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UNSER OSTERN 2015

UNSER OSTERN 2015 - dioezese-linz.at · deln immer auch ein Gesche-hen lassen, jedes Geben im-mer auch ein Empfangen. Und damit sind wir nochmals ... Dogma des modernen Indivi-dualismus,

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GRÜNDONNERSTAGSchwesternundBrüder!Am Grundonnerstag feiernwir alljahrlich das Vermacht-nis,dasJesusunsinderFeierdes Abendmahls hinterlassenhat – und die Gemeinschaft,dieerdaringestiftethat.Inte-ressantistindemZusammen-hang, dass uns das heutigeFesttagsevangelium aber ei-gentlich nicht vom Ur-Abendmahl Jesu imKreis derSeinenberichtet,sondernvondem, was sich vor diesemMahl zugetragenhat: vonderuns allen nicht minder ver-trauten Szene der Fußwa-schung. – Wir sind es ge-wohnt,dieseandiesemAbendin vielen Kirchen auch nach-gespielteEpisodezu lesenalsein Beispiel dafur, wie Men-schen im Geist Jesu einanderdienensollen.AberdieseDeu-tunggreiftzukurz.EsgehtinderErzahlungvonderFußwa-schungnichtnurumsDienen.EsgehtauchhierumGemein-schaft.

IchmochteeureAufmerksam-keitheuteeinmalaufdiekur-

zeNebenszene lenken, in derPetrus sich zunachst weigert,gewaschen, also bedient zuwerden. Ich glaube, das istweitmehralseinbloßesZwi-schengeplankel. – Ich vermu-te, dass die meisten von unsdiese Weigerung des Petrusgutnachvollziehenkonnen:Esist einem zumindest alsMensch, der gesund und beiKraften ist, ja immer etwasunangenehm, sich fur etwasbedienen zu lassen, wasmanauch selbst gut erledigenkann. In einer Liebesbezie-hung lasstman sich so etwasvielleicht noch gefallen; mangibt einanderdarindieChan-ce,seineLiebezuzeigen.Abersonst ist damit doch hau igein unangenehmes Begleitge-fuhlverbunden.Undichglau-be, das hangt damit zusam-men, dass so ein Bedient-Werden gewissermaßen ver-p lichtet, dass es also eineVerbindung schafft, uber dieman nicht mehr einfach freiverfugen kann. Das aber wi-derspricht einem heute weitverbreiteten Lebensgrund-satz: Lebe so, dass Du nie-

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mandes Hilfe in Anspruchnehmen musst! Verlass Dichaufniemanden!SeiDeinesei-genen Gluckes Schmied! Ver-danke alles Deiner eigenenLeistung, dann bist Du auchniemandem zu Dank ver-p lichtet! Dann bist Du auchnurDir selbst verantwortlich.Dann kann auch niemandDirgegenuber Anspruche erhe-ben,undDubistjederzeitfreiundunabhangig, kannst kom-men und gehen,wann immerDuwillst.–WasindieserWei-seheute so sehrals IdealderFreiheit und Unabhangigkeitgilt, ist in Wahrheit aber ei-gentlich Unverbindlichkeitund schafft einKlima, in demdieLuftfurechtemenschlicheBeziehungendunnwird.Esisthier ja nicht nur so, dass dereine vom anderen offenbarnichts mehr braucht; es istvielmehr so, dass der einedemanderen gar keineChan-cemehrgibt,mitdemeigenenLeben „einzuhaken“ imLebendes anderen. Mit seiner Wei-gerung, sich waschen zu las-sen, lasst Petrus im wahrenSinn des Wortes Jesus also

nicht an sich heran und ver-schließt sich ihm. Er verwei-gertihmGemeinschaft.

