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Jül - 727 - BO Februar 1971 KERNFORSCHUNGSANLAGE JOLICH GESELLSCHAFT MIT BESCHRÄNKTER HAFTUNG Institut für Botanik und Mikrobiologie Untersuchung der Primärreaktionen bei Bestrahlung von einzelligen Algen mit thermischen Neutronen durch Substitution von 14N und 109 von Hans-Uwe Knoop Als Manuskript gedruckt

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Jül - 727 - BO

Februar 1971

KERNFORSCHUNGSANLAGE JOLICH GESELLSCHAFT MIT BESCHRÄNKTER HAFTUNG

Institut für Botanik und Mikrobiologie

Untersuchung der Primärreaktionen

bei Bestrahlung von einzelligen Algen

mit thermischen Neutronen

durch Substitution von 14N und 109

von

Hans-Uwe Knoop

Als Manuskript gedruckt

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Berichte der Kernforschungsanlage Jülich - Nr. 727 Institut für Botanik und Mikrobiologie Jül - 727 - BQ

Dok.: Chlorella Radiation Effects Neutrons, Thermal

Im Tausch zu beziehen durch: ZENTRALBIBLIOTHEK der Kernforschungsanlage Jülich GmbH, Jülich, Bundesrepublik Deutschland

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Untersuchung derr Prramärreaktuonen

bem BesfrrahhJJng von eBnzelUgen Algen

mmt thermßscchen Neutronen

durch Subsfratutmon von ~4N und H»B

von

Hans-Uwe, l<noop

D 89 (Diss. T. U. Hannover)

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung, Aufgabenstellung und Versuchsplan

2. Bestrahlungsobjekt Chlorella und seine Kulturmethoden

2. 1 Auswahl des Bestrahlungsobjektes

2. 2 Flüssigkultur der Algen

2. 3 Agar kultur der Algen

3, Bestrahlungen

3. 1 Anzucht der Bestrahlungskulturen

3. 2 Herstellung der Bestrahlungsproben

3. 3 Ablauf der Bestrahlungen

3. 4 Thermische Neutronen-Bestrahlungseinrichtung BE-15

3. 4. 1 Konstruktion

3. 4. 2 Neutronenflußdichte-Messungen

3. 4. 3 Neutronenenergiedosis-Berechnungen

3. 4. 4 Bestrahlungsdosis-Messungen des '(-Untergrundes

3. 4. 5 Energiedosis-Berechnungen der f-Untergrundstrahlung

3. 5 150 kV-Röntgenanlage

3. 5. 1 Bestrahlungsdosis-Messung der Röntgenstrahlung

3. 5. 2 Energiedosis-Berechnungen der Röntgenstrahlung

4. Strahlenschaden-Messung

4. 1 Wiederauflösen der Bestrahlungsproben

4.2 Strahlenschaden-Meßgrößen

5. Bestrahlungs-Meßergebnisse

Seite

5

10

10

12

18

20

20

20

23

23

23

27

34

45

47

49

50

51

53

53

53

60

5. 1 75 keV eff-Röntgenstrahlung 60

5. 2 Bestrahlungen in der thermischen Neutronen-Bestrahlungs-einrichtung BE-15 60

6. Diskussion 67

6. 1 Mathematische Form und Auswertung der DW- und FW-Kurven 67

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Seite

6. 2 Fehler der Reaktivitäten k bzw. K 68

6, 3 Additivität der Schadenanteile der Strahlenquellen 71

6, 4 Absolute Reaktivitätsanteile der Strahlenquellen 71

6. 5 Relative Reaktivitätsanteile der Strahlenquellen 73 14

6. 6 Überlegungen zur Bedeutung der Transmutation des N-Kerns bei der 14N(n, p) 14C-Reaktion 78

6. 6. 1 Strahlenquellen-bezogener Vergleich der Schadenmeß-größen-Anteile k. Z 78

1,

6. 6, 2 Relative biologische Wirksamkeit (RBW) der Strahlen-quellen 85

7. Zusammenfassung 90

8. Literaturverzeichnis 92

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1. Einleitung, Aufgabenstellung und Versuchsplan

Die Zahl der in Betrieb befindlichen Kernspaltungsreaktoren steigt

rasch an. Entsprechend vergrößert sich der Personenkreis, der durch

Strahlung aus den Reaktoren gefährdet ist. Der Strahlenschutz dieser

Personen gewinnt zunehmende Bedeutung.

Ein wesentlicher Bestandteii des Reaktorstrahlenfeldes sind die thermischen

Neutronen. Will man das Stadium des Probierens, des bloßen Beschreibens

der Wirkung thermischer Neutronen auf eine Vielzahl verschiedener

biologischer Testobjekte verlassen, so ist eine eingehende Untersuchung

der Bedeutung der einzelnen Kernreaktionen thermischer Neutronen un­

erläßlich. Außer Grundlagen für den Strahlenschutz könnten sich aus

dieser Analyse Hinweise für eine noch wirksamere Züchtung neuer Pflanzen­

sorten ergeben, wahrscheinlich auch einige Aussagen über allgemein

biologische Probleme.

Thermische Neutronen werden in einer Reihe von Atomkernen biologischen

Gewebes mit erheblicher Wahrscheinlichkeit eingefangen. Der spontane

Zerfall der dabei gebildeten, instabilen Zwischenkerne ebenso wie der

zeitlich verzögerte Zerfall erzeugter Tochter-Radionuklide schädigt das

Gewebe auf zweifache Weise:

Erstens bewirken die freigesetzten, relativ weitreichenden Strahlungen

verschiedenster Art entlang ihrer Bahn Anregungen und Ionisationen

der getroffenen Moleküle.

zweitens sind mit den Kernumwandlungen eine Reihe sehr lokaler,

auf die von der Einfangreaktion betroffenen Moleküle beschränkte

Prozesse verbunden, die sich unter dem Begriff "Transmutation"

zusammenfassen lassen:

1) Bei der Abgabe oder Aufnahme eines geladenen Teilchens ändert

sich die Ladung des Atomkerns und damit dessen chemischer

Charakter.

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2) Bei der Au:strahlung schwerer Korpuskeln erhält der strahlende

Kern eine Rückstoßenergie, die im allgemeinen ausreicht, ihn

aus dem Molekül herauszuschleudern.

3) Damit verbunden ist eine äußerst intensive Anregung und Ionisation

des betroffenen Moleküls.

Verstreute Anregungen und Ionisationen einerseits sowie Transmutationen

andererseits machen die (physikalischen) Primärreaktionen thermischer

Neutronen aus.

Eine Reihe von Versuchen mit inkorporierten Radionukliden haben die

teilweise sehr erhebliche Bedeutung der Transmutationseffekte bestätigt.

Sie brachten neben Beiträgen zur Klärung strahlenbiologischer Grund­

probleme auch wichtige Anhaltspunkte für den Aufbau der betroffenen

biologischen Strukturen (vgl. die zusammenfassenden Darstellungen

von H. GLUBRECHT und W. SCHEUERMANNl) sowie R. E. KRISCH und 2)

M.R. ZELLE ).

Eine der wenigen wesentlichen Einfangreaktionen thermischer Neutronen

. b . d. 14N kt. im Gewe e ist ie -R ea 10n:

14N + nth ~ 15N*spont!n P + 14C '* + 0, 625 MeV

( "*' = angeregter Kern).

Diese Reaktion besitzt mit cr' = 1, 75 barn einen relativ großen Einfang-

querschnitt, der cf = 0, 08 nb:rn weit übertrifft. Der 14c ~-Kern nimmt n.r

dabei eine Energie von 43 keV auf, die auf Grund der sehr kurzen Reich-

weite des 6-fach positiv geladenen Kerns in der Größenordnung eines

Moleküldurchmessers zu einer besonders schwerwiegenden Zerstörung

des betroffenen Moleküls führen könnte. Da geeignete Radionuklide für

Stickstoff nicht existieren, gibt diese Reaktion die Möglichkeit, die Be­

deutung der Transmutation der überwiegend in sehr wesentlichen

biologischen Strukturen eingebauten Stickstoffkerne zu studieren.

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Schon seit der Arbeit von A. D. CONGER und N. H. GILES jr. 3

) ist be-14

kannt, daß außer der erwähnten N-Reaktion nur noch die Einfang-

reaktionen des 1

H und lOB eine nennenswerte Rolle für die Energie­

dosis thermischer Neutronen spielen:

lH + (J' = 0, 328 barn nth

2H* spontan 2H + 0 ( 2, 223 MeV)

und

10 d'=3837barn B + nth

6, 3 % 11 ~ B~

93, 7 %

7Li + o< + 2, 79 MeV

7Li* + o<. + 2, 31 MeV ii 7Li + '( ( 0, 48 MeV)

Dabei ist die 1H-Reaktion frei von Transmutation.

Wegen der geringen Zahl wichtiger Einfangreaktionen lassen sich deren

Strahlenschaden-Anteile relativ einfach ermitteln: Alle drei reagierenden

Isotope besitzen neutronenreiche Schwester-Isotope des gleichen chemischen

Elementes mit verschwindend geringem Einfangquerschnitt:

15N : (J' = 0, 00002 barn n.r

2H : cr' = 0, 0005 barn n,ß

11B : d' = 0, 005 barn

n,(

Bei schrittweisem Ersatz der wirksamen Isotope durch unwirksame kann

der Gesamtstrahlenschaden um die Schadenanteile dieser Elemente ver-

ringert werden, ohne die absolute Elementkonzentration im Gewebe zu

verändern und schon dadurch die Entwicklung der Pflanze möglicher­

weise zu beeinflussen.

Der weitaus größte Teil der bisher veröffentlichten Arbeiten, in denen

die Wirksamkeit einzelner Einfangreaktionen thermischer Neutronen

untersucht wird, befaßt sich allein mit der lOB(n, o< ) 7 Li - Reaktion.

Häufig wurde hierzu künstlich der Gehalt des Gewebes an natürlichem Bor

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oder am 10

B-Isotop allein wesentlich erhöht. Neben den Veröffent-

lichungen zur Neutronen-Einfang-Therapie bösartiger Tumore (vgl. die

Literaturangaben in5

)) sind hier vor allem die Arbeiten von A. D. CONGER 6),

J. 0. ARCHAMBEAU et al. 7) sowie S. MATSUMURA et al. S} (zit. 1l )) zu

nennen. Auch die RBW-Messungen der 10

B-Einfangreaktion von J. MOUTSCHEN 9

' 1

O} und seinen Mitarbeitern wurden mit Hilfe dieser Technik durchge-

führt. In jedem Fall konnte mit wachsender lOB-Konzentration eine deut-

liche Erhöhung des Strahlenschadens beobachtet werden. R. ECOCHARD

und seine Mitarbeiterll-l4

) dagegen änderten bei konstantem Borgehalt

der Bestrahlungsobjekte lediglich das Bor-Isotopenverhältnis. Auf diese

Arbeiten wird später noch ausführlich eingegangen.

An Veröffentlichungen, die die Messung des Schadenanteils der 14

N(n, p) 14

C-Reaktion allein betreffen, ist dem Verfasser nur die Arbeit von

K. C. ATWOOD und T. PITTENGER lS}bekannt. Ohne nähere Angaben

(in den Abstracts of Papers) über das benutzte Strahlenfeld wird berichtet,

daß unter den Bedingungen dieser Experimente der auf die n, p-Reaktion

des Stickstoffs entfallende Schadenanteil rund 20 % des Gesamtschadens

ausmache. Diese Bestimmung wurde ebenfalls unter Variation des 14

N : 15

N-Verhältnisses durchgeführt.

Arbeiten, bei denen wenigstens zwei der drei wichtigsten Einfangreaktionen

thermischer Neutronen einzeln am gleichen Objekt unter den gleichen Be­

dingungen der Bestrahlung und Auswertung ausgeschaltet wurden, liegen

unseres Wissens nach noch nicht vor. ~)

*kach Fertigstellung dieser Arbeit veröffentlichte R. ECOCHARD15

) eine

Untersuchung über den Beitrag der 14

N- und der 1

OB-Einfangreaktion zum

genetisch bedingten Strahlenschaden thermischer Neutronen bei Tomaten­

Rilen. In dieser Arbeit wird für beide Reaktionen die Isotopen-Austausch­

technik angewandt. Einzelne Ergebnisse werden an passender Stelle hier

noch auf genommen.

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Es ist daher das Ziel dieser Arbeit, unter den genannten Bedingungen die

Schadenanteile der wichtigsten Einfangreaktionen thermischer Neutronen

zu ermitteln. Bezogen auf die Energiedosis, soll die Schadenwirksamkeit

dieser Reaktionen ermittelt und miteinander verglichen werden.

Neben den natürlichen Isotopengemischen des Stickstoffs und Bors (99, 6 % 14 at 15 , II II at 10 at 11 N : 0, 4 1o N, Bezeichnung N-14 • bzw. 19, 8 1o B : 80, 2 1o B,

Bezeichnung "B-1O+ll11) werden die veränderten Gemische 5 % 14N : 95 %

15N (Bezeichnung "N-15 11) und 4, 2 % lOB : 95, 8 % 11

B (Bezeichnung

11B-ll 11) eingesetzt. Der an sich mögliche Ersatz von

1H durch

2H zur

Messung des 1H-Schadenanteils wird nicht durchgeführt, da durch

2H be­

dingte wesentliche physiologische Veränderungen der Testpflanzen mit

Sicherheit erwartet werden müssen 4

). Die Isotopengemische werden auf

alle denkbaren Weisen kombiniert:

H-1, B-10+11, N-14

H-1, B-11 N-14

H-1, B-10+11, N-15

H-1, B-11 N-15 .

Die nach dem weitgehenden Ersatz von 14

N und lOB noch verbliebenen

Strahlenquellen des benutzten thermischen Neutronenfeldes sind die 1H­

Einfangreaktion und andere Einfangreaktionen thermischer Neutronen

(Kurzbezeichnung "H-1 11) sowie die Reaktionen nicht-thermischer Neutronen

und die f-Untergrundstrahlung. Die vereinigte Wirkung der nicht­

thermischen Neutronen und der y-Untergrundstrahlung kann durch Her­

ausfiltern der thermischen Neutronen mittels 6Li-Filter bestimmt

werden. Der Schadenanteil der f-Untergrundstrahlung schließlich läßt

sich durch Bestrahlen der Proben mit Röntgenstrahlen gleich geringer

Dosis und Dosisleistung abschätzen. Aus den Differenzen dieser ver­

schiedenen Gesamtschäden ergeben sich die Schadenanteile aller be­

teiligten Strahlenquellen. Zur Vervollständigung der Untersuchungen wird

auch die Wirkung hoher Röntgenstrahlen-Dosen gemessen.

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2, Bestrahlungsobjekt Chlorella und seine Kulturmethoden

2, 1 Auswahl des Bestrahlungsobjektes

Die Gesichtspunkte zur Auswahl des Bestrahlungsobjektes waren viel­

fältig. Neben der bei Bestrahlungsversuchen dieser Art immer anzu­

strebenden Einheitlichkeit des Materials war vor allem die Möglichkeit

einer schnellen und vollständigen Markierung mit den in Frage kommenden

Isotopen erforderlich. Das Objekt mußte eine Reihe verschiedenartiger,

leicht meßbarer und empfindlicher Veränderungen mit der Bestrahlung auf­

weisen. Aber vor allem durfte es bei einer möglichst großen Zahl von

Individuen nur eine relativ geringe Masse besitzen, um den Einsatz hoch­

gradig markierter 15

N-Verbindungen nicht unnötig zu verteuern. Aus dem

gleichen Grunde mußte es anorganisch in Flüssigkultur ernährbar sein,

und nicht zuletzt sollten diese Kulturbedingungen und das Objekt selbst gut

erforscht sein.

Diese Bedingungen werden gut von der einzelligen, unbeweglichen und

synchronisierbaren Grünalge Chlorella pyrenoidosa erfüllt. Ein selbster­

zeugter Klon des Stammes Nr. 211-8b der Sammlung von Algenkulturen

des Pflanzenphysiologischen Instituts der Universität Göttingen diente als

Bestrahlungsobjekt. Unter günstigen Bedingungen wachsen die jungen,

ellipsoidförmigen, im Mittel etwa 4 p.m langen Zellen (Abb. 1) innerhalb

von 20 h zu teilungsbereiten, kugelförmigen "Mutterzellen" heran, die

einen Durchmesser von durchschnittlich 10 pm erreichen (Abb. 2), Die

Alge vermehrt sich ungeschlechtlich durch den Zerfall der Mutterzellen

in meist 8 oder 16 Tocherzellen (sog. Autosporen). Hiermit ist nach etwa

24 h ein Zyklus beendet und der Ausgangszustand wiederhergestellt. Die

Literaturangaben über den Entwicklungsverlauf (Abb. 3) und die Kultur

von Chlorella pyrenoidosa sind inzwischen umfangreich (vgl. z. B.

A. KUHL , H. LORENZEN1

?); H. ALTMANNlS) und C. SOROKIN,

R. W. KRAUSS19

)). Die Umweltfaktoren und der Entwicklungszeitpunkt

spielen eine ganz wesentliche Rolle für die chemische Zusammensetzung

der Algenzellen (H. G. RUPPEL 2

0) u. a. ).

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1 •

Abb. 1: Chlorella-Autosporen, 1, 5 h nach Beginn der Lichtzeit

Abb. 2: Chlorella-Mutterzellen, 5 h vor Beginn der Lichtzeit

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Lichtzeit

Wachstum

0 2 4 6 8

- 12 -

Dunkelzeit

10 12 14 16 18 20 22 24

Zeit nach Lichtbeginn ( h )

Abb. 3: Entwicklungsverlauf von Chlorella pyrenoidosa im Licht­

Dunkel- Wechsel 14 h : 10 h

2. 2 Flüssigkultur der Algen

Die Anzucht der Algen erfolgte in Flüssigkultur im Licht-Dunkel-Wechsel

(LDW) von 14 h Licht (ca. 15000 Lux an der Kulturoberfläche aus 2 Philips

TL 40 W /32 de Luxe und 3 Philips TL 40 W /33) und 10 h völliger Dunkel­

heit. Hierbei wuchsen die Algen steril in Röhren aus "Solitex"-Glas (In­

halt max. 120 ml; Abb. 4), die in Thermostatbecken auf 30, 0 + max.

0, 2 °c gehalten wurden (Abb. 5). Die technischen Einzelheiten dieser

Einrichtung wurden von W. GÖHDE21

) eingehend beschrieben.

Eine günstige Nährlösung mußte Stickstoff und Bor in jeweils nur einer

und einfachen Verbindung enthalten und damit (abgesehen von reinen

H-C-0-Verbindungen) anorganisch sein. Die Nährlösung wurde im

wesentlichen nach A. KUHL und H. LORENZEN17

) zusammenge-

stellt, aber aus Kostengründen verdünnt (Tab. 1 ). Das Eisen mußte

komplex mit 9, 3 mg/1 Dinatriumsalz von EDTA gebunden werden. Um ein

Ausflocken schwer löslicher Phosphate zu verhindern, wurde die Nähr­

lösung ohne Spurenelemente, aber mit Bor und Calcium nur 30 min lang 1

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Gummikappe

0 cm 5

Abb. 4

Belüftungsrohr

Kulturröhre der Algen

(Abb, verändert ent­

nommen aus 21

))

- 13 -

Abb. 5 Vollständige Kultur­

einrichtung der Algen

(Abb. entnommen aus21

))

bei 120 °c autoklaviert. Die fehlenden Spurenelemente wurden erst kurz

vor dem Gebrauch der Röhren steril, in 1 ml H2o gelöst, den sonst

fertigen Röhren zugegeben.

Die Herkunft des Bors in der Nährlösung muß kritisch untersucht werden.

880 · 10-7

g Bor /1 werden der Nährlösung in Form von Borsäure zuge-

geben. Die p. a. Chemikalien von 1 g/1 dürften nicht mehr als etwa 5 · 10-7

g

Bor einschleppen. Das für die Algenkulturröhren verwandte "Solitex" -Glas

der Fa. SOVIREL (Paris) enthält 13, 0 % B2o

3 und kommt damit als Bor­

lieferant ebenfalls in Frage. Nach wenigstens dreimaligem Gebrauch der

Röhren verlieren diese unter den genannten Arbeitsbedingungen weniger -7 / 22} als 35 . 10 g Bor 1 (nach Herstellerangaben und K. RE~M ) .

