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DGZfP-Jahrestagung 2018 – Di.2.B.4 1 Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-nd/4.0/deed.de Untersuchung der Stabilität zweier Ansätze zur Berechnung von Eigenspannungsprofilen durch Inversion von Rayleigh-Wellen- Dispersionsdaten Pierric MORA 1 , Martin SPIES 1 , Hans RIEDER 1 1 Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP Campus E3 1, 66123 Saarbrücken Kontakt E-Mail: [email protected] Kurzfassung In verschiedenen Industriebereichen werden die Oberflächen hochbelasteter Materialien und Bauteile speziell behandelt, um ihre Widerstandsfähigkeit hinsichtlich Verschleiß, Korrosion und Belastungen zu erhöhen. Durch Kugelstrahlen, Laser-Behandlung oder andere Methoden werden absichtlich Eigenspannungen induziert. Um diese in oberflächennahen Bereichen zu charakterisieren, können Rayleigh-Wellen genutzt werden. In diesem Beitrag untersuchen wir die Robustheit zweier Inversionsmethoden zur Rekonstruktion der vorliegenden Spannungsprofile aus Rayleigh-Wellen-Dispersionsdaten unter der Annahme verschiedener Materialkonstanten. Die Studie basiert auf synthetischen Daten mit limitierter Bandbreite in Verbindung mit Oberflächenprofilen, die repräsentativ für das Kugelstrahlen sind. Eine Formulierung basiert auf einer Taylor-Entwicklung, während die zweite auf einer stückweise linearen Expansion basiert, die mittels Singular Value Decomposition regularisiert wird. Wir zeigen, dass die Qualität der Taylor-basierten Methode sehr stark von den Material-konstanten abhängt, während die zweite Methode erfolgreich zur Inversion des Spannungsprofils herangezogen werden kann, da die Materialkonstanten nur einen geringen Einfluss auf diese haben. Wir berichten über die Simulation der Wellenausbreitung mittels Störungstheorie zur Berechnung der Rayleigh-Wellen-Dispersionsdaten in Abhängigkeit des Spannungs- profils, stellen die beiden inversen Ansätze vor und präsentieren die Resultate unserer Auswertung. Abschließend diskutieren wir die beiden Ansätze mit Blick auf deren praktische Anwendbarkeit und hinsichtlich geplanter weiterer Arbeiten. More info about this article: http://www.ndt.net/?id=23058

Untersuchung der Stabilität zweier Ansätze zur Berechnung ... · Wir zeigen, dass die Qualität der Taylor-basierten Methode sehr stark von den Material-konstanten abhängt, während

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Page 1: Untersuchung der Stabilität zweier Ansätze zur Berechnung ... · Wir zeigen, dass die Qualität der Taylor-basierten Methode sehr stark von den Material-konstanten abhängt, während

DGZfP-Jahrestagung 2018 – Di.2.B.4

1 Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-nd/4.0/deed.de

Untersuchung der Stabilität zweier Ansätze zur Berechnung von Eigenspannungsprofilen

durch Inversion von Rayleigh-Wellen-Dispersionsdaten

Pierric MORA 1, Martin SPIES 1, Hans RIEDER 1 1 Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFP Campus E3 1, 66123

Saarbrücken

Kontakt E-Mail: [email protected]

Kurzfassung

In verschiedenen Industriebereichen werden die Oberflächen hochbelasteter Materialien und Bauteile speziell behandelt, um ihre Widerstandsfähigkeit hinsichtlich Verschleiß, Korrosion und Belastungen zu erhöhen. Durch Kugelstrahlen, Laser-Behandlung oder andere Methoden werden absichtlich Eigenspannungen induziert. Um diese in oberflächennahen Bereichen zu charakterisieren, können Rayleigh-Wellen genutzt werden. In diesem Beitrag untersuchen wir die Robustheit zweier Inversionsmethoden zur Rekonstruktion der vorliegenden Spannungsprofile aus Rayleigh-Wellen-Dispersionsdaten unter der Annahme verschiedener Materialkonstanten. Die Studie basiert auf synthetischen Daten mit limitierter Bandbreite in Verbindung mit Oberflächenprofilen, die repräsentativ für das Kugelstrahlen sind. Eine Formulierung basiert auf einer Taylor-Entwicklung, während die zweite auf einer stückweise linearen Expansion basiert, die mittels Singular Value Decomposition regularisiert wird. Wir zeigen, dass die Qualität der Taylor-basierten Methode sehr stark von den Material-konstanten abhängt, während die zweite Methode erfolgreich zur Inversion des Spannungsprofils herangezogen werden kann, da die Materialkonstanten nur einen geringen Einfluss auf diese haben. Wir berichten über die Simulation der Wellenausbreitung mittels Störungstheorie zur Berechnung der Rayleigh-Wellen-Dispersionsdaten in Abhängigkeit des Spannungs-profils, stellen die beiden inversen Ansätze vor und präsentieren die Resultate unserer Auswertung. Abschließend diskutieren wir die beiden Ansätze mit Blick auf deren praktische Anwendbarkeit und hinsichtlich geplanter weiterer Arbeiten.