Jesus begegnet dem Wider-stand des Petrus deshalb miteinemwichtigenWort:„Wennichdichnichtwasche,hastdukeinen Anteil an mir.“ EchteBeziehung, echte Gemein-schaftbedeutetstets,Anteilzunehmen am Leben eines An-deren,abergenausoAnteilzugeben am eigenen Leben. Esbraucht also nicht nur einen,derFußewascht,sondernim-mer auch einen, der sich dieFuße waschen lasst – so wiejedes Sprechen immer aucheinHorenbraucht, jedesHan-deln immer auch ein Gesche-hen lassen, jedes Geben im-meraucheinEmpfangen.

Unddamit sindwirnochmalsbeim zentralen Thema desGrundonnerstags: beim letz-ten Abendmahl, in dem Jesusden Seinen im geteilten BrotundWeinAnteilansichselbergibt und darin nochmals das-selbeThemaanschlagtwie inder Episode der Fußwa-

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schung:dortebenaufderEbe-ne des einander Dienens und

Sich-bedienen-lassens, hierbeim Teilen von Brot undWeinaufderEbenedesgegen-seitigenAnteilgebensundAn-teilnehmens an dem, waswirvoneinander zum Leben undzur Freude an diesem Lebenbrauchen.DiesesVermachtnisJesu ist die große Antithese,ist die große Gegenbotschaftund Widerrede gegen dasDogma des modernen Indivi-dualismus, der sagt: Friede,Wohlstand, Stabilitat sind am

ehestendortzu inden,woje-derauf seineeigenen Interes-

senachtetundsiezubefriedi-gen sucht. Jesu Vermachtnishalt dagegen: Nein, Frieden,Gluck,Heilereignensichdort,woMenschenmiteinandertei-len–woMenschenalsoeinan-der geben und voneinanderannehmen, was sie zu einemguten Lebenhabenundbrau-chen.

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KARFREITAGSchwesternundBrüder!DarfKunstalles?–AlsamBe-ginn dieses Jahres die Weltdurch den barbarischen Ter-roranschlag auf die Redaktionder franzosischen Satire-Zeitschrift „CharlieHebdo“er-schuttertwurde,daentbrann-tenachdererstenSchockwelle(in der plotzlich alle Welt„Charlie“ war) auch eine De-batte daruber, ob Kunst undSatireallesdurften,obalsoimNamen der freien Meinungs-außerung wirklich alles er-laubtsei–bishinebenzurBe-leidigung und Verletzung reli-gioser Gefuhle. Der PragerAkademiker-Seelsorger TomasHalık beantwortete diese Fra-geineinemsehrlesenswertenZeitungsartikel sinngemaß so:Ein uneingeschranktes Ja zurFreiheit derMeinung und derKunst! Aber jede Freiheit ver-langt Verantwortung; und imSinne dieser Verantwortungistnicht jedeAußerungdieserFreiheit auch sinnvoll undklug. Das franzosische Satire-Magazin,dasoftnichtnurreli-

giose Gefuhle, sondern gene-relldieGrenzendesgutenGe-schmacksverletze,seiinsofernkeineswegs das Wahrzeichenkunstlerischer und medialerFreiheit,sondernvielmehrderPreis,denalledafurzuzahlenhatten,diesichzudieserFrei-heitbekennen.

Nicht alle Menschen verfugenuber die geistigeWeite diesesPrager Priesters. Und geradeauch in unserer Kirche wun-schen sich viele frommeMen-schen einen besonderenSchutz ihrer Religion vor Ver-unglimpfung und Spott. Aberwissen diese Menschen, dassgerade das zentrale SymbolundErkennungsmaldesChris-tentums – das Kreuz – ur-sprunglich auch nichts ande-res war als eine verunglimp-fende Karikatur, also ein Bildder Verhohnung? Die altesteuns in der Kunstgeschichteuberlieferte Darstellung desKreuzesJesustammtnichtauschristlicher Hand: Es zeigt ei-nen gekreuzigten Menschen-korper mit dem Kopf eines

