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18 SCHNELLER, HÖHER, WEITER +++ SERIE Best-Practice-Modelle, Teil 4: TSV Schott Mainz Mehr als Leichtathletik L eichtathletik in Mainz – da denkt man zuerst an den USC und Athleten wie Gui- do Kratschmer, Lars Riedel, Marion Wagner oder Carolin Hingst. Mit dem TSV Schott Mainz gibt es aber auch den mit 4.300 Mitgliedern größten Breitensportverein in Rhein- land-Pfalz. Ein besonderes Augenmerk gilt der sportlichen Ausbildung und Ent- wicklung von über 2.000 Kindern und Jugendlichen. Im Mittelpunkt steht dabei eine Kindersport-Akademie (KSA) mit ganzheitlicher Bewe- gungsförderung für Kinder ab drei Jahren über Sportarten hinweg. Ge- rade auch die Leichtathletik hat so in den vergangenen drei Jahren einen enormen Aufschwung erlebt: Die Zahl aktiver Leichtathleten stieg in drei Jahren auf 375 Athleten, der TSV Schott Mainz avancierte in dieser Zeit zu einem erfolgreichen Verein in Rheinland-Pfalz. „Unser Modell mit der Kinder- sport-Akademie ist zwar noch sehr jung, es trägt aber bereits erstaun- liche Früchte“, sagt Matthias Ströher, der seit 2011 hauptamtlich die Struk- turen des Vereins zeitgemäß geord- net hat und mit seinen Mitarbeitern ein ganz neues Klima im Verein ent- wickeln konnte. „Gemeinsame Per- spektiven erarbeiten und Atmosphä- re schaffen“, heißt die Devise im 25 Abteilungen umfassenden Verein. Dazu gehört ein nicht am Kon- kurrenzgedanken zwischen den Sport- arten orientiertes Konzept bei der Nachwuchsgewinnung. Nach einer allgemeinen Grundlagenausbildung wird eine langfristige sportliche Per- spektive aufgezeigt. Dazu gehört dann auch, dass die Kids in wettkampfori- entierte Schüler- und Jugendgruppen wechseln, wo sie sich auf die Leicht- athletik konzentrieren. Dieses durch- gängige Sportkonzept zeigt deutliche Wirkungen: Die Mitgliederzahl des Gesamtvereins stieg in vier Jahren um 2.000 auf 4.300 Mitglieder. Wesentlicher Hintergrund ist die Firmenideologie des Förde- rers Schott-AG, wonach zufriedene Mitarbeiter auch ein gutes Umfeld brauchen, in dem Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit eine wichtige Rolle spielt. Für die Leicht- athleten ergab sich dadurch eine ra- sante sportliche Entwicklung. Hatte der TSV Schott Mainz 2008 gerade ein Dutzend Wettkampf-Athleten, Wie werden Talente gegen Zeitgeist und Sportartenkon- kurrenz für die Leichtathletik begeistert? Wie vermittelt man Leichtathletik alters- und kindgemäß? Wie können Minderheiten integriert wer- den? Antworten auf diese Fragen geben Initiativen, die beim Kongress „Pädagogische Offensive in der Leichtathletik“ ausgezeichnet wurden. Leichtathletik stellt in einer Serie neun Siegermodelle vor. Beim TSV Schott Mainz machen Kinder ab drei Jahren einfach Sport – zunächst ohne Festlegung auf eine Sportart. Danach werden viele zu begeisterten Leichtathleten, auch dank des Teamgeistes, den sie bei Staffelerfolgen erleben Foto: Verein USA Gainesville (6.4.) – Florida Relays Hoffa über der 21-Meter-Marke Der erste 21-Meter-Stoß des Jahres geht auf das Konto von Reese Hoffa (USA): Der Olympia-Dritte gewann am Samstag bei den Florida Relays in Gainesville den Kugel- stoß-Wettbewerb mit 21,33 Metern. Zahl- reiche weitere Athleten schoben sich beim Saison-Auftakt in eine gute Ausgangspositi- on für den weiteren Saisonverlauf. Die 20 Jahre alte US-Amerikanerin Octavi- ous Freeman hatte gleich doppelt Grund zur Freude: Über 100 Meter steigerte sie sich auf 11,02 Sekunden – so schnell war in diesem Jahr noch keine Sprinterin. Auch über 200 Meter war sie nicht zu bremsen und holte sich in 22,85 Sekunden vor ih- rer Landsfrau Natasha Hastings (22,89 sec) den Sieg. Johnny Dutch (USA) zauberte über 400 Meter Hürden in 49,09 Sekunden die bisher schnellste Zeit des Jahres auf die Bahn. Auch die Hürdensprints waren von den Lokalmatadoren dominiert. Nia Ali setzte sich in 12,75 sec gegen Yvette Le- wis (12,84 sec) durch, allerdings schob der Wind etwas zu stark von hinten (2,2 m/s). Über 110 Meter Hürden hatte David Oliver (13,48 sec) die Nase vorn vor Jeff Porter (13,50 sec). Im 800-Meter-Wettbewerb rannte Agata Strausa (LAC Quelle Fürth) in 2:06,62 Minuten auf Rang fünf. Vierte im Stabhochsprung der Frauen wurde Mar- tina Schultze (VfL Sindelfingen). Für die 4,45-Meter-Springerin war dieses Mal al- lerdings schon nach übersprungenen 4,00 Metern Schluss.. sb Santa Barbara (7.4.) – Meeting Eaton in starker Frühform Zehnkampf-Weltrekordler Ashton Eaton (USA) ist schon in guter Form. Beim Mee- ting in Santa Barbara stellte er über die Stadionrunde eine neue Bestzeit auf. Der Olympiasieger lief die 400 Meter in 45,64 Sekunden und verbesserte damit seine vor einem Jahr an gleicher Stelle aufgestellte Hausmarke (45,68 Sekunden). Auch die weiteren Ergebnisse waren ordentlich: Im Kugelstoßen schaffte er 15,02 Meter, über 110 Meter Hürden wurde er in 13,64 Se- kunden gestoppt und der Diskus landete bei 45,27 Metern. eme/aj Santa Barbara (7.4.) – Meeting Stewart läuft 51,83 Sekunden Kerron Stewart (Jamaika), Olympiazweite mit der 4x100-Meter-Staffel, hat über 400 Meter mit 51,83 Sekunden eine neue Best- zeit aufgestellt. Mit dieser Zeit gewann sie am Samstag das Meeting in Auburn (USA) vor Monica Hargrove (USA). Manteo Mit- chell (USA), der in London mit der 400-Me- ter-Staffel Silber gewonnen hatte, siegte über 200 Meter in 20,72 Sekunden. eme/aj Auburn (6.4.) – Tiger Track Classics Töpfer mit Hindernis-Bestzeit Zweiter Wettkampf, zweite Bestzeit der Saison: Hindernisläufer Jannis Töpfer (TV Wattenscheid 01), der in den USA Luft- und Raumfahrttechnik studiert, steigerte sich über 3.000 Meter Hindernis um knappe zwei Sekunden auf 8:54,48 Minuten. Damit war der Mann von der University of Illinois beim Tiger Track Classic in Auburn (Alaba- ma) nicht zu schlagen. „Jetzt geht’s zurück an die Arbeit, um noch ein paar Sekunden loszuwerden“, kündigte Töpfer an. sb schafften zahlreiche Erfolge auf Lan- des- und Bundesebene eine anzie- hende Wirkung. So holte der Verein 2012 bei den Rheinland-Pfalz-Meisterschaften zwölf Titel und 26 Medaillen – darun- ter sechs Staffel-Titel. „Teamerfolge motivieren ungemein“, sagt Matthias Ströher, „dadurch nehmen wir un- heimlich viele junge Athleten auf die Strecke zum Leistungssport mit“. Zu- dem sei pädagogisch und fachlich ori- entierter Kindersport der wichtigste Baustein für eine effektive Nach- wuchsförderung. Nicht selten verhin- dert Konkurrenz verschiedener Nach- barvereine den Austausch, was nicht selten auch den Dropout von jugend- lichen Sportlern zur Folge hat. Beim TSV bleiben Aussteiger im Verein und wechseln zu anderen Sportarten. Zahlen belegen in Mainz, wie sich die sportlichen Ziele des TSV und die Werksphilosophie von Schott auswirken. So ist die Zahl der Kin- der in der Kindersportakademie von anfangs 160 auf 300 gestiegen, 350 stehen derzeit auf einer Warteliste. Auch die Integration ganz junger Trainer hat die Zahl der Leichtathle- tik-Gruppen auf elf ansteigen lassen. Man finde einen potenten Wirt- schaftspartner, erarbeite ein durch- gängiges Sportkonzept mit einer Nachwuchs-Akademie, nehme einen Hauptamtlichen mit Leichtathletik- Begeisterung und schon wird der Auf- schwung erreicht? Das Mainzer Modell kann beispielhaft für die Leichtathle- tik-Landschaft sein. Ewald Walker

