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Rechtsprechung bbl 2008, Heft 6 Dezember 225 © Springer-Verlag 2008 gibt der Bf nicht zu erkennen, vielmehr geht die Ten- denz seines Vorbringens dahin, es sei unteilbar, es müs- se geradezu zwingend alles bewilligt werden. Vor die- sem Hintergrund teilt der VwGH die Beurteilung der bel Beh, dass „Sache“ des Berufungsverfahrens wegen der rechtlichen Unteilbarkeit des Vorhabens, also un- geachtet der Formulierung der Berufung, das gesamte Vorhaben war und die in erster Instanz erteilte Bewil- ligung nicht in Teilrechtskraſt erwachsen konnte. Da das Vorhaben, wie dargelegt, als solches jedenfalls we- gen seiner höhenmäßigen Entwicklung als solches nicht bewilligungsfähig war, wurde der Antrag zu Recht ab- gewiesen. (Abweisung) Mangelnde Verständigung der Nachbarn über die mündliche Verhandlung; Rechtsfolgenhinweise; Prä- klusion; behördliche Manuduktionspflichten DOI 10.1007/s00738-008-0530-z § 25 Abs 3 tir BauO 2001; §§ 10, 42 Abs 1 und 2, 66 AVG Wird nach Zurückverweisung eines Baugesuches an die erste Instanz ein neues Baugesuch einge- bracht, handelt es sich um ein „neues“ Baubewil- ligungsverfahren. Die im früheren Baubewilligungsverfahren er- hobenen Nachbareinwendungen gelten in einem neuen Baubewilligungsverfahren nicht automa- tisch fort. Erscheint ein Nachbar zur mündlichen Verhand- lung, ohne dass er rechtzeitig eine Verständigung mit dem Hinweis auf die Rechtsfolgen der Präklu- sion erhalten hat (hier: wegen Verständigung des im neunen Baubewilligungsverfahren nicht mehr bevollmächtigten Parteienvertreters), ist die Be- hörde verpflichtet, ihn in der mündlichen Verhand- lung darüber zu belehren, dass er zur Wahrung seiner nachbarlichen Interessen Einwendungen gegen das Vorhaben erheben müsse. VwGH 9.9.2008, 2008/06/0089 <199> Aus der Begründung: Da es sich hier formell um ein neues Verfahren handelte, hatte dies zur Folge, dass die Beh nicht davon ausgehen konnte, die im früheren Verfahren vom Bf seinen Rechtsfreund erteilte Voll- macht gelte auch – sozusagen „automatisch“ – für das nunmehrige, neue Verfahren. Dies tri nämlich nicht zu, weil sich eine Bevollmächtigung auf das jeweilige Verfahren bezieht, in dem der Bevollmächtigte der Hinweis auf eine solche Vollmacht eingeschritten ist (s die umfangreiche Jud in Walter/ienel, aaO, E 115 ff zu § 10 AVG). Erhebungen, die ergeben hätten, dass der Rechtsfreund des Bf auch im nunmehrigen, neuen Bauverfahren vertrete, werden jedenfalls nicht behaup- tet und sind den Akten auch nicht zu entnehmen. Das bedeutet, dass die Kundmachung/Ladung zur Bauver- handlung dem Bf persönlich zuzustellen gewesen wäre und nicht an den Rechtsanwalt, der ihn im früheren Verfahren vertreten hatte. Der Bf hat zwar offensicht- lich irgendwie von der Verhandlung erfahren, weil er daran teilgenommen hat, nur ist den Akten nicht zu entnehmen, dass er rechtzeitig vor der Verhandlung iSd § 42 Abs 2 AVG eine Verständigung mit den Hin- weis auf die Rechtsfolgen des Abs 1 leg cit erhalten hätte. Richtig ist die Auffassung der bel Beh, dass der Bf in der Bauverhandlung v 24.8.2007 keine Einwendung iSd taxativen Kataloges des § 25 Abs 3 TBO 2001 erhoben hat, sodass er mit diesem Vorbringen die Parteistellung nicht behalten hätte. Da es sich, wie dargelegt, um ein neues Bauverfahren handelt, gelten Einwendungen, die in früheren Verfahren erhoben wurden, nicht allein deshalb auch schon als im nunmehrigen Verfahren er- hoben. Vielmehr bedarf es neuerlicher Einwendungen (oder zumindest eines ausreichend klaren Vorbringens, dass die früheren Einwendungen aufrechterhalten wer- den). Sofern Präklusion nicht anzunehmen sein sollte (was sich, wie gesagt, nicht ergeben hat), wäre das Vor- bringen im Berufungsverfahren allerdings auslegungs- bedürſtig, und es wäre erforderlichenfalls auf eine Klar- stellung zu dringen. Hatte der in der Bauverhandlung unvertretene Bf nicht iSd § 42 Abs 2 AVG rechtzeitig vor der Verhand- lung eine Verständigung mit dem Hinweis auf die Rechtsfolgen des Abs 1 leg cit erhalten, war die Beh ver- pflichtet, ihn in der Verhandlung darüber zu belehren, dass er zur Wahrung seiner nachbarlichen Interessen Einwendungen gegen das Vorhaben erheben müsse. Die Manuduktionspflicht der Beh geht aber nicht so weit, dass eine Partei zur inhaltlichen Ausgestaltung von Ein- wendungen angeleitet werden müsste, auch nicht dahin, sie zu weiteren Einwendungen anzuleiten (s dazu die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Ver- waltungsverfahrens 6 , in E 3d, 6a und 7 bis 9b zu § 13 a AVG wiedergegebene hg Jud). (Auebung) Unzulässige (Wieder-)Errichtung einer umgestürzten Werbetafel; baupolizeilicher Beseitigungsauftrag DOI 10.1007/s00738-008-0531-y §§ 20 Abs 3, 41 Abs 3 stmk BauG 1995 Für die von der früheren Situierung (hier: um ca 50 cm) abweichende Wiedererrichtung einer um- gestürzten Werbetafel besteht kein baurechtli- cher Konsens. VwGH 9.9.2008, 2008/06/0118 <200>

