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XX[ Aus dem Institut fiir Pharmakologie und experimentelle Therapie der Universit~t Breslau. Untersuchungen fiber die Wirkungen organischer Rhodanide. Von Gert Taubmann. (Mit 6 Kurven.) (Eingegangen am 15. II. 1930.) I. Chemischer Teil. Uber die Bedeutung der Rhodangruppe SCSTin anorganischer Bin- dung ]iegt eine groBe Reihe yon pharmakologischen und klinischen Arbei- ten vor, durch die einige Fragestellungen beantwortet, andere gerade wegen der widerspruchsvollen Ergebnisse versehiedener Bearbeiter des gleichen Themas yon einer Klarung welt entfernt sin& Es sei hier nur auf den Gegensatz zwischen der klinischen Anwendung yon Rhodaa- salzen bei Hypertonien und dem Fehlen einer Blutdrucksenkung im Tierexperiment hingewiesen. Das Rhodanion steht in anorganischer Bin- dung den Ha!ogenalkalien nahe, so da/] seine Verbindungen gelegentlich mit gleicher Indikation wie diese als Expectorans, abet auch als Seda- tivum 1) verwendet werden. Aueh yore ehemisehen Standpunkt ist das SCN der Gruppe des C], Br, J zugeordnet worden, worauf schon Liebig hingewiesen hat. Ebenso la/~t sich aus der Stellung des SCN in der Hofmeisterschen Reihe eine Verwandtschaft mit den Halogenen ab- ]eiten: ~ SO~ POr Cl~ NO~ Br~ J~ SCN. In neuerer Zeit hat man ~us theoretischen Erwagungen heraus eine Gruppe der Pseudohalogene2) gesch~ffen, deren Repr~sentanten auBer dem SCN das OCN, SeCN und 1) v. Dalmady, Wien. klin. Wochenschr. 1912, Bd. 25, S. 794; 2) Birckenbach and Kellermann, Ber. d, dtsch, chem. Ges. 1925, Bd. 58, L S. 786. Archiv f. experiment. Path. u. PharmakoL Bd. 150. 17

Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

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Page 1: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

X X [

Aus dem Institut fiir Pharmakologie und experimentelle Therapie der Universit~t Breslau.

Untersuchungen fiber die Wirkungen organischer Rhodanide.

Von

G e r t T a u b m a n n .

(Mit 6 Kurven.)

(Eingegangen am 15. II. 1930.)

I. Chemischer Teil. Uber die Bedeutung der Rhodangruppe SCST in anorganischer Bin-

dung ]iegt eine groBe Reihe yon pharmakologischen und klinischen Arbei- ten vor, durch die einige Fragestellungen beantwortet, andere gerade wegen der widerspruchsvollen Ergebnisse versehiedener Bearbeiter des gleichen Themas yon einer Klarung welt entfernt sin& Es sei hier nur auf den Gegensatz zwischen der klinischen Anwendung yon Rhodaa- salzen bei Hypertonien und dem Fehlen einer Blutdrucksenkung im Tierexperiment hingewiesen. Das Rhodanion steht in anorganischer Bin- dung den Ha!ogenalkalien nahe, so da/] seine Verbindungen gelegentlich mit gleicher Indikation wie diese als Expectorans, abet auch als Seda- tivum 1) verwendet werden. Aueh yore ehemisehen Standpunkt ist das SCN der Gruppe des C], Br, J zugeordnet worden, worauf schon Liebig hingewiesen hat. Ebenso la/~t sich aus der Stellung des SCN in der Hofmeisterschen Reihe eine Verwandtschaft mit den Halogenen ab- ]eiten: ~ S O ~ POr C l ~ N O ~ B r ~ J ~ SCN. In neuerer Zeit hat man ~us theoretischen Erwagungen heraus eine Gruppe der Pseudohalogene 2) gesch~ffen, deren Repr~sentanten auBer dem SCN das OCN, SeCN und

1) v. D a l m a d y , Wien. klin. Wochenschr. 1912, Bd. 25, S. 794; 2) B i r c k e n b a c h and K e l l e r m a n n , Ber. d, dtsch, chem. Ges. 1925,

Bd. 58, L S. 786. Archiv f. experiment. Path. u. PharmakoL Bd. 150. 17

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258 XX. Gnat TAbleAux.

das TeCiN sin& Diese Radikale zusammenzufassen und den Elementen der Halogengruppe gleichzuordnen, war man berechtigt, als ihr Vorkom-

( men in freier dimerer Form z.B. : als gut kristallisierende, wohl sc~/

definierbare KUrper nachgewiesen war~). Auf diese Tatsache wird sparer bei der Bespreehung der Synthese organischer Rhodanide zuriiekzu- kommen sein.

K6rper mit dem Rhodanrest in organiseher Bindung seheinen bis- her pharmakologisch nicht untersueht worden zu sein. Jedenfalls sind Literaturangaben dartiber nicht zu finden. Es war yon Interesse zu er- fahren, inwieweit bei diesen KSrpern Eigensehaften des anorganischen SC~q sich wiederfinden wiirden, ob sie in ihrem Verhalten dem der Halogenalkyle, die ja zum grSI~ten Tell typische Narkotika sind, ghnlieh sein wtirden. Welter war die Isomerie mit den Thiocyaniden (SenfOle) beachtenswert. Der Unterschied wird dutch die folgenden Formeln gekennzeiehnet:

Rhodan: R . S . g i N ,

Senf6l: R . N : C : S .

Zur Unterscheidung der Rhodanide von den SenfSlen dient eine yon H o f m a n n angegebene Reaktion: Rhodanide in alkoholischer LS- sung, mit einer alkoholischen LSsung von Kaliumsulfid versetzt, spalten sich beim Erwhrmen in Merkaptan und KSC~q, das durch Ferrichlorid bei saurer Reaktion nachgewiesen wird. Reine Senf61e geben diese Reak- tion nicht. Falls toxikologisch eine ~hnlichkeit mit den Thiocyaniden bestand, so waren KSrper mit starker Lokalwirkung zu erwarten. Die chemischen Unterschiede zwischen Thiocyaniden and Rhodaniden sind yon A. W. H o f m a n n in ausfi]hrlichen Arbeiten festgelegt worden2).

Dem Chemiker sind organische t~hodanverbindungen lange bekannt. Der dnfachste KSrper dieser Gruppe, das Methylrhodanid, ist yon C ah our s a) im Jahre 1875 aus Methylsulfid und Bromcyanid dargestellt worden. Von ibm stammt auch die jetzt noch gebr~uchliche Darstellung des Methylrhodanids durch Destillation yon KSCN und methyl-schwefel- saurem Calcium4).

1', Lechner and Goebel, Ber. d. dtsch, chem. Ges. 192 L Bd. 54, S. 2223" 2) A. W. ttofmann, Ebenda 1868, Bd. 1, S. 25 und 169. 3} Cahottrs, Jahresber. fiber d. Fortschritte d. Chemie 1875, S. 257. 4) Derselbe; Liebigs Ann. d. Chem. Bd. 61, S. 95.

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Untersuehungen t~ber die Wirkungen organiseher Rhodanide. 259

Ges~ttigte aliphatische Verbindungen.

Das 1Vlethylrhodanid (CH a �9 SC~) ist ebenso wie das grunds~tzlich gleich- artig dargestellte ~thylrhodanid (Ct{3CH 2 �9 SCN) in der ].~{ineralogie zur Be- stimmung der Die/ate yon Gesteinen gebrauehlieh und im Handel erh~ltlich. Alle fibrigen K0rper, die bier zur Untersuchung gelangt sind, stellte ich, soweit sie bekannt und Angabeu fiber ihie Darstellung vorhanden waren, nach diesen Angaben dar. Einige Kfrper wurden bei dieser Gelegenheit, soweit meine Literaturfibersicht reicht, zum erstenmal dargestellt.

Im folgenden sind die Versuche, die die Darstellung organiseher Rhoda- hide betreffen, wiedergegeben. Es sollte zun~ehst versueht werden, eine naeh M0gliehkeit vollsthndige Reihe einfaeh und mehrfaeh rhodansubstituierter Alkyle darzustellen. Bedingung war dabei, dass die Kgrper einigermal~en wasserlSslieh und bestgndig waren. In dieser Riehtung wax besonders auf eine spontane Umwandlung zu Thioeyanid zu aehten. Als Ausgangsmaterial wurde das entspreehende Alkylbromid verwendet, das mit einem l~bersehul3 yon Rhodankali in Reaktion gebracht wurde. Die Darstellung mono- und disubstituierter Verbindungen gelingt auf diese Weise leieht. Weitere Sub- stitution durehzuffihren, gelang hie.

Propylrhodanid~) CHa �9 CH u .CH~. SCN.

Versueh: 10g Propylbromid (Kahlbaum) wird zu einer LSsung yon 1 Mol Rhodanammon in 50 cem Alkohol zugegeben und im Wasserbad am Rfieldlul~kfihler erhitzt. Naeh 5 Minuten beginnt die Ausscbeidung yon Ammoniumbromid und ist nach weiteren 10 Ninuten beendet. Nach 1/e Stunde wird der Kolbeninhalt abgekfihlt und mit reichlieh Wasser versetzt. Die Salze gehen in LSsung, es bildet sieh eine gelbliche, milchige Trfibung, die nieht zu grggeren Tropfen zusammenfliegt. Ausschfitteln mit Ather, Wasehen mit kleinen gengen Wasser his zum Verschwinden der Ferrichloridreaktion, Yerjagen des ~thers und Troeknen im Vakuum fiber PeQ. Es hinterbleibt ein unangenehm seharf riechendes ~il.

Die Analyse ergibt folgende Werte:

C tI S gefunden: 46,02 6,7 28,4 bereehnet: 43,2 6,3 28,8

Der Kohlenstoffwert entsprieht in dieser Analyse nicht den Anforde- rungen an Reinheit. Dies scheint mit der auffallend sehweren Verbrennbarkeit des K•rpers zusammenzuhhngen.

