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70 www.lastundkraft.de 1/2016 www.lastundkraft.de 1/2016 71 HAUS HAUS Die Spedition Julius Hinrichs ist ein Familienbetrieb in dritter Generation – spezialisiert auf Möbeltransport Ein Umzug verlangt reichlich Fingerspitzengefühl – hier ist weit mehr als reine Kraft gefragt. Die Spedition Julius Hinrichs beweist dabei seit über 80 Jahren ein glückliches Händchen. Neben Möbeln und Umzugskisten hat die Firma aber auch so manch andere Sache geliefert – LAST & KRAFT blickt in das Fotoalbum des Unternehmens aus Frechen. D en gelernten Einzelhandelskaufmann Julius Hinrichs, 1900 in Wilhelmsha- ven geboren, zieht es wegen der damals schlechten wirtschaftlichen Lage im Alter von 23 Jahren von Jever nach Köln. Dort will er Arbeit finden. Nach seiner Heirat gründet er 1927 mit seinem Schwager Jo- sef Roggendorf die Spedition Roggendorf & Co. Die zwei Männer haben aber unter- schiedliche Vorstellungen von Unterneh- mensführung, und so trennt man sich wie- der. Julius eröffnet dann 1934 am Kölner, Rheinauhafen in der Nähe der Severins- brücke seine eigene Spedition Julius Hin- richs. Schwerpunkt ist von Beginn an der Möbeltransport, aber andere Güter wer- den natürlich ebenfalls genommen. Bald ergänzen die ersten Lkw der Mar- ken Magirus, Krupp und Henschel die Pferdefuhrwerke. Nicht lang – in der Kriegszeit verpflichtet die Wehrmacht die Laster zum Dienst, ein Schicksal, das Hin- richs mit vielen anderen Spediteuren teilt. Der Magirus zum Beispiel wird als Muniti- onstransporter eingesetzt und völlig zer- stört, als er in Kiew auf eine Mine fährt. Eine Ford-V8-Limousine für den Chef kommt hinzu. Es gibt nur ein Problem – Julius Hinrichs besitzt gar keinen Führer- schein. So muss ihn immer ein Fahrer in dem V8 chauffieren. Zu einem Zwischen- fall kommt es kurz nach dem Krieg. Der Filius Jürgen Hinrichs kann im zarten Alter von 16 Jahren schon Lastwagen fahren. Er gerät – mit seinem Vater auf dem Beifah- rersitz – in eine Kontrolle der Besatzungs- mächte. Die MP ist der Meinung, dass Jür- gen zu jung zum Fahren ist – eine Weiter- fahrt ohne Führerschein käme nicht in Betracht. Deshalb überredet Jürgen seinen Vater, wenigstens bis zur nächsten Ecke zu fahren, um dann die Plätze wieder zu tau- schen. Unter Schweißausbrüchen steuert Julius die Fuhre bis zur nächsten Ecke ... Direkt nach dieser Begegnung macht Jür- gen ganz offiziell seinen Führerschein. Zur Fahrprüfung erscheint er natürlich mit dem eigenen Lkw. Während der Treibstoffverknappung in der Kriegszeit werden viele Autos auf Im- bert-Holzgas-Anlagen umgerüstet. Die Spedition Hinrichs bekommt einen 3,5- Tonner-Citroën-Laster mit so einer Anlage zugeteilt. Die Technik erweist sich als sehr Von zu

UNTERNEHMEN UNTERNEHMEN - Julius Hinrichs | Umzüge · Benz LP 1633 ersetzt. problematisch: Die Reichweite ist beschei-den, unterwegs heißt es oft, in einer zeit-raubenden Prozedur

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70 www.lastundkraft.de 1/2016 www.lastundkraft.de 1/2016 71

HAUSHAUS Die Spedition Julius Hinrichs ist ein Familienbetrieb in

dritter Generation – spezialisiert auf Möbeltransport

Ein Umzug verlangt reichlich Fingerspitzengefühl – hier ist weit mehr als reine Kraft gefragt. Die Spedition Julius Hinrichs beweist dabei seit über 80 Jahren ein glückliches Händchen. Neben Möbeln und Umzugskisten hat die Firma aber auch so manch andere Sache geliefert – LAST & KRAFT blickt in das Fotoalbum des Unternehmens aus Frechen.

