliegenden Beispiel beschließt das Unternehmen,das Auftragsmanagement mit sämtlichen Gütern und Dienstlei-stungen zu kombinieren, die sich auf die Bautätigkeit beziehen,d. h. die Herstellung des Fundaments, der Rohbau sowie dieRohr- und Leitungsverlegung, da die Tätigkeiten dieser Lei-stungskomponenten miteinander zusammenhängen und die Risi-ken der verschiedenen Komponenten untrennbar miteinanderverbunden sind. Folglich kommt das Unternehmen zu demErgebnis, dass der Vertrag drei separate Leistungsverpflichtun-gen enthält: die Vorbereitung der Baustelle, die Bautätigkeit unddie abschließenden Arbeiten an der Baustelle.

In Fällen, in denen ein Unternehmen mehrere Güter gleichzeitigüberträgt oder Dienstleistungen an einen Kunden erbringt, ist esnicht erforderlich, das vorgeschlagene Modell auf jede Lei-stungsverpflichtung separat anzuwenden. Sowohl die Höhe dererfassten Umsatzerlöse als auch der Zeitpunkt der Umsatzreali-sierung würde bei der Anwendung des vorgeschlagenen Modellsauf die separaten Leistungsverpflichtungen gleich ausfallen.

Beispiel 5 - Identifizierung der separaten Leistungsverpflichtungen

Der Telekommunikationsanbieter X verpflichtet sich vertrag-lich, folgendes an einen Kunden bereitzustellen:• einen Internetzugang (einschließlich der Installation von

Hardware beim Kunden durch einen Techniker) • einen Festnetzanschluss; und• Fernsehprogramme

Jede dieser Leistungen wird separat angeboten, kann aberauch verschieden kombiniert werden. Da bei einer Bestellungdes gesamten Paketes ein erheblicher Preisnachlass gegen-über dem Einzelveräußerungspreis jeder Leistung gewährtwird, ist eine Segmentierung des Vertrags nicht möglich.Allerdings sind die Leistungen „bestimmt“, sodass sie als ein-zelne Leistungsverpflichtungen zu erfassen sind. Die Einrich-tung des Internetzugangs beim Kunden ist von der laufendenBereitstellung des Internets nicht trennbar, da sie keineneigenen Nutzen aufweist. Deshalb wird die Einrichtung desInternetzugangs als Komponente der Leistungsverpflichtung„Internetzugang“ behandelt.

RückgaberechteEin Unternehmen kann seinen Kunden ein Rückgaberecht an dengelieferten Produkten einräumen. Dies kann entweder vertrag-lich vereinbart sein oder im Rahmen der Geschäftspraxis desUnternehmens implizit erfolgen. Ein Kunde, der von seinemRückgaberecht Gebrauch macht, kann den Kaufpreis vollständigoder teilweise rückerstattet bekommen, eine Gutschrift auf aus-stehende Zahlungen oder eine Anrechnung auf den Kaufpreisanderer Güter oder Dienstleistungen erhalten oder ein Ersatz-produkt angeboten bekommen. Möglich ist auch eine Kombinati-on der vorstehenden Leistungen.

Ein Unternehmen, das in einem Kaufvertrag ein Rückgaberechteinräumt, muss jederzeit bereit sein, das verkaufte Produktzurückzunehmen. Aus Sicht der Boards stellt eine solche Ver-pflichtung keine separate Leistungsverpflichtung dar. Bei Pro-duktverkäufen mit Rückgaberecht handelt es sich vielmehr umeine unsichere Zahl von Verkäufen. Bis zum Ablauf des Rückga-berechts weiß das Unternehmen somit nicht, ob ein erfolgrei-cher Verkauf stattgefunden hat oder ein sogenannter fehlge-schlagener Verkauf (failed sale) vorliegt. Nach den vorgeschla-genen Regelungen dürfen Umsatzerlöse für Verkäufe nichterfasst werden, wenn die Erwartung besteht, dass der Kundevon seinem Rückgaberecht Gebrauch machen könnte.

Nach Auffassung der Boards bedeutet ein Rückgaberecht in derRegel, dass der Transaktionspreis zum Zeitpunkt des Verkaufsunsicher ist. Zum Verkaufszeitpunkt wird der Transaktionspreisdaher im Einklang mit den vorgeschlagenen Leitlinien für einevariable (bedingte) Gegenleistung bewertet. Hier schreibt dasvorgeschlagene Modell vor, dass ein Unternehmen den Umsatzauf Basis der erwarteten variablen Vergütung bzw. im Falleeines Rückgaberechts in Höhe des Betrags, den das Unterneh-men bis zum Ablauf der Rückgabefrist voraussichtlich erstattenwird, ermitteln muss, sofern das Unternehmen in der Lage ist,eine vernünftige Schätzung abzugeben. Die Schätzung sollte diemöglichen Ergebnisse sowie deren Wahrscheinlichkeiten berück-sichtigen. Kann das Unternehmen die Wahrscheinlichkeit derProduktrückgabe nicht einschätzen, hat es mit der Erfassungdes Verkaufserlöses so lange zu warten, bis eine angemesseneSchätzung der Wahrscheinlichkeit möglich ist. Dies kann aucherst mit Ende der Rückgabefrist der Fall sein.

14 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Nach dem Modellentwurf ist für die erwartenden Produktrückga-ben eine entsprechende Verbindlichkeit anzusetzen, die die Ver-pflichtung des Unternehmens zur Rückerstattung der vom Kun-den erhaltenen Gegenleistung darstellt. Voraussetzung hierfürist jedoch, dass das Unternehmen die Wahrscheinlichkeit derRückgabe angemessen schätzen kann. Ist eine Schätzung nichtmöglich, ist stattdessen die volle Rückerstattungsverbindlichkeitanzusetzen, bis die Wahrscheinlichkeit angemessen geschätztwerden kann oder die Rückgabefrist abgelaufen ist. Nach ihremerstmaligen Ansatz sind Rückerstattungsverbindlichkeiten zujedem Berichtsstichtag unter Berücksichtigung aller etwaigenAnnahmeänderungen in Hinblick auf die zu erwartenden Produkt-rückgaben neu zu bewerten. Bei Schätzungsanpassungen sindauch die den bereits erfüllten Leistungsverpflichtungen zugeord-neten Beträge entsprechend anzupassen. Rechnet das Unter-nehmen beispielsweise damit, dass die Anzahl der Retouren überseiner ursprünglichen Schätzung liegen wird, hat es die erfass-ten Umsatzerlöse zu vermindern und die Rückerstattungsver-bindlichkeit zu erhöhen. Anpassungen der Rückerstattungsver-bindlichkeiten werden sich somit unmittelbar auf die Höhe derausgewiesenen Umsatzerlöse auswirken.

Bei Gewährung von Rückerstattungen oder Gutschriften an Kun-den infolge der Ausübung des Rückgaberechts, kann das zurück-gegebene Produkt wieder verkaufsfähig oder instandzusetzensein. Nach den vorgeschlagenen Leitlinien hat das Unternehmenbei Erfassung des ursprünglichen Verkaufsgeschäfts auch einenVermögenswert für sein Recht auf Rückerhalt der vom Kundenzurückgegebenen Güter anzusetzen. Dieses Recht ist getrenntvon den Vorräten auszuweisen und die Umsatzkosten entspre-chend anzupassen. Der Vermögenswert wird bei seinem erstma-ligen Ansatz mit dem ursprünglichen Buchwert der Vorräte nachAbzug aller für die Rückerlangung der Güter voraussichtlichanfallenden Kosten bewertet. Der Wertansatz des Vermögens-wertes ist zu jedem Berichtsstichtag neu zu bewerten und gege-benenfalls an geänderte Rückgabeerwartungen anzupassen.

Darüberhinaus ist der Vermögenswerts auf eventuelle Wertmin-derungen hin zu überprüfen. So kann beispielsweise ein Phar-maunternehmen seinen Vertriebspartnern das Recht einräumen,verschreibungspflichtige Arzneimittel innerhalb von sechs Mona-ten vor ihrem Verfalldatum zurückzugeben. Wenn sich die Medi-kamente ihrem Ablaufdatum nähern kann das Pharmaunterneh-men zu dem Schluss kommen, dass die betroffenen Produkte nurnoch einen geringen oder keinen Restwert mehr haben. In die-sem Fall wäre für die Vermögenswerte aus Rückerhaltsansprü-chen eine entsprechende Wertberichtigung zu erfassen.

Die Boards weisen darauf hin, dass Tauschvorgänge, bei denenein Kunde ein Produkt gegen ein gleichartiges und qualitativgleichwertiges Erzeugnis in gleichem Zustand tauscht, das zumgleichen Preis verkauft wird (beispielsweise bei einem Tauschgegen eine andere Farbe oder Größe), nicht als Produktrückga-ben im Sinne des ED anzusehen sind.

Beispiel 6 - Rückgaberechte

Ein Einzelhändler verkauft monatlich 100 Einheiten von Pro-dukt A zu einem Preis von jeweils EUR 100. Die verkauftenErzeugnisse können innerhalb einer Frist von 90 Tagenzurückgegeben werden. Die Anschaffungskosten betragenEUR 70 pro Produkt. Auf Grundlage seiner bisherigen Erfah-rungen rechnet das Unternehmen bei Produkt A mit einerRückgabequote von 3 %. Es nimmt folgende Buchungen vor:

Zahlungsmittel EUR 10.000An Umsatzerlöse EUR 9.700 (97 Stück x EUR 100)An Rückerstattungs-verbindlichkeit EUR 300 (3 voraussichtliche

Retouren x EUR 100)Umsatzkosten EUR 6.790 (97 Stück x EUR 70)VW aus Rückerhalts-anspruch EUR 210 (3 voraussichtliche

Retouren x EUR 70)An Vorräte EUR 7.000

15Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Gewährleistungen und GarantienMit der Veräußerung von Gütern gehen häufig Gewährleistungs-und Garantieverpflichtungen einher. Unter Gewährleistungenversteht man üblicherweise gesetzliche Verpflichtungen, wäh-rend Garantien eine vertragliche Verpflichtung darstellen.

Nach den Vorschlägen des ED ist es unerheblich, ob eine Garan-tie oder Gewährleistung im Vertrag explizit vereinbart wird oderob diese implizit vom Unternehmen gewährt wird. Eine Garantieoder Gewährleistung kann dabei auf unterschiedliche Weise imKaufvertrag berücksichtigt werden, beispielsweise kann siebereits im Kaufpreis berücksichtigt sein oder aber als gesonder-te Leistung separat berechnet werden.

Der Standardentwurf unterscheidet zwischen Gewährleistungenund Garantien. Eine Gewährleistung deckt Mängel ab, die bereitszum Zeitpunkt des Gefahrenübergangs auf den Kunden bestan-den haben. In Deutschland dürfte es sich hierbei um die gesetz-lich geregelte Gewährleistung handeln. Eine Garantie decktdagegen Mängel ab, die erst nach dem Gefahrenübergang aufden Kunden aufgetreten sind.

SachmängelgewährleistungNach dem vorgeschlagenen Modell stellen Gewährleistungen,mit denen Mängel abgedeckt werden, die bereits zum Zeitpunktdes Übergangs der Verfügungsgewalt auf den Kunden (Gefah-renübergang) bestanden haben, keine separate Leistungsver-pflichtung gegenüber dem Kunden dar. Vielmehr hat das Unter-nehmen zu prüfen, ob es seine eigentliche Leistungsverpflich-tung, die Lieferung eines mängelfreies Produktes an denKunden, überhaupt erfüllt hat oder ob ein sogenannter failedsale vorliegt. Bei Verträgen, die eine Sachmängelgewährleistungenthalten, ist das Unternehmen aufgefordert, die Eintrittswahr-scheinlichkeit und den erwarteten Umfang der potentiellen Män-gel an den verkauften Produkten zu ermitteln. Diese Beurteilungist an jedem Berichtsstichtag zu wiederholen.

Ist ein Unternehmen zum Ersatz des schadhaften Produkts ver-pflichtet, ist es nach dem vorgeschlagenen Regelungen nichtzulässig, den mit der Leistungsverpflichtung verbundenenUmsatz zu erfassen. Die Leistungsverpflichtung zur Lieferungdes Guts oder der Erbringung der Dienstleistung wird als nicht

erfüllt angesehen und verbleibt somit in der Bilanz. Besteht hin-gegen eine Pflicht zur Reparatur des schadhaften Produkts, musses lediglich den Teil des Transaktionspreises abgrenzen und alsVerpflichtung ansetzen, der auf die Produktkomponenten ent-fällt, die voraussichtlich repariert werden müssen. Da der Kauf-preis nach dem Standardentwurf nicht auf die einzelnen Kompo-nenten eines Produkts verteilt werden muss, enthält der ED auchkeine spezifischen Bestimmungen dafür, wie die Bemessung desUmsatzanteils zu erfolgen hat. Ein praktikabler Ansatz könntedarin bestehen, die mit der Reparatur oder dem Ersatz der Kom-ponente verbundenen Kosten zu identifizieren und eine ange-messene Marge auf die Kosten aufzuschlagen. Der abgegrenzteUmsatz ist erst dann zu erfassen, wenn die Verfügungsgewaltüber das Produkt tatsächlich auf den Kunden übergegangen ist.

ProduktgarantienBietet ein Unternehmen dem Kunden eine Garantie an, die Män-gel abdeckt, die erst nach dem Übergang der Verfügungsgewaltauf den Kunden auftreten, handelt es sich nach Auffassung derBoards um eine Garantie mit Versicherungscharakter. Die vorge-schlagenen Regelungen sehen vor, dass diese Art von Garantieeine eigene separate Leistungsverpflichtung darstellt. Bei dererstmaligen Beurteilung des Vertrages ist daher ein Teil desTransaktionspreises, der auf die Garantie entfällt, der entspre-chenden Leistungsverpflichtung zuzuordnen. Entsprechend wirdder Umsatz auf die Garantieleistungen abgegrenzt und erst dannerfasst, wenn die Garantieleistungen erbracht werden. DieUmsatzrealisierung erfolgt üblicherweise auf systematische Wei-se, z. B. linear über den Garantiezeitraum. Die Garantie stelltsomit eine kontinuierliche Leistungsverpflichtung dar, die überdie Dauer der Garantie zu erbringen ist.

Unter bestimmten Umständen kann es schwierig zu beurteilensein, ob eine Gewährleistung lediglich bestehende Mängel beiLieferung abdeckt oder ob sie auch für später auftretende Män-gel einsteht. Der Entwurf nennt verschiedene Faktoren, die fürdie Beurteilung herangezogen werden sollen. Dazu zählt bei-spielsweise, ob die Gewährleistung gesetzlich vorgeschriebenist, ob das Produkt auch ohne die Gewährleistung hätte verkauftwerden können, sowie die Dauer der Gewährleistungsfrist. DieUnternehmensleitung hat bei ihrer Beurteilung in jedem Falleinen erheblichen Ermessensspielraum.

16 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Kombination aus Gewährleistung und Garantie Sofern ein Unternehmen sowohl Mängel abdeckt, die bereitszum Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsgewalt bestandenhaben, als auch Mängel die nach dem Gefahrenübergang entste-hen, dann hat es nach dem vorgeschlagenen Modell beideKomponenten zu erfassen. Zwar enthält der Standardentwurfkein konkretes Beispiel für ein Szenario, in der eine einzigeGarantie bzw. Gewährleistung beide Zwecke erfüllt. Dafür wirdjedoch in Paragraph IG18 auf die Möglichkeit hingewiesen, dassauch einzelne Teile einer Gewährleistung als Leistungsverpflich-tung angesehen werden können. Nach den vorgeschlagenenRegelungen hätte das Unternehmen einen Teil des Transaktions-preises der Garantieverpflichtung zuzuweisen und die Sachmän-gelgewährleistung getrennt von der Garantieleistung ausweisen.

Die Allokation hat im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise zuerfolgen.

GewährleistungskostenDie mit der Erfüllung einer Gewährleistungsverpflichtung verbunde-nen Kosten sind nach dem neuen Modell in jedem Fall im Zeitpunktihres Anfallens als Aufwand zu erfassen. In bestimmten Situationenkann es jedoch vorkommen, dass die erwarteten Gewährleistungs-kosten zur Erfüllung einer Leistungsverpflichtung den ihnen zuge-ordneten Transaktionspreis überschreiten. In solchen Fällen hatdas Unternehmen die Leistungsverpflichtung als belastende Lei-stungsverpflichtung einzustufen und die Kosten abgrenzen. Weiter-gehende Erläuterungen zum Thema belastende Leistungsverpflich-tungen finden sich auf Seite 45 dieser Broschüre.

17Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Rückgaberechte, Gewährleistung und Garantie

Rückgaberechte

Zielsetzung• Allgemeines Recht des Kunden,

mängelfreie Güter zurückzugeben

Zu berücksichtigende Faktoren• Vertragliche Bedingungen• Historische Erfahrungen• Zukunftserwartungen

Bilanzielle Behandlung• Keine separate Leistungsverpflich-

tung• Abgrenzung des Umsatzes in Höhe

des Erwartungswerts jener Güter,die bis zum Ende der Rückgabefristzurückgegeben werden

• Ansatz eines korrespondierendenVermögenswertes für die erwarte-ten Rückläufer

• Schätzungsänderungen werdenergebniswirksam erfasst

Gewährleistung

Zielsetzung• Schutz vor Mängeln am Produkt im

Zeitpunkt der Lieferung

Zu berücksichtigende Faktoren• Gesetzlich vorgeschrieben• Produkt darf nur in Verbindung mit

einer Gewährleistung verkauft werden

• In der Regel kurzfristig

Bilanzielle Behandlung• Keine separate Leistungsverpflich-

tung• Ansatz einer Verbindlichkeit für die

erwarteten Kosten zur Behebungder bestehenden Mängel

• Ansatz eines korrespondierendenVermögenswertes für die erwar-teten Rückläufer

• Schätzungsänderungen werdenergebniswirksam erfasst

Garantie

Zielsetzung• Schutz vor künftigen Mängeln

Zu berücksichtigende Faktoren• Nicht gesetzlich vorgeschrieben• Wird in der Regel separat ange-

boten• In der Regel langfristig

Bilanzielle Behandlung• Separate Leistungsverpflichtung• Transaktionspreis wird auf Basis

des Einzelveräußerungspreises aufmehrere Leistungsverpflichtungenaufgeteilt

• Keine Neueinschätzung

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Ein Automobilhersteller bietet eine verlängerte Garantiefrist von drei Jahren für alle verkauften Fahrzeuge an, ohne diese Lei-stung separat in Rechnung zu stellen. Die gesetzlich vorgeschriebene Gewährleistungsfrist beträgt ein Jahr. Der Hersteller ist inder Lage, die zu erwarteten Gewährleistungsansprüche für jedes Jahr zu schätzen.

