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(Aus dem Physiologischen Institut der Universit~it Tartu-Dorpat.) Venomotorenzentrum und Venenref|exe. II. Mitteilung. Blutdruckziigler und Venenreflexe. Von Allred Fleisch. Mit 10 Textabbildungen. (Eingegange:n am 1. September 1930.) In meiner ersten Mit~eilung i wurde ausgeffihrt, wie dureh die Unter- suehungen der letzten Jahre immer mehr die Erkenntnis aufkam, dab dem Herzen bei Dosierung des Minutenvolumens nut eine sekund~re l%olle zukommt, indem das Herz immer nut so viel Blur auswerfen kann, als es vonder venSsen Seite empf~ingt. Hingegen ist die Potenz fiir Regulierung des Herzminutenvolumens dem Venensystem iiberbunden, indem dieses dureh Quersehnittver~nderung das Blutangebot zum Her- zen und da.mit die GrSge des Herzminutenvolumens bestimmt. Die Vermehrung des ven6sen Blutangebotes zum I-Ierzen kann auf zwei Wegen erfolgen: n~tmlieh dureh Vermehrung der zirkulierenden Blutmenge und dureh eine allgemeine Venenkontrak~ion, wobei wohl die Orte der Aktion versehieden, das hi~modynamisehe Resultat aber in beiden F~llen dasselbe ist. Eine Aussehiittung yon Blur aus den Depots wie der Milz oder aus den Venenplexus, in denen nur eine sehr langsame l~iiekstrSmung herrseht, fiihrt zu einer Vermehrung des Blutangebotes zum Herzen unter Anstieg des ven6sen Druekes in den zentralen Venen. Brandt 2 hat kiirzlieh gezeigt, dab beim 3~ensehen zwisehen zirkulierender Blutmenge und venSsem Druek eine enge Parallelitg~ besteht. Meeha- nisehe Einfltisse oder Pharmaea, die die zirkulierende Blutmenge ver- gr6gern, erhShen den ven6sen :Druek und umgekehrt. ])a aber alle Venen im Vergleieh zu den Arterien einen relativ sehr groBen Quersehnitt be- sitzen, so k6nnen sie bei Verengerung ohne nennenswerte Widerstands- erhShung ebenfalls das venSse Blutangebot zum tterzen erhShen. DaB das Venensystem imstande sein muB, seine Kapazit~t primer zu gndern, 1 A. Fleisch, Pfltigers Arch. 225, 26 (1930). s F. Brandt, Dtsch. reed. Wschr. 1930, 909.

Venomotorenzentrum und Venenreflexe

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(Aus dem Physiologischen Institut der Universit~it Tartu-Dorpat.)

Venomotorenzentrum und Venenref|exe.

II . Mitteilung.

Blutdruckziigler und Venenreflexe.

Von Allred Fleisch.

Mit 10 Textabbildungen.

(Eingegange:n am 1. September 1930.)

In meiner ersten Mit~eilung i wurde ausgeffihrt, wie dureh die Unter- suehungen der letzten Jahre immer mehr die Erkenntnis aufkam, dab dem Herzen bei Dosierung des Minutenvolumens nut eine sekund~re l%olle zukommt, indem das Herz immer nut so viel Blur auswerfen kann, als es v o n d e r venSsen Seite empf~ingt. Hingegen ist die Potenz fiir Regulierung des Herzminutenvolumens dem Venensystem iiberbunden, indem dieses dureh Quersehnittver~nderung das Blutangebot zum Her- zen und da.mit die GrSge des Herzminutenvolumens bestimmt.

Die Vermehrung des ven6sen Blutangebotes zum I-Ierzen kann auf zwei Wegen erfolgen: n~tmlieh dureh Vermehrung der zirkulierenden Blutmenge und dureh eine allgemeine Venenkontrak~ion, wobei wohl die Orte der Aktion versehieden, das hi~modynamisehe Resultat aber in beiden F~llen dasselbe ist. Eine Aussehiittung yon Blur aus den Depots wie der Milz oder aus den Venenplexus, in denen nur eine sehr langsame l~iiekstrSmung herrseht, fiihrt zu einer Vermehrung des Blutangebotes zum Herzen unter Anstieg des ven6sen Druekes in den zentralen Venen. B r a n d t 2 hat kiirzlieh gezeigt, dab beim 3~ensehen zwisehen zirkulierender Blutmenge und venSsem Druek eine enge Parallelitg~ besteht. Meeha- nisehe Einfltisse oder Pharmaea, die die zirkulierende Blutmenge ver- gr6gern, erhShen den ven6sen :Druek und umgekehrt. ])a aber alle Venen im Vergleieh zu den Arterien einen relativ sehr groBen Quersehnitt be- sitzen, so k6nnen sie bei Verengerung ohne nennenswerte Widerstands- erhShung ebenfalls das venSse Blutangebot zum tterzen erhShen. DaB das Venensystem imstande sein muB, seine Kapazi t~t pr imer zu gndern,

