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Unter Einsatz seines Lebens

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Nr. 248Unter Einsatz seines LebensDer Goldene gibt den Befehl - und die Vernichtungsflotten sammeln sich ...von Clark Darlton

Auf der Erde schreibt man Ende November des Jahres 2402. Perry Rhodans Expedition nach Andromeda, dassogenannte „Unternehmen Brückenkopf“ hatte nicht nur Erfolge zu verzeichnen, sondern auch Rückschläge.Nach mehrfachem Hin und Her scheint es so, als habe sich die terranische Expedition auf dem Planeten Gleamim Andro-Beta-Nebel endgültig einen sicheren Stützpunkt geschaffen, von dem aus der Vorstoß in daseigentliche Herrschaftsgebiet der ‚Meister der Insel‘ unternommen werden könnte.Diese Vermutung wird bestärkt durch die Aussage Baar Luns, des Herrn der Androiden, daß die „leuchtendenSphären“, die wirkungsvoll ausgeschaltet werden konnten, die letzte Waffe der MdI gewesen wären, die inAndro-Beta zum Einsatz gelangte. Der Schauplatz des intergalaktischen Geschehens verlagert sich nun. Diemysteriösen ‚Meister der Insel‘ beginnen bei den Maahks in Andro-Alpha, 62000 Lichtjahre vom Beta-Nebelentfernt, eine unheimliche Aktivität zu entwickeln. Die CREST II, Perry Rhodans Flaggschiff, und dasUSO-Flaggschiff IMPERATOR gehen auf große Fahrt - und Grek-1, Perry Rhodans Maahk-Verbündeter, willin seiner Heimat nach dem Rechten sehen. Er tut es UNTER EINSATZ SEINES LEBENS ...

Die Hautpersonen des Romans:Perry Rhodan - Großadministrator des Solaren Imperiums.Gucky, John Marshall, Kitai Ishibashi und Ras Tschubai - Greks Begleiter bei einer Spionagemission.Marschall Bradx - der Mörder von Duplo-Rot.Brähk - Ein Wächter, der sich überzeugen läßt.Der „Goldene“ - Kontaktmann zu den mysteriösen ‚Meistern der Insel‘.

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Obwohl äußerlich menschenähnlich, war er keinMensch.

Am deutlichsten wurde das klar, wenn man denKopf betrachtete, er war kein eigener Körperteil,sondern starr mit dem Rumpf verbunden. Er glicheinem halbmondförmigen Wulst, der von Schulter zuSchulter reichte. Auf diesem Grat, der amScheitelpunkt fünfzehn Zentimeter hoch war, saßenvier Augen, Mit ihnen konnte er nach allen Seitenzugleich sehen. Außer dem Mund waren sonst keineSinnesorgane zu erkennen; er war nahezu zwanzigZentimeter breit, und in ihm saßen wahreRaubtierzähne.

Zwei Meter und zwanzig Zentimeter hoch war seinKörper. Bei den Schultern war er anderthalb Meterbreit. Schuppige Haut bedeckte seinen Körper. Erhatte zwei Arme, beweglich wie Schlangen, und zweikurze, stämmige Beine.

Er hieß Grek-1, und einst war erGeheimdienstoffizier der Maahks gewesen.

Heute war er Perry Rhodans Gefangener auf derCREST.

Die CREST aber bereitete sich auf den Sprungzum Andromedanebel vor, wo die ehemaligen HerrenGreks ihre unnachsichtige Herrschaft ausübten.

Der Maahk saß in seiner Spezialkabine, die miteiner Methanatmosphäre gefüllt war. Längst schon

fühlte er sich nicht mehr als Gefangener. Er achtetedie Terraner, weil sie es wagten, ihre eigeneMilchstraße zu verlassen und in das Unbekanntevorzustoßen. Das war der eine Grund. Der andereschien logischer und - vom menschlichen Standpunktaus gesehen - verständlicher. Die ‚Meister der Insel‘,die unbekannten Herren des Andromedanebels,hatten sich ihren Untergebenen, den Maahks,gegenüber sehr unfair benommen. Sie hatten ihnenpraktisch die Schuld daran zugeschoben, daß es denTerranern gelungen war, bis hierher vorzudringen.Außerdem hatte es schon vor tausend Jahren eineStrafexpedition gegeben ...

Nein, Grek-1 fühlte sich nicht mehr als Gefangenerder Terraner.

Er fühlte sich als ihr Verbündeter.Es war der Mausbiber Gucky gewesen, der Grek-1

in kühnem Einsatz aus seinem Schiff in die CRESTgeholt hatte, und es war auch Gucky, der ständig dieGedanken des Gefangenen überwachte, So erfuhrRhodan, daß er einen Freund gewonnen hatte.

Ein Freund aber war jetzt mehr wert als tausendgefallene Feinde.

*

Die CREST stand auf „Gleam“, dem einzigenPlaneten des Tri-Systems, mitten über demAndromeda vorgelagerten Sternnebel Andro-Beta.Dieser Planet wurde zum stärksten Stützpunkt

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ausgebaut, den Terra je besessen hatte. SechsFrachtraumer waren entladen worden; fünf von ihnenkehrten zum Schrotschußsystem zurück, um ReginaldBull vom neuesten Stand der Dinge zu unterrichten.Nur die ANBE-3 unter dem Kommando von MajorFromer Hatski blieb auf Gleam zurück.

Rhodan schritt unruhig in der Zentrale der CRESTauf und ab. Die führenden Männer des UnternehmensAndromeda waren zu ihm gekommen, denn längstwar die Lagebesprechung fällig gewesen. DerAusbau des Stützpunktes hatte Zeit gekostet -wertvolle Zeit.

Was war inzwischen „draußen“ geschehen?„Der Transmitter Beta-Dreieck ist vernichtet“,

sagte Atlan, der äußerlich sehr gelassen schien.„Damit ist Andro-Beta praktisch abgeschnitten. DieVernichtung geschah auf Veranlassung der Meister.Ich weiß nicht, warum es geschah, aber wir müssenuns damit abfinden. Unsere Zusatztriebwerkeermöglichen uns jederzeit die Rückkehr zumSchrottransmitter.“ „Gleam aufgeben?“ Rhodan warstehengeblieben und schüttelte energisch den Kopf.„Ich denke nicht daran!“

„Wir sollten uns vielmehr darauf vorbereiten, daßwir angegriffen werden!“ Der riesige Haluter IchoTolot sagte diese Worte, und er betonte sie mitNachdruck. „Im Nebel Andro-Alpha, sechzigtausendLichtjahre von hier entfernt, sammelt sich der Feind.Und warum sammelt er sich?“ Rhodan nickte.

„Sie könnten recht haben, Tolot. Besonders dieMaahks werden versuchen, sich an uns zu rächen. Siemüssen den Fehler wiedergutmachen, den sie einstbegingen. Bei ihrem Angriff auf unsere Milchstraßehaben sie in den Augen ihrer Meister der Inselkläglich versagt. Aber - wie sollen wir Gleamverteidigen? Sie werden mit Tausenden von Schiffenkommen.“ „Niemand spricht vom Aufgeben“, sagteAtlan. „Ich deutete nur die Rückzugsmöglichkeit an,das ist alles.“

„Trotzdem muß es uns gelingen, vielleicht durcheine List, Unser Stützpunkt liegt in denFelsengebirgen von Gleam ziemlich sicher. DerNachschub vom Schrotschußtransmitter läuft. Bis dieMaahks angreifen, können noch Wochen vergehen,ich sehe keinen Grund zur unmittelbaren Besorgnis.Trotzdem ... gefaßt sein ist alles.“ Kasom meinte:

„Andro-Beta ist genau zweiundsechzigtausendLichtjahre entfernt. Für die Schiffe und Triebwerkeder Maahks dürfte das kein Problem sein. Auch wennkeine Transmitterverbindung mehr besteht, ist dieStrecke für sie zu bewältigen. Wir schaffen es nurdeshalb, weil wir Zusatztriebwerke haben.“

„Wir schafften es auch so“, widersprach Rhodan,„aber die Zusatztriebwerke verleihen uns einengrößeren Aktionsradius und mehr Sicherheit.Außerdem verfolgen sie noch einen weiteren Zweck:

sie tarnen uns. Mit den Zusatztriebwerken erkennenuns weder Meister der Insel noch die Maahkswieder.“

„Sie werden sich schon den Kopf darüberzerbrochen haben, wer wir sind“, vermutete Atlan -ohne allerdings zu wissen, daß er damit den Kern desProblems haargenau getroffen hatte.

Eines Problems übrigens, das beinahe denUntergang einer Rasse herbeigeführt hatte.

Beinahe - dann nämlich, wenn nicht gerade indiesem Augenblick der Mausbiber Gucky in derZentrale der CREST erschienen wäre. Er hatteteleportiert und rematerialisierte aus dem Nichts,wobei er Kasom heftig auf die Zehen trat.

„Die Blüte des Imperiums ist versammelt“,kicherte Gucky und suchte sich einen Platz, bevor erweitersprach:

„Grek-1 möchte mit dir sprechen, Perry. Ich habeversucht, in seinen Gedanken zu lesen und aucheiniges herausgefunden, aber da muß noch etwasWichtiges sein, das er dir mitteilen möchte.“

„Was sollte das sein?“ fragte Atlan. Gucky hattesich auf Tolots Schoß breitgemacht.

„Ich sagte schon, daß ich es nicht weiß. Es hatjedenfalls etwas mit dem Angriff der Maahks aufdiesen Nebel zu tun.“

Rhodan sah plötzlich sehr interessiert aus.„Kann Grek-1 denn Gedanken lesen? Wir sprachen

gerade darüber.“„Wird reiner Zufall sein“, sagte Gucky. „Laßt ihn

doch an eurem Gespräch teilnehmen - es istunbedingt Verlaß auf ihn. Das könnt ihr mir glauben.Er würde sogar gegen sein eigenes Volk kämpfen,um es von der Herrschaft der Meister der Insel zubefreien. Er hat, wie man so schön sagt, die Naserestlos voll.“

Rhodan war zum Kontrollpult gegangen. Erschaltete den Interkom ein, der ihn mit Greks Kabineverband. Ein Übersetzergerät warzwischengeschaltet, obwohl der Maahk in denvergangenen Wochen Gelegenheit hatte, dieallgemeine Verständigungssprache Interkosmohalbwegs zu erlernen.

Der Bildschirm leuchtete auf. Er zeigte GreksKabine mit der grünlichen Atmosphäre. Auf einemähnlichen Schirm konnte der Gefangene in dieZentrale sehen. Die Verbindung war hergestellt.

„Sie wollten uns etwas mitteilen“, begann Rhodanhöflich und mit jenem Respekt, den er einem sofairen und ehrlichen Gegner gegenüber fürangebracht hielt. „Zuvor jedoch möchte ich Sie überdas unterrichten, was inzwischen vorgegangen ist.“Er schilderte kurz und sachlich die Vorkommnisseund gab schließlich der Befürchtung Ausdruck, daßdie Maahks im Alpha-Nebel auf den Gedankenkommen könnten, den Beta-Nebel anzugreifen - ob

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mit oder ohne Erlaubnis der Meister, ließ erdahingestellt. „Es ist durchaus möglich“, schloß er,„daß die Meister einen solchen Angriff befehlen.Dann ist es wiederum Ihre Rasse, die die Kastanienaus dem Feuer holen muß. Wollen Sie das zulassen?“

„Das ist der Grund, warum ich mit Ihnen sprechenwollte“, sagte Grek-1 ruhig, was bei dem unförmigenGeschöpf nicht viel bedeutete. Äußerlich war Grekimmer ruhig. „Zwar bin ich noch niemals einemMeister begegnet, aber ich kenne ihre Mentalität. Ichweiß, wie sie in gewissen, Situationen handeln, unddas hat nichts mit Ihrer menschlichen Logik mehr zutun, Perry Rhodan. Das Stadium der Logik - Logik inIhrem Sinne - haben die Meister der Insel bereitsüberwunden. Sie denken anders als Sie, vielleichtauch anders als wir Maahks. Das macht es oftschwer, ihre Entschlüsse und Handlungenvorauszubestimmen, aber in diesem speziellen Fallglaube ich zu wissen, was sie planen. Auf keinen Fallaber einen Angriff auf diesen Nebel.“

Das war eine sehr erstaunliche Mitteilung, die vonRhodan und seinen Getreuen mit Unglaubenaufgenommen wurde. Gucky bestätigte zwar, daßGrek-1 genau das sagte, wovon er überzeugt war,aber die Möglichkeit blieb bestehen, daß er sich irrte.

„Warum sollten sie es nicht tun?“ fragte Tolot, dergerade die Theorie des Angriffs entwickelt hatte. „Eswäre logisch und vernünftig.“

„Ja“, bestätigte Grek-1 abermals. „von IhremStandpunkt aus gesehen. Ich betonte schon, daß dieMeister anders denken - vielleicht denken sie wie beiIhrem Schachspiel, nicht nur zwei oder drei, sonderngleich zehn Züge voraus. Das ist vielleicht geradeihre Logik. Selbst wir Maahks begreifen dieDenkweise der Meister nicht immer.“

„Wenn sie uns nicht angreifen, was werden siedenn tun?“ erkundigte sich Rhodan vorsichtig.

„Es gibt mehrere Möglichkeiten. Wir finden sieheraus, wenn wir ausnahmsweise nach den Regelnterranischer Logik vorgehen und dabei dieDenkweise der Meister berücksichtigen. Erst einmalliegt es an mir, einen Irrtum richtigzustellen. DieReichweite unserer Schiffe ist nicht groß genug, dieEntfernung von Alpha nach Beta ohne Transmittergefahrlos zurückzulegen. Schon allein deshalbkommt ein Angriff nicht in Frage.“

Rhodan starrte das Gesicht auf dem Bildschirm an.„Was sagen Sie da? Ihre Schiffe können keine

sechzigtausend Lichtjahre im Direktflugzurücklegen?“

„Jedenfalls nicht hin und zurück“, schränkteGrek-1 ein. Gucky, der auf Tolots Schoß saß, nicktefast unmerklich. Der Maahk sprach also dieWahrheit. „Ich schlage vor, daß Sie sofort einigeSchiffe in den Alpha-Nebel entsenden, umnachzusehen, was die Meister planen.“

„Es ist kein Mißtrauen, Grek-1, aber darf icherfahren, warum Sie so an unserem Wohlergeheninteressiert sind?“

Das Gesicht des Maahk hatte keine menschlichenZüge. Vielleicht hätte er sonst jetzt gelächelt, etwasironisch oder nachsichtig.

„Es ist nicht nur Ihr Wohlergehen, Rhodan. Mirgeht es in erster Linie um meine eigene Rasse. Siewar lange genug Spielzeug der Meister. Seit ich weißwas im Schrotschußsystem geschehen ist denke undhandele ich anders als vorher. Die Maahks sind dieSklaven der Meister, von ihnen gewissenlosausgenützt und dann, wenn sie nicht mehr benötigtwerden, vernichtet. Die Meister sind meine Gegner,so wie sie die Ihren sind.“ Wieder nickte Gucky.Rhodan sagte:

„Ganz konkret, Grek-1: was glauben. Sie, werdendie Meister planen?“

Grek-1 schwieg einige Sekunden, dann sagte er:„Den direkten Angriff auf Ihre Milchstraße.“Niemand sprach. Alle sahen auf den Bildschirm.

Die vier Augen des Maahk gaben die Blicke ruhigzurück. Es war Atlan, der sich zuerst faßte.

„Angriff auf die Milchstraße? Warum das?“„Es ist logisch - im Sinne der Meister der Insel.

Nur darum.“ Rhodan kniff die Augen zusammen.„Haben Sie vergessen, Grek-1, daß nur ein einzigerTransmitter in der Milchstraße existiert, und daßdieser Transmitter in unserer Hand ist. Hinzu kommt,daß er innerhalb von vierundzwanzig Stunden durcheine Sonderschaltung nur fünfmal für je zehnSekunden empfangsbereit ist? Wie sollte es da denMeistern oder Maahks gelingen, einenÜberraschungsangriff durchzuführen? Ein paarSchiffe kämen vielleicht durch, aber sie würdensofort vernichtet. Der Sechseck-Transmitter istschwer bewacht.“

„Das alles weiß ich“, erwiderte Grek-1. „Trotzdemwarne ich und rate dazu, sofort eineErkundungsexpedition in den Nebel Andro-Alpha zustarten. Dann werden Sie erfahren, was die Meisterplanen. Und ich erfahre, was mit meiner Rasse ist.Ich will versuchen sie vom Bann der Meister zubefreien. Wenn meine Freunde von denVorkommnissen erfahren, werde ich sie umstimmenkönnen - aber ich betone nochmals, daß dieInteressen meiner eigenen Rasse hinter den Ihrenzurückstehen. Das können Sie mir glauben - oderauch nicht.“

Rhodan sah in Richtung des Mausbibers. Guckynickte abermals. Da wußte Rhodan, daß er keinenzuverlässigeren Verbündeten als Grek-1 findenkonnte.

„Ich glaube Ihnen, Grek-1. Sobald ich hier nocheinige Dinge erledigt habe, starten wir. Mit zweiSchiffen - der CREST und der IMPERATOR. Das

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sollte genügen. Unser Stützpunkt auf Gleam wirdweiter ausgebaut.“

„Danke“, sagte Grek-1 und wandte sich ab.Rhodan schaltete den Interkom aus. Er sah seine

Freunde an. „Vielleicht bedeutet das die Wende“,sagte er ruhig.

*

Außer den zusätzlichen Triebwerken hattenTarnaufbauten das Aussehen der CRESTgrundsätzlich verändert. Niemand mehr hätte sie fürdas angesehen was sie wirklich war: einSuperschlachtschiff der Solaren Flotte. Sie sahvielmehr aus wie ein gigantisches Ungeheuer oderwie der verwirklichte Alptraum eines verrücktenKonstrukteurs. Immerhin besaß die CREST nuneinen Aktionsradius vonsiebenhundertfünfzigtausend Lichtjahren. Zweckdieser Tarnung war es, die

‚Meister der Insel‘ nicht ahnen zu lassen, daß esdie Terraner waren, die so weit in ihren Machtbereichvorgedrungen waren.

Atlan kommandierte die IMPERATORhöchstpersönlich, während die CREST von OberstCart Rudo gesteuert wurde. Beide Schiffe standenunter dem Kommando Rhodans, der an Bord derCREST blieb.

Gleam versank im Glanz der drei Sonnen, als diebeiden Schiffe in das All vorstießen und den NebelAndro-Beta schnell zurückließen. Sie blieben nocheinige Stunden im Normalraum, aber sie begegnetenkeinem feindlichen Schiff - weder einem schwarzenUngetüm der Maahks noch den eiförmigen Einheitender Twonoser. Nur einige tote Mobys trieben durchden Raum, ziellos und verloren.

Die CREST und die IMPERATOR überschrittendie Lichtgeschwindigkeit, nachdem der Kurs aufAndro-Alpha festgesetzt worden war. Inregelmäßigen Zeitabständen kehrten sie in dasEinsteinuniversum zurück, um sich neu zuorientieren. Außerdem sollten die Triebwerke nichtüberanstrengt werden.

Der Raum zwischen den Nebeln war leer. KeineSonne stand einsam und verloren in der unendlichenWeite, die fast den Durchmesser der Galaxis hatte.Eine Ortung der beiden Schiffe war so gut wieausgeschlossen. Das wurde auch von Grek-1bestätigt.

Nach zehn solchen „Sprüngen“ erreichten sie denRand des Nachbarnebels. Von jetzt an mußten sievorsichtiger sein. Die Gefahr der Entdeckung wuchsmit jedem Lichtjahr, das sie weiter vordrangen.

Der Nebel Alpha durchmaß mehr als sechstausendLichtjahre und war eine Ansammlung dicht stehenderSonnen. Auf ihren Planeten wohnten die Maahks,

soweit es sich um Planeten mit einerWasserstoff-Ammoniak-Methan-Atmosphärehandelte. So betrachtet gehörte Alpha den Maahks.Genau im Zentrum Alphas war der Transmitter„Alpha-Zentra“. Er bestand aus drei blauenRiesensonnen, die von dem Hauptplaneten Zentraumlaufen wurden. Er war das Machtzentrum derMaahks. Hier liefen alle Fäden zusammen, und wennRhodan etwas erfahren wollte, mußte er bisAlpha-Zentra vordringen.

Eine nahezu unmögliche Aufgabe. Rhodan gingmit beiden Schiffen auf Beobachtungsstation. DieTriebwerke wurden abgeschaltet, um ein Anpeilenmöglichst zu vermeiden. Die Ortergeräte begannenfieberhaft zu arbeiten und bald trafen die erstenErgebnisse ein. Es war Oberst Cart Rudo, der sieRhodan überbrachte.

„Wie erwartet, Sir. Im Nebel Alpha wimmelt esvon Schiffen aller Art. Sieht ganz wie eine ArtMobilmachung aus. Die ganze Flotte der Twonosermuß von Beta hierher befohlen worden sein. Sievereinigen sich mit einigen Flotten der Maahks.“

Rhodan sah den Oberst fragend an. „Mit einigen?Was soll das heißen?“ Rudo zögerte.

„Die Auswertung kann sich irren, Sir aber es siehtso aus, als würde eine Art Auswahl getroffen. Nurganz bestimmte Flottenteile der Maahks werden indie Operation einbezogen. Andere werden gemieden- und sogar angegriffen.“

„Angegriffen?“ Rhodans Gesicht verrietErstaunen. Icho Tolot, der Rhodan in dessen Kabineeinen Besuch abgestattet hatte, machte ebenfalls einverwundertes Gesicht. „Wie soll ich das verstehen?“

„So wie es gemeint ist, Sir. Die Twonoservereinigen sich mit bestimmten Flottenteilen derMaahks und greifen andere Maahkverbände an. Siehtaus wie eine Rebellion oder ein Bürgerkrieg.“

„So günstig das für uns auch sein mag“, sagteRhodan, „es gefällt mir trotzdem nicht. Wir müssendoppelt vorsichtig sein. Wenn wir zwischen dieFronten geraten, sind wir verloren.“

„Sie haben genug mit sich selbst zu tun“, meinteTolot. „Sie werden uns kaum orten. Ich möchtewissen, was dahintersteckt.“

„Vielleicht kann Grek es uns sagen. Suchen wirihn auf.“ Rhodan nickte Rudo zu. „Danke, Oberst.Bleiben Sie in der Zentrale. Ich werde Sie baldablösen. Die Ortergeräte bleiben weiterhin in Betrieb.Registrieren Sie jede Bewegung der Maahks undTwonoser. Lassen Sie die Richtung derverschiedenen Operationen feststellen undaufzeichnen. Und melden Sie mir sofort, wenn sichuns fremde Verbände nähern.“ Als sie allein waren,sagte Tolot: „Was ist, wenn auch Grek 1 keineErklärung hat?“

„Dann finden wir eine!“ sagte Rhodan

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entschlossen. Er stand auf. „Wir nehmen Gucky mit.“Der Mausbiber stritt sich gerade mit einem jungen

Leutnant herum. Die beiden waren gut befreundet,aber diese Freundschaft schien nur dann intakt zusein, wenn sie sich wegen völlig nebensächlicherDinge in die Haare gerieten.

Guckys schrilles Kreischen verstummte, alsRhodan die Kabine betrat.

„Wir haben uns über das Wetter unterhalten“,erklärte Gucky schuldbewußt, als er Rhodansfragenden Blick bemerkte. „Nicht weiter wichtig.“

„Dachte ich mir. Zieh deinen Raumanzug an.Kleiner. Wir besuchen Grek.“

„Aha, ich soll als Lügendetektor mitgehen?“„Wenn du so willst - ja.“Zehn Minuten später betraten sie durch die

eingebaute Schleuse die Kabine des Maahk.Grek-1 hatte auf seinem Bett gelegen. Als er seine

Besucher erkannte, erhob er sich und begrüßte siedurch ein Schwanken seines riesigen Körpers. Danndeutete er auf sein Bett.

„Ich kann Ihnen keine andere Sitzgelegenheitanbieten, aber nehmen Sie bitte Platz. Ist es einernster Grund, der Sie zu mir führt?“

„Wie man's nimmt“, sagte Rhodan. „Wir stehenam Rand des Alpha-Nebels. Alle Flotten derTwonoser wurden hier zusammengezogen. Sievereinigen sich mit Einheiten der Maahks. Aber dasist nicht alles.“ „Was noch?“

„Wir wissen nicht viel, Grek-1, nur soviel, daßdiese vereinigten Flotten Planeten und Schiffe derMaahks anzugreifen scheinen. Es sieht völlig sinnlosaus. Sie haben doch vermutet, ein Zusammenziehender Flotten könnte nur die Vorbereitung zur Invasionder Milchstraße bedeuten.“

Grek-1 dachte eine Weile nach. Gucky folgteseinen Gedanken, aber auch er schwieg und machtekeine Zeichen. Rhodan und Tolot warteten.Schließlich sagte Grek-1; „Das kann nur eine einzigeBedeutung haben: die Meister der Insel haben eineneue Strafexpedition gestartet. Sie halten einen Teilmeiner Rasse für Verräter und wollen sie vernichten.Die Ursache liegt in der Tarnung Ihrer Schiffe,Rhodan. Die Meister vermuten, daß sie von unserbaut wurden. Ihr Trick macht sich bezahlt -allerdings auf Kosten meiner Rasse. Doch das zähltnicht. Es zählt nur, daß die Meister in ihrerunbeschreiblichen Überheblichkeit Unschuldige fürihr eigenes Versagen büßen lassen. Was werden Sieunternehmen?“

„Was raten Sie uns?“ „Das kommt später. Ich mußzuerst die Lage analysieren. Klar dürfte sein, daß derBeta-Nebel verlassen und aufgegeben wurde. EinAngriff in seiner Richtung ist somit nicht zubefürchten, schon deshalb nicht, weil derBeta-Transmitter nicht mehr existiert. Die Twonoser

wurden hier im Alpha-Nebel zusammengezogen. Erist somit die letzte Bastion vor dem Andromedanebel.Ihre getarnten Schiffe tauchten auf. Die Meister sinddavon überzeugt, daß einige Planeten der Maahksgegen ihre Vorherrschaft rebellieren. Sie wollen sievernichten. Es dürfte somit im Alpha-Nebel einziemliches Durcheinander vorhanden sein. Daswiederum verringert die Gefahr für Sie und IhreSchiffe, Rhodan. Auf der anderen Seite sucht mangerade diese Schiffe mit der seltsamen Tarnung.Daraus einen vernünftigen Schluß zu ziehen ist nichteinfach.“

„Wir können nicht untätig zusehen, wie Ihr Volkvernichtet wird.“

„Sie denken edel und menschlich, Rhodan, abernicht wie ein Maahk. Natürlich ist es hart für mich,mein Volk leiden zu sehen, aber vordringlich istmeine Aufgabe, die Meister der Insel von ihrerPosition herabzuholen. Nicht alle Maahkvölker sinddie Sklaven der Meister. Sie werden es auch sein, diesich gegen die Untersuchungen sträuben, Damit sindalle Voraussetzungen für eine Revolte größten Stilsgegeben.“

„Eine Revolte gegen die Meister der Insel?“„Ja, und gegen linientreue Maahks und Twonoser.