Das Unternehmen kommt zu dem Schluss, dass jeder Kaufvertrag zwei Leistungsverpflichtungen beinhaltet:• Den Verkauf des Fahrzeugs, einschließlich der gesetzlichen Sachmängelgewährleistung für ein Jahr• Eine Produktgarantie für die verlängerte Gewährleistung im zweiten und dritten Jahr

Der Verkaufspreis für Modell A beträgt EUR 40.000 bei einer Bruttomarge von 15 %. Nach den Berechnungen des Herstellersbeträgt der Einzelveräußerungspreis für die verlängerte Gewährleistungsfrist EUR 2.500. Diesen Betrag hat das Unternehmenaus den Marktwerten abgeleitet (adjusted market assessment approach). Dazu wurden ähnliche Gewährleistungen von Konkur-renzunternehmen mit beobachtbarem Marktpreis analysiert und auf Grundlage der eigenen Kosten und Margen angepasst.

Der Transaktionspreis wird im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise wie folgt auf die beiden Leistungsverpflichtungen verteilt:

Fahrzeug: EUR 37.467 (40.000 x 40.000/42.500)Produktgarantie: EUR 2.353 (2.500 x 40.000/42.500)

Nach den Erfahrungswerten des Unternehmens weisen durchschnittlich 1 % der verkauften Fahrzeuge wesentliche Mängel auf.Diese lassen sich bis zum Herstellungsprozess zurückverfolgen und sind durch die Sachmängelgewährleistung abgedeckt. AufBasis einer Wahrscheinlichkeitsrechnung schätzt das Unternehmen, das sich die durchschnittlichen Kosten für die Reparaturenauf EUR 2.000 belaufen. Daher grenzt das Unternehmen gemäß dem expected cost plus margin-approach (Ansatz der erwartetenKosten zzgl. einer Marge) einen Teilbetrag von EUR 2.300 (EUR 2.000 zzgl. 15 % Marge) ab. Der dem Verkauf des Fahrzeugszugeordnete Transaktionspreis reduziert sich somit auf EUR 35.167.

Der Hersteller nimmt die folgenden Buchungen vor:

Geldeingang / Forderungen EUR 40.000Umsatzerlöse EUR 35.167Verbindlichkeit (Sachmängelgewährleistung) EUR 2.300Verbindlichkeit (Produktgarantie) EUR 2.353

Die Sachmängelgewährleistung hat eine verzögerte Umsatzerfassung zur Folge, um Gewährleistungsansprüche, die während derGewährleistungsfrist entstehen, abzudecken. Nachträgliche Änderungen der Verbindlichkeit sind als Verringerung oder Erhöhungder Umsatzerlöse zu erfassen. Wenn am Ende der Gewährleistungsfrist eine Abweichung zwischen der geschätzten und der tat-sächlichen Höhe der Verbindlichkeit für die Sachmängelgewährleistung festgestellt wird, wird diese Differenz ebenfalls in denUmsatzerlösen erfasst.

Für die Leistungsverpflichtung aus der Produktgarantie wird zunächst eine eigene Verbindlichkeit angesetzt. Diese wird anschlie-ßend linear über den Garantiezeitraum im Umsatz erfasst. Nachträgliche Änderungen der ursprünglichen Schätzung haben keineAuswirkung auf die Höhe der zugeordneten Umsatzerlöse. Der anteilige Transaktionspreis wird zu Beginn des Vertragsabschlus-ses bestimmt und der separaten Leistungsverpflichtung zugeordnet. Nachträgliche Änderungen der Einzelveräußerungspreisewerden nach dem vorgeschlagenen Modell nicht mehr berücksichtigt. Überschreiten die Gewährleistungsansprüche jedoch denzugeordneten Transaktionspreis, wird die Leistungsverpflichtung belastend, und es ist eine separate vertragliche Verbindlichkeitzu erfassen.

18 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Beispiel 7 — Garantieleistungen

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Ist das Unternehmen Hauptlieferant oder Vermittler (Principal-Agent Verhältnis)?Verträge mit Kunden, insbesondere wenn diese Dienstleistungenbetreffen, führen häufig zu Konstellationen, in denen der Kundeeines Unternehmens Güter oder Dienstleistungen von einemanderen Unternehmen erhält, mit dem dieser keinen direktenVertrag abgeschlossen hat. Sobald Dritte an der Lieferung vonGütern oder Dienstleistungen an den Kunden eines Unterneh-mens beteiligt sind, muss das Unternehmen nach Maßgabe desStandardentwurfs bestimmen, worin genau seine eigene Lei-stungsverpflichtung besteht. Besteht die Leistungsverpflichtungdes Unternehmens darin, das Gut an den Kunden selbst zu lie-fern oder die Dienstleistung selbst zu erbringen, dann wird dasUnternehmen als Hauptlieferant (principal) tätig. Sofern dasUnternehmen einen Dritten mit der Lieferung des Gutes oder derErbringung der Dienstleistung beauftragt, handelt es dagegenals Vermittler (agent). Diese Unterscheidung ist maßgeblich fürdie Bilanzierung der Umsatzerlöse aus dem Vertrag. Ist dasUnternehmen als Hauptlieferant tätig, dann erfasst es dieUmsatzerlöse in Höhe des Bruttobetrags der vereinbartenGegenleistung. Agiert das Unternehmen hingegen nur als Ver-mittler, hat es den Nettobetrag aus Umsatzerlös und Umsatzko-sten, z. B. in Form einer Kommission aus dem Vermittlungsge-schäft, zu erfassen.

Die Leistungsverpflichtungen eines Hauptlieferanten unterschei-den sich grundsätzlich von denen eines Vermittlers. Da derHauptlieferant die Verfügungsgewalt über die Güter oder Dienst-leistungen hat, bevor er sie an den Kunden transferiert, bestehtseine Leistungsverpflichtung darin, die im Vertrag festgelegtenGüter oder Dienstleistungen vertragsgemäß an den Kunden zuübertragen. Der Vermittler trägt lediglich dazu bei, den Verkaufvon Gütern oder Dienstleistungen an den Kunden zu erleichtern.Im Gegenzug hierfür erhält er eine Gebühr oder Provision. Zukeinem Zeitpunkt hat er jedoch die Verfügungsgewalt über dieGüter und/oder Dienstleistungen. Die Leistungsverpflichtungdes Vermittlers besteht somit darin, dafür zu sorgen, dass einDrittunternehmen die Güter oder Dienstleistungen an den Kun-den liefert.

Da aus Verträgen häufig nicht eindeutig hervorgeht, wer Haupt-lieferant und wer Vermittler ist, haben die Boards entsprechen-

de Leitlinien in den Standardentwurf mit aufgenommen. Anhandder darin aufgeführten Indikatoren lässt sich bestimmen, ob sichdie Leistungsverpflichtung auf ein Vermittlungsgeschäft bezieht.Der Entwurf nennt u. a. die folgenden Indikatoren: • Für die Erfüllung des Vertrags ist im Wesentlichen die andere

(den Vertrag erfüllende) Partei verantwortlich.• Das Unternehmen hat weder zum Zeitpunkt der Bestellung

noch während der Lieferung oder bei der Rückgabe des Pro-duktes ein Lagerhaltungsrisiko aus dem zu transferierendenGut (inventory risk).

• Das Unternehmen kann die Preisgestaltung im Hinblick aufdie Güter oder Dienstleistungen der Gegenpartei nicht beein-flussen. Der Gewinn, den das Unternehmen mit diesenGütern oder Dienstleistungen erzielen kann, ist somitbegrenzt.

• Die Vergütung des Unternehmens besteht in einer Provision.• Das Unternehmen trägt kein Ausfallrisiko aus der Forderung

aus der Lieferung oder Leistungen gegenüber dem Kunden(customer credit risk).

Verfügt ein Hauptlieferant über die Option, Güter oder Dienstlei-stungen nicht selbst zu liefern und überträgt die Verpflichtungauf ein anderes Unternehmen, und macht er von dieser OptionGebrauch, so ist seine Leistungsverpflichtung nach Auffassungder Boards eindeutig nicht erfüllt. Aus diesem Grund ist auchkein Umsatz zu erfassen. Stattdessen hat das Unternehmen zubeurteilen, ob eine neue Leistungsverpflichtung geschaffen wur-de, die darin besteht, einen Kunden für das Unternehmen zugewinnen, das die Leistungsverpflichtung übernimmt, d. h. obdas Unternehmen jetzt als Vermittler tätig ist.

Lieferungen auf KommissionUnternehmen liefern häufig Vorratsgüter auf Kommissionsbasisan andere Parteien, beispielweise an Vertriebsunternehmen oderHändler. Durch Kommissionsgeschäfte kann der Kommittent sei-ne Produkte besser vermarkten, da er sie näher am Endverbrau-cher platzieren kann. Es findet dabei jedoch kein Verkauf der Pro-dukte an den Zwischenhändler (Kommissionär) statt. DieseTransaktionsform ist auch für den Kommissionär vorteilhaft, da erseinen Lagerbestand auf diese Weise erweitern kann, ohne dassihm dabei größere Investitionskosten entstehen und ohne die Risi-ken in Verbindung mit der Lagerhaltung tragen zu müssen.

19Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Unternehmen, die Kommissionsvereinbarungen abschließen,müssen bei Lieferung der Produkte an den Kommissionär beur-teilen, ob die Verfügungsgewalt über die Produkte auf den Kom-missionär übergegangen ist. In der Regel gibt ein Kommittent dieVerfügungsgewalt über die Kommissionsware erst bei Verkaufder Produkte an den Endverbraucher oder — in bestimmten Fäl-len — nach Ablauf eines festgelegten Zeitraums ab. Zudem ent-steht seitens der Kommissionäre üblicherweise erst dann einebedingungslose Zahlungsverpflichtung für die Güter, wenn siean den Endkunden verkauft werden. Bei Kommissionsvereinba-rungen findet also im Allgemeinen zum Zeitpunkt der Lieferungder Produkte an den Kommissionär keine Umsatzrealisierungstatt, da die Verfügungsgewalt nicht übertragen wurde.

Option zum Erwerb zusätzlicher GüterViele Kaufverträge räumen Kunden die Möglichkeit ein, zusätzli-che Güter oder Dienstleistungen, oftmals in Verbindung miteinem Rabatt oder sogar kostenlos, zu erwerben. Optionen zumvergünstigten Erwerb zusätzlicher Güter oder Dienstleistungengibt es beispielsweise in Form von Kaufanreizen (z. B. starkreduziertes oder kostenloses Mobiltelefon), Treueprämien (z. B. Vielfliegerprogramme), Vertragsverlängerungsoptionen(z. B. Verzicht auf bestimmte Gebühren oder Reduzierung derTarife) oder in Form sonstiger Preisnachlässe.

Wenn ein Unternehmen einem Kunden eine solche Option ein-räumt, so ergibt sich aus dieser Zusage gemäß den vorgeschla-genen Regelungen nur dann eine separate Leistungsverpflich-tung, wenn die Option dem Kunden ein wesentliches Recht

gewährt, das er anderweitig nicht erhalten würde. So ein Rechtkönnte beispielweise ein Rabatt sein, der deutlich über den übli-cherweise gewährten Rabatten liegt, die in dieser Region oderauf diesem Markt üblicherweise für gleichartige Güter oderDienstleistungen an ähnliche Kunden gewährt werden. Gewährtein Anbieter von Telekommunikationsdiensten seinen Kundenbeispielsweise die Option zusätzliche Minuten zu erwerben, dieüber die in anderen Kundenverträgen gewährten Minuten hin-ausgehen, der Minutentarif jedoch für alle Kunden mit diesemspeziellen Tarif identisch ist, so wird in dieser Option auf zusätz-liche Minuten wahrscheinlich nicht die Einräumung eines wesent-liches Recht für den Kunden zu sehen sein.

Stellt die Option für den Kunden hingegen ein wesentlichesRecht dar, hat der Kunde effektiv eine Vorauszahlung für diekünftigen Güter oder Dienstleistungen an das Unternehmengeleistet. Die Erfassung der Umsätze sollte daher entweder zudem Zeitpunkt erfolgen, zu dem diese künftigen Güter oderDienstleistungen übertragen werden, oder zu dem Zeitpunkt, zudem die Option ausläuft. Ein Biotechnologie-Unternehmen kannbeispielsweise einen Kooperationsvertrag mit einem Pharmaun-ternehmen abschließen, in dessen Rahmen sich das Biotechnolo-gie-Unternehmen verpflichtet, das Medikament zum Selbstko-stenpreis zu liefern, sofern die Entwicklung erfolgreich verläuftund die Zulassung erteilt wird. In diesem Fall würde das Biotech-nologie-Unternehmen wahrscheinlich zu dem Schluss kommen,dass die dem Pharmaunternehmen eingeräumte Option, dasMedikament zum Selbstkostenpreis des Biotechnologie-Unter-nehmens zu erwerben, ein wesentliches Recht darstellt. Das Bio-

20 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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technologie-Unternehmen müsste diese Option daher als separa-te Leistungsverpflichtung behandeln. Nach dem vorgeschlage-nen Modell müsste das Biotechnologie-Unternehmen den Einzel-veräußerungspreis dieser Option schätzen, den anteiligen Trans-aktionspreis der Option zuordnen und die Umsätze erfassen,sobald die Option erfüllt wird, d. h. entweder zu dem Zeitpunkt,zu dem das Pharmaunternehmen die Option zum Erwerb derMedikamente zum Selbstkostenpreis ausübt, oder bei Ablauf derOption.

Die Boards sind der Auffassung, dass die Option, zusätzlicheGüter oder Dienstleistungen mit einem Preisnachlass zu erwer-ben, ein wesentliches Recht darstellt, wenn der angebotene gün-stigere Preis außerhalb der Preisspanne liegt, die das Unterneh-men für diese Güter oder Dienstleistungen üblicherweise berech-nen würde. Ist also der im Rahmen dieser Option eingeräumteRabatt höher als der üblicherweise eingeräumte Rabatt fürNicht-Vertragskunden, ist vom Unternehmen eine Einschätzungvorzunehmen, ob die Gewährung eines solchen zusätzlichenRabattes für den Kunden ein wesentliches Recht darstellt. Diesist aller Wahrscheinlichkeit nach eine Ermessensentscheidung.Liegt der mit der Option eingeräumte Preisnachlass innerhalbder üblicherweise anderen Kunden eingeräumten Preisspanne,unabhängig von bereits bestehenden Geschäftsbeziehungenoder Verträgen, so wird angenommen, dass es sich dabei nichtum die Einräumung eines wesentlichen Rechts, sondern um einWerbeangebot handelt.Treueprämien stellen in der Regel eine Option des Kunden dar,zusätzliche Güter oder Dienstleistungen zu erwerben, zu deren

Inanspruchnahme andere Kunden, die nicht an einem solchenProgramm teilnehmen, nicht berechtigt sind. Nach IFRIC 13erfolgt die Bewertung solcher Treueprämien anhand ihres beizu-legenden Zeitwertes, der auf zwei Arten berechnet werdenkann. Der den Treueprämien zugeordnete Betrag entspricht ent-weder dem beizulegenden Zeitwert der Treueprämien, wobei derRestbetrag dem Verkauf des Gutes oder der Dienstleistung zuge-ordnet wird (residual method), oder der Transaktionspreis wirdin Relation zu den Einzelveräußerungspreisen auf die beidenTransaktionselemente aufgeteilt. Das vorgeschlagene Modellschreibt den zweiten Ansatz verpflichtend vor und führt zumWegfall der Residualmethode.

21Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Bestimmung des TransaktionspreisesIm Entwurf wird der Transaktionspreis definiert als „die Gegen-leistung, die ein Unternehmen vom Kunden im Gegenzug für dieÜbertragung von Gütern oder Dienstleistungen erhält oder vor-aussichtlich erhalten wird. Hiervon ausgenommen sind alleBeträge, die im Namen Dritter eingezogen werden (z. B. Steu-ern)“. In vielen Fällen lässt sich dieser Betrag ohne Weiteresbestimmen, da der Preis vertraglich festgelegt ist und das Unter-nehmen die Zahlung zu dem Zeitpunkt erhält, zu dem es diezugesagten Güter oder Dienstleistungen überträgt. Es gibtjedoch auch Transaktionen, bei denen ein Teil des Transaktions-preises variabel ist oder eine variable Komponente aufweist,Unsicherheit bezüglich der Einbringlichkeit des Forderungsbetra-ges besteht, die Zahlung und Lieferung der Güter/Erbringungder Dienstleistung zu unterschiedlichen Zeitpunkten stattfindenoder die Gegenleistung nicht in Zahlungsmitteln beglichen wird.Des Weiteren kann die Ermittlung des Transaktionspreises durchdie Höhe der gezahlten oder zu zahlenden Gegenleistung beein-flusst werden.

