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Grundwasser – Zeitschrift der Fachsektion Hydrogeologie DOI 10.1007/s00767-013-0229-1 TECHNISCHE MITTEILUNG Untersuchungen zur Sorptionsreversibilität von organischen Schadstoffen in Aktivkohle, Holzkohle und Zeolith Y-200 Engy ElHaddad · Wolfgang Ensinger · Christoph Schüth Eingang des Beitrages: 19.4.2012 / Eingang des überarbeiteten Beitrages: 26.4.2013 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013 Zusammenfassung In einer Vielzahl von Untersuchungen wurde gezeigt, dass die Sorption von organischen Schad- stoffen in Böden insbesondere vom organischen Kohlen- stoffgehalt (C org ) bestimmt wird. Kontrovers wird jedoch die Frage diskutiert, inwieweit Sorptionsprozesse vollstän- dig reversibel sind oder ob eine irreversibel sorbierte Schad- stofffraktion in den Sorbenten verbleibt. Dieser Effekt ist etwa bei der Beurteilung von Sanierungsmaßnahmen oder bei der Festlegung von Sanierungszielen von großer Bedeu- tung. In mehrstufigen Sorptions- und Desorptions-Batch- Versuchen mit TCE und PCE bzw. ortho-Xylol und para- Xylol und den Sorbenten Aktivkohle, Holzkohle sowie einem hydrophobem Zeolith Y-200 wurde diese Fragestel- lung untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass der struktu- relle Aufbau des Sorbenten von entscheidender Bedeutung für das Auftreten einer desorptionsresistenten Schadstoff- fraktion ist. Während für den mikroporösen Zeolith Y-200 mit starrem Porensystem Sorption weitestgehend reversi- bel ist, wurde für die Holzkohle und die Aktivkohle ei- ne signifikante irreversibel sorbierte, oder zumindest sehr langsam desorbierende Schadstofffraktion ermittelt. Diese E. ElHaddad · W. Ensinger Fachgebiet Materialanalytik, Institut für Materialwissenschaft, Technische Universität Darmstadt, Petersenstr. 23, 64287 Darmstadt, Deutschland E. ElHaddad E-Mail: [email protected] W. Ensinger E-Mail: [email protected] C. Schüth (B ) Fachgebiet Hydrogeologie, Institut für Angewandte Geowissenschaften, Technische Universität Darmstadt, Schnittspahnstr. 9, 64287 Darmstadt, Deutschland E-Mail: [email protected] Schadstofffraktion kann jedoch bei einem folgenden weite- ren Sorptionsschritt durch konkurrierende Sorptionseffekte mobilisiert und freigesetzt werden. Sorption reversibility of organic contaminants in activated carbon, charcoal and Zeolite Y-200 Abstract Numerous studies have shown that sorption of organic contaminants in soils is dominated by the natural organic carbon content (C org ) of the soil. However, it is still under discussion whether sorption processes are fully reversible or whether an irreversibly sorbed contaminant fraction remains in the soil. This is especially important when considering soil remediation measures and its targets. In multi-stage sorption-desorption batch experiments with TCE, PCE, ortho-xylene and para-xylene and with the sor- bents activated carbon, charcoal and a hydrophobic zeolite Y-200, the reversibility of sorption was studied. It could be shown that the structural features of the sorbents are of am- ple importance for the occurrence of a desorption-resistant fraction. While sorption was mainly reversible for the micro- porous zeolite Y-200 with a rigid pore network, charcoal and the activated carbon showed significant desorption hystere- sis. However, following a subsequent sorption step, this frac- tion eventually desorbs and is re-mobilized. Keywords Sorption reversibility · Microporous sorbents · Organic contaminants · Hysteresis Einleitung Die Sorption von organischen Schadstoffen an kohlenstoff- haltigen Partikeln in Sedimenten ist der wichtigste abio- tische Prozess, der die Mobilität der Schadstoffe im Un- tergrund beeinflusst. Bei hoher Sorptionsneigung werden

Untersuchungen zur Sorptionsreversibilität von organischen Schadstoffen in Aktivkohle, Holzkohle und Zeolith Y-200; Sorption reversibility of organic contaminants in activated carbon,