Im Alpha-Nebel ist der Bürgerkrieg entbrannt. Wirmüssen ihn für unsere Zwecke ausnützen.“ „Undwie?“ „Vertrauen Sie mir. Rhodan?“ „Unbedingt,Grek-1.“ „Gut. Dann stoßen Sie weiter in Richtungauf Alpha-Zentra vor. Es ist nicht nur eine Rebellion,die niederzuschlagen ist. Dafür würden die Meisternicht einen solchen Aufwand machen. Es ist nochetwas anderes in Vorbereitung. Ich erwähnte schonden Angriff auf die Milchstraße, wie Sie Ihre Galaxisnennen. Aber der Weg bis dort ist weit. Sie habenden Transmitter blockiert. Die Meister werden dasbereits wissen. Sie werden also anders vorgehen -und wie, das müssen wir herausfinden.“

„Es ist gefährlich, zum Zentrum vorzustoßen.“„Das müssen Sie in Kauf nehmen. Jedenfalls

müssen Sie erfahren, was geplant ist, sonst könnenSie keine geeigneten Gegenmaßnahmen ergreifen.Habe ich recht?“ „Ja, das haben Sie allerdings.“ Füreinige Sekunden sagte niemand etwas. Die grüneAtmosphäre hing schwer im Raum. Ein Atemzug indieser Kabine hätte genügt, einen Menschen zu töten.Grek-1 fühlte sich wohl in ihr. Er war eben keinMensch. Er war etwas anderes. Etwas ganz anderes.

„Dann handeln Sie“, sagte Grek-1 schließlich.„Und wenn die drei blauen Sonnen auf IhrenBildschirmen erscheinen, werden Sie meine weiterenVorschläge hören. Ich habe einen Plan - nein, Gucky,auch du wirst ihn noch nicht erfahren. Ich kann,wenn ich will eine Gedankensperre errichten. Aberdu wirst mir später helfen können - mir meinem Volkund den Terranern. Wir schlagen drei Fliegen mit

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einer Klappe - wenn ich das Wortspiel richtigverstanden habe.“

Mehr war aus Grek jetzt nicht herauszuholen.Sie verabschiedeten sich und verließen ihn.Rhodan atmete auf, als er den Raumanzug ablegte.

*

In kurzen Linearflügen stießen die beiden Schiffein den Nebel Andro-Alpha vor. Immer wieder stelltendie Ortergeräte größere Flottenverbände fest, dieRhodan zur Vorsicht mahnten und Umwegeerforderten.

Etwa zweitausend Lichtjahre vor demAlpha-Transmitter Zentra stand eine rötliche Sonne,die von zwei Planeten umkreist wurde. Beide Weltenhatten eine Methan-Atmosphäre, und beide Planetenwaren zerstört worden. Nicht vollkommen, aber dochso, daß niemand den Angriff überlebt haben konnte.

Rhodan fragte Grek-1, ob er die Sonne kenne. DerMaahk ließ sich die Koordinaten geben, stutzte,fragte nach astronomischen Einzelheiten und schwiegdann bestürzt. Er bat, allein gelassen zu werden. Ersteine Stunde später rief er Gucky. Die CREST undIMPERATOR hatten sich inzwischen demüberfallenen System genähert und umkreisten es insicherer Entfernung. Rhodan ahnte, daß es mit derrötlichen Sonne und ihren beiden Planeten einebesondere Bewandtnis hatte.

Seine Ahnung sollte sich bestätigen. Gucky hatteden Schutzanzug angelegt und materialisierte in derKabine des Maahk. Obgleich er es gewesen war, derden Offizier gefangengenommen hatte, gab eszwischen ihnen so etwas wie eine Zuneigung undmerkwürdige Freundschaft.

„Wir haben uns doch immer gut verstanden, nichtwahr?“

„Vom ersten Augenblick an“, bestätigte Guckyund wartete. Er konnte nicht ahnen, was Grek vonihm wollte, denn dessen Gedankenimpulse wurdenblockiert.

„Wenn ich meine Gedanken vor dir geheimhalte,so geschieht das nicht aus Mißtrauen. Aber du sollstmeinen Plan der Reihe nach erfahren, nicht nurBruchteile, die unzusammenhängend sein müssen. Istdas eine plausible Erklärung?“

„Sehr plausibel, Grek, aber unnötig. Ich vertrauedir.“ „Ich dir auch.“

Und das meinte Grek-1 ganz ehrlich. Er hattedieses kleine, pelzige Wesen in sein Herzgeschlossen - wie die Menschen sich in einemsolchen Fall ausdrückten. Die Terraner nötigten ihmAchtung ab, und er schätzte sie. Gucky aber liebte er.Der Mausbiber war es gewesen, der ihn durch dieGefangennahme einer Lethargie entrissen hatte, dietödlich zu werden drohte. Im Auftrag der ‚Meister

der Insel‘ hatte er die Milchstraße zurückerobernwollen. Er hätte es getan, und er hätte keinenGedanken daran verschwendet, über die Vernichtungder terranischen Rasse nachzugrübeln. Sie wareinkalkuliert. Nur waren es ursprünglich dieArkoniden gewesen, die vernichtet werden sollten.Inzwischen war in der Milchstraße viel geschehen.Die Terraner hatten das Erbe der Arkonidenangetreten. Und sie waren nicht so leicht zu besiegen.

Waren sie überhaupt zu besiegen? Gucky hatte ihngefangengenommen, und damit begann Grek-1nachzudenken. Ihm wurde klar, daß er nicht auseigenem Impuls heraus handelte, als er dieMilchstraße angriff. Er tat es auf Befehl. Seine ganzeRasse handelte auf Befehl; nichts tat sie aus eigenemEntschluß. Sie war den ‚Meistern der Insel‘ hörig.Die ‚Meister der Insel‘ ... Wer waren sie? Grek-1wußte es nicht. Er hatte noch nie einen dieser Meister- wie sie sich in größenwahnsinniger Überheblichkeitselbst nannten - gesehen. Er kannte keinen Maahkder je einen Meister gesehen hatte. Gab es sieüberhaupt? Grek-1 erschrak, als er sich dieseirrsinnig anmutende Frage stellte. Natürlich gab essie. Wer sonst hatte bisher die Befehle gegeben? Werhatte die Welten der Maahks zerstört? Werbeherrschte den gigantischen Nebel, den die TerranerAndromeda nannten? Die ‚Meister der Insel‘!„Woran denkst du?“ fragte Gucky. Grek-1 zucktezusammen. Fast hätte er seinen Besucher vergessen.

„Entschuldige, aber ich dachte über etwasVerrücktes nach. Ich überlegte gerade, ob es dieMeister der Insel überhaupt gibt und wenn ja, wer siesind. Es hat sie noch nie jemand gesehen.“

„Das ist nicht der Grund, warum du mich gerufenhast. Über die Meister können wir noch immerdiskutieren. Warum also wolltest du mit mirsprechen?“

„Scharfsinnig, mein kleiner Freund. Die Meisterwaren nur ein Nebenprodukt meiner Überlegungen -es fiel mir gerade so ein. Ich wollte dir eigentlich nureine einzige Frage stellen, und wenn du siebeantwortet hast, weihe ich dich in meinen Plan ein.“„Dann frage, Grek.“ „Rhodan will erfahren, was imNebel Alpha vor sich geht. Er muß es erfahren, wenner nicht untergehen will. Sind wir uns da einig?“„Natürlich.“

„Gut. Die Frage ist nun: wie soll er es erfahren?Wird es ihm jemand sagen?

Nein! Niemand wird ihm etwas verraten. Ihmnicht. Aber vielleicht mir.“ Gucky wurde plötzlichhellwach. „Dir?“

„Ja, mir. Wenn mich die führenden Maahks alseinen der ihren anerkennen werde ich ihre Pläneerfahren - vielmehr die Pläne der Meister der Insel.“Gucky nickte.

„Und wie willst du es anstellen, als einer der ihren

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zu gelten?“„Ich weiß es noch nicht. Jedenfalls muß ich auf

den Planeten Alpha-Zentra gelangen. Dort ist dasHauptquartier der treuen Maahks. Von dort gehen dieBefehle aus. Zentra ist die Quelle allerInformationen. Ich muß somit nach Zentra.“

„Aber wie, Grek-1? Selbst wenn wir dichfreiließen, so würde man dir mißtrauen und dir keineGeheimnisse mitteilen. Dein Opfer wäre umsonst -denn ein Opfer wäre es. Man würde dich als Verrätertöten.“

„Genau das würde geschehen. Also darf michniemand erkennen. Ich muß unbemerkt nachAlpha-Zentra gelangen. Doch das hat Zeit bis später.Es wird schon gelingen. Aber ich brauche dich,Gucky. Ich brauche jemand, der alle Informationenzu Rhodan bringt, wenn mir der Rückzugabgeschnitten werden sollte. Du kannst teleportieren.Niemand wird dich fangen oder töten können. Dirwird die letzte Flucht gelingen wenn wir alles wissen.Meine Frage an dich: willst du mich begleiten?“

Gucky sah Grek-1 an, gab aber keine Antwort.Die von Grek angedeutete Mission war

lebenswichtig, das erkannte Gucky sofort. Wenn ersie nur dann unternahm, wenn er, Gucky, ihnbegleitete, fiel die Antwort nicht schwer. Aber ...„Selbstverständlich begleite ich dich - wenn Rhodanes mir gestattet. Wenn er überhaupt deinen ganzenPlan gestattet.“

„Ihm bleibt keine andere Wahl. Du wirst sehen.“Gucky sagte:

„Du handelst wie ein echter Freund der Terraner.Warum tust du das? Nur mir zuliebe oder weil duRhodan magst?“

„Ich erklärte es schon einmal, Gucky. Ich willmeine Rasse befreien. Und wenn mir das nichtgelingt, dann will ich wenigstens den Funken zu demFeuer gelegt haben, das eines Tages die Meisterverbrennen wird.“ Grek-1 kannte die Geste desKopfschüttelns nicht, aber wenn er sie anatomischhätte durchführen können, hätte er es jetzt sicherlichgetan. „Ich verstehe nicht, warum ihr immer wissenwollt, warum ich euer Freund bin. Ich bin es. Genügtdas nicht? Muß es für alle emotionellen HandlungenGründe geben?“ „Ja“, sagte Gucky einfach. „Nun,vielleicht hast du recht. Wir werden also den Maahksund damit den Meistern ihr Geheimnis entreißen. Erstwenn wir wissen, was sie wirklich planen, könnenGegenmaßnahmen eingeleitet werden. Ich fürchte,eure vorgeschobenen Stützpunkte sind in Gefahr.“„Schrotschußsystem?“ „Auch das.“

Gucky erhob sich von dem Bett auf das er sichniedergelassen hatte.

„Darf ich Rhodan von unserer Ausspracheunterrichten?“

„Ja, sprich mit ihm. - Und nun zu einem anderen

Thema. Ich habe die Informationen verarbeitet, dieich erhalten habe. Das System, um das ihr jetzt kreist,ist mir bekannt. Es wurde vernichtet, wie ihr sagt.Gibt es keine überlebenden?“

„Ich glaube nicht. Beide Planeten wurden durchAtombrände unbewohnbar gemacht.“

„Da hast du eine weitere Begründung für meineFreundschaft zu euch“, sagte Grek-1 mitunveränderter Stimme. „Ich stamme von einemdieser beiden Planeten, wenn ich auch aufAlpha-Zentra wohnte. Mit diesem Planeten ist meinVolk untergegangen. Die Meister der Insel habendamit ihre ehemals treuesten Untertanen skrupellosausgerottet. Ihr Werkzeug waren Schiffe andererMaahk-Stämme. Verstehst du nun, warum ich sohandle, wie ich es tue? Mein Leben ist sinnlosgeworden. Nur die Rache wird meinen Tod erträglichmachen.“

„Wer spricht von Tod, Grek-1? Du wirst leben. Duwirst mit uns zur Milchstraße zurückkehren, wennwir Andromeda erreicht haben. Mehr wollen wirnicht. Wir wollen nur einmal den Meisterngegenüberstehen. Wir wollen ihnen sagen, was wirvon ihnen halten - und dann gehen wir wieder. Wirwollen ihnen nur sagen, daß sie es niemals wagensollen, in die Milchstraße zu kommen, weil wir siedann vernichten werden.“

„Vernichtet sie sofort, denn nur dann seid ihrsicher vor ihnen. Aber glaube mir, Gucky, ich werdenicht mit euch zur Milchstraße fliegen. MeineAufgabe liegt hier. Und eines Tages wird Rhodan mirdie Freiheit zurückgeben müssen, damit ich dasvollende, was er hier begonnen hat: die Befreiung desAndromedanebels von seinen Tyrannen.“ Guckywartete, aber Grek-1 schwieg. Da teleportierte erdirekt in Rhodans Kabine und unterrichtete ihn vondem, was er von Grek erfahren hatte.

*

Es gab keine überlebenden auf den beidenPlaneten.

Die CREST und IMPERATOR setzten ihrenvorsichtigen Flug in Richtung des Nebelzentrumsfort, wichen immer wieder Flottenverbänden aus, dieandere Sonnensysteme anflogen, um dort dasbefohlene Strafgericht durchzuführen. DieBildschirme der Orter verrieten ein grausiges Drama;der Rest war leicht zu erraten.

Je näher sich die beiden Schiffe Zentra näherten,um so gefährlicher wurde es. Immer öfter wurden aufden Schirmen riesige Verbände gesichtet, die alle nurein Ziel zu haben schienen: den Alpha-Transmitter.Es wurde klar, daß sie sich sammelten.

Die Frage war nur: wozu? Um einen Vorstoß zurMilchstraße zu unternehmen? Oder planten die

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Meister der Insel‘ etwas, an das noch niemandgedacht hatte? Eins jedenfalls war klar: denBeta-Nebel wollten sie nicht angreifen, denn dort gabes keinen Transmitter mehr. Was also?

Rhodan unterrichtete Grek-1 und fragte ihn, was erdavon hielte.

Der Maahk überlegte lange, ehe er antwortete:„Um eine Antwort zu finden, muß man sich in die

Lage der Meister versetzen und ihre Mentalität genaukennen. Ich kenne sie, obwohl ich die Meisterniemals sah. Ihre Handlungen haben sie verraten. Esist niemals ihre Art gewesen, einen einmal verlorenenStützpunkt durch direkten Angriff zurückzuerobern.Vielmehr versuchen sie, den Nachschub des Gegnersderart zu stören, daß der Stützpunkt ohne Kampfwieder aufgegeben und so frei wird. Sie werden alsoauch in diesem Fall versuchen, den Beta-Nebel vonhinten her aufzurollen. Recht freizügig gedacht,bedeutete das abermals: Angriff auf die Milchstraße.“

„Der wäre schwerer als ein Angriff auf denBeta-Nebel.“ „Trotzdem! Die Meister weichen nievon ihrer Taktik ab. Die Konzentration der Flottenbeim Zentra-Transmitter bedeutet den indirektenAngriff auf den Beta-Nebel - aber nur den indirekten.Unmittelbar bedroht hingegen sind die Milchstraßeund vor allen Dingen der Schrotschußtransmitter alsZwischenstation.“

Der Schrotschußtransmitter! Rhodan begriff, inwelcher Gefahr sie alle schwebten, wenn sich dieVermutung des Maahk bewahrheiten sollte. Aber siemußten Gewißheit haben, um handeln zu können.

„Stehen Sie noch zu dem Angebot, das Sie Guckyunterbreiteten?“

„Es war kein Angebot, sondern eine Bitte. Ja, ichstehe dazu.“

„Wie sollen wir Ihren Plan in die Tat umsetzen?“„Ganz einfach. Versuchen Sie, eins der kleinen

Ei-Schiffe der Twonoser zu kapern und unbeschädigtin Ihren Besitz zu bekommen. Die Mannschaft solltenicht getötet werden, da sie für das Unternehmenbenötigt wird. Sie haben doch Mutanten, einenSuggestor ...“ „Kitai Ishibashi, ja.“ „Bringen Sie dasSchiff in den Hangar der CREST, dann sehen wirweiter.“ „Das ist alles?“ „Vorerst ja. Noch etwas:Bereiten Sie einen Ihrer kleinen Materietransmitterzum Ausladen vor. Wir werden ihn benötigen.“

Rhodan war sich darüber klar, daß von diesemAugenblick an Grek-1 eine aktive Rolle in denGeschehnissen spielen würde. Er hatte die Initiativean sich gerissen, aber im positiven Sinne. Vielleichtwürde man ihm eines Tages dankbar dafür seinmüssen.

„Ich unterrichte Sie ständig über das, was draußengeschieht“, versprach Rhodan bevor er sichverabschiedete. „Sie gehören nun voll und ganz zuuns,“ Grek 1 verneigte sich unbeholfen.

„Dafür bin ich Ihnen dankbar - bis zu meinemEnde.“ Rhodan blieb stehen. „Was soll das heißen?Haben Sie Bedenken?“

„Nicht mehr als sonst auch. Ich wollte damit nurzum Ausdruck bringen, daß Sie sich voll und ganzauf mich verlassen können. Fragen Sie Ihren FreundGucky. Er kennt mich.“

„Er sagte es mir bereits“, bestätigte Rhodan undverließ Grek-1 endgültig. In der Zentrale traf erTolot. Rhodan berichtete ihm von den Vermutungen,die Grek-1 geäußert hatte. Der Haluter gab nichtsofort Antwort. Er verfiel in Nachdenken, undRhodan hütete sich, ihn zu stören. Es gab keinenschnelleren und zuverlässigeren Denker als Tolot mitseinen zwei Gehirnen. Er war wie ein kleinesElektronengehirn - und fast so schnell.

„Die Vermutung des Maahk hat einenSchönheitsfehler“, sagte er endlich und sah gar nichtzufrieden aus. „Niemals würden die Meister einendirekten Angriff auf die Milchstraße durchführen,ohne sich vorher davon überzeugt zu haben, daß eineAussicht auf Erfolg bestünde. Ich nehme vielmehran, daß lediglich eine Art Bestandsaufnahme geplantist. Die Meister gaben den Maahks den Auftrag, alleexistierenden Materietransmitter zu inspizieren. Siewollen wissen, woran sie sind.“ Rhodan wirkte nichtsehr überzeugt. „Wie kommen Sie darauf? Warumwollten sie eine Inspektion durchführen?“

„Es mag mehr Transmitterstationen geben, als wirahnen. Einige sind zerstört worden. Hinzu kommendie revoltierenden Maahks. Es ist doch so, daß manvon einem heillosen Durcheinander sprechen kann,nicht wahr? Ist es da auch nicht verständlich, wenneine Inspektion durchgeführt wird, die gleich zweiZwecken dient? Erst einmal stellen die Meister fest,welche Transmitter einsatzbereit sind, und zweitensfinden sie heraus, auf welche Stämme der. Maahkssie sich noch verlassen können.“

„Das stimmt auch wieder. Wie sollen wir aberverhindern, daß der Schrotschußtransmitter inspiziertwird?“

„Wir tun genau das, wozu Grek-1 geraten hat. Erist der einzige, der uns jetzt helfen kann. Nur er kannherausfinden, was die Meister wirklich planen, denner ist der einzige, der sich auf dem PlanetenAlpha-Zentra bewegen kann, ohne Verdacht zuerregen. Die Maahks sehen alle gleich aus.“ „Dasmeinen wir!“ Der Interkom summte. Es war dieOrterzentrale nebenan. Der diensthabende Offiziersagte:

„Wir fliegen mit Unterlicht, Sir. Uns voraus hat einSchiff der Twonoser die gleiche Richtung. Werdenwir ausweichen?“ „Wie groß?“

„Länge fünfzig Meter - wahrscheinlich einAufklärer.“

„Danke“, sagte Rhodan. „Behalten Sie es weiterhin

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auf den Schirmen. Ich glaube nicht, daß wir diesmalausweichen. Im Gegenteil. Wir werden denTwonoser kapern.“ Der Bildschirm des Interkomserlosch. Rhodan wandte sich wieder Tolot zu. SeinGesicht war ernst. „Nun ist es soweit“, sagte er.

2.

Leutnant Mattai hatte Dienst in derWaffensteuerzentrale. Er vertrat Major Wiffert, der inseiner Kabine war und schlief. Der Interkom wareingeschaltet. Laufend kamen Oberst RudosAnweisungen.

„Narkosestrahler bereithalten, Leutnant. Sobaldwir entsprechende Entfernung haben, einschalten.Das ist in etwa drei Minuten.“

Die Narkosestrahler stammten noch von denPosbis. Sie waren eine großartige Waffe, wenn esgalt, einen Gegner unverletzt und wehrlos in dieHand zu bekommen.

Leutnant Mattai starrte auf die Zielbildschirme.Das eiförmige Schiff machte keine Anstalten zufliehen. Ruhig und mit knapp Lichtgeschwindigkeitzog es dahin, als habe es die beiden riesigen Raumerder Terraner nicht bemerkt. Langsam schob sich dieCREST näher.

Dann kam wieder die Stimme des Kommandanten:„Jetzt, Leutnant! Narkosestrahler voll einsetzen!“

Mattai drückte auf den Knopf. Rein äußerlichgeschah überhaupt nichts. Das Schiff flog weiter wiebisher. Niemand hätte zu sagen vermocht, ob diebetäubenden und lähmenden Strahlen wirkten odernicht.

„Strahler in Betrieb, Sir“, meldete Mattai.In der Kommandozentrale las Rhodan die Daten

vom Entfernungsmesser ab.„Drei Lichtsekunden. Wir müssen näher heran.

Und zwar schnell. Zwar zeigen die Orter nichts an,aber jeden Augenblick können feindliche Einheitenin diesem Sektor materialisieren.“

Rudo erhöhte die Geschwindigkeit der CREST,ohne sich der Lineargeschwindigkeit zu nähern.Langsam kam das Eischiff näher.

Gucky trat unruhig von einem Fuß auf denanderen.

„Soll ich nicht lieber mal nachsehen, ob sieschlafen?“ erbot er sich. Rhodan sah auf denBildschirm. „Die Twonoser fliehen nicht. Sie würdenes tun, wenn sie aktionsfähig wären.“

„Sie flohen auch vorher nicht. Ich sehe bessernach.“

„Aber sei vorsichtig!“ Gucky verschloß den Helmseines Raumanzuges und teleportierte auf die Hülleder CREST. Einen Augenblick blieb er hier stehenund orientierte sich. Hier sah alles ganz anders als aufden Schirmen aus. Die IMPERATOR stand hinter der

CREST, ein riesiges, dunkles Monstrum, das dieSterne verdeckte. In Flugrichtung war ein langsamdahinziehender Lichtpunkt - das Schiff derTwonoser. Fast eine Million Kilometer entfernt undnur im Raum zu erkennen, wo es nichts gab, das dieLichtstrahlen abschwächte. Für Gucky bedeutetediese Entfernung kein Hindernis, wenn erteleportierte. Nicht hier im freien Raum, wo er dasZiel mit den Augen erkennen konnte. Außerdemschob sich die CREST mit jeder Sekunde näherheran.

Er konzentrierte sich auf den winzigen Lichtpunktund sprang.

Vorsichtshalber rematerialisierte er auf der Hülledes anderen Schiffes, das keinenEnergie-Schutzschirm hatte. Sein eigener, früh genugaktiviert, schützte ihn davor, von denNarkosestrahlen erfaßt zu werden.

Das Schiff war in der Tat sehr klein, kaum längerals fünfzig Meter, Es mußte eine Art Aufklärer sein,Gucky sprang abermals, und diesmal landete er aufeinem Korridor innerhalb des Schiffes. Auf demBoden lagen zwei bewußtlose Twonoser vom Typder Blaurüssel.

Die Twonoser waren menschenähnlich, hattenzwei Beine und zwei dünne, bewegliche, aber kurzeArme. Rechts und links des kegelförmigen Kopfesbegannen die Rüssel, nach denen sie benannt wurden;sie waren anderthalb Meter lang, blau gefärbt undvon außerordentlicher Geschicklichkeit. In der Mittedes Kopfes war ein großes, unbeweglichesFacettenauge.

Gucky stieg über die beiden Blaurüssel hinweg,fand die Steuerzentrale und weitere fünf Blaurüssel,ebenfalls bewußtlos und gelähmt. Das genügte. Erteleportierte zur CREST zurück. „Alles in Ordnung“,verkündete er, nachdem er den Helm geöffnet hatte.„Sie schlafen wie die Eidechsen im Winter,“Inzwischen hatte sich die CREST dem kleinen Schiffsoweit genähert, daß mit dem Einholmanöverbegonnen werden konnte. Leutnant Mattai erhielt denBefehl, den Narkosestrahler abzuschalten. DieBlaurüssel würden noch zwei Stunden wehrlosbleiben, Zeit genug also.

Zehn Minuten später stand das Eischiff im Hangarder CREST. Rhodan bat Grek-1, den Raumanzuganzulegen und zu ihm zu kommen.

„Da haben Sie Ihr Schiff, Grek. Die Besatzung istbewußtlos, wie Sie es wünschten. Was soll nungeschehen?“

„Ich kenne von Gucky her Ihre kleinenTransmittergeräte, wie sie auf Ihren Schiffenverwendet werden. So einen Transmitter müssen Siein dem gekaperten Schiff unterbringen. Wenn es seinZiel erreicht und - so hoffe ich - auf Zentra landet,haben wir dort eine Empfangsstation. Ich kann somit

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jederzeit von Ihrem Schiff aus nach Zentragelangen,“ Rhodan begriff und stellte keine Fragenmehr. Er gab seine Befehle, und sofort begann einefieberhafte Arbeit.