1 A. Fleisch, Pfltigers Arch. 225, 26 (1930). s F. Brandt, Dtsch. reed. Wschr. 1930, 909.

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394 A. Fleisch:

geht ~ueh aus folgenden {Jberlegungen hervor: Bei erh6hter Arbeits- leistung findeg bekanntlieh Erweiterung der Arterien, Arteriolen nnd Capillaren start, die arterielle Seite des Kreislaufes besitzt somit bei Arbeit ein gr6geres Fiillungsvolumen. ])ies ist abet nut m6glieh, wenn entweder die zirkulierende Blutmenge aus den ruhenden ])epots ver- gr6Bert wird oder wenn die Kapazitiit des Venensystems sich verringert. Bei dieser Versehiebung yon Blur yon der ven6sen auf die arterielle Seite ist das Venensystem aktiv beteiligt, was aus der gleichzeitigen Erh6hung des ven/Ssen ])ruekes zu sehlieBen ist.

])as Problem, welches gegenwgrtig yon verschiedenen Seiten experi- mentell untersueht wird, betrifft den Meehanismns, dutch welehen der Venenquersehnitt beherrseht und reguliert wird. In Frage kommen 4 M6gliehkeiten :

1. Passives Verhalten der Venen. 2. Chemisehe und hormonale Beeinflussung der Venenwand. 3. Von einem zentralen Venomotorenzentrum gestenerter Venentonus. 4. l%eflexe auf die Venen. 1. Untersuehungen yon Jar i s ch nnd L u d w i g 1 haben gezeigt, dab

Blutverlust und Fliissigkeitsinfusionen beantwortrt werden yon einer Kontraktion bzw. ])ilatation des Gefggsystems der Eingeweide. ])a aueh bei vollstgndig entnervtem ])arm die Erlolge anniihernd dieselben sind, so sprieht dieser Befund dafiir, dab aueh dutch ein rein passives VerhMten der Gefgl3e eine Anpassung des Gefiil3systems an seinen Inhalt erfolgen kann. Beim ])arm ist ein passives Verhalten um so eher m6glieh, da die regnlatorisehe Potenz im Bereieh der Lebervenen ge- niigen k6nnte, das Blur ins Pfortadergebiet zuriiekzustauen bzw. Blur ans dem Pfortadergebiet durch Verminderung des Widerstandes in der Leber in vermehrter Menge in den allgemeinen Kreislant zu bringen. Abet ein rein passives VerhMten der Venen ist nieht anzunehmen und wird aneh yon niemand befiirwortet.

2. Eine zweite M6gliehkeit ist, dab der Venentonus reguliert wird dutch direkte Wirkung yon Stoffweehselprodnkten and t tormonen auf die Venenwandnng. ])abel wurde speziell an die direkte Wirkung der Kohlensgure bzw. der C n i m Blute auf die Venenwandung gedaeht. ])ie vorhandenen Befnnde hieriiber wurden in meiner ersten Mitteilung besproehen. Wieweit wir Anhaltspunkte haben, hormonalen Einfliissen einen regulatorisehen Einflufl anf den Venentonns znzuerkennen, wird in einer sp~teren Mitteilung er/Srtert werden.

3. Zur Frage eines vort Nervenimpulsen abhgngigen Venentonus liegt bereits sehr viel experimentelIes Material vor. Naehdem Goltz sehon im Jahre 1864~ dutch einige klassisehe Versuehe am Froseh gezeigt hatte, dab den Venen ein Tonns zukommt, der ebenso wie derjenige der Ar-

1 A. Jarisch u. W. Ludwig, Arch. f. ges. Path. 11~4, 102 (1927).

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terien vom ZentrMnervensystem beherrseht wird, wurden in der Folgezeit ffir eine grol3e Reihe yon Venen die Existenz und der anatomische Verlauf yon venoconstrictorischen Nerven nachgewiesen 1.