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Best-Practice-Modelle, Teil 4: TSV Schott Mainz

Mehr als Leichtathletik

Leichtathletik in Mainz – da denkt man zuerst an den USC und Athleten wie Gui-

do Kratschmer, Lars Riedel, Marion Wagner oder Carolin Hingst. Mit dem TSV Schott Mainz gibt es aber auch den mit 4.300 Mitgliedern größten Breitensportverein in Rhein-land-Pfalz.

Ein besonderes Augenmerk gilt der sportlichen Ausbildung und Ent-wicklung von über 2.000 Kindern und Jugendlichen. Im Mittelpunkt steht dabei eine Kindersport-Akademie (KSA) mit ganzheitlicher Bewe-gungsförderung für Kinder ab drei Jahren über Sportarten hinweg. Ge-rade auch die Leichtathletik hat so in den vergangenen drei Jahren einen enormen Aufschwung erlebt: Die Zahl aktiver Leichtathleten stieg in drei Jahren auf 375 Athleten, der TSV Schott Mainz avancierte in dieser

Zeit zu einem erfolgreichen Verein in Rheinland-Pfalz.

„Unser Modell mit der Kinder-sport-Akademie ist zwar noch sehr jung, es trägt aber bereits erstaun-liche Früchte“, sagt Matthias Ströher, der seit 2011 hauptamtlich die Struk-turen des Vereins zeitgemäß geord-net hat und mit seinen Mitarbeitern ein ganz neues Klima im Verein ent-wickeln konnte. „Gemeinsame Per-spektiven erarbeiten und Atmosphä-re schaffen“, heißt die Devise im 25 Abteilungen umfassenden Verein.

Dazu gehört ein nicht am Kon-kurrenzgedanken zwischen den Sport-arten orientiertes Konzept bei der Nachwuchsgewinnung. Nach einer allgemeinen Grundlagenausbildung wird eine langfristige sportliche Per-spektive aufgezeigt. Dazu gehört dann auch, dass die Kids in wettkampfori-entierte Schüler- und Jugendgruppen wechseln, wo sie sich auf die Leicht-athletik konzentrieren. Dieses durch-gängige Sportkonzept zeigt deutliche Wirkungen: Die Mitgliederzahl des Gesamtvereins stieg in vier Jahren um 2.000 auf 4.300 Mitglieder.

Wesentlicher Hintergrund ist die Firmenideologie des Förde-rers Schott-AG, wonach zufriedene Mitarbeiter auch ein gutes Umfeld brauchen, in dem Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit eine wichtige Rolle spielt. Für die Leicht-athleten ergab sich dadurch eine ra-sante sportliche Entwicklung. Hatte der TSV Schott Mainz 2008 gerade ein Dutzend Wettkampf-Athleten,

Wie werden Talente gegen Zeitgeist und Sportartenkon-kurrenz für die Leichtathletik begeistert? Wie vermittelt man Leichtathletik alters- und kindgemäß? Wie können Minderheiten integriert wer-den? Antworten auf diese Fragen geben Initiativen, die beim Kongress „Pädagogische Offensive in der Leichtathletik“ ausgezeichnet wurden. Leichtathletik stellt in einer Serie neun Siegermodelle vor.

Beim TSV Schott Mainz machen Kinder ab drei Jahren einfach Sport – zunächst ohne Festlegung auf eine Sportart. Danach werden viele zu begeisterten Leichtathleten, auch dank des Teamgeistes, den sie bei Staffelerfolgen erleben Foto: Verein

USA

Gainesville (6.4.) – Florida Relays

Hoffa über der 21-Meter-Marke Der erste 21-Meter-Stoß des Jahres geht auf das Konto von Reese Hoffa (USA): Der Olympia-Dritte gewann am Samstag bei den Florida Relays in Gainesville den Kugel-stoß-Wettbewerb mit 21,33 Metern. Zahl-reiche weitere Athleten schoben sich beim Saison-Auftakt in eine gute Ausgangspositi-on für den weiteren Saisonverlauf.Die 20 Jahre alte US-Amerikanerin Octavi-ous Freeman hatte gleich doppelt Grund zur Freude: Über 100 Meter steigerte sie sich auf 11,02 Sekunden – so schnell war in diesem Jahr noch keine Sprinterin. Auch über 200 Meter war sie nicht zu bremsen und holte sich in 22,85 Sekunden vor ih-rer Landsfrau Natasha Hastings (22,89 sec) den Sieg. Johnny Dutch (USA) zauberte über 400 Meter Hürden in 49,09 Sekunden die bisher schnellste Zeit des Jahres auf die Bahn. Auch die Hürdensprints waren von den Lokalmatadoren dominiert. Nia Ali setzte sich in 12,75 sec gegen Yvette Le-wis (12,84 sec) durch, allerdings schob der Wind etwas zu stark von hinten (2,2 m/s). Über 110 Meter Hürden hatte David Oliver (13,48 sec) die Nase vorn vor Jeff Porter (13,50 sec). Im 800-Meter-Wettbewerb rannte Agata Strausa (LAC Quelle Fürth) in 2:06,62 Minuten auf Rang fünf. Vierte im Stabhochsprung der Frauen wurde Mar-tina Schultze (VfL Sindelfingen). Für die 4,45-Meter-Springerin war dieses Mal al-lerdings schon nach übersprungenen 4,00 Metern Schluss.. sb