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© Fraunhofer

Untersuchung der Stabilität zweier Ansätze zur Berechnung von Eigenspannungsprofilen durch Inversion von Rayleigh-Wellen-Dispersionsdaten

Pierric Mora, Martin Spies, Hans Rieder

Fraunhofer-Institut für Zerstörungsfreie Prüfverfahren IZFPCampus E31, Saarbrücken

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Überblick

Kontext, Anwendungen

Vorwärtsproblem: Störungstheorie

Inverses Problem: Rekonstruktion Spannungsprofil oder Schermodul

Adaption einer 1. Methode: Warum funktioniert diese nicht für das Spannungsprofil?

Adaption einer erfolgreichen Methode

Fazit: Empfehlungen für die Rekonstruktion von Spannungsprofilen

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Kontext: oberflächenbehandelte Materialien zur Erhöhung der Bauteillebensdauer

Druckeigenspannungen durch:

bei metallischen Legierungen

Kugelstrahlen: Tiefe 100 bis 300 μm

Laser shock peening: 500 bis 1500 μm

Low plasticity burnishing: 1000 bis 5000 μm

-100 bis -1500 MPa

bei Sicherheitsglas

Hitze/chemisches Tempern: -500 MPa, 15 bis 50 μm

M. Duquennoy et al., JASA 134 (6) pp 4360-4371 (2013)

wikipedia

www.lesechos.fr

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Einfluss der Spannung auf die Ultraschallausbreitung: akustoelastischer Effekt

Modifizierte elastische Konstanten

Modifizierte Schallgeschwindigkeiten

, ,

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Einfluss der Tiefenabhängigkeit modifizierter : Rayleigh-Welle wird dispersiv

Tiefe

Spannung

< 0: Druck

> 0: Zug

Frequenz

Rayleigh-Wellengeschwindigkeit 0

dStörungstheorie:B. A. Auld ‚Waves and Fields in Solids‘ (1973)P. Mora & M. Spies, Ultrasonics (2018, eingereicht)

or

< 1%

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Inverses Problem: Bestimmung eines Tiefenprofils mittels RW-Dispersionsdaten

f

Interpretiere die Dispersion als …einen „Schermodul“(äquivalente Größe)

eine statische Spannung

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f

Interpretiere die Dispersion als …

eine statische Spannung

diverse Publikationen

kaum Veröffentlichungen

Inverses Problem: Bestimmung eines Tiefenprofils mittels RW-Dispersionsdaten

Ziel: adaptiere Methoden aus für

einen „Schermodul“(äquivalente Größe)

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Erster Versuch: Taylor-Entwicklung

Inverse Vorgehensweise:

Fitte ein Polynom mit an die Dispersionsdaten: erhalte

Leite aus ab: ,

T.L. Szabo, J.Appl.Phys. 46 (4) pp 1448-1454 (1975)

⇔ oder

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Erster Versuch: Taylor-Entwicklung

Wähle die zu variierende Eigenschaft

Lamé-Konstanten und wobei konstant bleibt:

statische Spannung

Wähle ein lokales Profil

Synthetisiere Daten mit störungstheoretischer Formel

eingegrentzer Frequenzbereich: . .5 addiere 10% Gauß-verteiltes Rauschen

Wende die Invertierungsprozedur an, um das Originalprofil zu rekonstruieren

T.L. Szabo, J.Appl. Phys. 46 (4) pp 1448-1454 (1975)

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Test der Inversion für verschiedene Materialien

Inverses

Inverses

Glas (Si)

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Test der Inversion für verschiedene Materialien

Inverses

Inverses

Aluminium

‚Moderate‘ Abweichung des Werts an der Oberfläche

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Test der Inversion für verschiedene Materialien

Inverses

Inverses

Titanium

Starke Abweichung in größeren Tiefen

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Test der Inversion für verschiedene Materialien

Inverses

Inverses

Stahl

Starke Abweichung

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Test der Inversion für verschiedene Materialien