Auch venodilat~torische Nerven sind, allerdings nur yon wenigen Autoren, gefunden worden. Donegan 2 erhielt ein einziges Mal bei mecha- nischer Reizung der ersten hinteren SakrMwurzel durch Kneifen eine Dilatation der t Iau tvenen an der unteren Extremita t . Horiuchi ~ gelang es dann einwandfrei, Venodilatatoren im N. isehiadicus nachzuweisen.

Sehr wahrseheinlich besitzen diese venomotorisehen Nerven ebenso eine zentrale I~epresentation wie die arteriomotorischen :Nerven, d .h. , dai3 sie yon einem Venomotorenzentrum aus gesteuert werden. Unter- suchungen, die die LokMisation dieses Venomotorenzentrums festlegen, sind noch n~eht vorhanden. Vermutlich ist es 5rtlich assoziiert mi t dem Arteriomotorenzentrum, wenn eine lokale ])ifferenzierung der beiden fiberhaupt vorhanden ist. Auf jeden Fall ist die funktionelle T~tigkeit yon Arterio- und Venomotorenzentrum funktionell eng assoziiert, und Jar i sch ~ nennt dementspreehend die Ti~tigkeit des Vasomotorenzent- rums eine integrative, indem nach seinen Vorstellungen es ein Zentrum ffir den Arterientonus und ffir das Minutenvolumen sein mfisse.

Ven dem supI0oniertenVenomotorenzentrum gehen offenbar dauernd Impulse zu den peripheren Venen aus. Wenn namlieh die venoconstric- torischen Nerven durchsehnitten werden (Donegan ~, Horiuchi~), so kann sieh die entsprechende Vene nach vorfibergehender Verengermlg infolge des ])urchschneidungsreizes erweitern fiber den anf~nglichen Querschnitt hinaus. Offenbar ist die Vene unter dem EinfluB der constrictorischen Nerven in einem gewissen Kontrakt ionszustand gehalten worden. I m gleichen Sinne sprechen die Venendruekmessungen an narkotisierten und zugleich curarisierten t tunden yon GoIlwitzer.MeierS. Synehron mit den Traube -Her ingschen ]31utdruekwellen, die beim Atemstillstand des Versuchstieres vorhanden sind, treten im Venensystem rhythmische ])rucksehwankungen auf, die unabhiingig yon mechanischen Einfltissen der Atmung und der I-Ierzt~itigkeit sind.

])M~ als l~eiz ffir das Venomotorenzentrum in erster Linie die Kohlen- s/iure des ]~lutes bzw. die C~I im Zentrum selbst in Frage kommt, ist wiederholt erSrtert worden und sei deshalb hier nur angedeutet.

4. ])as Versorgen der Venen mit venoeonstrictorisehen und zum Tell aueh venodilatatorischen Nerven legt die Vermutung nahe, daG ihr Tonus aueh auf reflektorisehem Wege beeinflul3t werden kann. Angaben fiber

1 _4. Fleisch, Schweiz. raed. Jb. 1931. z j . iF. Jgonegan, J. of Physiol. 55, 226 (1921). 3 K. Tloriuchi, Pfliigers Arch. 206, 473 (1924). a A. Jarisch, Wien. klin. ~Vschr. 1929, hTr 13. 5 Kl. Gollwitzer-Meier, lPfliigers Archiv 222, 245 (1929).

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396 A. Fleiseh:

die ref lektorisehe Beeinflussung des Venentonus sind gemaeht worden yon Donegan und Horiuchi. Dutch Reizung des N. i sehiadieus , also dureh in tens ive Sehmerzreize, sell der Venenquer sehn i t t ref lektor iseh bee inf lugt werden. I )a abe t speziell in den Versuehen yon Horiuchi die Zeit ffir die Ausb i ldung des Ref lexes bis zu 22 Minu ten dauer t , so dt i rf te es sieh wohl kaum um t~eflexe, sondern u m zufMlige ~ n d e r u n g e n des Venenquersehni t tes gehandel t haben. Denn die in meiner e rs ten Mi t te i lung besehr iebenen und die hier zu e r6r te rnden ]~eflexe en t s t ehen innerha lb Brueh te i l en e iner Minute. Reflexerfolge, die viele/~'[inuten zur Ausb i ldung brauehen , wurden nie beobaehte~.