Ein Unternehmen darf die Umsätze für erfüllte Leistungsver-pflichtungen nur dann erfassen, wenn der Transaktionspreis ver-lässlich geschätzt werden kann. Die folgenden beiden Bedingun-gen müssen erfüllt sein, um eine verlässliche Schätzung desTransaktionspreises zu ermöglichen:• Das Unternehmen kann auf Erfahrungswerte mit vergleichba-

ren Verträgen zurückgreifen.• Diese Erfahrungen des Unternehmens sind für den jeweiligen

Vertrag relevant, d. h. das Unternehmen erwartet keinewesentlichen Änderungen der zugrunde liegenden Umstände.

Das Unternehmen muss sich dabei nicht auf eigene Erfahrungenstützen, sondern kann, soweit solche verfügbar sind, auch aufErfahrungswerte von Wettbewerbern zurückgreifen und dieseanstelle eigener Erfahrungen verwenden. Für die Ermittlung desTransaktionspreises reicht es jedoch nicht aus, nur auf einschlä-gige Erfahrungen mit einer bestimmten Art von Verträgenzurückzugreifen. Die Erfahrungen — ob eigene oder die Dritter —müssen in jedem Fall für den betreffenden Vertrag von Bedeu-tung sein. Der jeweilige Vertrag und die der Erfahrungsbasiszugrunde liegenden Verträge sollten hinsichtlich ihrer Rahmen-

bedingungen vergleichbar sein. Die Bestimmung, wann Erfah-rungen relevant sind, wird von den zugrunde liegenden Faktenund Umständen abhängen und Ermessensentscheidungen erfor-dern.

Der Standardentwurf nennt Faktoren, die die Relevanz vonErfahrungen mindern könnten. Dazu gehören:• Die Gegenleistung ist wesentlich von externen Faktoren

abhängig (z. B. Marktvolatilität, ErmessensentscheidungenDritter oder schnelle Alterungszyklen der zugesagten Güteroder Dienstleistungen).

• Die Unsicherheit bezüglich der Höhe des Transaktionspreiseswird voraussichtlich langfristig bestehen bleiben.

• Die Erfahrungen des Unternehmens mit ähnlichen Verträgensind begrenzt.

• Der Vertrag sieht eine Vielzahl unterschiedlicher Transak-tionspreise vor.

Bei dieser Beurteilung sind nicht nur die vorgenannten Faktorenzu berücksichtigen. Es gibt zahlreiche andere Faktoren, die dar-auf hinweisen können, dass die Erfahrungen eines Unterneh-mens nicht relevant sind. Das Vorliegen eines oder mehrerer dergenannten Faktoren führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass einUnternehmen nicht in der Lage ist, eine angemessene Schätzungdes Transaktionspreises vorzunehmen.

Sofern das Unternehmen keine verlässliche Schätzung vorneh-men kann, ist der Transaktionspreis auf den Betrag der Gegen-leistung limitiert, der bereits fest definiert wurde oder der ver-lässlich geschätzt werden kann.

Es ist zu beachten, dass sich die Höhe von Umsatzerlösendurch den neuen Standard signifikant ändern kann. Nach IAS 18 ist es nicht zulässig, den Transaktionspreis nachträg-lich anzupassen. Der Standard regelt lediglich die Abgrenzungvon Erträgen (d. h. die zeitliche Verteilung der Gegenlei-stung). Gemäß dem neuen Modell ist der Transaktionspreis injeder Berichtsperiode um nachträgliche Änderungen anzupas-sen. Dies hat zur Folge, dass Erträge zu jedem Berichtsstich-tag neu zu bewerten sind, was eine Abkehr von der bisherigenRegelung in IAS 18 darstellt.

22 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

In welcher Höhe werdenUmsatzerlöse erfasst?

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Beispielsweise sind die Erwartungen bezüglich variabler Kompo-nenten der Gegenleistung bei Wegfall von Unsicherheiten und anneue Informationen hinsichtlich noch bestehender Unsicherhei-ten anzupassen. Änderungen des Transaktionspreises sind aufalle vertraglich vereinbarten Leistungsverpflichtungen zu vertei-len, sodass die kumulierten erfassten Umsätze dem Betrag ent-sprechen, der sich ergeben hätte, wenn die zum Abschlussstich-tag verfügbaren Informationen schon bei Vertragsabschlussbekannt gewesen wären. Änderungen der Schätzungen undErmessensentscheidungen des Managements wirken sich somitdirekt auf die Umsätze aus und sind sorgfältig zu überprüfen.

Variable GegenleistungDer Transaktionspreis spiegelt die Erwartungen eines Unterneh-mens bezüglich der Gegenleistung wider, die es vom Kundenerhalten wird. Höhe und zeitlicher Anfall von einzelnen Kompo-nenten des Transaktionspreises könnten aufgrund von Skonti,Preisnachlässen, Rückerstattungen, Gutschriften, Anreizen, Prä-mien, Strafzuschlägen, bedingten Zahlungen oder Kulanzange-boten unterschiedlich ausfallen. So wäre eine Komponente desTransaktionspreises bei Vertragsabschluss beispielsweise dannvariabel, wenn sie von der Erfüllung bestimmter Leistungsbedin-gungen abhängt und deren Eintritt unsicher ist. Ein Teil desTransaktionspreises bei Vertragsabschluss wäre auch dann alsvariabel betrachtet, wenn er von der Lieferung zusätzlicherGüter durch das Unternehmen abhängig ist. Dies würde jedochnicht für Vereinbarungen gelten, in denen das Unternehmen z. B. verpflichtet ist, drei Möbelstücke zu liefern und die Nichtlie-ferung eines einzelnen oder aller drei Artikel dazu führen würde,dass für jeden nicht gelieferten Artikel eine Teilerstattung anden Kunden zu leisten ist.

Die vorgeschlagene Regelung sieht vor, dass variable Bestand-teile des Transaktionspreises auf Grundlage einer wahrschein-lichkeitsgewichteten Schätzung zu bewerten sind. Bei dieserMethode werden in der Schätzung die möglichen Ergebnisse desVertrags sowie deren Eintrittswahrscheinlichkeiten berücksich-tigt. Nach Auffassung der Boards ist dies die angemessensteMethode, wie Verträge verhandelt und Preise festgelegt werden.Zudem sorgt die Methode der wahrscheinlichkeitsgewichtetenSchätzung im Hinblick auf die Bilanzierung ähnlicher Verträgeihrer Meinung nach für das größte Maß an Stetigkeit.

Beispiel 8 — variable Gegenleistung

Unternehmen A, Betreiberin eines Filmstudios, konzipiert,produziert und vertreibt Kinofilme. Für jeden produziertenFilm wird für den späteren Vertrieb im Einzelhandel eineMaster-DVD zur Vervielfältigung zum Verkauf an Kundenerstellt.

Zur Behandlung der Erträge aus der Vergabe der Lizenzrech-te für Filme an Filmtheater siehe Beispiel 19.

Unternehmen A hat vor kurzem einen neuen Film veröffent-licht. Die Master-DVD wird an eine Vertriebsgesellschaft ver-äußert, die Kopien der DVD herstellt, um diese an Einzelhan-delskunden weiterzuverkaufen. Die Vertriebsgesellschaft lei-stet eine nicht erstattungsfähige Anfangszahlung in Höhe vonEUR 1.500.000 zuzüglich einer Lizenzgebühr in Höhe von 5 %auf die gesamten mit der DVD erzielten Umsatzerlöse. DasUnternehmen schätzt die Umsatzerlöse aus dem Film auf EUR 2.000.000 und damit die Einnahmen aus der Lizenzge-bühr auf EUR 100.000. Es verfügt über mehrjährige Erfah-rung im Verkauf von DVDs, die auf Kinoproduktionen basie-ren. Daher ist es in der Lage, einen Teil der Lizenzgebührenhinreichend verlässlich zu schätzen. Das Unternehmen über-trägt die Verfügungsgewalt über die Master-DVD auf die Ver-triebsgesellschaft. Folglich erfasst es auf Basis der hinrei-chend verlässlichen Schätzung des Transaktionspreises zumZeitpunkt des Verkaufs der Master-DVD Umsatzerlöse inHöhe von EUR 1.600.000 (EUR 1.500.000 zzgl. EUR 100.000).

Bei der Bestimmung des Transaktionspreises hat das Unterneh-men auch dessen Einbringlichkeit zu würdigen. Die Einbringlich-keit der Forderungen ist vom Ausfallrisiko des Kunden abhängig,d. h. der Fähigkeit des Kunden, die zugesagte Gegenleistung zuzahlen. In vielen Fällen sind die Auswirkungen des Ausfallrisikosdes Kunden unwesentlich. Als Beispiel sei eine Einzelhandels-transaktion angenommen, bei der ein Unternehmen die zugesag-te Gegenleistung zum Zeitpunkt des Verkaufs vom Kundenerhält. Das Unternehmen erfasst den Gesamtbetrag der zuge-sagten Gegenleistung als Umsatzerlöse. In manchen Fällen hin-gegen erhält ein Unternehmen die Gegenleistung nicht zum Zeit-

23Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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punkt der Übertragung der Verfügungsgewalt über das Gut oderdie Dienstleistung, sodass es damit rechnen muss, dass ein Teilseiner Kunden seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkom-men wird. Bei solchen Vertragskonstellationen soll der Transak-tionspreis daher die Möglichkeit widerspiegeln, dass das Unter-nehmen einen Teil der vereinbarten Gegenleistung nicht erhal-ten wird. Die Berechnung des einbringlichen Transaktionspreiseshat dabei auf Grundlage einer wahrscheinlichkeitsgewichtetenSchätzung zu erfolgen. Ähnlich den Vorschriften zur Bestim-mung eines variablen Transaktionspreises fordert das vorge-schlagene Modell, dass ein Unternehmen in der Lage sein muss,hinreichend verlässlich Schätzungen hinsichtlich der Einbring-lichkeit vorzunehmen. Ist dies nicht der Fall, sind die Umsatzer-löse erst bei Erhalt der Zahlung zu erfassen oder sobald derBetrag hinreichend verlässlich geschätzt werden kann.

Manche Unternehmen schließen eine Vielzahl ähnlicher Verträgeab. Nach dem geplanten Modell können diese Verträge gebün-delt werden, um das Ausfallrisiko auf den Transaktionspreiswiderzuspiegeln. Ein Unternehmen kann damit den Umsatz für

einen einzelnen Vertrag auf Grundlage des von ihm in Rechnunggestellten Betrags erfassen und dabei das Ausfallrisiko im Rah-men der einer Gruppenbewertung vom vertraglichen Vermö-genswert (contract asset) sowie dem Umsatzerlös in Abzugbringen.

Spätere Änderungen der ursprünglichen Erwartung bzw. dieVereinnahmung eines tatsächlich höheren Betrages werdenunter den sonstigen betrieblichen Erträgen oder Aufwendungen,d. h. nicht unter den Umsatzerlösen, erfasst. Die Boards sehenhierin eine Vorgehensweise, die besser dem Grundsatz gerechtwird, dass einmal erfasste Umsatzerlöse nicht geändert werdensollten, sobald die Leistungsverpflichtung erfüllt ist. Eine Neu-einschätzung des kundenbezogenen Ausfallrisikos bildet so denEffekt einer Wertminderung oder Wertaufholung der Forderungab, die im sonstigen betrieblichen Aufwand oder Ertrag undnicht in den Umsätzen zu berücksichtigen ist. Dies entspricht imWesentlichen auch der Vorgehensweise bei nicht zahlungswirk-samen Gegenleistungen, die das Unternehmen im Tausch fürGüter oder Dienstleistungen erhält.

24 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Berücksichtigung des Risikos der Uneinbringlichkeit

Erstmalige Bewertung Folgebewertung

Sollbuchung: Vertraglicher Vermögenswert Soll-/Habenbuchung: ForderungenHabenbuchung: Umsatzerlöse Soll-/Habenbuchung: Sonstige betrieblichen

Erträge/Aufwendungen

Nach dem neuen Standard ist die Einbringlichkeit der Gegenlei-stung zu jedem Abschlussstichtag neu zu beurteilen. Sobald dasUnternehmen einen unbedingten Anspruch auf Erhalt derGegenleistung hat, d. h. nach Ablauf einer bestimmten Frist wird

die Zahlung fällig, bilanziert es die Forderung als Finanzinstru-ment. Nachträgliche Änderungen wirken sich folglich nicht aufdie Höhe der Umsatzerlöse aus, sondern werden in den sonsti-gen betrieblichen Erträgen oder Aufwendungen erfasst.

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Beispiel 9 — Einbringlichkeit des Transaktionspreises

Ein Verkäufer verkauft eine Maschine für EUR 2.000. Die Zah-lung ist 30 Tage nach der Lieferung der Maschine an den Kun-den fällig. Die Kosten für die Maschine belaufen sich aufEUR 1.500. Aufgrund seiner Erfahrungen mit ähnlichen Ver-trägen schätzt der Verkäufer die Wahrscheinlichkeit, dass erdie zugesagte Gegenleistung nicht erhält, auf 5 %. Der Trans-aktionspreis beträgt demnach EUR 1.900 [(95 % xEUR 2.000) + (5 % x EUR 0)]. Bei Lieferung der Maschine anden Kunden erfasst der Verkäufer eine Forderung sowieUmsatzerlöse in Höhe von EUR 1.900.

Wenn der Verkäufer letztendlich doch die zugesagte Gegen-leistung in der vollen Höhe von EUR 2.000 erhält, werden dieUmsatzerlöse allerdings nicht um die Differenz von EUR 100[EUR 2.000 - EUR 1.900] zwischen der erhaltenen Zahlungund dem ursprünglich erfassten Umsatzerlös korrigiert. Statt-dessen wird der Betrag von EUR 100 unter den sonstigenbetrieblichen Erträgen erfasst. Erhält der Verkäufer lediglichEUR 1.800, wird die Differenz von EUR 100 als zusätzlicherAufwand erfasst.

Nach dem vorgeschlagenen Modell würde der Verkäufer eineMarge von EUR 400 [EUR 1.900 Umsatzerlöse - EUR 1.500Kosten] erfassen. Vereinnahmte Beträge, die die erfasstenUmsatzerlöse übersteigen, werden nicht als Erhöhung derMarge ausgewiesen.

Zinseffekt (Zeitwert des Geldes)Bei bestimmten Transaktionen weichen der Zeitpunkt der Zah-lung und der Zeitpunkt des Übergangs der Verfügungsgewaltüber die Güter oder Dienstleistungen an den Kunden voneinan-der ab. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die Gegenleistung imVoraus oder eine erhebliche Zeit nach der Lieferung des Gutesoder Erbringung der Dienstleistung erbracht wird. Erfolgt dieZahlung durch den Kunden nachträglich, räumt das Unterneh-men dem Kunden damit faktisch einen Kredit ein. Umgekehrtnimmt das Unternehmen vom Kunden eine Einlage entgegen,wenn dieser im Voraus bezahlt. In solchen Fällen müsste dasUnternehmen den Zinseffekt auf den Gesamtbetrag der Trans-aktion berücksichtigen. Ist dieser erheblich, ist der Transaktions-preis anzupassen werden. IAS 18 enthält keine Regelungen zurBerücksichtigung des Zinseffekts, sondern geht nur auf die Peri-odenabgrenzung der Gegenleistung ein. Dies hat in der Praxis zuunterschiedlichen Vorgehensweisen geführt. Abschlusserstellermüssen nun die Auswirkungen vorgezogener oder aufgeschobe-ner Zahlungen in ihren Verträgen beurteilen und bestimmen, obdie Umsatzerlöse um den Zinseffekt anzupassen sind.

Der Transaktionspreis ist durch Abzinsung der zugesagtenGegenleistung zu ermitteln. Dabei hat das Unternehmen dengleichen Abzinsungssatz zu verwenden, den es heranziehen wür-de, wenn es, unabhängig von der Lieferung anderer Güter oderDienstleistungen, ein separates Finanzierungsgeschäft mit demKunden abschließen würde. Die Verwendung eines risikolosenZinssatzes oder eines explizit im Vertrag festgelegten Zinssat-zes ist nicht zulässig. Der Abzinsungssatz muss die Ausfallrisiko-eigenschaften der Vertragsparteien widerspiegeln. Da dieserAbzinsungssatz bereits die Kreditwürdigkeit des Kunden berück-sichtigt, müsste das Unternehmen die zugesagte Gegenleistungnicht auch noch um das Ausfallrisiko anpassen.

25Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Beispiel 10 — Zinseffekt

Bauunternehmen C plant, konstruiert und baut hochautomati-sierte Maschinen für die Herstellung von Solarpanelen imKundenauftrag. C schließt einen Vertrag mit Kunde A, einemführenden Hersteller von Solarpanelen, über die Planung,Konstruktion und Herstellung einer neuen Generation vonMaschinen ab. Das Gesamtvertragsvolumen beträgt EUR 50Mio. Laut Vertrag wird ein Teilbetrag von EUR 25 Mio. derGegenleistung fällig, wenn die Maschinen fertiggestellt undbetriebsbereit sind. Der Teilbetrag ist 12 Monate im Vorauszu entrichten, damit Unternehmen C die erforderlichenbetrieblichen Aktivitäten finanzieren kann.

Den unbedingten Anspruch auf die restlichen EUR 25 Mio.kann Unternehmen C erst 12 Monate nach Inbetriebnahmeder Maschinen geltend machen. Für das Finanzierungsge-schäft mit seinem Kunden unterstellt Unternehmen C einenZinssatz von 6 %.