N o r m a l b u t y l r h o d a n i d CH~(CH2)~ �9 SCN.

In der ehemischen Literatur fehlen Angaben tiber diesen Kgrper. Seine Darstellung wurde in Analogie zu bekannten Verfahren dureh Ersatz des Broms mit Rhodan ausgeffihrt.

Versueh: 25 g Normalbutylbromid (Kahlbaum) werden mit etwas mehr als der ~quimolekularen Menge Rhodankali in 30 ecru Alkohol am Rtiekflu~-

1) Schmidt, Zeitschr. f. Chem. 1870, S. 567 17"

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260 XX. C~ERT TAUBNANN.

kfihler gekoeht. Naeh 15 Minuten beginnt die Abseheidung yon Bromkali, die innerhalb yon 1 Stunde zu einem Maximum fortsehreitet. Naeh Abkt~hlen der alkoholisehen L6sung wird fi!triert und mit reiehlieh Wasser versetzt. Es seheidet sieh Bin stechend rieehendes hellgelbes 01 in Tropfen ab. Beim Aussehfitteln mit ~ther geht das Ol mit sehwaeh grt~ngelber Farbe in das organisehe LSsungsmittel fiber. Wiederholtes huswasehen des Athers mit kleinen Mengen Wasser bis zum Versehwinden der Eisenehloridreaktion in der Wasehflfissigkeit. Troeknen fiber PeOa im Vakuum. Ausbeute 4,9 g.

Die Analyse des so gewonnenen KSrpers ergab folgende Werte:

C H S gefunden: 52,36 7,56 26,5 bereehnet: 52,2 7,8 27,8.

Mit lZfieksieht darauf, dag es nieht mSglieh war, eingreifende Methoden zur weiteren Reinigung zu benutzen, mug die I)bereinstimmung der Werte als gut bezeiehnet werden.

H e x y l r h o danid CH3(CH2) 5 . SCN.

V ersueh: 25 g Hexylbromid (Kahlbaum) werden in alkoholiseher LSsung mit mehr als 1 Mol Rhodankali gekoeht. Sehnelle und vollst~ndige Aus- seheidung yon Bromkali. Das alkoholisehe Filtrat wird mit Wasser versetzt. Es bildet sieh eine weiNieh-gelbe Emulsion, die beim Zentrifugieren zu einem gelben ()1 zusammenfliel3t. Aussehfitteln mit Wasser his zum Versehwinden der Ferriehloridreaktion, Troeknen im Vakuum. Ausbeute etwa 14 g.

Die Analyse ergab folgende Werte:

C H S gefunden: 58,0 8,67 22,9 bereehnet: 58,7 9,1 22,4.

M e t h y l e n d i r h o d a n i d 1) NCS �9 CH 2 �9 SCN.

Versueh: 10 g Methylenjodid (Kahlbaum) werden mit etwas mehr als 2 Mol Rhodankali in 50 eem Alkohol 2 Stunden lang am Rfiekflugkfihler im Wasserbad gekoeht. W~hrend des Reaktionsablaufes zunehmende Braun- l~rbullg und Gerueh naeh Blaus~ure. Naeh 2 Stunden wiid die Reaktion abgebroehen, naehdem reiehlieh Jodkali abgesehieden worden ist, und tier Kolben in eine Eismisehung gebraeht. Naeh einiger Zeit seheiden sieh fiber der am Boden liegenden Jodkalisehieht kurze nadelfSrrnige Kristalle yon brauner Farbe ab. Die Flfissigkeit wird vorsiehtig abgegossen, die Kristall- deeke mif einem Spatel abgehoben, auf tin Filter gebraeht und mit wenig kaltem Wasser gewasehen. Naeh zweimaligem Umkristaltisieren aus heil~em Alkohol erseheint der KSrper in Form rein weiger, zarter Kristallnadeln; er weist einen sehwaehen lauehartigen Gerueh auf, ist in kaltem Wasser sehleeht, in warmem gut 15slieh. Aus der Mutterlauge seheiden sieh bei l~ngerem Stehen noeh weitere Kristallmengen ab, die in gleieher Weise ge- reinigt werden. Ausbeute 3 g.

1) Jul ie Lermontoff , Ber. d. dtsch, chem. Ges. 1874, Bd. 7, S. 1282.

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Untersuchungen tiber die Wirkungen organischer Rhodanide. 261

T r i m e t h y l e n d i r h o d a n i d 1) NCS. Ctt 2 .CH e �9 CH e �9 SC5[.

V ersueh: 10 g Trimethylenbromid (Kahlbaum) werden mit etwas mehr als 2 Mol Rhodankali in 20 ccm Alkohol (in dieser Menge geht das Rhodankali antiinglich nieht vo]lst~ndig in LSsung, sondern 15st sich erst entspreehend dem in Reaktion gegangenen Anteil des Salzes) im Wasserbad am Riiekflul~- kfihler 2 Stunden lang gekoeht. Hierbei tritt reichliehe Ausseheidung yon Bromkali ein. Beim Durchleiten yon Wasserdampf dureh das Reaktions- produkt werden Alkohol und etwa zurtickbleibendes Trimethylenbromid aus- getrieben, das Bromkali geht in L6sung. Es setzt sieh ein gelbes ~l ab, das dutch Zentrifugieren vom Wasser getrennt wird; das tiberstehende Wasser wird abgehebert. In einer K~ltemischung erstarrt das ()l kristallinisch, wird aber bei Zimmertemperatur wieder fltissig. Troeknen fiber H2SO 4 im Ex- sikkator. Der Ki)rper ist sebleeht in kaltem und m~l~ig in warmem Wasser 15s]ieh.

Unges~ttigte aliphatische Verbindungen.

A l ly l rhodan id 2) CIt e : CH. CH 2 �9 SCN.

Versueh: 10g Allylbromid werden zu einer LSsung von etwas mehr als 1 Mol Rhodanammon in 30 cem Alkohol unter Eisktihlung zugegeben. Es scheidet sieh sofort reichlieh Ammoniumbromid aus, yon dem sofort ab= filtriert wird. Die alkoholische LSsnng wird mit reiehlich Wasser versetzt, wobei sieh gelbes, sehr unangenehm lauehartig rieehendes (~l abscheidet. Auf- nehmen in wenig eisgektihltem ~ther, wiederholtes Wasehen mit kleinen Mengen kaltem Wasser bis zum Verschwinden der Eisenchloridreaktion. Trocknen im Exsikkator tiber P205. Der Exsikkator mu~ im Eisschrank im Dunkeln gehalten werden. 5Taeh Beendigung des Troeknens Einfiillen in kleine Flasehen mit Glasstopfen unter Vermeidung einer Lnftblase. Auf- bewahren im Dunkeln bei niedriger Temperatur. Diese Vorsichtsmal3regeln sind nStig, nm die Tendenz des Allylrhodanids zur Umlagernng in Allyl- senfOl, die bei Lieht und Wiirme sehr leieht erfolgt, hintanzuhalten. Der K(irper ist in Wasser einigerma~en 15slieh.

C r o t y l r h o d a n i d CH a �9 CH: CH. CHe. SCST:

Versuch: Der KSrper war bisher nieht bekannt. Die Darstellung er- folgte entspreehend dem beim Allylrhodanid angewendeten Verfahren. 15 g Crotylbromid (I. G. Farben) wurden bei Eiskiihlung mit der iiquimolekularen Menge Rhodanammon in alkoholischer LSsung zusammengebracht. Die Um- setzung und die Abscheidung yon Ammoniumbromid erfolgt unverzfiglieh; bei Zusatz yon reichlich kaltem Wasser seheidet sieh ein rotes ~l in gro~en Tropfen ab. Aufnehmen in Xther und Wasehen wie vorher. Die ~therisehe LSsung des 01es wird dabei farblos. Filtrieren des ~thers. Trocknen im Vakuum fiber P205.

Analyse: C t t S gefunden: 52,4 5,8 28,5 berechnet: 53,1 6,2 28,3.

1) Hagelberg, Bet. d. dtsch, chem. Ges. 1890, Bd. 23~ S. 1083. 2) Gerl ich, Liebigs Ann. d. Chem. Bd. 178, S. 85.

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262 XX. G~RT TAc~A~.

Aromatisehe Verbindungen.

Pheny l rhodan id l ) .

Pr inzip: Benzoldiazoniumsulfat wird mit Kupferrhodantir umgesetzt (Sandmeyersehe Reaktion):

[C6I-I51g~]2S04 -t- 2 CuSClg ----- 2 C6H~SCN § Cu~SO~ -k 2 N 2.

6,2 g frisch destilliertes Anilin werden in 20 g Schwdelsgure + 40 cent Wasser gelSst and tropfenweise unter Eisktihlung mit einer konzentrierten LOsung yon 4,6 g Natriumnitrit in Wasser versetzt. Eierzu eine konzentrierte LSsung yon 7 g Rhodankali und langsamer Zusatz einer Paste yon Xupfer- rhodaniir, die folgendermagen hergestellt wird: 16 g pulverisiertes Kupfer- sulfat und 30 g Ferrosulfat werden in Wasser gelSst und mit einer konzen- trierten L(~sung yon 7 g Rhodankali gefifllt. Der l~iedersehlag yon Kupfer- rhodaniir wird auf einer Nutsche gesammelt und mit Wasser gewasehen, his die Wasehfltissigkeit farblos erseheint. Beim Zusatz des Xupferrhodantirs zu der Diazoanilinl(Ssung starke StiekstoffentwieMung, die nach li~ngerer Zeit einigermal3en beendet ist. Das Phenylrhodanid wird im Wasserdampfstrom iibergetrieben und dureh Zentrifugieren yore Wasser getrennt. Es seheidet sigh ein dunkelbraunes (}1 ab, alas mehrmals mit kleinen Mengen Wasser ge- wasehen wird, wobei ein erheblieher Tell des 01es in LSsung geht. Nach mehr- tiigigem Stehen ist das ()1 zu gelben, in dtinner Schieht farblosen Nadeln er- starrt. Beim Zutritt von Wasser in Spuren zerfliegen die Kristalle zu 01. Die kristallinische Form des Phenylrhodanids ist bisher night besehrieben.