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Grundwasser – Zeitschrift der Fachsektion HydrogeologieDOI 10.1007/s00767-013-0229-1

T E C H N I S C H E M I T T E I L U N G

Untersuchungen zur Sorptionsreversibilität von organischenSchadstoffen in Aktivkohle, Holzkohle und Zeolith Y-200

Engy ElHaddad · Wolfgang Ensinger · Christoph Schüth

Eingang des Beitrages: 19.4.2012 / Eingang des überarbeiteten Beitrages: 26.4.2013© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2013

Zusammenfassung In einer Vielzahl von Untersuchungenwurde gezeigt, dass die Sorption von organischen Schad-stoffen in Böden insbesondere vom organischen Kohlen-stoffgehalt (Corg) bestimmt wird. Kontrovers wird jedochdie Frage diskutiert, inwieweit Sorptionsprozesse vollstän-dig reversibel sind oder ob eine irreversibel sorbierte Schad-stofffraktion in den Sorbenten verbleibt. Dieser Effekt istetwa bei der Beurteilung von Sanierungsmaßnahmen oderbei der Festlegung von Sanierungszielen von großer Bedeu-tung. In mehrstufigen Sorptions- und Desorptions-Batch-Versuchen mit TCE und PCE bzw. ortho-Xylol und para-Xylol und den Sorbenten Aktivkohle, Holzkohle sowieeinem hydrophobem Zeolith Y-200 wurde diese Fragestel-lung untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass der struktu-relle Aufbau des Sorbenten von entscheidender Bedeutungfür das Auftreten einer desorptionsresistenten Schadstoff-fraktion ist. Während für den mikroporösen Zeolith Y-200mit starrem Porensystem Sorption weitestgehend reversi-bel ist, wurde für die Holzkohle und die Aktivkohle ei-ne signifikante irreversibel sorbierte, oder zumindest sehrlangsam desorbierende Schadstofffraktion ermittelt. Diese

E. ElHaddad · W. EnsingerFachgebiet Materialanalytik, Institut für Materialwissenschaft,Technische Universität Darmstadt,Petersenstr. 23, 64287 Darmstadt, Deutschland

E. ElHaddadE-Mail: [email protected]

W. EnsingerE-Mail: [email protected]

C. Schüth (B)Fachgebiet Hydrogeologie, Institut für AngewandteGeowissenschaften, Technische Universität Darmstadt,Schnittspahnstr. 9, 64287 Darmstadt, DeutschlandE-Mail: [email protected]

Schadstofffraktion kann jedoch bei einem folgenden weite-ren Sorptionsschritt durch konkurrierende Sorptionseffektemobilisiert und freigesetzt werden.

Sorption reversibility of organic contaminantsin activated carbon, charcoal and Zeolite Y-200

Abstract Numerous studies have shown that sorption oforganic contaminants in soils is dominated by the naturalorganic carbon content (Corg) of the soil. However, it isstill under discussion whether sorption processes are fullyreversible or whether an irreversibly sorbed contaminantfraction remains in the soil. This is especially importantwhen considering soil remediation measures and its targets.In multi-stage sorption-desorption batch experiments withTCE, PCE, ortho-xylene and para-xylene and with the sor-bents activated carbon, charcoal and a hydrophobic zeoliteY-200, the reversibility of sorption was studied. It could beshown that the structural features of the sorbents are of am-ple importance for the occurrence of a desorption-resistantfraction. While sorption was mainly reversible for the micro-porous zeolite Y-200 with a rigid pore network, charcoal andthe activated carbon showed significant desorption hystere-sis. However, following a subsequent sorption step, this frac-tion eventually desorbs and is re-mobilized.