In einem Ersatzteilraum des Eischiffes fand Grek-1das, was er suchte.

„Er ist nicht zu groß, aber groß genug für mich.Hier kann der Transmitter aufgestellt werden. Wirmüssen den Raum so versiegeln, daß er nicht vonaußen geöffnet werden kann, außerdem empfehle ich,der Besatzung einen Hypnoblock zu geben, damitsich niemand an das erinnert, was geschehen ist.Wenn sie aufwachen, müssen sie glauben, niemalsgeschlafen zu haben. Ist das möglich?“

„Ja. Wir haben einen Suggestor.“ DerErsatzteilraum wurde ausgeräumt und ein kleinerTransmitter installiert. Er wurde von einem eigenenReaktor mit Energie versorgt und war somit vonjeder Zufuhr unabhängig. Außerdem brachten dieTechniker eine Lufterneuerungsanlage unter, die mannur einschalten mußte, um Minuten später eineatembare Atmosphäre in dem hermetischabgeschlossenen Raum zu haben.

Grek-1 inspizierte noch einmal den Raum, ehe ervon innen versiegelt wurde. Selbst die Blaurüsselwürden ihn nun mit keinem Werkzeug mehr öffnenkönnen, höchstens mit Gewalt. Und daß sie auf denGedanken nicht kamen, dafür sorgte derHypnoseblock.

Das so präparierte Eischiff wurde eine halbeStunde nach Beendigung der Arbeiten aus demHangar gestoßen. Es flog mit der einmal erreichtenGeschwindigkeit weiter, seinem Ziel entgegen, vondem jeder an Bord der beiden terranischen Raumerhoffte, es würde Alpha-Zentra heißen. Der an Bordverborgene Peiltricker würde jederzeit mitHyperwellen den Standort verraten, wenn man ihnanrief. Die kurzen Impulse konnten von einemunvorbereiteten Orter kaum aufgenommen werden.

Von einer Sekunde zur anderen verschwand dasEischiff von den Bildschirmen.

„Sie sind erwacht und in den Linearraumgegangen“, sagte Rhodan. „Bald werden wir wissen,ob unsere List geglückt ist, oder ob unsere ganzeArbeit umsonst war.“

Der Kommandant der Blaurüssel öffnete seinAuge.

Mit dem rechten Rüssel, an dessen Ende eine Handsaß, justierte er den Bildschirm. Er sah auf denZeitmesser wunderte sich im Unterbewußtseindarüber, daß er wohl ein wenig geschlafen hatte,dachte aber befehlsgemäß nicht weiter darüber nach.

Er befahl dem Navigator, die Kursberechnungvorzunehmen.

Alpha Zentra war - umgerechnet - siebenLichtjahre entfernt. Der Antriebs-Cheftechniker

überprüfte indessen die Maschinen und Anlagen. Füreinen Augenblick blieb er vor einer verschlossenenTür stehen und versuchte darüber nachzudenken, wasdahinter war. Er hatte es eben doch noch gewußt ...

Er rollte den linken Rüssel zusammen - was etwaeinem menschlichen Achselzucken gleichkam - undging weiter.

Das Eischiff tauchte im Linearraum unter, und alses wieder materialisierte, stand es nur noch wenigeLichtminuten von Zentra entfernt neben einerriesigen Flotte der Maahks. Vorn strahlten die dreiblauen Riesensonnen, deren Schwerkraftzentrum derTransmitter war. Noch war er nicht in Betrieb.

Der Kommandant der Blaurüssel kannte seineAnweisungen.

Er flog Zentra an und näherte sich weiter derbebauten Oberfläche, die sich seit seinem letztenBesuch hier unglaublich verändert hatte. Es gabkeinen freien Platz mehr. Wo keine Gebäude standen,war der Boden mit Tausenden von Raumschiffenbedeckt. Sie standen so dicht, daß praktisch keinSchiff mehr landen konnte. Es war die gewaltigsteFlottenkonzentration, die man jemals imAlpha-Nebel beobachtet hatte.

Die ‚Meister der Insel‘ - die Herren desUniversums - mußten eine bedeutsame Aktionplanen. Aber das war nicht seine Sache. Er war nurder unwichtige Kommandant eines kleinenErkundungsschiffes. Er hatte nicht zu fragen nur zugehorchen.

Das Eischiff war klein. Ausgerechnet auf demZentral-Raumfeld fand es noch einen Platz, wo eslanden konnte. Der Kommandant fragte um dieErlaubnis an und erhielt sie.

Er bekam gleichzeitig die Anweisung, das Schiffnicht zu verlassen, sondern weitere Befehleabzuwarten.

Mit einem Ruck setzte das Eischiff auf.Die Antriebsmaschinen verstummten. Nur tief im

Innern, in der versiegelten Kammer, begann derPeiler zu ticken. Nur zwei Sekunden lang. Dannschwieg auch er.

*

„Es ist gelandet“, sagte Rhodan, Genugtuung inder Stimme. „Wir hatten Glück.“

„Glück?“ fragte Gucky gedehnt. „Glück werdenwir erst noch brauchen. Das war ja erst der Anfang.Wann geht's denn los?“

Die CREST und IMPERATOR standenbewegungslos im Raum, drei Lichtjahre von Zentraentfernt. Atlan war umgestiegen, um an derentscheidenden Besprechung teilzunehmen. JohnMarshall, Chef des Mutantenkorps, wartete auf denEinsatzbefehl. Grek-1 stand bewegungslos, von

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seinem Raumanzug geschützt, in einer Ecke. Er trugvor der Brust den kleinen Translator, um allesverstehen zu können, was gesprochen wurde.

„John Marshall, Ras Tschubai, Kitai Ishibashi undGucky werden Grek-1 begleiten“, sagte Rhodan.„Das genügt. Mehr würden die Gefahr einerEntdeckung nur vergrößern, außerdem sollten diebeiden Teleporter immer in der Lage sein, dieanderen jederzeit auch ohne Transmitter in Sicherheitzu bringen,“

„Zögern wir nicht länger“, warf Grek-1 ein. „Wirwissen nicht, wann das Eischiff einen neuenEinsatzbefehl erhält. Dann war alles umsonst.“ „Grekhat recht“, sagte Atlan. Die Aktion lief an. DieTransmitter-Sendestation glich einem Gitterkäfig. Siestand in einem besonderen Raum. Techniker warendamit beschäftigt, das Gerät zu aktivieren und denHyperkontakt mit der Empfangsstation aufAlpha-Zentra herzustellen.

„Ich möchte noch einen Vorschlag machen“, sagteGrek-1, als sie in Begleitung Rhodans denTransmitterraum betraten. „Es wird besser sein, ichgehe zuerst allein, höchstens in Begleitung vonGucky. Er kann sofort zurückkehren und berichten,ob alles in Ordnung ist. Mir selbst droht keine großeGefahr, aber Terraner würde man sofort erkennen.Gucky kann sich notfalls in Sicherheit bringen.“

Rhodan überdachte den Vorschlag, dann stimmteer zu.

Grek und Gucky betraten den Gitterkäfig. DieKorrekturimpulse vom Empfänger wareneingetroffen. Die Techniker hatten nun keine Zweifelmehr daran, daß jedes Objekt, das hierentmaterialisiert und in den fünfdimensionalen Raumgeschickt wurde, im Empfänger auf Zentrarematerialisierte. Sie aktivierten den Transmitter. DieZurückbleibenden sahen, wie die Gestalten vonGrek-1 und Gucky sich auflösten und verschwanden.In der gleichen Sekunde mußten sie bereits wieder imEischiff der Twonoser auf Zentra existieren. Ob dreiLichtjahre oder dreihundert, spielte dabei keineRolle.

Weitere Sekunden vergingen in atemloserSpannung.

Längst schon hatten die Techniker, auf Empfangumgeschaltet. Im Eischiff brauchte Gucky nur aufden Sendeknopf zu drücken, um sofort wieder in dieCREST zurücktransportiert zu werden.

Aber Gucky ließ sich Zeit. „Hoffentlich ist nichtsschiefgegangen“, murmelte Ras Tschubai, derkräftige Afrikaner. Der Japaner Kitai stand nebenihm. Er gab keine Antwort.

Rhodan sagte:„Sie müssen sich erst überzeugen, daß ihr

gefahrlos folgen könnt. Die versiegelte Kammerkönnen sie zwar nicht verlassen, aber Gucky wird die

Gedanken der Twonoser lesen und sich so von derLage unterrichten. Das kann Minuten dauern.“

Nach genau einer Viertelstunde flimmerte es imGitterkasten, dann entstand Gucky. Er öffnete seinenHelm und verließ den Transmitter.

„Hat alles geklappt. Die Twonoser haben keineAhnung, was geschehen ist. Sie sind auf demZentralraumhafen gelandet und warten ihre Befehleab. Keine Gefahr für uns. Grek trifft bereits alleVorbereitungen, das Schiff zu verlassen, sobald wireingetroffen sind. Wenn alles gut geht, werden wirnoch innerhalb von zwanzig Stunden wissen, was dieMeister der Insel wirklich vorhaben.“

Kitai, Ras und John Marshall schlossen die Helme.Sie schalteten den Interkom ein.

„Kein Risiko eingehen!“ ermahnte sie Rhodannoch einmal, als sie im Sendekäfig standen und auchGucky den Helm wieder geschlossen hatte. „Kehrtsofort auf die CREST zurück, wenn ihr entdecktwerdet. Grek wird sich dann schon später zumTransmitter durchschlagen können. Er kann sich aufZentra frei bewegen, ohne Verdacht zu erregen.“Niemand antwortete. Einer der Techniker drückte aufden Sendeknopf.

Die vier im Transmitter verschwanden.

3.

Grek hatte den Raumanzug abgelegt und wartete.Die Kabine, in der man den Transmitteruntergebracht hatte, war nicht sehr geräumig.Draußen waren manchmal die schleichenden Schritteder Besatzung zu vernehmen, die auf den neuenEinsatzbefehl wartete. Grek konnte keine Gedankenlesen, denn er war kein Telepath. Er mußte sichdarauf verlassen.. daß Gucky sich nicht geirrt hatte.Die Twonoser waren ahnungslos und wußten nicht,daß sie eine Art Trojanisches Pferd waren. Im Innernihres Schiffes brachten sie den Feind mit, Grekwußte, daß er ein großes Risiko einging, ein vielgrößeres jedenfalls, als er Rhodan gegenüberzugegeben hatte. Dem Telepathen Gucky und JohnMarshall hatte er es nicht verheimlichen können, aberdie beiden schwiegen. Sie würden Rhodan nichtbeunruhigen wollen, und außerdem war es viel zuwichtig, die Pläne der Maahks und Meister zuerfahren. Ohne Kenntnis dieser Pläne gab es keineGegenmaßnahmen.

Draußen war jemand vor der versiegelten Kabinestehengeblieben.

Grek-1 verhielt sich ruhig. Zwar war er davonüberzeugt, daß der Hypnoseblock der Twonoser nochhielt, aber es war auch durchaus möglich, daß er beieinigen bereits nachließ und sie begannen, sich anDinge zu erinnern, die sie vergessen sollten. Dieverschlossene Tür würde ihre Neugier erregen. Es

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wurde höchste Zeit, daß der Suggestor Kitai eintraf.Der Twonoser klopfte gegen die Tür, wartete eine

Weile, dann ging er weiter. Seine Schritte verhalltenim Korridor.

Grek-1 atmete auf. Die Methanatmosphäre wargut. Erst später, wenn er die Kabine verließ, würdendie terranischen Lufterneuerer eineSauerstoffatmosphäre schaffen.

Im Transmitter entstanden vier Gestalten.Gucky marschierte voran, John, Ras und Kitai

folgten. Die Tür zum Gitterkäfig blieb offen.Einladend leuchtete der rote Knopf, der die einzigeRückzugsmöglichkeit bot.

Grek hielt sich nicht mit einer langen Vorrede auf.„Ich werde das Schiff sofort verlassen. Gucky

kann mich hinausbringen und irgendwo auf demRaumfeld absetzen. Die Kabine bleibt versiegelt. Soseid ihr sicherer. Kitai muß die Mannschaftberuhigen. Du. Gucky, hältst Kontakt mit mir. Soweißt du immer, was geschieht, außerdem erfährst dualles, was auch ich erfahre. Da ihr zwei Telepathenseid, könnt ihr euch ablösen. Alles klar?“

„Und wir bleiben hier in dem Loch?“ „Es gibtkeine andere Möglichkeit. Ihr könnt nichts anders tunals abwarten. Wenn es dunkel wird - der Tag dauertetwas länger als achtundzwanzig Terrastunden -,kann mich jemand aufsuchen. Gucky und Ras könnenja jederzeit teleportieren. Achtet auf die höhereSchwerkraft. Sie beträgt zweieinhalb Gravos.“

„Solange wir die Antigravfelder eingeschaltetlassen, merken wir nichts davon“, sagte JohnMarshall. „Viel Glück, Grek.“

Der Maahk sah auf seine Uhr. „In einer Stundewird es dunkel. Vielleicht ist es besser, solange zuwarten. Die Gefahr einer Entdeckung verringertsich.“

Sie sprachen nicht viel. Unendlich langsamverstrich die Zeit. Einmal flimmerte es imTransmitter, dann erschienen Icho Tolot und MelbarKasom. Rhodan hatte sie als Verstärkung geschickt.Ihm waren plötzlich Bedenken gekommen. Grek-1konnte sie davon überzeugen daß eine Entdeckung sogut wie ausgeschlossen war, und daß in einemsolchen Fall die Verstärkung auch nicht viel nützte.Er bat die beiden Giganten, wieder zur CRESTzurückzukehren. In ihrer jetzigen Lage waren nur dievier Mutanten einsatzfähig. Abermals sah Grek aufseine Uhr. „Es ist soweit. Du wirst blind springenmüssen, Gucky, und ich hoffe, wir rematerialisierennicht mitten in einer Gruppe marschierenderWachtposten.“

„Etwas Glück muß auch dabei sein“, entgegneteGucky. „Aber keine Sorge, wir springen hoch. Ichhalte uns telekinetisch. Bei der Gelegenheit erhalteich gleich einen Überblick und weiß später ungefähr,wo du dich aufhältst. Ich setze dich genau dort ab, wo

du hin möchtest. Fertig?“ Grek-1 bejahte.„Wir bleiben in Verbindung“, sagte Gucky zu

Marshall. Er ging zu Grek und ergriff seinen rechtenArm. „Ich komme so schnell wie möglich zurück.“

Sie materialisierten in drei Kilometern Höhe,genau über dem Raumhafen.

Es war nicht dunkel. Zwar standen die drei Sonnennun auf der anderen Seite des Planeten und gaben ihrden Tag, aber die Maahks hatten den zentralen Hafenso mit Lichtern angestrahlt, daß er und die nahe Stadtmit ihren wuchtigen Gebäuden in ein Meer vonScheinwerfern getaucht unter den Beobachtern lagen.

Die Intensität der Funkgeräte war soweitherabgesetzt worden, daß die Reichweite der Wellennur einige Meter betrug. Es reichte gerade zurVerständigung zwischen Grek und Gucky. EineEntdeckung und Ortung war somit unmöglichgeworden.

„Setze mich dort unten zwischen den großenSchiffen ab. Ich werde mich dann schondurchschlagen. Was ich brauche, ist eine andereUniform. Diese hier würde verdächtig wirken,außerdem bin ich davon überzeugt, daß man michlängst zum Verräter erklärt hat.

Zum Glück gibt es von mir keine Identitätstafeln.Als Geheimdienstoffizier genießt man gewisseVorrechte.“

Gucky sah nach unten. Mühsam nur gelang es ihm,unter der Lichterdecke die Umrisse der Schiffeauszumachen. Sie standen so dicht, daß der Raumdazwischen von tiefstem Schatten ausgefüllt war.

Er peilte eine der schwarzen Gassen an undteleportierte.

Kaum spürte er festen Boden unter den Füßen, ließer Grek-1 los.

„Wir werden versuchen, ständig deine Gedankenzu orten“, sagte er. „Wenn John und ich gemeinsamorten, läßt sich sogar ziemlich genau dein jeweiligerStandort feststellen. Allein können wir nur dieRichtung, aber nicht die Entfernung messen. Nimmdich in acht, Grek.“

„Danke, Gucky. Du bist besorgt um mich?“„Ja, das bin ich.“Sie standen zwischen zwei großen, schwarzen

Schatten. Es mußten Kreuzer der Maahk-Flotte sein.Darüber lag die Flut der Lichter, dessen Schein abernicht bis hierher drang. Soweit Gucky die Lagebeurteilen konnte, stand das kleine Schiff derTwonoser südlich, etwa fünfhundert Meter entfernt.Er brauchte es nicht zu wissen, denn John MarshallsGedankenimpulse würden ihn sicher zurückbringen.Sie waren noch besser als direkte Sicht beimTeleportieren.

„Du darfst dir keine Sorgen machen, Gucky. Ichhabe einen Auftrag, der einer Verpflichtunggleichkommt. Daß dabei du und die Terraner

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profitieren, ist - wenn du so willst - reiner Zufall. Ichmuß meine Rasse von der Tyrannei befreien, unddabei habt ihr mir bisher mehr geholfen, als ich euchnützlich war. Was immer auch geschieht, Gucky,vergiß niemals, daß meine Aufgabe auf euchübergeht. Ihr werdet es eines Tages sein, die denMeistern der Insel gegenüberstehen. Ihr werdet siemit euren eigenen Augen sehen - und dann werdet ihrvielleicht wissen, warum sie eine ganze Galaxiserobern und beherrschen konnten. Wenn einer siebesiegt, dann ihr! Lebe wohl, Gucky.“

„Wir sehen uns bald wieder, Grek. Und später, aufder Erde ...“

„Wir müssen uns jetzt trennen“, unterbrach Grekhastig. „Dort hinten ist jemand. Wachen, glaube ich.Verschwinde, bevor dich jemand bemerkt. Ich kannmir jetzt selbst helfen. Bis später.“

Gucky zögerte noch einen Augenblick, aber dannsah er die beiden Schatten auf sich zukommen. Esmußten riesige Maahks sein, die da mit sicherlichschußbereiten Strahlern durch die Schiffsgassenpatrouillierten. Hallo, Marshall! Die Antwort kamsofort: Gucky! Nun spring doch endlich! Der Impulsgenügte. Gucky konnte den „Gedankensender“ sofortanpeilen und teleportieren.

Als er die Gesichter seiner Freunde im Schein derTransmitterlampen sah, grinste er schon wieder.

„Wird Zeit, daß wir hier frische Luft machen“,sagte er und ging zur Lufterneuerungsanlage. „Wirsollen uns hier doch wohlfühlen.“ Ras grinste. Wie esschien, tat er das bereits.

*

Grek-1 stand unbeweglich im Schatten desKreuzers.

Er ließ die beiden Wachtposten an sichvorbeigehen, ehe er langsam und vorsichtig dieentgegengesetzte Richtung einschlug. Wenn man ihnentdeckte, bestand keine unmittelbare Gefahr.

Es war durchaus möglich, daß alle Offizierehöherer Dienststellen - besonders der seinen -unterrichtet waren und wußten, daß er entweder totoder ein Gefangener des unbekannten Feindes waraber die Kommandanten der einzelnen Schiffemußten ihn immer noch für einen Offizier desGeheimdienstes halten, dem sie zu gehorchen hatten.Das Risiko wurde erst dann größer, wenn er in dieStadt und in das Regierungsviertel von Zentragelangte.

Und genau das war es, was Grek-1 plante.Zweimal noch wich er patrouillierenden Posten

aus, dann ließ er es darauf ankommen.Er näherte sich dem Rand des riesigen

Raumfeldes. Hier standen die Schiffe nicht mehr sodicht, und das Licht der Scheinwerfer auf den hohen

Türmen drang bis zum Betonboden herab. Grek-1wußte, daß der Beton gleichzeitig auch Decke war.Das ganze Raumfeld war unterhöhlt, und in dengewaltigen Räumen standen die Reserveflotten derMaahks.

Er hörte Marschtritte, aber er ging weiter. EineKolonne von acht Soldaten kam um den Bug einesKreuzers, angeführt von einem Offizier. Grek-1 sahden Offizier an und wartete auf seine Reaktion.

Wie erhofft, rief der Maahk ein scharfesKommando. Die acht Posten marschierten exakter,nicht mehr so lässig wie vorher. Sie sahen Grek dabeian. Der Offizier schwenkte in seine Richtung undblieb in strammer Haltung stehen. Er erstatteteMeldung und wartete.

„Alles in Ordnung?“ fragte Grek-1. „Keinebesonderen Vorkommnisse.“ „Danke.“

Grek-1 sah der weitermarschierenden Gruppenach. Die erste Probe war bestanden. Niemand würdeso schnell Verdacht schöpfen. Das kam schon daher,daß auf Zentra die Vertreter aller existierendenMaahk-Stämme vorhanden waren. Niemand konnteden anderen kennen und rassische Unterschiede gabes so gut wie keine. Selbst die Uniformen warengleich, bis auf die Unterschiede der Waffengattung.Der Geheimdienst gehörte zu einer der wichtigstenund am meisten gefürchteten Einrichtungen. Grek-1kam nur dann in Gefahr, entlarvt zu werden, wenn ereinem Offizier des Geheimdienstes begegnete,vielleicht gar einem seiner früheren Kollegen.

Vielleicht war es doch besser, die Uniform so baldwie möglich zu wechseln.

Vorläufig bot sich jedoch dazu keine Gelegenheit.Die letzten Schiffe blieben zurück. Der Raum

zwischen Feld und Stadt war bis auf einigeVerwaltungsgebäude frei. In regelmäßigenAbständen standen Wachtposten, mehr, als Grek-1jemals hier gesehen hatte. DieSicherheitsmaßnahmen waren enorm verstärktworden - ein sicheres Zeichen, daß die oberenKommandostellen unsicher waren. Sie wußten nichtmehr, was wirklich geschah. Die ‚Meister der Insel‘ -vielleicht kannten sogar sie so etwas wie Nervosität.

Er schritt zwischen den Posten durch, von denen errespektvoll gegrüßt wurde, und erreichte dieAbgrenzungen. Ein abgesichertes Tor war das letzteHindernis vor der Stadt, in der er untertauchenkonnte.

Er ging ein wenig langsamer, denn er hatte hinterder Absperrung einige Offiziere bemerkt, die inGruppen zusammenstanden und sich unterhielten.Das konnte Zufall sein. Das Licht war günstig. Erkonnte die Uniformen gut erkennen. Ein Offiziervom Geheimdienst war nicht dabei. Grek-1 atmeteauf und beschleunigte seine Schritte. Je schneller dieEntscheidung fiel, desto besser für ihn. Die endlose

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Spannung hielt er nicht mehr lange aus.In seiner Tasche war noch der alte Ausweis - eine

Metallmarke mit seiner Dienstnummer. Ein Laiekonnte damit nicht viel anfangen, und gerade das warja auch der Sinn dieser Art Erkennungszeichen, dasnur für einen anderen Offizier des GeheimdienstesBedeutung hatte. Aber allein die Marke hatte bishergenügt, sich überall Zutritt und Respekt zuverschaffen.

Die Offiziere sahen auf, als er an das Tor trat. Sieschienen erstaunt zu sein, reagierten dann aber ganzso, wie Grek es erwartet hatte. Der Posten ließ ihnanstandslos durch. Drei der Offiziere kamen auf ihnzu und grüßten höflich.

„Dürfen wir Ihnen eine Transportmöglichkeit indie Stadt anbieten?“ fragte einer von ihnen.

Grek-1 überlegte eine Sekunde. Es wäre dummvon ihm, das abzulehnen. Es würde sogar Verdachterregen, denn ein Mann in seiner Stellung würde eskaum vorziehen, den Weg zu Fuß zurückzulegen.Außerdem wußte er nicht, wohin er sich wendensollte. Sofort in das Kommandogebäude derRaumflotte? In die Höhle des Löwen? Lieber nicht.

„Danke, Major. Ich werde mich glücklichschätzen. Ihr Angebot anzunehmen.“

„Wir fahren alle in die Stadt. Einige von unswohnen dort in einem Hotel. Sind Sie erst jetztangekommen?“ „Ja, eben erst“, sagte Grek-1. „Dannhat man Ihnen noch kein Hotel angewiesen, oderbleiben Sie auf dem Schiff?“

„Ich würde ein Hotel in der Stadt vorziehen.“Ein Reaktorwagen kam herbeigefahren. Er hatte

die Form eines langgestreckten Tropfens, und Grek-1wußte, daß er große Entfernungen in kürzester Zeitzurücklegen konnte. Wagen dieses Typs wurden voneiner Zentrale aus ferngesteuert.

Die Offiziere öffneten die Tür und ließen ihm denVortritt.

Grek-1 setzte sich in die Nähe der zweiten Tür undschob seine Erkennungsmarke in die Tasche zurück.Unter dem Uniformrock spürte er das Bündel Geld,das er immer noch bei sich trug. Rhodan hatte es ihmgelassen, weil es dafür keine Verwendung gab. Jetztwürde er, Grek-1, es gut gebrauchen können.

Sieben Offiziere kamen in den Wagen.Sie wohnten alle in demselben Hotel und schienen

nun keinen anderen Wunsch mehr zu haben, alsihrem Gast Grek-1 ein Zimmer zu besorgen. Es warimmer gut, wenn man mit den Leuten vomGeheimdienst guten Kontakt pflegte.

In den Straßen war reger Betrieb, obwohl es schonspät geworden war. Maahks und Twonoser bewegtensich auf den Transportbändern in beiden Richtungen.Die einen wollten in die Stadt, andere wieder kehrtenauf das Raumfeld zurück, um in ihren Schiffen zuschlafen. Nur höhere Offiziere und Kommandanten

genossen das Vorrecht, in der Stadt bleiben zudürfen. Aber das hatte seinen Grund, wie Grek-1 balderfuhr, In seiner Gegenwart ließen die Offiziere diegewohnte Zurückhaltung fallen, denn sie mußtenannehmen, daß er über die augenblickliche Lagewesentlich besser unterrichtet war als sie. Vielleichthofften sie auch, etwas zu erfahren, wenn sie darübersprachen. Grek-1 erkannte bald, daß er nicht vielherausbekommen würde, denn sie schienen nochweniger zu wissen als er.