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Nährsalz Konzentration Konzentration (mg/l} (molar}

NaH 2Po4

• H 2o 310 2. 25 . 10- 3

Na2HP0

4 . 12 H

20 89,5 2, 50 . 10-4

-3 KN0 3

505 5,00 . 10

MgS04 7 H 20 123 5,00 . 10-4

CaC12

2 H20 7, 40 5,00 . 10-5

H3Bo

3 0,500 8, 09 . 10- 6

FeS04 7 H

2o 6,95 2. 50 . 10- 5

MnC12

4 H 20 0,140 7,00 10- 7

ZnS04

7 H2o 0,287 1,00 • 10- 6

CuS04 5 H 2o 0,006 2. 4 . 10-8

Moo 3 0,001 7. 0 . 10-9

CoC1 2 6 H 20 0,002 1. 0 . 10-8

H20 dreifach destilliert zu 1000 ml Lösung; pH-Wert= 5, 95

Tab. 1 Nährlösung für Chlorella pyrenoidosa

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- 15 -

Diese geringen, berechneten Fremdboranteile werden gut bestätigt durch

Untersuchungen von M, PASCHKE23

). Unter den gleichen Versuchsbe­

dingungen ließ sich in einer "borfreien" Nährlösung kein Bor als Borsäure­

methylester nachweisen, während zugesetzte 87 · 10- 7 g Bor/lauf diese

Weise sicher festzustellen sind. Beim Weglassen der sonst üblichen

-7 / 87 · 10 g Bor 1-Nährlösung nahm die Zuwachsrate der Grünalge

Haematococcus pluv. stark ab.

Bei massenspektrometrischen Untersuchungen wurde in guter Überein­

stimmung mit dem eingesetzten Anreicherungsgrad für die 15

N-Versuche

ein 15

N-Anteil von 93, 7 + 2, 2 % in der Trockensubstanz der Algen ge­

messen. Der 10

B-Anteil-in der Algentrockensubstanz für die 11

B-Ver­

suche konnte nicht nachgeprüft werden. Es wurden daher die Angaben des

Herstellers über den lOB-Anteil der eingesetzten H3

11B o

3-Säure über­

nommen.

14 15 10 11 Selbst ein gleichzeitiger Ersatz von N durch N und von B durch B

hatte - ohne Bestrahlung - keinen meßbaren Einfluß auf die Entwicklung der

Algen, in Übereinstimmung mit den Ergebnissen bisher darüber veröffent­

lichter Arbeiten (vgl. die eingehende Untersuchung von R. A. UPHAUS et 4)

al. ) .

Einzige Kohlenstoffquelle der Algen war der mit 5, 6 Vol. % CO 2

ange­

reicherte, angefeuchtete Luftstrom, der die Kulturen durchperlte und

dadurch gleichzeitig für eine dauernde Durchmischung der Algen sorgte.

Die den Algen zur Verfügung stehende CO 2

-Menge kann bei dichten

Kulturen wachstumsbestimmend sein. Es wurde daher der größtmögliche

Gasdurchsatz von etwa 2 1 Gasgemisch pro h und Röhre eingestellt. Die

Gleichheit der Begasung der Kulturröhren konnte nur geschätzt werden.

Wurden die Algenkulturen täglich 1, 5 h nach Lichtbeginn auf die gleiche

spezifische Zellzahl von 3, 5 · 106

Zellen/ml verdünnt, waren sie bei den

genannten Kulturbedingungen spätestens nach 3 d vollständig synchron,

d. h. bei Lichtbeginn bestanden die Kulturen nur aus jungen Autosporen

(Abb. 1; über Synchronkulturen von Chlorella vgl. 17)).

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Die hierzu notwendige Bestimmung der spezifischen Zellzahlen erfolgte

mit einem elektronischen Zählgerät (Celloscope 202 der Fa. L. LJUNGBERG

(Stockholm); Zählkapillarendurchmesser 100 pm; Zählvolumen 1, 00 ml;

Zählzeit 32 sec). Zur Zählung wurden die vor allem im jungen Stadium ge­

legentlich leicht zusammenhängenden Autosporen mit Ultraschall vorsichtig

getrennt. Wurden die Koinzidenz-Verluste der Apparatur korrigiert, war

der gesamte Zählvorgang auf ~ 1, 7 % genau.

Die Zählimpulse des C elloscope sind proportional zum Algenvolumen. Mit

Hilfe zweier Diskriminatorstufen ließ sich in etwa 30 min die Volumenver-

teilung einer Algenpopulation aufnehmen.

Die Synchronität einer Algenkultur mit 3, 5 · 10 6

Zellen/ ml läßt sich mit

den Zellvolumenverteilungen beweisen, die 5 h vor bzw. 1, 5 h nach Licht­

beginn für 30 000 Zellen aufgenommen wurden (Abb. 6). Die Verteilung der

Autosporen ist eingipflig und folgt sehr gut der eingezeichneten GAUSS­

Verteilung. Nur vollsynchrone oder völlig asynchrone Kulturen können

eine solche Verteilung aufweisen. Die Mutterzellen (5 h vor Lichtbeginn)

scheinen dagegen aus zwei Gruppen fast gleich großer Zellen zu bestehen.

Es dürfte sich dabei um die Gruppen handeln, die - entsprechend ihrer

Größe- in entweder 8 oder 16 Autosporen zerfallen, trotzdem aber auf

gleicher Entwicklungsstufe stehen. Die Abb, 6 läßt klar erkennen, daß

die Verteilungskurven keine gemeinsame Fläche besitzen. Es ist ein hin­

reichender Beweis dafür, daß sich innerhalb der beiden Meßzeitpunkte jede

Zelle der rechten Population wenigstens einfach geteilt haben muß.

Zur Messung der Synchronisationsschärfe der Kulturen wurde die spezifische

Zellzahl in Abhängigkeit von der Zeit aufgenommen und in Abb. 7 darge­

stellt. 4 h vor Lichtbeginn steigt die vorher konstante Zellzahl steil an

und erreicht 5 h später, also 1 h nach Lichtbeginn, ihre endgültige Höhe.

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Zellvolumen

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3 ( rel. Einh. )

Abb. 6: Zellvolumen-Verteilungen5Stundenvor (- - o - - )

und 1, 5 Stunden nach Lichtbeginn ( --•--- )

35

- 30 E

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14 16 18 20 22 24 2 4 6 8 10 12 14 ---. Zeit nach Lichtbeginn ( h )

Abb. 7: Spezifische Zellzahl in Abhängigkeit von der Zeit

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- 18 -

Die Synchronität einer Kultur bleibt unter den genannten Kulturbedingungen

wenigstens über 16 Generationen erhalten.Abb. 8 zeigt über 6 Generationen

schematisch den Verlauf des Zellzuwachses (Mittelwert aus 3 Parallel­

kulturen) und das anschließende Verdünnen auf die spezifische Standard­

zellzahl von 3, 5 · 106

Zellen/ml. Nach zwei relativ hohen Zuwachsraten

scheint eine geringere zu folgen, was jedoch auf die Synchronität keinen

Einfluß hat.

... 0 :;c .E tll Cl c: :::J

15

~ 10 E ~

0

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LJ 4 u.

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I 4 14 4 14

p

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4 14 4 14 ___., Tageszeit

4 ( h)

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' I 14

Abb. 8: Vermehrungsfaktor einer synchronen Chlorella-Kultur über

6 Generationen

2. 3 Agarkultur der Algen

4

Um die Entwicklung einer Chlorella-Zelle über viele Generationen ver­

folgen zu können, wurden die Algen auch auf sterilen Nähr-Agarober­

flächen kultiviert. 30 ml einer 2 o/oigen-Agar-Lösung, angesetzt mit der

anorganischen Nährlösung von Kap. 2. 2, wurden heiß in 9 cm ~-Petri­

schalen gegossen und zugedeckt etwa 2 Wochen zum Trocknen in der Impf­

kabine belassen.

Gleichbleibend 0, 5 ml Algensuspension mit einer genau bekannten Zahl

von etwa 500 Zellen wurden auf eine Platte steril aufpipettiert und durch

Schleudern auf der Oberfläche verteilt. Die Flüssigkeit wurde von den

Platten restlos aufgesogen. Ein Dekantieren der Platten nach dem Ab-

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- 19 -

setzen der Algen war daher überflüssig. Die Algen wuchsen im LDW von

14 h Licht (ca 5 000 Lux aus 5 Philips TL 40 W / 3 2 de Luxe und 4 Philips

40 W/33 Leuchtstoffröhren) und 10 h völliger Dunkelheit. Die Temperatur

schwankte im Tagesablauf mit der Belichtung zwischen 21-26 °c, blieb 0

aber zum gleichen Zeitpunkt bei den einzelnen Versuchen auf etwa 2" 2 C

konstant.

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- 20 -

3. Bestrahlungen

3. 1 Anzucht der Bestrahlungskulturen

Eine synchrone Chlorella-Kultur wurde in der in Frage kommenden Isotopen­

Nährlösung über meist drei, wenigstens aber zwei Generationen so ver­

mehrt, daß die Zahl der jungen Autosporen am Ende der letzten Dunkel-

zeit rund 24 - 35 · 106 /ml erreichte. Diese Kultur wurde dann in fünf

bis sechs Parallelröhren der gleichen Nährlösung auf die Standardzellzahl

von 3, 5 . 106 /ml verdünnt und nach einer weiteren Generation bestrahlt.

Bei einem durchschnittlichen Vermehrungsfaktor der Algen von 10 betrug

damit die Verdünnung der beim Start in den Zellen vorhandenen Isotope

wenigstens 1 : 1000. Vor der Bestrahlung wurden die Parallelkulturen ver­

einigt und durchmischt, so daß kaum vermeidbare, geringe Wachstums­

schwankungen der einzelnen Anzuchtkulturen ausgeglichen werden konnten

und ein in allen Proben reproduzierbares und gleichartiges Bestrahlungs­

gut vorlag.

3. 2 Herstellung der Bestrahlungsproben

Die jungen Autosporen von Chlorella am Ende der Dunkelphase erfüllen die

wesentliche Forderung scharfer Synchronität am besten. Die Zellkerne be­

finden sich alle in der G1 -Phase; die DNS-Synthese beginnt bei normalen

Kulturbedingungen der Algen erst rund 10 h nach Lichtbeginn. Eine zur Be­

strahlung notwendige Veränderung des Kulturmilieus verursacht zu diesem

Zeitpunkt die geringsten Schäden 24

). Der Bestrahlungszeitraum wurde da­

her exakt an die Dunkelphase angehängt. Dabe~51ußte die relativ geringe

Strahlenempfindlichkeit der jungen Autosporen in Kauf genommen

werden.

Bei der Herstellung der Algenbestrahlungsproben waren eine Reihe teils

widersprüchlicher Bedingungen zu erfüllen. So mußten vor allem die nur

rund 1, 1 · 10-l O cm 3 großen Autosporen möglichst dicht gepackt in einem

möglichst großen Bestrahlungsproben-Volumen vorliegen, um den an die

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- 21 -

Zellen abgegebenen Teil der dort durch die Neutronen erzeugten Korpus­

kularstrahlen-Energie zu vergrößern und Energiedosis-Variationen dieser

Strahlung innerhalb der Probe sicher zu vermeiden. Die Bestrahlungsge­

fäße mußten autoklavierbar sein und sowohl für spontane als auch verzögerte

Strahlung aus Einfangprozessen thermischer Neutronen einen kleinen

Wirkungsquerschnitt besitzen.

Das in der Abb. 9 dargestellte zylindrische Gefäß aus Teflon - (CF 2) -3 n

der Innenmaße:~ = 0, 5 cm, H = 0, 7 cm, V = 0, 137 cm und der Wand-

stärke von min. 0, 5 cm entsprach gut diesen Anforderungen.

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Ln

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...,__ 10 .PI'

14 IAI

Abb. 9: ZylindrischesBestrahlungsgefäß aus Teflon (Maße in mm; Gewinde: M 10 und M 14)

Die Bodenteile der Zylinder wurden in Zentrifugenröhren aus Edelstahl

eingeschraubt (Abb, 10), durch 5 min dauernde Zentrifugation von jeweils

100 ml Algensuspension bei 1200 g gleichmäßig mit Algen gefüllt und mit

Schraubkappen aus Teflon sofort fest und steril verschlossen. Die ge­

ringen Abweichungen des Verhältnisses Trocken - zu Naßgewicht einer

einzelnen Algenbestrahlungsprobe von 0, 0041 = 2, 4 % des Mittelwertes

0, 1714 beweisen die gute Reproduzierbarkeit der Füllungen. Das Algen­

konzentrat in den Teflonzylindern war nicht frei von Nährlösung. Aus dem

Verhältnis Trocken- zu Naßgewicht dieser Proben im Vergleich zu dem

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- 22 -

Abb. 10: Zentrifugenbehälter mit eingeschraubtem Bodenteil der Teflon­

Bestrahlungsgefäße

durch Filtration mit Millipore-Filtern von 1, 2 pm Porenweite gewonnenen,

fast nährlösungsfreien läßt sich der Anteil der Nährlösung auf 20, 7 % ab­

schätzen. Zum Vergleich: eine Füllung des Zylinders mit ähnlich kleinen,

gleichen Kugeln würde unabhängig von deren Radien einen Volumenanteil

der Kugelzwischenräume von 26 % ergeben. Bei der Energiedosisberechnung

wird dieser Anteil der Nährlösung den Algen zugezählt, zumal die dort durch

Strahlung entstehenden Produkte einen Einfluß auf die Algen ausüben können.

Nur für die Einfangreaktionen thermischer Neutronen ist aus geometrischen

Gründen (bei Gleichverteilung der Elemente in der Zelle} die so berechnete

Energiedosis der Algen möglicherweise etwas zu klein, jedoch bei allen

Y - , ß - und Protonenstrahlungen im gleichen Maße. Durch das Zentri­

fugieren der Algen wurde ein denkbarer Einfluß einer bestrahlten Nähr­

lösung auf die Algen weitgehend vermieden.

Die Algen vertrugen die für die Bestrahlungen notwendige Isolationsdauer

von 15, 8 + 0, 2 h bei 26, 7 + 0, 6 °c immer ohne im Mikroskop sichtbare - -

Schäden. Eine Weiterentwicklung der Zellen während dieser Zeit ist aus­

zuschließen, da keine vorzeitigen Mitosen der fdgenden (ersten) Generation

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- 23 -

auftraten. Die Zellvermehrungsrate der ersten Generation lag jedoch um

etwa 30 % unter der einer unbeeinflußten Kultur gleicher Dichte, während

die zweite Generation einen solchen Rückstand nicht mehr aufwies.

3. 3 Ablauf der Bestrahlungen

Zur Aufnahme von Energiedosis-Wirkungs-Kurven sowohl bei Neutronen­

als auch bei Röntgenbestrahlung der Algen wurde bei konstanter Energie­

dosisleistung die Bestrahlungsdauer variiert. Die Bestrahlungen der

einzelnen Proben endeten bei konstanter Isolationsdauer alle zum gleichen

Zeitpunkt. Die noch nicht oder gar nicht bestrahlten Proben erfuhren da­

bei exakt die gleiche Behandlung wie die bestrahlten (Dunkelheit, 26, 7 + 0

0,6 C).

3. 4 Thermische Neutronen-Bestrahlungseinrichtung BE-15

3. 4. 1 Konstruktion

Die "biologische Bestrahlungseinrichtung" 15 (BE-15; W. PORSCHEN5

))

in der thermischen Säule I des 5 MW Schwimmbecken-Reaktors FRJ -1 11Merlin 11 (Jülich) diente als Quelle thermischer Neutronen, Die Abb. 11

gibt alle Einzelheiten der Konstruktion von BE-15 wieder. Die Zeichnung

beginnt links mit der Tankwand.

Zur Bestrahlung wurden die Proben in Stützplatten aus Teflon eingeschraubt

und diese von einem Plexiglaskasten ("Käfig"; Abb. 12 und 13) mit

16 x 16 x 4 cm großem Innenraum aufgenommen. Der Käfig konnte bei

laufendem Reaktor durch einen Schieber seitlich in die Schwalbenschwanz-

Halterung an der Stirnseite eines Transportwagens eingesetzt und der

Wagen darauf mittels einer Schubstange von Hand im Transportrohr bis

zum kleinen Wismutfilter eingefahren werden. Die bei Neutronenflußdichte­

und 0-Bestrahlungsdosismessungen von 2 bzw. 1 min Dauer während des

Ein- und Ausbringens der Dosimeter zusätzlich erzeugte Anzeige betrug

etwa 1 % und wurde rechnerisch berücksichtigt (Transportfaktor = 0, 99 ).

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- 24 -

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0 20 40 60 80 100 120 140 f60 !80 200 220 240 260 280 300 320 340 300 300 cm 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1

0./.· ///

Abb. 11

Gesamtanordnung der &strahlungs -einrichtung BE 15

Neutronenbestrahlungseinrichtung BE-15 am Reaktor FRJ-1

"Merlin" (Abb. verändert entnommen aus 5

))

Abb. 12 Bestrahlungskäfig mit Einsätzen für BE-15

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Abb. 13

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-·--------+ Reaktorkern - 1

seite

- 25 -

- Bestrahlungskäfig

--- vorderer F' l . h b i-:-+_._,...-'-"-.........,>-t _ hinterer 1 tereinsc u

- - Li F - Filterring

vorderes 6Li _ Filter - hinteres

- Stützplatte für Algengefäße

Algengefäß

0 mm 30

Horizontalschnitt durch den Bestrahlungskäfig mit eingebauter

Li-Filtereinrichtung und eingelegten Bestrahlungsproben

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- 26 -

Der Innenraum des Bestrahlungskäfigs wies je nach Verwendungszweck

verschiedene Anordnungen auf. Für die Bestrahlungen mit dem gesamten

Neutronenspektrum wurde die Stützplatte der Proben von einem sehr leicht

gearbeiteten Rahmen aus Plexiglas in Höhe der vorderen Nut in der Mitte

des Käfigs gehalten und der verbliebene Raum zwischen Bestrahlungsge­

fäßen und Rückwand des Käfigs durch einen 10 x 10 cm großen und 2, 2 cm

dicken Plexiglasblock als Neutronenreflektor ausgefüllt {Abb. 12).

Um die Wirkung des Strahlenfeldes ohne thermische Neutronen messen zu

können, wurden die Bestrahlungsproben mit einer Lithium-Filtereinrich­

tung abgedeckt. Wirksam ist die Einfangreaktion

6Li + n ---)""'

3H + ~ + 4, 8 MeV

mit d = 953 barn für thermische Neutronen. Zwei 1 mm dicke Scheiben 6n,<X

aus Li-Metall von 7, 0 cm Durchmesser unter 1, 5 mm Plexiglas, und ein

quadratischer, 2, 6 cm dicker Filterring, gefüllt mit natürlichem, reinstem

LiF, bilden einen Hohlraum von 3, 8 x 3, 8 x 1, 8 cm. In diesen wurde die

Stützplatte mit den eingeschraubten Bestrahlungsgefäßen eingelegt (Abb. 13).

Die beim Neutroneneinfang im 6Li erzeugten energiereichen o< - und

3H­

Kerne können das Bestrahlungsgut nicht erreichen. 1 mm 6Li-Metall ab­

sorbiert 99, 34 % der auffallenden thermischen Neutronen, während die

wichtigen mittelschnellen und schnellen Neutronen (E > 10 keV) zu wenigstens

98, 4 % das Filter durchdringen. Auch für die umgebende harte (-Strahlung

(E rund 2 MeV) ist die Absorption in 1 mm Li und 3 mm Plexiglas vernach­

lässigbar gering. Der Ring aus LiF verhindert das seitliche Eindiffundieren

thermischer Neutronen in den Bestrahlungsraum. 2, 6 cm LiF bei einer

effektiven Dichte von 1, 31 g · cm -3

sind 8 Halbwertsschichten für thermische

Neutronen. Es wird angenommen, daß die mittelschnellen und schnellen

Neutronen sowie die 0-Strahlung so stark gerichtet vom Reaktorkern her

einfallen, daß der Filterring auf die am Probenort herrschende Intensität

dieser Strahlung keinen wesentlichen Einfluß hat.

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- 27 -

BE-15 war nur über das Reaktortankwasser und die Reaktorhallenluft

temperierbar. Im Laufe der Versuchsreihe ergab sich in der Bestrahlungs­

position eine durchschnittliche Temperatur

t = 26, 7 (min. 26, 1, max. 27, 3) 0e.

Einmal aufgetretene 24, 7 °e hatten keinen merklichen Einfluß auf das Ver­

suchsergebnis.