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Esels! Und die weitere Ge-schichte des Kruzi ixes zeigt,wieschwersichunsereGlau-bensahnen lange Zeit mitdem Kreuz getan haben: Inden ersten Jahrhunderten n.Chr.wagtemanseineDarstel-lung praktisch uberhauptnicht. Die fruhesten christli-chen Kreuzesdarstellungenstammen erst aus dem 6.Jahrhundert – und sie begin-nen bereits mit einer Ver-fremdung:SiezeigendenGe-kreuzigtennicht als einenzuTode Gequalten, sondern alsstrahlenden Triumphatoruber den Tod und dasKreuznichtalsMarter-undSchand-pfahl, sondern eher alsThron. Weshalb aber dieseVerzogerungvon uber einemhalben Jahrtausend? Undweshalb diese kunstlerischeVerfremdung? Hielt man dieBotschaftdesKreuzesfurun-zumutbar? Glaubte man, da-mit der nicht-christlichenUmwelteinenallzueinfachenGrundfurSpottundHohnzubieten?

DieseVermutungistsounbe-grundet nicht. Schon Paulusschreibt in seinem 1. Korin-therbrief,dassdasKreuzdie-ser Welt als eine Torheit er-scheinen muss, als eine Ab-surditat und Lacherlichkeit:WirChristInnenverehren imKreuz ja einenGott, der sichselbstopferteundumbringenließaufdieschandlichsteArtundWeise.Wirbekennenun-ter demKreuz sogar die All-machtGottes; aberdieseAll-macht erweist sich nicht alsdie Allmacht eines Superhel-den, der alles UnangenehmeundallesLeidtilgenundallesgut machen kann. Nein, imKreuz verehren wir die inden Augen dieser Welt la-cherliche, verruckte und so-gar selbstzerstorerische All-macht eines Liebenden, derseiner Liebe, seinem einmalgegebenen Wort, seinemEvangeliumtreubliebbiszuraußersten Konsequenz undalsomit seinem Leben dafurbezahlte.–WerinseinerLie-be so weit geht, erntet nor-malerweise nur Kopfschut-

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teln, Unverstandnis undHohn– damals nichtweniger als inunserer modernen Gesell-schaft. Die Verhohnung Jesuzieht sich deshalbwie ein ro-terFadendurchseineLeidens-geschichte; und es ist deshalbnurkonsequent,dassauchdiealteste erhaltene Kreuzesdar-stellung eine Karikatur, einSpottbild war. Einer Welt, diedas Kosten-Nutzen-Kalkulbzw.Happiness& Fun zu denwichtigsten Handlungsmaß-staben erhoben hat – einersolchen Welt muss die Bot-schaft des christlichen Kreu-

zes lacherlich, eineEseleiundeinAnlasszumSpottsein.

Als Christ ware ich deshalbsehrvorsichtig,gegendieVer-hohnung meiner Religion insFeld zu ziehen – weil dieseVerhohnungselbst jadochaufeine Wahrheit verweist undgeradezu herausgefordertwird von jenemKern unseresGlaubens, furdendaschristli-cheKreuzsteht.Undichfrage:Mussten wir uns nicht viel e-herdannaufregenundSorgenumdenZustandunsererReli-gion machen, wenn sie nie-

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manden mehr provozierenwurde–zuWiderspruch, zuKritik und meinetwegenauchzuSpott?

OSTERNACHTSchwesternundBrüder!Heuer beschaftigtmich zumOsterfestv.a.eineFrage:Wiemag es den tausendenFluchtlingen aus den altes-ten und auf absehbare ZeitwohlletztenchristlichenGe-meinden Syriens und desIrak gehen, die der GewaltdesBurgerkriegsunddesis-lamistischen Terrors gewi-chen sind und jetzt in Auf-fanglagern im Libanon oderweiß Gott wo einer unbe-kannten, noch dunklen Zu-kunftharren?WerdensieOs-tern feiern konnen – undwie? Oder die Angehorigender Opfer der Flugzeugkata-stropheinSudfrankreich,so-fern sie ChristInnen sind?Aber letztlich alle auf denTod und die AuferstehungJesu Christi getauften Men-schen, die schweresLeid er-

duldenmussen–obnunalsOpfer roher Gewalt, sozialerAusgrenzung oder Unrechtoderaufgrundvonunheilba-rerKrankheit:Gibtesfursieein Ostern – oder bleibt fursie nur die Dunkelheit desKarfreitags?