Versehiedene Venenreflexe, denen zum Teil aueh physiologisehe Bedeu tung zukommen diirfte, habe ieh in meiner 1. Mi t te i lung fiber Venenref lexe besehrieben. Die verwende te Method ik bes t and in fort- laufender ]nha l t s reg i s t r i e rung eines nerv6s i n t ak t en , aber ve to Kre is - lauf i sol ier ten Stiiekes der V. femoralis . W e n n dem Versuehst ier Adrena l in in die Jugula r i s e ingespr i tz t wird, so t r i t t regelmgBig eine K o n t r a k t i o n des isol ier ten Venenstf iekes auf. D a das A d r e n a l i n wegen der verwen- de ten Versuehsanordnung n ieh t d i r ek t auf das un te rsueh te Venens t i i ek e inwirken kann, so mug die resu l t ie rende V e n e n k o n t r a k t i o n ~uf dem Reflexwege zus tande kommen. Aueh mi t anderen k re i s l au fak t iven Phar - maea , n~mlich Aee ty lehol in und Hi s t amin , konn ten reflek~orisehe Quer- s ehn i t t s ehwankungen des ve to Kre i s lauf isol ier ten Venenst i iekes er- ziel t werden. Aueh auf Reizung des N. vagus an~wortet.e das isolier~e St i iek der V. femoral is , Mlerdings n ieh t in e inhei t l ieher t~iehtung. W[ihrend der Vagusre izung yon 10--20 Sekunden Dauer wurde l l m a ] Venen- d i l a t a t i on und 15mM V e n e n k o n t r a k t i o n beobaehte t d i r ek t n~eh Auf- hSren der Vagusre izung t iberwiegen die Venend i l a t a t ionen in 15 F~l len gegeniiber 6 F~tllen Venenkon t r ak t ion .

I n der vor l iegenden Mit te i lung s ind einzelne ffir das Ausl6sen yon Venenreflexen auss iehtsre ieh erseheinende Reizqu~l i t~ ten n~her un te r - sueht worden, n~ml ieh : ~ n d e r u n g e n des Druekes im Sinus earot ieus und Be izung des Vagus-Depressors .

Methodit~. Da die Eingeweidevenen mit besonders kr/~ftiger Muskulatur versehen sind

und als gut re~ktionsf~hig gelten, so wurden diese zur Untersuehung her~ngezogen. Die friiher verwendete Net.hodik der I•haltsregistrierung eines nerv6s intakten, aber vom Kreislauf isolierten Venenst/iekes wurde fiir diesm~l verlassen, d~ es speziell Iiir die Eingeweidevenen au[~erordentlieh sehwierig ist, ein Venenstfick Mlseitig so dieht zu bekommen, dab gar kein Inh~lt ausflie~t und namentlieh, d~l? kein Blur einstr6mt. Ohne Unterbindung der neben dem zu untersuehenden u verl~ufenden Arterie ist dies wegen der direkten arterio-ven/Ssen Anastomosen nieht m6glieh, und mit der arteriellen Unterbindung ist meistens aueh die nerv6se Versorgung der Vene zerst6rt. Deshalb ~-erwendete ieh die aueh sehon ~,on anderen Autoren ~em~tzte ~.Iethode der ktinstliehen Durehstr0mung

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einer Mesenterialvene. Kleine Undichthei%n spielen dabei keine Rolte, und auch das geringe Einfliegen yon Blut in die durchstrOmte Vene sthrt ga.r nicht, sondern ist insofern noeh gfinstig, Ms dadureh die etwas kurze Zeit der Reaktionsfghigkeit des Venenstiickes verl~nger~ woird.