3, 4. 2 Neutronenflußdichte - Messungen

Thermische Neutronenflußdichte

26) Den Angaben der IAEA entsprechend, wurde die thermische Neutronen-

flußdichte f th durch die Aktivierung von Goldsonden gemessen:

2 Die kleinen Goldscheiben (Durchmesser = 1, 1 cm, Fläche = 1, 0 cm • Ge-

wicht = 0, 0365 g) stören das Neutronenfeld nur unwesentlich. Sie wurden

exakt in der Probenbestrahlungsposition, also auch unter einer beid­

seitigen Abdeckung von 0, 5 cm Teflon, 2, 00 min lang mit und ohne 0, 1 cm

dicker Cadmium-Abdeckung bestrahlt. Das Fehlen der kleinen Algenzylinder

während der Flußmessungen konnte vernachlässigt werden. Aus der nach

der Zeit J- nach Bestrahlungsende noch vorhandenen, erzeugten Aktivität

A(..)-) der unabgedeckten Folien läßt sich <pth berechnen:

Gl. 1

\. 1'5-- -1 A(..,) · e (1- fCd · ReJ · fTr

f th =( 1 - e - A. t) · m · O" • N · f a th

-1 A(.3--) = Aktivität der Goldfolien (sec )

= Zeit zwischen Bestrahlungsende und Messung (min)

t = Bestrahlungszeit = 2, 00 min

198 -4 -1 = Zerfallskonstante des Au = 1, 784 · 10 min

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- 28 -

fTr = Transportfaktor in BE-15 = 0, 99

m = Masse der Goldsonden (g)

r1 =Aktivierungsquerschnitt für 197

Au = 98,8. lo- 24cm

2 a

197 1021 g-1 N = Zahl der Au-Kerne pro g Gold = 3, 058 ·

fth = Korrekturfaktor für die Absorption thermischer

Neutronen in der Goldsonde = 0, 95

RCd = Verhältnis der spezifischen Sättigungsaktivitäten von

unbedeckten zu mit Cadmium abgedecktem Gold

fCd = Flächenkorrekturfaktor (berücksichtigt die Absorption

epith. Neutronen in Cd) = 1, 11 für 0, 1 cm Cd .

Hier und bei allen anderen, in dieser Arbeit genannten Einfangreaktionen

im thermischen Energiebereich liegt eine Maxwell' sehe Energieverteilung

der Neutronen zu Grunde und wird der Einfangquerschnitt a' angegeben für a

die wahrscheinlichste Geschwindigkeit thermischer Neutronen bei Zimmer-

temperatur v = 2200 m/ sec. 0

Statt A(J) wurde die Zählrate C (J-) aktivierter Goldsonden in einem NaJ(Tl)­

Bohrlochkristall, der an einen Telefunken-Strahlungsmeßplatz angeschlossen

war, gemessen. Wegen der großen Reinheit des Goldes (99, 999 o/o) konnte

das gesamte Energiespektrum des 198

Au ausgenutzt werden. Die Konstanz

der Meßapparatur wurde mit einem 22

Na-Standard überprüft.

A(.}) und C(""') einer Sonde sind über den Kalibrierungsfaktor e des be­

nutzten Strahlungsmeßplatzes einander proportional. Mit Hilfe einer

ß, 0 -Koinzidenzmeßanordnung wurde die wahre Aktivität A(J--) einer Sonde

ermittelt und aus C (J'-+A~) derselben Sonde nach Gl. 2 der Kalibrierungs­

faktor l' zu e = 2, 66 bestimmt:

Gl. 2

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- 29 -

Li~ = Zeit zwischen der Messung von A(~) und C (~) in (min).

C = Nulleffekt des Meßplatzes. 0

Meßergebnisse

Die folgende Aufstellung gibt die relativen Strahlungsintensitäten in den

vier Bestrahlungspositionen des Bestrahlungskäfigs an (Mittelwert = 1, 000):

fth / fth Tepi / Tepi Ir I f.r vor Reflektor im Innern der im Innern der

Li-Filterein- Li-Filtere in-richtung richtung

Pos. 1: 1. 003 + o. 005 1,016+0,034 1. 008 + o. 013

Pos. 2: 1. 001 + o. 004 o. 944 + o. 001 1. 04 0 + 0. 016

Pos. 3: o. 995 + o. 001 1,039 +0,017 o. 979 + o. 020

Pos. 4: 1. 001 + o. 002 1,001+0,017 o. 970 + o. 020

Ir = Bestrahlungsdosis der (-Strahlung (R ).

Die vier Bestrahlungspositionen sind innerhalb enger Grenzen gleichwertig.

Durch mehrfaches Drehen der Algengefäß-Stützplatte in der Halterung

während des Bestrahlungszeitraumes wurden die geringen Intensitäts­

unterschiede zusätzlich ausgeglichen.

Für den Gradienten der thermischen Neutronenflußdichte in Richtung der

Kanalachse ergab die Messung 1, 1 % · cm -l. Die hierdurch innerhalb der

Proben verursachten Flußdichtedifferenzen sind ~ 0, 7 % und damit zu ver­

nachlässigen, Etwa gleich groß ist ~ I(/I'( (nach W. PORSCHEN5

)).

Da am FRJ-1 während der Versuchszeit vielfältige Experimente vor

allem im Reaktorkern liefen, waren trotz konstanter thermischer Leistung

des Reaktors Schwankungen der thermischen Neutronenflußdichte in BE-15

unvermeidbar. Es ergaben sich:

<pth 0

= 0,89 bis 1,32 ·

• 1 0 . 1 o9 f th, o = • 5 nth '

9 -2 cm 10 nth · -2

cm -1 · sec

-1 · sec

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- 30 -

Vor und meist auch nach jeder Probenbestrahlung wurde fth gemessen und

dafür Sorge getragen, daß sich an den Betriebsdaten während einer Be­

strahlung nichts änderte. Die größte relative Abweichung betrug so nur

3, 4 % und war nicht signifikant.

Berechnung der thermischen Neutronenflußdichte im Probeninnern

Die Abnahme von ~th mit der Eindringtiefe z im Probeninnern muß be­

rücksichtigt werden und wird in grober Näherung angesetzt mit: z

-=

= th. Neutronendiffusionslänge in weichem Gewebe = 2, 48 cm

= durch einseitig einfallende Neutronen bedingte thermische Fluß­dichte

Die Proben wurden während der Bestrahlung nicJlt gewendet. Da aber das

Albedo von Plexiglasreflektor und Käfigrückwand zusammen ß = 0, 82 be­

trägt, wird das Bestrahlungsgut praktisch beidseitig bestrahlt mit: z H - z

Gl. 4 : f th (z) = fth, o (e Ad

+ 0, 82e

so daß die mittlere Flußdichte im Probeninnern mit

fth = 1, 59 Tth, 0

(min. 1, 572; max. 1, 618)

statt fth = 1, 82 fth, 0

fast gleichmäßig nur 87 % der von den Goldsonden

(beidseitig ! ) gemessenen Neutronenflußdichte f th, 0

am Bestrahlungsort

beträgt. Die Unsicherheit der Abschätzung dürfte etwa 5 % betragen. Da­

mit ergibt sich ein Gesamtfehler der thermischen Neutronenflußdichte von - 1 9 -2 -1

etwa 6 % : fth = (0, 914 ::- 0, 055) · 0 nth · cm · sec .

Um die höchste gewählte thermische Neutronenfluenz cpth = 4, 5 2 · 1013

nth · cm ""2

im Probeninnern zu erreichen, waren daher Bestrahlungs­

zeiten von durchschnittlich 13, 8 h notwendig.

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- 31 -

Cadmium- und Lithium-Verhältnis

Als Cadmium-Verhältnis RCd bezeichnet man das Verhältnis der Aktivie­

rung einer am gleichen Ort ohne und mit Cd-Hülle dem Neutronenfeld aus­

gesetzten Folie, also:

Gl. 5 = f th ' dth + f epi · crao

(1) • er' Tepi ao

<p epi = epithermische Neutronenflußdichte pro Lethargieintervall

(vgl. das folgende Kapitel)

<Y ao

197 = Resonanzaktivierungsintegral für Au und E :> 0, 4 eV

n = 1558barn

32).

6th =Aktivierungsquerschnitt für 197

Au bei thermischen Neutronen­

energien (vth = 2200 m/sec).

Bei konstantem Neutronenenergiespektrum oberhalb des thermischen Be­

reiches und bekanntem fth lassen sich mit Gl. 5 relative Änderungen von

RCd in relative Änderungen der epithermischen Neutronenflußdichte um­

rechnen.

Mit Goldfolien wurde im Versuchszeitraum gemessen:

RCd = 36, 5 (max. 39, O; min. 33, 6; Stand. -Abw. = + 4, 7 %).

Das Neutronenspektrum in BE-15 war also hinreichend konstant. Die

Energiedosis der nicht-thermischen Neutronen ist der Flußdichte

thermischer Neutronen daher gleichbleibend proportional. Das Neutronen­

feld ist allerdings im Vergleich zu einigen anderen Anlagen schlecht

thermalisiert.

Die Abschirmwirkung der Li-Filtereinrichtung ergibt sich aus dem Li­

Verhältnis

A , unabgedeckt ohne Reflektor s

A t 6L. s, un er i

A = Sättigungsaktivität von Gold pro Gramm. s

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- 32 -

Gemessen wurde mit Goldfolien RL. = 39, 5 + 1, O. Da der Beitrag der 1 -

Goldresonanzaktivierung (gemessen mit Cd) ..:::: 2, 8 % der Gesamt-

aktivität des Goldes war und RLi > RCd' betrug die Absorption der

Li-Filter für thermische Neutronen wenigstens 9 7, 2 % der vollständigen

Absorption von 0, 1 cm Cadmium.

Die Wirkung des gesamten Neutronenspektrums wurde bei unabgedeckten

Proben vor dem Reflektor ermittelt, die Wirkung des um die thermischen

Neutronen verminderten Feldes jedoch im Innern der Li-Filtereinrich­

tung, und zwar aus Platzgründen ohne Reflektor. Dadurch wurde auch das

Feld der nicht-thermischen Neutronen in beiden Positionen um ~R Cll • Tep1 ungleich. Der Reflektor bewirkte eine Zunahme von fth um 35 %. Gleich-

zeitig wuchs auch RCd von 31, 9 auf 39, 3, so daß für die Position mit

Reflektor L'.lR <D ./ <D • = + 8, 2 % schon im Resonanzgebiet des Goldes bei 1 ep1 1 ep1

4, 9 eV gering ist (nach Gl. 5 ). Für die wichtigeren Neutronenenergien

> 10 keV sinkt die Reflektorwirkung des Plexiglases stark ab (Vorwärts-

streuung, Verringerung von d ). L\ R <D • wird daher vernachlässigt. s rep1

Die geometrisch begründete Flußdichtedifferenz der beiden Positionen be­

trägt nur 1, 2 %.

Nicht- thermische Neutronenflußdichte

Für die thermische Säule des FRJ-1 11Merlin11 ist nach W. SCHNEIDER 27

)

auf Grund der geringen Neutronenabsorption im Energiebereich 0, 5 -

ca. 500 000 eV eine Neutronenenergieverteilung

-1 Gl. 6 : ul/E(E) = f epi . E

-2 -1 -1 (n · cm . sec · eV )

mit guter Näherung gegeben. Bei

$ = 1 05 . 10 'th, 0 •

9 -2 nth · cm

-1 sec

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- 33 -

ergibt sich im Prinzip aus Gl. 5 - unter Beachtung einer Reihe von

Korrekturfaktoren für die Neutronenabsorption im Cadmium und Gold -

für den genannten Energiebereich die konstante Flußdichte

6 -2 -1 <fJ = 4 9 · 10 n · cm · sec pro Lethargieintervall. 1epi '

{Der Energiebereich 0, 5 eV - 600 keV besteht dabei aus 14 Lethargie­

intervallen [ EK , e · EK] ; vgl. Tab. 5. Für die mittlere Neutronen­

energie eines Intervalles K ergibt sich durch Integration

Gl. 7 EK = ( e - 1 ) · EK ) .

Zur Messung der Flußdichte schneller Neutronen mit Energien > 0, 72 MeV

wurde die Aktivierung von 31

P-Phosphatgläsern unter Cadmium verwandt:

ß

T 1/ 2 = 2,62 h

Aus der Sättigungsaktivität des erzeugten 31

si* ergab sich unter Zugrunde­

legung eines reinen Spaltspektrums

Gl. 8 : u (E) = c · sp sp

e -1, 036 E . sh V 2, 29 E (E in MeV)

die integrale Neutronenflußdichte f s mit Energien > 1 MeV zu

106

n -2 -1

~s.E>lMeV = 3, 0 . cm . sec und

s

106n

-2 -1 -1 sowie c = 2, 1 . cm . sec eV

sp s

E = 2, 42 MeV

{bei fth, 0

= 1, 05

30 %).

9 -2 10 nth · cm sec-\ Fehler nach W. SCHNEIDER

27)

Für den Zwischenbereich 600 keV - 1 MeV ':_urden ul/E(E) und usp(E)

graphisch verbunden. Die mittlere Energie E beträgt 75 3 keV.

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- 34 -

Die Flußabnahme durch Absorption der mittelschnellen und schnellen

Neutronen im Probeninnern ist zu vernachlässigen.

3. 4. 3 Neutronenenergiedosis - Berechnungen

Energiedosis thermischer Neutronen

Die durch Einfang thermischer Neutronen im Algenkonzentrat freige­

setzte ionisierende Strahlung setzt sich formal zusammen aus der

spontanen Einfang-Strahlung (meist f, Halbwertzeit < 10- l O sec} und

der verzögerten Strahlung erzeugter-Radionuklide (meist ß- und t, Halb­

wertzeit > 10- lO sec}. Die Energiedosis, die diese Strahlungen in einem

Massenelement mit gleichmäßiger Verteilung der strahlenden Nuklide

abgeben, ergibt sich für alle Strahlungen einheitlich aus Gl. 9 :

Gl. 9 0... rt. Ni ' - [ 1 - lt t - l }J D .. (v} = -y ·~·d. .·Ln ·E ·A · 1- ~ (1-e k }·e "k 1, J th 9 1, J k k k k A. t

k

D. . ( J'} = 1, J

Energiedosis des Nuklids i aus der Kernreaktion i, j -1

L k

A. k

t

<Pth

N. 1

L

(MeV · g }

= Zeit nach Bestrahlungsende (h }

= Summe über alle wesentlichen, bei der Kernreaktion

i, j entstehenden, spontanen oder verzögerten Strah­

lungen

= Zerfallskonstante des die Strahlung k aussendenden -1

angeregten Kernes (h }

= Bestrahlungszeit (h}

-2 = Fluenz thermischer Neutronen (cm }

= Zahl der Nuklide i pro Volumeneinheit des Algen­-3 konzentrates (cm }

= L · ~ • p • qi · M -1

23 -1 = Loschmidtsche Zahl = 6, 02 · 10 g-Atom

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- ::S5 -

~ = Dichte des Algenkonzentrates = 1, 06 g · cm -3

p = Massenanteil des zum Nuklid i gehörigen Elementes

q. 1

M

Cf. . 1, J

(Tab. 2)

= Anteil des Nuklids i am Element

= Atomgewicht des zum Nuklid i gehörigen Elementes -1

(g · g-Atom )

= Einfangquerschnitt des Nuklids i für die Kernreaktion

. . ( 2) 1, J cm

= Zahl der Strahlungsquanten und Teilchen k pro

Reaktion i, j

Ek = (zumeist mittlere) Energie der Strahlungsquanten und

Teilchen k (MeV)

Ak = absorbierter Bruchteil der im Massenelement er-

zeugten Energie (Absorptionsfaktor) der Strahlung k.

A hängt ab vom Ort innerhalb der Probe. Für die weitere Rechnung wird

zunächst der mittlere Absorptionsfaktor eines Algenzylinders von 0 1 5 cm

Durchmesser und 0 1 7 cm Höhe zugrunde gelegt. In diesem ist eine gleich­

mäßige Verteilung aller strahlenden Nuklide gewährleistet.

Wegen ihrer sehr geringen Reichweiten ist für schwere geladene Teilchen

generell A = 1. Die Energiedosis dieser Strahlungen ist im ganzen Zylinder­

volumen gleich.

Bei ß-Strahlung wurde als Mittelwert für A das Verhältnis der Energie­

dosis im Mittelpunkt einer Kugel vom Radius 0 1 25 cm zur Energiedosis

in einem unendlich ausgedehnten Medium gleicher spezifischer Aktivität

eingetragen (graphische Darstellung in 28

)). Ein ß-Spektrum wurde er-

setzt durch eine mittlere Energie und einen mittleren Absorptionskoeffizien­

ten. Für eine Überschlagsrechnung ist dieses Verfahren ausreichend ge-

nau.

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- 36 -

Für (-Strahlung ergibt die Theorie 29

) einen Absorptionsfaktor

GI. 10 Pe . J'(f e-Prer A f (x) = 41T ). dV

V

f e

r

X

V Zylinder

3 = Volumen der Bestrahlungsprobe (cm )

= Energie-Absorptionskoeffizient (cm -l)

= Abstand zwischen Aufpunkt und Strahlenquelle (cm)

= Punkt im Innern des Zylinders aus Algenkonzentrat.

Das Integral, der sog. "g-Wert"P ist für die hier vorkommenden f-Energien

und Zylinderabmessungen fast unabhängig von fe· Daher kann die für

E 0 = 2, 223 MeV der 1H-Einfangreaktion berechnete g- Wert-Verteilung

(Abb. 14) und der zugehörige Mittelwert g = 2, 92 cm für alle r-Strahlungen

verwendet werden:

GI. 11 Pe

=-4

· 2, 92 cm. 'iT

Die durch diese Verteilung bedingte (-Dosisvariation im Innern des Algen­

konzentrates beträgt maximal+ 33, 1 % und - 55, 2 % vom Mittelwert und

ist wegen der geringen Wirksamkeit der f -Strahlen (vgl. Kap. 5) unwichtig.

Da bei der Weiterkultur der bestrahlten Algen nur etwa 2/3 des Inhaltes

der Bestrahlungsgefäße verwertet wurde und die Entnahme dieses Teils

weitgehend zufällig erfolgte, entsteht jedoch bei den t-Energiedosen aus

internen Einfangreaktionen hierdurch ein zusätzlicher Fehler von etwa

10 % und bei ß-Strahlungen ein Fehler von rund 3 %.

-1 Die Umrechnung der Energiedosis von MeV g in rad erfolgt gemäß

GI. 12 D .. (rad) = 1, 6 · 10-B (~ ~g ) · D .. (MeV3

). 1, J e 1, J cm

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- 37 -

4 4

g

3 3

2 2

Ebene z = 0,35 cm Mittelachse

0 0-t---.-~-.---.~-.-~.---.-~4-~o ~1 ~2cm ~o 0,1 0,2 0,3 cm

Abstand Mittelachse Höhe z , auf der Mittelachse

Abb. 14 g-Wert-Verteilung in einem Zylinder aus Algenkonzentrat mit

einem Radius von 0, 25 cm und einer Höhe von 0, 7 cm

Die folgenden Tabellen 2 - 4 berücksichtigen die für die Energiedosiser­

zeugung im Algenkonzentrat wichtigsten Kernreaktionen thermischer

Neutronen. Einige nicht geprüfte Elemente mit besonders hohem Einfang­

querschnitt (wie Cadmium, Samarium und Gadolinium) sind in den Algen

nicht zu erwarten3

). Der Gehalt der Algen an Schwefel und Mangan wurde

aus der Arbeit von H. J. KNAUSS, J. W. PORTER3

0) entnommen. Der Bor­

gehalt wurde colorimetrisch mit de:mDianthrimid-Verfahren gemessen.

Die Rückstoßenergie der Kerne mit ß- oder (-Zerfall ist mit weniger

als 100 eV äußerst gering und spielt bei der Energiedosisberechnung keine

Rolle. Dagegen ist, abweichend von der von M. I. SCHALNow29

) ver­

tretenen Ansicht, die Rückstoßenergie der Kerne bei Emission schwerer

Korpuskularstrahlung sehr wohl zu beachten. ß-Spektren sowie die ver­

schiedenen r-Energien spontaner Kernreaktionen wurden durch den

Energiemittelwert E ersetzt. Die verwendeten Nuklidkonstanten stammen 31-36)

aus .

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- 38 -

Element p N Kernreaktion er' N • cr' bzw.