„Eins steht jedenfalls fest“, sagte einer der beidenMajore und Schiffskommandanten, „morgen findetdie entscheidende Besprechung im Regierungshausstatt. Wir sind alle dazu eingeladen. Nicht nur dieFlottenkommandanten, sondern auch dieBefehlshaber der Schlachtkreuzer. Das istungewöhnlich. Meinen Sie nicht auch?“ wandte ersich an Grek-1,

„Zumindest deutet es auf ungewöhnlicheEreignisse hin“, wich dieser aus.

„Natürlich tut es das.“ Der zweite Major rückte anGrek-1 heran. „Die Anzeichen trügen nicht. Man hatalle Flotten des Nebels in den Alarmzustand versetzt.Daran kann nicht allein die Revolte der Verräterschuld sein.“

„Die paar Planeten“, stieß Grek-1 vor. „Sagen Siedas nicht - die paar Planeten! Es sind bereits mehr alszwanzig vernichtet worden. Überall meuterten ganzeFlotten gegen die Vormundschaft der Meister undgegen unsere Inspektionen. Warum? Wer nichts zubefürchten hat, kann doch eine Inspektion zulassen.Er geht kein Risiko ein, und es passiert ihm nichts.Auf der anderen Seite ... warum so viel Aufhebenswegen zwei oder drei Fremdschiffen? Sind sieüberhaupt fremd? Wahrscheinlich handelt es sich umgeschickte Tarnungen abgefallener Maahk-Stämme.Bis jetzt wurde nichts aufgeklärt. Oder wissen Siemehr darüber?“

„Leider nicht.“ Grek-1 sah aus dem Fenster, „ichkönnte Ihnen auch nichts sagen, wenn ich mehrwüßte. Es sei denn, ich würde mich malversprechen.“

Die Offiziere lachten. Der Major wurdenachdenklich. Grek-1 sah ihm an, was er dachte. Ertat ihm den Gefallen.

„Hoffentlich ist noch ein Zimmer frei in IhremHotel.“

„Notfalls können Sie bei mir schlafen.“Grek-1 nahm fest an, daß der Major einwandfrei

war. Er war eben nur neugierig. Wer wäre das indieser Lage nicht gewesen? Zuviel geschah, aus demniemand mehr klug wurde. Die Anordnungen derMeister, wie immer sie auch hierher übermitteltwurden, ermangelten jeder Begründung. Die Meisterbefahlen, die Maahks hatten zu gehorchen.

Gehorchten sie nicht, wurden sie und ihre Planeten

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vernichtet.„Ich nehme Ihr Angebot dankend an -

vorausgesetzt, daß ich Ihnen keineUnannehmlichkeiten bereite.“

Die Unterhaltung wurde allgemeiner. Sie bezogsich auf den Dienst in der Flotte und auf die wenigenUrlaubstage, die dem wirklichen Leben gewidmetwaren.

Leben, dachte Grek-1, ist etwas anderes.Leben ist das, was die Maahks erst einmal

kennenlernen müssen - dann, wenn es keine ‚Meisterder Insel‘ mehr gibt. Ich werde den ersten Schritt tun...

*

Im Hotel gab es zum Glück noch freie Zimmer.Grek-1 zahlte es für drei Tage, entschuldigte sich beiseinen neuen Freunden und versprach, in einer halbenStunde in der Bar nach ihnen zu sehen. Als siegegangen waren, kehrte er zur Rezeption zurück. Ermachte ein streng dienstliches Gesicht, zog seineErkennungsmarke hervor und zeigte sie dem Portier.

„Ich möchte die Liste der heute angekommenenGäste sehen“, sagte er.

Der Portier - ein Maahk vom Planeten Gobiram -warf einen Blick auf die silbern schimmerndeMetallplatte und gehorchte wortlos. Er schob Grek-1die Auswertungskartei der Fotoanmeldung zu. Aufjeder Karte war das heimlich aufgenommene Fotojeden Gastes und dazu der Name, Stellung undFunktion.

Grek-1 ließ sich Zeit. Wenn wirklich ein andererGeheimdienstoffizier auftauchte, so war noch langenicht gesagt, daß dieser ihn sofort erkannte. Einanderer würde ihn aber kaum verdächtigen.

Die Kartei besagte, daß in dem Hotel mindestenszwanzig hohe Flottenkommandeure wohnten, einigeschon seit vielen Tagen. Damit war erwiesen, daß diewichtige Besprechung, die morgen stattfinden sollte,seit langer Zeit geplant war. Es war aber auch sicher,daß keine weiteren Gäste mehr eintreffen würden,denn viel Zimmer waren nicht mehr frei. Grek-1mußte sich also sein Opfer schon jetzt aussuchen.

Langsam und bedächtig betrachtete er die Fotos.Für ihn gab es Unterschiede zwischen den Maahks,die für ein menschliches Auge alle gleich aussahen.Besonders für ihn, dessen Beruf es ja gewesen war,andere Maahks zu beobachten.

Mit geübtem Blick fand er einen Offizier, der ihmähnlich sah. Er las die Daten:

Marschall der l. Angriffsflotte Alpha-Gubas. ElfTapferkeitsmedaillen, meist im Außendienstzwischen Andro-Alpha und Andro-Beta.Teilgenommen an sieben Strafexpeditionen gegenAufständische, darunter zweimal gegen Maahks.

Kommandeur einer Spezialtruppe im Leerraum.Letzter Aufenthalt auf Alpha-Zentra: vor zwölfJahren, umgerechnet.

Vor zwölf Jahren! Das war es, was Grek-1 wichtigschien. Zwölf Jahre waren eine lange Zeit, undniemand würde sich noch an Marschall Bradxerinnern, der erst einmal hier auf Zentra war, um demGeneralstab seine Vorschläge zu unterbreiten.

Niemand würde es somit merken, wenn statt seinerein anderer erschien, zumal in seiner Uniform undmit seinen Papieren. Grek-1 gab die Kartei zurück.„Danke. Alles in Ordnung.“ Er zögerte einenAugenblick, dann fügte er hinzu: „Es ist möglich, daßein Kollege von mir noch einmal die Besucherlistesehen möchte. Lassen Sie ihn Einblick nehmen, abererwähnen Sie nicht, daß ich sie schon sah.“ Er beugtesich ein wenig vor und sah den Portier streng an.„Sicherheitsmaßnahmen, wissen Sie ...“ Er ging aufsein Zimmer. Er hatte noch ein paar Stunden Zeit.

*

Gucky gähnte.„Jetzt geht er auf sein Zimmer und will sich für ein

paar Stunden hinhauen. Und genau das ist es, was ichauch tun werde. Jetzt.“

Kitai weckte John, damit er Gucky ablöste. Einerder beiden Telepathen mußte Grek-1 stetsüberwachen und über die jeweilige Lage informiertsein, Gucky faßte kurz zusammen und schloß:

„Soweit ich feststellen konnte, will er die Rolle miteinem der Flottenkommandeure tauschen, ummorgen an der wichtigen Versammlung der oberstenFührer der Maahks teilnehmen zu können. Das ist eingefährliches Unternehmen. Wenn es Grek gelingt,haben wir gewonnen, und wir wissen morgen mittag,was die Meister der Insel planen. Geht es schief,müssen wir verschwinden.“ Gucky machte einePause und starrte John Marshall an. „Allerdings erst,nachdem ich mich in der Stadt umgesehen habe.Durch Greks Gedankenimpulse bin ich so ziemlichüber die Örtlichkeiten informiert. Den Palast, in demdie Kerle sich treffen, finde ich sofort. Und damitauch den Saal. Und ich möchte den sehen, der michdann aufhält ...“

„Wo steckt Grek?“ unterbrach John ruhig. „Ist esweit bis zum Hotel?“

„Wir müssen peilen, um das festzustellen.“ Guckysah sich um. „Der Raum hier ist verdammt klein. Diepaar Meter ergeben keine genaue Peilung.“

„Wenn wir sorgfältig sind, genügt es. Die Winkelmüssen stimmen, dann haben wir Richtung undEntfernung.“

John und Gucky begaben sich in die beidenäußersten Ecken des ehemaligen Ersatzteillagers undnahmen die telepathischen Sendungen von Greks

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Gehirn auf. Sie waren sehr schwach und entstammtendem Unterbewußtsein des Maahk. Zwar schlief Greknicht, aber er ruhte sich aus. Er lag auf seinem Bettim Hotelzimmer. Gucky nickte.

Sie verglichen die Daten, zeichneten sie auf undbegannen zu rechnen. Kitai half ihnen dabei. DasErgebnis war befriedigend.

„Etwa sieben Kilometer nördlich. Leicht zufinden.“ Gucky sah in Richtung der Decken, die ineiner Ecke das gemeinsame Lager darstellten. „Wennich mich ausgeschlafen habe, schaffe ich den Sprungin Greks Zimmer mit einem einzigen Versuch.“

„Wir wecken dich, wenn's losgeht“, versprachJohn lächelnd.

Zehn Minuten später verkündete ein leisesSchnarchen, daß der Mausbiber tatsächlicheingeschlafen war.

*

Grek-1 war ebenfalls eingeschlummert, aber erwurde sofort wieder wach, als die Stunde anbrach,die er sich als Zeitpunkt für den Beginn desUnternehmens ausgesucht hatte.

Seine Offiziersfreunde hatten in der Bar vergeblichauf ihn gewartet, aber das bereitete ihm weiter keinKopfzerbrechen. Morgen war er einfach nicht mehrda. Bei einem Offizier des Geheimdienstes würde dasweiter keinen Verdacht erregen. Niemand würde eswagen, nach seinem Verbleib zu forschen. Manwürde höchstens Marschall Bradx bewußtlos oder totin seinem Zimmer auffinden. Dann würde es zu spätsein. Grek stand auf und rückte die Uniform zurecht.In der Tasche spürte er das Gewicht des kleinenNadelstrahlers, den er von den Terranern bekommenhatte. Allein diese Waffe würde genügen ihn alsVerräter zu entlarven - wenn man sie bei ihm fand.Er lauschte.

Draußen auf den Korridoren war es still geworden.Selbst die Offiziere in der Bar würden längst schlafengegangen sein. In acht Stunden etwa wurde es hell.Die Besprechung war auf den Vormittag angesetzt.

Das Zimmer Marschall Bradx lag in derselbenEtage. Wenn die Tür verschlossen war, mußte er denKommandeur aufwecken. Hoffentlich ging das ohneKomplikationen vor sich. Wenn Bradx mißtrauischwurde, konnte es Schwierigkeiten geben.

Grek-1 verließ sein Zimmer und ließ die Tür offen.Auf dem Korridor brannte Licht, aber es war nicht

sehr hell. Die Zimmernummern waren erleuchtet undgut zu erkennen. Grek-1 bewegte sich mit einerSelbstverständlichkeit, die ihn selbst in Erstaunenversetzte. Wenn man einen gewissen Punktüberwunden hatte, erschienen einem selbst diegrößten Risiken bedeutungslos.

Vor der Tür mit der Nummer 38 blieb er stehen.

Er überzeugte sich daß der Korridor immer noch inbeiden Richtungen leer war, dann klopfte erbehutsam gegen die Tür. Aus dem Zimmer drangkein Laut nach draußen. Alles blieb still. Grekklopfte abermals: wieder keine Antwort.

Was nun? Lauter konnte er nicht klopfen, ohneandere Hotelgäste aufmerksam werden zu lassen.Dieser Bradx hatte einen gesunden Schlaf oder wollteer nicht hören? Grek-1 zögerte, dann zog er denNadelstrahler aus der Tasche. Mit der anderen Handtastete er nach dem Türknopf. Die Tür ließ sichöffnen. Grek war so verwundert, daß erbewegungslos stehenblieb. In dem Zimmer flammtedie Beleuchtung auf. Eine Schranktür war halbgeöffnet, und Grek konnte einige Bekleidungsstückeerkennen. Auf dem Bett lag eine nachlässighingeworfene Uniformhose. Ein halb ausgepackterKoffer stand in einer Ecke.

Das Bett selbst war zurückgeschlagen und leer.Schnell trat Grek ein und schloß die Tür hinter

sich. Wie es schien, war der Marschall nochunterwegs. Vielleicht unten in der Bar, vielleichtauch in der Stadt. Er schien sie trotz der zwölf Jahre,die er nicht hier gewesen war, noch recht gut zukennen.

Sorgfältig durchsuchte Grek-1 das Zimmer.Notfalls hätte er sich schon jetzt eine Uniformzulegen können, aber ohne den Ausweis desBesitzers würde sie ihm kaum etwas nützen.Außerdem konnten morgen auf der Versammlungnicht zwei Kommandeure der l. AngriffsflotteAlpha-Gubas auftauchen. Einer mußte verschwinden.Grek-1 verließ Bradx Zimmer und ging zu demseinen zurück. Er sah sich um, ob er nichts vergessenhatte, dann verschloß er die Tür von außen. Er würdeden Raum nicht mehr brauchen. DerGeheimdienstoffizier Grek-1 war in diesemAugenblick gestorben. Aber noch während er zumZimmer Nr. 38 zurückging, kam ihm ein neuerGedanke. Grek-1 gestorben? Eine ausgezeichneteIdee! Und eine entsprechende Leiche hatte er auchschon.

In Bradx Raum legte er sich angezogen aufs Bettund wartete. Seine Geduld wurde auf eine harteProbe gestellt, aber endlich - fünf Stunden vor derDämmerung - hörte er draußen leise Schritte. IhreUnsicherheit verriet, daß Marschall Bradx seineRückkehr nach Alpha-Zentra gebührend gefeierthatte.

Grek-1 blieb ruhig liegen. In seiner rechten Handhielt er den kleinen Strahler verborgen. Er sah auf dieTür. Sie öffnete sich, und dann kam der Marschall insZimmer. Er schwankte ein wenig und sah seinenBesucher nicht sofort. Erst als er die Tür wiederverschlossen hatte und sich auszuziehen begonnenhatte, entdeckte er Grek-1.

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Ohne sich umzudrehen betrachtete er ihn mitseinen vier Augen.

Grek-1 deutete auf eine Sitzgelegenheit.„Geheimdienst, Bradx. Ich möchte mit Ihnen

sprechen.“Langsam drehte sich der hohe Offizier um.„Was soll das bedeuten? Sie wissen wohl nicht,

wen Sie vor sich haben ...“„Deshalb bin ich ja hier - weil ich es weiß. Wo

waren Sie heute nacht. Marschall? Ich warte schonlange auf Sie.“

„Was will der Geheimdienst von mir? Ich werdemich morgen beim Oberbefehlshaber beschweren.Wenn es sein muß, beim Goldenen ...“ Grek-1 warzusammengezuckt. Der Goldene!

Es gab nur ein paar Auserwählte, die jemals einem‚Meister der Insel‘ persönlich gegenübergestandenhatten. Zu ihnen zählte auch der Goldene. Er war einMaahk, aber seine Haut war wie Gold gefärbt. Eswurde behauptet, das Gold sei nichts anderes als eineSicherheitsmaßnahme der Meister. Eine ArtLeitschicht, die einen tödlichen Hyperimpulsaufnahm, wann immer den Meistern es gefiel, ihrenVertrauten für immer unschädlich zu machen. Wennsie den Goldenen nicht mehr brauchten, genügte einKnopfdruck, vielleicht in zweihunderttausendLichtjahren Entfernung. Der todbringende Impulswürde den Goldenen erreichen, wo immer er sichauch aufhielt.

Wenn der Goldene morgen anwesend war,überbrachte er die Befehle der ‚Meister der Insel‘.

„Vielleicht“, sagte Grek-1 vorsichtig, „handle ichim Auftrag des Goldenen.

Sind Sie immer so impulsiv? Sie wissen noch garnicht, was ich von Ihnen will.“

„Mir genügt es, daß Sie in mein Zimmereingedrungen sind. Was also wollen Sie von mir?“

Grek-1 erhob sich. Er schob die Hand mit demStrahler in die Tasche.

„Es ist besser, wir gehen auf mein Zimmer. Ichhabe meine ganzen Unterlagen dort.“ „Was fürUnterlagen?“ „Das werden Sie bald erfahren. Eshandelt sich um die morgige Besprechung. Wir habenin Erfahrung gebracht, daß eine Revolte geplant ist.Der Geheimdienst hat den Auftrag erhalten, alleverläßlichen Kommandeure der Flotte von diesergeplanten Revolte zu unterrichten, damit sie morgenim Keim erstickt werden kann. Mein Auftrag ist es,Sie in alle Einzelheiten des Gegenplanseinzuweihen.“

„Eine Revolte?“ Marschall Bradx war ehrlicherstaunt. „Hat es denn noch nicht genug Revoltengegeben? Haben wir nicht schon alle vernichtet, dieungehorsam waren? Ich selbst habe erst vor wenigenTagen das System Duplo-Rot ausgelöscht - beidePlaneten.“

Grek-1 benötigte seine ganze Selbstbeherrschung,um ruhig zu bleiben. Er hatte schon mit demGedanken gespielt, den Marschall am Leben zulassen und ihn nur für längere Zeit zu betäuben, aberjetzt hatte er selbst das Urteil über sich gesprochen.Und zwar das Todesurteil.

Das System Duplo-Rot war Greks Heimatsystemgewesen - jene beiden Planeten, die um ihre roteSonne kreisten. Jene beiden Planeten, derenOberfläche nun radioaktiv glühte.

„So - das also waren Sie und Ihre Flotte?“ Grek-1beherrschte sich mühsam. „Wer gab den Befehldazu?“ „Das Oberkommando hier auf Zentra ...“Bradx sah Grek aufmerksam an. „Warum fragen Sie?Wissen Sie das nicht?“ Grek-1 deutete zur Tür.„Kommen Sie jetzt.“ „Kann ich etwas Leichteresanziehen? Tag und Nacht in der Uniform - das istbeschwerlich.“

Grek-1 nickte. Das ersparte ihm die Arbeit, denToten später entkleiden zu müssen.

Bradx genierte sich nicht. Er streifte die Uniformab und hing sich einen Mantel um. Dann folgte erGrek-1 in dessen Zimmer. Dort sah er sich forschendum.

„Wo haben Sie Ihre Sachen? Ist das Ihr Zimmer?“Grek deutete auf sein Bett. „Setzen Sie sich. - Sie

fragen zuviel, Marschall. Haben Sie Ihren Ausweisdabei?“

„In meinem Zimmer, im Rock. Warum?“„Sie können mich auch nach meinem fragen,

Marschall.“ Er zog die Erkennungsmarke hervor.„Sie müssen es sogar tun.“Bradx setzte sich. „Darf ich erfahren, worum es

geht?“ „Das dürfen Sie. Worum geht es morgen,Bradx? Haben Sie eine Ahnung, warum der ganzeGeneralstab zusammentrifft? Welche Befehle wirdder Goldene überbringen? Ich weiß, die Frage wirdIhnen aus meinem Mund seltsam erscheinen, aberglauben Sie mir, es ist äußerst wichtig, daß Sie mirwahrheitsgemäß antworten.“

Bradx war kein leichter Gegner.„Sie sind Offizier des Geheimdienstes - gut. Sie

haben das Recht, seltsame Fragen zu stellen - auchgut. Aber auch ich kenne meine Rechte. Und auchdie Pflichten.“ Er sah in Richtung des Visiphons,„Darf ich einen Anruf tätigen, bevor ich antworte?“

„Mit wem wollen Sie sich mitten in der Nacht inVerbindung setzen?“

„Mit dem Chef des Geheimdienstes. Er ist meinFreund.“ Er zeigte auf Greks Brusttasche, „IhreMarke habe ich gesehen, aber ich kenne noch immernicht Ihren Namen. Vielleicht kann mein Freund ihnmir nennen.“

Grek-1 sah ein, daß jedes weitere Wort überflüssigwar. Bradx würde ihm nichts mitteilen, selbst dannnicht, wenn er etwas wußte. Und wenn er gar den

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Chef des Geheimdienstes anrief - Grek wußte nichteinmal, wer es jetzt war ... Das ging auf keinen Fall.Er griff in die Tasche und zog den Nadler hervor,richtete ihn auf Marschall Bradx, der zu keinerBewegung mehr fähig war.

„Bevor Sie sterben, denken sie an Duplo-Rot,Bradx. Einer der beiden Planeten war meineHeimat.“

Grek-1 wartete zwanzig Sekunden dann schoß er.Marschall Bradx war sofort tot. Der bleistiftstarke

Energiestrahl bohrte sich durch seine Brust, drangdurch die Bettunterlage und endete im Fußboden.

Grek verschloß die Tür und ging in Bradx Zimmer,In aller Ruhe zog er sich aus, legte die Uniform desMarschalls an und brachte seine eigene zu demToten. Er legte sie auf den Stuhl. Mit einem letztenBlick überzeugte er sich davon, daß jeder, der denErmordeten fand, fest davon überzeugt sein mußte,einen toten Geheimdienstoffizier namens Grek-1 vorsich zu haben, Dann kehrte er als Marschall Bradx indessen ehemaliges Hotelzimmer zurück. Ruhig legteer sich aufs Bett und wartete auf den Anbruch desTages.

In seiner Brusttasche befand sich dieErkennungsmarke des Marschalls.

4.

John Marschall schilderte den anderen, wasgeschehen war. Gucky schüttelte verwundert denKopf.

„Einen Mord hätte ich ihm nicht zugetraut.“„Es war glatte Notwehr“, milderte Marshall ab.

„Was blieb ihm anderes übrig? Er mußte ihnbeseitigen - ganz von der Rache abgesehen. DieserBradx hätte ihn verraten, und damit auch uns, Sobesteht durchaus die Möglichkeit, daß Grek an derVersammlung teilnimmt - vorausgesetzt natürlich, eserkennt ihn niemand.“ „Was macht er jetzt?“ fragteKitai. „Er ist eingeschlafen. Solange der tote Bradxnicht entdeckt wird, ist er in Sicherheit. Aber selbstwenn Bradx gefunden wird, wird man ihn zuerst fürGrek halten. Bis sich das aufklärt, können Tagevergehen.“

„Hoffentlich“, knurrte Gucky streckte sich undstand auf, „Ich vermisse die heiße Dusche.“ Ergrinste. „Außerdem habe ich Hunger.“

„Gleich gibt es Frühstück“, verkündete RasTschubai von der Ecke her. „Nährbrei und heißerKaffee aus Tabletten. Vielleicht noch einweichgekochtes Ei fällig?“

„Bin ich ein Untier, das sich von unschuldigenEmbryos ernährt?“ Gucky schüttelte sich entsetzt.„Was meint ihr, warum ich so alt werde?“

„Von gelben Rüben vielleicht“, fragte Rasskeptisch.

„Jetzt ist Grek wach geworden“, sagte JohnMarshall dazwischen.

Gucky vergaß das Ernährungsproblem und dieheiße Dusche.

„Ich werde schnell mal ausprobieren, ob unserePeilung stimmt. Bei der Gelegenheit kann ich mirvon Grek sagen lassen, wo die Konferenzstattfindet.“

„Sei vorsichtig“, mahnte John. „Ich bleibe mit dirin Verbindung.“

„Schon mal erlebt, daß ich unvorsichtig war?“Gucky teleportierte, und eine Sekunde später

konnte er zu seiner Überraschung feststellen, daßGrek-1 auf einmal Nerven hatte. Aber gute.

Gucky starrte in den winzigen Lauf des Nadlersund machte einen Satz zur Seite. Hinter dem Nadlererkannte er Grek - wenigstens nahm er an, daß derMaahk in der prächtigen Uniform Grek-1 war. DieWaffe sank nach unten. „Bald hätte ich dich getötet.Kannst du mich nicht warnen, bevor dumaterialisierst?“

„Leider unmöglich, alter Freund - jetzt weiß ichwenigstens, daß du es bist. Hast dich mächtigverändert. Wir wissen, was geschehen ist. Ich bin nurgekommen, um mich nach der Lage desRegierungspalastes zu erkundigen, damit ich soforteingreifen kann, wenn etwas daneben geht,“

„Wenn du in der Versammlung auftauchst, bin icherledigt.“

„Ich tauche nur auf, wenn du bereits erledigt bist -wenn man also dahintergekommen ist, wer du inWirklichkeit bist. Ich komme nur dann, wenn es fürdich keinen Ausweg mehr gibt.“

„Als Rückendeckung für den Notfall?Einverstanden. Und nun will ich dir erklären, wo derPalast steht. Komm mit zum Fenster ...“

Es war bereits hell. Grek zog die Vorhänge zurSeite.

„Wir haben Glück, daß Marschall Bradx diesesZimmer erhielt. Siehst du dort drüben die silbernenTürme mit den achteckigen Dachkuppeln? Das ist derRegierungspalast. In einem der Säle findet dieBesprechung statt. Aber ich glaube, daß du dich nachder Ansammlung von Gedankenimpulsen richtenkannst, die von dort ausgehen werden. Ich kenne dieÖrtlichkeiten. Der Konferenzsaal liegt genau in derMitte des Palastes. Er hat keine Fenster, sondern nureine Entlüftungsanlage. Er hat auch nur eineneinzigen Zugang, und der wird durchElektronensperren abgesichert. Sobald die Konferenzbegonnen hat, kann niemand mehr hinein oderheraus. Wird also der tote Bradx - hoffentlich hältman ihn für Grek-1 - während der Versammlungentdeckt, kann es gefährlich für mich werden. Aberdas wirst du rechtzeitig erfahren, wenn es dir undMarshall gelingt, mich ständig telepathisch zu

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kontrollieren.“Sie kehrten ins Zimmer zurück. Grek sah auf seine

Uhr.„Wann mußt du hier fort?“ fragte Gucky.„Bald. Ich möchte nicht, daß ich den Offizieren

begegne, die mich gestern ins Hotel brachten. Ichglaube allerdings nicht, daß sie mich erkennenwerden, Ich habe viel Ähnlichkeit mit Bradx.“

„Nehmen alle Schiffskommandanten an derKonferenz teil?“

„Ich weiß es nicht. Vielleicht gibt es auch zweiKonferenzen.“

„Wir werden es erfahren. Aber jetzt verschwindeich besser wieder, ehe jemand kommt. Vielleichthatte Bradx Freunde, die ihn besuchen wollen.“

„Auch damit müssen wir rechnen.“ Grek-1 legteGucky eine Hand auf die Schulter. „Es ist mir einegroße Beruhigung, dich und deine Freunde imHintergrund zu wissen. Ich hatte nie in meinemLeben bessere Verbündete.“

Gucky teleportierte, ehe er von seiner Rührungübermannt wurde. Aufregung empfing ihn. „DieTwonoser werden zu neugierig“, sagte Kitai besorgt.„Sie haben schon versucht, die Tür aufzubrechen.“Gucky öffnete seinen Helm. „Dann mußt du sieberuhigen. Der Hypnoblock hat aber nicht langegehalten. Soll ich dich nach draußen bringen? Das istgünstiger als die Tür zu öffnen. Außerdem kannst dudie Mannschaft dann besser beeinflussen.“ „Undnachhaltiger“, bestätigte Kitai. Es ging alles sehreinfach und schnell. Das kleine Schiff hatte eineBesatzung von etwa zwanzig Twonosern. Gucky undKitai teleportierten in den Hauptkorridor und gabensich keine Mühe, sich vor den Blaurüsseln zuverbergen. Zwei der merkwürdigen Wesen kamenihnen entgegen. Für eine Sekunde erschien auf ihrenGesichtern ein Ausdruck des Erstaunens undErschreckens, dann glätteten sich die unmenschlichenZüge wieder. Sie gingen an Gucky und Kitai vorbei,als gäbe es sie nicht. Kitais Fähigkeit, die Gehirneanderer Intelligenzen zu beeinflussen und ihnenmentale und optische Eindrücke zu vermitteln,bewährte sich wieder einmal. Gleichzeitig gab erihnen den posthypnotischen Befehl, sich künftignicht mehr um die verschlossene Tür zumErsatzteillager zu kümmern.