Den gelernten Einzelhandelskaufmann Julius Hinrichs, 1900 in Wilhelmsha-

ven geboren, zieht es wegen der damals schlechten wirtschaftlichen Lage im Alter von 23 Jahren von Jever nach Köln. Dort will er Arbeit finden. Nach seiner Heirat gründet er 1927 mit seinem Schwager Jo-sef Roggendorf die Spedition Roggendorf & Co. Die zwei Männer haben aber unter-schiedliche Vorstellungen von Unterneh-mensführung, und so trennt man sich wie-der. Julius eröffnet dann 1934 am Kölner, Rheinauhafen in der Nähe der Severins-brücke seine eigene Spedition Julius Hin-richs. Schwerpunkt ist von Beginn an der Möbeltransport, aber andere Güter wer-den natürlich ebenfalls genommen.

Bald ergänzen die ersten Lkw der Mar-ken Magirus, Krupp und Henschel die Pferdefuhrwerke. Nicht lang – in der Kriegszeit verpflichtet die Wehrmacht die Laster zum Dienst, ein Schicksal, das Hin-richs mit vielen anderen Spediteuren teilt. Der Magirus zum Beispiel wird als Muniti-onstransporter eingesetzt und völlig zer-stört, als er in Kiew auf eine Mine fährt.

Eine Ford-V8-Limousine für den Chef kommt hinzu. Es gibt nur ein Problem – Julius Hinrichs besitzt gar keinen Führer-schein. So muss ihn immer ein Fahrer in dem V8 chauffieren. Zu einem Zwischen-fall kommt es kurz nach dem Krieg. Der Filius Jürgen Hinrichs kann im zarten Alter von 16 Jahren schon Lastwagen fahren. Er gerät – mit seinem Vater auf dem Beifah-rersitz – in eine Kontrolle der Besatzungs-mächte. Die MP ist der Meinung, dass Jür-gen zu jung zum Fahren ist – eine Weiter-fahrt ohne Führerschein käme nicht in Betracht. Deshalb überredet Jürgen seinen Vater, wenigstens bis zur nächsten Ecke zu fahren, um dann die Plätze wieder zu tau-schen. Unter Schweißausbrüchen steuert Julius die Fuhre bis zur nächsten Ecke ...Direkt nach dieser Begegnung macht Jür-gen ganz offiziell seinen Führerschein. Zur Fahrprüfung erscheint er natürlich mit dem eigenen Lkw.

Während der Treibstoffverknappung in der Kriegszeit werden viele Autos auf Im-bert-Holzgas-Anlagen umgerüstet. Die Spedition Hinrichs bekommt einen 3,5- Tonner-Citroën-Laster mit so einer Anlage zugeteilt. Die Technik erweist sich als sehr

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nich muss in einem neu gebauten Rathaus untergebracht werden. Abteilung für Ab-teilung soll getrennt innerhalb von drei Tagen umziehen. Klingt erst mal einfach – aber: Es gibt kein neues Mobiliar, das be-deutet, alle Akten und das Büromaterial müssen erst aus- und dann wieder einge-räumt werden. Danach gilt es noch ton-nenweise Akten zu transportieren. Dabei muss ein Großteil der Papiere fachgerecht entsorgt werden, da diese nicht mehr von der Aufbewahrungspflicht betroffen sind.

Ein weiterer Großkunde beschäftigt Hinrichs gleich über mehrere Jahrzehnte: Im Auftrag von Rheinbraun werden von Anfang der Fünfzigerjahre bis in die Neunzi-ger hinein ganze Dörfer im Braunkohleab-

baugebiet des heutigen Erftkreises abgerissen. Die Umzüge in die Häuser der alternativ neu entstandenen Or-te erledigt die Spediti-on Hinrichs.

1974 folgt die nächste, spektakuläre Aufga-be. Die Kreisverwaltung von Köln, mit Sitz in der St.-Apern Straße, soll nach Hürth umziehen. Die Einrichtung und 4500 Um-zugskisten, gefüllt mit Akten für 600 Mitar-beiter, sollen innerhalb von acht Tagen in den neuen Räumen untergebracht sein. Auch diesen Umzug meistert Hinrichs un-ter Mithilfe zweier anderer Speditionen mit Bravur.