10-6 1016 cm-3 Nuklid (*=radioaktiv) 1 o""' 28cm2 -8 -1 10 cm

H 104 500 1H 6 614 000 1H(n 9f) 2H 3 280 2 170 000

0 774 600 170 1 160 17 O(n9«) 14c* 5 000 580

c 77 500 120 407 000 12c(n,t)13c 33 1 340

N 14 850 14N 67 400 14N(n, f) 15N 800 5 390

14N(n,p)14c* 17 500 118 000

p 6 870 14 200 31P(n,r)32P* 1 700 2 410

Mg 2 470 26Mg 730 26Mg(n,.f)27Mg* 260 19

K 3 400 5 551 (n,f) 19 700 10 900 41K 371 41Kln,f)42K* 1 1 900 440

Na 170 470 23Na(n, f)24Na* 5 300 250

s 4 000 328 7 600 32s(n,0()29si 70 53

B 1, 70 10B 1,99 10B(n,cx+t) 7Li 3,837•107 7 640

Mn 100 100 55Mn(n, ()56Mn~ 130 oOO 1 300

Cl 870 3501 1 180 35cl(n,p)35s* 3 000 354 3701 384 37c1(n, f)38c1* 5 600 215

Tab. 2 : Einfangreaktionen im Algenkonzentrat natürlicher Isotopen­

zusammens et zung

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- 39 -

--Element Strah- n E A D D

bzw. lung sp sp

Nuklid (MeV) (rad) je Kern-Reaktion

(rad)

14N p 1, 00 0,582 1, 00 104 112 140 1, 00 0,043 1, 00 7,66

1H r 1, 00 2,223 0,00583 42,4 42,4

10B r 0,94 0,48 0,0076 0,040 27,0 0(. 1, 00 1,49 1, 00 17,2 ?Li 1 ,oo 0,85 1, 00 9,8

170 <X 1, 00 1, 42 1, 00 1, 24 1 , 59 140 1, 00 0,40 1, 00 0,350

K 't 1, 81 2,89 0,00555 0,478 0,478

328 Q( 1, 00 4,4 1, 00 0,35 0,4 29si 1, 00 0,6 1, 00 0,048

14N r 1, 81 5,66 0,00458 0,382 0,382

3501 p 1, 00 0,51 1, 00 0,272 0,276 358 1, 00 0,01 1p00 0,003

31p 't 2,90 2,67 0,00579 o, 163 0,163

120 t 1, 36 3,85 0,00516 0,055 0,055

55Mn r 1, 01 4,64 0,00486 0,045 0,045

Summe aller Nuklide 185

Tab. 3 : Energiedosis D aus spontan erzeugter ionisierender Einfang-sp 1

strahlung für <Pth = 1 · 10 3nth · cm -

2 und natürliche Isotopen-

zusammensetzung der Algen

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- 40 -

-Radio- T n E A DR je Nuklid nuklid ( rad )

(h) (MeV) ""'= Oh "'"'=24h -}=:48h

32p 3,43°102 ß- 1, 00 o,69 0,64 0,005 0,081 0,153

27Mg 0,158 ß- 1900 0,58 0,63 0,010 0,010 0,010 r 0,70 0,84 0,0076 t 0,30 1, 013 0,0074

42K 1, 24•10 ß= 1, 00 1940 0,26 0,020 o,184 0,228 r o, 18 1,524 0,0068

24Na 1,50°10 ß- 1, 00 0,54 0,81 0,012 0,121 09157 t 1, 00 1, 369 0,0069 '( 1p00 2,754 0,0056

56Mn 2,58 ß- 1, 00 0,77 0,32 o, 160 0,506 0,507

f 0,99 0,847 0,0076 0,29 1, 811 0,0065

r 0,15 2,110 0,0062

3801 0,62 ß- 0,53 1,64 0,15 0,070 0,098 0,098 ß- 0,31 0,40 0,86 ß- 0,16 0,90 0,38 r 0,38 1,60 0,0067 r 0,47 2, 17 0,0062

Summe aller Radionuklide 0,277 1, 000 1,153

Tab. 4. Energiedosis DR aus der ionisierenden Strahlung erzeugter

Radionuklide, für cpth = 1 · 1013

nth · cm-2

und eine Bestrah­

lungszeit t = 3, 04 h

Die durch Radionuklide bedingte Energiedosis bleibt vom Ende der Be­

st:r.ahlungszeit (} = 0 h) an etwa konstant. Sie wird aus mehreren Gründen

die theoretischen Werte für den Zylinder aus Algenkonzentrat von.}= 24 h

und 48 h nicht erreichen:

1) Durch das Auflösen des Algenkonzentrates (Verdünnung 4 : 100 000)

am Ende der Reaktorbestrahlungszeit ( J-= 0 h; vgl. Kap. 4. 1)

sinkt der Absorptionsfaktor für die wesentlichen Radionuklide

auf etwa 0, 01 des Wertes des Algenzylinders.

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- 41 -

2} Die Energiedosisleistung nimmt fernerhin proportional zum Massen­

zuwachs der Kultur ab (Faktor t::t 0, 2}.

3} Ein möglicher Austausch von Radioisotopen in den Algenzellen

gegen inaktive Isotope der Nährlösung verrringert die Energie­

dosisleistung noch weiter.

Die Energiedosis aus der Strahlung aller Radionuklide ist bei den Algen

in jedem Fall mit DR = 0, 3 rad je 1013

nth · cm-2

verschwindend gering

im Vergleich zur Dosis Dsp = 185 rad je 1013

nth · cm-2

aus der spontanen

Strahlung der Einfangreaktionen. Aus diesem Grunde ist bei gleicher

Neutronenfluenz die Energiedosis der Algen unabhängig von der Bestrah­

lungszeit. Allein die spontane Strahlung der drei Reaktionen 1

H (n, 'f }2H

mit 22, 9 %. 14N (n, p )

14c mit 60, 6 % und 1

OB (n. (){ ) 7 Li mit 14, 6 % machen

zusammen 98, 1 % der gesamten (spontanen und verzögerten) Energiedosis

aus. Insbesondere ist die (-Strahlung der 14

N (n, t )15N-Reaktion zu

vernachlässigen. Lediglich die (n, ()( ) -Reaktion des 17

0 mit 0, 86 % der

gesamten Energiedosis erscheint noch erwähnenswert, da die 1, 4 MeV- o< -

Strahlung möglicherweise eine hohe relative biologische Wirksamkeit

(RBW) hat.

Die mittlere Gesamtenergiedosis im Algenkonzentrat natürlicher Isotopen­

zusammensetzung durch thermische Neutronen beträgt 185 rad für eine

th . h 1 th 1 1013 - 2 't . E . d . 1 . t erm1sc e F uenz 't'th = · nth · cm m1 einer nerg1e os1s e1s ung

von 1, 01 rad/min.

Energiedosis nicht-thermischer Neutronen

Die Energiedosis, die die nicht-thermischen Neutronen an den Zylinder

aus Algenkonzentrat abgeben, wird verursacht durch

1) Einfangreaktionen vornehmlich der langsamsten Neutronen mit

H-, B- und N-Kernen und durch

2} elastische Stöße vor allem der schnellen Neutronen an H-, 0-,

C- und N -Kernen.

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- 42 -

Energiedosis aus Einfangreaktionen

Bei vollständiger Abbremsung der nicht-thermischen Neutronen im Algen­

zylinder wäre mit einer zusätzlichen Flußdichte thermischer Neutronen

von maximal 7. 6 % von 'fth zu rechnen. Innerhalb der Zylinderabmessungen

erleiden die Neutronen jedoch nur etwa zwei bremsende Stöße, so daß mit

einer nennenswerten Thermalisierung nicht zu rechnen ist. Wegen

-1 ul/E ,.., E (vgl. Kap. 3. 4. 2) und

für alle in Frage kommenden Elemente im Bereich langsamer Neutronen

ist die Z.ahl der Einfangreaktionen der nicht-thermischen Neutronen und

damit die Energiedosis aus diesen Reaktionen vernachlässigbar klein im

Vergleich zur Energiedosis thermischer Neutronen.

Energiedosis aus elastischen Stößen

Mit wachsender Neutronenenergie gewinnt die Streuung der Neutronen an

den leichten und häufigen Kernen von H, 0, C und N für die Energieabgabe

schnell überragende Bedeutung. Für E > 1, 5 keV wird die Energiedosis

fast ausschließlich durch elastische Stöße, vornehmlich am Wasserstoff,

verursacht. Andere als (n, n)-Prozesse spielen keine Rolle.

Die freie Weglänge für Neutronen mit E > 1, 5 keV beträgt im Algen­

konzentrat nicht weniger als 0, 67 cm. Die Energiedosis dieser Neutronen

wird daher mit genügender Genauigkeit durch die sog. Firstcollision­

Energiedosis gegeben:

Gl. 13

ao N.

D = { u(E)· t. dE· E· L er' . (E)· ..,.,2-_ FC ) i s, 1 ~

E=l, 5 keV

2 A. 1

2 (A.+1)

1

-1 = Firstcollision-Energiedosis (MeV · g )

= Summation über die Energiedosisanteile der betei­

ligten Kerne (H, 0, C, N)

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- 43 -

u(E) -2 -1 = Neutronenenergieverteilung (n · cm · sec

t = Bestrahlungszeit (sec)

E = Neutronenenergie (MeV)

<J' • = Streuquerschnitt des Kernes i (cm2

) s. l

A. = Atomgewicht des Kernes i l

Die übrigen Bezeichnungen entsprechen denen des vorherigen Kapitels.

Zur numerischen Berechnung des Integrals wurde der Energiebereich

1, 5 keV -oO entsprechend der Gliederung in Kap. 3. 4. 2 in 8 Klassen K

unterteilt (Tab. 5 ):

-~K

-K Klassen- EK rrs(EK) bzw. ~8 (EK) DFC K grenzen ,

(keV) (keV) 1010n (1o=24 cm2 ) % .cm=2 H 0 c N

9 1, 49 - 4,05 2,56 5,4 20, 1 5 4,9 5 0,47 10 4,05 - 11'0 6,95 5,4 19,6 5 4,9 5 1, 25 11 11, 0 - 29,9 18,9 5,4 18,3 5 4,9 5 3,20 12 29,9 - 81,2 51,4 5,4 15,6 5 4,8 4,7 7,50 13 81,2 - 221 140 5,4 11 , 3 3,3 4,4 4,0 14,7 14 221 - 600 379 5,4 7, 14 5,0 3,7 3,0 26,2 15 600 = 1000 753 1 , 2 3,5 3,0 2, 1 7,96 16 > 1000 2420 3,3 3,0 2,0 1 , 5 38,7

Tab. 5 Daten zur Berechnung von DFC unter Zugrundelegung von th 13 -2 s 'I" = 1 · 10 n h · cm • <f H berechnet nach J. A. SMORODIN KI

th t 37) s; 36) (zit. nach WL.A,SSOW ). <f ·O C N aus BNL 325

s. • •

DFC ergibt sich dann näherungsweise durch Summation über diese

Klassen:

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Gl. 14

- 44 -

16

DFC ~ L cpK(E)· EK· L ds,i (EK)

K=9 i

2 L· p. 1

(A. +1) 1

-1 (MeV g )

ffi -2 'l'K(E) = Fluenz der Neutronen mit Energien der Klasse K (cm )

EK = mittlere Neutronenenergie der Klasse K (MeV) .

Im Normalfall, d. h. beim Fehlen von Resonanzen, wurde o' . (EK) durch s,1

O"s. i (EK) ersetzt. Der Fehler durch E · O" ~ EK· cr' (EK) ist mit maximal

etwa 4 % in jedem Fall gering im Vergleich zur Unsicherheit von <PK' die

bis zu 30 % betragen dürfte. Für den besonders wichtigen Wasserstoff

wurde in dem Neutronenenergiebereich, in dem der 1 /E-Verlauf des

Energiespektrums nicht gegeben ist (Klasse 15 und 16), das Integral von

DFC numerisch ausgerechnet.

Aus der chemischen Zusammensetzung p. der Algen (Tab. 2) ergeben sich 1

mit den Daten der Tab. 5 die dort angeführten Energiedosisanteile der

Energieklassen, Die Proportionalität zwischen thermischer und nicht­

thermischer Neutronenflußdichte (vgl. Kap. 3. 4. 2) ermöglicht die Be­

rechnung der absoluten DFC-Anteile der wichtigsten Elemente sowie der

Summe der Anteile in Abhängigkeit von <j:>th. Bezogen auf cpth = l • 1013

nth

· cm -2

im Innern des Algenkonzentrates ergibt sich mit den vorgenannten

Daten für die Elementanteile:

Tab. 6

Element DFC,~ % von DFC,~ (rad/1013nth•cm-2 )

H 274 91,7 0 21,6 7,2 c 2,78 0,9 N 0,316 0,1

zusammen: 299 99,9

Firstcollision-Energiedosis DFC, <P im Algenkonzentrat, be­

zogen auf eine th. Neutronenfluenz cpth = 1·1013 Ilth' cm-2

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- 45 -

Daraus folgt unmittelbar die Energiedosis nicht-thermischer Neutronen

in Abhängigkeit von der thermischen Neutronenfluenz ~th (in 1013

nth ·cm -2

):

Gl. 15 DFC = DFC, cp . cpth (rad).

3. 4. 4 Bestrahlungsdosis-Messungen des (-Untergrundes

Zusammensetzung der Strahlung

Der BE-15 erreichende Teil der Spaltungs- (-Strahlung des Reaktorkerns

dürfte im wesentlichen Energien > 1 MeV aufweisen. Die aus (n, f ) - Ein­

fangprozessen thermischer Neutronen in 1H- und

12C-Kernen der Proben­

umgebung herrührenden 0-Quanten besitzen ausschließlich hohe Energien

zwischen 1 und 5 Mev35

).

Die Energieabgabe der f-Quanten in den leichtatomigen Bestrahlungs­

proben und -Behältern erfolgt daher weit überwiegend durch Compton­

Streuung. Die (-Energie spielt daher für die Energiedosis-Umrechnungen

von R in rad kaum eine Rolle. Es wird im folgenden E r • H = 2, 23 MeV

gerechnet. Die Abschwächung der harten (-Strahlung innerhalb der Algen­

proben ist unbedeutend.

Thermolumineszenz-Dosimeter

Die f-Bestrahlungsdosis im gemischten Strahlungsfeld der BE-15 wurde

mittels CON-RAD Type 7 LiF-Dosimetern gemessen (Hersteller: CON-RAD,

Controls for Radiation, Cambridge, Mass. ). Die in LiF durch die (-Strah­

lung erzeugte Thermolumineszenz ist vom Compton-Bereich bis herab zu

ca. 100 keV ein nahezu energieunabhängiges, bis ca. 1 o4 R dosisproportionales

Maß für die Bestrahlungsdosis. LiF-Teflon-Scheibchen von nur 0, 04 cm

Dicke und 1, 3 cm Durchmesser ließen sich (ohne Kabelverbindung nach

außen und abgedeckt mit 0, 5 cm Teflon) in die exakt gleiche Bestrahlungs­

position wie die Algen bringen. Zur Eichung wurde ein Teil der Dosimeter

parallel zu jeder Bestrahlungsdosis-Messung unter 0, 4 cm Plexiglas in

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- 46 -

einem 60

co- r -Feld bekannter Stärke bestrahlt und danach alle Dosimeter

in einem Thermolumineszenz-Meßplatz durch Ausheizen ausgewertet.

Durch die Verwendung von 99, 993 % 7Li (Firmenangabe) in den Dosimetern

ist der Einfluß der thermischen Neutronen auf die Messung der '(-Bestrah­

lungsdosis gering. Zur Messung der nth -Empfindlichkeit en, th wurden die

LiF-Dosimeter mit und ohne Li-Filtereinrichtung unter sonst gleichen Be­

digungen bei rth. 0 = o. 77. 1 o9 nth D cm -

2. sec - l (ohne Reflektor) 1 min lang

bestrahlt. Es ergab sich als Mittelwert aus zwei Versuchen eine Differenz

der Versuchsanordnungen von 14, 2 R (bei 2, 72 R der '(-Untergrundstrah-

l 10 -2

lung ! ) entsprechend en th = (2, 3 ~ 0, 2) R 10 nth ·cm . Zur f-Bestrah-' lungsdosismessung wurden die LiF-Dosimeter daher mit der Li-Filtereinrich-

tung umgeben. Die durch die verbliebene thermische Flußdichte von 1, 3•109

nth. cm-2

in der Minute zusätzlich erzeugte Anzeige von 0, 3 R und der Null­

effekt der Dosimeter von 0 - 0, 05 R wurden vom Meßergebnis abgezogen.

Der Einfluß schneller Neutronen auf die Dosimeter ist unbedeutend. Nach

C. L. WINGATE et al. 38

) bleibt bei einer Bestrahlungszeit von 1 min, d. h. th 8 -2 1 s = 6 • 10 ns • cm , die erzeugte Thermolumineszenz < 0, 007 R.

Stabdosimeter

Die Konstanz der f-Untergrundstrahlung in BE-15 konnte auch mit einem

normalen 0 -Stabdosimeter kontrolliert werden. Hierzu wurde das Stab­

dosimeter durch eine 0, 5 cm dicke Platte aus Borkunststoff gegen die

thermischen Neutronen abgeschirmt und die dabei im Bor entstehende

weiche ('-Strahlung von 0, 5 MeV durch 1, O cm Blei wesentlich geschwächt

(Konstruktion W. PORSCHEN5

\ Für genaue Bestrahlungsdosis-Messungen

war diese Anordnung jedoch nicht brauchbar. So lag die Anzeige im Mittel

um 36 % über der des LiF.

Bestrahlungsdosis-Meßergebnisse in BE-15

Das Stabdosimeter zeigte im gesamten Bestrahlungszeitraum eine nur ge-~ 13 -2

ringe Schwankung des auf 't'th = 1·10 nth. cm bezogenen r-Untergrundes

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- 47 -

I th in BE-15. Die mittlere Abweichung der Einzelmessung LI I ..-h = + 4, 1 % o,'V o.~ -

entsprach etwa der Meßgenauigkeit. Die f-Bestrahlungsdosis und tth sind

einander proportional.

Dennoch nahm bei gleicher thermischer Neutronenfluenz die Thermolumines­

zenz der LiF-Dosimeter trotz regelmäßig erneuerter Eichung allmählich

zu, und die Fehlerbreite der Anzeige vergrößerte sich. Gemittelt über den

gesamten Bestrahlungszeitraum, ergaben die LiF-Dosimeter bei 17

Messungen für den Mittelwert

/ 13 -2

10

.<f> = (496 ~ 35) R 10 nth• cm .

I th ist die Grundlage der Energiedosis-Berechnungen. o. 'V

3. 4. 5 Energiedosis-Berechnungen der (-Untergrundstrahlung

Die Energiedosis-Berechnungen der (- und Röntgenstrahlung folgen im

wesentlichen den Angaben von R. GLOCKER und E. MACHERAUCH39

).

Die energiereichsten Sekundärelektronen der f-Strahlung besitzen eine

praktische Reichweite von 0, 39 cm Teflon bzw. 0, 85 cm Algenkonzentrat.

Für die mit 0, 5 cm Teflon abgedeckten Lif-Teflon-Dosimeter besteht da­

her Elektronengleichgewicht. Das gilt jedoch nicht ganz für das Algen­

konzentrat in den Probengefäßen. Ein bedeutender Teil der dort erzeugten

Elektronenenergie wird erst außerhalb im Teflon abgegeben und kann durch

dieses nicht völlig ersetzt werden. Für die in den "dünnen Schichten" aus

Algen (A) und Teflon (T) pro Gramm erzeugte Elektronenenergie E2

gilt:

Gl. 16 = = 0„ 88

-1 K = Transferkoeffizient (cm )

-3 q = Dichte (g ·cm ).

Unter Berücksichtigung der mittleren praktischen Reichweite der Sekundär­

elektronen (""' 0, 5 cm im Algenkonzentrat) berechnet sich die (geringere)

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- 48 -

wirksame Elektronenenergie DA in der Bestrahlungsprobe zu etwa

Außerdem besteht hierdurch eine Variation der Energiedosis im Algen­

zylinder bis zu + 5 % und - 6 % vom Mittelwert.