Unzulässige (Wieder-)Errichtung einer umgestürzten Werbetafel; baupolizeilicher Beseitigungsauftrag

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Rechtsprechungbbl2008, Heft 6Dezember 225

© Springer-Verlag 2008

gibt der Bf nicht zu erkennen, vielmehr geht die Ten-denz seines Vorbringens dahin, es sei unteilbar, es müs-se geradezu zwingend alles bewilligt werden. Vor die-sem Hintergrund teilt der VwGH die Beurteilung der bel Beh, dass „Sache“ des Berufungsverfahrens wegen der rechtlichen Unteilbarkeit des Vorhabens, also un-geachtet der Formulierung der Berufung, das gesamte Vorhaben war und die in erster Instanz erteilte Bewil-ligung nicht in Teilrechtskraft erwachsen konnte. Da das Vorhaben, wie dargelegt, als solches jedenfalls we-gen seiner höhenmäßigen Entwicklung als solches nicht bewilligungsfähig war, wurde der Antrag zu Recht ab-gewiesen. (Abweisung)

Mangelnde Verständigung der Nachbarn über die mündliche Verhandlung; Rechtsfolgenhinweise; Prä-klusion; behördliche Manuduktionspflichten

DOI 10.1007/s00738-008-0530-z

§ 25 Abs 3 tir BauO 2001; §§ 10, 42 Abs 1 und 2, 66 AVG

Wird nach Zurückverweisung eines Baugesuches an die erste Instanz ein neues Baugesuch einge-bracht, handelt es sich um ein „neues“ Baubewil-ligungsverfahren.

Die im früheren Baubewilligungsverfahren er-hobenen Nachbareinwendungen gelten in einem neuen Baubewilligungsverfahren nicht automa-tisch fort.

Erscheint ein Nachbar zur mündlichen Verhand-lung, ohne dass er rechtzeitig eine Verständigung mit dem Hinweis auf die Rechtsfolgen der Präklu-sion erhalten hat (hier: wegen Verständigung des im neunen Baubewilligungsverfahren nicht mehr bevollmächtigten Parteienvertreters), ist die Be-hörde verpflichtet, ihn in der mündlichen Verhand-lung darüber zu belehren, dass er zur Wahrung seiner nachbarlichen Interessen Einwendungen gegen das Vorhaben erheben müsse.