Bis sie die Kommandozentrale erreichten, hattensie insgesamt achtzehn Twonoser „behandelt“. Siewürden in den nächsten vierundzwanzig Stundennichts von ihnen zu befürchten haben. Die beidenWachoffiziere in der Zentrale bildeten keineAusnahme. Auch sie erhielten den HypnoblockKitais.

„Das hätten wir“, sagte Gucky und traf keineAnstalten, in den versiegelten Transmitterraumzurückzukehren. „Sehen wir uns ein wenig um?“

Kitai zögerte.„Ist das nicht zu gefährlich? Wenn jemand an Bord

kommt ...“„... verpassen wir auch ihm einen Hypnoblock.“Kitai war einverstanden. Den Gehirnen der beiden

Offiziere entnahmen sie alles Notwendige, undMinuten später traten die Bildschirme in Aktion,Gucky studierte den Raumhafen in allenEinzelheiten, wenn es auch nicht viel zu sehen gab.Von John erfuhr er mittlerweile, daß sich Grek-1 aufden Weg zum Palast gemacht hatte. Tatsächlichfanden zwei Konferenzen statt, aber nacheinander.Die erste war allgemeiner Natur, und an ihr nahmenauch die Kommandanten der Schiffe teil. Erst diezweite schien die wichtigere zu sein. Zu ihr warennur Flottenkommandeure geladen.

Gucky ließ die beiden Twonoser die Bildschirmeabschalten.

„Es wird Zeit“, sagte er zu Kitai. „daß wir inunsere Sauerstoffbude zurückkehren. Ich mußaufpassen, daß bei Grek nichts schiefgeht.“

„Befürchtest du das?“ fragte der Japaner.Gucky bereitete sich auf die Teleportation vor und

nahm seine Hand.„Jeder Mord wird früher oder später entdeckt“,

meinte er.Grek-1 stand auf dem Transportband, das ihn zum

Palast brachte.Das Hotel hatte er ohne Komplikationen verlassen

können. Er war keinem der Offiziere begegnet, undniemand hatte ihn bisher angehalten. Auch dieUniform eines Flottenkommandeurs schützte ihn vorneugierigen Fragen, so wie es die Uniform desGeheimdienstoffiziers getan hatte.

Mit einem seiner vier Augen beobachtete Grek denVerkehr. Er unterschied sich nicht von dem, den ervon früheren Aufenthalten auf Zentra her kannte.Alles erweckte den Eindruck des Normalen undGewohnten, aber der Schein trog sicherlich. JederMaahk mußte wissen, daß wichtige undschwerwiegende Entscheidungen bevorstanden. Jederahnte zumindest, daß die ‚Meister der Insel‘ zwanzigoder gar mehr Planeten der Maahks vernichtet hatten- und mit ihnen die dort lebenden Völker.

Je näher er dem Regierungspalast kam, desto öftersah er andere Offiziere. Meist handelte es sich umUntergebene, die ihn achtungsvoll grüßten und esnicht wagten, ein Gespräch mit ihm zu beginnen. Nureinmal kam aus einer Seitenstraße ein andererFlottenkommandeur und kreuzte für wenige Meterseine Bahn. Dann zweigte er wieder ab.

„Wir haben noch ein wenig Zeit, Marschall. KeineLust für einen Abstecher?“

„Ich habe noch einige Vorbesprechungen“, lehnteGrek höflich aber bestimmt ab. „Viel Vergnügen.“

„Danke, Marschall. Bis später. Wir sehen uns ja

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dann.“Grek atmete auf. Das war gut gegangen.Was hätte auch schiefgehen sollen? Vor dem

Palast verließ er das Transportband als es seineGeschwindigkeit verlangsamte. Würdig undgemessen, wie es sich für einen Maahk seinerDienststellung geziemte, schritt er die breiten Stufenzum Eingangsportal empor. Unaufhörlich mußte erdie Grüße der anderen Offiziere erwidern, die mitihm zur Besprechung gingen.

Zwei Posten kontrollierten die Ausweise undErkennungsmarken.

Sie taten es sehr sorgfältig und mit demVerantwortungsbewußtsein, das der Situationangepaßt war. Wenigstens bei den vier Offizieren -einfachen Schiffskommandanten -, die vor Grekgingen. Bei ihm selbst waren sie nicht so genau. Siewarfen nur einen flüchtigen Blick auf die goldeneMetallmarke,. grüßten voller Respekt und gaben denWeg in den Palast frei.

Grek gab den Gruß zurück und betrat den Palast.Ein eigenartiges Gefühl überkam ihn. Erst einmal

in seinem Leben war er hier gewesen, und das warbereits einige Jahre her. Damals war es seine Pflichtgewesen, einen höheren Beamten festzunehmen. Erhatte nicht einmal gewußt, welchen Vergehens manden Maahk beschuldigte, aber danach hatte er auchnicht gefragt. Er hatte den Beamten verhaftet undfortgebracht. Man hatte nie wieder von ihm gehört.

Heute war die Situation anders, ganz anders.Er war der Eindringling und der, den man bald

verhaften würde. Er hatte nicht nur Verrat, sondernsogar einen Mord begangen. Einmal würde manMarschall Bradx tot in seinem Bett auffinden, vonunbekannten Tätern ermordet. Die Spur würde baldzu ihm führen.

Doch noch war es nicht soweit. Vorbei an weiterenWachtposten und bewaffneten Sicherheitsbeamten,unter denen sich zum Glück kein Bekannter befand,strebte Grek dem Versammlungsraum zu. Dort würdeer noch einmal kontrolliert werden, wußte er vonseiner Dienstzeit her.

Es war Grek klar, daß er nun in der Falle saß. Fallsman ihn jetzt entlarvte, gab es keinen Ausweg mehrfür ihn. Die Ausgänge des Palastes würden sichautomatisch schließen, und eine Energiefeldmauerwürde das ganze umgebende Gelände absperren.

Gucky! dachte er, als er in einen Korridor abbog,eine Mauer, kein Schirm. Nach oben ist alles frei.

Der Eingang zum Konferenzsaal war verschlossen.Zwei Posten mit Strahlgewehren standen davor. DieVersammlung fand also in einem anderen Raum statt.Wenigstens die erste Versammlung.

Gelassen ging Grek weiter und folgte den anderenOffizieren. Er dachte ständig an seinen Weg undversuchte, Gucky und John Hinweise zu geben.

Automatisch fast erwiderte er die Grüße andererMaahks, einmal sogar den eines Sicherheitsbeamten,den er gut kannte.

Abermals wurden die Ausweise kontrolliert, dannbetrat er einen großen Saal, den er noch nicht kannte.Die Sitzreihen waren in einem Halbrund angebracht.Zum Glück war die Beleuchtung nicht so grell, wie erbefürchtet hatte. In der Nähe des Eingangs ließ ersich in einem der gepolsterten Sessel nieder undstudierte seine Umgebung.

Nach und nach füllte sich der Saal. Einevorgesehene Ordnung gab es nicht. Jeder setzte sichdorthin, wo es ihm gerade paßte. Grek kannte denTruppenbefehl nicht, aber alles deutete darauf hin,daß es sich um eine Routinebesprechung handelte.Sie interessierte ihn kaum. Für ihn war erst dieKonferenz mit dem Goldenen wichtig.

Die Tür schloß sich. Ein Maahk in der Uniformeines Planeten-Koordinators betrat dieRednertribüne; die Lautsprecheranlagen wurdeneingeschaltet.

„Sie kennen die Lage. Ein unbekannter Angreifer,der bis heute nicht identifiziert wurde, machte dieZerstörung des Beta-Transmitters notwendig. UnsereStützpunkte dort wurden aufgegeben. Die Meisterbefahlen den Rückzug aller Flotten in denAlpha-Nebel. Es wird angenommen, daß derunbekannte Feind mit seinen offensichtlich getarntenSchiffen aus unserem Nebel stammt. Daher diebefohlene Untersuchungsaktion. Zum Erstaunen derMeister gibt es Maahkvölker, die sich gegen eineInspektion zur Wehr setzen. Die Vermutung liegtnahe, daß sie mit dem Gegner paktieren. Damit istdie Gefahr einer Revolte gegeben. Wie Sie allewissen, wurden entsprechende Gegenmaßnahmensofort eingeleitet. Bisher wurden dreiundzwanzigPlaneten im Nebel Alpha vernichtet, und mit ihnendie Bevölkerung. Das ist eine Tatsache, die vielenvon Ihnen schmerzlich erscheinen mag, aber sie warzu unserer aller Sicherheit notwendig.“

Grek übersetzte Namen und Begriffe gedanklichso, daß Gucky und John sie verstanden. Er hattelängst begriffen, daß es sich bei dieser Versammlungnur um eine Beruhigungspille handelte. Die obersteFührung befürchtete, daß die Unruhe in den eigenenReihen zunahm. Man mußte das gewaltsameVorgehen gegen die eigene Rasse begründen.

„Die Meister der Insel sind zutiefst besorgt überdie ausgebrochene Revolte“, fuhr derPlaneten-Koordinator fort. „Sie sind derÜberzeugung, daß es sich um Einzelerscheinungenhandelt und daß die große Masse der Maahks nachwie vor hinter der bisherigen Ordnung steht. Es istdie beste Ordnung, die für uns denkbar ist. Im NebelAndromeda herrschen die Meister. Sie lassen uns anihrer Macht teilhaben. Mit ihnen zusammen können

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wir uns jeden Gegners erwehren, der vielleicht auseiner anderen Galaxis zu uns käme. Uneinig jedochsind wir zum Untergang verurteilt.“

Der Redner machte eine Pause, als erwarte ereinen Einwand, aber er glaubte wohl selbst nicht aneine solche Möglichkeit. Nach kurzer Unterbrechungfuhr er fort:

„Ich darf nun die einzelnen Kommandeure umWortmeldung bitten. Es geht darum, etwavorhandene Fragen öffentlich zu diskutieren und zuklären.“

Ein Flottenkommandeur erhob sich. Steif kam erzur Tribüne. Der Koordinator machte ihmbereitwillig Platz.

„Ich bin Kommandeur der 3. Verteidigungsflottevon Brigal, Marschall Regula. Meine Einheitenzerstörten den Beta-Transmitter und denMondstützpunkt im Drei-System. Wir sind davonüberzeugt, daß der Feind, wer immer es auch ist,nicht aus dem Alpha-Nebel stammt.“

„Wollen Sie damit sagen“, fragte der Koordinatorstreng, „daß Sie die Strafexpeditionen der Meistergegen die revoltierenden Stämme der Maahks fürunnötig halten?“

„Ich wollte damit nur andeuten, daß wir vielleichtin der falschen Richtung suchen. Sie haben michnach meiner Meinung gefragt - das ist sie.“ Er kehrtean seinen Platz zurück. Der Koordinator brauchte fastzwei Minuten, ehe er sich von seiner Überraschungerholte. Er ging nicht weiter auf das angeschnitteneThema ein. Er stellte Fragen. Einige weitereKommandeure sprachen. Aus ihren Ausführungenging hervor, daß man auf den Welten desAlpha-Nebels nichts Verdächtiges gefunden hatte.Wenn der unbekannte Gegner wirklich von hierstammte, dann mußte sein Heimatplanet gut getarnt -oder vielleicht schon vernichtet - sein.

Einmal ließ der Koordinator auch durchblicken,daß jemand die Behauptung aufgestellt hatte, dieseltsamen Schiffe könnten aus der benachbartenGalaxis stammen, aber die ‚Meister der Insel‘ hättendiese Möglichkeit sofort energisch in Abrede gestellt.

Das kann ich mir denken, dachte Grek bei sich undbemühte sich, keine Aufmerksamkeit zu erregen.Niemand achtete auf ihn. Wenn die Maahks erfahren,daß ihnen die bis hierher gefolgt sind, könnte es zueiner Katastrophe kommen ...

Die Versammlung dauerte zwei Stunden. Viel kamdabei nicht heraus. Endlich sagte derPlaneten-Koordinator:

„Zu der im Hauptsaal stattfindenden Konferenzmit dem Beauftragten der Meister sind nur Offizierevom Flottenkornmandeur an aufwärts eingeladen,Alle anderen Teilnehmer der jetzt stattfindendenVersammlung haben diesen Raum nicht zu verlassen.In zwei Stunden etwa wird eine wichtige

Befehlsausgabe erfolgen.“Grek blieb noch sitzen. Er wartete, bis sich die

aufgeforderten Offiziere erhoben hatten und sichanschickten, den Saal durch den inzwischengeöffneten Ausgang zu verlassen. Dann erst mischteer sich unauffällig unter sie und war froh, daß ihnniemand ansprach. Vielleicht war Marschall Bradxkeine so bedeutende Persönlichkeit gewesen, wie erzuerst angenommen hatte. Das konnte ihm nur rechtsein. Je weniger Bradx kannten, um so besser für ihn- Grek-1.

Insgesamt faßte der Hauptkonferenzsaal etwafünfhundert Personen, aber er war nur halb gefüllt,als die elektronisch gesicherten Türflügelgeschlossen wurden. Auch hier gab es diehalbkreisförmige Sitzordnung. Das Podium, starkerhöht, war bis auf einen ebenfalls halbrunden Tischleer. In der Wand dahinter war eine Tür. Durch siewürde der Goldene den Saal betreten und wiederverlassen. Grek wußte von früher her, daß das dereinzige nicht gesicherte Ein- und Ausgang aus demSaal war, aber niemand außer dem Goldenen durfteihn benutzen.

Vielleicht werde ich es als erster tun, dachte Grekfür seine telepathischen Überwacher. Greift alsonicht ein, auch wenn etwas schiefgeht.

Der Planeten-Koordinator betrat wieder die Bühne.Zwei Offiziere des Geheimdienstes - Grek erkanntesie als Kollegen wieder - setzten sich an den Tisch.Der mittlere Platz blieb frei.

„Ich eröffne die außerordentlicheKommandeurskonferenz“, sagte der Koordinator undblickte erwartungsvoll zur Tür. Sicherlich war ergenauso gespannt auf das Erscheinen des Goldenenwie alle Anwesenden. „Alles, was Sie von nun anhören und sehen, gilt als streng geheim. Auf dieWeitergabe hier erhaltener Informationen steht dieTodesstrafe.“

Ich weiß, dachte Grek bitter. Habe ich nicht früherselbst die Offiziere verhaften müssen, die auch nurein Wort über das verloren, was sie hier hörten odersahen ...?

„Einige Worte zur Lage“, fuhr der Koordinatorfort. „Es geht nicht darum, daß einige fremde Schiffeauftauchten und vielleicht eine Gefahr bedeuten. Esgeht um mehr. Es geht darum, daß nicht die Völkerder Maahks auf den Gedanken kommen, die Meisterder Insel machten auch Fehler. Es geht darum, daß esUnbekannten gelungen ist unsere Transmitter zubenutzen. Wären sie Maahks, wäre das weiter nichtbeunruhigend, aber gewisse Informationen besagen,daß es sich nicht um Maahks handelt.“ Jemandsprang auf. „Wenn Sie das wissen, warum vernichtenwir dann unsere eigenen Planeten, unsere eigenenVölker? Ist das nicht auch Verrat?“

Totenstille im Saal. Vorsichtig sah Grek in

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Richtung des Offiziers, der es gewagt hatte, einederartige Beschuldigung hier an diesem Ortvorzubringen. Er wußte, daß schon in dieser Sekundedas Todesurteil über ihn gesprochen wurde.

Der Koordinator blieb äußerlich ruhig undgelassen.

„Sie sind es, Marschall Regula, Kommandeur der3. Verteidigungsflotte von Brigal ...? Äußerten Sienicht schon einmal Zweifel an der Unfehlbarkeit derMeister? Dann lassen Sie sich sagen, daß jenedreiundzwanzig Maahk-Planeten nicht umsonstvernichtet wurden und daß die Maahks dort nichtvergeblich starben. Was immer die Meister auchbefehlen, sie haben ihre Gründe. Sie wissen mehr alswir. Wir haben nur zu gehorchen. Sie wollen nur ...“Er schwieg plötzlich. Der Goldene hatte das Podiumbetreten.

Grek erblickte zum erstenmal in seinem Lebeneinen Goldenen, aber das war nicht verwunderlich.Es gab nur wenige von ihnen, vielleicht zwei oderdrei. Niemand wußte, wo sie sich aufhielten, wennsie nicht gerade dienstlich im Palast waren. Niemandwußte, wie sie hießen, und es gab niemand, der diezwei oder drei Goldenen voneinander unterscheidenkonnte.

Er trug eine einfache Uniform ohneRangabzeichen, aber seine Haut schimmerte wiepures Gold, vor allem der riesige Kamm seinesKopfes. In seinem Gürtel war eine kleine,merkwürdig geformte Waffe, und in der Hand hielt erein rechteckiges Kästchen, das er vor sich auf denTisch stellte. Ohne jemand anzusehen, setzte er sich.

Der Koordinator vergaß Marschall Regula. Erverneigte sich tief und nahm ohne ein weiteres WortPlatz. Aller Augen richteten sich auf den Goldenen.

Der Befehlsempfänger der Meister überflog dieVersammlung mit geübten Blicken. Grek hatte dasGefühl, daß er ihn länger betrachtete als die anderen,aber das konnte auch Einbildung sein. Nur jetzt nichtnervös werden. Was nun kam, war wichtig. Es wardas, wofür er sein Leben wagte.

Der Goldene drückte auf einen Knopf des kleinenKastens, der vor ihm auf dem Tisch stand. Dannsagte er, wobei seine Stimme von den verborgenenTischmikrophonen aufgenommen und in dieLautsprecher geleitet wurde:

„Dieses Gerät ist neu. Ich will Ihnen erklären, wases ist. Es übermittelt den Meistern der Insel das Bilddieser Versammlung und aller Anwesenden.Gleichzeitig dient es der Information und Kontrolle.Ich sage Ihnen das nur deshalb, damit sich jedergenau überlegt, was er von nun an spricht. Hatten Sienoch etwas vorzubringen, Marschall Regula?“

Grek sah, daß der Kommandeur erschrak. Wiekonnte der Goldene wissen, was vorgefallen war?Hatte er hinter der Tür gelauscht? Oder ... ja,

natürlich! Die Übertragungsanlage. Der Goldenewürde in seinem Zimmer hinter der Tür auch einenLautsprecher haben.

„Sie können offen reden“, fuhr der Goldene fort,und in seiner Stimme war so etwas wie Spott. „DieMeister der Insel wissen kluge Köpfe zu schätzen.Und Sie, Marschall, haben soeben bewiesen, daß Sieein kluger Kopf sind. Nur gefällt uns nicht, daß Siedie Tarnmaßnahmen kritisieren, diebedauerlicherweise einigen Ihrer Völker das Lebenkosteten. Das war leider taktisch nicht vermeidbar.Ich hoffe, Sie werden das bald verstanden haben.

Um Marschall Regulas erste Vermutungaufzugreifen ... ja, es stimmt, daß auch die Meisternun davon überzeugt sind, daß der unbekannteGegner weder aus Andro-Alpha noch aus Andro-Betastammt. Damit ist noch nicht bewiesen, daß er auseiner fremden Galaxis kommt, aber wir haben allenGrund, besorgt zu sein. Daher die ungewöhnlichenMaßnahmen, Weitere werden folgen, und darumhabe ich Sie zusammenrufen lassen. Die Meisterhaben angeordnet, sämtliche noch existierendenTransmitterstationen und Vernichtungsanlageninnerhalb des Außenrings von Andromeda zuinspizieren. Das ist der Grund für dieFlottenkonzentration vor demAlpha-Zentra-Transmitter. Sobald das Kommandoeintrifft, wird der Transmitter aktiviert. Vorherformieren sich die einzelnen Flotten nach Ziel undAuftrag. Dann stoßen sie in den Transmitter vor, umüberraschend an den jeweiligen Zielortenaufzutauchen. Etwaige Gegner dort sind sofortanzugreifen. Ist ein Transmitter fest in der Hand desGegners, ist er zu vernichten.

Um die Aktion möglichst wirkungsvolldurchzuführen, ist eine genaue Einteilungerforderlich, wie ich bereits erwähnte. Jede Flotteerhält einen Transmitter zugeteilt, für dessenInspektion der Kommandeur verantwortlich ist.Sobald der Zentra-Transmitter aktiviert ist, stoßen dieFlotten in noch zu bestimmender Reihenfolge und imAbstand weniger Minuten in dasEntmaterialisierungsfeld vor. Nur so ist es möglich,die Aktion überraschend und ohne die Gefahr einesVerrats durchzuführen.“

Der Goldene schwieg und schien zu warten.Grek gab sich alle Mühe, das Gehörte seinen

Freunden zu übermitteln. Er übersetzte alleAusdrücke, um sie verständlicher zu machen. Er war,so betrachtet der vollkommenste Spion, den es jemalsgegeben hatte. Hinzu kam noch, daß dieÜbermittlung augenblicklich geschah und keineSekunde verlorenging.

„Sind noch Fragen?“ erkundigte sich derPlaneten-Koordinator.

Einer der vorn sitzenden Offiziere erhob sich. Grek

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kannte ihn nicht.„Wenn der Feind weder aus den beiden Nebeln

noch aus Andromeda stammt - woher dann? Es bleibtdoch keine andere Wahl, als die benachbarteMilchstraße mit dem Herkunftsort zu identifizieren.“

Der Koordinator sah den Goldenen an, der nichtzögerte, das Wort zu ergreifen:

„Natürlich liegt die Vermutung nahe, daß dieseltsam geformten Schiffe von dort kommen. Aber esexistieren Aufzeichnungen der Geschehnisse imLeerraum. Auch dort gab es Zusammenstöße mitUnbekannten, aber deren Schiffe besaßen keinerleiÄhnlichkeit mit den hier aufgetauchten. Somit wirdwahrscheinlich, daß zwischen den Ereignissen keinZusammenhang besteht. Die bevorstehende Aktionwird vielleicht Klarheit bringen.“ Er beugte sich vor.„Bitte, noch weitere Fragen?“

Grek hielt seine Augen halb geschlossen. Erlauschte den Fragen und Antworten, die immer mehran Wichtigkeit verloren. Die Hauptsache wußte erjetzt, und die Terraner waren gewarnt. IhreNachschubbasis beim Schrotschußsystem war starkgefährdet. Zwar hielten die ‚Meister der Insel‘ dasSystem für unbewohnt, aber sie würden trotzdemnicht auf eine Untersuchung verzichten. Das alleinbewies schon die Anzahl der zusammengerufenenFlotten.

Grek schreckte hoch, als ein schrilles Läutenertönte. Der Alarm!

Jemand außerhalb des Konferenzsaals wollte denPlaneten-Koordinator öder den Goldenen wegeneiner dringenden Angelegenheit sprechen, die keinenAufschub duldete.

Es gab nur wenig Maahks, die es wagen durften,die Konferenz derart zu stören.

Einer von ihnen war der Chef desSicherheitsdienstes.

*

Der Goldene saß an seinem Platz und rührte sichnicht. Es schien, als höre er das schrille Läuten nicht.

Der Planeten-Koordinator ruckte vor. Mit einerHandbewegung schaltete er die Alarmanlage aus. Erdrückte auf einen Knopf vor sich im Tisch. Einkleiner Schirm schob sich vor die linke Hälfte derBühne. Die Tür zu den geheimen Räumen desGoldenen blieb frei.

Auf dem Schirm erschien das Gesicht einesMaahk. Greks Vermutung bestätigte sich. Der Chefdes Geheimdienstes auf Zentra.

Er überflog die Versammlung mit einem Blick,ohne Einzelheiten in sich aufnehmen zu können.Grek saß so, daß er nicht gesehen werden konnte;sein Vordermann hatte ein besonders breites Kreuz.

„In einem der Hotels in der Stadt wurde eine

Leiche gefunden“, begann der Chef desGeheimdienstes. „Aber deshalb allein würde ich eskaum für notwendig erachten, die Konferenz zustören. Erste Untersuchungen brachten dasüberraschende Ergebnis, daß es sich bei dem Toten -er wurde mit einem Energiestrahl ermordet - umeinen hohen Beamten des GeheimenSicherheitsdienstes handelt, und zwar um den seit dergescheiterten Expedition zur Milchstraße vermißtenKommandeur Grek-1.“

Grek saß ganz still da und beobachtete dieReaktion. Bewegung ging durch die Reihen derOffiziere. Selbst der Goldene beugte sich vor undhantierte an seinem Kästchen. Hatte er dieVerbindung zu den Meistern abgebrochen - oderverbessert?