1975 kommt es dann für Jürgen Hinrichs zu einer für ihn sehr ungeliebten Verände-rung: Im Zuge der Gebietsreform und kommunaler Neugliederung muss er sich von seinem geliebten Kölner Kennzeichen trennen und auf das neue Kürzel „BM“ für Bergheim umsteigen. Bei Neuzulassungen für die Motorwagen ist das unumgänglich, den Anhängern ist aber oft eine längere Lebenszeit beschert und so behalten sie das „K“. Allerdings ist bis heute auf den Aufbauten und Anhängern „Frechen – Köln“ zu lesen. Alles hat zwei Seiten – auf-grund dieser Gebietsreform kommt schließlich der Großauftrag für den Um-zug der Kreisverwaltung zustande ...

Im Güterfernverkehr gibt es mittlerwei-le ein neue Aufgabe: Im Auftrag der Union Transport Betriebe richtet der Fuhrbetrieb einen Linienverkehr nach Hamburg ein. Empfänger der Waren ist zum großen Teil die Kaufhalle in Hamburg. 25 Tonnen Salz von der NDS-Salzina in Stade dienen als Rückladung nach Köln. Für diese Touren wird eigens ein Mercedes-Benz LP 1632 NG mit Dreiachsanhänger von Hall ange-schafft. Die Freude über das neue Fahr-zeug wärt nicht lange. Auf dem Weg nach Hamburg wird der NG durch einen Auf-fahrunfall kurz vor dem Ziel fast völlig zer-stört. Der Fahrer kommt zum Glück mit mittleren Verletzungen davon. Der Last-wagen lässt sich zwar wieder aufbauen, wird aber später durch einen Mercedes-Benz LP 1633 ersetzt.

problematisch: Die Reichweite ist beschei-den, unterwegs heißt es oft, in einer zeit-raubenden Prozedur neues trockenes Bu-chenholz nachzufüttern. Äußerst wichtig ist es dann, am Abend nach der Rückkehr die Anlage gründlich zu reinigen und zu trocknen. Die Anlage muss unbedingt dicht gehalten werden – wird sie undicht, setzt sie sich mit Teer zu, dann geht nichts mehr. Die Betriebskosten liegen während des Krieges bei etwa zwei Reichsmark für 100 Kilometer. Nach dem Krieg lässt Hinrichs einen anderen Kessel einbauen, der mit Anthrazit oder Industriekohle befeuerbar ist. Das vereinfacht die Sache erheblich.

Als sich die Situation nach der Wäh-rungsreform langsam bessert und es wieder Diesel gibt, rüstete man die Laster erneut auf Dieselmotoren um. So bekommt der Citroën einen Henschel-Motor verpasst.

Das Bombardement der Amerikaner hat Köln stark zerstört. Al-lein die Spedition Hinrichs wird vier Mal ausgebombt und muss ständig den Stand-ort wechseln. Am ersten November 1944 zieht die Firma dann endgültig in das be-nachbarte Frechen. Sohn Jürgen steigt nach einer Lehre als Speditionskaufmann 1945 in das Unternehmen ein. Den Führer-schein der Klasse 2 hatte er ja bereits in der Tasche, im Alter von 18 Jahren war der Per-sonenbeförderungsschein hinzugekom-men. Ab 1966 ist Jürgen schließlich Inha-ber der Spedition.

Mit viel Initiative und Eigenleistungen entsteht auf dem Grundstück an der Frie-densstraße in Frechen 1949 eine erste Hal-le, 1950 kommt ein Wohnhaus hinzu. In Eigenarbeit ergänzen ein Büro und neun Pkw-Garagen die Gebäude. Drei dieser Boxen werden noch heute als Garagen ge-nutzt.

Nach dem Krieg wird alles transportiert, was benötigt wird. Hinrichs bekommt ei-nen 105er Büssing zu einem Preis von 5000 Mark zugeteilt. Mit ihm befördert er auch Personen – so bringt Sohn Jürgen öf-ters Kinder an die Steinbachtalsperre. Nach Gründung der Bundesrepublik er-hält man dann auch „rote“ und „Möbel“-Konzessionen, der gewerbliche Güternah-verkehr wird ebenfalls angemeldet.