Die Analyse ergab folgende Werte:

C H S gefunden: 61,8 4,1 22,3

bereehnet: 62,2 3,7 23,7.

NI:]~ / \

[

p - A n i l i n r h o d a n i d ' \ j

SCN

Die Darstellung dieses K5rpers nach dem bisher getibten Prinzip, etwa dutch Reaktion yon p-Bromanilin mit einem Rhodansalz, gelingt night. Die yon F ieh t e r und Beck u) angegebene elektrolytisehe Reduktion yon Nitro- rhodanbenzo] kam technisch nicht in Frage. Es muBte daher eine ganz anders- artige Methode benutzt werden, die sieh aueh sonst zur Einftihrung des Rhodan- testes in organische Verbindungen jeder Art eignet. Sie beruht auf dem

1) Gat termann und Hausknecht , Ber. d. dtsch, chem. Ges. 1890, Bd. 23, S. 738.

2) F iehter und Beck, Ebenda 1911, Bd. 44, III, S. 3636.

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Untersuehungen fiber die Wirkungen organischer Rhodanide. 263

Prinzip der yon SSderback 1) zuerst benutzten Synthese mit dem dimeren freien Rhodan. In der ttrsprtinglieh angegebenen Form bietet diese hrbeits- weise erhebliehe Schwierigkeiten, verlangt Reagentien yon ~ul]erster Troeken- heir und ftihrt nur zu miil]ig guten Ausbeuten. Sie beruht darauf, da6 aus einem troekenen Rhodansalz in ~ther durch Zutropfen yon Brom freies Rhodan (C~S)2 gebildet wird, das au~erordentlieh reaktionsfahig und nut unter den angegebenen Vorsichtsmal3regeln einigerma6en bestiindig ist. Diese ~ethode ist yon K a u f m a n n und seinen Mitarbeitern 2) abgeandert und praktiseh brauehbar gemacht worden. ~aeh der Darstellung Kaufmanns kommen beim Zusammenbringen yon Rhodansalz und Anilin mit Brom folgende Reaktionen in Frage:

1. 2 NaSCN § Br 2 = 2 NaBr § (SCN)e, 2. C6HsNH 2 § Br~ = C6HaNH2Br § HBr, 3. 3 (SCN)2 + 4 H20= 5 HSCN § HeSO a § HCN, 4. C6H55~H2 § (SCST)~ = C6H4RHeSCST § HSCS~.

Die Reaktion t geht so sehnell vor sich, dal~ es zu einer Bromierung naeh 2 tiberhaupt nicht kommt. Liil~t man den Vorgang bei stark saurer Reaktion sich abspie]en, so tritt auch die in Formel 3 angegebene Hydrolyse nieht auf, sondern es iiberwiegt nach 4 die Bildung von Rhodananilin.

Versueh: 18 g Natriumrhodanid werden in 100 ccm Eisessig gelSst und 1 Mol= 5,6 g frisch destilliertes Anilin zugegeben. Unter starker Eisktihlung wird tropfenweise eine LOsung von 3 ecru Brom und 20 ecru Eisessig unter dauerndem Riihren zugesetzt. Gegen Ende des Br-Zusatzes tritt starke Kri- stallbildung auf. Diese Kristalle werden unverztiglich auf einer Nutsche ge- sammelt und zun~chst mit wenig kaltem Wasser, dann mit dtinner Natrium- karbonatlSsung und zum Schlu6 wieder mit Wasser gewaschen. Es hinter- bleibt ein leicht gelblich gefarbtes Kristallpulver. Beim Umkristallisieren aus heil~em Wasser bilden sich zarte weil]e 5[adeln, die nach dem Abfiltrieren und Troeknen im Vakuumexsikkator einen Schmelzpunkt yon 57 ~ zeigen. ~ach Koehen der alkoholischen LSsung dieser Kristalle mit Kaliumsulfid ist die Reaktion mit Ferrichlorid deutlieh positiv. Aus der Mutterlauge kristalli- sieren bei li~ngerem Stehen weitere Mengen yon Rhodananilin aus, die in gleicher Weise aufgearbeitet werden.

Rhodanessigsi~ure 3) I~CS �9 CH 2 �9 COOtL

Da die freie Rhodanessigsaure verh~ltnism~]ig schwer darstellbar und nicht bestandig ist, und da fiir biologische Versuche nur das ~atriumsalz in Frage kommt, wurde dieses direkt dargestellt.

Ver s u eh: Kristallisierte Monochloressigshure wird in mSglichst wenig Wasser gelSst und mit pulverisiertem 5Tatriumbikarbonat neutralisiert. Darauf Zusatz yon 1 ~ol pulverisiertem Rhodankali. Hierbei ist auf grtindiiche und

1) SSderb~ick, Liebigs Ann. d. Chem. 1919, Bd. 419, S. 217. 2) Kaufmann und ()bring, Bet. d. dtseh, chem. Ges, 1926, Bd. 59~ S. 187. 3) Claesson, Ebenda 1877, Bd. 10, S. 1346.

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264 XX. GERT T.~UB.~IA~I'T.

sehnelle Durchmischung zu achten. Das Reaktionsgemisch erstarrt fast sofort zu einer kristallinischen Masse, die zur Vermeidung yon Verlusten dutch nachtr~gliche LSsung schnellstens auf einer l~utsche yon der l~Iutterlauge befreit wi~d. Beim Umkristallisieren aus siedendem Alkohol fhllt das rhodan- essigsaure Natrium als zart weil~es Kristallpulver aus.

II. Pharmakologischer Teil.

Im folgenden werden die Versuche geschildert, die zur Kl~rung der Toxikologie organischer Rhodanide ausgefiihrt wurden. Es war aus Sparsamkeitsgr~inden nicht m6glich, alle in Frage kommenden Versuche fiir shmtliche KSrper durchzuf@ren. Es mul3te geniigen, an wenigen Substanzen die Wirkung festzulegen und ihre Einheitlichkeit durch be- sonders typische Vergleiche zu beweisen. Es wird gezeigt werden, da~ alle untersuchten rhodansubstituierten Alkyle gruppenm~I~ig gleiche toxiko]ogische Bilder au~zeigen.

Auf schon Bekanntes konnte nut bei der Toxikolog~e des anorga- nischen Rhodans zuriickgegr~ffen werden. Doch erwies es sich auch hier als nStig, zu Vergleichszwecken bekannte Versuche zu wiederholen und einige neue hinzuzufiigen, die sich aus der Fragestellung ergaben.

Die Darstellung der Versuche erfolgt fiir ]eden KSrper getrennt, die Zusammenfassung der Ergebnisse ist einem gesonderten Absehnitt vorbehalten.

Aliphatische l~ono=l~hodunide.

M e t h y l r h o d a n i d .

Schon die einleitenden Untersuchungen des Methylrhodanids zeig- ten, auf welche haupts~ch]ichen Befunde besonders zu achten war.

Die Vergiftung beim Kaltbliiter verl~uft im wesentlichen unter dem Bild zentraler Narkose und diastolischer Herz]~hmung. Die Dosen sind im Vergleich zu den beim Warmbliiter benStigten verhhltnismhl~ig hoch. Den Ablauf der Vergiftung zeigen folgende Protokolle.

Versuch vom 5. IX. 1929.

Temporaria, 36 g Gewicht.

17 h 38'. Erh~ilt 3 mg/10 g Methylrhodanid in den Schenkellymphsack. 17 h 45'. Schwache Fluchtbewegung auf Kneifen, sinkt im Wasser naeh

einigen unbeholfenen SchwimmstSl3en unter. Rtickenlage wird nut kurz bei- behalten.

17 h 50'. L~iBt sich auf den R~cken legen, sinkt im Wasser sofort zu Boden. 18 h 05'. L~l~t sich passiv in jede Lage bringen, ganz reaktionslos. Herz

steht diasto]isch still.

Page 9: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

Untersuehungen tiber die Wirkungen organiseher Rhodanide.

u vom 6. IX. ]929. Temporaria, 25 g Gewicht.

-~0 h 37t tterz freigelegt. Pulszahl 25,25. 10 h 42'. 3 mg/10 g Methylrhodanid in den Sehenkellymphsack.

zahl 24,21. 10 h 43'. Pulszahl 10 h 43'. ~ 10 ~ 5Y. ~> Ii h 00'. ~)

und ruekartig in zwei 11 h 15'. Pulszahl 11 h 23'. ~)

265

Puls -

21,24. Maximale Systole. 21,18. Geringe Diastole. Maximale Systole. 16,15. Unver~ndert. 11,12. Maximale Systole. Diastole wenig ausgiebig Zeiten. 9,9. Diastole, weiterhin zweizeitig, wird ausgiebiger. 9,8. Diastole iiberwiegt. Systole nur angedeutet.

11 h 30'. Diastolischer Stillstand.

Die hier beschriebene Zweiteilung der Diastole ist nicht konstant, aber doch so hiiufig, daI3 man sie als zum Vergiftungsbilde gehSrig be- traehten kann. In einem kleinen Tell der Versuehe kam es schlie61ieh nicht zu diastolischem, sondern zu systolischem Stillstand.

Durchaus andersartig ist das Vergiftungsbild beim Warmbliiter. Die folgende Schilderung der Wirkungsbilder nach parenteraler Gabe zeigt dies. Der brtiske Verlauf einer solchen Vergiftung mit einer grol]en Dosis Methylrhodanid wird in folgendem Protokoll wiedergegeben.

Versueh yore 6. III. 1929. Kaninehen 8, 1,520 kg Gewieht.

