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130 | Biol. Unserer Zeit | 33. Jahrgang 2003 | Nr. 2 BUCHBESPRECHUNGEN | Der Titel „Uramazonas. Fluss aus der Sahara” mag beim flüchtigen Betrach- ten dieses prächtig bebilderten Ban- des Irritation auslösen: Der Amazonas soll aus Afrika kommen? Der Hauptautor und Initiator Sepp Friedhuber sowie mehrere Kol- legen aus Biologie und Geologie/ Paläontologie lassen den Leser an ei- ner faszinierenden Expedition in die Erdgeschichte teilhaben. Sie blicken zurück in die Zeit, als Südamerika und Afrika noch Teile des Südkonti- nentes Gondwana waren und der Amazonas von Ost nach West floss. Mit seinen schätzungsweise 14.000 Kilometern Länge war der Fluss da- mals mehr als doppelt so lang wie heute. Als dieses gigantische Strom- band mit dem Aufbrechen des Süd- atlantiks vor 130 Millionen Jahren zerriss, verblieb das Quellgebiet im heutigen Tschad, und der südameri- kanische Amazonas erfuhr aufgrund der Auffaltung der Anden eine Um- kehr. Heute ist der Amazonas ein Fluss mit einem Einzugsgebiet, das fast die Größe der USA erreicht und das wasserreichste Fließgewässer der Welt. Die Autoren behandeln die The- men Amazonien, Gondwana, Urama- zonas, Ennedi-Gebirge, Tibesti und Sahara und präsentieren in den letz- ten Jahrzehnten erarbeitetes Wissen aus Geologie, Paläontologie und Bio- logie in einem packenden Erzählstil. Das „Portrait eines Flusses, der seit über 100 Millionen Jahren tot ist”, hätte kaum interessanter dargestellt werden können. Sepp Friedhuber: Uramazonas. Fluss aus der Sahara. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 2002, 184 Seiten, EUR 49,00. ISBN 3-201-01790-6. Volker Storch, Heidelberg gefährlich, Bakterien zu züchten? Solche Fragen beantwortet Bruno Kremer im klaren Deutsch eines er- fahrenen Hochschullehrers, der seine Schüler begeistern und systematisch an sein Wissensgebiet heranführen will. Jeder Organismus, jedes Objekt wird gezeigt und erklärt, die Unter- suchungs-Methoden werden vorge- stellt, weiterführende Literatur ist aufgelistet, ein genaues Register schließt den Band. Da das Buch didaktisch klar aufge- baut ist, kann man sich mit seiner Hilfe die Grundlagen der Biologie, die Zellenlehre zum Beispiel, selbst erar- beiten. Ich bin mir sicher, dass dieses Buch auch Studenten nützt, da sie derart anschaulich erworbene Kennt- nisse kaum vergessen werden. Als ich es einer Biologie-Lehrerin zeigte, hat sie aufgejubelt: ein unerschöpflicher Fundus an Ideen für praktische Übungen und Facharbeiten! Faden- heftung und solider Einband garantie- ren, dass jahrelanges Blättern den Buchrücken nicht zerbrechen lässt. Meine Empfehlung lautet: Kaufen Sie zwei! Einen Band brauchen Sie selber, den anderen schenken Sie ei- nem Freund oder, besser, der oder dem nächsten sympathischen Sech- zehnjährigen. So wirbt man wissen- schaftlichen Nachwuchs. Keine Kritik? Doch. Die Fotos sind mir einfach zu gut. Derart präch- tige Aufnahmen im differenziellen In- terferenzkontrast kriegt niemand hin, der kein Institut im Rücken hat, der- art fantastische Präparate produziert nur ein Profilabor. Wer nur über ein Kursmikroskop verfügt, wird seine Untersuchungsobjekte nie so brillant sehen. Aus didaktischen Gründen hätte ich mir ein paar mehr Illustra- tionen in schiefer Beleuchtung ge- wünscht – aber das ist Geschmacks- sache. Bruno P. Kremer: Das große Kosmos-Buch der Mikroskopie. Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH, Stuttgart 2002, 317 Seiten, EUR 39,90. ISBN 3-440-08989-4. Rainer Hendel, Uffenheim BILDBAND | Der afrikanische Amazonas MIKROSKOPIE | Die Welt unter der Lupe Wer mit dem Mikroskopieren begin- nen will und Literatur für Anfänger sucht, hat keine Probleme. Die Kata- loge der lieferba- ren Bücher prä- sentieren ihm eine ganze Menge von Titeln, die sich meist an Kin- der und Jugendli- che richten. Wer aber beim Mik- roskopieren Blut geleckt hat und mehr erfahren will, interessante Objekte finden möchte und die wichtigsten Präparations- und Färbetechniken kennenzulernen wünscht, der hat es schwer. Für anspruchsvolle Hobby- Mikroskopiker gibt es kaum aktuelle Anleitungen, und nach den guten Ein- führungen von Schlüter oder Stehli- Krauter kann man in Antiquariaten lange stöbern. Nun ist Mikroskopieren eine Tätigkeit, bei der sich Schauen, Den- ken und Handeln glücklich ergänzen. Das Ziel eines Buches für Amateure muss also sein, Neugier zu wecken, die Palette des Beobachtbaren aufzu- zeigen und dann zu erläutern, wie man die Objekte am besten in Augen- schein nimmt. Wie zum Beispiel schneidet man Laubblätter? Was gibt es an Schleimpilzen zu sehen? Ist es

Uramazonas. Fluss aus der Sahara von Sepp Friedhuber

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Page 1: Uramazonas. Fluss aus der Sahara von Sepp Friedhuber

130 | Biol. Unserer Zeit | 33. Jahrgang 2003 |Nr. 2

B U C H B E S PR EC H U N G E N |

Der Titel „Uramazonas. Fluss aus derSahara”mag beim flüchtigen Betrach-ten dieses prächtig bebilderten Ban-des Irritation auslösen: Der Amazonassoll aus Afrika kommen?