Santa Barbara (7.4.) – Meeting

Eaton in starker Frühform Zehnkampf-Weltrekordler Ashton Eaton (USA) ist schon in guter Form. Beim Mee-ting in Santa Barbara stellte er über die Stadionrunde eine neue Bestzeit auf. Der Olympiasieger lief die 400 Meter in 45,64 Sekunden und verbesserte damit seine vor einem Jahr an gleicher Stelle aufgestellte Hausmarke (45,68 Sekunden). Auch die weiteren Ergebnisse waren ordentlich: Im Kugelstoßen schaffte er 15,02 Meter, über 110 Meter Hürden wurde er in 13,64 Se-kunden gestoppt und der Diskus landete bei 45,27 Metern. eme/aj

Santa Barbara (7.4.) – Meeting

Stewart läuft 51,83 Sekunden Kerron Stewart (Jamaika), Olympiazweite mit der 4x100-Meter-Staffel, hat über 400 Meter mit 51,83 Sekunden eine neue Best-zeit aufgestellt. Mit dieser Zeit gewann sie am Samstag das Meeting in Auburn (USA) vor Monica Hargrove (USA). Manteo Mit-chell (USA), der in London mit der 400-Me-ter-Staffel Silber gewonnen hatte, siegte über 200 Meter in 20,72 Sekunden. eme/aj

Auburn (6.4.) – Tiger Track Classics

Töpfer mit Hindernis-Bestzeit Zweiter Wettkampf, zweite Bestzeit der Saison: Hindernisläufer Jannis Töpfer (TV Wattenscheid 01), der in den USA Luft- und Raumfahrttechnik studiert, steigerte sich über 3.000 Meter Hindernis um knappe zwei Sekunden auf 8:54,48 Minuten. Damit war der Mann von der University of Illinois beim Tiger Track Classic in Auburn (Alaba-ma) nicht zu schlagen. „Jetzt geht’s zurück an die Arbeit, um noch ein paar Sekunden loszuwerden“, kündigte Töpfer an. sb

schafften zahlreiche Erfolge auf Lan-des- und Bundesebene eine anzie-hende Wirkung.

So holte der Verein 2012 bei den Rheinland-Pfalz-Meisterschaften zwölf Titel und 26 Medaillen – darun-ter sechs Staffel-Titel. „Teamerfolge motivieren ungemein“, sagt Matthias Ströher, „dadurch nehmen wir un-heimlich viele junge Athleten auf die Strecke zum Leistungssport mit“. Zu-dem sei pädagogisch und fachlich ori-entierter Kindersport der wichtigste Baustein für eine effektive Nach-wuchsförderung. Nicht selten verhin-dert Konkurrenz verschiedener Nach-barvereine den Austausch, was nicht selten auch den Dropout von jugend-lichen Sportlern zur Folge hat. Beim TSV bleiben Aussteiger im Verein und wechseln zu anderen Sportarten.

Zahlen belegen in Mainz, wie sich die sportlichen Ziele des TSV und die Werksphilosophie von Schott auswirken. So ist die Zahl der Kin-der in der Kindersportakademie von anfangs 160 auf 300 gestiegen, 350 stehen derzeit auf einer Warteliste. Auch die Integration ganz junger Trainer hat die Zahl der Leichtathle-tik-Gruppen auf elf ansteigen lassen.

Man finde einen potenten Wirt-schaftspartner, erarbeite ein durch-gängiges Sportkonzept mit einer Nachwuchs-Akademie, nehme einen Hauptamtlichen mit Leichtathletik-Begeisterung und schon wird der Auf-schwung erreicht? Das Mainzer Modell kann beispielhaft für die Leichtathle-tik-Landschaft sein. Ewald Walker