Läßt man den Zwischenschritt der geeichten LiF-Dosimeter im Elektronen­

gleichgewicht außer Betracht, so kann die Messung der Bestrahlungsdosis

(in R) als unmittelbar mit einer luftäquivalenten Ionisationskammer im

Elektronengleichgewicht durchgeführt gelten. Für diese sind erzeugte

und wirksame Elektronenenergie gleich:

Gl. 18

Die Umrechnung der Luftdosis DL in die Algendosis DA erfolgt mit

Gl. 1 7 und 18 entsprechend Gl. 16 :

Gl. 19

Mit . 2 -1

(K/~)A = 0, 0252 cm • g

/ 2 -1

(K ~)L = 0, 0228 cm • g

-1 DL = 0, 877 (rad • R ) • I (R)

ergibt sich daher für die Energiedosis der Algen:

o, 025 2 = 0, 95 •

0 0228 • 0, 877 • I (rad)

' = (0, 9 21 + 0, 030) • I (rad).

"' 13 -2 Für I = J01

<P ergibt sich aus DA die auf 't'th = 10 nth. cm bezogene

0 -Energiedosis:

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Dt.cp= (457+36} rad

Daraus folgt unmittelbar die externe f-Energiedosis in Abhängigkeit von

der thermischen Neutronenfluenz <f>th (in 1013

nth cm -2

):

Gl. 20 Df = D O• Q> • tj> th (rad}.

3. 5 150 kV - Röntgenanlage

Die zu Vergleichszwecken notwendige Röntgenstrahlung lieferte eine MÖD

150 BE Röntgenröhre der Fa. C. H. F. MÜLLER (Hamburg). Bei 150 kV

konstanter Gleichspannung und einer Filterung durch 0, 6 mm Cu + 2, 5 mm

Be Eigenfilterwert betrug die effektive Energie der Strahlung 75 keV (aus

R. GLOCKER et al. 39

)) mit einer Halbwertsschicht von 6, 0 cm H2o. Die

Dosisleistung der Röhre wurde bei konstanter Stromstärke von 6 mA über

den Fokusabstand reguliert.

Die verwendete Röntgenstrahlung kann als brauchbarer Ersatz der 2 MeV -

0 -Strahlung des Reaktors gelten. Wenn auch die theoretisch nach

M. I. SCHALNow29

) berechneten RBW-Werte (vgl. Kap. 6. 6. 2} dieser

Strahlungen, bezogen auf 100 keV -Elektronen, sich mit 0, 8 bzw. 1, 3 deut­

lich unterscheiden, so sind doch die in zahlreichen Arbeiten veröffentlichten

Werte oft näher bei 1, so daß eine rechnerische Korrektur der Röntgen­

strahlenwirkung recht unsicher wäre. Der Fehler wird daher in Kauf ge­

nommen. Der Schadenanteil der nicht-thermischen Neutronen könnte um

maximal etwa 8 % zu klein ausfallen (vgl. Kap. 6. 5 ), während die Schaden­

anteile der Einfangreaktionen thermischer Neutronen davon nicht betroffen

werden.

Die Bestrahlungsbedingungen von BE-15 wurden weitgehend simuliert.

Die Temperatur (27, 0 + 0, 5 °c). die Bestrahlungszeiten, die Verdunkelung

und die Anordnung der Proben blieben die gleichen. Der Energiedosisum-

fang und damit die Energiedosisleistung änderten sich mit den Fragestellungen.

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- 50 -·

3. 5. 1 Bestrahlungsdosis-Messung der Röntgenstrahlung

Bestrahlungsdosis-Verteilung in der Probe

Auf Grund der geringen Halbwertsschicht der Röntgenstrahlung von nur

6 1 0 cm H20 war es erforderlich, die Proben beidseitig gleich lange zu be­

strahlen, um die Absorption der Strahlung im Probeninnern auszugleichen.

Die mittlere Bestrahlungsdosis beträgt für eine Schichtdicke H = 0, 7 cm

(95, 8 + 0, 06) % der Oberflächen-Bestrahlungsdosis I (ohne Wenden der - 0

Probe). Bei einem (geringsten) Fokusabstand von 30, 0 cm ist die geometrisch

bedingte Schwankung der Bestrahlungsdosis im Innern der Probe mit

maximal + 2, 3 % vom Mittelwert zu vernachlässigen.

Messung mit einer Ionisationskammer

Die Mikro-Schlauchkammer eines geeichten Hammerdosimeters (Typ

Simplex Universal, Hersteller: PTW Freiburg) wurde entsprechend der

Probenummantelung mit einer 0, 5 cm dicken Teflon-Umhüllung versehen

und in der Probenposition im Transportkäfig bestrahlt. In Tab. 7, Spalte 2

sind für die benutzten Fokusabstände die Meßergebnisse der in 1 min an

der Probenoberfläche abgegebenen Bestrahlungsdosis eingetragen:

Fokusabstand mit rni t Mittelwert Ionisationskammer LiF-Dosirneter

(cm) (R) (R) (R)

30,0 43,0 41,7

110, 0 3,37 3' 18 3,27

117,0 2,98 2,98

Tab. 7 Bestrahlungsdosis-Messungen für Röntgenstrahlen

Messung mit LiF-Dosimetern

Zusätzlich wurde I mit Hilfe der bereits in Kap. 3. 4. 4 beschriebenen 0

LiF-Thermolumineszenz-Dosimeter bestimmt. Auch hier wurden die

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- 51 -

Dosimeter mit 0, 5 cm Teflon umgeben, wodurch das Sekundärelektronen­

Gleichgewicht gewährleistet ist. Die kleinen Dosimeter nahmen exakt die

Bestrahlungsposition der Algenproben ein. Die Auswertung erfolgte genau

wie in Kap. 3. 4. 4.

Wenn auch LiF und Teflon nur aus leichten Atomkernen aufgebaut sind,

so ist doch die Abhängigkeit der Thermolumineszenz von der Photonen­

energi: für 75 keV eff nicht mehr zu vernachlässigen. Nach W. R. HENDEE

et al. O) gilt für die Thermolumineszenz T von Harshaw TLD-100 LiF bei

gleicher Energiedosis ( < 5 rad) für 75 keV eff-Röntgenstrahlung und 60Co­

O -Strahlung:

T 75 keV = 1, 16 TCo-60'

Dieser Wert wurde übernommen. Da die Eichung der Dosimeter mit 60

co

erfolgte, reduziert sich die für einen Fokus abstand von 110, 0 cm angezeigte

Bestrahlungsdosis von (3, 69 + 0, 02) R auf

I = 3•

69 R = 3, 18 R

o;llO 1, 16

(Tab. 7, Spalte 3). Die Übereinstimmung der Ergebnisse der verschiedenen

Meßverfahren bis auf 5, 6 % reicht gut aus. Bei der Berechnung der Energie­

dosis wurde für I der Mittelwert beider Meßverfahren zugrunde gelegt 0

(Tab. 7, Spalte 4).

3. 5. 2 Energiedosis-Berechnungen der Röntgenstrahlung

Die Sekundärelektronen der 75 keV eff-Röntgenstrahlung besitzen mit etwa

20 pm nur eine sehr geringe Reichweite im Algenkonzentrat. Auch ohne

Teflon-Ummantelung der Probe würde dort 99, 5 % der erzeugten Sekundär­

elektronen-Energie absorbiert. Für den daher vorliegenden Fall des

Elektronen-Gleichgewichtes ergibt sich die Energiedosis DA in einer Algen­

schicht • die im Vergleich zur Reichweite der Röntgenstrahlung als dick

angesehen werden muß (vgl. die Ausführungen des Kap. 3. 4. 5). aus:

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Gl. 21

Mit

-pH 1-e

- 52 -

D =----A

A

L

D = p ;::

H = K = q ;::

pH

bedeutet Algenkonzentrat

bedeutet Luft

Energiedosis (rad)

Schwächungskoeffizient der Röntgenstrahlung im Algenkonzen-

trat = 0, 122 cm -1

Proben-Schichtdicke = 0, 7 cm

Transferkoeffizient (cm-1

) -3

Dichte (g · cm ) .

2 -1 = O, 0276 cm · g 2 -1 = 0, 0250 cm • g

-1 = 0,877(rad·R )·I(R)

ergibt sich für DA unter Berücksichtigung aller Korrekturfaktoren:

- 0 0„ 0276 • • • ( ) - . ( ) Gl. 22: DA - 0, 961 O, 0250

0, 877 0, 958 10

rad - 0, 892 10

rad .

Die beiden eingestellten Strahlendosisleistungen 2, 89 R/min und 41, 7 R/min

bedeuten daher Energiedosisleistungen von 2, 58 rad/min bzw. 37, 2 rad/min.

Die Voraussetzung gleicher Energiedosisleistung der Röntgenstrahlung zur

Simulation der r -Untergrundstrahlung ist im ersten Fall gut erfüllt.

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- 53 -

4. Strahlenschaden-Messung

4. 1 Wiederauflösen der Bestrahlungsproben

Etwa 30 min nach dem Ende der Bestrahlungen wurde aus den Proben mit

angeschärften Edelstahlröhrchen rund 2 / 3 des Inhalts entnommen und in

Kulturröhren normaler Nährlösung aufgeschwemmt. Daran schlossen sich

an die üblichen LDW von 14 h Licht : 10 h Dunkelheit. Nach 3stündigem

starken Durchblasen der Kulturen zum Zerteilen des Algenkonzentrates

wurden die Kulturen bei wieder normalem Gasdurchsatz auf rund 2·105

+10%

Zellen/ml verdünnt. Ein weiteres Verdünnen der Flüssigkulturen während

des Versuchsablaufes erfolgte nicht. Unbestrahlte Kulturen blieben bis zum

Versuchsende nach 2 Tagen vollständig synchron.

Alle folgenden Meßergebnisse der Flüssigkulturen sind Mittelwerte aus 3

Parallelröhren. Da die Kulturfehler der Algen die Meßfehler meist über­

wogen und da nicht fixiertes Meßgut sich während einer langen Meßzeit ver­

ändern konnte (z.B. bei Gewichtsbestimmungen), wurden grundsätzlich Aus­

züge aller Proben fast gleichzeitig entnommen, die Auszüge der drei Parallel­

röhren einer Probe zu gleichen Teilen vereinigt und in alternierender Dosis­

reihenfolge ausgewertet. Die Bestimmung der genauen spezifischen Start­

zellzahl der Proben erfolgte 17. 4 + 0, 7 hnL ( = Stunden nach Lichtbeginn)

zweimal und gegenläufig. Hier und im folgenden beziehen sich alle Zeit­

angaben auf die Mitte der Meßzeit, und die Abweichungen sind mittlere Ab­

weichungen des Einzel wertes.

4. 2 Strahlenschaden-Meßgrößen

Zur Untersuchung der Bedeutung einzelner Primärreaktionen thermischer

Neutronen für den Strahlenschaden der Algen waren möglichst viele und

verschiedenartige Schaden-Meßgrößen erforderlich. Dabei konnte wegen

der geringen Energiedosisleistung der thermischen Neutronen die Ver­

änderung einer Reihe physiologischer Leistungen von Chlorella von vorn­

herein nicht erwartet werden. So erwiesen sich z. B. Photosynthese,

Atmung und Phosphatstoffwechsel als außerordentlich strahlenresistent41

-44

).

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- 54 -

Auch der Protein- und DNS-Gehalt g -bestrahlter Chlorella-Zellen änderte

sich nach Untersuchungen von H. B. POSNER 45

) bei den hier vorliegenden

Energiedosen nicht, während der RNS-Gehalt geringfügig abnahm. Eine

diesbezügliche Nachprüfung ergab keine sicheren Resultate. Chromosomen­

Untersuchungen sind bei Chlorella nicht möglich.

Dagegen zeigten sich eine Reihe von makroskopischen Wachstums-Meß­

größen als ausreichend strahlenempfindlich.

So wurden mit der bereits in Kap. 2. 2 erläuterten Technik die Zellver­

mehrungsraten f der ersten Generation 10, 6 ~ 0, 6 hnL (Kontrolle: f 0

=

12, l + 1, 2) und der ersten zwei Generationen 6,5 + 0,4 hnL (Kontrolle: - -

f = 155 + 15) bestimmt und im Verhältnis zur Vermehrungsrate f der 0 - 0

Kontrolle angegeben (Meßgrößen 1 und 2). Die Zellvermehrungsrate einer

Algenkultur ist hier definiert als der Quotient aus der spezifischen Zell­

zahl am Ende und zu Beginn des Versuchszeitraumes. Bei der ersten

Generation mußte die am Anfang zugegebene Algenzahl durch Bildung des

Quotienten (f-1 )/ {f -1) noch berücksichtigt werden. Der relativ späte Zähl-o

zeitpunkt nach den Teilungen schließt das Erfassen unsicherer. nur kurz

dauernder Mitoseverzögerungen vor allem der ersten Generation aus.

Das 3, 5 + 0, 2 hnL in der dritten Generation erreichte Naß- und Trocken-- 7

gewicht von ursprünglich 3 · 10 Algen je Probe diente als Meßgröße 3 und

4. Die Bezugswerte der Kontrolle betrugen durchschnittlich 5 73 ~ 29 mg und

105, 8 + 5, 9 mg. Insgesamt 150 ml Algensuspension je Probe wurden durch·

Millipore-Filter von 1, 2 pm Porenweite und 4, 7 cm Durchmesser filtriert.

30 sec nach dem Absaugen der Nährlösung änderte sich das Naßgewicht des

Niederschlages nur noch um weniger als 1 % in 20 sec und war so zuver­

lässig meßbar. Die Algen wurden nicht gewaschen. Ihre Trocknung auf den

Filtern dauerte 4 h bei 105 °c. Die Filtration einer gleichbehandelten Nähr­

lösung ohne Algen vergrößerte das Filtergewicht um weniger als 0, 5 % des

geringsten vor kommenden Algengewichtes.

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- 55 -

Da die Zuwachsraten einer Algen-Flüssigkultur oberhalb einer Grenze zu­

nehmend stark mit der Kulturdichte abnehmen. mußten die tatsächlich er­

reichten Zuwachsraten vor allem der dünneren bestrahlten Kulturen in der

zweiten Generation korrigiert werden. Genau den Meßbedingungen der Be­

strahlungsversuche entsprechend, wurden die Zellvermehrungsrate sowie

die Zunahme des Naß- und Trockengewichtes in Abhängigkeit vom spezifischen

Trockengewicht gt (g/l) der Kultur gemessen und, bezogen auf eine Normal­

kultur von gt = 0, 7 g/1, in Abb. 15 dargestellt. Die Abhängigkeit ist im

g 140-t--~~~~-----r~~~~~~--....r--...:----"-.::---~~~~-t-~~~~~~---1 c

111 .s:;:_ u ~ 120-t--~~~~-;-~~~~~~~--+-~~~~"""""'~"""""-+-~~~~~~---1

~ c:ii .2

Abb. 15

0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 ----. spez. Trockengewicht ( g/ l )

Relative Zuwachsraten synchroner Chlorella-Kulturen in Ab­

hängigkeit vom spezifischen Trockengewicht der Kulturen

Meßbereich rein exponentiell. Daher ergeben sich mit den aus der Abb. 15

zu entnehmenden Steigungen für die Logarithmen der gemessenen Zellver­

mehrungs-, Naßgewichtszunahme- und Trockengewichtszunahme-Ver-

hältnisse V einfache Korrekturformeln: gern.

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Zellvermehrungsrate nach 2 Generationen:

lg v == lg V gern. + 0, 003069 · (150 gt - 150 gt. Kontrolle)

N aßgewichts zunahme:

lg V == lg V gern. + 0, 004028 · (150 gt - 150 gt. Kontrolle)

Trockengewichtszunahme:

lg V == lg V + 0, 003441 · (150 gt - 150 gt K t ll ) gern. , on ro e ·

Neben dem makroskopischen Wachstum der Kulturen wurde auch die Ent­

wicklung der einzelnen Chlorellazellen auf Agar beobachtet. Als Impf­

suspensionen dienten im Verhältnis 1 : 200 verdünnte Auszüge der Flüssig­

kulturen der ersten Generation rund 1 bis 2 h nach beginnender Dunkel­

phase. Da sich eine spezifische Zellzahl von rund 1000 Zellen/ml nicht

sicher genug zählen ließ, wurde sie errechnet aus der bekannten spezifischen

Startzellzahl und der Verdünnung. Die Kultur der Algen auf Agar erfolgte.

wie in Kap. 2. 3 beschrieben. Mit einem Mikroskop wurde geprüft, daß

sich auch nach dem Beimpfen die Algen noch nicht geteilt hatten und daß

nur wenige Zellen zusammenhafteten. Bei unbestrahlten Kulturen gab es

unter 100 Zellen etwa 3 Zweier-Gruppen und eine Dreier-Gruppe. Mit der

Bestrahlung erhöhten sich diese Werte etwa bis zum Dreifachen, wobei der

dadurch bedingte Fehler wegen der geringeren Überlebenschance der Zellen

nicht zunahm.

Unabhängig von der eingestrahlten Energiedosis wurden je Probe 6 Platten

mit zusammen rund 3000 Zellen beimpft. Ausgewertet wurden die gesamten

Plattenoberflächen mit Hilfe eines Zeiss-Stereomikroskops bei 16facher

Vergrößerung.

Als Meßgröße 5 diente die Fähigkeit der Zellen, in 9 d zu sichtbaren

Kolonien heranzuwachsen . Bezugsgröße war auch hier die Kontrolle. deren

Anwachsrate bei durchschnittlich 94, 2 + 3, 3 % lag. Die Größe dieser

Kolonien spielte (in weiten Grenzen, siehe unten!) keine Rolle. So galten

die sieben auf Abb. 16 erkennbaren Kolonien als gleichwertig.

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- 57 -

Abb. 16 :

unbestrahlte Kontrolle

1 2 3

! ! i

Abb. 17 :

bestrahlte Kultur

2 3

! !

Abb. 18 :

f bestrahlte Kultur

1 Abb. 16 - 18 Chlorella-Kolonien auf Agar 9 d nach dem Beimpfen

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- 58 -

Das Auszählen der Kolonien init einem mittleren Durchmesser von

0, 30 ~ 0, 12 mm gelang sicher. Von 100 unbestrahlten, gleichmäßig

kräftig grünen Kolonien erreichten schon nach 8 d alle einen Durchmesser

von 0, 064 mm. Abweichungen zwischen den Platten waren daher haupt­

sächlich durch Pipettierungsfehler und statistisch bedingt.

In bestrahlten Kulturen traten eine Reihe anormaler Kolonietypen auf

(Abb. 17 und 18). Neben Farbmutanten von dunkelgrün bis fast weiß

(vgl. 46

• 47

); Abb. 17, Nr. 1, 2, 3 und Abb. 18, Nr. 3) zählten hierzu

vor allem Kolonieform-Varianten, deren körnige, gezackte, manchmal

trocken erscheinende Struktur sich deutlich von der Normalform unter­

schied (vgl. 46

); Abb. 17, Nr. 3 und Abb. 18, Nr. 3). Farb- und Kolonie­

form-Abweichungen lagen oft gekoppelt vor. Manche gesprenkelten Kolonien

zeigten schon makroskopisch eine uneinheitliche Zusammensetzung, die

mikroskopisch bestätigt wurde. Relativ häufig waren vermutlich auf Grund

eines genetischen Defektes im Wachstum gehemmte, sehr kleine Kolonien,

die fast alle einem der oben beschriebenen Abweichungstypen zuzurechnen

waren (Abb. 17, Nr. 1, 2, 3 und Abb. 18, Nr. 1, 2, 4). Ohne feste Größen­

beschränkung war diese Gruppe am schwierigsten zu registrieren. Alle

diese Kolonieformen werden häufig als Mutanten bezeichnet.

Die Differenz der relativen Anteile der anormalen Kolonien an der Gesamt­

zahl sichtbarer Kolonien zwischen bestrahlten und Kontroll-Kulturen bilde­

te die Meßgröße 6. Der verhältnismäßig kleine Anteil anormaler Kolonien

bei den Kontrollkulturen von 0, 09 + 0, 05 % und die von allen Meßgrößen

geringste mittlere Standard-Abweichung von M 6 (vgl. Tab. 7) beweisen

die Brauchbarkeit des Meßverfahrens.

Die folgende Zusammenstellung gibt noch einmal übersichtlich die ausge­

wählten Strahlenschaden-Meßgrößen und ihre Kurzbezeichnung wieder:

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Kurzbe­zeichnung

M 1

M 2

M 3

M 4

M 5

- 59 -

Definition

Zellvermehrungsrate einer bestrahlten Flüssigkul­

tur in % der Kontrolle, gemessen 10,6 h nach

Ablauf des 1. Zellzyklus.