10 h 15'. 0,2 g/kg Methylrhodanid in 5 ecru Wasser suspendiert subkutan. 10h17 '. Tod unter sehwerster Atemnot, keine Kr~mpfe. Sektion:

Blutiges (Jdem der Lunge.

Bei einer zehnfaeh kleineren Dosis zeigt sieh bereits die Krampf- wirkung, die in zahlreichen spiiteren Versuchen das Bild beherrscht.

9 h 43'. 9 h 44'. 9 h 45'.

krampfi 9 t~ 47'. 9 h 48'.

Versueh vom 6. III. 1929. Kaninchen 30, 1,140 kg Gewicht.

9 h 40'. 0,02 g/kg Methylrhodanid subkutan in 2O/ooiger Liisung. Sitz aufgerichtet. Atemnot. Sinkt zur Seite. Kurzer kloniseher Krampf mit Laufbewegungen, heftiger Streek-

Parese. Sehnappende Atmung. Tod. Sektion: PunktfOrmige Lungenblutungen.

Angaben tiber die tSdliehe Grenzmenge lassen sieh nur sehwer machen, weil die Stiirke der Wirkung weitgehend yon der Konzentra- tion des Methylrhodanids abh~ngig ist. Dies diirfte dureh die verschie-

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266 XX. GERT TAUBMA:NN.

den sehnelle Resorption zu erkli~ren sein, mit der die sofort einsetzende Ausscheidung dutch die Atmungsluft unter Umsti~nden Sehritt halten kann, so daI~ es nicht zur geniigenden Anreieherung im Organismus kommt. Wie grofi die Unterschiede hier sein kSnnen, beweist der Ver- gleieh des oben wiedergegebenen Versuchs, in dem das Kaninchen 30 eine 2% oige LSsung erhielt, mit dem folgenden, in dem das Methyl- rhodanid in l~ LSsung gegeben wurde.

V e r s u c h y o r e 8. I I I . 1929.

Kaninchen 20, 1,200 kg Gewicht.

11 h 43'. 0,02 g/kg Methylrhodanid subkutan in lO/ooiger L(isung. 11 h 52'. Starke Kau- und Leekbewegung. 12 h 00'. Streckt die Hinterbeine ab. 12 h 10'. Normales u

Mit giieksicht auf dieses Verhalten soll auf die genaue Eingrenzung der tSdlichen Menge bei den sehwi~eher wirksamen KSrpern verziehtet werden.

Nach 2 mg/kg Methylrhodanid sind im akuten Versuch keine Veri~nderungen nachweisbar. Der Befund, da$ naeh geeigneten Mengen yon Methylrhodanid regelmi~$ig Krgmpfe auftraten, und dal~ die Tiere im weiteren Verlauf der u an KSrpertemperatur ver- loren, verlangte Untersuehungen in der Richtung, ob sieh aueh hier der bekannte Zusammenhang zwisehen Krampf und Entfieberung naeh- weisen lieS1). In der Tat konnte am fiebernden Tier mit Mengen, die unterhalb der Krampfgrenze liegen, regelmi~$ig Temperaturabfall erzielt werden. Gezeigt wird dies in folgendem Versueh.

K~ninchen 4, 1,300 kg Gewicht.

Versuch yore Zeit K(irperw~rme Bemerkungen in ~

12. VIII. 1929

18. VIII. 1929

13 h 00'

15 h 20' 16 h 45' 161~ 55' 17 h 05' 17 h 25' 191~ 10' 20 ~ 20 r 9 h 15'

38,9

40,4 40,2

40,1 39,8 39,4 39,2 40,6

2,5 cem/kg Heuinfus.

3 mg/kg Methylrhodanid subkutan.

1) Das Fieber wurde bei den Kaninehen wie fiblich durch Injektion yon Heuinfus bewirkt. Es handelt sich also um ein unspezifisehes Reizfieber. (Siehe H e s s e und T a u b m a n n , Arch. f. exp. PathoL u. Pharmakol. 1928, Bd. 136, S. 239.)

Page 11: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

Untersuchungen tiber die Wirkungen organischer Rhodanide. 267

Wi~hrend der ganzen Versuchszeit verhielt sich das Tier i~ul~erlich normal und frail. Besonders konnten keine Kollapserscheinungen beob- aehtet werden. Es handelt sieh also offenbar um eine echte Antipyrese, Bin Befund, der spiiter genau untersncht werden soll.

5Taeh Injektion kleinerer, nicht krampfmaehender )~[engen von Methylrhodanid konnte regelmi~l]ig eine erhebliche Beschleunigung der Atmung festgestellt werden. Ganz besonders wirksam war in dieser Riehtung abet die intravenSse Gabe kleinster Mengen (0,2 rag). Durch Kurve i wird dies Verhalten erliiutert.

Kurve 1. Atmungserregung durch Methylrhodanid intraveniis. Bei ~- je 0,2 mg Methylrhodanid in 1%oiger L6sung.

Der zentrale Angriff dieser Wirkung konnte dadurch bewiesen werden, dal~ naeh Stillegung der Atmung mit Morphin das Tier auf eine Injektion kleinster ~engen ~ethylrhodanid mit einer Beschleunigung, Vertiefung und Regelung der Atmung antwortete. Dies spricht offenbar im Sin~e eines zentralen Angriffspunktes, eine Deutung, die dutch sp~i- tere Befunde an Wahrseheinliehkeit gewinnt (Kurve 2).

20 mg Morphin 20 mg Morphin 2 mg 2 mg

M~t hyl'rh o~'~anid

Kurve 2. Erregung der mit Morphin gel~hmten Atmung durch Methylrhodanid.

Die Blutzusammensetzung wird dureh Methylrhodanid nicht beein- flul~t. Untersuehungen in dieser Richtung wurden deshalb angestellt, weil bei einigen der spiiter zu besehreibenden Kiirper deutliehe Wir- kungen auf das Blur zu beobaehten waren.

Page 12: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

268 XX. C~ERT TAUBMAXN.

X t h y l r h o d a n i d .

Beim )[thylrhodanid sind dis Bdunde ghnlich. Auf die Wirkungen am Kaltbltiter, die in der ganzen untersuehten Reihe nichts Neues brin- gen, soll in der Folge nieht mehr eingegangen werden.

Ftir das Kaninehen sind 20 mg/kg in 1- und 2~ LSsung sieher tSdlieh. Eine Menge yon 15 mg/kg wurde yon einem Tier iiberstanden, wtihrend sin zweites einging. Der K6rper dtirfte also ein wenig giftiger sein als das Methylrhodanid. Die K]'ampfwirkung kommt erheblieh deutlicher zum Vorschein, wie der folgende Versueh zeigt:

Versuch vom 10. IV. 1929.

Kaninehen 33, 1,140 kg Gewicht.

10 h 41'. 15 mg/kg "4thylrhodanid subkutan. 10 h 48'. Besehleunigte Atmung, Kopf etwas hoehgezogen, Lauf ein

wenig ataktiseh. 10h49 '. Sitzt mit steifen Vorderbeinen da; beschleunigte, vertiefte

Atmung. 10 h 51'. F~ltt wiederho]t zur Seite, auf Beriihrung kurzel" Krampf. 1_1 t~ 00'. Zunehmende Ataxie. 11 h 05'. 0pisthotonus. 11 h 09'--11 h 13'. Kurze Kr~mpfe, yon Paresen unterbroehen. 11 l~ 15'. Steht auf krampfhaft gestreckten Beinen da. Opisthotonus. 11 h 20'. Krampf lhl~t naeh. 11 h 30'. • Verhalten.

Entspreehend dieser Krampfgiftwirkung senkten kleinere Menge~ deutlich die Temperatur des fiebernden Tieres.

Die Atmung des normalen wie des morphinbehandelten Kaninchens wird ebenfalls erregt. Deutliche Unterschiede in der Wirkungs- st~irke gegeniiber dem ~[ethylrhodanid konnten in diesen Versuchen nicht gefunden werden.

P r o p y l r h o d a n i d .

Fiir Propylrhodanid liegen krampfmachende und tSdliche Menge offenbar dicht beisammen; der Verlauf der Vergiftung seheint yon der Geschwindigkeit der Resorption abh~ingig zu sein.

Die fiebersenkende Wirkung kleiner Mengen ist recht unsicher. Meist sinkt die Temperatur erst, wenn Lhhmung eintritt. Diese Zu- st~inde sind offenbar nieht als echte Antipyrese zu deuten.

Page 13: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

Untersuchungen tiber die Wirkungen organischer Rhodanide. 269

Die Atmung wird durch Propyl-rhodanid am normalen und morphin- behandelten Tier deutlich erregt.

Eine Blutwirkung des Propylrhodanids konnte nicht nachgewiesen werden.

B u t y l r h o d a n i d .

Die Giftigkeit des Butylrhodanids ist gegentiber den vorher beschrie- benen KOrpern welter gesteigert. 10 mg/kg fiihren zu heftigen Kriimpfen und zum Tode. Die Krampfmenge liegt schon bei 5 mg/kg.

Auffallenderweise entsprach dieter gesteigerten Krampfwirkung nicht das Verhalten des fiebernden Tieres. 3 mg/kg Butylrhodanid lie~en alas Fieber vollkommen unbeeinflul~t. GrSf~ere Mengen wurden in dieser Richtung nicht gepriift, well die mit Kr~tmpfen gemischten Paresen ohnehin zu einer Temperatursenkung ftihren, die nicht als echte Anti- pyrese angesprochen werden kann. Im Gegensatz dazu ist die atmungs- erregende Wirkung sehr deutlich.

Beim Butylrhodanid tritt auch zum erstenmal eine deutliche Blut- giftwirkung auf. Schon nach kleinen Mengen finder man eine sekundlire Ani~mie. Die Leukocyten werden nicht deutlich beeinflul~t. Teile eines solchen Versuches gibt alas folgende Protokoll wieder.

