1
Am 3.6.1999 wurde die Bevölkerung durch Rundfunkmeldungen über ein bei Eschede im Landkreis Celle eingetrete- nes Bahnunglück aufgeschreckt; binnen kurzem zeichnete sich für jeden ab, dass etwas Furchtbares geschehen sein mus- ste. Jedem Chirurgen wurde klar, dass sich hier eine Katastrophe von bisher nicht gekannten Ausmaßen abgespielt hatte, die jederzeit an jedem Ort jeden Chirurgen herausfordern könnte. So wenig sich jemand wünschen kann, seine Klinik, seine Mannschaft möge einer solchen Probe unterworfen werden, so eindeutig muss jeder von uns wissen, dass ein solches Ereignis auch ihn zum sofortigen Handeln zwingen kann. Katastrophen haben nur eines ge- meinsam: Sie kommen, bis dahin unvor- stellbar, dass sie geschehen, mit unauf- schiebbarer Plötzlichkeit auf uns zu. Es gibt davor keinen „Zustand der drohen- den Kriegsgefahr“ und auch keine oder allenfalls eine nur sehr kurze „Mobil- machungsphase“. Doch der Plan muss griffbereit in der Schublade liegen! Jede Katastrophe hat ihr eigenes Ge- sicht. Sie ist weder zeitlich auf- noch ört- lich verschiebbar. Jedes Krankenhaus kann von einer Stunde auf die andere zum Zentrum der Entscheidungen wer- den. Wir Unfallchirurgen sind seit lan- gem auf das Polytrauma spezialisiert; aber das ist in der Regel ein Einzelfall und auch 3 oder 4 Polytraumatisierte stellen nur eine abschätzbare klinische Provokation dar. Wer je einen Massen- anfall Verletzter erlebt hat oder selbst leitend hat bewältigen müssen, weiß, dass ihm hier vor allem anderen eine versorgungsstrategische Aufgabe bevor- steht, die er nicht weitergeben kann, oh- ne deren zielsichere Lösung alle sich dann ergebenden Einzelforderungen aber nicht erfüllt werden könnten. Jede einzelne Großkatastrophe, sei sie durch Verkehr, durch Feuer, Wasser, Lawinen, Wetter oder Erdbeben verur- sacht, vermittelt Erkenntnisse, die nicht ungenutzt bleiben dürfen, um der nächs- ten Katastrophe noch wirksamer be- gegnen zu können. Deswegen habe ich Herrn Prof. Dr. Oestern gebeten, mit sei- nen beiden Mitarbeitern Dr. Hüls und Dr. Quirini, die im Zentrum des Gesche- hens standen, uns zu vermitteln, was je- der von uns für den Tag X wissen, ken- nen und können muss. Trauma und Berufskrankheit · Supplement 2 · 2000 S285 Trauma Berufskrankh 2000 · 2 [Suppl 2]: S285 © Springer-Verlag 2000 Großkatastrophen Jürgen Probst Murnau/Staffelsee Unfallchirurgisches und interdisziplinäres Management einer Großkatastrophe Prof. Dr. J. Probst Alter Mühlhabinger Weg 3, 82418 Murnau/Staffelsee (Tel.: 08841-49888, Fax: 08841-99414) Zusammenfassung Großkatastrophen können jeden von uns unvermittelt und ohne Vorwarnung treffen. Deshalb müssen Pläne zum Umgang mit und zum Management einer solchen Katas- trophe griffbereit vorliegen. Schlüsselwörter Großkatastrophe · Management J. Probst Trauma surgical and interdisciplinary management of a large-scale disaster Abstract Large-scale disasters can strike any of us di- rectly and without any warning. It is there- fore important that plans for dealing with and management of such disasters be avail- able at all times. Keywords Large-scale disaster · Management

Unfallchirurgisches und interdisziplinäres Management einer Großkatastrophe

  • Upload
    juergen

  • View
    214

  • Download
    1

Embed Size (px)