Zellvermehrungsrate einer bestrahlten Flüssigkul­

tur in% der Kontrolle, gemessen 6,5 h nach

Ablauf des 2. Zellzyklus.

Naßgewicht von ursprünglich 3•107bestrahlten Algen

in% der Kontrolle, gemessen 3,5 h nach Ablauf des 2. Zellzyklus.

Trockengewicht von ursprünglich 3•107 bestrahlten

Algen in% der Kontrolle, gemessen 3,5 h nach

Ablauf des 2. Zellzyklus.

Zahl sichtbarer normaler Kolonien bei 3000 auf ge­

impften Zellen und 9 d Inkubationszeit in % der Kontrolle.

M 6 Differenz der relativen Anteile anormaler Kolonien

bei bestrahlten und unbestrahlten Algen.

Tab. 8 : Strahlenschaden-1\/Ießgrößen

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- 60 -

5. Bestrahlungs-Meßergebnisse

5. 1 75 keV eff-Röntgenstrahlung

Die Wirkung der Röntgenstrahlung hoher Energiedosis auf die Algen geben

die Abbildungen 19 und 20 für die einzelnen Strahlenschaden-Meßgrößen in

Form von Energiedosis-Wirkungs-Kurven (DW-Kurven) wieder. Die Meß­

punkte sind Mittelwerte aus drei Parallelversuchen, die eingezeichneten

Fehler die Standardabweichungen der Mittelwerte. Der Kurvenverlauf

wurde graphisch ermittelt und nicht berechnet. Wegen der relativ großen

Schadenswerte können die Ergebnisse für die unbestrahlten Kontrollkulturen

als fehlerfrei angesehen und gleich 100 % gesetzt werden.

Die Bestrahlungsergebnisse im Energiedosisbereich 0 - 2150 rad wurden

in die Neutronenfluenz-Wirkungs-Kurven (FW-Kurven) der Reaktorbestrah­

lungen eingetragen (Abb. 21 - 26}. Hierzu wurde die Wirkung der Röntgen­

strahlung der Wirkung der t -Untergrundstrahlung bei gleicher Energie­

dosis als gleich vorausgesetzt (vgl. Kap. 3. 5 ). D 0 war gleichbleibend

proportional zu cpth im Innern des Algenkonzentrates (Gl. 20}.

Die Berechnung der Kurven aus den Meßpunkten der Strahlenschadenmeß­

größen wird im folgenden Kapitel beschrieben.

5. 2 Bestrahlungen in der therm. Neutronen-Bestrahlungseinrichtung BE-15

Die Bestrahlungsexperimente in BE-15 gliedern sich in die Gruppen gleicher

Bestrahlungsanordnung und Isotopenzusammensetzung der Algen. Die Zahl

der Parallelversuche je Gruppe gibt Tab. 9 an, im allgemeinen drei. Die

Versuche je Gruppe wurden weitgehend über den gesamten Bestrahlungs­

zeitraum verteilt, um mögliche jahreszeitliche Einflüsse und Einflüsse

der etwas variierenden Reaktorbetriebszustände erkennen zu können. Es

ließen sich jedoch keine Korrelationen zwischen Schwankungen der Meßer­

gebnisse und den genannten Daten sicher feststellen.

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Abb. 19

- 61 -

100 75 keVeff Rö

80 ~ 0

60 c (!) ~ :o .... Cl ~ (!) 40 ~

1

c (!)

"'O Zellzahl Cl (a)

..c. n.1 Gen u (/) c .!! ..c.

20 Cl .... ..... {/')

(!)

> ·.;:; Cl

Q)

t .... cii

..9 10 \ Trockengewicht

r 8

(.)

6 NafJgewicht

( 0)

4

\ Z•llwhl l • I n.2 Gen.

Kolonienzahl (A)

2 0 10 20 30 40

II>' Energiedosis krad )

Wirkung von Röntgenstrahlung hoher Energiedosis auf die

Strahlenschaden-Meßgrößen 1 - 5

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30

~ 25 c::: <II

'E 0

~ .._

-5 20 E .._ 0 c::: 0

~ <{ 15

10

5

- 62 -

75 keVeff Rö

10

/ /

/ /

/

/

/ /

/

20 30 Energiedosis krad )

40

Abb. 20 Wirkung von Röntgenstrahlung hoher Energiedosis auf den An­

teil anormaler Chlorella-Kolonien (M 6)

Die FW-Kurven der Abb. 21 - 26 sind über der mittleren in der Probe

wirksamen thermischen Neutronenfluenz aufgetragen. Wegen der relativ

geringen Schäden der Kulturen müssen die Meßfehler der Kontrollen als

bGdeutend und denen der bestrahlten Kulturen gleichwertig angesehen werden.

Die gemessenen Kontrollwerte betragen also nicht immer 100 %. Fast

fehlerfrei = 0 % ist dagegen die korrigierte Anormalitätsrate der Kontroll­

kulturen auf Agar. Zumindest innerhalb des Fluenzumfanges der Versuche

und innerhalb der Fehlergrenzen liegen die Meßpunkte beinahe aller Be­

strahlungsversuche (bei M 1 - M 5 in halblogarithmischer Darstellung)

gut auf Geraden, auch die Meßpunkte der r -Untergrundstrahlung. Da für

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-.!! 0

100 c 0

·~ 90 <IJ c <IJ

(!)

BO ..c u 0 c

2 70 ..l<: 0 'ti Cl c ::3 60 .c <IJ

§ <IJ

2:

~ 50

~ d! .2

0

Abb. 21

0

Abb. 22

- 63 -

2 3 " 5 6

$th ( 1013 nth/cm2)

FW-Kurven für den Zellvermehrungsfaktor nach I Gen. (M 1)

2 3 "

normal, r-Untergrund allein ( •)

N-15 8-11 H-1 (") norm~I , ohne nth ( '"l

N-15,8-10+11,H-1 ( 0 )

N-14, B-10+ 11, H-1 ( o)

N-14,8-11,H-1 ( 0 )

5 6

<i>th ( 1013n1h/ cm2)

FW-Kurven für den Zellvermehrungsfaktor nach 2 Gen. (M 2)

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- 64 -

-.!! „ : 100 ''~„.=-~-,~:-.~-~-;-.----r----1---- -1-E ·"- j~···- ' 1 90 ····~"' """''"""' l/l

normal' d allein ( • ) T - Untergrun

-5 80

z '--f 70 ~ ;·"".. „„ „ .......

• ""'··· ~~J N-15,B-~,H-;,1 (o)(m) normal' o ne ~~ 1 ( o ) N-15, B-10+ 11,

0

Abb. 23

0

Abb. 24

t·,, N-14, B-10+11, H-1 ( o)

····~ N-1„B-11,H-1 (•I

2 3 4

. hts zunahme f"r die Naßgew1c FW-Kurven u

3 4

<l>th

1

5 2 ) ( 1013 n1h /cm

6

(M 3)

H 1 (") N-15,B-11, - (m) 1 ohne "th norma •

15 B-10+11, H­N- ' 1 ( 0)

H-1 ( D ) N-14, B-10+11,

N-14,B-11,H- 1 (.)

5 2 ( 1013 n1h /cm l

6

h e (M 4) . htszuna m . ockengew1c f"r die Tr FW-Kurven u

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- 65 -

Cl

.9 so

1 40

0 2 3 4

normal, ohne "th (" )

N-15,8-10+11,H-1 (•) N-15,8-11,H-1 (")

N-M I B-10+11, H-1 '0) N-14, B-11, H-1 ( e )

5 6

<l>th ( 1013 nth I cm2 )

Abb, 25 FW-Kurven für das Wachstum normaler Kolonien (M 5)

12

c .!!:! 10 c 0

0 ~ .... ~ 0 8 E .... 0 c 0

~ c 6

<(

2

4 5

N-14,8-11,H-1 (•)

N -14 I 8 -10+ 11 I H -1 ( D )

N-15, 8-10+11, H-1 ( o) N-15,8-11,H-1 ( 4 )

normal , ohne n th (.11 )

6

~th ( 1013 nth /cm2)

Abb. 26 FW-Kurven für den Anteil anormaler Kolonien (M 6)

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- 66 -

die wenigen nichtlinearen Versuche kein Grund zur Ausnahme gegeben ist,

wurden für die Meßpunkte aller Versuche Ausgleichsgeraden berechnet und

die Meßpunkte so normiert, daß die Ausgleichsgeraden für <Pth = 0 den Wert

100 % annehmen. Den FW-Kurven in den Abbildungen 21 - 26 liegen also

die Mittelwerte und deren Standardabweichungen der normierten Meßpunkte

der Parallelversuche zugrunde. Die Steigungen der gezeichneten Ausgleichs­

geraden sind gleich den Mittel werten der einzelnen Ausgleichsgeraden der

Parallelversuche.

Der wesentliche Fehleranteil der thermischen Neutronenflußdichte, die Un­

sicherheit in der Abschätzung der Absorption der Neutronen im Innern der

Probe, spielt für die gegenseitige Lage der Kurven der Bestrahlungsgruppen

keine Rolle und wurde nicht eingezeichnet. Der Fluenzfehler der Kurven 11 t -Untergrund" jedoch beträgt durch die Fehler der t- und Rönten-Energie­

dosismessung zusätzlich etwa + 8 %. Der Schadenanteil der wesentlichen

nicht-thermischen Neutronen wird dadurch nur um etwa + 2 % verändert.

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- 6 7 -

6. Diskussion

6. 1 Mathematische Form und Auswertung der DW- und FW-Kurven

Aus nur 5 Meßpunkten bei den gezeichneten Standardabweichungen für einen

relativ geringen Schädigungsbereich verbindliche Aussagen über das mathe­

matische Modell der DW- und FW-Kurven zu machen, ist nicht möglich.

Auf die Vieldeutigkeit selbst gut gesicherter Meßkurven wird in der Literatur

ausgiebig hingewiesen. Bei den verwendeten Meßgrößen handelt es sich um

biologische, makroskopische Endreaktionen, die zeitlich weit entfernt von

den physikalischen Primärreaktionen der Strahlung liegen und in ihrer Aus­

prägung vielfachen Einflüssen unterliegen.

Gesucht werden hier daher lediglich Parameter einer die Meßpunkte gut be­

schreibenden mathematischen Funktion, die, ohne auf eine mögliche biologische

Grundlage wie Treffbereichvolumen usw. untersucht zu werden, einen nume­

rischen Vergleich der verschiedenen Strahlenwirkungen gestatten. Die FW­

Kurven der Meßgrößen M. für i = 1 - 5 (Abb. 21 - 25) weisen im gesamten 1

Energiedosisbereich bei allen Strahlenquellen einen exponentiellen Verlauf

auf, d. h.

Gl. 23 M.

1

M. 1, 0

Die konstante Reaktivität k. bietet sich hier als Maß für den Strahlenschaden 1

unmittelbar an. Die gleiche Fluenzabhängigkeit liegt auch bei der Ausbil-

dung anormaler. Kolonien auf Agar (M 6) vor, denn aus

Gl. 24 Zahl anormaler Kol. Gesamtzahl der Kol.

wie es die Abb. 26 zeigt, folgt

Zahl normaler Kol. Gesamtzahl der Kol.

= 1 - e -k6 <J> th z k rh 6 :-r th

Zahl anormaler Kol. = 1 -

Gesamtzahl der Kol.

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- 68 -

Die DW-Kurven der Röntgenbestrahlung hoher Energiedosis der Meßgrößen i

(i = 1 - 5; Abb. 19} weisen innerhalb der Standardabweichungen der Meß­

punkte nach ausgeprägten "Schultern" Bereiche exponentieller Strahlenwir­

kung auf, so daß für diese Bereiche

Gl. 25 M.

1

M. 1, 0

-K. D = c · e l {D > 12 krad}

mit konstanter Reaktivität K. geschrieben werden kann. (Hier und im 1

folgenden steht k für Bezug auf cp, K für Bezug auf die Energiedosis D.)

Wie L. E. POWERS48

) für die Keimrate von Bakteriensporen ausführlich

klarlegt, ist K. von den Kulturbedingungen weitgehend unabhängig oder zu-1

mindest in physikalisch und chemisch erklärbarer Weise abhängig und

korrigierbar; K. {bzw. auch k.) stellt daher ein gutes Maß für die Strahlen-1 1

empfindlichkeit der Meßgröße des Objektes dar. c hingegen variiert in hohem

Maße mit den Kulturbedingungen, so daß auch die häufig angegebene Energie­

dosis D • die eine Meßgröße auf n % reduziert, von den Kulturbedingungen n

abhängt und für eine vergleichende Aussage über die Strahlenempfindlich-

keit nicht brauchbar ist.

Die DW-Kurve der Röntgenstrahlung hoher Energiedosis für den Anteil

anormaler Kolonien {Abb. 20} ist wie im Falle der Neutronenbestrahlungen

ausreichend linear. um entsprechend Gl. 24 K6

zu ihrer Charakterisierung

zu verwenden. Der Bereich niederer Energiedosen ist wegen der größeren

Anzahl überlebender Kolonien wesentlich genauer.

T2"b. 9 gibt die aus den FW- und DW-Kurven ermittelten Summenreaktivitäten

k bzw. K der Bestrahlungsgruppen an.

6. 2 Fehler der Reaktivitäten k bzw. K

Tab. 10 gibt die relativen Fehler L1 k/k der Meßgrößen M 1 - M 6 bei den

Reaktorbestrahlungen an. Die Fehler J k {bzw. auch .4 K} sind bedingt durch:

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- 69 -

·-Spalte 1 2 3

Bestrahl. 75 keVeff Rö 0 -Untergrund ohne nth gruppe (10=4/krad) Parallelv. 3 3 4

M 1 194 + 21 93 + 53 211 + 45 2 566 + 68 42 + 54 457 + 44 3 462 + 44 127 + 97 416 + 59 4 372 + 31 103 + 86 388 + 36 -5 593 + 94 45 + 26 439 + 47 -6 70 + 10 22 + 3 115 + 9 - -

Spalte 4 5 6

Bestrahl. H-1 9 N-15 9 B~11 H-1,N-15,B-10+11 H-1 9 N-15 gruppe

Parallelv. 2 3 5

M 1 168 + 25 178 + 47 174 + 27 2 454 + 27 542 + 73 506 + 46 3 381 + 27 433 + 40 412 + 27 4 335 + 32 404 + 31 376 + 27 -5 527 + 37 483 + 52 500 + 31 6 138 + 8 139 + 5 138 + 4

Spalte 7 8 9

Bestrahl. H-1 , N-14, B-11 H-1,N-14,B-10+11 Summe aller gruppe pos. k. z 1,

Parallelv. 3 4

M 1 482 + 136 334 + 34 400 2 994 + 163 890 + 25 955 -3 860 + 187 663 + 35 724 4 828 + 151 660 + 28 727 -5 878 + 53 846 + 27 858 6 230 + 8 206 + 10 218

Tab. 9 : Gemessene Summenreaktivitäten k. bzw. K. 1 1

-4; 13 -2 (außer Spalte 1 in 10 10 nth' cm )

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- 70 -

Meßgröße M 1 M 2 M 3 M 4 M 5 M 6

ohne nth 21,33 9,63 14 p 18 9,28 10,71 7,80 N=15,B-11,H=1 14,88 5p95 7,09 9,55 7,06 5,96 N-15,B-10+11,H-1 26,40 13,47 9,24 7,67 10,77 3,38 N-14,B-11,H-1 28,22 16,40 21,74 18,24 6,04 3,36 N-14,B-10+11,H-1 1o,18 2,81 5,28 4,24 3,19 4,72

Mittelwert 20,20 9,65 11 p 51 9,80 7,55 5,04

Tab. 10 Relative Fehler lJ k/k der Reaktor-Bestrahlungsgruppen (in %)

1 Systematische und zufallsbedingte Einflüsse, die die Messung der

Reaktivität k einer Meßgröße insgesamt verändern, und zwar entweder

1. 1) alle Meßgrößen eines Versuches im gleichen Sinne (z.B. Energie­

dosis- und Fluenzmeßfehler, Variationen in der Anzucht des Be­

strahlungsgutes). oder

1. 2} nur eine oder einige zusammenhängende Meßgrößen (z.B. Beleuch­

tungsveränderungen bei der Flüssigkultur oder Agarkultur, zeitlich

variierende Kulturfehler) sowie

2 systematische und zufallsbedingte Fehler bei der Ermittlung der Meß­

größen einzelner Algenkulturen = Meßpunkte (z.B. zeitlicher Abstand

der Messungen, Kultur- und Zählfehler einzelner Algenkulturen).

Diese Einflüsse bedingen zusammen mit der unter Umständen unvoll­

kommenen Linearität der FW-Kurven einen mittleren Fehler mk bei

der Bestimmung von k durch die Ausgleichsgeraden der N Parallel­

versuche einer Bestrahlungsgruppe.

In der Standardabweichung sk des Mittelwertes von k bzw. Keiner Bestrah­

lungsgruppe sind alle drei Fehlertypen mit wechselnden Anteilen enthalten,

In Tab. 10 wurde der größere der beiden Werte mk/ (N und sk aufgenommen.

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- 71 -

Die Versuche auf Agar liefern wesentlich besser übereinstimmende Resultate

und sind damit zuverlässiger als die Ergebnisse der Flüssigkulturen.

6. 3 Additivität der Schadenanteile der Strahlenquellen

Die Summenreaktivitäten k. der Bestrahlungsgruppen der Reaktorbestrah-1

lungen setzen sich aus den Reaktivitätsanteilen k. Z der beteiligten internen 1,

und externen Strahlenquellen Z zusammen. Diese Strahlenquellen bewirken

in verschiedener Zusammenstellung gemeinsam exponentielle FW-Kurven,

so daß dieser funktionale Zusammenhang auch für die Strahlenquellen einzeln

gelten muß. Dennoch kann es nur vorausgesetzt werden und läßt sich mit den

vorliegenden Versuchsergebnissen nicht beweisen, daß

Gl. 26 = Lk. z z 1,

Gleichbedeutend ist die Voraussetzung, daß sich die einzelnen Schaden­

mechanismen nicht gegenseitig beeinflussen und sich ihre Schadenanteile

nicht überlagern. R. ECOCHARD konnte in seiner bereits zitierten Arbeit15

)

diesen Nachweis für genetische Schäden führen.

Gl. 26 gestattet die Berechnung der absoluten Reaktivitätsanteile der mit der

Bestrahlung in BE-15 im Algenkonzentrat auftretenden Strahlenquellen.

6. 4 Absolute Reaktivitätsanteile der Strahlenquellen

Im einfachsten Fall ist der Unterschied zwischen zwei gemessenen Gesamt­

reaktivitäten k. ·1

+ LI k. 1

und k. 2

+ L] k. 2

einer Meßgröße i nur bedingt 1, - 1, 1, - 1,

durch eine einzige Strahlenquelle Z, die in k. 2

vollständig und in k. 1

nicht 1, 1,

enthalten ist. Dann beträgt unter der Voraussetzung der Gl. 23 der dieser

Strahlenquelle zukommende Reaktivitätsanteil

Gl. 27 k. z = (k. 2 - k. 1) :: i/ (Llk. 1)2 + (.dk. 2)2 1, 1, 1, 1, 1,

So enthält gemäß der Versuchsanordnung die FW-Kurve II r-Untergrund

allein" nur die Wirkung externer (-Strahlung.

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- 72 -

Die FW-Kurven "ohne nth" fallen auf Grund der unbekannten Anzahl der die

Li-Filtereinrichtung passierenden thermischen Neutronen von sicher weniger

als 2, 8 % von cpt~ geringfügig zu stark ab. Das ließe sich durch den Ein­

satz von 15

N und 'l~ unter den Li-Filtern vermeiden, was aus Kostengründen

unterblieb. Dieser Fehler wird etwa ausgeglichen durch die Absorption

schneller Neutronen in den Filtern (vgl. Kap. 3. 4. 1). Hingegen macht sich

die Filterung der epithermischen Neutronen nicht bemerkbar, weil die

Energiedosis aus den Einfangreaktionen dieser Neutronen ohnehin gering

ist (vgl. Kap. 3. 4. 3). Die FW-Kurven "ohne nth" geben also die volle Wir­

kung der externen r-strahlung und der nicht-thermischen Neutronen wieder.