Der Hauptautor und InitiatorSepp Friedhuber sowie mehrere Kol-legen aus Biologie und Geologie/Paläontologie lassen den Leser an ei-ner faszinierenden Expedition in dieErdgeschichte teilhaben. Sie blickenzurück in die Zeit, als Südamerikaund Afrika noch Teile des Südkonti-nentes Gondwana waren und derAmazonas von Ost nach West floss.Mit seinen schätzungsweise 14.000Kilometern Länge war der Fluss da-mals mehr als doppelt so lang wieheute. Als dieses gigantische Strom-band mit dem Aufbrechen des Süd-atlantiks vor 130 Millionen Jahrenzerriss, verblieb das Quellgebiet imheutigen Tschad, und der südameri-kanische Amazonas erfuhr aufgrundder Auffaltung der Anden eine Um-kehr.

Heute ist der Amazonas ein Flussmit einem Einzugsgebiet, das fast die Größe der USA erreicht und daswasserreichste Fließgewässer derWelt.

Die Autoren behandeln die The-men Amazonien, Gondwana, Urama-zonas, Ennedi-Gebirge, Tibesti undSahara und präsentieren in den letz-ten Jahrzehnten erarbeitetes Wissenaus Geologie, Paläontologie und Bio-

logie in einem packenden Erzählstil.Das „Portrait eines Flusses, der seitüber 100 Millionen Jahren tot ist”,hätte kaum interessanter dargestelltwerden können.

Sepp Friedhuber: UUrraammaazzoonnaass. Fluss aus der Sahara. AkademischeDruck- und Verlagsanstalt, Graz2002, 184 Seiten, EUR 49,00. ISBN 3-201-01790-6.

Volker Storch, Heidelberg

gefährlich, Bakterien zu züchten?Solche Fragen beantwortet BrunoKremer im klaren Deutsch eines er-fahrenen Hochschullehrers, der seineSchüler begeistern und systematischan sein Wissensgebiet heranführenwill. Jeder Organismus, jedes Objektwird gezeigt und erklärt, die Unter-suchungs-Methoden werden vorge-stellt, weiterführende Literatur istaufgelistet, ein genaues Registerschließt den Band.

Da das Buch didaktisch klar aufge-baut ist, kann man sich mit seinerHilfe die Grundlagen der Biologie, dieZellenlehre zum Beispiel, selbst erar-beiten. Ich bin mir sicher, dass diesesBuch auch Studenten nützt, da siederart anschaulich erworbene Kennt-nisse kaum vergessen werden. Als iches einer Biologie-Lehrerin zeigte, hatsie aufgejubelt: ein unerschöpflicherFundus an Ideen für praktischeÜbungen und Facharbeiten! Faden-heftung und solider Einband garantie-ren, dass jahrelanges Blättern denBuchrücken nicht zerbrechen lässt.

Meine Empfehlung lautet: KaufenSie zwei! Einen Band brauchen Sieselber, den anderen schenken Sie ei-nem Freund oder, besser, der oderdem nächsten sympathischen Sech-zehnjährigen. So wirbt man wissen-schaftlichen Nachwuchs.

Keine Kritik? Doch. Die Fotossind mir einfach zu gut. Derart präch-tige Aufnahmen im differenziellen In-terferenzkontrast kriegt niemand hin,der kein Institut im Rücken hat, der-art fantastische Präparate produziertnur ein Profilabor. Wer nur über einKursmikroskop verfügt, wird seineUntersuchungsobjekte nie so brillantsehen. Aus didaktischen Gründenhätte ich mir ein paar mehr Illustra-tionen in schiefer Beleuchtung ge-wünscht – aber das ist Geschmacks-sache.

Bruno P. Kremer: DDaass ggrrooßßee KKoossmmooss--BBuucchh ddeerr MMiikkrroosskkooppiiee.Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH,Stuttgart 2002, 317 Seiten, EUR 39,90. ISBN 3-440-08989-4.

Rainer Hendel, Uffenheim

B I L D BA N D|Der afrikanischeAmazonas

M I K ROS KO PI E|Die Welt unter der LupeWer mit dem Mikroskopieren begin-nen will und Literatur für Anfängersucht, hat keine Probleme. Die Kata-loge der lieferba-ren Bücher prä-sentieren ihmeine ganze Mengevon Titeln, diesich meist an Kin-der und Jugendli-che richten. Weraber beim Mik-roskopieren Blut geleckt hat und mehrerfahren will, interessante Objektefinden möchte und die wichtigstenPräparations- und Färbetechnikenkennenzulernen wünscht, der hat esschwer. Für anspruchsvolle Hobby-Mikroskopiker gibt es kaum aktuelleAnleitungen, und nach den guten Ein-führungen von Schlüter oder Stehli-Krauter kann man in Antiquariatenlange stöbern.

Nun ist Mikroskopieren eineTätigkeit, bei der sich Schauen, Den-ken und Handeln glücklich ergänzen.Das Ziel eines Buches für Amateuremuss also sein, Neugier zu wecken,die Palette des Beobachtbaren aufzu-zeigen und dann zu erläutern, wieman die Objekte am besten in Augen-schein nimmt. Wie zum Beispielschneidet man Laubblätter? Was gibtes an Schleimpilzen zu sehen? Ist es