Inverses

Inverses

Stahl

gutes Ergebnis für alle Materialien

stark materialabhängigmanchmal gut, manchmal schlecht

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Weitere Ansätze

andere Entwicklungen und nichtlineare Minimierung einer Zielfunktion:

exponentiell – polynomisch Y. Shen et al., J. Appl. Phys. 101, 014907 (2007)

drei Exponentialfunktionen F. Yu & P. B. Nagy, J. Appl. Phys. 96 (2) pp 1257-1266 (2004)

/

/ / /+ 3 Beziehungen => lediglich drei Parameter

Aber: dieselben Instabilitäten bei der Inversion von

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Woher kommen die Instabilitäten bei ?

Betrachte die Koeffizienten in der Beziehung , untersuche : ⁄ ist ein Maß für die Empfindlichkeit

hinsichtlich eines Gradienten der Ordnung

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Woher kommen die Instabilitäten bei ?

Betrachte die Koeffizienten in der Beziehung , untersuche : ⁄ ist ein Maß für die Empfindlichkeit

hinsichtlich eines Gradienten der Ordnung

Inverses

Inverses

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Woher kommen die Instabilitäten bei ?

Betrachte die Koeffizienten in der Beziehung , untersuche : ⁄ ist ein Maß für die Empfindlichkeit

hinsichtlich eines Gradienten der Ordnung

Inverses

Inverses

Poisson-Zahl der meisten Werkstoffe liegen hier: kaum Variationen

Titan: unempfindlich für ~Stahl: unempfindlich für ~ (homogen)

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Vermeidung der Instabilitäten: Entwicklung in einer für jedes Material optimierten Basis I

‚Piecewise linear expansion‘ gemäß … :

Jede einzelne Funktion erzeugt die entsprechende Dispersion ... :

Dann: Matrix der Dispersionen ⋱ …

+ + +…

…+ + +

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Vermeidung der Instabilitäten: Entwicklung in einer für jedes Material optimierten Basis II

Bilde die ‚Singular Value Decomposition‘: Σ ∗ -> liefert eine „kluge“ Linearkombination:

abhängig von Frequenzbereich und Material -> selbst-adaptiv

maximale Sensitivität hinsichtlich der ersten Elemente, die danach immer geringer wird -> Einführung einer Schwelle

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Optimierung der „aufbauenden“ Parameter

Leistungsfähigkeit hängt ab von:

Schwellwert (<- SNR)

Art der Schwellwertbildung (Abbruch? Ausklingen?)

Diskretisierung (<- Frequenzbereich)

siehe Details in

P. Mora und M. Spies, Inverse Problems 34 055001 (2018)

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Test der Inversion für verschiedene Materialien

Inverses

Inverses

Vier Materialien

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Test der Inversion für verschiedene Materialien

Inverses

Inverses

Vier Materialien

Gutes Ergebnis

Fast materialunabhängig, gutes Ergebnis!

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Test der Inversion mittels realistischer Profile

Inputprofile gemessen mittels Röntgen-Verfahren an kugelgestrahlten Titan-Proben (ungestrahlt, 0.1 mmA, 0.2 mmA)

Frequenzbereich: 2 bis 15 MHz

Die gemessenen Profile wurden freundlicherweise von der MTU Aero Engines AG, München, zur Verfügung gestellt.

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Zusammenfassung - Empfehlungen

einfache Reihenentwicklung (Taylor)

‚naive‘ Entwicklungen

Einschicht-Modell

exponentiell–polynomisch

Summe von Exponentialfunktionen

material- und frequenzbereichsabhängige Entwicklungen

PL + SVD

evtl. neuronale Netze; Glorieux et al. J. Appl. Phys. 88 pp. 4394 (2000)

nicht kritisch für δ vermeiden für

beste Ergebnisse für δ immer verwenden für

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Einschränkungen – weitere Arbeiten

Die Inversion von Spannungsprofilen ist eingeschränkt auf die Fälle, in denen der Spannungseffekt der einzige zur Rayleigh-Wellen-Dispersion beitragende Effekt ist.

Aber: beim Kugelstrahlen entstehen weitere, konkurrierende Effekte (Textur, Versetzungsdichte, Rauhigkeit, …).

Die Rekonstruktion von durch Kugelstrahlen erzeugten Profilen erfordert einen wesentlich komplexeren Ansatz -> generiere komplementäre Informationen anhand nichtlinearer Eigenschaften.

P. Mora und M. Spies, J. Acoust. Soc. Am. (2018, eingereicht zur Veröffentlichung)