In den anderen FW-Kurven kommen einige durch thermische Neutronen be­

dingte Einfangreaktionen als Strahlenquellen hinzu. Eine vollständige Aus-

schaltung dieser Reaktionen (entsprechend 100 o/oiger Markierung mit 15

N bzw. 11

B) war mit vernünftigem Aufwand nicht möglich~ Unterscheiden

sich k. 1

+ t1 k. 1

und k. 2

+ .1 k. 2

nur auf Grund unterschiedlicher An-1, - 1, 1, - 1,

reicherung a1

% < a2

% (a2

% = natürlicher Isotopenanteil) eines einzigen

strahlenden Isotopes Z, so beträgt der zu a2

% gehörige Reaktivitätsanteil

von Z

Gl. 28 k. z = 1, [ (k. 2 - k. 1) +

1, 1, -

F .. d" lOB d d" 14N R kt' "bt . . d bh"" . ur ie - un ie - ea 10n g1 es zwei vone1nan er una ang1ge

Bestrahlungsgruppenpaare:

15Nl0 + 1 lB _ 15Nl 1B

11B14N _ 11Bl5N

Die daraus resultierenden Parallelergebnisse für k. Z und ihr gewogener 1,

Mittelwert wurden in Tab. 11 eingetragen. Zur Nachprüfung der Additivi-

tät der Schadenanteile der beteiligten Einfangreaktionen können diese Er­

gebnisse wegen der Kleinheit und Unsicherheit von ki B-lO nicht herange-•

zogen werden.

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- 73 -

Die FW-Kurven aller Meßgrößen der 14

N-Versuche und der Meßgröße 5 der 15

N-Versuche weisen in Bezug auf das Bor-Isotopenverhältnis eine ver­

tauschte Reihenfolge auf. Diese führt zu negativen Reaktivitätsanteilen des

Bors, die rein formal auf 0 % lOB korrigiert werden. Die Vertauschungen

sind jedoch in keinem Fall signifikant (S = 95 %) und nur durch die zahl-14 11

reichen Fehlereinflüsse, besonders bei der N B-Gruppe, zu erklären.

Tab. 11 stellt die so ermittelten absoluten Reaktivitätsanteile der Strahlen-

quellen zusammen. Der verhältnismäßig sehr geringe, teils sogar negative

gewogene Mittelwert des Reaktivitätsanteils von lOB in Tab. 11, Spalte 6

läßt es vertretbar erscheinen, die 15

N-Versuche in einer Gruppe zu ver­

einigen (Tab. 9, Spalte 6). Der Reaktivitätsanteil ki H-l der 1H-Einfang-

' reaktion und anderer Kernreaktionen thermischer Neutronen ergibt sich

dann mit größerer Aussagesicherheit aus der Differenz der Reaktivitäten 14 . 15

der auf 0 % N extrapolierten N-Gruppe (ki, 2 - 0, 05 ki, N- 14 ) und der

Gruppe "ohne nth 11 (ki, 1; Tab. 6, Spalte 3):

GI. 29 ki H-1 = '

(k. 2 - o,o5 k. N-14 - k. 1) + Vu1k. 2)2 +(.1k. 1)2 1, 1, 1, 1, 1,

6. 5 Relative Reaktivitätsanteile der Strahlenquellen

Die Tab. 12 gibt für die 6 Meßgrößen das Verhältnis der Reaktivitätsanteile

k. Z zur Summe über Z aller positiven Reaktivitätsanteile wieder. Unter 1,

Berücksichtigung der hohen Fehlergrenzen von M 1 und der großen Unsicher-

heit der geringen Schadenanteile können für alle Strahlenquellen Z die relativen

k. Z bei allen. geprüften Meßgrößen i als gleich groß angesehen werden. Da-1,

her ist das auf 100 % ergänzte gewogene Mittel der Anteile einer Strahlen-

quelle geeignet, deren Bedeutung für den Schaden der Algen natürlicher

Isotopenzusammensetzung in BE-15 pauschal zu charakterisieren (Tab. 12, a

vorletzte Zeile). Da die Ergebnisse von M 1 - M 6 nicht völlig unabhängig

voneinander sind, wurde dort nicht die theoretisch errechnete Gesamt­

Standardabweichung, sondern die diese stets übertreffende kleinste vor­

kommende Standardabweichung der Meßgrößen eingetragen.

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- 74 -

Spalte 1 2 3

z f -Untergrund n nicht therm. H-1

M 1 93 + 53 118 + 70 - 46 + 52 2 42 + 54 415 + 70 29 + 64 - -3 127 + 97 289 + 114 - 17 + 65 - -4 103 + 86 285 + 93 - 26 + 45 - -5 45 + 26 394 + 54 42 + 56 6 22 + 3 93 + 9 19 + 10

Spalte 4 5 6

z B-10

aus N-15 aus N-14 gew„Mittelwert

M 1 13 + 68 - 188 + 178 - 13 + 82 2 112 + 99 - 132 + 209 67 + 119 3 66 + 61 - 250 + 241 47 + 72 -4 88 + 57 - 213 + 154 52 + 69 5 - 56 + 81 - 41 + 75 - 48 + 78 -6 1 + 12 - 30 + 16 - 10 + 13

Spalte 7 8 9

z N-14

aus B-11 aus B-10+11 gew.Mittelwert

M 1 331 + 146 164 + 61 189 + 74 2 569 + 174 366 + 81 402 + 98 -3 504 + 199 242 + 56 261 + 66 4 519 + 163 270 + 44 287 + 52 5 370 + 68 382 + 62 377 + 65 6 97 + 12 71 + 12 84 + 12 - =

Tab. 11 : Reaktivitätsanteile k. Z der Strahlenquellen Z 1,

-4; 13 -2 (in 10 10 nth" cm )

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- 75 -

Spalte 1 2 3 4 5

z r-untergrund n nicht th. H-1 B-10 N-14 und andere

M 1 23,3 + 13, 3 29,5 + 17, 5 - 11. 5 + 13,0 - 3,3 ± 20,5 47,3 + 18,5

M 2 4,4 + 5,7 43,5 + 7,3 3,0 + 6,7 7,0 ± 12,5 42. 1 + 10,3

M 3 17 ,6 + 13,4 39,9 ± 15,8 - 2,4 + 9,0 6,5 + 9,9 36. 1 + 9. 1

M 4 14,2 + 11. 8 39. 1 + 12,8 - 3,6 + 6,2 7,2 + 9,5 39,5 ± 1,2

M 5 5,3 + 3,0 45,8 + 6,3 4,9 + 6,5 - 5,6 + 9. 1 43,9 + 7,6

M 6 10,2 + 1. 3 42,5 ± 4,3 8,7 + 4,6 - 4,6 + 6,0 38,5 ± 5,5

gew,MW. 9,9 ± 1. 4 45,0 ± 4,5 3,0 ± 4,8 - 0,2 + 6,3 42,0 ± 5,8

bezogen auf den Anteil th, Neutr, 6,7 ± 10,7 - 0,4 ± 14,0 93,3 + 12,9

Tab. 12 Verhältnis der Teilreaktivitäten k. Z zur Summe über Z der pos. 1,

Teilreaktivitäten für natürliche Isotopenzusammensetzung (in %)

Danach sind allein 45, 0 % bzw. 42, 0 % des Gesamtschadens durch elastische

Stöße mittelschneller und schneller Neutronen sowie durch die 14

N(n, p)14c­

Reaktion thermischer Neutronen bedingt. Darüberhinaus weist lediglich

noch die externe 0 -Strahlung einen eindeutig positiven Anteil von knapp

10 % auf.

Unter den Reaktionen thermischer Neutronen nimmt die 14

N-Reaktion mit

9 3. 3 % des Schadens dieser Neutronen die weitaus wichtigste Stelle ein.

Mit nur 6, 7 % Schadenanteil erscheint die Wirkung der n, '( -Reaktion des 1H in Anbetracht ihres nicht unerheblichen Energiedosisanteils von 22, 9 %

bei allen Meßgrößen überraschend klein. Wegen fehlender chemischer Trans­

mutation und sehr geringer Rückstoßenergie des 2H-Kernes (3, 2 eV) sollte

die 1H-Reaktion bei gleicher Energiedosis denselben Schaden bewirken wie 1

die O -Untergrundstrahlung. Bezogen auf die Energiedosis, ist die H-Gruppe

mit 67 + 107 relativen Einheite.n je krad jedoch sogar (nicht signifikant)

wirksamer als die externe f-Strahlung mit 21, 7 ~ 4, 0 relativen Einheiten

je krad.

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- 76 -

Der absolute Schadenanteil der 1H- ß -Strahlung ist durch den Wasserstoff­

gehalt der Bestrahlungsprobe und die biologische Testreaktion eines Objektes

noch nicht festgelegt:

1} Durch eine Erhöhung der thermischen Neutronenfluenz und damit auch

der f -Energiedosis nimmt bei schulterförmigen (-DW-Kurven die

Reaktivität stark zu (hier bei M 1 - M 5, Abb. 19 ).

2) Durch eine Vergrößerung des Probenvolumens erhöht sich der g-Wert

der Probe (Gl. 1 O}. Dadurch steigt bei gleicher Fluenz nicht nur die

O -Energiedosis, sondern nach 1} auch die r-Reaktivität. Zum Ver­

gleich: Im menschlichen Körper mit ebenfalls etwa 10 % Wasserstoff

bedingt die 1H- ( -Strahlung etwa 9 3 % der durch thermfäche Neutronen

erzeugten Energiedosis 29

) gegenüber 22, 9 % in den Chlorella-Proben,

gleichmäßige Neutronenflußdichte im Innern der Objekte vorausgesetzt!

Im Vergleich zur wenig wirksamen f -Energiedosis aus der 1H-Reaktion

ist die sehr geringe ß- und (-Energiedosis aller anderen Kerne, und ganz

besonders die der erzeugten Radionuklide, sicher ohne Einfluß auf den

Schaden der Algen (Tab. 3 und 4). Zumal eine Anhäufung der Energiedosis

innerhalb der Zelle nicht möglich ist wegen der relativ großen Reichweiten 32

dieser meist harten Strahlungen {für die 1, 7 MeV -ß-Strahlung des P

z.B. etwa 2700 Zelldurchmesser). Das gleiche gilt sinngemäß auch für die

Korpuskularstrahlung aller Kerne außer 14

N und lOB im Vergleich zur viel

höheren, aber unwirksamen Energiedosis des 10

B. Jedoch könnte in diesem

Fall die Verteilung der strahlenden Kerne in der Zelle eine gewisse Rolle

spielen (vgl. Kap. 6. 6. 2}. Außer in M 6 ist auch ein Einfluß dieser Kerne

durch Transmutation unwahrscheinlich. Bei den Versuchen M 1 - M 5 kann

die '(-Energiedosis aus der 1H-Reaktion den Schaden der

1H-Gruppe durch­

aus allein erklären.

Dagegen ist bei dem 11genetischen11 Versuch M 6, der Bildung anormaler 1

Algenkolonien, der Schadenanteil der H-Gruppe überdurchschnittlich groß

und gut gesichert {Tab. 12, Spalte 3}. Besonders die Transmutation der

Phosphorkerne entsprechend :

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- 77 -

- '

{

ß + Y + 1, 710 MeV

32s + 77, 3 eV

kann dazu beigetragen haben, da der Phosphor mit der Verknüpfung der

Nukleoside in den Nukleinsäuren eine wichtige Schlüsselstellung einnimmt. ffi 13 -2 -10

Wenn auch durch lth = 1 · 10 nth ·cm nur 1, 9 · 10 % aller Phosphor-

kerne umgewandelt werden, kann doch der genetische Schaden meßbare 28)

Folgen haben. In den zusammenfassenden Darstellungen von H. GLUBRECHT

sowie R. E. KRISCH und M. R. ZELLE2

) werden zahlreiche Arbeiten zitiert,

die für meist sehr kleine und suspendierte Objekte wie Phagen und Bakterien 32

eine wesentliche Rolle der Transmutation des P belegen.

Die im Hinblick auf die Halbwertszeit des 32

P von 14, 3 d interessante lange

Dauer der Agar-Versuche von 9 d ist jedoch belanglos, da spätestens nach

zwei Zellteilungen, d. h. der Erzeugung von etwa 50 selbständigen Tochter­

zellen, das weitere Wachstum der Kolonie durch die Mutation oder den

Schaden einer einzigen Zelle sicher nicht beeinflußt wird.

N. S. RAO et al. 49

) untersuchten den Strahlenschaden thermischer Neutronen

bei trockenem Saatgut in Abhängigkeit von der Lagerzeit zwischen Bestrah­

lung und Einquellung. Während Keimrate, Überlebensrate und Pflanzenhöhe

im benutzten Energiedosisbereich unbeeinflußt blieben, fanden sie sogar

eine Abnahme des genetischen Schadens des Saatgutes mit der Lagerzeit

von 2 h bzw. 10 d. Sie führten den Unterschied auf die nach 10 d zur Zeit

der Einquellung abgesunkene Radioaktivität der Proben und auf eine zell­

interne Reparatur von Schäden der DNS während der Ruhephase zurück.

Nun ist immerhin zu bedenken, daß auf Grund der hier vorliegenden Resultate

auch die genetischen Schäden sicher weit überwiegend von der spontanen 14

N-Reaktion bedingt werden und nicht von den langlebigen Radionukliden.

Ferner hat die Zerfallsrate des hierbei wohl wesentlichsten Radionuklids,

des 32

P, nach 10 d erst um 38 % abgenommen, während aber die Gesamt­

zahl der Zerfälle und damit der möglichen DNS-Schäden fast zeitproportional

angestiegen ist. Der erwähnte Reparaturprozess in der Ruhephase müßte also

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- 78 ~

rasch und weitgehend vollständig erfolgen. Es erscheint daher wahrschein­

licher, daß eine Modifikation der (spontan) erzeugten Schäden thermischer

Neutronen beobachtet wurde und weniger eine Reparatur von Schäden in­

duzierter Radionuklide,

Für die lOB(n, IX ) 7 Li-Reaktion konnte bei natürlicher Isotopenzusammen­

setzung der Algen trotz eines Energiedosisanteils von 14, 6 % im Durch­

schnitt überhaupt kein positiver Schadenanteil festgestellt werden. Der

Grund dafür dürfte in der besonders hohen Unsicherheit der 14

N11

B-Ver­

suche liegen. Ein Anteil des lOB am Schaden thermischer Neutronen in

Höhe der Standardabweichung von 14 % ist nicht auszuschließen.

Durch den Ersatz der natürlichen Bor-Isotopenzusammensetzung mit 19, 8 %

lOB gegen einen !OB-Anteil von 91 % erhöht sich die Energiedosis der 10

Einfangreaktion um den Faktor 4, 6. Auf diese Weise konnten R. ECOCHARD

und seine Mitarbeiter bei einer Reihe von Objekten (Chromosomen in Vicia 11 13) . 12) 14 15) . .

faba ' , Adventivwurzeln und Pollen ' von Tomaten) zuverlä.ss1g

eine ähnlich geringe Wirksamkeit der lOB-Einfangreaktion messen wie hier

(vgl. Kap. 6. 6, 2). Bei einem relativ zum Stickstoffgehalt 2, 4 mal höheren

Borgehalt der bestrahlten Tomatenpollen im Vergleich zu Chlorella betrug

der Anteil der lOB-Reaktion am Schaden thermischer Neutronen für natür­

liche Isotopenzusammensetzung der Pollen nur zwischen ca. 14 % (Mutation

Anthocyanin) und 34 % (morphologische Mutationen), war also interessanter­

weise nicht gleich für alle genetischen Strahlenschaden-Meßgrößen.

6. 6 Überlegungen zur Bedeutung der Transmutation des 14

N-Kerns bei

der C-Reaktion

6. 6. 1 Strahlenquellen-bezogener Vergleich der Schadenmeßgrößen-Anteile k. Z ~~~~~--~-:;_--~--~----------~~~~~~~~~~~~""'-~--~~----~1.

Die Meßgrößenreaktivitäten k. sind bedingt durch eine Reihe von typischen 1

Zellschäden. Die quantitative Unterteilung der verschiedenen Schadensbilder

auf Zellebene ist sicher etwas willkürlich und schwierig, zumal möglicher­

weise einzelne der genannten Zellschäden nicht unabhängig voneinander sind.

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- 79 -

Dennoch erscheint es sinnvoll, folgende Zellschäden S zu unterscheiden, n

die bei mikroskopischer Beobachtung der bestrahlten Algenkulturen alle

gefunden wurden (Abb. 27, b - f):

1) Langdauernde reversible Mitoseverzögerungen:

asynchrone, aber vollkommen normal aussehende Algen;

wichtig bei: M 1, M 2.

2) Verlangsamung des Wachstums

(z.B. auf Grund einer langdauernden, nicht letalen Störung einer

Syntheseleistung):

Symptome wie bei Punkt 1);

wichtig bei M 1, M 2, M 3, M 4.

3) Dauernde Mitoseblockierung:

verschiedene Formen von Riesenzellen (Abb. 27b, c) oder unförmige

"Wucherungen" von großen, grünen Zellen in Zellhaufen mit ausge­

bildeten Zwischenwänden (Abb. 27d);

wichtig bei: M 1, M 2, M 5.

4) Zelltod

(meist in später Interphase; unter anderem auf Grund einer schwer­

wiegenden Störung einer Syntheseleistung; Chromosomenaberrationen,

die sich wegen des haploiden Genoms von Chlorella stark auswirken

können):

körnig strukturierte, nicht normal grüne, meist ausgewachsene Zellen

{Abb. 27f);

wichtig bei: M 2, M 3, M 4, M 5.

5) Störungen der Zell wand:

große, runde Zellen mit wenig Plasma und Chlorophyll, sowie völlig

strukturlosen Bereichen (Abb. 27e); Zusammenkleben von Zellhaufen

{Abb. 27d, e);

wichtig bei: M 1, M 2, M 3, M 4, M 5.

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a) b)

c) d)

e) f)

Abb. 27 : Chlorella-Zellen 2, 5 Tage nach einer Bestrahlung mit 13 -2

4,5· 10 nth' cm .

a unbestrahlte Kontrolle (vollständig synchrone Kultur)

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- 81 -

6) Auslösung sichtbarer Mutationen:

z. B. Chlorophyllmutanten, Kolonieform-Varianten;

wichtig bei: M 5, M 6.

Die relativen Zellschäden s: ("' Anteil der Zellen des Schadens Sn an der

Gesamtzahl der Zellen) wirken sich ersichtlich auf die Strahlenschaden­

Meßgrößen M. in verschieden starkem Maße aus, wie es in der vorstehenden 1

Übersicht eingetragen ist. Die im Strahlenfeld von BE-15 wirksamen Strah-

lenquellen besitzen Anteile S+ z am relativen Zellschaden S+. Die S+ z n, n n,

entsprechen in ihrem Einfluß auf die Meßgrößenreaktivitäten k. vollständig 1

den relativen Zellschäden S+. n

Die Messungen in Tab. 12 haben ergeben, daß der Quotient k. zl L k. z 1, z 1,

bei gegebenem Z für alle i innerhalb der Meßgenauigkeit konstant ist. Dann

kann für alle wesentlichen Zellschadentypen S wegen der unterschiedlichen n

Bedeutung der S+ Z für die verschiedenen k. Z diese Konstanz nur erklärt n, 1,

werden durch die Gleichheit aller relativen Zellschadenanteile S+ z bei ge-n,

gebenem Z. Für die Strahlenquellen z. bei denen die Konstanz des Quotienten

gesichert ist, also für die 14

N-Reaktion und die nicht-thermischen Neutronen,

hängt S+ Z nicht von n ab. n,

Nun sind die beobachtbaren Zellschäden S ihrerseits bedingt durch eine ge­n

wisse unbekannte Zahl wichtiger Zellstrukturschäden S . Die relativen + m

Zellstrukturschäden S (= Anteil geschädigter Strukturen m an der Gesamt-m

zahl der Strukturen m) setzen sich aus den Anteilen S+ Z der Strahlenquellen m,

zusammen.

Auf Grund einer sicher vorliegenden ungleichen Strahlenempfindlichkeit der

Zellstrukturen, die zudem noch von den Bestrahlungsbedingungen abhängen

dürfte, wird eine ungleiche relative Schädigung S+ der Strukturen m ge-rn

geben sein. Diese Empfindlichkeitsunterschiede gelten jedoch per definitionem

für alle Strahlenquellen in gleicher Weise und würden ein gleiches Struktur­

Schädigungsmuster für alle Strahlenquellen noch nicht ausschließen. Ein

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gleiches Schädigungsmuster für alle Strahlenquellen würde besonders ein­

leuchtend die Konstanz der relativen Strahlenschadenanteile k. zl L k. z 1, z 1,

für alle i bei gegebenem Z erklären.