VwGH 9.9.2008, 2008/06/0089 <199>

Aus der Begründung: Da es sich hier formell um ein neues Verfahren handelte, hatte dies zur Folge, dass die Beh nicht davon ausgehen konnte, die im früheren Verfahren vom Bf seinen Rechtsfreund erteilte Voll-macht gelte auch – sozusagen „automatisch“ – für das nunmehrige, neue Verfahren. Dies trifft nämlich nicht zu, weil sich eine Bevollmächtigung auf das jeweilige Verfahren bezieht, in dem der Bevollmächtigte der Hinweis auf eine solche Vollmacht eingeschritten ist (s die umfangreiche Jud in Walter/Thienel, aaO, E 115 ff zu § 10 AVG). Erhebungen, die ergeben hätten, dass der Rechtsfreund des Bf auch im nunmehrigen, neuen Bauverfahren vertrete, werden jedenfalls nicht behaup-tet und sind den Akten auch nicht zu entnehmen. Das bedeutet, dass die Kundmachung/Ladung zur Bauver-handlung dem Bf persönlich zuzustellen gewesen wäre

und nicht an den Rechtsanwalt, der ihn im früheren Verfahren vertreten hatte. Der Bf hat zwar offensicht-lich irgendwie von der Verhandlung erfahren, weil er daran teilgenommen hat, nur ist den Akten nicht zu entnehmen, dass er rechtzeitig vor der Verhandlung iSd § 42 Abs 2 AVG eine Verständigung mit den Hin-weis auf die Rechtsfolgen des Abs 1 leg cit erhalten hätte.

Richtig ist die Auffassung der bel Beh, dass der Bf in der Bauverhandlung v 24.8.2007 keine Einwendung iSd taxativen Kataloges des § 25 Abs 3 TBO 2001 erhoben hat, sodass er mit diesem Vorbringen die Parteistellung nicht behalten hätte. Da es sich, wie dargelegt, um ein neues Bauverfahren handelt, gelten Einwendungen, die in früheren Verfahren erhoben wurden, nicht allein deshalb auch schon als im nunmehrigen Verfahren er-hoben. Vielmehr bedarf es neuerlicher Einwendungen (oder zumindest eines ausreichend klaren Vorbringens, dass die früheren Einwendungen aufrechterhalten wer-den). Sofern Präklusion nicht anzunehmen sein sollte (was sich, wie gesagt, nicht ergeben hat), wäre das Vor-bringen im Berufungsverfahren allerdings auslegungs-bedürftig, und es wäre erforderlichenfalls auf eine Klar-stellung zu dringen.

Hatte der in der Bauverhandlung unvertretene Bf nicht iSd § 42 Abs 2 AVG rechtzeitig vor der Verhand-lung eine Verständigung mit dem Hinweis auf die Rechtsfolgen des Abs 1 leg cit erhalten, war die Beh ver-pflichtet, ihn in der Verhandlung darüber zu belehren, dass er zur Wahrung seiner nachbarlichen Interessen Einwendungen gegen das Vorhaben erheben müsse. Die Manuduktionspflicht der Beh geht aber nicht so weit, dass eine Partei zur inhaltlichen Ausgestaltung von Ein-wendungen angeleitet werden müsste, auch nicht dahin, sie zu weiteren Einwendungen anzuleiten (s dazu die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Ver-waltungsverfahrens6, in E 3d, 6a und 7 bis 9b zu § 13 a AVG wiedergegebene hg Jud). (Aufhebung)

Unzulässige (Wieder-)Errichtung einer umgestürzten Werbetafel; baupolizeilicher Beseitigungsauftrag

DOI 10.1007/s00738-008-0531-y

§§ 20 Abs 3, 41 Abs 3 stmk BauG 1995

Für die von der früheren Situierung (hier: um ca 50 cm) abweichende Wiedererrichtung einer um-gestürzten Werbetafel besteht kein baurechtli-cher Konsens.

VwGH 9.9.2008, 2008/06/0118 <200>