Keywords Sorption reversibility · Microporous sorbents ·Organic contaminants · Hysteresis

Einleitung

Die Sorption von organischen Schadstoffen an kohlenstoff-haltigen Partikeln in Sedimenten ist der wichtigste abio-tische Prozess, der die Mobilität der Schadstoffe im Un-tergrund beeinflusst. Bei hoher Sorptionsneigung werden

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Transportprozesse stark retardiert und es kommt zu einerAnreicherung der Schadstoffe an der Festphase. Bei Nach-lassen der Quellstärke oder bei der Einleitung von Sanie-rungsmaßnahmen mit resultierend zurückgehenden Konzen-trationen in der wässrigen Phase kommt es jedoch zu einerDesorption der Schadstoffe, die in der Regel diffusionslimi-tiert ist. Diese Prozesse sind mittlerweile gut verstanden, sielassen sich modellieren und werden in reaktive Transport-modelle eingebaut (Ball & Roberts 1991, Grathwohl 1998,Allen-King et al. 2002). Kontrovers wird jedoch disku-tiert, ob Sorptionsprozesse vollständig reversibel sind (z.B.Kleineidam et al. 2004, Wang et al. 2007) oder ob es Hys-terese bei der Desorption, bzw. eine irreversibel sorbier-te Schadstofffraktion gibt, wie in zahlreichen Publikatio-nen berichtet (z.B. Huang et al. 1998, Braida et al. 2003,Ran et al. 2003). Diese Fraktion würde im Sorbenten ver-bleiben und somit auch bei hydraulischen Sanierungsmaß-nahmen nicht über die wässrige Phase entfernt werden kön-nen. Diese Fragestellung ist von großer Relevanz, etwa fürdie Definition von Sanierungszielen für Schadstoffgehalteim Boden.

Es wurden unterschiedlichste Konzepte zur Erklärungvon desorptionsresistenten Schadstofffraktionen entwickelt,etwa Porendeformationsprozesse (Kan et al. 1997, Lu & Pi-gnatello 2002), bei denen sorbierende Moleküle eine Auf-weitung von Poren verursachen. Dieses Konzept wurde auchvon Braida et al. (2003) beschrieben, die bei Sorption vonBenzol auf Aktivkohle ein Quellen des Sorbenten postulier-ten. Bei der Desorption tritt ein gegenteiliger Effekt auf, wo-durch Moleküle im Sorbenten eingeschlossen werden undnicht mehr desorbieren. Sie beobachteten jedoch eine Ab-nahme der Hysterese mit zunehmender Konzentration, wo-bei intuitiv eher der gegenteilige Effekt zu erwarten wäre.Jonker & Koelmans (2002) erklären die unterschiedliche Ef-fektivität von Lösemitteln zur Extraktion von PAK in Bödenebenfalls mit einem Quellen des Sorbenten.

Ebenso wurden unterschiedliche experimentelle Ansätzevorgestellt, um die Ermittlung einer irreversibel sorbiertenSchadstofffraktion zu ermöglichen. In der Regel werden da-bei Sorptionsversuche durchgeführt, die von Desorptions-versuchen gefolgt werden. Durch Bilanzierung der sorbier-ten bzw. desorbierten Massen wird dann eine etwaige irre-versible Fraktion abgeleitet. Hauptproblem dieses Ansatzesist es, dass desorbierende Schadstoffe über lange Zeiten prä-zise quantifiziert werden müssen. Das ist insbesondere beiweit fortgeschrittener Desorption problematisch, da dannsehr geringe Schadstoffmengen desorbieren. Die Ermittlungvon potenziell irreversibel sorbierten geringen Schadstoff-mengen ist dann mit sehr großen Fehlern behaftet und expe-rimentelle Artefakte können signifikante Fehler verursachen(Huang et al. 1998).

Um etwa experimentelle Artefakte durch wiederholtesÖffnen und Schließen von Reaktionsgefäßen zu minimie-ren wurden Sorptions- und Desorptionsprozesse allein durch

Temperaturänderungen initiiert. Wang et al. (2007) undWang & Grathwohl (2009) konnten so keine signifikan-te Hysterese für die Desorption von Phenanthren von un-terschiedlichen kohligen Sorbenten nachweisen. Sander &Pignatello (2005) führten Sorptions- und Equilibrierungs-versuche mit Naphthalin und C14-markiertem Naphthalindurch und schlussfolgerten, dass Deformationsprozesse desorganischen Materials nur eine untergeordnete Rolle bei derDesorptionshysterese spielen.