So fährt die Spedition neben den Mö-beln nun auch für Henkel oder liefert für den Porzellanhandel Everhard & Sohn das aus Zwiesel, Hof oder Selb bezogene Por-zellan etwa ab Kassel in Norddeutschland aus. Oft liegt das Ziel dieser Touren aber bei den Auslieferungslägern in Oldenburg, später in Bremen. Als Rückladung trans-portiert man Eier aus Lohne oder Büromö-bel aus Bremen.

Speziell in der Umzugsbranche hatte man sich inzwischen einen Namen gemacht. 1956 kommt es zum ersten Großauftrag: Die Verwaltung der Gemeinde Köln-Löve-

Den Magirus – hier eine Aufnahme vor dem Krieg in der Aachener Straße in Köln – traf es auch. Ihn zog die Wehrmacht ebenfalls ein

Kurz nach dem Krieg: Zugewiesener Büssing 105 und der 3,5-Tonnen-Citroën

Der Hansa-Lloyd im Jahr 1936. Er wurde später „kriegsdienstverpflichtet“

Solche großen Holzkisten für den Überseetransport gibt es

heute noch, sie heißen Liftvan

Früher Möbelzug: Im vorderen Teil des Anhängers gab es eine Personenkabine für den Transport der Möbelpacker

Die Motorisierung ist noch Neuland: Dem Hänger ist die Abstammung vom Pferdefuhrwerk recht deutlich anzusehen

Im Kölner Rheinauhafen, um 1930. Einmal mit der Kiste auf die Waage, bitte

Vor dem Weitertransport gelangt das Umzugsgut per Binnenschiff in den Überseehafen

Die Männer beladen eine

Transportkiste mit der Destination Südafrika

Er musste sich vonseinem geliebten KölnerKennzeichen trennenInternationaler

Möbeltransport – die Anfänge. Unten, im Mantel, Julius Hinrichs

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ger ergänzt. In den Siebzigern löst ein LP 1113-Möbelzug mit den neuen, kantigen Ackermann-Aufbauten einen Pullmann-zug ab, für den Nahverkehr rundet ein LP 813 den Fuhrpark nach unten ab. Nach Einführung der Mercedes-Benz-NG-Reihe gelangen ein LP 1219 NG sowie ein LP 1420 NG in den Fahrzeugbestand. Letzte-rer ist der erste mit Luftfederung ausgerüs-tete Lkw – was dann zum Standard wird. Diese Autos sind zudem nicht mehr als Kastenwagen ausgeführt, sondern haben nun einen vom Fahrerhaus getrennten Kofferaufbau.

Die Anfragen und Aufträge kommen überwiegend durch die Weiterempfeh-lung zufriedener Kunden herein – immer öfter führen Touren auch ins Ausland. So sind Ziele in Skandinavien, Österreich, Schweiz und Schottland mit dabei. Spekta-kulär sind zur Zeit des eisernen Vorhangs stets die Umzugsaufträge in die DDR so-wie in die Städte Zagreb oder Bratislava.

Lustiger Nebeneffekt des zunehmenden Bekanntheitsgrads der Spedition Hinrichs im Kölner Raum: Schon in den Siebzigern stellt man im Auftrag des WDR für den Spielfilm „Umzug“ einen Möbelzug zur Verfügung. Auch im „7. Sinn“ wirken die Hinrichs-Autos mit, später sind sie sogar für RTL in der Serie „Alarm für Cobra 11“ vor der Kamera mit dabei.

Für sorgfältiges Arbeiten und schonen-den Umgang mit dem Umzugsgut durch das geschulte Personal ist man nun weit über die Grenzen Kölns hinaus bekannt. Jens Hinrichs gelingt es immer öfter, durch seine Kreativität und seinen Erfindungs-reichtum auch komplizierte und schwieri-ge Aufgaben zu erledigen. So bekommt er 2006 den Auftrag, das Büro der Schweizeri-schen Bundesbahn „SBB“ von Köln nach Duisburg zu verlagern. Das Problem: Das Gebäude in Duisburg liegt auf dem Bahn-gelände zwischen den Gleisen – und ist mit einem Lkw nicht zu erreichen. Für Jens Hinrichs keine große Hürde. Ein im Jahr 2000 angeschaffter Mercedes-Benz Actros verfügt über eine unterfaltbare He-bebühne, und der dazugehörige Anhänger ist mit Sieben-Meter-Möbelwechselkof-fern ausgerüstet. Die Männer lassen also am Containerbahnhof die Wechselbrü-cken auf einen Waggon verladen und mit einer Rangierlok zum Ziel bringen.