VorauszahlungBei Erhalt der Zahlung setzt Unternehmen C eine vertraglicheVerbindlichkeit von EUR 25 Mio. an. In dem 12-Monatszeit-raum erfasst es Zinsaufwendungen in Höhe von EUR 1,5 Mio.((EUR 25 Mio. x 1,06) - EUR 25 Mio.). Die vertragliche Ver-bindlichkeit erhöht sich auf EUR 26,5 Mio., wenn die Lei-stungsverpflichtung erfüllt wird. Somit erfasst das Unterneh-men Umsatzerlöse in Höhe von EUR 26,5 Mio.

Aufgeschobene ZahlungUnternehmen C erhält die verbleibende Tranche des Kaufprei-ses in Höhe von EUR 25 Mio. 12 Monate, nachdem die Maschi-nen montiert und in einen betriebsbereiten Zustand versetztworden sind. Sobald die Leistungsverpflichtung erfüllt ist (d. h., sobald die Maschinen montiert und in einem betriebs-bereiten Zustand sind), setzt Unternehmen C einen vertragli-chen Vermögenswert (contract asset) an, der den unbeding-ten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung darstellt, underfasst Erträge in Höhe von EUR 23,6 Mio. (EUR 25 Mio./1,06) sowie Zinsaufwand in Höhe von EUR 1,4 Mio.

Nicht zahlungswirksame GegenleistungDie vom Kunden zu erbringende Gegenleistung kann in Form vonGütern, Dienstleistungen oder auf andere nicht zahlungswirk-same Art erfolgen. Erhält ein Unternehmen nicht zahlungswirk-same Gegenleistungen (oder erwartet es, diese zu erhalten), istder Transaktionspreis unter Bezugnahme auf den beizulegendenZeitwert der nicht zahlungswirksamen Gegenleistung zu ermit-teln. Ist es nicht möglich, den beizulegenden Zeitwert von nichtzahlungswirksamen Gegenleistungen hinreichend verlässlich zuschätzen, ist die nicht zahlungswirksame Gegenleistung indirektunter Bezugnahme auf den Verkaufspreis der zugesagten Güteroder Dienstleistungen zu bewerten.

Gelegentlich bringt ein Kunde als Unterstützung bei der Erfül-lung des Vertrags eigene Güter oder Dienstleistungen, wie z. B.Betriebsausstattung oder Arbeitskräfte, mit ein. Erhält dasUnternehmen die Verfügungsgewalt über die eingebrachtenGüter oder Dienstleistungen, sind diese als nicht zahlungswirksa-me Gegenleistung zu betrachten und wie vorstehend beschrie-ben zu bilanzieren.

An den Kunden gezahlte oder zu zahlende GegenleistungIn manchen Fällen leistet ein Unternehmen Zahlungen an seineKunden, um von diesen angebotene Güter oder Dienstleistungenzu erwerben, die dazu dienen, ein eigenes betriebliches Bedürf-nis zu erfüllen. In anderen Fällen soll die Gegenleistung an denKunden einen Kaufanreiz bieten, um Güter oder Dienstleistun-gen des Unternehmens zu beziehen.

An den Kunden gezahlte oder zu zahlende Gegenleistungen fin-den sich u. a. in der Form von Rabatten, Gutscheinen, Gratispro-dukten oder -dienstleistungen und Eigenkapitalinstrumenten.Außerdem leisten manche Unternehmen Zahlungen an die Kun-den von Großhändlern oder Vertriebsagenten, die wiederumDirektabnehmer des Unternehmens sind. Beispielweise bietenHersteller von Frühstückscerealien den Verbrauchern ihrer Pro-dukte häufig Gutscheine an, obwohl ihre Direktkunden eigentlichdie Lebensmittelgeschäfte oder Supermärkte sind, die diese Pro-dukte an die Endkunden weiterverkaufen. Andere häufig anzu-treffende Formen solcher Gegenleistungen umfassen folgendeBeträge:

26 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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• Beträge, die ein Verkäufer einem Einzelhändler zahlt, umsich im Warenregal des Einzelhändlers „Platz für seine Pro-dukte zu erkaufen“ (sog. slotting fees). Dabei ist es uner-heblich, ob es sich um ein tatsächlich physisch existierendesWarenregal im Geschäft des Einzelhändlers handelt oder umein virtuell existierendes Warensortiment in Form einesOnline-Katalogs eines Händlers im Internet.

• Gemeinschaftliche Werbevereinbarungen, bei denen ein Ver-käufer einem Einzelhändler einen Teil der Kosten erstattet,die diesem für Werbemaßnahmen im Zusammenhang mit denProdukten des Verkäufers entstanden sind.

• Beträge zur Sicherung des Verkaufspreises, bei denen einVerkäufer einem Einzelhändler Preisdifferenzen bis zu einerfestgelegten Höhe erstattet, die bei diesem für den Verkaufder Produkte des Verkäufers über einen bestimmten Zeit-raum entstanden sind.

• Gutscheine und Rabatte, bei denen einem indirekten Kundeneines Verkäufers ein Teil des Kaufpreises des erworbenesProduktes oder der bezogenen Dienstleistungen erstattetwird, indem er den Gutschein oder einen entsprechendenBeleg beim Zwischenhändler oder Verkäufer einreicht.

Um die angemessene Bilanzierungsweise bestimmen zu können,muss ein Unternehmen zunächst feststellen, um was es sich beider an einen Kunden bereits gezahlten oder noch zu entrichten-den Vergütung handelt. Der Standardentwurf nennt folgendeMöglichkeiten:

• eine Minderung des Transaktionspreises

• eine Zahlung für ein bestimmtes Gut oder eine bestimmteDienstleistung

• eine Kombination aus beiden vorgenannten Punkten

Stellt die an einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Vergütungeinen Preisnachlass oder eine Erstattung für Güter oder Dienst-leistungen dar, die an den Kunden geliefert oder für diesenerbracht wurden, hat das Unternehmen den Transaktionspreis,und somit die Umsatzerlöse, um diesen Betrag zu verringern.Diese Preisreduzierung ist zu dem Zeitpunkt, an dem das Unter-nehmen die zugesagten Güter oder Dienstleistungen an den Kun-

den liefert oder, falls später, dem Zeitpunkt, zu dem das Unter-nehmen die Zahlung der Gegenleistung zugesagt hat, zu erfas-sen. Dies gilt auch dann, wenn die Zahlung von einem zukünfti-gen Ereignis abhängig ist.

Enthält die an einen Kunden gezahlte oder zu zahlende Vergü-tung variable Komponenten, hat das Unternehmen die Verringe-rung des Transaktionspreises auf Grundlage einer wahrschein-lichkeitsgewichteten Schätzung zu ermitteln (siehe hierzu auchden Abschnitt „Variable Gegenleistung“). Die Zahlungszusageder Gegenleistung kann auch implizit durch die Geschäftsgepflo-genheiten des Unternehmens begründet werden. Wenn sich bei-spielsweise die Güter, für die ein Preisnachlass in Form einesGutscheins gewährt wurde, bereits in den Warenregalen von Ein-zelhändlern befinden, würde der Preisnachlass bei Ausgabe derGutscheine erfasst. Wird jedoch ein Gutschein ausgegeben, derfür künftige Käufe von Produkten eingesetzt werden kann, dienoch nicht an Einzelhändler verkauft wurden, würde der Preis-nachlass erst beim Verkauf an einen Einzelhändler erfasst.

Wird die Gegenleistung im Tausch für einzeln abgrenzbare(distinct) Güter oder Dienstleistungen des Kunden gewährt, sohat das Unternehmen die erhaltenen Güter oder Dienstleistun-gen auf die gleiche Weise zu bilanzieren wie andere im Rahmender gewöhnlichen Geschäftsaktivitäten getätigte Einkäufe.Anders ausgedrückt, die an den Kunden gezahlte oder zahlbareVergütung würde als Aufwand erfasst und nicht als Umsatzmin-derung. Ein Unternehmen hat bei der Beurteilung, ob ein Gutoder eine Dienstleistung separat bestimmbar ist, die gleichenKriterien anwenden wie bei der Identifizierung von Leistungsver-pflichtungen (siehe hierzu den Abschnitt „Identifizierung sepa-rater Leistungsverpflichtungen").

Verschiedentlich können die vom Kunden erhaltene Gegenlei-stung und die als Vergütung an diesen Kunden gezahlten Beträ-ge miteinander verknüpft sein. So kann es sein, dass ein Kundeeinen höheren Betrag für Güter oder Dienstleistungen zu zahlenhat als es der Fall gewesen wäre, wenn er keine Zahlung vondem Unternehmen erhalten hätte. Derartige Fälle werden alsKombination behandelt, d. h. einerseits als Verringerung desTransaktionspreises und andererseits als Zahlung für ein

27Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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bestimmtes Gut oder eine bestimmte Dienstleistung. Nach demvorgeschlagenen Modell bestimmt das Unternehmen den beizu-legenden Zeitwert des Gutes oder der Dienstleistung, die es vomKunden erhalten hat und vergleicht diesen mit der an den Kun-den zu zahlenden Gegenleistung. Überschreitet der Betrag derzu zahlenden Gegenleistung den beizulegenden Zeitwert dererhaltenen Gegenleistung, verringert sich der Transaktionspreisum diesen Differenzbetrag. Kann das Unternehmen den beizule-genden Zeitwert des vom Kunden erhaltenen Gutes oder derDienstleistung nicht hinreichend verlässlich schätzen, hat es diegesamte an den Kunden zu zahlende Gegenleistung als Verringe-rung des Transaktionspreises anzusetzen.

Beispiel 11 — Verkaufsanreize

Unternehmen B ist ein Pharmagroßhändler, der landesweiteine Reihe unabhängiger Apotheken beliefert. Das Unterneh-men bestimmt die Preise für die verkauften Produkte. Esbeabsichtigt, für ein Grippemittel zu werben, indem es dreiPackungen zum Preis von zweien anbietet. Der Einzelhandels-preis pro Packung beträgt EUR 5. Der Apotheke wird für jedegelieferte Packung ein Betrag von EUR 3 in Rechnunggestellt. Gleichzeitig erhält sie von Unternehmen B eine Gut-schrift über die Rückerstattung des Kaufpreises für die Wer-bezwecken dienende dritte Packung.

Die Erstattung des Rechnungsbetrags für die kostenlose Wer-bepackung an die Apotheke in Form einer Gutschrift wird alsVerringerung des Transaktionspreises und somit als Erlösmin-derung betrachtet. Der für jede Packung, die an die Apothekeverkauft wird, erfasste Umsatzerlös von B beläuft sich aufEUR 2 (EUR 3 x 2/3).

Nicht erstattungsfähige AnfangszahlungenUnter bestimmten Umständen erhalten Unternehmen Zahlungenvon Kunden, bevor sie eine vertraglich vereinbarte Dienstlei-stung erbringen oder das zugesagte Gut liefern. Solche anfängli-chen Zahlungen fallen in der Regel im Zusammenhang mit derInitiierung, Aktivierung oder Einrichtung/Bereitstellung vonGütern oder Dienstleistungen an, die in der Zukunft geliefertbzw. erbracht werden. Sie werden ggf. auch gezahlt, um Zugangzu einer Anlage, einem Produkt oder einer Dienstleistung oderein entsprechendes Nutzungsrecht zu erhalten. In vielen Fällensind die vom Kunden gezahlten Vorabvergütungen nicht erstat-tungsfähig. Gängige Beispiele für Vorauszahlungen sind Beiträgefür die Mitgliedschaft in einem Fitnessclub oder einer Einkaufs-gemeinschaft sowie Aktivierungsgebühren für Telefon, Kabel-TVoder einen Internet-Zugang.

Die betreffenden Unternehmen müssen beurteilen, ob sich einenicht erstattungsfähige Anfangszahlung auf die Übertragungeines Gutes oder einer Dienstleistung bezieht. Vielfach würde dieAnfangszahlung nicht geleistet, wenn nicht eine kontinuierlicheNutzung des Gutes oder der Dienstleistung damit verbundenwäre. Infolgedessen steht die Vergütung nicht in Zusammen-hang mit der tatsächlichen Übertragung eines Gutes oder einerDienstleistung. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Voraus-zahlung für die künftige Nutzung von Gütern oder Dienstleistun-gen. Daher ist die Vorauszahlung erst dann als Umsatzerlös zuerfassen, wenn die dazugehörigen Güter oder Dienstleistungenauch auf den Kunden übertragen werden. Der Zeitraum, überden die Vorauszahlung als Umsatz erfasst wird, hat auch optio-nale Verlängerungszeiträume zu berücksichtigen, sofern es sichbei der Verlängerungsoption um ein wesentliches Recht handelt.

In bestimmten Fällen kann es sich aus Sicht des Unternehmensum eine nicht erstattungsfähige Vorauszahlung handeln, die sichauf die Übertragung eines Gutes oder einer Dienstleistungbezieht. Das Unternehmen hat daraufhin zu bestimmen, ob dasmit der nicht erstattungsfähigen Vorauszahlung verknüpfte Gutoder die Dienstleistung eine separate Leistungsverpflichtungdarstellt.

28 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Aufteilung des Transaktionspreises auf die separatenLeistungsverpflichtungenNachdem die Leistungsverpflichtungen identifiziert und derTransaktionspreis ermittelt wurden, muss der Transaktionspreisim Verhältnis der Einzelveräußerungspreise (relative stand-alone selling prices) der entsprechenden Güter oder Dienstlei-stungen auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen verteilt wer-den. Ein im Vertrag vereinbarter Preisnachlass wäre proportio-nal auf die einzelnen Leistungsverpflichtungen zu verteilen.

Nach dem vorgeschlagenen Modell sollte der Einzelveräuße-rungspreis dem Preis entsprechen, zu dem ein Unternehmen einGut oder eine Dienstleistung zum Zeitpunkt des Vertragsab-schlusses separat verkaufen würde. Sofern verfügbar, bildet derPreis, zu dem das jeweilige Gut oder die jeweilige Dienstleistungauf Basis einer isoliert betrachteten Transaktion unter fremdenDritten veräußert werden könnte, den besten Anhaltspunkt fürden Einzelveräußerungspreis. Nicht immer gibt es jedoch einenvom Markt ableitbaren Preis. In diesen Fällen ist der Betrag, zudem das Unternehmen die jeweilige Leistungsverpflichtung ein-zeln veräußern würde, zu schätzen.

Schätzung der Einzelveräußerungspreise (stand-alone selling prices)Die Vorschläge machen deutlich, dass ein Unternehmen nichtdavon ausgehen darf, dass ein vertraglich vereinbarter Preisoder ein Listenpreis für ein bestimmtes Gut oder eine bestimmteDienstleistung den Einzelveräußerungspreis repräsentiert. AlsBeispiel sei ein Vertrag betrachtet, den ein Verkäufer mit demKunden A abschließt. Der Vertrag sieht vor, dass Gut A zu einemPreis von EUR 100, Gut B zu einem Preis von EUR 75 und Gut Ckostenlos an den Kunden geliefert werden soll. Um den Transak-tionspreis angemessen auf die separaten Leistungsverpflichtun-gen verteilen zu können, ist vom Verkäufer der Einzelveräuße-rungspreis für jedes einzelne Gut zu bestimmen. Die vertraglichvereinbarten Preise dürfen nicht ohne Weiteres als Einzelveräu-ßerungspreise herangezogen werden.

In dem Entwurf werden zwei mögliche Methoden genannt, wieder Einzelveräußerungspreis geschätzt werden kann:

• Ansatz der erwarteten Kosten zzgl. einer Marge (expectedcost plus a margin approach): das Unternehmen schätzt dievoraussichtlichen Kosten für die Erfüllung der Leistungsver-pflichtung und berücksichtigt zusätzlich eine Gewinnmarge,die das Unternehmen in der Regel für die Lieferung ähnlicherGüter und Dienstleistungen verlangen würde.

• Ansatz der abgeleiteten Marktwerte (adjusted marketassessment approach): das Unternehmen analysiert denMarkt, auf dem es seine Güter und Dienstleistungen üblicher-weise vertreibt, und schätzt auf dieser Basis, welchen Preisein Marktteilnehmer für das entsprechende Gut bzw. dieDienstleistung zu zahlen bereit wäre. Bei dieser Vorgehens-weise könnte das Unternehmen auch die Preise seiner Kon-kurrenten heranziehen und diese gegebenenfalls auf Grund-lage seiner eigenen Kosten und Margen anpassen.

Die beschriebenen Methoden sind jedoch nicht die einzig zulässi-gen Verfahren zur Ermittlung der Einzelveräußerungspreise. Dasvorgeschlagene Modell schreibt weder eine bestimmte Methodevor, noch schließt es bestimmte Methoden aus. Vielmehr ist jedenachvollziehbare Methode zulässig, solange sie für die Ermitt-lung des Einzelveräußerungspreises geeignet ist, auf möglichstviele beobachtbare Inputdaten zurückgreift und konsistent aufähnliche Güter, Dienstleistungen und Kunden angewendet wird.

Änderungen des Transaktionspreises nach VertragsabschlussDie vorgeschlagenen Regelungen sehen vor, dass der Einzelver-äußerungspreis nur einmalig bei Vertragsabschluss zu ermittelnist und anschließend nicht mehr angepasst werden darf. Die denseparaten Leistungsverpflichtungen zugeordneten Beträge wer-den im Verlauf der Vertragserfüllung angepasst, um Änderun-gen bei den geschätzten Transaktionspreisen, beispielsweisedurch den Kunden zusätzlich gewährte Rabatte, widerzuspie-geln. Soweit sich diese Änderungen auf Leistungsverpflichtun-gen beziehen, die vom Unternehmen bereits erfüllt wurden,erfolgt eine entsprechende Umsatzerfassung in der Periode, inder die Anpassung vereinbart wurde. Die für die Verteilung desTransaktionspreises herangezogenen Einzelveräußerungspreisesind jedoch nicht um Änderungen anzupassen, die sich nach Ver-tragsabschluss ergeben haben.

29Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Beispiel 12 — Aufteilung des Transaktionspreises

Ein produzierendes Unternehmen schließt mit einem Kundeneinen Vertrag über den Verkauf einer Maschine zu einemPreis von EUR 100.000 ab. Der vereinbarte Preis umfasstauch die Montage der Maschine sowie eine zweijährige Garan-tieverpflichtung. Das Unternehmen verkauft die Maschine inder Regel zu einem Preis von EUR 75.000. Dieser Betragbeinhaltet keine Montage oder Garantieverpflichtungen. Nurin Ausnahmefällen bietet das Unternehmen Montagetätigkei-ten separat vom Verkauf einer Maschine an. Es weiß jedoch,dass Konkurrenzunternehmen diese Leistung für einen Preisvon EUR 10.000 bis EUR 15.000 je Montage am Markt anbie-ten. Garantien werden vom Unternehmen derzeit nicht alsseparate Leistungen angeboten, dies gilt auch für die anderenWettbewerber des Unternehmens. Angesichts der Länge desGarantiezeitraums geht das Management davon aus, dass dieGarantie Defekte abdeckt, die erst nach Lieferung und Mon-tage der Maschine auftreten. Infolgedessen stellt die Garantieeine separate Leistungsverpflichtung dar.

In diesem Beispiel verkauft das Unternehmen die Maschinenormalerweise separat. Demzufolge kann das Unternehmenbelegen, dass der Einzelveräußerungspreis für die MaschineEUR 75.000 beträgt. Das Management beschließt den Einzel-veräußerungspreis für die Montageleistungen aus den beob-achtbaren Marktpreisen abzuleiten (adjusted market assess-ment approach). Dabei legt es den aus den Preisen der Kon-kurrenzunternehmen errechneten mittleren Wert von EUR 12.500 zugrunde, der um die spezifische Kostenstrukturdes Unternehmens und die geplante Marge angepasst wurde.Daraus ergibt sich ein Einzelveräußerungspreis von EUR 14.000. Der Einzelveräußerungspreis für die Garantie-verpflichtung wird unter Zugrundelegung der erwartetenKosten zuzüglich einer Marge (expected cost plus a marginapproach) auf EUR 20.000 geschätzt.

Die Summe aller Einzelveräußerungspreise von EUR 109.000überschreitet den vertraglich vereinbarten Transaktionspreisvon EUR 100.000. Daher ist der Transaktionspreis im Ver-hältnis der Einzelveräußerungspreise auf die einzelnen Lei-stungsverpflichtungen zu verteilen:

• Maschine: EUR 68.800 (EUR 75.000 x (EUR 100.000/EUR 109.000))

• Montage: EUR 12.850 (EUR 14.000 x (EUR 100.000/EUR 109.000))

• Garantieverpflichtung: EUR 18.350 (EUR 20.000 x (EUR 100.000/EUR 109.000))

Der Betrag, der den einzelnen Leistungsverpflichtungen beiVertragsabschluss zugeordnet wurde, wird als Umsatzerfasst, sobald das Unternehmen die jeweilige Leistungsver-pflichtung erfüllt hat.

Der finale Standard soll IFRIC 13 Kundenbindungsprogrammeersetzen. Wenngleich die Ansatzvorschriften aus IFRIC 13 in dasvorgeschlagene Modell übernommen wurden, gibt es doch eineAbweichung bei der Bewertungsmethode. Nach IFRIC 13 ist esbisher zulässig, Prämiengutschriften entweder mit dem beizule-genden Zeitwert zu bewerten, wobei der Restwert dem Gut oderder Dienstleistung zuzuordnen ist (residual method), oder derTransaktionspreis konnte im Verhältnis der Einzelveräußerungs-preise auf die Prämiengutschriften und die anderen Güter oderDienstleistungen verteilt werden (relative fair value approach).Diese anteilige Zuordnung ist zwingend, die Anwendung derResidualmethode zum Zweck der Aufteilung des Transaktions-preises kommt nicht mehr in Betracht.

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Beispiel 13 — Kundenbindungsprogramme

Eine Fluggesellschaft bietet ihren Kunden ein Vielfliegerpro-gramm an. Dabei wird dem Kunden für jede geflogene Meileein Prämienpunkt gutgeschrieben.

Ein Kunde erwirbt ein Flugticket für EUR 5.000 und erhältdafür eine Gutschrift von 10.000 Punkten. Die Fluggesell-schaft ermittelt einen beizulegenden Zeitwert für diese Punk-te von EUR 100.

Nach dem vorgeschlagenen Modell hat das Unternehmen denTransaktionspreis auf Basis der Einzelveräußerungspreise zuverteilen:• Flug: EUR 4.902 (EUR 5.000 x (EUR 5.000/EUR 5.100))• Meilen: EUR 98 (EUR 5.000 x (EUR 100/EUR 5.100))

Nach den Regelungen des derzeit geltenden IFRIC 13 wäre esauch zulässig, die Prämienpunkte zum beizulegenden Zeit-wert von EUR 100 zu bewerten und den Restbetrag von EUR 4.900 dem Flug zuzuordnen (residual method). DieseVorgehensweise wäre nach den Vorschlägen der Boardszukünftig nicht mehr gestattet.

Beispiel 14 — Mehrkomponentenverträge (multiple-element-Vereinbarungen)

Ein Telekommunikationsunternehmen bietet seinen Kundenhäufig ein kostenloses Mobilfunkgerät als Anreiz für denAbschluss eines zweijährigen Dienstleistungsvertrags an. DerKunde zahlt eine monatliche Gebühr von EUR 50, d. h. insge-samt EUR 1.200 für die gesamte Vertragslaufzeit von zweiJahren. Das Unternehmen stellt fest, dass der beizulegendeZeitwert des Mobilfunkgeräts EUR 100 beträgt. Dabei hat esden Preis zugrunde gelegt, zu dem das Gerät im Rahmen ande-rer Vertragskonstellationen an andere Kunden veräußert wird.

Nach den vorgeschlagenen Regelungen ist der Transaktions-preis im Verhältnis der Einzelveräußerungspreise auf die iden-tifizierten separaten Leistungsverpflichtungen zu verteilen, d. h. auf das Mobilfunkgerät und die monatliche Dienstlei-stung:

• Gerät EUR 92 (EUR 100 x (EUR 1.200/EUR 1.300))

• Gesprächszeit EUR 1.108 (EUR 1.200 x (EUR 1.200/EUR 1.300))

Bei Vertragsbeginn werden EUR 92 unmittelbar mit Lieferungdes Geräts an den Kunden als Umsatz erfasst. Als Gegenlei-stung für die Bereitstellung der Gesprächszeit werden monat-lich EUR 46 (EUR 1.108/24) über den Zeitraum von zweiJahren erfasst.

Diese Vorgehensweise zur Erfassung von Umsatzerlösen dürf-te sich signifikant von der derzeit angewandten Methodeunterscheiden. Viele der nach IFRS bilanzierenden Unterneh-men nehmen bei der Bilanzierung von Mobilfunkverträgenmittels der IFRS-Hierarchie in IAS 8 Bezug auf die in ASC 605-25 (nach Berücksichtigung der Auswirkungen von ASU 2009-13) dargelegten US GAAP Regelungen. Die Höhe der aus demVertrag resultierenden Umsatzerlöse hängt von den über dieLaufzeit des Vertrages erbrachten Dienstleistungen ab. Daherwurde gemäß EITF 00-21 (jetzt ASC 605-25) lediglich die beiLieferung des Mobilfunkgeräts erhaltene Barzahlung alsUmsatzerlös für das Gerät erfasst. In dem vorstehenden Bei-spiel würde das Telekommunikationsunternehmen daher mitLieferung des Gerätes keine Umsatzerlöse erfassen, da es zudiesem Zeitpunkt noch keine Zahlungsmittel erhalten hat.Stattdessen würde es jeden Monat einen Umsatz von EUR 50erfassen.

31Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Belastende LeistungsverpflichtungenNach dem vorgeschlagenen Modell haben Unternehmen eineVerbindlichkeit und einen korrespondierenden Aufwand zuerfassen, wenn eine Leistungsverpflichtung belastend gewordenist. Eine Leistungsverpflichtung ist dann als „belastend“ einzu-stufen, wenn der Barwert der wahrscheinlichkeitsgewichtetenfür die Erfüllung der Leistungsverpflichtung erforderlichen direk-ten Kosten den Betrag der dieser Leistungsverpflichtung zuge-ordneten Gegenleistung übersteigt. Das vorgeschlagene Modellschreibt in diesem Zusammenhang eindeutig vor, dass bei dieserBewertung ausschließlich die in Verbindung mit den jeweiligenLeistungsverpflichtungen angefallenen direkten Kosten zuberücksichtigen sind. Die direkten Kosten können dabei sowohldie direkten Material- und Fertigungseinzelkosten als auchKosten, die direkt den zur Erfüllung der Leistungsverpflichtungerforderlichen Aktivitäten zugeordnet oder die dem Kundengemäß dem Vertrag explizit in Rechnung gestellt werden kön-nen, sowie andere Kosten, die sich ausschließlich auf den Ver-trag mit dem Kunden beziehen, umfassen. Siehe hierzu auch dieAusführungen zu den Vertragskosten (contract costs) weiterunten.

Nach dem Standardentwurf ist bei der Identifizierung möglicherbelastender Leistungsverpflichtungen jede in einem Vertrag ent-haltene Leistungsverpflichtung einzeln und nicht der Vertrag alsGanzes zu betrachten. Dies könnte zur Folge haben, dass auchfür Verträge, die in ihrer Gesamtheit voraussichtlich gewinnbrin-gend sein werden, Verbindlichkeiten für belastende Leistungs-

verpflichtungen erfasst werden müssen. Dieser Tatsache sindsich die Boards durchaus bewusst. Sie kamen jedoch zu demSchluss, dass nur so die Zielsetzung des vorgeschlagenenModells, die unterschiedlichen Margen der verschiedenen Ver-tragskomponenten abzubilden, erreicht wird. Durch die Identifi-zierung der separaten Leistungsverpflichtungen werden dieunterschiedlichen Margen offengelegt. Infolgedessen wäre beider Prüfung, ob diese separaten Leistungsverpflichtungen bela-stend sind, die gleiche Bilanzierungseinheit zu betrachten.

Darüber hinaus müssen Unternehmen vor der Erfassung einerVerbindlichkeit für belastende Leistungsverpflichtungen künftigbestimmen, ob die mit den Verträgen in Zusammenhang stehen-den Vermögenswerte, wie z. B. Vorräte, Sachanlagen oder akti-vierte Vertragskosten, möglicherweise wertgemindert sind. Ggf.wäre zunächst ein entsprechender Wertminderungsaufwand zuerfassen.

Die Verbindlichkeit für belastende Verträge ist an jedemAbschlussstichtag neu zu bewerten, um Änderungen bei dengetroffenen Annahmen und Schätzungen oder neue Informatio-nen zu berücksichtigen. Änderungen bei der Bewertung der Ver-bindlichkeit sind als Erhöhung oder Minderung des Aufwands ausder belastenden Verbindlichkeit in der laufenden Berichtsperi-ode zu erfassen. Bei Erfüllung der belastenden Leistungsver-pflichtung würde das Unternehmen die entsprechenden Erträgeaus der Auflösung der Verbindlichkeiten als Minderung diesesAufwands ausweisen.

32 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Beispiel 15 — belastende Leistungsverpflichtungen

Das IT-Beratungsunternehmen C schließt mit dem Kunden A einen Vertrag. Der Vertrag umfasst die folgenden Leistungen:

• Beurteilung der Zweckmäßigkeit der derzeit von A eingesetzten Software und Erstellung eines detaillierten Berichts

• Prüfung von IT-Lösungen, die am Markt verfügbar sind und das bisherige System ersetzen könnten

• Einführung der neuen Software in verschiedenen Ländern

• Durchführung von Schulungen, um die Mitarbeiter der Personalabteilung und das Management mit der neuen Software vertraut zu machen

Das Beratungsunternehmen stellt fest, dass die vier vertraglich vereinbarten Leistungen jeweils einzelne Leistungsverpflichtun-gen darstellen. Das Vertragsvolumen beläuft sich auf EUR 1,1 Mio. Dies ist deutlich niedriger als die Summe der Einzelveräuße-rungspreise für die einzelnen Leistungen, die das Unternehmen anderen Kunden in Rechnung stellen würde:

Einzel- Zugeordneter Kosten für die Bruttomargeverkaufspreis Transaktionspreis Erbringung der

Dienstleistung(in EUR)

(a) Beurteilung der vorhandenen Software 200.000 183.000 150.000 33.000

(b) Prüfung alternativer Lösungen 150.000 137.500 150.000 (12.500)

(c) Implementierung neuer Software 450.000 412.500 300.000 112.500

(d) Schulungen beim Kunden 400.000 367.000 300.000 67.000

Summe 1.200.000 1.100.000 900.000 200.000

Marktpreise sind verfügbar, weil das Unternehmen die Leistungen entweder separat anbietet oder weil es beobachtbare Markt-preise von Konkurrenzunternehmen zur Beurteilung heranziehen kann. Die Verteilung der gesamten Gegenleistung erfolgt inRelation zu den Einzelveräußerungspreisen der vereinbarten Dienstleistungen. Obwohl das Unternehmen insgesamt einengewinnbringenden Vertrag abschließt, erweist sich die unter (b) aufgeführte Leistungsverpflichtung bei der Überprüfung der ein-zelnen in dem Vertrag enthaltene Leistungsverpflichtungen als verlustbringend. Bei ihr ergibt sich ein Verlust von EUR 12.500.

33Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Vertragskosten (contract cost)Neben dem vorgeschlagenen Modell zur Umsatzrealisierung ent-hält der Standardentwurf auch Leitlinien für die Bilanzierung vonKosten, die einem Unternehmen im Zusammenhang mit derAnbahnung und der Erfüllung von Verträgen über die Lieferungvon Gütern und Dienstleistungen an Kunden entstehen. DieseLeitlinien gelten sowohl für bereits abgeschlossene Verträge alsauch für Verträge, die sich noch im Verhandlungsstadium befin-den. Der Entwurf unterscheidet zwischen Kosten, die einen Ver-mögenswert begründen, und Kosten, die zum Zeitpunkt ihresEntstehens als Aufwand zu erfassen sind. Das vorgeschlageneModell besagt, dass Kosten, die im Zusammenhang mit der Erfül-

lung einer vertraglich vereinbarten Leistungsverpflichtung anfal-len und die nicht nach den Vorschriften eines anderen Standardszu aktivieren sind, d. h. auf Basis der Vorschriften von IAS 2 Vor-räte, IAS 16 Sachanlagen oder IAS 38 Immaterielle Vermögens-werte, zum Ansatz eines separaten Vermögenswertes führenkönnen. Voraussetzung dafür ist, dass die folgenden Kriterienerfüllt sind:• Die Kosten stehen in direktem Zusammenhang mit dem Ver-

trag oder einem spezifischen Vertrag der sich noch im Ver-handlungsstadium befindet. Die Kosten umfassen z. B. Materi-al- und Fertigungseinzelkosten, Kosten, die direkt den zurErfüllung des Vertrags erforderlichen Aktivitäten zugeordnet

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werden können, Kosten, die dem Kunden gemäß dem Vertragexplizit in Rechnung gestellt werden können, sowie sonstigeKosten, die sich ausschließlich auf den Vertrag mit dem Kun-den beziehen (z. B. Kosten, die für die Beauftragung von Sub-unternehmern anfallen).

• Die Kosten führen zur Generierung oder Verbesserung derRessourcen des Unternehmens, die in der Zukunft zur Erfül-lung von Leistungsverpflichtungen genutzt werden sollen.Dazu zählen z. B. Planungs- oder Konstruktionskosten, die derkünftigen Leistungserfüllung dienen und dem Unternehmenweiterhin Nutzen zufließen lassen.

• Es ist zu erwarten, dass die Kosten wieder erwirtschaftet werden.

Sofern die im Rahmen der Erfüllung eines Vertrags anfallendenKosten nach Prüfung der vorgenannten Kriterien nicht als sepa-rate Vermögenswerte angesetzt werden können, sind sie zumZeitpunkt ihres Entstehens aufwandswirksam zu erfassen.Kosten, die nach dem vorgeschlagenen Regelungen immersofort aufwandswirksam zu erfassen sind, umfassen:• Kosten für die Anbahnung eines Vertrags, wie z. B. Vertriebs-,

Marketing- und Werbekosten, die während der Ausschrei-bungs- und Angebotsphase bzw. der Verhandlungsphase ange-fallen sind.

• Kosten, die im Zusammenhang mit bereits erfüllten Leistungs-verpflichtungen anfallen, wie z. B. Kosten, die sich auf in derVergangenheit erfüllte Leistungen beziehen und aus denendem Unternehmen kein zukünftiger Nutzen mehr zufließenwird.

• Kosten für anormale Beträge für Materialabfälle, Fertigungs-löhne oder andere Kosten, die bei der Erfüllung des Vertragsangefallen sind.

Sofern das Unternehmen nicht in der Lage ist festzustellen, obsich bestimmte Kosten auf bereits erbrachte oder auf in derZukunft zu erbringende Leistungen beziehen, hat es diese zumZeitpunkt ihres Entstehens aufwandswirksam zu erfassen.

Jeder Vermögenswert, der auf Basis dieser Regelungen ange-setzt wurde, ist letztendlich in den Umsatzkosten durchAbschreibung zu erfassen, wenn das Unternehmen die Verfü-gungsgewalt an den Gütern oder Dienstleistungen überträgt.Dabei ist eine systematische Vorgehensweise im Einklang mitder jeweiligen Übertragung von Gütern und Dienstleistungen,auf die sich der Vermögenswert bezieht, zu wählen.