Wir stellen im Folgenden einen einfachen experimentel-len Ansatz vor, mit dem eine Untersuchung und gegebenen-falls Quantifizierung von Desorptionshysterese ermöglichtwird. Dazu werden mehrstufige Sorptions- und Desorpti-onsversuche durchgeführt, bei denen jeweils Paare ähnlicherorganischer Schadstoffe eingesetzt werden. Durch Einsatzunterschiedlicher Sorbenten können wir zeigen, dass unterden gegebenen experimentellen Bedingungen Sorptionshys-terese oder zumindest eine stark verzögerte Desorption, ins-besondere bei mikroporösen kohligen Sorbenten auftretenkann.

Materialien und Methoden

Materialien

In den Versuchen wurden drei unterschiedliche Sorben-ten eingesetzt, eine Aktivkohle (Chemviron F-100), ei-ne kommerzielle Holzkohle (Sommerhit), sowie ein syn-thetischer Y-Zeolith mit einem Silizium-zu-Aluminium-Verhältnis (Si/Al-Verhältnis) von 200 und Porendurchmes-sern von 0,74 nm (Degussa Y-200). Zeolithe mit hohenSi/Al-Verhältnissen sind hydrophob und weisen deshalb ei-ne hohe Affinität zu unpolaren Molekülen auf, währendZeolithe mit niedrigen Si/Al-Verhältnissen hydrophil sind.Die Grenze zwischen eher hydrophilem Verhalten zu eherhydrophobem Verhalten liegt bei einem Si/Al-Verhältnisvon 7–10 (Flanigen 1985). Alle Sorbenten wurden in einerPlanetenmühle pulverisiert um ein schnelles Einstellen vonSorptionsgleichgewichten zu erreichen.

Die Versuche wurden mit zwei Paaren organischer Schad-stoffe durchgeführt, einem aliphatischem Paar (Trichlore-thylen (TCE) und Perchlorethylen (PCE)) sowie einem aro-matischem Paar (ortho-Xylol und para-Xylol). Es wurdenkonzentrierte Stammlösungen in Methanol hergestellt undden Proben in entsprechender Menge zugegeben. Die resul-tierenden Methanolkonzentrationen in der wässrigen Phasewaren dabei in jedem Fall kleiner als 0,5 %, eine Konzen-tration bei der kein Einfluss des Methanols auf das Sorpti-onsverhalten angenommen werden muss (Nkedi-Kizza et al.1987).

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Versuchsaufbau

Es wurden Batch-Sorptionsversuche im Dreifachansatz in22 ml-Glasgefäßen mit Bördelrand angesetzt und in vierSchritten durchgeführt: (i) Sorption einer Verbindung aufeinem Sorbenten zur Ermittlung der Sorptionsisotherme,(ii) Desorption dieser Verbindung, (iii) Sorption einer zwei-ten Verbindung und (iv) finale Extraktion des Sorbenten. Zu-sätzlich wurden Sorptionsisothermen mit beiden Verbindun-gen eines Paares aufgenommen.

(i) Für den ersten Sorptionsschritt wurden den Glasge-fäßen 20 ml deionisiertes Wasser und unterschiedli-che Mengen der pulverisierten Sorbenten zugegeben(weniger als 100 mg), wobei in den Gefäßen eineGasphase von etwa 2 ml verblieb. Die Zielverbindun-gen wurden zugegeben und die Gefäße mit Bördelkap-pen mit PTFE beschichteten Butylgummisepten ver-schlossen. Referenzproben ohne Sorbent wurden iden-tisch angesetzt. Die Proben wurden bei Raumtempe-ratur (20 °C ± 2 °C) gelagert und regelmäßig auf-geschüttelt. Nach 7 Tagen wurden die Proben analy-siert, ein Zeitraum der bei pulverisierten Proben ausrei-chend zur Gleichgewichtseinstellung ist (Kleineidamet al. 1999). Die Konzentrationen der organischen Ver-bindung in der wässrigen Phase wurden durch Analyseder Gasphase in den Gefäßen ermittelt. Dazu wurden200 µl Gasphase in einen Agilent GC (Modell 6890)mit ECD und FID injiziert. Die Konzentrationen in derwässrigen Phase wurden dann basierend auf identischangesetzten Standards und unter Berücksichtigung derStoffmenge in der Gasphase ermittelt. Feststoffkonzen-trationen wurden basierend auf den Konzentrationen inder wässrigen Phase mithilfe der Referenzproben be-rechnet. Maximale Abweichungen zwischen den frischangesetzten Standards und den 7 Tage gelagerten Refe-renzproben betrugen ±5 %, sodass Systemverluste inder kurzen Sorptionsphase vernachlässigbar sind.