Union Transport geht in der Unitrans auf, gleichzeitig wird der Linienverkehr auf Wechselbrücken umgestellt. Das erfordert die Anschaffung eines Mercedes-Benz LP 22.35/6 x 2 mit Zweiachs-Wechselanhän-ger und zwei eigenen Wechselbrücken.

Die Touren nach Hamburg sind als Be-gegnungsverkehr mit Treffpunkt Osnabrück eingerichtet. Zuerst werden nur die Trieb-wagenbrücke und der komplette Anhän-ger getauscht. Hinrichs besteht aber bald darauf, dass der ganze Zug – also auch der Anhänger – umgebrückt wird. Er hat näm-lich schlechte Erfahrungen mit dem Wei-tergeben seines Anhängers gemacht. Im-mer wieder traten Schäden daran auf, auch die Brücken kommen nicht unge-schoren davon. Riesige Aufregung gibt es, als nachts in Hamburg eine mit Gefahrgut beladene Brücke einen großen Feuer-wehreinsatz auslöst. Sie war beim Abstel-len nicht richtig gesichert worden und da-raufhin umgekippt.

Auch in Osnabrück kommt es in der Nacht beim Umbrücken öfter zu Beschädi-gungen oder Problemen mit der Technik. Einmal schlägt der Wind die geöffnete Fahrertür zu und klemmt das Steuergerät für die Luftfederung ein, dadurch werden die Sensoren der Bedienknöpfe einge-drückt. Der mitfahrende Juniorchef Jens Hinrichs löst das Problem, indem er mit einer Sicherheitsnadel aus dem Verbands-kasten die Kontakte anhebt und so die Funktionen steuert. Ohne die Hilfe einer Werkstatt lässt sich das Fahrzeug fertig umbrücken und die Rückfahrt nach Köln antreten.

Nach einer Lehre zum Speditionskauf-mann bei einer großen Spedition und ei-nem anschließenden Studium zum Ver-kehrsbetriebswirt an der Deutschen Au-ßenhandels- und Verkehrs-Akademie (DAV) in Bremen wird Jens Hinrichs 1993 der neue Inhaber des Fuhrunternehmens. 1996 gibt er den Geschäftszweig Güter-fernverkehr endgültig auf. Ein Mitbewer-ber hatte der Unitrans ein besseres Ange-bot gemacht. Jens kann und will darauf nicht eingehen und verkauft stattdessen seinem Konkurrenten – der ja innerhalb einer Woche ein einsatzbereites Fahrzeug benötigt – seinen mittlerweile in die Jahre gekommenen Lastwagen zu einem sehr guten Preis. Die darauf eingesetzten Fah-rer lehnen das Angebot, in den Möbel-transportbereich zu wechseln, dankend ab und kündigen.

Man konzentriert sich ab sofort ganz auf den Möbelbereich, baut den Umzugsver-kehr weiter aus und spezialisiert sich voll-ends auf die Belange der anspruchsvollen privaten und gewerblichen Kunden. Die Flotte der Möbelwagen hatte Hinrichs schon weit früher ausgebaut. Ein 110 PS starker Mercedes-Benz L 311 mit Planen-aufbau und Ackermann-Möbelanhänger wird durch zwei LP 311 mit Ackermann-Pullmann-Aufbau samt passendem Hän-

Der stattliche Ford V8 mit Chauffeur – Julius hatte ja keinen Führerschein

Der „Lademeister“ ist Firmengründer Julius

Hinrichs selbst

Büssing in Frechen nach 1945 – mit neuem, festem Fahrerhaus

Die Lkw-Garage in Frechen, kurz nach dem Bau 1948. Mit dem Mercedes-Benz 3,5-Tonner wurde Porzellan ausgeliefert