Kaninchen 3, 1,020 kg Gewicht.

Datum 1929

20. VIII.

21. VIII. 26. VIII. 27. VlII. 30. VIII. 2. IX. 4. IX. 5. IX.

H~imoglobin Erythrocyten Leukocyten

90 5~9 9800 3 mg/kg Butylrhodanid subkutan

80 4,3 I 9600 70 4,7 ] 10000

3 mg/kg Butylrhodanid subkutan 73 522 I 10000 54 4,0 i 6900 64 4,6 / 6100

Tod -- --

H e x y l r h o d a n i d .

Von K6rpern mit l~tngerer Kohlenstoffkette stand nur noch das ~Ieyxlrhodanid zttr Verftigung. Uber diesen K6rper i s t wenig zu sagen, da er sich durch fast vollkommene Wasserunl6sliehkeit einer pharmakologischen Analyse entzieht. Bis zu 80 mg/kg Hexyl- rhodanid wurden ohne Erscheinungen vertragen. Naeh 100 mg,

Page 14: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

270 XX. G~T TAw)~A~.

in alkoholischer LSsung injiziert, ging ein Tier im Verlauf yon 13 Stunden unter zunehmender Parese ein. Erst gegen Ende traten Kri~mpfe auf.

A l i p h a t i s e h e D i r h o d a n i d e .

Mety lend i rhodan id .

Dieser KSrper zeigt die meisten bisher beschriebenen Wirkungen besonders deutlieh. 10 mg/kg fiihren zu langdauernden Krampfattaeken, die yon kurzen Li~hmungszusti~nden unterbrochen sind. Die allgemeine Erregbarkeitssteigerung dauert auffallend lange an. Durch den folgen- den Versuch wird dies deut]ich gem~cht.

10 h 20'.

10 h 25'.

10 h 30'.

10 h 40'.

10 h 50'.

10 h 55'.

11 h 10'.

1211 10'.

Kaninchen 10, 2,100 kg Ge~icht.

10 mg/kg Methylendirhodanid in RingerlSsung subkutan. Atemnot, heftiger Krampf. Krampf dauert an. Krampf unvergndert stark. Krampf l ~ t nach. Erholt. Bei Bertihrung Teilkr~impfe. KrampfbereitschMt. Deutliche Erregbarkeitssteigerung.

Bei einer Menge yon 8 mg/kg sind Kri~mpfe nur angedeutet. Menger, yon 20 mg/kg ftihren unter den oben besehriebenen Erscheinungen zum Tode.

Die fieberwidrige Wirkung ist bei diesem KSrper ebenfalls vorhaa- den. Siehe den folgenden Versuch.

Kaninchen 31, 1,840 kg Gewicht.

Zeit Kiirperwiirme Bemerkungen in ~

8 h 00' 10 h O0 r

10 h 15' 10 h 30' 10 h 45' 11 h 00' 11 h 15' 11 h 30' 12 h 00' 12 h 30'

40,9 40,8

40,4 40,4 40,0 39,9 39,7 40,0 40,1 40,0

3 mg/kg Methylendirhodanid subkutan.

- -1 ;1 o C.

Page 15: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

Untersucbungen iiber die Wirkungen organischer Rhodanide. 271

Die Atmung wird durch kleinste Mengen deutlich erregt. 0,25 mg/kg intraveuSs gentigen, um einen vortibergehenden Anstieg der Atemaus- sehli~ge bis fast auf das Doppelte hervorzurufeu. Siehe Kurve 3.

Kurve 3. Erregung der normalen Atmung durch ~Iethylendirhodanid. Untere Kurve Blutdruek.

Der mit Morphin herbeigeftihrte Atmungsstillstand wird dutch wenig hShere Mengen vollkommen beseitigt. Der Blutdruck steigt im Anschlul] an die Injektion ftir ganz kurze Zeit unter deutlicher VergrSl3erung der Amplitude. Drucksenkungen wurden nur nach Injektionen fast tSd- licher Mengen beobachtet (Kurve 4).

Kurve 4. Methylend~irhodanid

Erreg-ung der mit MOl'phin gehemmten Atmung durch Methylendirhodanid. Untere Kurve Blutdruck.

Die Blutzusammensetzung wurde durch Methylendirhodanid nicht eindeutig beeinflul3t.

T r i m e t h y l e n d i r h o danid.

Dieser KSrper ist yon den untersuohten der st~rkst wirksame. 6 mg/kg sind sicher innerhalb yon 2 Stunden tSdlieh, 5 mg/kg werden zu- weilen fiberstanden. ~aeh 3 mg/kg treten noch vereinzelt Kr~mpfe auf, darunterliegende Dosen ver~ndern das ~u~ere Verhalten der Tiere nicht.

Das Trimethylendirhodanid ersehien wegen seiner starken Wirk- samkeit besonders geeigne~, Untersuchungen tiber den Angriffspunkt der Rhodanidkr~mpfe vorzunehmen. Zun~chst konnte dureh eine hohe

Page 16: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

272 XX. G~RT TAUnMASN.

Riiekenmarksdurehsehneidung bewiesen werden, dag der Angriffspunkt der Krampfwirkung nieht peripher zu suehen war. Naeh einer Durch- sehneidung in HShe des ersten Thorakalsegments traten entspreehend der Lage der Unterbreehung die Kri~mpfe nur in der Muskulatur des Halses und der Vorderbeine auf. Siehe folgenden Versueh.

Kaninehen A, 2,500 kg Gewieht.

8h 452 Riickenmarksdurchschneidung, Thorakalsegment links. Aufent- halt im Wiirmekasten yon 26 ~

11 h 13', 6 mg/kg Trimethylenrhodanid subkutan. 11 h 34'. Opisthotonus. 11h39 '. Krampf der Vorderbeine. Opisthotonus. Hinterbeine und

Rumpf frei. Fibrilliire Zuckungen der Kaumuskulatur. ttinterbeine und Rumpf dauernd frei yon Kr~mpfen. Zustand unveriindert bis 11 h 48'.

11 h 50'. Kr~tmpfe lassen langsam nach. Streckstellung der Vorderbeine.

Andererseits konnte gezeigt werden, dag nach Fortnahme des Grog- hirns die Kr~mpfe nicht ausbleiben. Nan hatte im Gegenteil don Ein- druck, dal3 sie wesentlieh heftiger, sozusagen hemmungs!oser geworden waren.

Kaninehen D, 1,600 kg Gewieht.

11 h 00'. Groghirnenffernung. 15 h 30'. 6 mg/kg Trimethylendirhodanid subkutan. 15 h 33'. Besehleunigte vertiefte Atmung, 15 h 38'. Kurzer Krampf. Opisthotonus. 15 h 39'. tteftige Kr~mpfe und Laufbewegungen. Tier wird dureh die

Krih~pfe in die Luft gesehleudert. 15 h 40'. Kr~mpfe, yon Paresen unterbrochen. 15 h 44'. Krampf, dutch Bertihrung auslgsbar.

Demnaeh mugte die Krampfwirkung des Trimethylendirhodanids am Hirnstamm angreifen. Dies konnte auch dadureh gezeigt werden, da6 unter der Einwirkung eines Itirnstammnarkotikums (Triehloriso- butylalkohol--Chloreton) keine Rhodanidkri~mpfe auszulSsen waren.

Kaninchen 36, 1,100 kg Gewicht.

10 h 05'. 0,4 g/kg Chloreton in 2 cem Alkohol per os. 10 h 10'. Seitenlage, Cornealreflex § t0 h 15'. Tier sehl~ft tier. Cornealrellex sehwaeh § 10 h 20'. 6 mg/kg Trimethylendirhodanid subkutan. 101~28 '. Tiefe Narkose. Cornealreflex ganz sehwaeh +. t 0 h 50'. Zustand bisher unveri~ndert.

Welter wirkt das Trimethylendirhodanid aueh als Blutgift. Das Auf- treten tier Veri~nderungen im Blur erforderte allerdings eine gewisse Zeit;

Page 17: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

Untersuchungen tiber die Wirkungen organiseher Rhodanide. 273

raanche Versuchstiere starben, bevor es zur Anamie kam. Doch konnte bei einigen Tieren eine so starke Abnahme des Hamoglobins und der Erythrocyten erreicht werden, dab man diesen Befund als zum Vergif- ~ungsbilde gehSrig betrachten muB. Besonders auffallend war die im weiteren Yerlauf auftretende l~eigung der roten BlutkSrperchen zur Verklumpung. DaB dieser Vorgang innerhalb der GefiiBe begann, laBt sieh zwar nicht mit Sicherheit beweisen, doch gelang es in diesen Fallen niemals, aueh bei geschwindestem Arbeiten, unverklumptes Blur zu erhalten. Der besonders schnelleSturz der Erythrocytenzahl, wie er aus der beigeffigten Tabelle ersichtlich ist, und der Befund einer un- gefahr auf das Fiinffache vergr6Berten Milz lassen darauf schlieBen, da~ sehon innerhalb der GefiiBe solche Verklumpungsvorgange statt- gefunden haben. Es soll aber nicht verhehlt werden, dab die Versuche meist nicht zu diesen au~ergewShnlich niedrigen Werten fiihrten, sondern dab die Tiere bei einer Anamie yon ungefahr 50% gegen- fiber dem Ausgangswert und maBig starken Verklumpungserscheinungen eingingen. Das folgende Protokoll gibt einen solchen Versuch wieder.

Datum Hiimoglobin Erythrocyten Bemerkungen 1929

16. IV. 71 5,9 3 mg/kg Trimethylendirhodanid

subkutan 17. IV. 75 4,6 -- 19. IV. 71 5,4 Im Harn Urobilin 4. 23. IV. 75 6.9 -- 24. IV. 87 6.0 --

-- 3 mg/kg Trimethylendirhodanid subkutan

25. IV. 60 --

26. IV. 9

Starke Verklumpung der Erythro- cyten. Urobilin ~--~-~-.