Darüber hinaus ist jeder vom Unternehmen erfasste Vermögens-wert laufend auf Wertminderungen hin zu überprüfen. Als Ver-mögenswert aktivierte Kosten müssen sowohl bei ihrem erstma-ligen Ansatz als auch über die Dauer der gesamten Vertragslauf-zeit wieder erwirtschaftet werden können. Um festzustellen, obeine Wertminderung gegeben ist oder nicht, ist der Buchwertdes erfassten Vermögenswertes mit dem verbliebenen Teil desTransaktionspreises, der der jeweiligen Leistungsverpflichtungzugeordnet wurde, auf die sich der Vermögenswert bezieht, zuvergleichen.

Die Boards gehen in ihren Vorschlägen nicht darauf ein, ob eineWertaufholung vorgenommen werden kann, wenn sich dieBedingungen, die zur Wertminderung geführt haben, umkehren.Nach den geltenden IFRS ist für andere Vermögenswerte als derGeschäfts- oder Firmenwert eine Wertaufholung zwingend vor-geschrieben. Dagegen ist nach den US-GAAP eine Wertaufho-lung bei vormals wertberichtigten Vermögenswerten generellnicht zulässig. Da mit dem vorliegenden Standardentwurf eineteilweise Harmonisierung der IFRS mit den US-GAAP angestrebtwird, ist nicht klar, welches Rahmenkonzept künftig maßgeblichsein wird. Möglicherweise werden die unterschiedlichen Auffas-sungen des IASB und des FASB bezüglich der Bilanzierung vonWertaufholungen auch weiterhin bestehen bleiben.

34 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Erfüllung der LeistungsverpflichtungenNach dem vorgeschlagenen Modell sind die einer bestimmtenLeistungsverpflichtung zugeordneten Umsätze nur dann zuerfassen, wenn der Kunde die Verfügungsgewalt über daszugrunde liegende Gut oder die zugrunde liegende Dienstlei-stung erlangt hat. Ein Kunde erlangt die Verfügungsgewalt überein Gut bzw. eine Dienstleistung, wenn er die gegenwärtige Mög-lichkeit hat, deren Nutzung zu bestimmen und den Nutzen dar-aus zu ziehen. Danach hat ein Kunde die Verfügungsgewalt aucherlangt, wenn das Unternehmen verhindern kann, dass andereUnternehmen die Nutzung des Gutes oder der Dienstleistungbestimmen und den Nutzen daraus ziehen können. Im Sinne desvorgeschlagenen Modells stellt die Übertragung der Verfügungs-gewalt auf den Kunden die Übertragung sämtlicher Rechte andem Gut oder der Dienstleistung dar. Nach Übertragung der Ver-fügungsgewalt besitzt der Kunde das alleinige Recht, das Gutoder die Dienstleistung während der restlichen Nutzungsdauerzu nutzen, beziehungsweise im Rahmen seines Geschäftsbetrie-bes einzusetzen. Die Fähigkeit des Kunden, den Nutzen aus demGut oder der Dienstleistung zu ziehen, bedeutet, dass er einenAnspruch auf im Wesentlichen alle Zahlungsmittelzuflüsse hat,die durch die Güter oder Dienstleistungen generiert werden,sowie auf die durch das Gut oder die Dienstleistung erzielteReduzierung der Zahlungsmittelabflüsse.

Einige Transaktionen sind so strukturiert, dass das veräußerndeUnternehmen ein Sicherungsrecht an den Gütern, die Gegen-stand des Kaufvertrags sind, zurückbehält, um sich beispielswei-se gegen einen Zahlungsausfall des Kunden abzusichern. DerEntwurf stellt klar, dass es sich bei solchen Rechten um Schutz-rechte handelt, die nicht ausschließen, dass der Kunde die Ver-fügungsgewalt an dem Gut erlangt.

In vielen Situationen wirft die Feststellung, wann der Kunde dieVerfügungsgewalt erlangt hat, keine besonderen Probleme auf.In einigen Fällen jedoch kann dies überaus komplex sein. UmUnternehmen bei der Feststellung, wann ein Kunde die Verfü-gungsgewalt über ein bestimmtes Gut oder eine bestimmteDienstleistung erlangt hat, zu unterstützen, haben die Boardsdie folgenden Indikatoren erarbeitet, die die Identifikationerleichtern sollen:

• Der Kunde hat eine unbedingte Zahlungsverpflichtung — d. h.ein Kunde ist unbedingt verpflichtet, für das Gut oder dieDienstleistung zu zahlen. Dies ist in Regel dann der Fall, wenner im Gegenzug die Verfügungsgewalt über das zugrunde lie-gende Gut oder die zugrunde liegende Dienstleistung erlangthat. Der Entwurf weist darauf hin, dass eine unbedingte Zah-lungsverpflichtung vorliegt, wenn die Zahlung allein aufgrunddes Zeitablaufs fällig wird.

• Der Kunde hat ein Eigentumsrecht — Eigentum an einem Gutist oftmals ein Indikator dafür, welche Partei in der Positionist, die Nutzung des Gutes zu bestimmen und den Nutzen ausdem Gut zu ziehen. Eigentum an einem Gut bedeutet, dass dasGut von dem Rechtsinhaber veräußert, gegen einen anderenVermögenswert eingetauscht oder zur Sicherung oder Beglei-chung einer Schuld verwendet werden kann. Die Übertragungdes Eigentumsrechts fällt häufig mit der Übertragung der Ver-fügungsgewalt über das Gut zusammen. In einigen Fällen wirddas Eigentumsrecht als Schutzrecht zurückbehalten, soerfolgt unter Umständen keine Übertragung der Verfügungs-gewalt.

• Der Kunde ist im physischen Besitz des Gutes oder der Dienst-leistung — oftmals versetzt der physische Besitz eines Gutesden Kunden in die Position, die Nutzung dieses Gutes zubestimmen. In einigen Fällen ist der physische Besitz jedochnicht gleichbedeutend mit der Verfügungsgewalt über ein Gut.So kann ein Unternehmen bei Kommissionsgeschäften oderbei der Existenz von Kauf- und Rückkaufvereinbarungen zwarden physischen Besitz übertragen haben, die Verfügungsge-walt über das Gut wurde jedoch zurückbehalten. Bei sog. bill-and-hold-Vereinbarungen kann dagegen der Veräußerer phy-sisch im Besitz eines Gutes sein, über das der Kunde allerdingsdie Verfügungsgewalt hat.

• Das Design oder die Funktion sind kundenspezifisch — dasDesign oder die Funktion eines Gutes oder einer Dienstleistungsind kundenspezifisch, so dass das Gut oder die Dienstleistungfür den Veräußerer nur einen geringeren Wert hat, da es aneiner alternativen Verwendung fehlt. Kann ein Unternehmenbeispielsweise einen kundenspezifischen Vermögenswert nichtan einen anderen Kunden verkaufen, so wird das Unterneh-men wahrscheinlich vom Kunden verlangen, dass dieser dieVerfügungsgewalt über den Vermögenswert im Verlauf des

35Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Herstellungsprozesses erlangt und folglich alle bis dahin abge-schlossenen Arbeiten bezahlt. Kann ein Kunde dagegen nurkleinere Modifikationen an dem Design oder der Funktion einesGutes oder einer Dienstleistung vornehmen oder aus einer Rei-he standardisierter Optionen, die der Veräußerer festgelegthat, auswählen, so handelt es sich in der Regel nicht um einkundenspezifisches Gut oder eine kundenspezifische Dienstlei-stung. Kann ein Kunde größere Modifikationen an dem Designoder der Funktion des Gutes oder der Dienstleistung festlegen,so deutet dies darauf hin, dass er die Verfügungsgewalt überden Vermögenswert im Verlauf des Herstellungsprozesseserlangt.

Die Indikatoren sollen lediglich Anhaltspunkte dafür geben, obein Kunde die Verfügungsgewalt erlangt hat. Der Entwurf stelltklar, dass einige der genannten Indikatoren auf bestimmteTransaktionen keine Anwendungen finden. Zudem ist jeweils imEinzelfall zu prüfen, ob es ggf. andere Hinweise für einen Über-gang der Verfügungsgewalt gibt. Des Weiteren kann aus der Exi-stenz eines einzigen Indikators allein nicht der Schluss gezogenwerden, dass die Verfügungsgewalt auf den Kunden übertragenwurde. Der Zeitpunkt der Umsatzrealisierung ist direkt mit derFrage verknüpft, wann dem Kunden die Verfügungsgewalt überdas vereinbarte Gut oder die vereinbarte Dienstleistung übertra-gen wurde. Umfasst die Vereinbarung bspw. die Lieferung einesbestimmten Gutes (ausgenommen bestimmte Spezialanferti-gungen), würde das Unternehmen im Regelfall den Umsatz rea-lisieren, sobald das Gut an den Kunden geliefert wurde. Umfasstdie Vereinbarung eine Dienstleistung, würde der entsprechendeUmsatz erfasst werden, wenn die Dienstleistung erbracht wird.Dies würde voraussetzen, dass die Verfügungsgewalt kontinuier-lich auf den Kunden übertragen wird. Diese Konzepte werden inden folgenden Abschnitten vertiefend erörtert.

Beispiel 16 — Erfüllung der Leistungsverpflichtung

Das Unternehmen M betreibt mehrere Minen. SeineGeschäftstätigkeit besteht vor allem im Abbau, in der Verar-beitung und im Verkauf von Gold- und Kupferkonzentrat undGoldbarren. Bei den Goldbarren liegt in der Regel ein Zeit-raum von wenigen Tagen zwischen dem Zeitpunkt, zu dem dieBarren die jeweilige Mine des Unternehmens mit einem Wert-transporter verlassen, und dem Zeitpunkt, zu dem es bei derRaffinerie eintrifft. In der Raffinerie werden die Goldbarrenweiterverarbeitet, dem Metallkonto von Unternehmen M gut-geschrieben und anschließend verkauft.

M schließt mit seinem Kunden C einen Vertrag über die Liefe-rung einer bestimmten Menge von Goldbarren. Gegenwärtigerfasst M den Umsatz aus dem Verkauf von Goldbarrengemäß IAS 18 Umsatzerlöse zu dem Zeitpunkt, zu dem dieRisiken und Chancen übertragen wurden. Nach der derzeiti-gen Auffassung von M ist dies der Zeitpunkt, zu dem die Bar-ren die Mine mit dem Werttransporter verlassen.

Nach dem vorgeschlagenen Modell wird der Umsatz erst beiÜbertragung der Verfügungsgewalt über die Barren erfasst,wobei die physische Lieferung einen Indikator für die Übertra-gung der Verfügungsgewalt darstellt. Mit Blick auf den Ver-kauf der Goldbarren ist es eher unwahrscheinlich, dass dieneuen Kriterien für die Umsatzrealisierung bereits zu demZeitpunkt erfüllt sind, zu dem die Goldbarren das Gelände derMine verlassen. Stattdessen werden die Umsatzerlöse erst zudem Zeitpunkt erfasst, zu dem die Goldbarren vom Metallkon-to des Unternehmens M auf das Metallkonto des Unterneh-mens C umgebucht wurden, da unterstellt wird, dass C zu die-sem Zeitpunkt die Verfügungsgewalt über die Goldbarrenerlangt hat.

HINWEIS: Aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Gold-barren wird die Gutschrift auf einem Metallkonto der physi-schen Lieferung gleichgesetzt. Unter bestimmten Umständenkann also das vorgeschlagene Modell zu einer Änderung deraktuellen Bilanzierungspraxis führen.

36 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Kontinuierliche Übertragung (continuous transfer) vonGütern und Dienstleistungen Vereinbarungen über die Erbringung von Dienstleistungen undbestimmte andere langfristigen Lieferverträge können eine kon-tinuierliche Lieferung von Gütern oder Dienstleistungen über dieVertragslaufzeit vorsehen. Der Entwurf bestätigt, dass die Ver-fügungsgewalt über ein Gut oder eine Dienstleistung kontinuier-lich übertragen werden kann, enthält jedoch keine weiteren Leit-linien zu der Frage, wie die kontinuierliche Übertragung festzu-stellen ist. Unternehmen werden bei der Beurteilung dieserFrage daher Ermessen ausüben und sich dabei an den zuvorbeschriebenen vier Indikatoren orientieren müssen.

Sofern das Unternehmen festgestellt hat, dass die Verfügungs-gewalt kontinuierlich übertragen wird, muss das Unternehmennach dem vorgeschlagenen Modell für die jeweilige Leistungs-verpflichtung die Methode zur Umsatzrealisierung auswählen,die die kontinuierliche Übertragung am besten abbildet. Die Lei-stungsverpflichtung wäre so lange nach der ausgewähltenMethode zu bilanzieren, bis sie vollständig erfüllt worden ist. Dievorgeschlagenen Regelungen stellen außerdem klar, dass dieausgewählte Methode auf vergleichbare Vereinbarungen, dieähnliche Leistungsverpflichtungen enthalten, entsprechendanzuwenden ist.

Für Vereinbarungen, die eine kontinuierliche Übertragung vonGütern und Dienstleistungen vorsehen, schlägt der Entwurf diefolgenden drei Methoden zur Umsatzrealisierung vor:

• Output-basierte Methoden: bei diesen werden die Umsätzeauf Basis der produzierten oder gelieferten Einheiten, dervertraglich vereinbarten Meilensteine oder von Begutachtun-gen der bis dahin übertragenen Güter oder Dienstleistungenim Verhältnis zu den insgesamt zu übertragenden Güternoder Dienstleistungen erfasst. Output-basierte Methodenspiegeln die Übertragung von Gütern oder Dienstleistungenhäufig am zuverlässigsten wieder. Jedoch können auch ande-re Methoden in Betracht gezogen werden, die ebenfalls eineverlässliche Darstellung ermöglichen und mitunter mit gerin-geren Kosten verbunden sind.

• Input-basierte Methoden: bei diesen werden die Umsätze aufBasis des bis dahin angefallenen Arbeitsaufwands, z. B. dieKosten für die bisher verbrauchten Ressourcen oder angefal-lenen Arbeits- und Maschinenstunden, im Verhältnis zum ins-gesamt erwarteten Arbeitsaufwand erfasst. Die direkteBeobachtbarkeit ist bei input-basierten Methoden bessergegeben als bei output-basierten Methoden. Ein wesentlicherNachteil der input-basierten Methoden besteht allerdingsdarin, dass zwischen dem angefallenen Arbeitsaufwand undder Übertragung von Gütern oder Dienstleistungen unterUmständen kein unmittelbarer Zusammenhang mehrbesteht, sofern Leistungsmängel im Unternehmen oderandere Faktoren vorliegen. Bei der Anwendung einer input-basierten Methode muss ein Unternehmen die Auswirkungenanderer Input-Parameter, die nicht mit der Übertragung derGüter oder Dienstleistungen auf den Kunden im Zusammen-hang stehen (z. B. anormale Beträge für Materialabfälle,Fertigungslöhne oder andere Ressourcen zur Erfüllung desVertrags), ausschließen.

• Methoden auf Basis des Zeitablaufs: das Unternehmenerfasst die Umsätze linear über die erwartete Vertragslauf-zeit, wenn die Dienstleistungen gleichmäßig über die Laufzeitdes Vertrages erbracht werden.

In den meisten Fällen ist die Feststellung, ob die Verfügungsge-walt über die Güter und Dienstleistungen zu einem bestimmtenZeitpunkt oder über die gesamte Vertragslaufzeit übertragenwird, relativ einfach möglich. Für manche Unternehmen, insbe-sondere für Unternehmen mit Verträgen über langfristige undkundenspezifische Bau- oder Entwicklungsvorhaben, kann dieBeurteilung, wann und wie der Kunde die Verfügungsgewalterlangt, jedoch recht komplex sein. Die Beurteilung dieser Fragewirkt sich unmittelbar auf den Zeitpunkt der Umsatzrealisierungaus. Sofern das Unternehmen nicht belegen kann, dass die Ver-fügungsgewalt kontinuierlich auf den Kunden übertragen wird,kann der Umsatz erst bei Lieferung des fertig gestellten Vermö-genswertes erfasst werden. Dies ist einer der umstrittenstenAspekte des vorgeschlagenen Modells.

37Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Beispiel 17 — kontinuierliche Übertragung der Verfügungsgewalt

Das Unternehmen C schließt mit dem Kunden A einen Vertrag über den Bau einer Biotechnologie-Anlage. A stellt das Grundstückzur Verfügung, auf dem die Anlage errichtet werden soll. Der Vertrag sieht vor, dass A ständig an der Planung und Entwicklungder Anlage beteiligt wird. Der Vertrag regelt ferner, dass A im Zuge des Baufortschritts regelmäßige, nicht erstattungsfähige Zah-lungen leistet. Ferner hat A einen Anspruch auf den teilweise errichteten Vermögenswert. Rechtlich gesehen geht das Eigentuman der Biotechnologie-Anlage jedoch erst auf A über, wenn die Anlage fertig gestellt ist und ein dreimonatiges Testverfahrendurchlaufen hat.Nach Berücksichtigung aller Faktoren gelangt C zu dem Ergebnis, dass die Verfügungsgewalt über die Anlage kontinuierlich auf Aübertragen wird. Ein entscheidender Anhaltspunkt ist die Tatsache, dass A über den teilweise errichteten Vermögenswert die Ver-fügungsgewalt hat.