Hilfreich: Actros 1835 mit Außenaufzug

mitten in Köln

Endlich mit Luftfederung: Mercedes-Benz NG 1420

Dieser Lkw bekam nach dem Krieg eine Henschel-Maschine

Alter Laster, neuer Möbelhänger von Ackermann

Schick: Mercedes-Benz 911 mit Ackermann-Pullmann-Aufbau

Actros 1835 mit Sommer-Wechselbrückenaufbau und -Hänger

Mercedes-Benz 813 mit Ackermann-Koffer

So mag man es: zufriedene Kunden nach dem Entladen in Lyon, Frankreich

Der NG 1420 beim Beladen in der Steinfeldergasse in

der Kölner Innenstadt

Die KontaktadresseName

Straße

Ort

Web

Julius Hinrichs

Friedenstraße 64

50226 Frechen

www.julius-hinrichs.de

Ohne Außenaufzug hieße es, alles die Treppen hochzuschleppen

Pullmann-Zug in den Siebzigern: Mercedes-Benz 1113 mit Ackermann-Aufbau und -Anhänger

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Möbelstücke auf den Wägelchen vom Las-ter runter fahren.

Ebenso gehört ein mit einem Benzin-motor betriebener Schrägaufzug dazu. Er lässt sich als Anhänger mitführen. Mit sei-ner Hilfe lassen sich Möbel von der Straße bis in die fünfte Etage bringen, ohne sie durch enge Treppenhäuser oder Fahrstüh-le bugsieren zu müssen.

Aber, wenn Not am Mann ist oder „Man-Power“ gefragt ist, besinnt man sich gern auf herkömmliche Methoden, schließlich stammt man aus einer alten Fuhrmanns-familie. So stand der Pkw eines Kunden mit Motorschaden in einer sehr engen Tiefgarage. Die serpentinenartige Zufahrt war für einen Abschleppwagen viel zu eng.

Kurz entschlossen be-festigte Jens Hinrichs zwei starke Gurte an der Vorderachse des Autos, legte diese Gur-te sich selbst und ei-nem Mitarbeiter über

die Schulter und mit sechs weiteren Kolle-gen ziehen und schieben sie den Wagen unter lautem „Hauruck“ ins Freie.

1996 riss man auf dem firmeneigenen Gelände sechs der neun alten Pkw-Gara-gen ab. Auf dem nun freien Grundstück entstand eine Halle für die Lagerung von Umzugsgut in Überseecontainern.

Der jetzige Fuhrpark besteht aus dem erwähnten, inzwischen 15 Jahre alten Mercedes-Benz Actros, der nun von einem aktuellen Actros 1843 abgelöst wird. Beide Actros sind in Holland von der Firma

„Estepe“ nach Jens Hinrichs Ideen und Wünschen umgebaut worden. So können die beiden Schlafliegen mit wenigen Hand- griffen zu einer Sitzbank mit integrierten Sicherheitsgurten umgerüstet werden, um vier zusätzlichen Personen eine Sitzgele-genheit zum Mitfahren zu bieten.Trotz-dem bleibt die Schlafmöglichkeit für zwei Fahrer erhalten. Der ebenfalls im Fuhr-park vorhandene 12-Tonner-Mercedes-Atego war schon werksseitig mit dieser Ausrüstung geliefert worden.

Ergänzt wird das Aufgebot durch einen Mercedes-Benz Sprinter mit Kofferaufbau, den zwei Wechselbrücken, einem Anhän-ger mit niedriger Spezialbereifung für Wechselbrücken sowie einem älteren Ackermann-Möbelkoffer-Anhänger aus den Siebzigerjahren. Der wird in Ehren ge-halten – Jens Hinrichs beschaffte sogar nochmal neue Reifen in der Originalgröße für den alten Anhänger.

Nach jeder Rückkehr auf den Betriebs-hof werden die Lkw gereinigt und nach ei-nem durchdachten System im etwas be-engten Garagengebäude untergestellt. Der Spediteur legt nach wie vor größten Wert auf den ordentlichen Zustand und das Er-scheinungsbild der Laster.