(ii) Für den folgenden Desorptionsschritt wurden die Glas-gefäße geöffnet und auf einem Sandbad gelagert, wel-ches auf 40 °C aufgeheizt war. Um die Desorptionzu beschleunigen wurde zusätzlich Stickstoff mittelsStahlkapillaren durch das Wasser geperlt. Nach zweiWochen wurden die Gläschen wieder verschlossen unddie Konzentration der Stoffe in der Gasphase nach 1bis 3 Tagen gemessen. Wurden noch Konzentrationenoberhalb der Nachweisgrenze detektiert, wurden dieGläschen wieder auf dem Sandbad gelagert und ge-spült und nach zwei Wochen erneut gemessen. Daswurde so lange fortgesetzt bis die ECD-bzw. FID-Nachweisgrenze (ECD, Split 1:10; 0,1 µg/l für PCEund 0,5 µg/l für TCE; FID, Split 1:3; 10 µg/l für ortho-Xylol und para-Xylol; jeweils bezogen auf die Konzen-tration in der wässrigen Phase) erreicht war (maximal3 Monate).

(iii) Vor Aufnahme der zweiten Sorptionsisotherme wurdedas bei der Desorption verdampfte Wasser wieder auf20 ml aufgefüllt, der komplementäre Stoff hinzugege-ben und die Gläschen verdeckelt. Nach 7 Tagen wur-de dann die Konzentration des initial hinzugegebenenStoffes sowie der komplementären Verbindung durchAnalyse der Gasphase bestimmt.

(iv) Im letzten Schritt wurden die Gläschen geöffnet, diewässrige Phase möglichst vollständig abgezogen, 5 mlMethanol zugegeben und wieder verdeckelt. Nach La-gerung der Gläschen im Sandbad für 4 Wochen bei40 °C wurden die Gläschen erneut geöffnet, die Kon-zentration der Verbindungen im Methanol bestimmtund damit die final desorbierten Stoffmengen errech-net.

Datenauswertung

Im einfachsten Fall ist die Gleichgewichtskonzentration ei-nes Stoffes in der Festphase CS [mg kg−1] direkt proportio-nal zur Gleichgewichtskonzentration in der flüssigen PhaseCW [mg l−1]:

CS = KdCW[1]

wobei Kd [l kg−1] der Verteilungskoeffizient ist. Im Fal-le nichtlinearer Isothermen wird häufig das empirischeFreundlich-Modell angewendet, welche die Abhängigkeitdes Kd von der Konzentration in der wässrigen Phase be-rücksichtigt:

CS = KFrCnW[2]

wobei KFr [l kg−1] [mg kg−1: (mg l−1)n] und n [–] derFreundlich-Sorptionskoeffizient, bzw. der Freundlich-Expo-nent sind. Es wurden zahlreiche weitere Isothermenmo-delle vorgestellt und angewendet, die für die hier unter-suchten Sorbenten aus mechanistischer Sicht relevant sind,etwa aus der Polanyi-Potenzial-Theorie abgeleitete Poren-füllungsmodelle (Allen-King et al. 2002). Diese sind jedochim hier dargestellten Kontext nicht erforderlich.

Ergebnisse

In Abbildung 1 sind die Isothermen von TCE, PCE, o-Xylolund p-Xylol auf den drei Sorbenten dargestellt. Alle Da-ten wurden mit dem Freundlich-Modell gefittet, wobei derbetrachtete Konzentrationsbereich in der Regel maximaleKonzentrationen von 50 % der Wasserlöslichkeit der Verbin-dungen nicht überschritt. Insbesondere nahe der Wasserlös-lichkeiten steigt die Nichtlinearität von Isothermen für porö-se Sorbenten deutlich an, da die maximal sorbierbare Stoff-menge, die eine Funktion des Porenvolumens ist, erreichtwird.