Citation preview

Am 3.6.1999 wurde die Bevölkerungdurch Rundfunkmeldungen über ein beiEschede im Landkreis Celle eingetrete-nes Bahnunglück aufgeschreckt; binnenkurzem zeichnete sich für jeden ab, dassetwas Furchtbares geschehen sein mus-ste. Jedem Chirurgen wurde klar, dasssich hier eine Katastrophe von bishernicht gekannten Ausmaßen abgespielthatte, die jederzeit an jedem Ort jedenChirurgen herausfordern könnte.

So wenig sich jemand wünschenkann, seine Klinik, seine Mannschaftmöge einer solchen Probe unterworfenwerden, so eindeutig muss jeder von unswissen, dass ein solches Ereignis auchihn zum sofortigen Handeln zwingenkann. Katastrophen haben nur eines ge-meinsam: Sie kommen, bis dahin unvor-stellbar, dass sie geschehen, mit unauf-schiebbarer Plötzlichkeit auf uns zu. Esgibt davor keinen „Zustand der drohen-den Kriegsgefahr“ und auch keine oderallenfalls eine nur sehr kurze „Mobil-machungsphase“. Doch der Plan mussgriffbereit in der Schublade liegen!

Jede Katastrophe hat ihr eigenes Ge-sicht. Sie ist weder zeitlich auf- noch ört-lich verschiebbar. Jedes Krankenhauskann von einer Stunde auf die anderezum Zentrum der Entscheidungen wer-den. Wir Unfallchirurgen sind seit lan-

gem auf das Polytrauma spezialisiert;aber das ist in der Regel ein Einzelfallund auch 3 oder 4 Polytraumatisiertestellen nur eine abschätzbare klinischeProvokation dar. Wer je einen Massen-anfall Verletzter erlebt hat oder selbstleitend hat bewältigen müssen, weiß,dass ihm hier vor allem anderen eineversorgungsstrategische Aufgabe bevor-steht, die er nicht weitergeben kann, oh-ne deren zielsichere Lösung alle sichdann ergebenden Einzelforderungenaber nicht erfüllt werden könnten.

Jede einzelne Großkatastrophe, seisie durch Verkehr, durch Feuer, Wasser,Lawinen, Wetter oder Erdbeben verur-sacht, vermittelt Erkenntnisse, die nichtungenutzt bleiben dürfen, um der nächs-ten Katastrophe noch wirksamer be-gegnen zu können. Deswegen habe ichHerrn Prof. Dr. Oestern gebeten, mit sei-nen beiden Mitarbeitern Dr. Hüls undDr. Quirini, die im Zentrum des Gesche-hens standen, uns zu vermitteln, was je-der von uns für den Tag X wissen, ken-nen und können muss.

Trauma und Berufskrankheit · Supplement 2 · 2000 S285

Trauma Berufskrankh2000 · 2 [Suppl 2]: S285 © Springer-Verlag 2000 Großkatastrophen

Jürgen ProbstMurnau/Staffelsee

Unfallchirurgisches und interdisziplinäres Managementeiner Großkatastrophe

Prof. Dr. J. ProbstAlter Mühlhabinger Weg 3,82418 Murnau/Staffelsee (Tel.: 08841-49888, Fax: 08841-99414)

Zusammenfassung

Großkatastrophen können jeden von uns unvermittelt und ohne Vorwarnung treffen.Deshalb müssen Pläne zum Umgang mitund zum Management einer solchen Katas-trophe griffbereit vorliegen.

Schlüsselwörter

Großkatastrophe · Management

J. Probst

Trauma surgical and interdisciplinary management of a large-scale disaster

Abstract

Large-scale disasters can strike any of us di-rectly and without any warning. It is there-fore important that plans for dealing withand management of such disasters be avail-able at all times.

Keywords

Large-scale disaster · Management