Urobilin +~-+. Abends tot.

Trotzdem dieser Verlauf nicht regelma~ig zu erzielen ist, muB man ihn wohl als zum Vergiftungsbild der Rhodanide gehSrig betrachten, zumal sparer das Anilinrhodanid als KSrper mit sicherer und starker Blu~giftwirkung sieh erwies.

Rhodanide mit Doppelbindungen.

Allyl - und Cro ty l rhodan id .

Die KSrper dieser Grupioe haben eine durchaus andere Wirkung als die in dem vorangehenden Abschnitt beschriebenen. Sie sind keine

,Archiv f. experiment. Path. u, Ph,~makol. Bd. 150. ] 8

Page 18: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

274 XX, GERT TAUBMA~N.

Krampfgifte; die Tiere zeigen hSchstens leiehte fibrillate Zuekungen und gehen dann unter zunehmender Lhhmung ein.

9 h 45'. 9 h 55'.

10 h 05'. 10 h 07'. 10 h 11'. 10 h 30'. 11 h 05'. 17 h 02'. 17 h 16'. 17 h 18'. 17 h 45'. 17 h 55'.

Kaninchen 53, 1,400 kg Gewicht.

2 mg/kg Allylrhodanid in 2O/ooiger L6sung subkutan. Etwas paretisch, setzt sich auf. Paretisch, li~l~t sich ftir kurze Zeit zur Seite legen. 4 mg/kg Allylrhodanid subkutan. Lhl~t sich zur Seite legen. Auffallend ruhig. l~ormales Verhalten. 10 mg/kg Allylrhodanid subkutan. Parese, Ataxie, lii]~t sich auf den Rticken legen. Feinsehlagiger Tremor, vo]lkommen paretiseh. Etwas erholt; versucht, sieh aufzurichten. Paretisch, sitzt aber aufgerichtet.

Ein anderes Tier ging nach Injektion yon 12 mg/kg unter zuneh- mender Parese im Verlauf yon 2 Stunden ein.

Entspreehend der fehlenden Krampfwirkung wird dutch Allyl- und Crotylrhodanid aueh die Temperatur des fiebernden Tieres nicht gesenkt. Es wurden im Gegenteil geringe Temperatursteigerungen beobaehtet.

Diesem atypisehen Verhalten entspricht aueh das Fehlen einer Wir- kung auf die Atmung. Weder am normalen, noch am morphinbehan- delten Kaninchen kann dutch Allyl- oder Crotylrhodanid eine Beschleu- nigung und Vertiefung erzielt werden.

Aueh auf die Blutzusammensetzung ist kein Einflul3 nachweisbar. Die beiden untersuehten Rhodanide mit Doppelbindungen zeigen

also offenbar ein Verhalten, das yon dem der eingangs beschriebenen KSrper mit einfaeher Bindung durehaus versehieden ist. Ihnen fehlen die Krampfwirkung, Atmungserregung, Temperaturbeeinflussung. In der Mitre zwisehen den typisch wirkenden Methyl- und ~thylrhodaniden und den disubstituierten Methylen- und Trimethylenrhodaniden schei- nen die KSrper Propyl- und Butylrhodanid zu stehen, die zwar noeh Krampf- und Atmungserregung, abet keine Fiebersenkung mehr zeigen. Das abweiehende Verhalten der Rhodanide mit Doppelbindung liil~t sich vielleicht mit ihrer I~eigung erkli~ren, schon bei verhi~ltnismi~l~ig nied= rigen Temperaturen in die isomeren SenfSle iiberzugehen, bei denen die besehriebenen Wirkungen nieht naehgewiesen worden sindl).

1) Flury-Zangger, Lehrb. d. Toxikologie 1928~ S. 212 und 316.

Page 19: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

Untersuchungen iiber die Wirkungen organischer Rhodanide. 275

Aromat i sche Rhodanide .

P h e n y l r h o d a n i d .

Das Wirkungsbfld dieses KSrpers weist alle Ztige auf, die bisher als typisch beschrieben worden sind. Seine allgemeine Giftigkeit ist aber verhiiltnismiii~ig gering. Die t6dlichen hIengen bei subkutaner Gabe liegen vergleichsweise sehr hoch. lVlit Riicksicht auf die Material- ersparnis wurde auf ihre genaue Feststellung verzichtet. Jedenfalls wurden bis 100 mg/kg ohne deutliehe Erscheinungen, besonders ohne Krampf, vertragen.

Bei intraveniiser Gabe yon 15 mg/kg oder mehr wurden Krampfe und Ar beobaehtet. Der Zustand dauerte immer nur kurze Zeit und maehte bald normalem Verhalten Platz. Von 30 mg/kg an wurde das Vergiftungsbild sehwerer, es traten kurz dauernde Atmungs- stillst~nde auf, yon denen die Tiere sieh aber erholten. Die tSdiiche Menge liegt bei 40 mg/kg intravenSs in 5~ LSsung. Die Atmung wird dutch Phenylrhodanid, wenn aueh nur fiir kurze Zeit, besehleunigt,: auch wenn sie vorher dureh Morphin gehemmt war .

Die allgemeine Wirkung des Phenylrhodanids zeigt der folgende Versueh.

Kaninchen 35, 1,300 kg Gewicht. 12 h 30'. 20 mg/kg Phenylrhodanid intraveniis, 2O/ooige L(isung 0~9%iges

57aC1. Sofort nach der Injektion hdtige Kr~mpfe, fibrilliire Zuckungen, Kr~mpfe, Laufbewegungen, stark beschleunigte Atmung.

12 h 11'. Krampf, Cornealreilex +. 12 h 13'. Erholt, sitzt auf. 12 h 17'. Beschleunigte Atmung, sonst ohne Befund. 12 h 20'. Ohne Befund.

Am fiebernden Tier wird regelm~ig Temperatursenkung beobachtet. Ihr Umfang ist geringer als in den friiheren Versuehen.

Auffallenderweise lii~t sich bei einer Vergr(il]erung der Dosis keine rechte Verst~rkung der Antipyrese erzielen. Die Temperatursenkungen durch 3 und durch 10 mg waren ungefiihr gleieh grol3.

Was die Wirkung auf das Blut betrifft, so sind einmalige Gaben yon Phenylrhodanid wirkungslos. Wiederholte Darreiehung kleiner Men- gen ftihrt dagegen zu An~mie. Auch bier wird die Neigung zur Verklum- pung beobachtet, wie sie bei Trimethylendirhodanid besehrieben wurde. Im folgenden Protokoll werden Ausschnitte aus einem solehen, 11/2 Mo- hate dauernden Versuch angegeben. Das Tier erhielt in dieser Zeit ins- gesamt rund 80 mg Phenylrhodanid.

18"

Page 20: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

276 XX. GBRT TAUB~ANN.

Datum H~imoglobin Erythrocyten Bemerkungeu 1929

16. IV. 26. IV. 6. V.

16. V. 24. V. 30. Y.

71 75 61 55 45 45

5~4 5,5 4,7 3,0

i 3~0 2,7

Ausgangswert.

Starke Verklumpung. M~i$ig starke Verklumpung. Starke Verklumpung.

Die Verhiiltnisse liegen also ahnlich wie bei dem TrimethylenkSrper mit dem Unterschied der erheblieh besseren Vertr~glichkeit.

An i l i n rhodan id .

Bei der toxikologischen Untersuchung des Anilinrhodanids liegen die Verh~ltnisse insofern anders und weniger einfaeh, als der Rhodan- rest einem schon an und fiir sich wh'ksamen GrundkSrper, dem Anilin, gekoppelt ist. Es ist also einerseits auf die besehriebenen Wirkungen des organiseh gebundenen Rhodans und andererseits auf die bekannten Wirkungen des Anilins zu fahnden. In der Tat last die pharmakologisehe Analyse Wirkungen beider Komponenten deutlich erkennen. Das Anilin- rhodanid ist, wie die meisten der frtiher besehriebenen Rhodanide, hoeh- toxiseh. 20 mg/kg subkutan tSten Bin Kaninehen in 3 Minuten unter hef- tigen Krampfen. 18 mg/kg werden mit Krampfen beantwortet, aber ver- tragen. 15 mg/kg machen keine au~eren Erseheinungen mit Ausnahme einer Vertiefung der Atmung, die wohl dem Rhodananteil zuzusehreiben ist. Bei intravenSser Gabe von Anilinrhodanid sind auch bei vorsieh- tiger Injektion 2 mg/kg sofort tSdlich, wi~hrend i mg iiberstanden wird.

Eine starke antipyretische Wirkung des Anilinrhodanids war zu erwarten, da sehon seine beiden Komponenten in dieser Richtung wirk- sam sind. Einen entsprechenden Versuch zeigt das niiehste Protokoll.

Kaninchen 42, 1,400 kg Gewicht.

Zeit K i i r p e r w ~ r m e Bemerkungen in oC

].~h 9,5r 39.2

16 ~ 20 r~ 40,7

16 h 40 40~0 17 h 00 r 40,1 20 h 00' 39.4

Am niichsten Tag 40,4

4 ccm Iteuinfus insgesamt.

1 mg/kg Anilinrhodanid subkutan:

Page 21: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

Untersuehungen fiber die Wirkungen organiseher Rhodanide. 277

Der Blutdruck wird nur durch hochtoxische Dosen gesenkt. Die Untersuchung der Blutzusammensetzung un te r Rhodan-

anilin zeigt schwere Blutgiftwirkung. Ein solcher Versuch wird im folgenden wiedergegeben,

Kaninchen 33, 1,560 kg Gewicht.

Datum! ttlimo- / Erythro- Leuko- Bemerkungen 1929 I globin ~ eyten eyten i

I 12. IX.