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Abb. 1 Sorptionsisothermen von TCE, PCE, o-Xylol und p-Xylol aufAktivkohle, Holzkohle und Zeolith Y-200

Die zugehörigen Freundlich-Sorptionsparameter findensich in Tabelle 1. Generell wurde die höchste Sorption fürdie Aktivkohle gefunden. Der Freundlich-Exponent (n) alsMaß für die Nichtlinearität der Isothermen lag sowohl fürdie Holzkohle als auch für die Aktivkohle in allen Fäl-len deutlich unter 0,5. Die Isothermen für den Zeolith Y-200 zeigen einen starken Anstieg bei geringen Konzentra-tionen in der wässrigen Phase und weisen damit Freund-

Abb. 2 Vergleich der ersten Sorptionsisotherme (volle Symbole) mitder zweiten Sorptionsisotherme nach Desorption (offene Symbole) vonPCE (oben) und o-Xylol (unten) auf Aktivkohle (Kreise), Holzkohle(Dreiecke) und Zeolith Y-200 (Quadrate)

lich-Exponenten deutlich größer als 1 auf. Die Freundlich-Sorptionskoeffizienten und -Exponenten für TCE auf Aktiv-kohle und Holzkohle sind vergleichbar mit den von Kleinei-dam et al. (2002) berichteten, die mit gleichem Material un-ter anderem auch mit TCE Sorptionsisothermen aufgenom-men haben.

Alle Proben wurden anschließend geöffnet und im Sand-bad bei 40 °C unterstützt von eingeblasenem Stickstoff biszur Nachweisgrenze desorbiert (siehe Materialien und Me-thoden). Dann wurde die jeweilige komplementäre Substanzzugegeben, die Gefäße wieder verdeckelt und eine zweiteIsotherme aufgenommen, wobei die Reihenfolge der Iso-thermenpunkte eingehalten wurde. Diese Isothermen waren,im Rahmen der Messfehler, für den Zeolith Y-200 identischmit den Isothermen bei denen die entsprechende Verbindungals erstes eingesetzt wurde. Für die Aktivkohle, und insbe-sondere für die Holzkohle, lagen die Isothermen leicht un-terhalb der Referenzsiothermen, zeigen also etwas geringereSorption an (Tab. 1). Abbildung 2 zeigt dies exemplarischfür PCE und o-Xylol und alle drei Sorbenten.

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Tab. 1 Ergebnisse der mehrstufigen Batch-Versuche. (i) Sorption ei-ner Verbindung (Sorptiv 1) auf einem Sorbenten, (ii) nach Desorp-tion von Sorptiv 1 Sorption einer zweiten Verbindung (Sorptiv 2),(iii) desorbierte Masse des Sorptivs 1 und (iv) finale Extraktion des

Sorbenten mit Methanol zur Ermittlung der gesamten Masse von Sorp-tiv 1, die desorbiert wurde (in % von der im ersten Schritt sorbiertenMasse)