Rückkaufvereinbarungen (repurchase agreement)Manche Vereinbarungen beinhalten Rückkaufvereinbarungen, die entweder Bestandteil des Kaufvertrags sind oder separat verein-bart wurden. Der Exposure Draft hebt drei Arten von Rückkaufvereinbarungen hervor:

38 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Das Unternehmen hat eine unbedingteVerpflichtung, den Vermögenswertzurück zu erwerben. Diese Verpflich-tung ist Bestandteil des ursprünglichenVertrags.• Termingeschäft

(forward contract)

Das Unternehmen hat ein unbedingtesRecht, den Vermögenswert zurück zuerwerben. Dieses Recht ist Bestandteildes ursprünglichen Vertrags.

• Eine erworbene Kaufoption(purchased call option)

Ein Kunde hat das unbedingte Recht,vom Unternehmen den Rückkauf desVermögenswertes zu verlangen.

• Eine geschriebene Verkaufsoption(written put option)

Vom Kunden gehaltene geschriebene Verkaufsoption Ist der Kunde berechtigt, vom Veräußerer den Rückkauf des Ver-mögenswertes zu verlangen, so hat der Kunde nach dem geplan-ten Modell die Verfügungsgewalt über den Vermögenswerterlangt und ein Verkauf ist bilanziell abzubilden. Das Unterneh-men müsste gleichzeitig eine Verbindlichkeit für das Rückgabe-recht und einen Vermögenswert für das Recht auf Rückerhaltdes Vermögenswertes bei Rückkauf erfassen. Es kann jedochSituationen geben, in denen der Veräußerer sicher ist, dass derKunde seine Option ausüben wird. In solchen Fällen erfasst dasUnternehmen eine Verbindlichkeit für das Rückgaberecht inHöhe der vom Kunden erhaltenen Gegenleistung, angepasst umden Zinseffekt.

Termingeschäft oder vom Unternehmen gehaltene KaufoptionHat das Unternehmen dagegen eine unbedingte Verpflichtung(forward) oder ein Recht (call option), den Vermögenswertzurück zu erwerben, so hat der Kunde keine Verfügungsgewalterlangt, da er in seiner Fähigkeit, die Nutzung des Vermögens-wertes zu bestimmen, eingeschränkt ist. Die Vereinbarung stelltdaher eher ein Leasingvertrag oder eine Finanzierungstransakti-on dar statt eines Verkaufs. Ist das Unternehmen verpflichtetoder berechtigt, den Vermögenswert zu einem Preis zurück zuerwerben, der unter dem ursprünglichen Verkaufspreis liegt, sosollte die Transaktion als Leasingverhältnis behandelt werden.Ist das Unternehmen verpflichtet oder berechtigt, den Vermö-genswert zu einem Preis zurück zu kaufen, der dem ursprüngli-chen Verkaufspreis entspricht oder darüber liegt, so sollte dieVereinbarung als Finanzierungstransaktion bilanziert werden. ImFalle einer Finanzierungsvereinbarung würde der Veräußerer

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den Vermögenswert weiterhin in der Bilanz ausweisen sowiezusätzlich eine finanzielle Verbindlichkeit in Höhe der vom Kun-den erhaltenen Gegenleistung erfassen. Die Differenz zwischender vom Kunden erhaltenen Gegenleistung und der bei Rückkaufan den Kunden zu zahlenden Gegenleistung stellt den Zinsauf-wand oder gegebenenfalls die Haltekosten dar, die über dieLaufzeit des Finanzierungsgeschäfts erfasst werden.

Da der Standardentwurf bei der Festlegung der bilanziellenBehandlung den Aspekt der Wahrscheinlichkeit der Ausübungeiner Kaufoption völlig außer Acht lässt, besteht unseres Erach-tens die Gefahr, dass es zu nicht nachvollziehbaren Bilanzie-rungsergebnissen kommen könnte. Bei bestimmten Transaktio-nen kann ein Unternehmen beispielsweise das unbedingte Rechthaben, den Vermögenswert zu einem höheren Preis als demursprünglichen Verkaufspreis zurück zu erwerben. Das geplanteModell sieht vor, dass ein Unternehmen solche Transaktionen alsFinanzierungstransaktion bilanziert, auch wenn es höchstunwahrscheinlich ist, dass das Unternehmen die Kaufoption aus-üben wird.

Beispiel 18 — Rückkaufoptionen

Ein Automobilhersteller verkauft ein Fahrzeug an den KundenX für EUR 30.000 (Herstellungskosten: EUR 26.000).Bestandteil des Vertrages ist auch das Angebot, das Fahrzeugnach einem Zeitraum von drei Jahren zu einem festgelegtenPreis von EUR 10.500 zurück zu erwerben. Der Kunde hatdemnach das Recht, das Fahrzeug entweder zu dem festge-legten Preis an den Hersteller zurückzugeben oder das Fahr-zeug zu behalten.

Bei Verkauf des Fahrzeugs erfasst der Hersteller Umsatzerlö-se in Höhe von EUR 19.500 und eine Rückkaufverbindlichkeitin Höhe von EUR 10.500. Zusätzlich weist der Herstellereinen Vermögenswert für das Recht auf Rückerhalt des Fahr-zeugs in Höhe von EUR 9.130 (Rückkaufpreis abzüglich einerMarge) aus und reduziert die Umsatzkosten um den Betrag.

Nach drei Jahren gibt der Kunde das Fahrzeug an den Auto-mobilhersteller zurück. Mit der Barzahlung des vereinbartenRückkaufpreises wird die Rückkaufverbindlichkeit erfüllt unddas Fahrzeug in den Vorratsbestand eingebucht, wodurch dasRecht auf Rückerhalt des Vermögenswertes erlischt.

Bill-and-hold-VereinbarungenBei bestimmten Verkaufstransaktionen erfüllt ein Unternehmenseine Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag und stellt dem Kun-den den Gesamtbetrag in Rechnung, versendet die Güter jedocherst zu einem späteren Zeitpunkt. Solche Transaktionen werdenals bill-and-hold-Vereinbarungen bezeichnet und in der Regel aufWunsch des Kunden abgeschlossen. Gründe hierfür können feh-lende Lagerkapazitäten beim Kunden oder das anfängliche Feh-len der Möglichkeit zur Nutzung der Güter sein. Nach den vorge-schlagenen Regelungen muss das veräußernde Unternehmenbeurteilen, ob der Kunde die Verfügungsgewalt über die Gütererlangt hat, um festzulegen, ob die Leistungsverpflichtungerfüllt wurde und die Umsatzerlöse entsprechend erfasst werdenkönnen. Da der Kunde bei einer bill-and-hold-Transaktion dieGüter nicht in Besitz genommen hat, hat er die Verfügungsge-walt über die jeweiligen Güter nur dann erlangt, wenn folgendeKriterien erfüllt sind:• Die bill-and-hold-Vereinbarung muss auf Weisung des Kunden

hin abgeschlossen worden sein.• Das Gut muss beim veräußernden Unternehmen separat von

den anderen Gütern gelagert und eindeutig als Gut des Kun-den identifiziert werden.

• Das Gut muss an dem Ort und zu dem Zeitpunkt, der jeweilsvom Kunden festgelegt wurde oder wird, lieferbereit sein.

• Das veräußernde Unternehmen kann das Produkt nichtanderweitig verwenden oder an einen anderen Kunden ver-äußern.

Wenn diese Bedingungen kumulativ erfüllt sind, ist das veräu-ßernde Unternehmen nicht mehr dazu in der Lage, die Nutzungder Güter zu bestimmen, sondern handelt als Verwahrer für denKunden. Somit hat der Veräußerer seine Leistungsverpflichtungerfüllt. In einem derartigen Fall muss das veräußernde Unterneh-men jedoch prüfen, ob die Verwahrungsleistung eine separateLeistungsverpflichtung darstellt. Sofern dies der Fall ist, müssteein Teil des Transaktionspreises dieser separaten Leistungsver-pflichtung zugeordnet werden und dürfte erst am Ende des Ver-wahrungszeitraums als Umsatzerlöse erfasst werden.

39Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Abnahme durch den KundenEinige Kaufverträge sehen vor, dass der Kunde erst dann zurZahlung der Gegenleistung verpflichtet ist, wenn er die betref-fenden Güter abgenommen hat. Hierbei kann es sich entwederum einfache vertragliche Bestimmungen handeln, die lediglichregeln, dass der Kunde die gelieferten Güter auf der Grundlageobjektiver und vertraglich festgelegter Kriterien, wie z. B. dassdie gelieferten Maschinen mit einer festgelegten Geschwindig-keit laufen müssen, abnehmen oder zurückweisen kann, oderum komplexe Bedingungen, die eher subjektiverer Natur sind.Bei der Beurteilung, ob der Kunde die Verfügungsgewalt überdas Gut oder die Dienstleistung erlangt hat, müssen alle im Ver-trag enthaltenen Abnahmeklauseln berücksichtigt werden, dennnur wenn das Unternehmen sämtliche Abnahmeklauseln erfüllthat, hat es Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung. Ansonstenkann es zur Nachbesserung verpflichtet sein, bevor schließlichalle vertraglich vereinbarten Leistungsverpflichtungen erfülltsind.

Wenn ein Unternehmen objektiv belegen kann, dass das Gut oderdie Dienstleistung in Übereinstimmung mit den vertraglich ver-einbarten Produktspezifikationen auf den Kunden übertragenwurde, handelt es sich bei der Abnahme durch den Kunden umeine reine Formalität, die die Feststellung des Unternehmens, obder Kunde die Verfügungsgewalt über das Gut oder die Dienstlei-stung erlangt hat, nicht beeinflusst. Vertraglich festgelegteEigenschaften wie Größe, Gewicht oder ähnliche Messgrößensind Beispiele für Abnahmekriterien, die objektiv feststellbarwären. Kann das Unternehmen dagegen nicht objektiv nachwei-sen, dass das Gut oder die Dienstleistung die vertraglichen ver-einbarten Spezifikationen erfüllt, so kann es nicht beurteilen, obder Kunde die Verfügungsgewalt erlangt hat. Eine Vertragsklau-sel, die dem Kunden die Möglichkeit einräumt, ein Gut in Augen-schein zu nehmen oder zu testen und nach eigenem Ermessenzu entscheiden, ob er es abnehmen möchte, kann ein Abnahme-kriterium darstellen, das nicht objektiv beurteilbar ist.

Lizenzen und NutzungsrechteLizenzen und Nutzungsrechte sind in vielen Branchen, wie z. B.im Bereich der Software-, Medien- und Unterhaltungsindustrie-oder in der Biotechnologie, üblich. Lizenzen gewähren dem Kun-den das Recht, das von einem Unternehmen entwickelte oderdiesem gehörende geistige Eigentum zu seinem bestimmungsge-mäßen Zweck zu nutzen. Die in dem Entwurf enthaltenenAnwendungsleitlinien nennen die folgenden Beispiele für geisti-ges Eigentum:

• Software und Technologie

• Filme, Musik und andere Medien- und Unterhaltungsformen

• Franchise

• Patente, Marken und Urheberrechte

• Sonstige immaterielle Vermögenswerte

Die geplanten Leitlinien für Lizenzen und andere Nutzungsrech-te, nachfolgend aus Vereinfachungsgründen einheitlich als„Lizenzen“ bezeichnet, sehen vor, dass Unternehmen die Rech-te der Kunden analysieren müssen. Nach dem Standardentwurfwürde eine Vereinbarung, bei der ein Kunde (Lizenznehmer)die Verfügungsgewalt über im Wesentlichen alle Rechte imZusammenhang mit dem geistigen Eigentum des Unternehmens(Lizenzgebers) erlangt, nicht als Gewährung eines Rechts aufNutzung des geistigen Eigentums, sondern als Verkauf betrach-tet werden. Wird einem Lizenznehmer beispielsweise das exklu-sive Recht gewährt, das geistige Eigentum im Wesentlichen überdessen gesamte wirtschaftliche Nutzungsdauer zu nutzen,unterstellt der Entwurf, dass der Lizenznehmer die Verfügungs-gewalt über alle mit dem geistigen Eigentum im Zusammenhangstehenden wesentlichen Rechte erlangt hat.

Erlangt ein Lizenznehmer nicht die Verfügungsgewalt über allemit dem geistigen Eigentum im Zusammenhang stehendenwesentlichen Rechte, da sich das Recht auf Nutzung des geisti-gen Eigentums beispielweise nur über einen bestimmten Zeit-

40 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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raum erstreckt, der kürzer ist als die wirtschaftliche Nutzungs-dauer des geistigen Eigentums, so stellt sich die Bilanzierungnach den vorgeschlagenen Regelungen wie folgt dar:• Gewährt der Lizenzgeber dem Lizenznehmer Rechte, die

nicht exklusiv sind, handelt es sich bei dem Nutzungsrecht inder Regel um eine gesonderte Leistungsverpflichtung, diedann erfüllt ist, wenn der Kunde in der Lage ist, diese Rechtezu nutzen. Nutzungsrechte werden als nicht exklusive Rechteeingestuft, wenn der Lizenzgeber in der Lage ist, ähnlicheRechte auch anderen Parteien unter im Wesentlichen identi-schen Bedingungen zu gewähren. Diese Vorgehensweise istbeispielsweise in der Softwarebranche, in der Entwickler vonSoftware häufig Softwarelizenzen an eine Reihe von Kundenunter den gleichen Bedingungen verkaufen, allgemein üblich.

• Hat der Lizenzgeber dem Lizenznehmer hingegen ein exklusi-ves Nutzungsrecht eingeräumt, so wäre der Lizenzgebernicht in der Lage, ein vergleichbares Recht gleichzeitig eineranderen Partei zu gewähren. Dies ist ein Hinweis darauf,dass die Fähigkeit des Lizenzgebers, das geistige Eigentumwährend des Lizenzzeitraums zu kontrollieren, einge-schränkt ist. Die Boards kamen zu dem Schluss, dass dieseEinschränkung ein Anzeichen dafür ist, dass der Lizenzgebereine Leistungsverpflichtung hat, die erst am Ende des Lizenz-zeitraums vollumfänglich erfüllt sein wird. Die Leistungsver-pflichtung des Lizenzgebers wird daher kontinuierlich überden Lizenzzeitraum erfüllt.

Werden die Nutzungsrechte mehreren Parteien gleichzeitiggewährt, so ist eine Bilanzierung als Verkaufsgeschäft jedochnicht möglich, sofern sich die den Parteien gewährten Rechtewesentlich voneinander unterscheiden. Dies ist ein Anzeichendafür, dass jeder Partei im Rahmen ihrer jeweiligen Vereinbarun-gen exklusive Rechte gewährt wurden. Laut den Vorschlägendes ED kann ein Unternehmen exklusive Rechte auf den folgen-den Grundlagen gewähren:• Zeitraum — ein Filmstudio kann beispielsweise einem Kunden

das exklusive Recht auf Ausstrahlung einer Fernsehseriewährend eines bestimmten Zeitraums und einem anderenKunden das exklusive Recht auf Ausstrahlung derselbenSerie während eines anderen Zeitraums gewähren.

• Region — ein Franchisegeber kann beispielsweise einem Kun-den das exklusive Recht auf ein Franchise in einer bestimm-ten Region und einem anderen Kunden das exklusive Rechtauf das Franchise in einer anderen Region gewähren.

• Vertriebskanal oder -medium — eine Plattenfirma kann bei-spielsweise einem Kunden das exklusive Recht, einen Sound-track auf einer Compact Disc zu vertreiben, und einem ande-ren Kunden das exklusive Recht, den Soundtrack über dasInternet zu vertreiben, gewähren.

41Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Die folgende Tabelle zeigt die möglichen Bilanzierungsweisen,die sich je nach Ausgestaltung der vertraglichen Bedingungen,die einem Kunden das Recht auf Nutzung des geistigen Eigen-tums gewähren, ergeben können.

Bei der Beurteilung der Frage, ob im Wesentlichen alle Rechteübertragen wurden oder ob der Lizenzgeber einige Rechtezurückbehält, muss das Management wesentliche Ermessensent-scheidungen treffen.

Beispiel 19 — Lizenzen

Ein Filmstudio schließt mit einem Kinobetreiber, der im gan-zen Land Kinos unterhält, einen Vertriebsvertrag ab. Das Stu-dio gewährt dem Betreiber das exklusive Recht, den vonihnen produzierten Film ab dem Erscheinungsdatum dreiMonate lang in ihren Filmtheatern zu zeigen. Gleichzeitigschließt das Studio einen Vertrag mit einem internationalenVertriebsunternehmen ab, das das exklusive Recht auf Pro-duktion und Verkauf des Films als DVD erwirbt. Dieses Rechterstreckt sich auf bestimmte Länder und auf einen Zeitraumvon fünf Jahren. Dieser Zeitraum beginnt sechs Monate nachder erstmaligen Ausstrahlung des Films. Schließlich schließtdas Studio Verträge mit mehreren großen Fernsehanstaltenab, wobei jede Fernsehanstalt eine Lizenz erwirbt. DieseLizenz berechtigt sie, den Film in ihrem Land innerhalb einesZeitraums von zwei Jahren, der ein Jahr nach dem Erschei-nungsdatum beginnt, exklusiv auszustrahlen.

Jeder Vertrag wird als separater Vertrag identifiziert und jedesRecht ist im Sinne des geplanten Standards zur Umsatzrealisie-rung exklusiv. Die Erträge der Filmtheater werden linear übereinen Zeitraum von drei Monaten erfasst, die Erträge aus demDVD-Vertrieb über einen Zeitraum von fünf Jahren, beginnendsechs Monate nach dem Erscheinungsdatum, und die Erträgeaus der TV-Ausstrahlung über einen Zeitraum von zwei Jahren,beginnend ein Jahr nach dem Erscheinungsdatum.