13. IX. 14. IX. 15. IX. 16. IX. 17. IX. 18. IX.

19. IX.

20. IX.

21. IX. 23. IX. 12. X.

95 I 5,22 I 6,100 ' I0 mg/kg Anilinrhodanid

subkutan 61 51 45 28 29 27

21

32

40 47 70

~,30 t,18 3,04 ~,60

1,61 '),28

1,76

2,18

2,48 3,26 4,60

F

5,700

6~200

9,800

Gewicht 1,600 kg. Einige basophile Megaloeyten. Massenhaft kernhaltige rote Blutk(irperchen,

Polyehromasie, basophile Tfipfelung. UberwiegendMikrocyten. Kernhaltige Zellen

weniger zahlreich. Wesentlieh weniger kernhaltige Formen,

Poikiloeytose. Gewicht 1,680 kg.

Der Ablauf dieses Versuchs zeigt, wie sofort nach der Injektion der Blutzerfall einsetzt und, ohne dal] weitere Injektionen vor- genommen werden, bis zu au/]erordentlich niedrigen Werten ~ort- schreitet. Das qualitative Blutbild zeigt die starken Regenerations- bestrebungen ira Organismus, die in diesem Fall yon Erfolg begleitet sin& Gelegentlich schreitet aber die An/imie his zum Tode des Tieres ~ort. TSdlicher Ausgang ]i~l~t sich auch durch eine zweite oder dritte In]ektion erreichen.

Natiirlich war es nStig zu untersuchen, ob vielleicht schon das Anilin als solches zu derartiger Blutzerstiirung imsttmde ist. Es wurde duher ein Versuch mit der gleichen Menge Anilinhydrochlorid angesetzt. Wie das ~olgende Protokoll zeigt, kann yon einer Anamie kaum die Rede sein. Die Ver~nderungen in den Werten tiberschreiten kaum die Fehler- grenzen. Dementsprechend zeigt das Blutbild keine regener~torischen Veranderungen.

Page 22: Untersuchungen über die Wirkungen organischer Rhodanide

278 XX. GERT TAUB~ANN.

Kaninchen 35, 1,600 kg Gewicht.

Datum ! 1929 Bemerkungen

12. IX.

13. IX. 14. IX. 15. IX. 16. IX. 17. IX. 19. IX. 12. X.

ttiimoglobin Erythr~ i Leukocyten

71 4,58 9,400 10 mg/kg Anilinhydrochlorid subkutan

65 70 68 67 65 67 70

4,72 I -- 4,38 4,58 4,40 4,84 10,900 4,92 4,70 11,200

Gewicht 1,560 kg.

Gewicht 1,750 kg.

Welter wurde untersucht, ob die methi~moglobinbildende Fi~higkeit des Anilins beim Rhodananilin erhalten bleibt. Im folgenden Protokoll ist der aus dem Blut freizumachende Sauerstoff in ccm% vor und nach Anilinrhodanid angegeben.

Kaninchen 38, 1,600 kg Gewicht.

Zeit ecru 02 in 100 ecru Blut Bemerkungen

10 h 45' : -- 10 ~ 50, 15 mg/kg Rhodananilin subkutan. 10 h 50' 42,5O/o Abnahme. 13 h 30' 16 h 00'

16,0

9,2 12,8 14,2

Die ~Iethi~moglobinbildung durch diese, auf Anilin berechnet, sehr kleine Menge ist offenbar erheblich, und die Veri~nderung des Blutfarb- stoffes, die bekanntlich spater teilweise zu Blutzerfall ftihrt, kann wohl mit verantwortlich gemacht werden flit die Anamie nach Rhodananilin.

Diese starken ~Nebenwirkungen verbieten auch eine therapeutische Anwendung des Rhodananitins, die in Analogie zum Acetanilid wohl denkbar wi~re.

Rhodanes s ig s i~u re .

Das Wirkungsbild diesos KSrpers weist keinedei ~hnlichkeit mit den bisher gefundenen KSrpern yore Typ des Rhodanalkyls auf. Da- gegen gleicht die Vergiftung ganz auffaUend der mit Bromessigsi~ure, wie sie yon S t e i n a u e r 1) seinerzeit beschrieben wurde. Was besonders die ~uskelwirkung betrifft, so stammt die erste Angabe dariiber von

1) Stcinauer, Virchows Arch. f. pathol. Anat. u. Physiol. 1874, Bd. 59, S. 65.

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Untersuchungen fiber die Wirkungen organischer Rhodanide. 279

P ohll), die muskelpharmakologische Analyse yon Engel 2) (bei Ries- ser). ttier ist zum erstenmal die deutliche _~hnliehkeit eines rhodan- substituierten K~rpers mit einem bromsubstituierten naehweisbar, ein Befund, der eigentlieh auf Grund der Stellung des Rhodans als Pseudo- halogen zu fordern war.

Zu den Versuehen wurde nieht die freie S~ure, die wenig haltbar und lokal stark reizend ist, sondern ihr Na-Salz benutzt. Das Vergif- tungsbild am Kaltbltiter entspricht durehaus den Schilderungen, die P ohl fiir die Bromessigsaure entwirft. Der Kaltblfiter zeigt Verlust der Bewegungs- und Lagereflexe auf fester Unterlage wie im Wasser. Dieser Zustand geht in vollkommene Narkose fiber, in deren Verlauf Atmung und Herztatigkeit naehlassen. Naeh etwa 24 Stunden tritt der Ted ein, das Herz wird regelm~6ig in Systole stillstehend gefunden. S. den fol- genden Versueh.

Tempor~ria, 30 g Gewicht.

16 a 20'. Erh~lt 0102/10 g rhodanessigsaures Na in den Brustlymphsack. 16 h 25'. Sitzt sehr ruhig, l ~ t sich nicht auf den Rticken legen. Auf

starkes Kneifen Fluchtbewegungen. Sinkt im Wasser nach einigen Schwimm- stSl]en zu Boden.

16 h 33'. Beim Umdrehen aus Rtickenlage unbehilflieh. Sinkt im Wasser sofort unter.

16 a 56'. Bleibt auf dem Rt~eken liegen. 17 ~ 05'. Springt auf sehr heftige Reize einmal z6gernd, auf weitere

Reize nicht mehr. 19 h 30'. Macht erst nach mehreren starken Reizen tr~ge Fluehtbewegung. 20h00 '. Reagiert nicht auf Reiz. Atmungsbewegungen kaum noch

nachweisbar. Am n~chsten Tag frtih 8 h 00'. Vollkommene Rdlexlosigkeit, Herz schl~gt.

11 ~ 00'. Kcine Herzt~tigkeit nachweisbar. Sektion: Herz steht systo- lisch still.

Xhnlich gestaltet sieh der Ablauf der Vergiftung beim Warmblfiter. ~ach ldeinen ~engen tritt eine allgemeine Beruhigung ein; die Tiere erholen sich naeh einiger Zeit vollkommen, nach grSBeren ~engen folgt Schlaf und Narkose bis zur Reflexlosigkeit. In diesem Zustand gehen die Tiere meist unter sinkender KSrpertemperatur ein. Durch das fol- gende Versuehsprotokoll wird dies Verhalten erlgutert.

i) Pohl, Arch. f. exp: Pathol. u. Pharmakol. 1888, Bd. 24, S. 142. 2) Engel, Pfl[igers Arch. f. d. ges. Physiol. 1925, Bd. 207, S. 523.

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Kaninchen 36, 1,550 kg Gewicht.

10 ~ 15'. 0,2 g/kg rhodanessigsaures ~Ta subkutan. 10 h 45', Auffallend ruhig. 11 h 10'. LiiI~t sich auf die Seite legen. 11 h 30'. Schl~ft. Lhl~t sich schwer erwecken. Kopf f~llt sofort wieder

auf die Unterlage. Reagiert auf Schmerzreiz wenig und langsam. Atmung fief und ruhig.

16 h 00', Volle ~Narkose. Tiefe ruhige Atmung. Kein Schmerzreflex. Cornealreflex +.

17h00 '. Zustand unver~ndert. 19 h 00'. Atmung wird oberfl~chlich. 20 ~ 00'. Zustand unver~ndert. Temperatur 37,9 ~ 23 h 00'. Tot aufgefunden. Sektion: 5Tiere geschwollen, blaurot, Zonea

deutlich abgegrenzt.

In etwas hSheren Mengen, per os gegeben, zeigt das rhodanessig- saute 5Ta die gleichen Wirkungen.

Das Vergiftungsbild am Kaltbliiter erinnerte so sehr an das gleich- artige Bfld bei tier Bromessigsi~ure, da~ der Versuch nahe lag, die typi- schen Muskelwirkungen der Bromessigsaure auch mit der Rhodanessig- siiure zu reproduzieren. In der Tat liil3t sich mit rhodanessigsaurem 57a

in Verdtinnung 1:1000 neben einer Verringerung der HubhShen eine sehr

Kurve 5. Gastro cnemius Tempo- raria, 20g belastet. Rhythmische

Reizung mit Pausen.

Kurve 6. Vergleich der Bromessigsi~urekon- trakr (oben) mit dem Yerhalten bei rhodun-

essigsaurem bTatrium (unten).

schnelle Ermiidbarkeit feststellen, die besonders auffallend ist, wenn man nach kurzen Erholungspausen erneut rhythmisch reizt. Siehe die sehr kennzeichnende Kurve 5.

In einem Punkt aber unterscheidet sich die Rhodanwirkung am isolierten Muskel yon der der Bromessigsi~ure. Es kommt hie zu einer Kontraktur. Die Ruhelage bleibt vo]lkommen unbeeinflul~t. Eher wer-

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den Spuren einer Erschlaffung beobachtet. Dieses gegensiitzliche Yer- halten zeigt die beigeftigte Kurve 6, die so gewonnen wurde, da~ die beiden Gastroknemien eines Frosches an Sehreibhebeln befestigt, dureh Yer- schiebung tier Trommel eine Gerade zeichneten, die ihrer jewefligea Ruhe- lage entsprach. Bei der zunehmenden Kontraktur des in bromessig= saurem ~a befindlichen Muskels entstand eine Treppenfigur, w~hrend der Muskel in der LSsung yon rhodanessigsaurem ~a mit einer kleinen Abweiehung nach unten seine anfi~ngliche ttShe beibehielt.