Vielleicht verhalt es sichaber auch ganz anders; viel-leicht konnen diese Notlei-denden die Osterbotschaftsogar besonders gut erfas-sen. Denn immerhin warendoch auch die ersten Emp-fangerInnen der Osterbot-schaft in einer ahnlichen Si-tuation: Menschen, die mitderKatastrophedesKreuzesfertigwerdenmussten;Men-schen, die in Jesus alles ver-loren hatten, was ihrem Le-ben Orientierung und Sinnverliehen hatte; Menschen,denen mit Jesus abhandengekommen war, worauf siefur Gegenwart und Zukunftgesetzthatten.

Auf solche Menschen trifftdie uberraschend nuchterneBotschaft: „Ihr sucht Jesus

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von Nazareth, den Gekreuzig-ten.Er istauferstanden;er istnichthier.“DieseNüchternheitentspricht der Lebenssituati-on solcher Menschen sichereher als tosendes Glockenge-laut, ein triumphal au brau-sendes Halleluja oder johlen-des Siegesgeheul. Denn sienimmtdieMenschenernst inihrer Trauer und in ihrerSehnsuchtnachneuemHalt–und zugleich irritiert sie undversucht, aus Leid undSchmerz herauszufuhren; siesagt:„Moment!WasIhrsucht,istnichthier–nichtdort,woIhr es vermutet. Es verhaltsich offenbar alles ganz an-ders. Ihr musst – Ihr konntganzneuansetzen…“

Wer genau hinhort, muss er-kennen: Die erste Osterbot-schaft hat eigentlich nichts,was pure Freude und lautenJubelauszulosenvermag,son-dern eher eine Verunsiche-rung, die eine Neuorientie-rung notwendig macht. Bes-tenfalls ist sie noch eine Ver-heißung:„Ergehteuchvorausnach Galiläa; dort werdet ihr

ihnsehen,…“AberdaseinzigeUnterpfand,umsichaufdieseVerheißung stutzen zu kon-nen, besteht in diesem: „Sehtselbst;eristnichtmehrhier–nicht mehr dort, wohin manihn gelegt hat; nicht mehrdort,woTotezuseinp legen:imGrab.“–Heute,rund2.000Jahrespater,habenwirimmernochnichtmehr in derHandalsdieseFeststellung,dieunsandere uberliefert haben: „Erwarnichtmehrdort.DasGrabvermochte ihn nicht zu hal-ten.“Undwirhaben–unddasistwichtiger als alles andere,um darauf bauen zu konnen:Wir haben dazu noch dasglaubwurdige Lebenszeugnisvon Menschen, die auf dieseFeststellung vom leeren Grabhin ihrem Leben eine ganzneueRichtunggaben;diesichauf dieses nuchterne „Er istnichthier.“einließenundfort-ansolebten,alshabederTodkeineMachtmehr.

Dasistalles.Dasistnichtviel.DasistnichtvielmehralseinkleinesLichtinderNacht:diebescheidene Flamme einer

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einzelnenKerzeodereinein-samer Stern am truben Him-mel.MankanndieseswinzigeLicht ignorieren und so wei-terleben wie bisher. Aber furalle, die wirklich in Dunkel-heit leben, vermag selbst derkleinsteFunkeschonhellundeinAnhaltspunktzusein.Undfur jene, die sich darauf ein-lassenundihmbeharrlichfol-gen – fur jene Menschenkonntesichdiesesbescheide-neLichtamEndealssostarkerweisen,dassesdietodlicheDunkelheit,dassesalleTrau-er und alles Leid fur immerbesiegt.

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UNSER OSTERN 2015 KleineKleinramingerChronikNr.18

Predigten:Dr.MarkusSchlagnitweitFotos:KarlGrossauerHerausgeber:PfarramtderkatholischenPfarrgemeindevonKleinraming

www.dioezese-linz.at/[email protected]€4GottseiDank