42 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

LizenzbedingungenKunde erhält imWesentlichen alleRechte

Exklusiv Verkauf

Verkauf

Leasing

Nicht Exklusiv

Art

der

Liz

enz

Kunde erhält nichtim Wesentlichen alleRechte

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DarstellungVertragliche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten Das vorgeschlagene Modell beruht auf dem Konzept, dass einvertraglicher Vermögenswert (contract asset) oder eine ver-tragliche Schuld (contract liability) entsteht, wenn eine der Ver-tragsparteien ihrer Verpflichtung aus dem Vertrag nachkommt.Hat ein Unternehmen beispielsweise durch Lieferung der zuge-sagten Güter oder Dienstleistungen eine vertraglich vereinbarteLeistungsverpflichtung erfüllt, dann hat das Unternehmen einenAnspruch auf Erhalt einer Gegenleistung vom Kunden erworbenund verfügt somit über einen vertraglichen Vermögenswert.Erfüllt dagegen zuerst der Kunde eine seiner Vertragspflichten,indem er beispielsweise eine Vorauszahlung auf die von ihmzugesagte Gegenleistung leistet, entsteht beim Unternehmeneine vertragliche Verbindlichkeit.

Gemäß dem vorgeschlagenen Modell hat das Unternehmen denVertrag in seiner Bilanz als vertraglichen Vermögenswert oderals vertragliche Verbindlichkeit auszuweisen, wenn eine vertrag-lich vereinbarte Pflicht von einer der beiden Vertragsparteienerfüllt wurde. Häufig stellt ein vertraglicher Vermögenswerteinen unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenleistung dar.Dies ist dann der Fall, wenn keine weiteren Leistungsverpflich-tungen erfüllt werden müssen, bevor das Unternehmen denAnspruch auf Erhalt der Gegenleistung vom Kunden erwirbt. DieBoards sind der Auffassung, dass ein unbedingter Anspruch aufErhalt der Gegenleistung vom Kunden eine Forderung gegen denKunden darstellt, die getrennt von den vertraglichen Vermö-genswerten auszuweisen ist. Ein vertraglicher Vermögenswertliegt dann vor, wenn ein Unternehmen bereits eine Vertrags-pflicht erfüllt hat, also beispielsweise mit der Erbringung derDienstleistung begonnen hat oder einen Teil der Güter gelieferthat, jedoch den unbedingten Anspruch auf Erhalt der Gegenlei-stung noch nicht erworben hat.

Ein Unternehmen kann auch andere Vermögenswerte, wie z. B.Kosten, die im Zusammenhang mit dem Vertrag angefallen sindund die Voraussetzungen für eine Aktivierung erfüllen, oder Ver-bindlichkeiten, wie z. B. belastende Leistungsverpflichtungen,erfasst haben, die mit dem Vertrag im Zusammenhang stehen.Der Standardentwurf sieht vor, dass derartige Vermögenswerteoder Verbindlichkeiten in der Bilanz getrennt von dem vertragli-chen Vermögenswerten und Verbindlichkeiten auszuweisen sind.

AngabenDer Entwurf sieht eine Reihe neuer Angabepflichten vor. Dasgrundsätzliche Ziel der Angaben ist es, quantitative und qualita-tive Angaben zu machen, die es den Abschlussadressatenermöglichen, den Betrag, den Zeitpunkt und die Unsicherheitenvon Umsätzen und Zahlungsflüssen zu verstehen, die sich ausVerträgen mit Kunden ergeben. Ausgehend von dieser Zielset-zung schreibt der Entwurf eine Reihe von qualitativen und quan-titativen Angabepflichten vor, die sich auf Verträge mit Kundenbeziehen. Letztlich liegt es aber in dem Verantwortungsbereichdes Unternehmens festzulegen, wie detailliert diese Angabensein müssen, um die in dem vorgeschlagenen Modell angestrebteZielsetzung zu erfüllen. Die Angabepflichten sind in zwei Katego-rien unterteilt: Angaben zu den Verträgen mit Kunden und Anga-ben zu den wesentlichen Ermessensentscheidungen, die bei derAnwendung des vorgeschlagenen Modells getroffen wurden.

Unterteilung der Umsätze nach KategorienDie Angaben zu Umsätzen sind nach Kategorien zu unterteilen,die am besten darstellen, wie der Betrag, der Zeitpunkt und dieUnsicherheit von Umsätzen und Zahlungsflüssen von wirtschaft-lichen Faktoren beeinflusst werden. Im Standardentwurf werdendie folgenden Kategorien vorgeschlagen: (a) die Art der Güteroder Dienstleistungen; (b) die Region, in der die Güter oderDienstleistungen vertrieben werden; (c) der Markt oder die Artdes Käufers (z. B. staatliche im Gegensatz zu privaten Unter-nehmen); und (d) die Art des Vertrags (z. B. Festpreis, Vergü-tung auf Zeit- und Materialbasis).

43Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Darstellung und Angaben

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Überleitung der Eröffnungs- und SchlusssaldenNach dem vorgeschlagenen Modell müssen Unternehmen dieEröffnungs- und Schlusssalden von vertraglichen Vermögens-werten und vertraglichen Schulden zur Bilanz übergeleitet wer-den. Die Überleitung muss mindestens die folgenden Positionenenthalten:• Den (die) in der Gesamtergebnisrechnung erfassten Betrag

(Beträge), der (die) sich wie folgt zusammensetzt (-en):• Erträge aus Leistungsverpflichtungen, die in der Berichts-

periode erfüllt wurden• Erträge aus der Allokation von Änderungen des Transakti-

onspreises auf Leistungsverpflichtungen, die bereits infrüheren Berichtsperioden erfüllt wurden

• Zinserträge und -aufwendungen• Effekt aus Änderungen der Wechselkurse

• Erhaltene Zahlungsmittel• in die Forderungen umgebuchte Beträge• Erhaltene nicht zahlungswirksame Gegenleistung• Im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen erworbene

Verträge und veräußerte Verträge

Das nachfolgende Beispiel veranschaulicht die Angabepflichtenin Bezug auf die Eröffnungs- und Schlusssalden, wobei unter-stellt wird, dass das Unternehmen insgesamt über einen vertrag-lichen Nettovermögenswert verfügt.

44 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Beispiel 20

Eröffnungssaldo (vertraglicher Vermögenswert (+) / vertragliche Verbindlichkeit (-)) EUR 150.000

In der Gesamtergebnisrechnung erfasster Betrag, der sich wie folgt zusammensetzt:

Erträge aus Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode erfüllt wurden EUR (500.000)

Erträge aus der Allokation von Änderungen des Transaktionspreises auf Leistungsverpflichtungen, die in früheren Berichtsperioden erfüllt wurden (Änderung der Schätzung) EUR 25.000

Zinserträge und -aufwendungen (Saldo) EUR 5.000

Effekt aus Änderungen der Wechselkurse (Saldo) —

Erhaltene Zahlungsmittel in Form von geleisteten Anzahlungen (vertragliche Verbindlichkeit) EUR (150.000)

In die Forderungen umgebuchte Beträge (für erfüllte Leistungsverpflichtung) EUR (300.000)

Erhaltene nicht zahlungswirksame Gegenleistung (für erfüllte Leistungsverpflichtung) EUR (60.000)

Im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüssen erworbene Verträge und veräußerte Verträge (Saldo) —

Schlusssaldo (vertraglicher Vermögenswert (+) / vertragliche Verbindlichkeit (-)) EUR (830.000)

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LeistungsverpflichtungenUnternehmen müssen die folgenden qualitativen Informationen zuden Leistungsverpflichtungen in Verträgen mit Kunden angeben:• Die Güter oder Dienstleistungen, deren Übertragung das

Unternehmen zugesagt hat. Auf Leistungsverpflichtungenbei denen ein Dritter mit der Übertragung von Gütern oderDienstleistungen beauftragt wird, wenn das Unternehmen imRahmen des Vertrags als Agent handelt, ist gesondert hinzu-weisen

• Zeitpunkt, zu dem das Unternehmen seine Leistungsver-pflichtungen üblicherweise erfüllt (z. B. bei Versand, bei Lie-ferung, bei Erbringung der Dienstleistungen oder bei Beendi-gung der Dienstleistung)

• Die wesentlichen Zahlungskonditionen (z. B., ob die Höheder Gegenleistung variabel ist und ob der Vertrag einewesentliche Finanzierungskomponente enthält)

• Rücknahme- oder Erstattungsverpflichtungen und sonstigeähnliche Verpflichtungen

• Arten von Garantien und damit verbundene Verpflichtungen

Neben den qualitativen Angaben zu den Leistungsverpflichtungenmuss das Unternehmen ebenfalls quantitative Angaben zumerwarteten Zeitpunkt der Erfüllung noch offener Leistungsver-pflichtungen im Rahmen langfristiger Vereinbarungen machen.Das vorgeschlagene Modell sieht vor, dass diese Angaben zu allenLeistungsverpflichtungen zu machen sind, die erst nach einemJahr nach Vertragsabschluss oder später erfüllt werden. Diesumfasst auch Angaben zum Betrag des Transaktionspreises sowiedessen Allokation auf die Leistungsverpflichtungen, die voraus-sichtlich innerhalb der folgenden Zeiträume erfüllt werden:• Ein Jahr oder weniger

• Zwischen einem Jahr und zwei Jahren

• Zwischen zwei und drei Jahren

• Nach mehr als drei Jahren

Belastende LeistungsverpflichtungenZu den belastenden Leistungsverpflichtungen sind die folgendenAngaben zu machen:• Beschreibung der Art und der Höhe der Leistungsverpflich-

tungen, für die eine Verbindlichkeit erfasst wurde

• Erläuterung der Hintergründe, warum die Leistungsverpflich-tungen belastend wurden

• Angabe des Zeitpunkts, zu dem das Unternehmen die mit denbelastenden Leistungsverpflichtungen in Beziehung stehen-den Verbindlichkeiten voraussichtlich erfüllen wird

Neben den vorstehend aufgeführten qualitativen und quantitati-ven Angaben müssen Unternehmen eine Überleitung der Eröff-nungs- und Schlusssalden der gesamten Verbindlichkeiten, dieaufgrund von belastenden Leistungsverpflichtungen gebildetwurden, vornehmen. Diese Überleitung muss die folgenden Posi-tionen umfassen:• Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode bela-

stend wurden

• Leistungsverpflichtungen, die in der Berichtsperiode nichtmehr als belastend eingestuft wurden

• Höhe der Verbindlichkeit, die in der Berichtsperiode erfülltwurde

• Zinseffekt

• Änderungen bei der Bewertung der Verbindlichkeit, die in derBerichtsperiode vorgenommen wurden

45Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Wesentliche Ermessensentscheidungen bei der Anwendungdes ModellsDas vorgeschlagene Modell sieht vor, dass Unternehmen Anga-ben zu den wesentlichen Ermessensentscheidungen machenmüssen, die bei der Anwendung des geplanten Modells zurUmsatzrealisierung getroffen wurden. Sofern ein Unternehmenfestgestellt hat, dass die Verfügungsgewalt über das zugesagteGut oder die zugesagte Dienstleistung kontinuierlich übertragenwird, so hat es die beiden folgenden Angaben zu machen:• verwendete Methode zur Umsatzrealisierung (z. B. output-

oder input-basierte Methode oder Methode auf Basis desZeitablaufs)

• Erläuterung, warum die angewendete Methode die Übertra-gung der Güter oder Dienstleistungen zuverlässig darstellt

Bei der Anwendung des vorgeschlagenen Modells müssen Unter-nehmen eine Reihe wesentlicher Ermessensentscheidungen tref-fen. Der ED schreibt qualitative Angaben zu den verwendetenMethoden, Inputs und Annahmen vor, die bei den folgendenErmessensentscheidungen verwendet wurden:• Ermittlung und Allokation des Transaktionspreises

• Schätzung der Einzelveräußerungspreise der zugesagtenGüter oder Dienstleistungen

• Bewertung der Rücknahme- oder Erstattungsverpflichtungenund der weiteren vergleichbaren Verpflichtungen

• Bewertung der Verbindlichkeit für belastende Leistungsver-pflichtungen, einschließlich Angaben zum Abzinsungssatz,der bei der Ermittlung des Barwertes der wahrscheinlich-keitsgewichteten für die Erfüllung der Leistungsverpflichtungerforderlichen direkten Kosten, verwendet wurde

46 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Der Zeitpunkt des Inkrafttretens steht bislang noch nicht fest.Derzeit arbeiteten die beiden Standardsetter an mehreren Pro-jekten, die allesamt Mitte bis Ende 2011 abgeschlossen werdensollen. Zu diesem Zweck bitten die Boards die betroffenen Par-teien im Rahmen eines separaten Projektes um Vorschläge zuden jeweiligen Zeitpunkten des Inkrafttretens aller wichtigenGemeinschaftsprojekte, die bis Ende 2011 abgeschlossen wer-den sollen, die zuerst abgewartet werden sollen.

Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung wären die neuenVorschriften zur Ertragsrealisierung gem. IAS 8 Rechnungsle-gungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenenSchätzungen und Fehler in vollem Umfang rückwirkend anzu-wenden, da so die Abschlussadressaten für jedes dargestellteJahr nützliche Vergleichsinformationen erhalten würden.Obgleich sich die Boards der Tatsache durchaus bewusst sind,dass die retrospektive Anwendung des vorgeschlagenen Modellsfür manche Unternehmen mit größerem Aufwand verbundensein kann, dies gilt insbesondere für Unternehmen, die eine gro-ße Zahl von langfristigen Verträgen abgeschlossen haben,haben sie sich letztlich derzeit gegen eine prospektive oder einebegrenzte rückwirkende Anwendung entschieden.

Die Boards sind der Ansicht, dass eine prospektive Anwendungdes vorgeschlagenen Modells nicht zu entscheidungsnützlichenInformationen führen würde, da die für neue Verträge verwen-deten Ansatz- und Bewertungsmethoden nicht mit den für beste-hende Verträge geltenden Prinzipien vergleichbar wären. Bei derPrüfung der Möglichkeit einer begrenzten retrospektivenAnwendung waren die Boards nicht in der Lage einen Zeitpunktfestzulegen, der nach Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten der vollenretrospektiven Anwendung vorzuziehen wäre. Die Boards sindschließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass die Abschlussadressa-ten durch die Möglichkeit, bei der retrospektiven Anwendungvon den zulässigen Ausnahmen Gebrauch zu machen, und auf-grund des zu erwartenden großen Zeitabstandes zwischen derVeröffentlichung des endgültigen Standards und dem Zeitpunktseines Inkrafttretens, über die erforderliche Zeit und Flexibilitätverfügen, um den Standardentwurf rückwirkend anzuwenden zukönnen.

47Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Zeitpunkt des Inkrafttretens undÜbergangsvorschriften

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Die Kommentierungsfrist für diesen Standardentwurf ist am 22. Oktober 2010 abgelaufen. In der gemeinsamen Sitzung derBoards im November diesen Jahres haben die beiden Mitarbei-terstäbe einen kurzen Überblick über diejenigen Themen gege-ben, die in den eingegangenen Stellungnahmen aufgegriffenwurden, und einen vorläufigen Zeitplan vorgestellt, wann welcheThemen von den Boards erneut diskutiert werden sollen. Dieerneuten Beratungen werden voraussichtlich im Januar begin-nen.

Auf Basis der Stellungnahmen sowie der Ergebnisse der bisherdurchgeführten Gesprächsrunden haben die beiden Mitarbeiter-stäbe zwei grundlegende Aspekte identifiziert, bei denen erneu-te Beratungen erforderlich sind:

• Weiterentwicklung des im ED vorgeschlagenen controlmodel, um klarzustellen, wann die Verfügungsgewalt im Fallvon langfristigen Fertigungsaufträgen und bei Dienstlei-stungsaufträgen auf den Kunden übergeht

• Überarbeitung der vorgeschlagenen Leitlinien zur Trennungvon zugesagten Waren und Dienstleistungen in einzelnabgrenzbare (distinct) Leistungsverpflichtungen, da dieseals nicht ausreichend und für viele Transaktionen als nichtpraktikabel angesehen werden

Weitere Themen, die in den Stellungnahmen kritisiert wurden,betrafen:

• Verwendung von wahrscheinlichkeitsgewichteten Schätzun-gen

• Zeitwert des Geldes und Einbringlichkeit

• Bilanzierung von Gewährleistungen

• Belastende Leistungsverpflichtungen

• Kosten des Vertrages — insbesondere Kosten zur Erlangungdes Vertrages

• Rückwirkende Anwendung beim Übergang auf die neuen Vor-schriften

Die Veröffentlichung des finalen Standards ist weiterhin bis zum30. Juni 2011 geplant. Dies ergibt sich auch aus dem aktuellenWorkplan des IASB, der am 20. Dezember 2010 veröffentlichtwurde.

48 Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

Nächste Schritte

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49Umsatzrealisierung bei Verträgen mit Kunden

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Ernst & Young

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Die internationale Ernst & Young-Organisationim Überblick Die internationale Ernst & Young-Organisation isteiner der Marktführer in der Wirtschaftsprüfung,Steuerberatung und Transaktionsberatung sowiein den Advisory Services. Ihr Ziel ist es, dasPotenzial ihrer Mitarbeiter und Mandanten zuerkennen und zu entfalten. Die 141.000 Mitar-beiter sind durch gemeinsame Werte und einenhohen Qualitätsanspruch verbunden.

Die internationale Ernst & Young-Organisationbesteht aus den Mitgliedsunternehmen von Ernst& Young Global Limited (EYG). Jedes EYG-Mitgliedsunternehmen ist rechtlich selbstständigund unabhängig und haftet nicht für das Handelnund Unterlassen der jeweils anderen Mitglieds-unternehmen. Ernst & Young Global Limited isteine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nachbritischem Recht und erbringt keine Leistungenfür Mandanten. Weitere Informationen finden Sieunter www.de.ey.com

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