„Über Grek-1 gab es verschiedene Theorien“, fuhrder Chef des Geheimen Sicherheitsdienstes fort. „Ergalt als tot. Aber ob tot oder nicht, er war in jedemFall ein Verräter, denn er scheiterte an seinemAuftrag. Andere wieder stellten die Behauptung auf,er lebe noch - und das war eine Behauptung, die sichnun plötzlich als wahr herausstellte. Um die Leicheidentifizieren zu können, wurden alle Offiziereverhört, die im selben Hotel wohnten - bis auf dieFlottenkommandeure. Als man ihnen den Totenzeigte, kam es zu einer erneuten Überraschung. Einerder Offiziere erkannte in ihm den Kommandeur derersten Angriffsflotte Alpha-Gubas, den MarschallBradx. Uniform und Erkennungsmarke allerdingsgehörten dem Geheimdienstoffizier Grek-1. Damitlag die Vermutung nahe, daß Bradx schon früherGrek-1 umgebracht und sich dessenErkennungsmarke angeeignet hatte. Doch auch daskonnte widerlegt werden, denn einige der Offiziereentsannen sich, gestern einen Offizier desGeheimdienstes vom Raumfeld ins Hotelmitgenommen zu haben. Die Beschreibung paßteinwandfrei auf Grek-1. Er hat also gestern nochgelebt. Der endgültige Schluß aus allen Fakten isteinfach: der Mörder Marschall Bradx, derHochverräter Grek-1 lebt. Er muß sich bei Ihnen imSaal befinden.“

Grek rührte sich nicht. Er wußte, daß er das Spielnun verloren hatte, denn eine Kontrolle war jetztunvermeidlich. Zwar kannten ihn nur wenige deranwesenden Kommandeure, aber er trug Uniformund Erkennungsmarke des toten Marschalls. Ihmblieben nur noch wenige Minuten.

Der Goldene sagte mit ruhiger Stimme:„Hält es Grek-1 noch immer für richtig, sich nicht

zu melden? Die Beweise sind eindeutig. Uns würdedas Versagen bei der geplanten Invasion derMilchstraße interessieren - die Hintergründe, dieAbwehrtaktik der dortigen Rassen. Vielleicht könnteGrek-1 alle seine Fehler wiedergutmachen, wenn er

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offen zu uns spräche. Vielleicht könnten die Meisterder Insel sogar den ihm angelasteten Verratvergessen.“

Atemlose Spannung breitete sich im Saal aus. Grekkonnte die Spannung förmlich spüren, als sei sieetwas Festes, das sich wie ein unsichtbarer Schattenauf seine Schultern legte. Er blieb ruhig sitzen undwartete. Jede Minute war kostbar. In seinem Gehirnbegann sich ein Plan zu formen, ein verrückter,verwegener Plan ...

„Wenn Grek-1 es allerdings vorzieht, nicht offenzu uns zu sprechen, müssen wir annehmen, daß ersich schuldig fühlt“, setzte der Goldene seineBemühungen fort. „Wir werden in wenigen Minutenmit der Kontrolle beginnen. Der Saal liegt unterelektronischer Sperre. Niemand kann ihn verlassen.“

Der Chef des Geheimdienstes meldete sich wieder.„Es ist alles vorbereitet. Die Tür wird geöffnet

werden. Die Teilnehmer der Konferenz verlasseneinzeln den Saal. Meine Beamten nehmen dieKontrolle vor. Sie haben Befehl, den Besitzer derErkennungsmarke von Marschall Bradx bei dergeringsten verdächtigen Bewegung sofort zu töten.“Der Goldene sagte: „Die Methode ist nichtausreichend. Grek-1 kann, wenn er geschickt genugist, einem anderen die Erkennungsmarke noch jetztabnehmen oder mit der seinen vertauschen. Dannkann er ungehindert den Saal verlassen, ehe wirVerdacht schöpfen. Nein, die Gelegenheit isteinmalig. Wir haben den Verräter hier im Saal. Erkann nicht mehr fliehen, und wir werden ihm auchkeine Gelegenheit dazu mehr geben. AlleAnwesenden begeben sich jetzt auf die linke Seitedes Saales und kommen einzeln hoch zur Bühne. Siewerden von mir und dem Koordinator sowie denbeiden Sicherheitsbeamten hier vierfach kontrolliert.Dann dürfen sie zur rechten Saalhälfte weitergehen.Sobald wir die Marke von Marschall Bradx vorgelegtbekommen, haben wir Grek-1.“

Der Chef des Sicherheitsdienstes protestierte nicht.Er blieb auf dem Bildschirm und beobachtete dieAktion mit wachen Augen.

Grek-1 erhob sich mit den anderen, um zuranderen Saalseite zu gehen. Sie lag der Ausgangstürgegenüber. Um keinen Verdacht zu erregen, hielt ersich in der Mitte der Kommandeure. Die Kontrollenwürden dem Schluß zu gefährlicher werden, weildann die Aussicht größer wurde, Grek zu entlarven.Anfangs standen die Chancen eins zuzweihundertfünfzig.

Eine Schlange bildete sich, und Grek-1 reihte sichein.

Seiner Schätzung nach war er etwa der fünfzigste,der das Podium zur Kontrolle betreten mußte.

Eine Stunde Zeit, wenn sie genau vorgingen. EineStunde bis zur Entscheidung.

5.

„Grek muß verrückt geworden sein!“ stellte Guckyfest. „Ich brauchte jetzt nur zu teleportieren, dannkönnte ich ihn rausholen.“

„Er will es nicht, also lassen wir es“, sagte Ras undschüttelte den Kopf. „Ich weiß auch nicht, was erplant, aber ihr seid ja die Telepathen.“ John Marshallhob die Hände.

„Immer mit der Ruhe. Natürlich hat Grek etwasvor, aber wir wissen nicht, was es ist. Er schirmt sichab. Aber es hat etwas mit dem Goldenen zu tun. Eswar schon immer sein Wunsch, einen Goldenenkennenzulernen.“ „Was ist ein Goldener?“ fragteKitai. „Ein Verbindungsmann - einVerbindungsmaahk“, gab Gucky Auskunft. „Sie sinddie einzigen, die je einen Meister zu Gesichtbekommen haben.“

„Was ist denn nun los?“ wollte Ras wissen.„Kontrolle? Und wenn er an die Reihe kommt?“

„Hat noch eine halbe Stunde Zeit.“ John sah aufseine Uhr. „Es wäre vielleicht gut, wenn wir dienutzen würden. Ob ich in den Transmitter steige undRhodan benachrichtige?“

„Nicht nötig“, behauptete Gucky. „Die geplanteInspektion der Sonnentransmitter durch die Flottender Maahks wird nun bestimmt verschoben. DurchGreks Eingreifen haben wir Zeit gewonnen. DieFlotten sammeln sich noch. Bis die Einteilungvorgenommen worden ist, können noch Tagevergehen. So einfach ist das nun auch wieder nicht.“

„Vielleicht hast du recht“, gab John zu und setztesich. „Aber was tun wir inzwischen? Ich halte dieWarterei nicht aus.“

„Meinst du, mir ginge es anders?“ Gucky sprangauf und rannte in dem kleinen Raum hin und her wieein Tiger im Käfig. So ähnlich fühlte er sich auch.„Ich möchte am liebsten hin und Grek wegholen.Mann, was würden die Maahks für Augen machen,wenn sie mich sähen! Wieder einmal derÜberall-zugleich-Töter! Eine Sagengestalt! Stellteuch vor, ich bin eine Sagengestalt!“

„Das wissen wir ja“, beruhigte ihn John und kauteauf der Unterlippe. „Aber ob der Chef desGeheimdienstes vor Sagengestalten Respekt hat,wissen wir nicht.“

„Wir müssen, jetzt ganz ruhig bleiben und dieNerven behalten“, riet Ras bedächtig. „Wir können,immer noch eingreifen. Die Hauptsache ist, ihr beideverfolgt alles, was in der Stadt geschieht. Haltetimmer Verbindung zu Grek. Und Kitai muß dafürsorgen, daß die Twonoser brav bleiben. In denvergangenen Stunden haben sie sich ja nicht mehrgemeldet. Hoffentlich verschwindet nicht einer undgibt Alarm.“

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„Kaum“, meinte Kitai etwas beleidigt. „Ich habedenen den stärksten Hypnoblock meiner Praxisgegeben. Der hält bestimmt ein paar Tage.“

Sie unterhielten sich noch eine Weile, währendGucky und John telepathisch und durch GreksGedankenimpulse verfolgten, was im Konferenzsaalder Maahks geschah. Dann sagte Gucky plötzlich:„Es sind noch fünf Offiziere vor ihm - dann kommter dran,“

*

Nach fünfundvierzig Kontrollen wurde dieAngelegenheit für die drei Offiziere und denGoldenen allmählich zur Routine, obwohl ihreSpannung dauernd stieg. Grek nahm an, daß sie ihnbei den letzten vermuteten. Das wäre natürlichgewesen. „Name?“

„Oberst Bockhup. Kommandeur der AngriffsflotteHonnf.“

„Ihre Erkennungsmarke ...“Pause ...„Gut. Gehen Sie weiter.“Grek rückte einen Platz weiter vor. Noch zwei

Offiziere. Noch einer.Dann stand er vor dem Goldenen. Der

Befehlsübermittler saß so, daß er die Tür in derBühne im Rücken hatte. Sie war nur angelehnt.Hinter Grek standen zweihundert Offiziere. Fast allewaren bewaffnet. Der Planeten-Koordinator hatteseine Energiepistole vor sich auf den Tisch gelegt,griffbereit und entsichert. Auch die beidenSicherheitsbeamten hatten ihre Waffen entsichert.Grek griff langsam in die Tasche. „Was werden Siemit Grek machen?“ fragte er, um den Goldenen fürden Bruchteil einer Sekunde abzulenken. Er nahm diegoldene Erkennungsmarke Bradx und warf sie aufden Tisch. „Freiheit für alle Maahks!“ rief er dannund raste wie ein Geschoß auf die Tür hinter demGoldenen zu.

Die Überraschung gelang vollkommen.Während er durch die Tür rannte, sah er noch den

Rücken des Goldenen. Auch der Koordinator hattesich noch nicht umgedreht. Lediglich einer derbeiden Geheimdienstler griff - scheinbar unendlichlangsam - nach seiner Waffe. Dann sah Grek-1 nichtsmehr. Er warf die Tür zu und blieb stehen. Der Raumwar fast dunkel. Nur aus den Wänden kam ein mattesGlühen, an das Grek sich erst gewöhnen mußte, umEinzelheiten erkennen zu können. Er entdeckte keinMobiliar, nur eine weitere Tür. Dann war das hieralso eine Art Vorraum. Weiter!

Hinter ihm würde jetzt die Hölle los sein. Jemandhämmerte gegen die Tür. Sie war demnachverschlossen? Eine Sicherheitsmaßnahme desGoldenen, die sich nun gegen ihn selbst richtete?

Grek überlegte nicht lange. Er stieß die zweite Türauf und betrat den Raum dahinter; Er war hellerleuchtet und mit Einrichtungsgegenständen fastüberladen. An den Wänden waren große Bildschirme,alle schwarz und außer Betrieb. Ein riesiger Tisch inder Mitte, bedeckt mit modernstenNachrichtengeräten und entsprechendenKontrollinstrumenten, ließ vermuten, daß derGoldene von hier aus die Völker der Maahks imAuftrag der Meister regierte.

In der Wand gegenüber war wiederum eine Tür,aber eine ganz besondere. Es war eigentlich nur eineÖffnung ohne Füllung, und sie führte in totaleFinsternis. Es gelang Grek nicht, das Dunkel mitseinen Augen zu durchdringen.

Hinter ihm waren Geräusche. Dann hörte eraufgeregte Stimmen. Die Verfolger hatten die Türöffnen können. Sie mußten jeden Augenblick hiersein.

Ohne weiter zu überlegen setzte sich Grek inBewegung, rannte auf die seltsame Tür zu - und trathindurch.

Hinter ihm verstummte der Lärm wieabgeschnitten.

Grek war es für einen Moment so, als trete er insLeere. Er schien mitten im Nichts zu schweben, übereinem bodenlosen Abgrund. Aber er begann nicht zufallen. Er konnte sich auch nicht mehr umdrehen, undals er mit den Augen, die ja nach allen Seitenzugleich sehen konnten, das Zimmer suchte, aus demer gekommen war, fand er es nicht mehr.

Es war verschwunden. Und mit ihm seineTodfeinde. Dann wurde es hell.

Seine Füße fanden Widerstand. Das Gefühl, imNichts zu schweben, verschwand mit der absolutenFinsternis. Er hatte wieder festen Boden unter sich.Er stand in einem Raum, riesengroß und angefüllt mitder kompliziertesten Nachrichtenanlage, die er jeerblickt hatte. Die Bildschirme füllten die Hälfte allerWände, und einer von ihnen war in Betrieb. Er zeigteeinen Sternnebel im All, von der Seite gesehen. Grekerkannte ihn sofort an der typischen Form. Es warAndromeda.

In der Mitte des Raumes stand ein Tisch. Ererinnerte in jeder Beziehung an denKontrollkomputer einer positronischenRechenanlage, und Grek verstand zu wenig vontechnischen Dingen, um den Zweck erraten zukönnen.

Er sah nur eins: sonst war der Raum leer, und erwar allein.

Erst jetzt konzentrierte er sich auf das, was hinterseinem Rücken geschah. Aber es geschah nichts.Auch hinter seinem Rücken war das riesige Zimmermit den Bildschirmwänden und der hohen Decke.Nur ein schimmernder Torbogen deutete an, von wo

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er gekommen war.Der Torbogen eines aktivierten

Materietransmitters.So also war das! Der Goldene brauchte nur durch

den Transmitter zu treten, um in der nächstenSekunde im Palast zu sein, von wo aus er mit Hilfeder ihm zur Verfügung stehenden Nachrichtenmitteldie Kontrolle über die regierenden Maahksübernehmen konnte.

Aber ein Materietransmitter arbeitete nach demZweiwegsystem, sonst wäre er, Grek-1, jetzt nichthier.

Jeden Augenblick konnten die Verfolgererscheinen.

Grek untersuchte den Transmitter und fand die imFußboden eingelassene Kontrolleitung, Sie führte,wie erwartet, zum Tisch, Grek mußte sich bücken,um sie weiter verfolgen zu können. Er fand dieSchaltanlage und zwei Hebel. Zur Vorsicht legte erbeide um. Der schimmernde Torbogen erlosch, voneinem Transmitter war nichts mehr zu sehen.

Grek-1 atmete auf. Er hatte eine Atempausegewonnen. Nicht mehr lange, und der Goldene würdeauftauchen. Die Frage war nur: wie weit mochte esbis zum Palast sein? Über welche Entfernungenarbeitete ein solcher Transmitter, der nur wenigÄhnlichkeit mit dem Gerät besaß, das von denTerranern benutzt wurde?

Grek sah sich um. Erst jetzt bemerkte er, daß nichtdie ganzen Wände mit Bildschirmen bedeckt waren.Was er für Gemälde gehalten hatte, waren riesigeFenster, die eine ganze Front einnahmen. Durch siehindurch blickte er auf eine fremdartige und doch sowohlvertraute Landschaft.

Im Hintergrund schlossen flache und welligeHügel den Horizont ab. Auf der Grek zugewandtenSeite fielen sie sanft in eine weite Ebene ab, die zumTeil mit durchsichtigen Glaswäldern bedeckt war.Dazwischen schimmerte grünlich die Atmosphäre.Erst der Vordergrund verriet, daß man sich hoch überder Ebene auf einem Gipfelplateau aufhielt. Steilfielen die Felsen nach allen Seiten in die Tiefe, undeisige Methanwinde hatten in dieser Höhe selbst dasGeröll hinweggefegt.

Hier oben konnte kein Maahk existieren, wenn ersich nicht vor der ungewöhnlich kühlen Witterungschützte.

Der Goldene hatte gewußt, warum er diesen Platzals sein Versteck wählte.

Es war ein Platz, den kaum ein Maahk kannte.Nichts mehr erinnerte hier an den heißen, zivilisiertenPlaneten Alpha-Zentra. Es hätte genauso gut einfremder Planet sein können. Aber Grek-1 entsannsich, die Landschaft draußen schon einmal gesehenzu haben, als er einen Inspektionsflug unternommenhatte, vor vielen Jahren. Dicht über das unbewohnte

Gebirge war er dahin geflogen, als er das rundeGebäude entdeckte. Doch noch bevor er seineEntdeckung weiterberichten konnte, hatte er einenFunkspruch und einen Befehl erhalten. Weiterfliegenund alles vergessen, so lautete damals der Befehl..Grek-1 hatte gehorcht.

Doch nun - heute - mußte er sich erinnern, wenn erweiterleben wollte - solange wie eben möglich.

Grek entsann sich, daß die Entfernung zurHauptstadt damals etwa zwei Flugstunden betragenhatte. Das waren mehr als dreitausend Kilometer. DerGoldene konnte diese Strecke innerhalb einereinzigen Sekunde zurücklegen. Und von hier ausstand er auch mit den ‚Meistern der Insel‘ inVerbindung. Hier erhielt er seine Befehle.

Grek begriff die Gefahr, in der er schwebte. Zwartrug er keine goldene Leitschicht, und die Meisterkonnten ihn nicht einfach durch einen Hyperimpulsvernichten, aber in zwei Stunden waren die Verfolgerhier.

Er trat vom Fenster zurück und betrachtete dieKontrollen. Wenn er sie unbrauchbar machen konnte,war der Goldene von seinen Herren abgeschnitten.Aber da fiel Grek das Kästchen ein, das der Goldenebei sich hatte. Die Meister würden schon jetzt wissen,was geschehen war. Die Zerstörung der Zentrale hierwar damit sinnlos geworden, Ob die TelepathenGucky und Marshall seinen Aufenthaltsort anpeilenkonnten? Wußten sie jetzt, wo er war? Konnten sieihm zu Hilfe eilen?

Gucky, dachte er intensiv. Teleportiere, wenn dukannst! Ich muß wissen, ob ihr gewarnt seid. Mehrnicht. Aber niemand kam. Die Telepathen hatten ihnverloren.

*

„Ich habe ihn verloren“, sagte Gucky verzweifeltund lauschte weiter nach Gedankenimpulsen Greks.„Wie weggewischt. Von einer Sekunde zur anderen.Das kann nur bedeuten, daß er tot ist.“

„Nicht so pessimistisch“, ermahnte ihn John. „Erkann bewußtlos sein.“

„Dann wären immer noch die unbewußtenGedankenmuster vorhanden.“

„Viel zu schwach, Gucky. Wir würden sie nichtempfangen können.“ Ras lehnte gegen die Tür.

„Was sollen wir tun? Es ist sinnlos, jetzt in denPalast zu springen. Die Maahks dürfen nicht wissen,daß Grek Verbündete hat. Sie könnten ihre Pläneändern, und von denen erführen wir dann nichts.“

„Warten, nichts als warten“, riet Kitai ruhig. „Grekwird sich schon wieder melden, wenn er Gelegenheitdazu bekommt.“

„Das Warten und die Herumsitzerei gehen miraber auf die Nerven“, protestierte Gucky wütend.

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Ich bin zum Kämpfen geboren, zur Heldentatengeschaffen, nicht zum Herumsitzen!“

„Manchmal ist auch Warten eine Heldentat“, sagteKitai.

„Sehr richtig“, pflichtete John bei. „Besondersdann, wenn man keine andere Wahl hat.“

*

Grek-1 wußte, daß er keine Hilfe mehr erwartenkonnte. Es mußte schon ein Zufall sein, wenn Guckyihn aufspürte. Aber noch während er darübernachdachte, kam ihm eine neue Idee. Es wäre garnicht gut, wenn Gucky ihn rettete. Damit war denTerranern nicht gedient, Die ‚Meister der Insel‘mußten sogar davon überzeugt werden, daß dieseltsamen Schiffe und damit die Fremden aus demAlpha-Nebel stammten. Er mußte den Verdacht aufseine eigene Rasse lenken, damit er nicht auf dieTerraner fiel. Auf weite Sicht gesehen, war dasgünstiger, auch für sein Volk.

Er mußte sich also opfern, um seiner Rasse zuhelfen.

Und er mußte in einem letzten Schachzug denMaahks ein für alle Mal klarmachen, daß die nahezuim Keim erstickte Revolte von ihm ausgegangen war,nicht aber von Fremden.

Soweit war er mit seinen Überlegungengekommen, als ein neues Ereignis seine ganzeAufmerksamkeit in Anspruch nahm.

Ein zweiter Bildschirm leuchtete auf. Der erstezeigte noch immer den Andromedanebel, unverändertund wahrscheinlich von einer stillstehenden Stationim Raum aufgenommen. Der zweite Schirm zeigtedas Luftbild der Hauptstadt aus einer Höhe vonmehreren Kilometern.

Gleichzeitig glitt ein Stück Wand in dieVerschalung, und ein Maahk betrat den Raum.

Er trug eine Grek unbekannte Uniform und warbewaffnet. Offensichtlich einer der Vertrauten, dieden Goldenen bewachten und beschützten. Erentdeckte den Eindringling sofort, und Grek hatte denEindruck, daß der Wächter nicht sonderlichüberrascht war.

„Bleiben Sie dort stehen, sonst tritt derEnergievorhang automatisch in Tätigkeit - wasunangenehm für uns beide wäre. Er wurde aktiviert,als Sie den Transmitter ausschalteten - bei dergeringsten Wärmeaufnahme tritt er in Tätigkeit. Ichkenne den Auslöser; Sie nicht.“

Grek wußte, daß der andere vielleicht bluffte. Erwar im Zimmer hin und her gegangen, ohne daß einEnergievorhang ihn von der Außenwelt abschloßoder ihn gar verbrannte. Aber das konnte Zufallgewesen sein. Wenn er dem wärmeempfindlichenKontaktauslöser zu nahe kam ... „Sie wissen, wer ich

bin?“ „Der Verräter Grek-1 - wird behauptet.“„Ich bin Grek-1, das stimmt. Ob ich ein Verräter

bin, wird erst die Zukunft ergeben. Warumunternehmen Sie keinen Versuch, mich zu töten?“„Man will Sie lebendig, Grek-1.“ Grek-1 tratvorsichtig einen Schritt zurück und achtete darauf,nicht an eine Stelle des Zimmers zu geraten, an der ernicht schon gestanden hatte. Er ließ den Maahk nichtaus den Augen und beobachtete jede seinerBewegungen. Wenn der Wächter zur Waffe griff,würde er es auch tun. Es kam dann darauf an, werschneller und besser schoß. „Und wie stellen Sie sichdas vor?“ Der Maahk sah zur Wand, wo einZeitmesser hing.

„Sie haben nicht mehr viel Zeit, Grek-1. IhreVerfolger sind bereits auf dem Weg hierher. EineStunde vielleicht. Selbst wenn Sie mich töten,kommen Sie hier nicht mehr fort. Es gibtSicherheitsmaßnahmen, von denen selbst Sie keineAhnung haben. Außerdem bin ich nicht allein. Essind insgesamt zwölf Maahks, die dem Goldenen alsLeibwache dienen.“

„Sie halten mich für einen Verräter - glauben Sienicht vielmehr, daß Sie die Verräter an unserer Rassesind?“

„Eine lächerliche Beschuldigung, Grek-1.“„Nicht so lächerlich, wenn Sie denken würden.

Wer ist es denn, der unser Volk versklavt? Wervernichtet es in sinnlosen Strafexpeditionen? Werbefiehlt den Untergang anderer Rassen, die nichteinmal eigene Angriffswaffen besitzen und somitkeine Gefahr darstellen? Wer ist es denn, der mitallen Mitteln dafür sorgt, daß wir nicht stark undmächtig werden?“

„Die Meister der Insel haben nur das Wohl desganzen Universums im Sinn. Ihre Maßnahmen zukritisieren bedeutet Hochverrat.“

„Ja, so sagen sie, und von ihrem Standpunkt ausgesehen mögen sie auch recht haben, Was aber istmit dem Standpunkt der Maahks? Hat man jemalsetwas davon gehört? Wer ihn vertritt, ist einVerräter.“

Der Wächter des Goldenen sah Grek-1aufmerksam an.

„Worauf wollen Sie hinaus? Welche Zieleverfolgen Sie? Warum wurden Sie zu dem, was Siesind?“

„Ich will die Freiheit für uns, das ist alles. Ichführte eine Expedition in die benachbarte Galaxis,und dort habe ich sehen können, wie freie Rassen inFreundschaft zusammenleben. Ich habe gesehen, wassie leisten können. Wenn sie kämpfen, dann wissensie auch, wofür sie kämpfen.“ „Das wissen wirauch!“ „Ja, für die Meister!“ sagte Grek-1 spöttischund voller Verachtung zugleich. „Für dieunbekannten Ziele einer Rasse, von der wir nicht

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einmal wissen, wie sie aussieht. Und der Goldene istihr Handlanger.“

Der Wächter zuckte zusammen und machte eineunvorsichtige Handbewegung, aber Greks Waffe warauf ihn gerichtet, ehe sein Herz einmal schlagenkonnte. „Ich wollte nicht ...“ „Ich weiß“, sagteGrek-1. „Aber ich bin vorsichtig geworden. Siedürfen auch nicht vergessen, wer ich einmal war. Ichhatte eine gute Ausbildung. Sie wird mir helfen, vonhier wegzukommen.“ Grek-1 sah auf die Uhr an derWand. „Bald wird der Goldene hier sein. Ich möchtemit ihm sprechen.“

„Unmöglich! Sie sind tot, ehe Sie ihn sehen.“„Ich meine, man wollte mich lebendig?“ Der

Wächter schwieg. Grek-1 wußte selbst, daß seineüberlegene Haltung reiner Bluff war. Es gab keinenAusweg mehr für ihn. Wenn er den Wächterausschaltete, so würden andere kommen. Und wennder Goldene eintraf, so geschah das nicht ohneentsprechende Verstärkung. Sicher, irgendwo hiergab es Fluggleiter oder gar kleine Raumschiffe, mitdenen er hätte fliehen können, aber wie weit würde erdamit kommen? Nicht weit wenn er Rhodan nichtverraten wollte. Oder doch ...?

Grek-1 sah plötzlich eine Möglichkeit, denVerdacht noch mehr als bisher auf die Maahks zulenken. Sollten doch die Meister ruhig glauben, daßer selbst der Initiator der Revolte gegen sie war.Rhodans getarnte Schiffe würden wie ein Beweiswirken. Aber er hatte nicht mehr viel Zeit. „SchaltenSie den Energievorhang aus“, sagte er plötzlich. DerWächter starrte ihn an. „Was haben Sie vor?“ „Sie zutöten, wenn Sie es nicht tun.“Es wird Ihnen nichtshelfen, aber wenn Sie mich zwingen, habe ich keineandere Wahl.„ Es war Grek-1, als würde der anderenur zu gern nachgeben. Das war verdächtig, konnteaber auch eine Folge des kurzen Gesprächs sein..Drüben an der Schalttafel - der gelbe Hebel.“

„Gehen Sie hin - aber keine falsche Bewegung. Eswürde mir leid tun, denn Sie sind nicht meinGegner.“

Der Wächter gab keine Antwort. Vorsichtig ginger zu der bezeichneten Stelle, wobei er mit einemAuge zur Decke empor blickte. Grek-1 bemerkte dorteine winzige Kuppel - den Wärmeauslöser für dentödlichen Vorhang.