5Tatr iumrho danid.

Die bisherigen Ergebnisse machten es nStig, zu nntersuchen, wie weit etwa die beschriebenenen Wirkungen auf das Rhodanion als solehes zu beziehen sind, d.h. ob sie aueh durch ein anorganisches Rhodanid hervorgerufen werden kSnnen. Es ist selbstverstiindlich, dab hierftir nur das /qa-Rhodanid in Frage kommt; eine grol~e Reihe frtiherer Unter- suehungen ist in ihrem Weft beeintrachfigt, well zu den Versuchen das leichter zugangliche K-Rhodanid benutzt wurde. Was zunaehst die all- gemeine Giftigkeit betrifft, so sind in meinen Versuehen die Mengen, die deutliche Erseheinungen hervorrufen, auffallend klein, jedenfalls viel geringer, als man mit Rticksicht auf die nieht erhebliehe Giftigkeit des 5TaJ und 5TaBr annehmen sollte. In der Literatur sind Angaben tiber die tSdliehe Menge NhSCST bei subkutaner Gabe am Kaninchen nicht zu linden. IntravenSs konnten bei langsamer Injektion 2,6 g/kg 5Ta-Rho- danid gegeben werden, ehe der T0d eintratl). E d i n g e r und T reupe l 2) gaben Kaninchen fiber 2 ~r ]ang tiiglieh 0,1 g/kg 5Ta-Rhodanid sub- kutan, ohne dal] Vergiftungserseheinungen auftraten. Leider ist nieht angegeben, ob das benutzte Salz wasserhaltig war. 57a-Rhodanid des ttandels enthiilt regelmiil~ig Wasser, zuweilen in erhebliehen Mengen. Zu Vergleichen lassen sich nut solche Versuehe heranziehen, in denen das Salz bis zur Gewiehtskonstanz getrocknet oder der Rhodangehalt titri- metrisch bestimmt wurde. In den bier beschriebenen Versuchen wnrde aus hei] gesi~ttigter LSsung umkristallisiertes und fiber P205 bis zur Gewichtskonstanz getrocknetes 5TaSCS? benutzt. Die eigenen Unter- suehungen zeigten, dal] die einmalige subkutane Injektion yon 0,1 bis 0,2 g/kg gut vertragen wird. Aber schon nach der zweiten, gelegentlich erst naeh der dritten Gabe yon 0,1--0,2 g/kg werden die Kaninchen triage, fressen schlecht, reagieren nur langsam auf Reize. Diese StSrung

1) Heffters Handb. d. exp. Pharmakol. 1923~ Bd. :[, S. 83. 2) Edinger und Treupel~ Miinch. reed. Wochenschr. 1900, S. 717.

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wird im Lauf der n~ehsten Tage st/~rker, die Tiere liegen schliel~lich apathisch da und gehen Bin. Die Sektion gibt fiir den Ted keine Er- kl~rung, zuweilen ist der Ham kurz vor dem Tode etwas eiwei6haltig. Der Widersprueh mit den Untersuehungen yon E d i n g e r und Treupe l ist wohl dutch den Unterschied im Wassergehalt und damit in der tats~chlich gegebenen Rhodanmenge zu erkl~ren.

Uber die vergleichende Untersuehung l~l]t sieh kurz folgendes sagen: Kr/~mpfe wurden nach Na-Rhodanid hie beobaehtet. Die Temperatur des fiebernden Tieres wird dutch 0,1--0,2 g/kg des Salzes nur wenig be- einflul~t. Auffallend war abet, dal~ alle Tiere, an denen diese Fieber- versuche vorgenommen wurden, ohne Ausnahme am naehsten oder ~ber- n~chsten Tage unter kollapsartiger Temperatursenkung starben. Eine Erkl~rung daffir fehlt zun~chst.

Die Atmung wird durch l~a-Rhodanid nieht beeinflul]t. Eine Wir- kung auf die Blutzusammensetzung konnte 5fters beobaehtet werden. Ein Tier, das einen tt~moglobinausgangswert yon 107 im lV[igos- h/~mometer aufwies und im Verlauf von 11/2 l~Ionaten 0,6 g/kg erhielt, zeigte eine fortlaufende Senkung seiner H/imoglobinwerte und wies bei seinem Tode einen Wert yon 61 auf. Das Gewieht blieb w/~hrend dieser Zeit unver/~ndert. In anderen F/~]len waren die Senkungen weniger deut- ]ieh, oft wohl deshalb, well die Tiere ein weiteres Absinken des Hamo- globins nieht erlebten.

Demnaeh ist es aussehlieBlich die Wirkung auf das Blut, die sieh beim :Na-Rhodanid im Vergleieh zu organisehen Rhodaniden wiederfindet. Damit wird aueh verst/~ndlich, warum das ft~r sieh sehon blutgiftige Anilin dutch Einfiihrung des Rhodanrestes in seiner Wirkung ganz aul~er- ordentlich gesteigert wird.

Uber, das Vorkommen organiseher Rhodanide in der ~atur waren keine Angaben zu erhalten. ~Naeh der ehemischen Darstellungsweise konnten sie deft vermutet werden, we sieh die den Rhodaniden isomeren SenfSle linden. Es wurden daher hierffir in Betraeht kommende t~flan - zen und Pflanzenteile, n/~mlieh Rettich, Meerrettieh, Knoblaueh, Sehnitt- laueh und Senfmehl untersueht. Die frisch zerkleinerten Pflanzenteile wurden im Soxleth 24 Stunden extrahiert und in dem alkoholischen Ex- trakt die eingangs beschriebene, yon H o f m a n n angegebene Reaktion mit K2S angestellt. Von allen untersuchten Pflanzen wies nur der Ret- tieh eine positive Reaktion auf. Welter wurde das Oleum sinapis der Pharmaeopoe untersueht. Hierzu ist zu bemerken, dab dieses nicht aus Senfmehl, sondern dutch Erhitzen yon Allylrhodanid gewonnen wird. Die untersuehten Proben enthielten deutlieh naehweisbare Mengen yon

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Rhodanid. Es scheint also, dab der Ubergang yon Allylrhodanid zu AllylsenfS1 kein vollstiindiger ist. Die Rtickbildung yon Rhodanid wird offenbar durch Kalte begtinstigt und durch Wi~rme gehemmt. Aber nicht nur in diesem synthetischen SenfS1, sondern auch in dem handelsiiblichen weiBen Senf konnte Rhodanid nachgewiesen werden. DaB bier Substan- zen vorkommen, die die indirekte Rhodanreaktion geben, war bereits bekannt. Neu scheint dagegen der Nachweis, dab bei ~[azerieren yon SenfS1 mit Wasser sich sofort in erheblicher Menge direkt nachweisbares, also anorganisches Rhodanid bildet. Doch soll auf diesen Befund, als nicht streng in den Rahmen der Arbeit gehSrig, hier nicht eingegangen werden. Ich verweise auf eine demn~chst folgende Mitteilung.

Zusammenfassung.

Die vorliegende Untersuchung zeigt die organischen Rhodanide als eine Gruppe mit deutlich ausgesprochener eigenartiger Giftwirkung. Die mono- und disubstituierten aliphatischen Rhodanide haben siimtlich den Charakter yon Krampfgiften mit Angriff am ttirnstamm. Die Koppe- lung der Krampfwirkung und Fiebersenkung ist bei manehen der KSr- per deutlich. Einige andere, die die Temperatursenkung vermissen las- sen, zeigen, dab die Lehre vom Krampfgiftcharakter der Antipyretika nicht dogmatisch richtig ist, sondern Ausnahmen zuliiBt. Allen oben genannten KSrpern ist eine Erregung der Atmung a m normalen und morphinbehandelten Tier eigen. Es ist in hohem Grade wahrscheinlich, dab der Angriffspunkt dieser Wirkung zentral ist. ttierftir spricht ihr Besiehenbleiben in tiefer Narkose und unter Morphin. Weiter spricht dafiir, dab Rhodanide mit Doppelbindung in dieser Richtung vollkom- men unwirksam sind, wahrend ihre lokale Reizwirkung, die bei der Aus- scheidung durch die Atmungswege fiir die Atmungserregung in Frage kiime, ganz erheblich ist. Die letztgenannten KSrper sind nun aber nicht nur in bezug auf die Atmung, sondern aueh in jeder anderen Rich- tung unwirksam. Sie sind es entweder an sich oder werden es, weil sie wegen der Doppelbindung besonders leicht im Organismus zerstSrt oder umgewandelt werden. Zu den charakteristischen Wirkungen der Rho- danide gehfrt offenbar auch die BlutzerstSrung, die bei den meisten an- gedeutet ist, beim Anilinrhodanid schweren Blutgiftcharakter aufweist. Narkotische Wirkung der organischen Rhodanide, die in Analogie zu den organischen Bromiden und Chloriden mSglieh erschien, wurde beim Warmbltiter nieht nachgewiesen. Allgemein liiBt sich sagen, dab die Ein- fiihrung tier Rhodangruppe nicht zu Wirkungsbildern fiihrt, die auf

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Grund yon Analogiesehliissen zu erwarten w~ren. Eine Ausnahme maeht hier nur die aueh dutch ihre Konstitution aus dem Rahmen fallen@ Rhodanessigs~ure, die in ihrer Wirkung der Bromessigs~ture sehr ~hnlieh ist. Eine therapeutische Verwendung dieser KSrper kommt nach den geschilderten Befunden nicht in Frage. Von Interesse ist es aber, da6 in Genul]mitteln (Senf) und Medikamenten (SenfS1, Senfpflaster, Rettich- extrakt) mit der Anwesenheit yon organischen Rhodaniden zu rech- hen ist.