Für die Schädigungsmuster der Strahlenquellen spielt aber auch die Art

der Strahlenquellen eine möglicherweise große Rolle. Unterschiede des

Schädigungsmusters könnten sich ergeben durch

l} unterschiedliche Verteilung der Energiedosis in der Zelle,

2} unterschiedliche lineare Energieabgabedichte (LET) und (oder)

3) unterschiedliche Schädigungsmechanismen der Strahlenquellen.

Zu 1) : Die Strahlenquellen lassen sich in lokal, d. h. in der Größenordnung

der Moleküle, und nicht-lokal wirkende einteilen.

So sind die Anregungen und Ionisationen, die durch externe und interne 0-und ß-Strahlungen bedingt sind, unspezifisch und in diesem Sinne sicher

nicht-lokale Ereignisse auf Grund der großen Reichweiten dieser Strah­

lungen und des hier hohen Wirkanteils diffusibler Radikale und gebildeter

toxischer Substanzen.

Die Wirkungsweise der schnellen Neutronen ist ähnlich unspezifisch und

nicht-lokal:

Unspezifisch , weil die hauptsächlich beteiligten H- und 0-Kerne über fast

alle Moleküle des Zellinnern verstreut sind und vor allem das in der Zelle

zu 4/ 5 der Masse vorhandene Wasser besonders stark reagiert, ein Strah­

lenschaden an den Wassermolekülen direkt aber sicher keinen Einfluß auf

die Zelle hat.

Nicht-lokal, weil der Ausgangspunkt der energiereichen H- und 0-Rückstoß­

kerne über das gesamte Zellinnere verteilt ist und die Reichweite dieser Kerne

in der Größenordnung eines Zelldurchmessers liegt.

Auch 0, 58 MeV -Protonenstrahlung der 14

N-Einfangreaktion kann noch als

nicht-lokal gelten. Denn die relativ große Reichweite der Protonen von 4 - 5

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Zelldurchmessern führt zu einer noch gleichmäßigen Verteilung der Energie­

dosis in der Zelle.

Dagegen stellen die z. B. mit der 14

N-Reaktion verbundenen Transmutations­

effekte eine sehr lokale Strahlenschädigung dar. Der ausgestoßene 14

c-Rück­

stoßkern hat eine Reichweite in der Größenordnung des betroffenen Moleküls,

und die durch das Herausschleudern bedingten Anregungen und Ionisationen

sind im wesentlichen ebenfalls auf das Molekül beschränkt.

Zu 2) : ß-Strahlungen spielen für die Energiedosis keine Rolle im benutzten

Strahlenfeld. t -Strahlungen besitzen eine etwa 100 mal geringere lineare

Energieabgabedichte als die fast gleichartigen Strahlungen der schnellen

Neutronen und der 14

N-Reaktion.

Zu 3) : Die Mechanismen der Schädigung unterteilen sich in Anregungen

und Ionisationen einerseits und Transmutationen andererseits.

Die zunächst interessierenden Strahlenquellen, die 14

N-Reaktion und die

nicht-thermischen Neutronen, stimmen im Punkt 2) überein, nicht aber

in den Punkten 1) und 3). Die mit Transmutationseffekten verbundene 14

Einfangreaktion besitzt stark lokale Wirkungsanteile. Die Schädigungs­

muster dieser Strahlenquellen sollten sich unterscheiden. Im Fall der 14

Reaktion müßte der Strukturschaden zusätzlich vom Stickstoffgehalt der

Struktur abhängen.

Es wird hier ausdrücklich angenommen und erscheint wohl begründet, daß

sich Strahlenschäden des Zellkernmaterials auf die beobachtbaren Zell­

schäden S unterschiedlich stark auswirken. So sollte hiervon die Auslösung n

von Mutationen, die Aberration von Chromosomen und vermutlich auch die

Mitoseverzögerung (vgl. 50)) besonders stark betroffen sein, während Schäden

der Plasmastrukturen eher für Permeabilitätsveränderungen der Zellwand

und Ähnliches verantwortlich sind.

Die besonders stickstoffreiche DNS ist im Zellkern konzentriert. Da aber

die zellkernbedingten Schäden für die 14N-Reaktion keine Häufung zeigen,

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ergeben sich zwei mögliche Folgerungen:

1) Entweder spielen die lokalen Transmutationseffekte der 14

N-Reaktion

überhaupt keine wesentliche Rolle, oder

2} alle beobachtbaren Zellschäden S werden weit überwiegend bedingt n

durch den Schaden nur einer Zellstruktur oder einiger weniger Zell-

strukturen gleicher Stickstoffkonzentration.

Eine Entscheidung zwischen 1) oder 2} soll im nächsten Kapitel versucht

werden durch den Vergleich der relativen biologischen Wirksamkeit (RBW)

der 14

N-Reaktion und der Streuung schneller Neutronen.

Zuvor jedoch können noch die auf die Energiedosis bezogenen Reaktivitäten

Ki für hohe Energiedosen der externen 75 keV eff-Röntgenstrahlung (Tab. 9,

Spalte 1) zusätzlich in die Untersuchungen einbezogen werden durch Bildung r .., ......

des Quotienten k. zf . k. z bzw. K. zf .c-. K. z . (Ob K oder k ist 1, 1 1, 1, 1 1,

hier durch die Quotientenbildung gleichgültig. )

Falls S+ z = Sz+ unabhängig von n, folgt k. zf Ä k. z unabhängig von Z. n, 1, 1 1,

Tab. 13 gibt diese Quotienten für die drei wesentlichen, prüfbaren Strahlen-

quellen wieder:

Spalte

z

M 1 2 3 4 5 6

Tab. 13

1 2 3

75 keVeff Rö n nicht therm. N-14

8,6 + - 0,9 7,4 + 4,4 11 , 8 + 4,6 24,7 + 3,0 26,0 + 4,4 25,1 + 6' 1 20,6 + - 2,0 18' 1 + 7, 1 16,3 + - 4' 1 16,6 + 1'4 17,9 + - 5,8 17,9 + 3,3 26,4 + 4,2 24,7 + 3,4 23,6 + 4, 1 - - -3, 1 + 0,5 5,8 + 0,6 5,3 + 0,8 - -

Verhältnis der Teilreaktivitäten k. Z zur Summe über i der Teil-1,

reaktivitäten für verschiedene Strahlenquellen Z (in %)

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Für die Meßgrößen M 1 - M 5 ist die Unabhängigkeit des Quotienten von Z

für alle Strahlenquellen sehr gut erfüllt. Fernerhin stimmen auch für M 6

die Werte der Protonenstrahlungen sehr gut überein. Dagegen unterscheidet

sich hier für die externe Röntgenstrahlung der Quotient signifikant. Er ist

nur etwa halb so groß und würde sich bei Zugrundelegung nur des ersten,

sehr sicheren Abschnitts der DW-Kurve M 6 (Abb. 20} noch weiter ver­

ringern. Der Grund für diese Abweichung besteht formal in der Linearität

der DW-Kurve des Anteils anormaler Kolonien im Gegensatz zu den sonst

beobachteten Schulterkurven.

Hierdurch wird die häufig berichtete Beobachtung wiederholt (vgl. die zu­

sammenfassende Darstellung in l, 51

\ daß bei gleichem sog. "physiologischem"

Zellschaden die Mutationsrate für die dünn ionisierende Röntgen- oder

Ö -Strahlung wesentlich kleiner ist als für vergleichsweise dicht ionisierende

Protonenstrahlung.

Die im Verhältnis zu den Meßgrößen M 1 - M 5 geringe Wirksamkeit der

75 keV eff-Röntgenstrahlung hoher Energiedosis auf die Auslösung anormaler

Zellkolonien kann erklärt werden durch die im Vergleich zur Korpuskular­

strahlung sehr geringe Ionisationsdichte und damit durch unterschiedliche

Schädigungsmuster der Zellstrukturen m nach Punkt 2} auf S. 82. Es könnte

aber auch bei ursprünglich gleicher Schädigung der wesentlichen Zellstrukturen

eine zeitabhängige, zellinterne Reparatur der fein verstreuten Ionisations­

schäden stattgefunden haben. Diese Reparatur wurde bei dünn ionisierenden

Strahlungen immer wieder beobachtet. Insbesondere könnten also auch hier

alle Meßgrößenvariationen wesentlich durch Zellkernschäden allein bedingt

sein.

6. 6, 2 Relative biologische Wirksamkeit (RBW} der Strahlenquellen

Erst bezogen auf die an das Objekt abgegebene Energiedosis sagen die Reakti-

vitäten k. der einzelnen Strahlenquellen Z etwas aus über die Wirksam-1, z

keit dieser Strahlenquellen auf Chlorella. In der Tab. 14, Spalte 1 sind da-

bei aus den in Kap. 6. 5 erläuterten Gründen nur die gewogenen Mittelwerte

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der Reaktivitäten der Tab. 12 (in% des Gesamtschadens = rel. Einh. /

1013

nth• cm-2

) berücksichtigt worden:

- kz -Strahlen- kz Cz ~ = Kz quelle Cz releEinh„je krad je relb Einh"

13 -2 1013n •cm-2 je 1o nth•cm th krad

75 keV-Rönt-genstrahlung als Ersatz des 9,9 + 1, 6 0,457 + 0,036 21,7 + 3,9 t-Untergrundes - -nnicht-therme 45,0 + 4,5 0,299 + 0,089 150 + 47 - ... H-1 und andere 3,0 + 4,8 0,0454 + 0,0053 66 p 1 + 106 -B-10 ..( 6,3 0,0270 + 0,0016 < 233

N-14 42,0 ± 5,8 0,112 + 0,0067 375 + 56

Tab. 14 Relative Schadenanteile der Strahlenquellen, bezogen auf die

Energiedosis

Das Verhältnis der '.mnergiedosis von Z zur Energiedosi,s einer Röntgen­

oder y -Strahlung gleicher Wirkung wird häufig als relatives Maß der Wirk­

samkeit einer Strahlung Z angegeben (RBW 2

).

Bei allen Meßgrößen Mi und Strahlenquellen Z der Reaktorversuche ( r-Unter­

grundstrahlung imitiert durch Röntgenstrahlung gleicher Energiedosis und

Energiedosisleistung) ist die Strahlenwirkuhg der Fluenz thermischer Neutronen

u.nd damit wegen n2

== c2

· tth (c2

:: Proportionalitätsfaktor, vgl. Kap.

3. 4. 3 und Gl. 15 und 20) auch der Energiedosis pröportional:

k. z =-...2:!_.n =-K ·D z i, z z (i=l-5) bzw.

z

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Zahl anormaler Kol. =

k6 z • . D z Gesamtzahl der Kol. z

Die RBW Z' bezogen auf 100 keV -Elektronen, beträgt daher unabhängig von

der Energiedosis

Gl. 32

RBWZ = D75 keV Rö = 1, 3 .

RBWZ K. z

1, = 1,3·------ bzw.

K75 keV Rö

Der Faktor 1, 3 berücksichtigt dabei die geringere Wirksamkeit der 100 keV -

Elektronen im Vergleich zur 75 keV -Röntgenstrahlung (nach M. I. SCHAL­

NOW29), siehe unten; Tab. 15).

Wie sehr viele Experimente gezeigt haben, hängt die RBW einer Strahlung

unter anderem stark vom untersuchten Strahleneffekt ab. Die zum Vergleich

der Wirksamkeit verschiedener Strahlungen Z notwendige "gleiche Wirkung

am gleichen Objekt" ist für die 14

N-Reaktion und die nicht-thermischen

Neutronen auf Grund der Unabhängigkeit der relativen Zellschadenanteile

S+ Z von n gut gegeben. Für die externe Röntgenstrahlung ist diese Voraus-n, setzung sowie die Berechtigung der Mittelwertbildung des Schadenanteils

nicht zu sichern, so daß alle RBW z-Werte in der absoluten Höhe unsicherer

und von geringerer Bedeutung sind als relativ zueinander. Die RBW- Werte

werden allgemein hoch ausfallen, da bei der Quotientenbildung im Nenner

die relativ geringe Reaktivität der Röntgenstrahlung im niedrigen Dosis­

bereich, also im Bereich der "Schulter" der DW-Kurven, genommen wird,

Als sehr grober Anhaltspunkt für die RBW einer externen Strahlung gleicher

Zusammensetzung wie Z wurden in Tab. 15 auch RBW-Werte von M. I.

SCHALNOW29

) aufgenommen, die unter der Voraussetzung berechnet wurden,

daß die Strahlenschäden der Kubikwurzel aus den linearen Energieverlusten

proportional sind.

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-LETo0(E) Anteil RBWz(100 keV Elektr.) Strahlen= Strah- E der quelle Z lung Z-Komp. externe 29 )

MeV keV /p-m an Dz Strahlung Chlorella

% einz. zus. M1 - M6

Rö.strahl. Rö 0,075 1 '6 100,0 1 , 3 1 , 3 ( 1 , 3) Elektr. -e 0,100 0,71 100,0 def .1 def .1 def .1 r-untergr. r ir-2 0,25 100,0 0,8 0,8 (0,8)

nnicht-th. p 0,542 57 91,7 4,3 5,3 9,0±3,3 08+ 0' 171 4800 7,2 19

H-1 u.a. überwieg. 't 2,22 0,25 93,5 0,8 0,8 4,0±6,5 B~10 <X 1, 49 280 63,7 7,3 8' 1 <14

Li3+ 0,85 680 36,3 9,9 N-14 p 0,582 50 93,2 4, 1 4,8 22,5±5,3

c6+ 0,043 2500 6,8 15

Tab. 15 RBW z• bezogen auf 100 keV -Elektronen

(Werte in Klammern wurden aus29

) übernommen)

Zu vermerken ist die ausreichende Übereinstimmung der berechneten und

der gemessenen RBW der nicht-thermischen Neutronen. Die hohe Abweichung

der RBW der Gruppe "H-1 und andere" ist wegen der ebenfalls sehr hohen

Unsicherheit des Meßwertes (und auch wegen der nicht gesondert zu er­

mittelnden Bedeutung der Transmutation des 32

P in M 6) verständlich. Die

für die 1

OB (n, <X ) 7 Li-Reaktion aufgeführte RBW bedeutet eine obere Grenze

des Wertes. Es wurde jedoch kein positiver Schadenanteil des lOB festge­

stellt, was auf eine unerwartet geringe Wirksamkeit dieser Reaktion hin­

weist. Auch ECOCHARD fand in seiner bereits erwähnten Arbeit13

) für

Chromatidaberrationen bei Vicia faba eine RBWB-lü von nur 2, 0 (umge­

rechnet auf 100 keV -Elektronen). Für die Mutationsauslösung in Tomaten­

pollen wurde sogar eine RBWB-lü < 1 gemessen15

). Als Grund wird in

jedem Fall eine Anreicherung des Bors in der Nähe der Zellwand vermutet.

Das auffälligste Ergebnis der RBW-Berechnungen ist die hohe Wirksamkeit

der internen 14

N(n, p)14

C-Reaktion in Chlorella. Sie übertrifft den von

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M. I. SCHALNOW für eine externe Strahlung gleicher Zusammensetzung

berechneten Wert um den Faktor 4, 7 + 1, 1. Auch andere Autoren3

• 13

)

fanden Hinweise (bei Chromosomenaberrationen von Vicia faba und

Tradescantia) für eine im Mittel etwa 3fach höhere Wirksamkeit der 14

N-Reaktion im Vergleich zu einer externen Protonenstrahlung.

Von größerer Aussagesicherheit ist das ebenfalls hohe Wirksamkeitsver­

hältnis von (2, 5 + 1, 0) : 1 der 14

N-Reaktion zur fast gleichartigen Strah­

lung, die durch die nicht-thermischen Neutronen im Gewebe erzeugt wird.

Zwar sind die durch elastische Stöße dieser Neutronen beschleunigten Kerne

nicht monoenergetisch, aber da die Energie nach29

) nur mit E-l/4

in die

RBW eingeht, kann der durch die Mittelung der Energie bedingte Fehler

nicht sehr groß sein. Monoenergetische Rückstoßkerne gleicher Energie

hätten danach sogar eine geringere RBW, als gemessen wurde, so daß die 14

relative Wirksamkeit der N-Reaktion noch zunehmen würde. Die höhere

Wirksamkeit dieser Reaktion kann daher nur auf die unterschiedlichen Trans­

mutationen beider Strahlungen zurückgeführt werden, wobei erwartungsgemäß

die 14

N-Reaktion wesentlich schwerer wiegende Schäden verursacht als das

Herausschleudern der H- und 0-Kerne durch schnelle Neutronen.

Da die Transmutationseffekte eine wesentliche Rolle spielen, weist die

Gleichheit der relativen Reaktivitätsanteile k. zf L k. Z bei beiden 1, z 1,

Strahlungen auf nur einen Typ oder wenige Typen von Zellstrukturen etwa

gleichen und hohen Stickstoffgehaltes hin, die für den Strahlenschaden maß­

gebend sind (vgl. S. 84). Hierbei könnte es sich durchaus um die stickstoff­

reiche DNS des Zellkerns handeln.

Wegen der hohen Wirksamkeit der 14

N-Einfangreaktion ist bei kleinen Be­

strahlungsobjekten (Volumen< 1 cm 3

) eine Abschätzung der Wirkung ther­

mischer Neutronen im allgemeinen allein auf der Basis dieser Reaktion

möglich. Eine Messung des Bargehaltes ist jedoch immer unerläßlich.

Die Erhöhung des Stickstoffgehaltes einer kleinen Bestrahlungsprobe ver­

größert die Wirkung thermischer Neutronen besonders stark. Vielleicht

kann die Züchtungsforschung von diesem Ergebnis Gebrauch machen.

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7. Zusammenfassung

Die Grünalge Chlorella pyrenoidosa wurde dem Strahlenfeld der thermischen

Säule I des Reaktors FRJ-1 11Merlin 11 und einer 75 keV eff-Röntgenstrahlung

geringer Energiedosisleistung ausgesetzt. Durch einen verschiedenartig

kombinierten Ersatz der Isotope 14

N und lOB in den Algen durch 15

N und 11

B konnten bei gleichbleibender Elementzusammensetzung der Proben die

Schadenanteile der für die Gewebeenergiedosis wesentlichen 14

N(n. p)14c-

und lOB (n, Cl. ) 7 Li-Einfangreaktionen thermischer Neutronen gemessen werden.

Ferner gelang es, die Schadenanteile der Gruppe aller anderen durch ther­

mische Neutronen ausgelösten Kernreaktionen sowie der nicht-thermischen

Neutronen und der f -Kontamination des Strahlenfeldes zu ermitteln. Unter­

sucht wurden Zellvermehrungsrate, die Naß- und Trockengewichtszunahme,

die Koloniebildungsfähigkeit und die Mutationsrate der Algen. Im benutzten

Energiedosisbereich von 0 - 835 rad thermischer Neutronen, 0 - 1350 rad

schneller Neutronen und 0 - 2150 rad der Röntgen- oder t -Strahlung bei

einer Bestrahlungs zeit bis zu 14 h verlief die Schädigung der Algen expo­

nentiell mit der Energiedosis.

Bei der Größe und chemischen Zusammensetzung der Proben und bei natür­

licher Isotopenzusammensetzung der Algen verursachte die 14

N-Reaktion

durchschnittlich 93 % des Schadens durch thermische Neutronen. Für die

lOB(n,tX)7Li-Reaktion konnte trotzt eines Anteils von 14, 6 % an der Energie­

dosis thermischer Neutronen kein positiver Schadenanteil gefunden werden.

Die relativen Schadenanteile der internen und externen Strahlenquellen

erwiesen sich bei allen geprüften somatischen und genetischen Strahlen­

schaden-Meßgrößen im benutzten Energiedosisbereich innerhalb der Fehler­

grenzen als konstant. Auf die Energiedosis bezogen, zeigte die 14

N-R eaktion

eine 2, 5 mal größere Wirksamkeit als die Protonenstrahlung etwa gleicher

Energie aus elastischen Stößen schneller Neutronen. Beide Meßergebnisse

zusammen deuten hin auf

1) eine allgemein große Bedeutung der Transmutation der 14

N-Kerne

für den Strahlenschaden thermischer Neutronen sowie auf

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2) das Vorhandensein nur sehr weniger Zellstrukturen etwa gleichen

Stickstoffgehaltes, deren Störung den Strahlenschaden der Zelle

wesentlich bedingt.

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