Der gelbe Hebel klickte in Nullstellung.„Und nun bringen Sie mich zum Hangar - es gibt

doch einen Hangar?“„Im Felsen. Aber er wird bewacht. Wir kämen

nicht durch.“„Nicht, wenn jeder sieht, daß ich Sie zwinge. Sie

müssen mich freiwillig hinbringen. Sie müssen sotun, als führten Sie den Befehl des Goldenen aus.Gehorchen Ihnen die anderen Wächter nicht?“

„Vielleicht können Sie entkommen, aber was

geschieht mit mir?“Grek-1 lächelte.„Noch etwas: ich fliehe nicht, um zu leben,

sondern weil ich einen bestimmten Plan verfolge.Noch heute werde ich sterben, für ein großes Ziel.Für die Freiheit unserer Rasse. Ich habe Freundemächtige Freunde. Auch sie kämpfen für unsereFreiheit. Aber wir müssen unser Leben dafüreinsetzen. Sie auch wenn Sie nicht wollen, daß wirfür immer die Sklaven der Meister bleiben.“

Wieder leuchtete einer der Bildschirme auf. Erzeigte das Innere eines großen Fluggleiters. Der Chefdes Geheimdienstes und der Goldene sahen Grek-1direkt an. Umgekehrt funktionierte auch dieAufnahmekamera des betreffenden Schirms. Greksah es an den Gesichtern der beiden,

„Gleich haben wir Sie, Grek-1“, sagte derGoldene. „Sie entkommen uns nicht.“

„Vielleicht ist das auch nicht meine Absicht“, gabGrek-1 zurück, richtete die Waffe auf den Schirmund drückte ab. Der Energiestrahl bohrte sich in dasmilchige Material, dann erfolgte eine gedämpfteImplosion, und der Schirm erlosch. „Schnell, meinFreund, bringen Sie mich zum Hangar.“

Er trat zu dem Wächter, nahm ihm den Strahler ab,zog das Energiemagazin heraus und gab die nutzloseWaffe zurück. Dann deutete er wortlos zur Tür.

„Gehen Sie vor“, sagte der Wächter. „Ich werdeSie mit meiner Waffe bedrohen. Das wirktüberzeugender.“

Grek-1 nickte. Er schob die eigene Waffe sozwischen den Rockaufschlag, daß er sie inSekundenschnelle herausziehen konnte. Dann ging erauf die Tür zu, im Rücken den Wärter mit erhobenerWaffe.

Sie begegneten niemand. Breite Fenster imKorridor ermöglichten den Blick auf die wildesteFelsenlandschaft, die Grek-1 je in seinem Lebengesehen hatte. Tiefe Abgründe machten jede Fluchtunmöglich. Die drei Sonnen standen hoch amHimmel, aber sie gaben hier nicht mehr viel Wärme.

„Jetzt nach rechts“, befahl der Wächter, und leiserfügte er hinzu: „Ein Antigravlift bringt uns in denFelsenhangar. Er wird von zwei Technikern bewacht.Wollen Sie die töten?“

„Nein. Sie sagen, der Goldene habe meinenAbtransport befohlen.“ „Ich will es versuchen.“Grek-1 wußte, daß ein falsches Wort des Wächtersihn verraten konnte, aber er vertraute ihm bereits.Seine überzeugenden Worte waren auf fruchtbarenBoden gefallen. Eines Tages würden sich alleMaahks gegen die ‚Meister der Insel‘ erheben.

Die beiden Techniker griffen zu den Waffen, alssie Grek-1 sahen, aber dann erkannten sie hinter ihmden bewaffneten Wächter. Sie zögerten.

„Befehl vom Goldenen, Der Gefangene wird in die

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Stadt gebracht. Gebt den Weg frei.“Sie gehorchten, wenn auch widerwillig.„Wann traf der Befehl ein? Eben noch wurden wir

unterrichtet, daß der Goldene selbst hierher kommt.“„Der Befehl ist inzwischen rückgängig gemacht

worden. Ich nehme den Gleiter.“ Sie sanken nachunten, „Gibt es noch mehr Wachen?“ flüsterteGrek-1.

„Hier nicht mehr. Sie können mir vertrauen.“Grek-1 zog das Energiemagazin aus der Tasche

und reichte es dem Wächter. „Das tue ich auch, meinFreund.“ Der Wächter lud durch und schob diePistole in den Gürtel.

Als Grek-1 festen Boden unter den Füßen spürte,wurde es schlagartig hell. Sie standen im Hangar.Zwei atmosphärische Gleiter ruhten auf ihremStartschlitten. In der Mitte lag ein schlankes, kaumzwanzig Meter langes Geschoß - ein Raumschiff. DerBug zeigte auf die Felswand, in der dieautomatischen Öffnungskontrollen deutlich sichtbarwaren.

„Können Sie damit umgehen?“ fragte der Wächter.„Darauf können Sie sich verlassen! Wie wird das

Tor geöffnet?“„Wenn Sie starten, geschieht das von selbst. Sie

haben weiter nichts damit zu tun.“ Der Wächter tratzurück. „Es wäre vielleicht von Vorteil, wenn Siemich niederschlügen und entwaffneten.“

Grek-1 begann sich über den Erfolg seinerÜberredungskünste zu wundern, oder war es wirklichschon so, daß viele Maahks zu denken begannen?Warteten sie nur noch auf das Zeichen zumAufstand? Dann würde es nicht schwer sein, jetzt einSignal zu geben.

„Wollen Sie nicht mitkommen?“ fragte Grek-1.„Unnützer Ballast ...“ „Sie würden helfen können. Istein starker Sender an Bord des Schiffes?“„Sicherlich.“

„Dann kommen Sie mit. Hier erwarten Sie dochnur Schwierigkeiten, vielleicht der sichere Tod.“

Noch zögerte der Wächter, aber als Grek-1entschlossen den Einstieg des kleinen Schiffesöffnete und hineinkletterte, folgte er wortlos undverschloß die Luke hinter sich. In der Kontrollkabine,die gerade zwei Maahks Platz bot, trafen sie sich.Grek-1 bot ihm die Hand, „Wie ist dein Name,Freund?“ fragte er.

6.

Der Gleiter, in dem der Goldene und der Chef desGeheimdienstes saßen, näherte sich mit rasenderGeschwindigkeit der Felsenburg. Schon kamen dieschroffen Gebirgsgrate in Sicht, dann das kleinePlateau, in dessen Grundfelsen das Versteckeingelassen war, als der Interkom summte.

Mit einer unmutigen Gebärde meldete sich derGoldene. „Was ist?“

„Der Gefangene ... er ist entflohen ...“Der Goldene vergaß zu atmen. Er saß da, als sei er

plötzlich zu Stein erstarrt. Die Meldung aus der Burgmußte ein Irrtum sein. Wie konnte dort jemandentfliehen, wenn verläßliche Wächter auf dem Postenwaren? Wieder einmal Verrat? „Wir landen in einerMinute. Dann wünsche ich einen Bericht.“

Der Chef des Geheimdienstes beugte sich vor.„Gestatten Sie, daß ich den Interkom für eine

Alarmmeldung benutze?“„Bitte.“Der Chef des Geheimdienstes verstellte die

Frequenz und wartete, bis sich das Hauptquartiermeldete. Mit knappen und präzisen Worten gab erseine Anweisungen. Eine ganze Polizeiflotte würdein wenigen Augenblicken starten, um dem Flüchtlingden Weg abzuschneiden, wohin immer er sich auchwenden mochte. In zehn Minuten war Alpha-Zentravon einem undurchdringlichen Kordon umgeben.Kein noch so schnelles Schiff würde den Planetendann noch verlassen können - wenn es nicht bereitsgeschehen war. Aber die Außenstationen hatten keineentsprechende Meldung durchgeben lassen.

Grek-1 hielt sich also noch in Zentras Atmosphäreauf.

„Wir müssen ihn erwischen“, sagte der Goldene.„Er richtet zuviel Unheil an. Mit denniedergeschlagenen Revolten haben wir genug zutun. Ich fürchte nämlich, sie waren nur der Anfang.Wenn die Meister der Insel die Geduld verlieren, sindwir erledigt.“

Der Chef des Geheimdienstes lächelte bitter.„Und wem wollen die Meister den Befehl geben,

daß sie uns vernichten? Sollen wir Selbstmordverüben - auf Anordnung der Meister?“

Der Goldene sah den Chef des Geheimdienstes an,wortlos und ein wenig verblüfft. Dann erst nickte er.„Ja, vielleicht Selbstmord“, sagte er ruhig.

Wächter Brähk saß hinter den Kontrollen deskleinen und wendigen Raumschiffs, während Grek-1die Waffensteuerzentrale bediente. In geringer Höheglitt das Gefährt über die Glaswälder undMethansümpfe Zentras dahin.

Längst schon wußte Grek-1, was geschehen war.Das Funkgerät hatte ihm verraten, daß der Chef desGeheimdienstes die Flotte alarmierte. Es gab nunkein Entkommen mehr. Für den neugewonnenenFreund Brähk tat es ihm leid. Die Terraner würdensagen, er hätte aufs falsche Pferd gesetzt.

„Sie verfolgen uns“, sagte Brähk. „ZweiPolizeischiffe. Sie haben keine bessere Bewaffnungals wir.“

„Werden wir bald wissen“, versprach Grek-1grimmig. Auf dem Bildschirm erkannte er die

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Gegner. Im Lautsprecher waren ihreStandortmeldungen an die anderen Sucheinheiten.Bald würde die letzte Jagd beginnen. „Langsamer,Brähk, und tiefer gehen. Weiter oben haben wir keineChance.“

Die Verfolger kamen schnell näher und eröffnetendas Feuer. Grek-1 erwiderte es mit denHeckstrahlern. Es gelang ihm mit dem erstenFeuerstoß, eins der Schiffe abzuschießen. Es glühteauf, dann taumelten die auseinanderplatzenden Restein die Glaswälder hinab. Auch der zweite Verfolgererhielt einen Treffer und blieb zurück. Aber er stürztenicht ab.

„Wirklich“, gab Grek-1 zu, „eine ausgezeichneteBewaffnung haben wir da. Damit halten wir uns eineWeile.“ Brähk zögerte, dann fragte er: „Sie sagtenetwas von Freunden. Wo bleiben sie?“

„Es gibt Situationen, in denen man besser auf dieHilfe seiner Freunde verzichtet, um sie nicht zuverraten. Damit ist unserer Sache mehr gedient, alswürden sie uns jetzt retten - was sie durchauskönnten.“

Brähk schwieg.Sie rasten über Städte und Industriezentren dahin,

wurden aber nicht angegriffen. Erst als sie einenflachen Ozean überquerten, tauchten die Verfolgerwieder auf. Grek-1 schoß drei von ihnen ab, ehe dasSchiff selbst einen Treffer erhielt. Sofort ließ erBrähk den Kurs wechseln, aber der Antrieb wolltenicht mehr so recht. Das Schiff taumelte undgehorchte nicht mehr den Kontrollen. Es verlor anHöhe.

„Jetzt ist es soweit“, sagte Brähk bedauernd.„Wenn wir hier landen, versinken wir im Sumpf.“

Grek-1 gab keine Antwort, Er rechnete. Wenn ersich nicht irrte, waren sie jetzt keine zweihundertKilometer von der Hauptstadt entfernt. Er kanntediese Sümpfe. Sie waren gefährlich. Nur auf einigenkleinen und flachen Inseln konnte man sichaufhalten, während man sonst in demWasserstoff-Methan-Schlamm versank. „Können wirnoch etwas steuern?“ „Ein wenig“, erwiderte Brähk.„Bei geringer Geschwindigkeit.“

„Ich versuche eine der Sumpfinseln zu finden.Dort landen wir.“

„Die Verfolger haben uns verloren ...“„Deswegen landen wir ja. Sie können uns nicht

mehr orten, weil wir zu niedrig fliegen. Es kann Tagedauern, bis sie uns hier entdecken.“

Brähk schwieg. Er hatte genug damit zu tun, dasSchiff in der Luft zu halten. Unter ihm breiteten sichdie Sümpfe aus, bis zum Horizont. Es warunbewohntes Gebiet. Er fragte sich was das alles zubedeuten habe. Aber dann begriff er, daß manVertrauen zu seinen Freunden haben mußte, um ihreHandlungen auch dann zu bejahen, wenn man sie

nicht begriff.„Dort unten ist eine Insel“, rief Grek-1 und deutete

auf den unteren Sichtschirm. „Es gibt sogar Bäume.Lande, Brähk!“

Das war einfacher gesagt als getan. Das Schiff warnicht mehr manövrierfähig, nur die Antigravfelderhielten es noch in der Luft. Brähk wußte, daß es sichnie mehr würde erheben können, Wo es jetzt landete,da würde es immer bleiben. Und er und Grek-1 auch.

„Langsamer, Brähk! Wenn wir so aufschlagen,brechen wir uns alle Knochen. Außerdem brauche ichdas Funkgerät noch.“

Die letzten hundert Meter fiel das Schiff wie einStein in die Tiefe, weil die Antigravfelder aussetzten.Erst zehn Meter über der Insel begannen sie wiederzu arbeiten. Sie fingen das Schiff ab, aber es setztenoch immer so hart auf, daß die Hülle zerplatzte. Nurdem weichen Boden war es zu verdanken, daßGrek-1 und Brähk keine Verletzungen erlitten.

Der ohnehin nutzlose Antrieb verstummte.„Da wären wir“, sagte Brähk, ein wenig stolz.„Gut gemacht. Aber nun sitzen wir auch hier.“„Bis in alle Ewigkeit“, stimmte Brähk ihm zu, aber

es klang nicht mehr verzweifelt.

*

„Das muß Grek sein!“ sagte Gucky, aber seineStimme klang unsicher. „Seid doch mal ruhig!“

John versuchte, Gucky bei der Aufnahme derImpulse zu helfen, indem er ihm die Hand gab und soden telepathischen Kontakt verstärkte. Ras und Kitaisaßen in einer Ecke neben dem Transmitter undhielten den Mund.

„Ja, es ist Grek. Aber er ist nicht allein.“ Dannfügte er hinzu: „Ein Verbündeter namens Brähk.“

„Ja, ein ehemaliger Wächter, soweit ich feststellenkann. Los, John, wir müssen wieder peilen, dannspringe ich hin,“

„Wir springen“, verbesserte Ras Tschubai.Gucky schüttelte entschieden den Kopf.„Tut mir leid, Ras, aber ich teleportiere allein.

Jemand muß für den Notfall hier bleiben. John undich halten Verbindung.“

Die Peilung gestaltete sich recht schwierig, aberendlich bekamen sie brauchbare Werte. Grek-1mußte sich ungefähr zweihundert Kilometer entferntin südlicher Pachtung aufhalten. Gucky begann, denHelm seines Raumanzuges zu schließen.

„Ich werde Grek hierher holen, dann verschwindenwir. Unsere Mission ist erfüllt. In einer halben Stundekönnen wir den ganzen Kram vergessen haben.“

Die drei Freunde sahen sich an, sagten aber nichts.Gucky teleportierte. Er rematerialisierte inzweitausend Metern Höhe und hielt sich telekinetischin der Luft, um sich zu orientieren. Greks

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Gedankenimpulse und die seines unbekanntenBegleiters waren nun stark und deutlich. Sie wiesendem Mausbiber die Richtung.

Schräg unten war eine bewaldete Erhebung in dersonst ebenen Sumpffläche. Eine Art Insel, dievielleicht hundert Meter lang und dreißig breit war.In der Mitte blinkte Metall - ein Raumschiff oder einFlugzeug. Dort mußte Grek sein!

Gucky ließ sich absinken, und als er ganz sicherwar teleportierte er den Rest der Strecke.

Grek-1 war zwar überrascht, aber er ließ sichnichts anmerken. Brähk hingegen, der keineTeleporter kannte, erschrak und griff zur Waffe.Gucky nahm sie ihm vorsichtshalber telekinetischweg. Der ehemalige Wächter des Goldenen starrteverblüfft seiner Strahlpistole nach, als sie sichselbständig machte und wenige Meter über ihm in derLuft schwebte.

Grek sagte zu ihm: „Ich sagte dir doch, daß ichFreunde habe. Er heißt Gucky, ist Teleporter,Telepath und Telekinet. Wenn ich Zweifel an deinerAufrichtigkeit hätte, was natürlich nicht mehr derFall ist, könnte Gucky mir bestätigen, ob ich rechthabe oder nicht. Kein Gedanke bleibt ihm verborgen.Gucky, gib ihm die Waffe zurück. Wir werden sienoch brauchen.“

Die Pistole schwebte langsam herab, bis Brähk sieergreifen konnte. Wortlos schob er sie in den Gürtel.

„Ihr werdet keine Waffen mehr benötigen, Grek“,sagte Gucky. „Ich bin gekommen, um dichabzuholen.“ „Wir werden nicht mitkommen.“ Guckystarrte Grek verwundert an. „Was sagst du? Nichtmitkommen? Aber - hier bist du verloren! In Minutenoder Stunden, meinetwegen auch erst in Tagen hatman dich entdeckt. Man wird dich töten - dich unddeinen neuen Freund.“

„Das ist der Sinn, Gucky. Man soll mich töten -und man soll dann glauben den Kopf derVerschwörung erledigt zu haben. Außerdem wirdman dann überzeugt sein, daß Rhodans Schiffe vonMaahks gesteuert werden. Die Unsicherheit wird sichvergrößern, und die Meister der Insel werdengetäuscht.“

„Ehrlich gesagt“, gab Gucky langsam zu. „das istmir zu hoch.“

„Dabei ist alles so einfach.“ Grek-1 ging zu demRaumschiffswrack und setzte sich auf einelosgesprungene Strebe. Brähk folgte ihm. Er bliebseitlich an einem Glasbaum stehen. Sein Gesicht war- soweit Gucky das beurteilen konnte - völligausdruckslos. „Du wirst sofort in das kleine Schiffder Twonoser zurückkehren, und zwar ohne michund Brähk: Wir bleiben hier, bis man uns findet. Unddann werden wir zu sterben wissen. Wie echteMaahks ...“

„Völlig verrückt geworden“, unterbrach Gucky

und verstand überhaupt nichts mehr. EinenAugenblick lang versuchte er, in Greks Gedanken zulesen, aber er stieß gegen eine undurchdringlicheMauer. „Was soll das bedeuten? Willst du unbedingtSelbstmord begehen?“

„Ich will meiner Rasse helfen, das ist alles. Wennich euch Terranern helfe, tue ich das.“

„Erläutere es näher“, knurrte Gucky. Grek standauf und legte einen Arm auf die Schulter desMausbibers.

„Du bist mir ein guter Freund geworden, denn dirhabe ich zu verdanken, daß mir die Augen geöffnetwurden, Einst wollte ich die Galaxis erobern, aus derwir vor zehntausend Jahren vertrieben wurden. Ichlernte inzwischen - und von dir besonders -, daß manim Krieg und im Spiel verlorene Dinge aufgebenmuß, bevor man den Krieg oder das Spiel beginnt.Wir haben damals vor zehntausend Jahren verloren,und wir hatten kein Recht, heute das Verlorenezurückzuverlangen. Aber es geschah im Auftrag derMeister. Wir sind ihre Sklaven. Noch.“

„Damit weiß ich noch immer nicht warum dusterben willst.“

„Um den Verdacht von euch abzulenken. DieMeister der Insel müssen glauben, daß RhodansSchiffe im Alpha-Nebel erbaut wurden und vonrevoltierenden Maahks gesteuert werden. Sie sollenglauben, ich sei dafür verantwortlich. Verstehst dunun?“ „Nein.“

„Dabei ist es ganz einfach. Du wirst dich mitdeinen Freunden in Sicherheit bringen und mir denRest überlassen. Kehre über den Transmitter zuRhodan zurück, dann sorge dafür, daß die Twonoserden Transmitter zerstören. Rhodan soll mit seinenbeiden Riesenschiffen über Zentra erscheinen - dieWachflotten können ihm nichts anhaben, wenn erüberraschend auftaucht und schnell genug wiederverschwindet. Hier im Wrack ist ein starker Sender.Ich werde Verbindung mit Rhodan aufnehmen undvorgeben, sein Kommandant zu sein. Damit ist jederVerdacht der Meister, Rhodan könne aus derMilchstraße und von Terra stammen, zerstreut. Nun,endlich verstanden?“

Langsam nickte Gucky. In seinen braunen Augenschimmerte es plötzlich feucht.

„Verstanden habe ich, aber ich protestiere gegendeinen Plan. Er ist gut, aber er ist auch verrückt. Duwillst dich opfern, nur um den Meistern einSchnippchen zu schlagen. Du willst dich für unsopfern. Das würde Rhodan niemals zulassen.“

„Er hat keine andere Wahl, als es zu tun.“„Doch“, sagte Gucky und zog seinen

Impulsstrahler, richtete ihn auf Grek und fuhr fort:„Das hat er! Ich kann dich zwingen, mit mir zukommen. Ich kann dich zwingen, nicht zu sterben.“

„Nein, das kannst du nicht. Du müßtest mich töten,

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um mich von meinem Entschluß abzubringen. Aberes wäre dann ein sinnloser Tod. Begreife endlich, daßich mich entschieden habe, und zwar endgültig.“

Langsam steckte Gucky seinen Strahler weg.„Ich werde dich nie vergessen, Grek“, sagte er.

Seine Stimme war leise und unsicher geworden.„Wenn alle Maahks so dächten wie du, wäre derAndromedanebel in guten Händen. Leider denken sienicht so wie du.“ „Mein Tod zeigt ihnen den Weg.“Es fiel Gucky schwer, sich zu verabschieden. Immerwieder schob er den Sprung zurück zum Eischiff derTwonoser auf, aber er versuchte nicht mehr, Grekvon seinem Vorhaben abzubringen. Endlich sagteGrek:

„Du mußt nun fort, Gucky. Beeilt euch, Rhodan zuunterrichten. Die Inspektion der Transmitter beginntin wenigen Tagen, und der Schrotschußtransmitterwird einer der ersten sein. Bereitet euch vor, undwenn ihr siegen wollt,. stellt den Meistern eine Falle.Im Schrotschußsystem. Sie halten es für verlassen,aber sie sind vorsichtig. Eine ganze Flotte derMaahks wird dort materialisieren. Und beeilt euchauch, hierherzukommen, so als wolltet ihr michretten. Ich kann jeden Augenblick entdeckt werden -dann ist es zu spät.“

Zehn Sekunden später war Gucky wieder im Schiffbei seinen Freunden. Er deutete auf denTransmitterkäfig, „Gehen wir. Unsere Mission istbeendet. Das letzte Kapitel wird von Rhodan undGrek-1 geschrieben ...“

7.

Die Entdeckung folgte zwanzig Stunden später.Zwei Suchgleiter der Geheimpolizei strichen in

geringer Höhe über den Sumpf dahin. Die Metallorterschlugen aus, und auf den Schirmen wurde die Massedes abgestürzten Schiffes sichtbar. Die Gleiter gabenden Standort über Funk durch und griffen an.

Grek und Brähk hatten sich im Wrack verschanzt.Ein beweglicher Heckstrahler war noch einsatzfähig.Damit eröffneten sie das Feuer auf die beidenAngreifer.

Einen schossen sie gleich ab. Er stürzte mitten inden Sumpf und begann schnell zu versinken. Derandere, vorsichtig geworden, zog steil hoch und griffaus einem anderen Winkel an. Ganze Bündeltödlicher Energiestrahlen bestrichen die kleineSumpfinsel. Die Bäume schmolzen und sacktenzusammen. Grek schwenkte das Geschütz nach derentgegengesetzten Seite und wartete, bis derAngreifer über sie hinweggeflogen war, dann jagte erihm die volle Ladung ins Heck.

Der zweite Gleiter explodierte in der Luft. DieTrümmer regneten in den Sumpf und versankensofort.

Brähk ging wortlos hinaus auf die Insel und sahzum Himmel empor. Grek folgte ihm. Neben ihmblieb er stehen.

„Wir haben noch eine halbe Stunde, höchstens.Dann sind sie hier.“

„Diesmal kommen sie mit einer Übermacht.Hoffentlich schaffen es deine Freunde.“

„Sie müssen einen Weg von sechzigtausendLichtjahren zurücklegen, Brähk, vergiß das nicht. Ichwill versuchen, sie über Funk rechtzeitig zuerreichen. Kümmere du dich um den Strahler. Wirwollen uns so gut wehren, wie es möglich ist. Wennsie allerdings gleich eine Bombe werfen, geht esschnell.“

„Sie wollen dich lebend, Grek. Wenn es möglichist.“

„Es wird nicht möglich sein“, sagte Grek grimmig.Im Empfänger waren die verschlüsselten

Anweisungen an die einzelnen Flottenkommandeureund Polizeieinheiten zu hören. Auf den meistenWellenlängen herrschte ein unbeschreiblichesDurcheinander. Es gelang Grek, einige Funksprücheaufzufangen, die ihn betrafen. Nicht alle warenunfreundlicher Natur. Die Saat schien bereitsaufzugehen.

„Sie kommen!“ rief Brähk plötzlich und deutete inRichtung Horizont. „Sie kommen von allen Seiten.“

Ein dumpfes Gefühl der Hoffnungslosigkeitüberkam Grek. Wenn Rhodan nicht rechtzeitigeintraf, war alles umsonst gewesen. Er befahl Brähk,das Feuer zu eröffnen und die Angreifer so lange wiemöglich zurückzuhalten. Er selbst schaltete aufSenden und rief die CREST in unverschlüsseltemKraahmak, der Sprache der Maahks. Sekunden spätertraf die Antwort ein. Es war Rhodan selbst, der in dergleichen Sprache antwortete. Er mußte denTranslator dazwischengeschaltet haben.

„Noch fünf Minuten, Grek-1. Wir sind auf demAnflug. Halte aus!“

Die plötzliche und völlig unerwarteteErleichterung lahmte Grek für ein paar Sekunden,dann erst war er fähig, Rhodan zu antworten. Er warvorsichtig genug, keinen Namen zu nennen.