Sorbent Sorptiv 1 logKFr

[l kg−1]n

[–]Sorptiv 2 logKFr

[l kg−1]n

[–]Desorbierte Masse[%]Sorptiv 1

Extrahierte Masse[%]Sorptiv 1

Gesamtmasse[%]Sorptiv 1

Aktivkohle PCE 5,04 0,43 TCE 4,65 0,41 3,6 0,3 3,9

TCE 4,85 0,39 PCE 4,95 0,46 5,0 0,4 5,4

o-Xylol 5,02 0,29 p-Xylol 4,62 0,48 7,5 1,1 8,6

p-Xylol 4,91 0,39 o-Xylol 4,87 0,42 7,9 0,1 8,0

Holzkohle PCE 4,80 0,26 TCE 4,42 0,39 11,2 0,1 11,3

TCE 4,63 0,29 PCE 4,62 0,29 13,0 1,7 14,7

o-Xylol 4,70 0,22 p-Xylol 4,39 0,49 17,0 2,5 19,5

p-Xylol 4,58 0,28 o-Xylol 4,40 0,27 18,1 3,1 21,2

Y-200 PCE 3,24 1,60 TCE 2,83 1,06 < 0,1 0,2 0,2

TCE 2,75 1,15 PCE 3,32 1,56 < 0,1 0,2 0,2

o-Xylol 3,16 1,43 p-Xylol 3,01 1,31 < 0,1 0,4 0,2

p-Xylol 3,27 1,24 o-Xylol 3,21 1,51 < 0,1 0,4 0,2

Durch die Sorption der komplementären Substanz kam esinsbesondere bei der Holzkohle aber auch bei der Aktivkoh-le zu einer Freisetzung der initial sorbierten Verbindung. DieFreisetzung war generell bei den aromatischen Verbindun-gen deutlich größer als bei den aliphatischen Verbindungenund erreichte für p-Xylol rund 18 % der im ersten Sorpti-onsschritt sorbierten Masse. Auch von der Aktivkohle wur-de noch rund 8 % der initial sorbierten Xylolmengen desor-biert (Tab. 1). Je höher die Vorbeladung der Sorbenten mitdem ersten Sorptiv war, desto mehr Masse wurde im zwei-ten Sorptionsschritt desorbiert. Es gab jedoch kaum Unter-schiede in den prozentual zur Ausgangsmasse desorbiertenMassen bei allen Proben einer Isotherme, sodass die prozen-tual desorbierten Massen als Durchschnittswerte über alleIsothermenpunkte angegeben sind. Bei der anschließendenExtraktion mit Methanol wurden dann nur vergleichsweisegeringe Stoffmengen zusätzlich freigesetzt.

Für den Zeolith Y-200 konnte bei Sorption des zweitenSorptivs keine Freisetzung des ersten Sorptivs oberhalb derNachweisgrenze beobachtet werden. Auch die anschließen-de Methanolextraktion ebrachte nur geringe Ausbeuten vonmaximal 0,4 % der initial sorbierten Massen.

Schlussfolgerungen

In den mehrstufigen Batch Sorptions-Desorptionsversuchenkonnte gezeigt werden, dass eine signifikante Sorptionshys-terese, oder aber zumindest eine sehr langsame Freisetzungvon sorbierten organischen Schadstoffen, bei kohligen Sor-benten beachtet werden muss. Insbesondere für die Holz-kohle und aromatische Verbindungen wurden rund 20 % der

initial sorbierten Schadstoffe bei der Desorption nicht mehrin signifikanten Raten freigesetzt. Bei einer nachfolgendenerneuten Beladung des Sorbenten wird jedoch diese Frak-tion spontan desorbiert, wobei eine Verdrängung durch dashöher konzentrierte zweite Sorptiv im Sinne eines konkur-rierenden Effekts angenommen wird. Das für Holzkohle be-schriebene Konzept eines physikalischen Einschlusses vonMolekülen durch Umstrukturierung der Holzkohle bei derDesorption (Braida et al. 2003) ist durch die hier vorgestell-ten Untersuchungen weder zu verifizieren noch auszuschlie-ßen. Es sollte jedoch beachtet werden, dass selbst bei sehrgeringen Beladungen der Holzkohle und deshalb vermutlichkeinen signifikanten Quelleffekten eine prozentual gleicheMenge resistent für eine Desorption ist wie bei hohen Kon-zentrationen.

Für den Zeolith Y-200 wurden keine Hinweise auf ei-ne Sorptionshysterese gefunden. Es kann angenommen wer-den, dass die rigide und wohl definierte Struktur des Poren-systems hier eine unbehinderte Desorption erlaubt.

Insgesamt kann geschlossen werden, dass zumindest indiesen Versuchen eine desorptionsresistente Schadstofffrak-tion nicht gleichzusetzen ist mit einer ultimativen Schad-stoffsenke. Vielmehr ist bei einer Neubeladung des Sor-benten mit einer Schadstofffreisetzung durch konkurrieren-de Sorptionseffekte zu rechnen. Dieser Effekt kann durch-aus Implikationen für reale kontaminierte Standorte haben,wenn etwa durch aktive Sanierungsmaßnahmen eine Ver-schleppung von Schadstofffahnen in bereits erschöpfend sa-nierte Teilbereiche erfolgt.

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