Text: Jürgen StührenbergFotos: Spedition Hinrichs

Auch spezielle Kundenwünsche schrecken die Spediteursleute aus Frechen nicht ab: Ein Privatmann hatte sich ein neues Haus bauen lassen. Mit dem Umzug selbst will er aber möglichst nichts zu tun haben – er zieht vier Wochen Urlaub vor. Nach seiner Rückkehr möchte er aber in seinem neuen Domizil alles exakt so wieder vorfinden, wie es sein altes Zuhause verlassen hat. Auch hier kann Hinrichs helfen. Der Kun-de gewinnt das nötige Vertrauen und über-lässt dem Spediteur die Hausschlüssel. Die Hinrichs-Mitarbeiter fotografieren das gesamte Inventar und alle Schränke; Ge-schirr, Gläser und der ganze Hausrat wer-den sorgfältig verpackt und nach dem Auf-stellen der Möbel im neuen Haus entspre-chend dem Wunsch des Kunden wieder ein- geräumt. Nach der er-folgreichen Abwick-lung dieses Auftrags hatte man einen sehr zufriedenen Kunden mehr, von dem man oft und gerne weiter-empfohlen wurde.

2013 dann ein weiterer Großauftrag: Die Kfz-Zulassungsstelle Hürth soll vom ehe-maligen Kreishaus in den Hürth-Park um-ziehen. Auch diese Aufgabe kann man zur vollsten Zufriedenheit in nur vier Tagen über die Bühne bringen. 2015 zieht Hin-richs eine Anwaltskanzlei mit 130 Mitar-beitern innerhalb von Köln um – in einem rollierenden System ist die Sache in nur neun Arbeitstagen erledigt.

Das sorgfältige Ausführen der Aufträge ist Jens Hinrichs außerordentlich wichtig. Dazu gehört für ihn immer ein persönli-cher Besuch beim Kunden, wo alle Wün-sche und Anforderungen besprochen und berücksichtigt werden. Natürlich verlässt sich der Firmenchef auch auf seine ge-schulten und langjährig beschäftigen 14 Mitarbeiter. Aber der Chef, der selbst den Führerschein der Klasse CE besitzt und bei längeren Touren seine Fahrer ablösen kann, sorgt nicht nur für neue Aufträge, sondern packt auch selbst immer wieder tatkräftig mit an.

Wie früher üblich, führen die Möbellas-ter auch heute noch breite Treppen mit, um das Betreten der Ladeflächen zu er-leichtern. Die Fahrzeuge sind zudem mit faltbaren Hebebühnen ausgestattet. Um die Kräfte und die Gesundheit seiner Leu-te zu schonen, gehören auch kleine Wägel-chen, die mit je vier drehbaren Rollen ver-sehen sind, zur Ausstattung. Die schwere-ren oder größeren Möbelteile werden dar-aufgestellt und müssen so nicht mehr mühsam getragen werden. Eine weitere Idee Jens Hinrichs zur Erleichterung der Arbeit ist eine zusammenklappbare Alu-rampe, die im Lkw mitgeführt wird. Die Hebebühne lässt sich ausklappen und bündig an die Ladefläche fahren. Jetzt kann man über die angelegte Rampe, die eine schiefe Ebene bildet, Rollwagen oder

Der Kunde überlässtdem Spediteur

die Hausschlüssel

Die Umzugsflotte im Jahr 2000. Das Schild (unten) stammt noch aus der Vorkriegszeit in Köln

Mercedes-Benz 2435 mit Aufbau von Hall aus Köln. Der Lkw war von 1988 bis 1993 für Nedloyd Unitrans im Begegnungsverkehr Köln – Osnabrück – Hamburg im Einsatz

Heute noch im Einsatz! Hänger von Ackermann aus Wuppertal

Klassischer Fernverkehrszug der Siebziger: MB 1632 mit

Aufbau und Anhänger von Hall

Einmal alle auf das Bild, bitte. Die Mannschaft

nach vollbrachter Arbeit im Jahr 2002

Auf die Fahrzeuge ist man stolz – und baut sie auch gern mal in Klein nach

1113 mit Pullmann-Aufbau von Ackermann

Umzug der SBB (Schweizer Bundesbahn) aus

einem alten Stellwerk in Köln

Vom Lkw auf die Schiene: Sieben-Meter-Möbelwechselkoffer

Kein Umzug im Erdgeschoss: NG 1219 mit Aufzug im Schlepp

Nicht schön, aber auch so was passiert:

Der 1632 geriet in einen Auffahrunfall,

wurde danach aber wieder aufgebaut