„Kehrt sofort um!“ befahl er und hoffte, daßGucky Rhodan den Plan ausführlich genug erläuterthatte. „Die Übermacht ist zu groß, als daß sich dasRisiko meiner Rettung lohnte. Kehrt um, ehe es zuspät ist.“

Wie vereinbart weigerte sich Rhodan zuerst,„Wir werden unseren Kommandanten nicht

unseren Feinden überlassen, Grek-1. Der Tag derAbrechnung ist gekommen, In einer Minute erreichenwir Zentras Atmosphäre.“

Grek warf Brähk einen Blick zu. Derneugewonnene Verbündete richtete dasEnergiegeschütz auf die anfliegenden Kampfgleiter

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der Polizei. Die ersten Energiebündel zuckten amHimmel auf und zischten wirkungslos in den Sumpf.Brähk eröffnete das Feuer. Grek sah nach oben.Genau senkrecht über ihm, im grünen Himmel vonZentra, erschienen zwei dunkle Punkte und wurdenrasend schnell größer.

Die CREST und die IMPERATOR. Die beidenKugeln hatten einen Durchmesser von je anderthalbKilometern, aber den schrecklichsten undabenteuerlichsten Anblick boten dieZusatztriebwerke und die später angebrachtenTarnungen. Wie zwei Ungeheuer stürzten sich TerrasSchiffe auf die Hauptwelt der Maahks hinab.

„Umkehren!“ Greks Stimme verriet Erregung.Ohne Zweifel machte es sich nun bemerkbar, daß erBefehle erteilte, die gegen den Selbsterhaltungstriebgerichtet waren. Er befahl praktisch seine eigeneHinrichtung. „Ich befehle als oberster Kommandantund Führer der Revolte gegen die Meister der Inseldie Umkehr, ehe es zu spät ist.“

Die beiden Schiffe wurden nicht mehr größer.Brähk hatte zwei angreifende Kampfgleiter

abgeschossen, aber der dritte flog so niedrig, daß ihndas Geschütz des ehemaligen Wächters nicht mehrerreichte. Ein Energiebündel ließ das Heck desWracks aufglühen.

Brähk war tot, das einzige Geschütz ausgefallen.Das Ende war gekommen. „Wir werden dich rächen,Grek-1“. sagte Rhodan mit brüchiger Stimme. „Duwirst nicht umsonst gestorben sein!“

Grek sah mit seinem vierten Auge die zweiteAngriffswelle über den Sumpf kommen. Es warensechs Gleiter der schweren Kampfklasse, mit starreingebauten Energieschleudern und beweglichenKanonen. Er lächelte, als er ins Mikrophon sagte:

„Ich habe noch zehn Sekunden zu leben! MeineMission ist beendet. Eure Aufgabe aber liegt nochvor euch! Tod den Meistern der Insel! Tod allenVerrätern, die unsere Rasse ins Unglück führten! Eslebe die Freiheit! Es lebe die ...“

Mehr hörte Rhodan nicht mehr. Er sah auf denSchirmen der CREST, wie die sechs Kampfgleiterdie Insel anflogen und das mörderische Feuereröffneten. Die ganze Insel schien sich aufzubäumen,als die ungeheure Glut sie erreichte. Die wenigenBäume, die noch standen, schmolzen zusammen. DasWrack glühte an mehreren Stellen auf. Der Bugexplodierte. Der Methansumpf begann zu kochen.Dann war alles vorbei. „Verdammt!“ sagte MelbarKasom gepreßt, und dann noch einmal, dumpf und inohnmächtiger Wut: „Verdammt!“ Rhodan sah ihnnicht an. „Ein Gebet für Grek-1, unseren Freund?“

Melbar Kasom gab keine Antwort. Oberst Rudosagte von der Seite her: „Die Maahks ziehen einigeFlotten zusammen, um uns anzugreifen. Wir solltentun, was Grek befohlen hat, Wenn wir den Maahks

Zeit genug lassen, können sie uns den Rückzugabschneiden.“

Rhodan schien erst jetzt richtig aufzuwachen. Inseinen Augen war so etwas wie eine Frage, dannwurden sie klar und entschlossen.

„Zurück nach Gleam! Aber vorher sollen sie ihrenDenkzettel bekommen. Greks Tod darf nicht ohneFolgen bleiben. Er hat den Keim zur Revolte gegendie Meister gelegt. Sorgen wir dafür, daß er auchwächst und gedeiht.“

„Sehr richtig!“ knurrte jemand mit heller Stimmeim Hintergrund. Gucky saß auf der Couch neben derTür zum Funkraum. „Grek ist auch für uns gestorben.Er war ein tapferer und aufrichtiger Freund.“

Auf dem Bildschirm erschien Atlans Gesicht, derdie IMPERATOR befehligte. „Ich habe die sechskleinen Schiffe auf den Schirmen, die Grek töteten.Versucht zu entkommen, ich folge euch in wenigenMinuten.“

Rhodan wollte etwas sagen, vielleicht protestieren;aber als er in Atlans Augen sah, nickte er stumm. Derunsterbliche Arkonide dachte über Rache ganz andersals er, der Terraner. Rhodan hielt nicht viel vonRache und Vergeltung; er war der Ansicht, daßRache am Geschehenen nichts mehr ändern konnte.Die Arkoniden dachten anders; jedes Unrechtverlangte die Bestrafung, sonst forderten dieUmstände den Übeltäter zur neuen Tat heraus.Bestrafung oder Rache - wer wollte da den feinenUnterschied gerecht bestimmen ...

Während die CREST wieder höher stieg und dieAtmosphäre von Zentra zurückließ, stürzte sich dieIMPERATOR auf die Oberfläche hinab. Wie eingewaltiger Raubvogel setzte das riesige Schiff zurVerfolgung der winzig erscheinenden Gleiter an, diesich plötzlich einem schrecklichen Gegnergegenübersahen. Die sagenhaften Schiffe, von denensie nur gehört hatten, waren auf einmal Wirklichkeitgeworden.

Die Funksprüche trafen in der Hauptstadt ein.Lähmendes Schweigen war die Antwort.Atlan stand mit verbissenem Gesichtsausdruck in

der Kommandozentrale und gab der Feuerleitstelleseine Anweisungen.

Als die sechs Gleiter nahe genug heran waren undsich trennten, eröffnete die IMPERATOR gnadenlosdas Feuer. Es dauerte nur wenige Sekunden, dannexistierten die Mörder Greks nicht mehr. Dieglühenden Trümmer der Maschinen fielen auf dieRandbezirke der Stadt hinab.

Die IMPERATOR verhielt plötzlich in ihremrasenden Flug. Über dem Raumfeld stand sie still undschien auf etwas zu warten. Als kein Angriff erfolgte,war Atlan die Enttäuschung deutlich im Gesichtabzulesen. Er hätte gern einen Grund gehabt, einwenig Verwirrung zu stiften. Der Telekom meldete

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sich. „CREST hier! Wo steckst du, Atlan?“ „Binschon unterwegs. Was ist?“ „Ärger, was sonst. DieMaahks haben uns ihre ganzen Flotten auf den Halsgeschickt. Wenn wir durchbrochen wollen, wird esVerluste geben. Ohne Treffer auf unserer Seite wirdes auch nicht abgehen, wenn sie es geschickt genuganstellen, die Schirme zu punktieren.“ „Wartet, biswir bei euch sind.“ Das Gespräch ging überVerschlüßler, damit die Maahks nicht auf denGedanken kamen, es mit Terranern zu tun zu haben.Aber die Aktion Greks war zu eindeutig gewesen.Jeder mußte annehmen, es mit den neuen Schiffender revoltierenden Maahks zu tun zu haben. Solltensich die Meister nur den Kopf zerbrechen, aufwelcher Welt des Alpha-Nebels die Verschwörersteckten. Je rücksichtsloser sie gegen unschuldigeMaahks vorgingen, desto eher würde den anderen einLicht aufgehen.

Der Ausbruch der endgültigen Revolte war nichtmehr aufzuhalten.

Die IMPERATOR gewann schnell an Höhe, peilteden Standort der CREST an, durchbrach den Ringeiniger Wachschiffe und traf das Schwesterschiff.

Gerade wollte Rhodan den Durchbruch anordnen,als der Chef der Funkzentrale, Major Kinser Wholeyin den Kommandoraum stürzte.

„Wir werden angerufen, Sir. Von dem Goldenen.“Wer der Goldene war, wußte Rhodan von Gucky.

Da ein Translator ständig in Betrieb war, konntenauch die Direktsendungen in Kraahmak verstandenund in der gleichen Sprache beantwortet werden.Jeder an den Empfängern auf Alpha-Zentra mußteannehmen, es mit Maahks zu tun zu haben.

Rhodan ging mit Major Wholey in dieFunkzentrale. Die Aufnahmekamera war außerBetrieb, aber das Gesicht des Goldenen schimmerteihnen vom Bildschirm aus entgegen. Für einenAugenblick schwieg Rhodan fasziniert. Wenn erdaran dachte, daß die goldene Schicht nichts anderesals ein unglaublich empfindlicherHyperimpuls-Empfänger war, dann wurde ihm klar,welche technische Vollkommenheit die Meistererreicht hatten. Es würde schwer sein, mit ihnenfertig zu werden,

„Warum schalten Sie die Bildübertragung nichtein?“ fragte der Goldene herrisch. „Haben Sie Angst,uns Ihr Gesicht zu zeigen?“

Rhodan setzte sich hinter das Funkgerät.„Wir haben keinen Grund, es Ihnen zu zeigen. Was

wollen Sie?“„Ihr Kommandant Grek-1 ist tot; er hat seine

gerechte Strafe gefunden. Landen Sie, und wirwerden Ihr Leben schonen. Die Revolte gegen dieMeister ist ungesetzlich.“

„Natürlich ist sie das - von Ihrem Standpunkt ausgesehen. Sie paktieren ja mit den Meistern. Wer sind

sie, diese Meister? Niemand hat sie je gesehen.Vielleicht sind sie eine Erfindung einer kleinenHerrenschicht, die sich die Goldenen nennt. Kannman einen Goldenen vom anderen unterscheiden?“

„Sie sind verrückt! Wir sind die Verbindungsleute,mehr nicht. Ich wiederhole: landen Sie sofort, sonstmuß ich den Flotten den Befehl geben, Sie zuvernichten. Grek-1 ist tot! Damit ist die Revoltegestorben. Er war Ihr Führer!“

„Grek-1 ist zu ersetzen, denn das Ziel bleibt. EinesTages werden wir zurückkehren, und dann wird dieHälfte aller Maahks auf unserer Seite sein. Sie sind esdann. Goldener, dem vielleicht das Leben geschenktwerden kann - aber an eine solche Möglichkeitglaube ich nicht. Sie haben zu viele Verbrechenbegangen, um Schonung erwarten zu dürfen. Siehaben unsere Rasse zu Sklaven gemacht, zuLeibeigenen erniedrigt. Sie sind es, der Maahks dazubringt, sich gegenseitig zu zerfleischen und ihrePlaneten zu zerstören. Dafür haben Sie den Todtausendfach verdient. Noch eine Frage?“

Das Gesicht des Goldenen war wutverzerrt. Erwußte genausogut wie Rhodan, daß ihr Gespräch injedem Schiff mitgehört werden konnte. Und er wußteauch, welche Auswirkungen das haben konnte. Nichtso sehr die Herrschaft der Meister an sich war es, dieverbitterte. Es war die Tatsache, daß die Meister dieMaahks dazu benutzten, Völker ihrer eigenen Rasseauszurotten.

„Ich werde euch vernichten - das ist alles, was ichnoch zu sagen habe. Ihr werdet dieses System nichtmehr verlassen - und wenn es euch doch gelingensollte, werden wir euch aufspüren, wo immer ihreuch auch versteckt haltet, Ihr hinterlaßt Spuren,Verräter! Wir finden sie. Und dann rechnen wir ab.Ihr werdet sterben, wie auch Grek-1 starb,“ DasGesicht verschwand vom Bildschirm.

Rhodan blieb noch einige Sekunden sitzen, ehe erlangsam aufstand und in die Kommandozentralezurückkehrte. Er nickte Oberst Rudo zu.

„Durchbruch, mit allen Waffen! Unterrichten SieAtlan. Wir bleiben zusammen. Keine Einzelaktionen.Es wird auf kein Schiff der Maahks geschossen, dasnicht das Feuer auf uns eröffnet. Wir müssen damitrechnen, daß viele Kommandanten auf unserer Seitestehen, es aber nicht offen zeigen dürfen. Achten Siealso auf entsprechende Anzeichen.“

Oberst Rudo bestätigte und machte sich an dieArbeit.

Rhodan ging zur Couch, auf der noch immerGucky hockte und so tat, als habe er mit der ganzenSache nichts zu tun. Es war offensichtlich, daß ihmdie Entwicklung keinen Spaß bereitete. Erst alsRhodan sich zu ihm setzte, schien er munter zuwerden.

„Ich glaube, Grek hat sein Ziel erreicht, Kleiner.

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Der Goldene wird seinen Meistern berichten, daß derAufstand von Maahks angezettelt wurde und daß diemerkwürdigen Schiffe aus Alpha stammen. Auf unswird niemand kommen. Man vermutet uns noch weitim Leerraum, vielleicht in der Gegend desTwin-Systems.“

„Ich habe mich mit Greks Tod abgefunden, Perry.Er war ein tapferes Wesen ein guter Freund. EineLehre für viele Terraner, die immer noch nach demÄußeren urteilen.“

„Es gibt nicht mehr viele, die das tun.“„Aber es gibt sie!“ Gucky reckte sich. „Wann

werden wir Gleam erreichen?“„Direkte Fahrt - zehn Stunden etwa. Aber wir

müssen den Sperrgürtel der Maahks nochdurchbrochen. Könnten wir rücksichtslos vorgehen,wäre das einfach - aber es wäre wohl kaum im SinneGreks.“

„Nein, sicher nicht. Wir gelten als Maahks. Wirdürfen uns also die Sympathien jener nichtverscherzen, die heimlich zu uns halten und nurdarauf warten, überlaufen zu können.“

„Mein Gespräch mit dem Goldenen konnte jederhören. Es wird Kommandeure geben, die sich nunGedanken machen. Eines Tages werden siebegreifen, daß sie zum Narren gehalten wurden. Vonden goldenen Vermittlern und Befehlsempfängern,und vielleicht auch von den Meistern.“ Rhodan sahGucky an. „Übrigens, gab es keinen Hinweis auf dasAussehen der Meister? Hast du die Gedanken desGoldenen nicht lesen können?“

„Leider nicht. Ich mußte zu sehr auf Grek achten,und der wußte es auch nicht. Manchmal dachte ichsogar, daß Grek überhaupt nicht an die Existenz derMeister glaubte. Aber das dürfte wohl absurd sein.“

„Hm ...“ Rhodan bekam ganz schmale Augen, aberer sah nun an Gucky vorbei. „Vielleicht ist dasabsurd. Eines Tages werden wir es wissen.“

Oberst Rudo drehte sich im Sessel um,„Wir nähern uns den Sperrgürteln, Sir. Die Orter

zeigen einige tausend Schiffe an. Sollen wir nichtbesser versuchen, im Linearraum zu entkommen?“

Rhodan stand auf und ging zu ihm. „Das wäre zugefährlich, Oberst. Direkter Durchbruch. Aberdenken Sie daran, was ich gesagt habe. Achten Sieauf heimliche Verbündete. Es gibt sie, wenn michnicht alles täuscht.“

Seine Vermutung sollte sich bestätigen.Der erste Pulk, der die CREST und IMPERATOR

angriff, wurde von den Offizieren des geheimenSicherheitsdienstes befehligt. Man merkte es sofort.Sie feuerten aus allen Geschützen und nahmen keineRücksicht auf sich selbst. Wenn die beiden fremdenSchiffe entkamen, würde man sie dafürverantwortlich machen.

Oberst Rudo zögerte keine Sekunde. Er gab der

Feuerleitzentrale seine Anweisungen. Durch die fürSekundenbruchteile ausgeschalteten Schutzschirmeschossen die vernichtenden Energiebündel derCREST und fanden ihre Opfer. Zweimal wurdenTransformstrahler eingesetzt. Zwei großeSchlachtraumer der Maahks detonierten undverwandelten sich in Sonnen, In ihrem Zentrumwaren Wasserstoffbomben gezündet worden, die vondem Transformer hineinteleportiert worden waren.

Die CREST und die IMPERATOR stießen durchdie entstandene Lücke der Verteidigung und nahmenerneut Geschwindigkeit auf. Der Planet Alpha-Zentrablieb schnell zurück. Aber nun sammelten sich auchdie draußen wartenden Einheiten und versuchten, denFliehenden den Rückzug abzuschneiden. Rhodanbeobachtete die Bildschirme. „Sieht so aus, alswürden sich unsere Vermutungen bestätigen. SehenSie den gestaffelten Verband vor uns, Oberst? FälltIhnen da nichts auf?“

„Eine merkwürdige Staffelung, finde ich. Praktischgar nicht wirksam, wenn wir ihre Dummheitausnutzen und ...“

„Es ist keine Dummheit, Oberst. Der Maahk, derdie Einheit kommandiert, hat diese Staffelungbewußt so befohlen. Er läßt uns eine Lücke, einenFluchtweg, ohne sich dabei selbst eine Blöße zugeben. Er will uns zeigen, daß er unser Freund ist.“

„Und wenn die Schiffe das Feuer eröffnen?“Rhodan lächelte grimmig. „Sie können es nicht,wenn sie sich nicht gegenseitig gefährden wollen.Und wenn die Schiffe in der Mitte feuern, werden siesich alle Mühe geben, uns nicht zu treffen. Siewerden ja sehen.“ „Und wenn wir uns irren, Sir?“Rhodan lächelte nicht mehr. „Dann haben wir Pechgehabt, und Greks Tod war umsonst - wenigstenswas den Befreiungskampf der Maahks angeht. Wirwerden ja sehen. Wie ist die Entfernung?“

„Drei Flugminuten bei der augenblicklichenGeschwindigkeit.“

Melbar Kasom und Icho Tolot betraten dieZentrale. Mit einem Blick orientierten sie sich.Einige Worte Rhodans klärten sie über dieGeschehnisse auf.

„Verdammtes Risiko“, knurrte Kasom skeptisch.„Wenn auch nur zehn Schiffskommandanten nichtmitmachen, können sie Punktfeuer eröffnen. EinenTreffer können wir in dieser Lage absolut nichtgebrauchen.“

Gucky, der immer noch auf der Couch hockte,rekelte sich.

„Ihr könnt ganz beruhigt sein - die Maahks spuren.Geht eindeutig aus ihren Gedanken hervor - ich habesie nämlich zufällig aufgefangen. Am liebstenwürden sie Verbindung mit uns aufnehmen, mit unsfliegen, oder gar Zentra vernichten, aber sie trauensich nicht. Sie wissen nicht, wie wir reagieren. Aber

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sie haben die feste Absicht, uns entkommen zulassen.“ Rhodan drehte sich um. „Hättest du aberauch gleich sagen können, statt uns Rätsel raten zulassen.“

„Ich bin eben heute ein kleiner Schelm“, quietschteGucky vergnügt, aber jeder konnte hören, daß seinegute Laune nicht echt war. „Rätselraten regt dieGehirntätigkeit an,“ Rhodan wandte sich an OberstRudo. „Wir stoßen durch die Lücke, ohne das Feuerzu eröffnen. Es kann sein, daß nicht jederSchiffskommandant die Absicht desFlottenkommandeurs begreift und daß der eine oderandere auf uns schießt. Das macht weiter nichts.Einfach ignorieren. Wir dürfen nicht die Nervenverlieren oder wir zerstören alles, was Grek mitseinem Opfertod aufbaute - den Mythos desschwelenden Widerstandes gegen die Meister.“

Der Durchbruch war eine Farce, daran konnte keinZweifel mehr bestehen, und Rhodan hoffte nur, daßdie Getreuen der Meister es nicht bemerkten.

Die CREST flog voran, dem Sperrgürtel entgegen.Die Lücke darin war kaum zu übersehen. Rechts undlinks eröffneten schwere Einheiten der Maahks dasFeuer, aber die Energiebündel erreichten niemals ihrZiel. Sie glitten dicht an der CREST undIMPERATOR vorbei oder streiften dieSchutzschirme. Es war offensichtlich, daß dieKommandanten ihren Feuerleitstellen entsprechendeAnweisungen gegeben hatten.

Das kam einer offenen Rebellion gegen dieMeister gleich. Rhodan nickte Rudo zu. „Lassen Sieeinen harmlosen Feuerzauber los, Oberst. Es könntejemand geben, der unseren Durchbruch beobachtet.Er soll nie auf den verrückten bedanken kommen, eswäre nicht alles mit rechten Dingen zugegangen.“

Und Oberst Rudo ließ einen Feuerzauber los.Aus einiger Entfernung gesehen, mußte der

Zusammenprall der beiden terranischen Raumer mitden Flotten der Maahks ein imposantes Schauspielbieten. Auf beiden Seiten entluden sich dieEnergiegeschütze und spien ihre tödlichen Bündelauf den Gegner. Aber sie trafen nicht oder nur sehrselten die Schutzschirme. Das wiederum war aufgroße Entfernung nicht zu erkennen.

„Sie haben begriffen“, sagte Rudo, als sie in dieLücke hineinstießen. „Sie haben begriffen, daß wirihren guten Willen erkannt haben. Sie schießen nichtauf uns.“

„Außerdem werden sie uns für das Theaterdankbar sein, denn damit decken wir sie.“ MelbarKasoms Blick wanderte zum Heckbildschirm. DerSperrgürtel der Maahks blieb zurück. Der PlanetAlpha-Zentra kam ins Bild, „Sicher werden wir einesTages hierher zurückkehren. Ich bin gespannt, wie esdann aussieht.“ Rhodan hingegen sah nicht zurück.Er sah auf den großen Panoramaschirm der alles

zeigte, was vor der CREST lag. Der Raum ohneSterne. Nur in der Ferne schimmerte schwach derNebel Andro-Beta, ihr Ziel.

„Es gilt schon jetzt als sicher, daß wirzurückkehren werden, aber noch weiß niemand,wann das sein wird. Wir haben andere Sorgen.Unsere Stützpunkte müssen gesichert werden.Reginald Bull und seine Leute im Schrotschußsystembefinden sich in größter Gefahr. Wir haben nocheinige Tage Zeit aber dann kann es zu spät sein.Wenn die Maahks ihren Schreck überwunden haben,werden sie die Inspektion ihrer Transmitter beginnen- vielmehr werden ihnen die Meister den Befehl dazuerteilen. Grek-1 hätte den Goldenen unschädlichmachen sollen.“

Gucky rührte sich wieder. Er kam von der Couchund watschelte vor zu Rhodan. Dann stand er nebenihm, der kleine Mausbiber neben demhochgewachsenen, schlanken Terraner. Vor ihnenbreitete sich das Universum aus - scheinbarunendlich, und doch so voller Hindernisse undWidrigkeiten.

„Grek-1 wollte den Goldenen töten, aber dannerkannte er rechtzeitig, wie sinnlos das war. Es gibtnicht nur einen Goldenen, es gibt mehrere. Siekönnen jederzeit ersetzt werden. Die Meister derInsel haben viele Eisen im Feuer.“

Icho Tolot schob sich heran. Auch er sah auf denSchirm, als er sagte:

„Wir werden dafür sorgen, daß ihr Feuer erlischt.“Rhodan warf ihm einen forschenden Blick zu.„Finden Sie nicht auch. Tolot, daß Ihre ganze

Handlungsweise mehr als die eines bloßenAbenteurers ist? Tun Sie nicht mehr, als es bei IhremVolk Tradition ist? Tun Sie eigentlich nicht zuviel füruns Terraner?“ Der riesige Haluter lächelte. „Das istmeine Sache, und niemand hat mir etwas zu befehlen.Ich bin Ihr Freund, das ist genug. Es erklärt alles.“

Rhodan sah wieder in die Unendlichkeit. „Danke“,sagte er. Die drei blauen Riesensonnen vonAlpha-Zentra versanken in der Unendlichkeit, als dieCREST und IMPERATOR die Lichtgeschwindigkeitüberschritten und im Linearraum untertauchten. Nunwar eine weitere Ortung von Seiten der Meister oderMaahks unmöglich geworden. Niemand konnte sienoch verfolgen oder ihren Kurs errechnen.

Die seltsamen Schiffe waren wiederverschwunden, und die Meister blieben weiter imUngewissen. Greks Tod hatte ihnen ein Rätselaufgegeben, er hatte sie auf eine falsche Spur gelenkt.Es würde lange dauern, bis sie ihren Irrtumaufdeckten.

Dann aber würde es für sie zu spät sein.„Es ist doch ein weiter Weg bis Andromeda“,

sagte Gucky, als er zur Tür der Zentrale ging. „Dabeiist Andromeda nur gute hunderttausend Lichtjahre

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entfernt. Ein Katzensprung, technisch betrachtet.“ Erblieb an der Tür stehen und drehte sich um. „Habeich nicht recht?“Rhodan lächelte nicht. „Natürlich hast du recht, wiefast immer. Aber die Katze weiß, wohin sie springt.Wir wüßten es nicht. Niemand weiß, was uns inAndromeda erwartet. Wir werden nicht eher denAndromedanebel anfliegen, bis wir wissen, wer dieMeister der Insel sind.“„Neugierig sind die Menschen“, stellte Gucky festund verließ die Zentrale. Die Tür glitt hinter ihmwieder zu, Endlich lächelte Rhodan. „Es ist gut“,

sagte er, „daß wir neugierig sind. Wir würden nochheute Holzstäbchen aneinanderreihen, um Feuer zumachen, wenn wir es nicht wären ...“Und durch den sternenlosen Raum eilten die beidenRaumgiganten der Erde wieder nach Gleam zurück,wo neue Aufgaben auf sie warteten, Aufgaben, diefür das weitere Schicksal der Andromeda-Expeditionvon entscheidender Bedeutung sein sollten.

E N D E

Grek-1, der ehemalige Gegner und spätere Freund Perry Rhodans, opferte sich, um seinem Volk zu helfen unddie Terraner nicht verraten zu müssen. Aus Greks Meldungen ging hervor, auf welche Ziele dieVernichtungsflotten der „leibeigenen“ Maahks angesetzt würden.Der Schrotschußtransmitter und der Asteroid Kalif sind ein solches Ziel. Schwere Kämpfe entbrennen - undDER GEIST DER MASCHINE führt die entscheidende Wende herbei ...

DER GEIST DER MASCHINE

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