Im ganzen w~rden 30 Tiere, vorwiegend t~atzen und einige Hunde, verwendet, die mit Urethan und wenig Chloroform narkotisiert waren. Zum Tell wurde eine N:esenteriMvene, zum Tell die nehen dem Co/on verlaufende V. colica zur Unter- suchung herangezogen. Immer wurde ein 5--10 em ]anges Stiiek der Vene naeh Abbindung der Seitengste in der Riehtung des normalen Blutstromes kiinstlieh durehstrOmt init der yon mir angegebenen Ersatzfliissigkeit 1. Der Versuch, mit nut einer, ni~mlich der Einstrhmungskantile auszukommen und die Vene am Aus- flul3ort einfaeh anzuschneiden, ergab sehleehte t~esultate, well der hauptsV~eh- tichste Strhmungswiderstand in diesem Fatle aM der Sehnittstelle liegL, die sich verengt. Aueh L~ngsschlitzen der Vene bring~ keine Abhilfe. Wenn der Haupt- strOmungswiderstand an dieser Schnittstelle der Vene liegt, so hat dies einen doppelten Naeh~eil: 1. haben Quersehnittsehwankungen des iibrigen Venen- stiiekes nut einen geringen Einflu$ auf das Stromvolumen dutch die Vene und 2. veri~nder~ sieh die Schnitts~elle der Vene leicht spontan oder dureh geringste mechanische Einflfisse, wodurch dann die resultierenden Ver~nderungen des Stromvolumens f~lschlicherweise auf Anderungen des Venentonus bezogen werden. Deshalb ist es unumg~nglieh notwendig, aueh eine Ausflugkanfile in die Vene einzubinden. Von Wich~igkeit ist es natfirlieh, dag die Einlauf- und aueh die Ausflugkanfile m6glichst welt sind, d. h. ihr Lumen grhBer ist als das der Vene, damit der hanpts~chliehe S~r6mungswiderstand nieh~ in den Kantilen, sondern im durchstrhmtett Venenstiiek sich befindet. Da die Venen nut mit einem Druek yon 5 bis h6ehstens 15 em Wasgers/~ule durehstr0mt werden dtirfen, so bedeutet das Abknieken der Vene an den Kanfilenspitzen eine wesentliche Gefahr. Um diese mi~ Sicherheit zu vermeiden, wurde in alien ]?~llen das ganze Pr/~parat saint den beiden Kantilen und den zu- und abftihrenden Sehla.uehen auf einem Xork- brett mit S~eeknadeln fixiert. Die Lagerimg der Kanfilen mul3, um T~uschungs- resultate zu vermeiden, unbedingt eine solehe sein, daft leichtes Bewegen der Kantilen die Gr6fle des Stromvoiumens gar nieht beeinfluBt. Eine weitere wiehtige Quelle yon T~usehnngsresulta~en bildet der Darm. In einigen der ersten Ver- suehe ohne die spi~ter verwendete rigorose Teehnik erhielt ieh bei Vagusreizung regelmgBig praehtvolle reversible Venenkontrakgionen yon intensivem Ausm~B. Es stellte sieh dann aber heraus, dab gar keine Venenkontraktion vorlag, sondern dal3 die wi~hrend der Vagusreizung vers~/~rkte Peristaltik des Darmes eine Kniekung bei der Kaniilenspitze herbeiftihrte, so dab infolgedessen das Stromvolumen voriibergehend absank. Deshalb wurde immer streng darauf geaehtet, dab Darm- peristal~ik unm6glich yon meehanischem Einflul3 sein konnte. Bei Verwendung clef V. eolica wurde immer das ganze Colon re~eziert, und bei Verwend~ng einer Mesenterialvene wurde eben/alls ein Tell des Diinndarms ent/ernt und die ~brig- bleibenden Sti~mp/e so /ixiert, daft 8ie unmdglich yon mechanisehem Ein/lufi sein konnten. Arur dutch genaue Beaehtung einer peinlichen Technilc gelingt es, Prdiparate zu erhalten, die T~uschungsresultate wir~lieh ausschlie[3en. Dabei mu8 allerdings in Kauf genommen werden, dab einzelne Prgparate dann nicht mehr reaktions- f~hig sin&

Da eine Ausflul?kanfile nhtig war, whre das Registrieren der ausfliegenden Tropfen eine einfaehe Methode gewesen. Sie ist aber unzweekm~Big, da kleine, raseh verlaufende /~nderungen des Durehflul?volumens w~hrend des Versuches unbemerkt bleiben. Restlos befriedigend ist die fortlaufende I~egistrierung des

A. Fleisch, Arch. f. exper. Path. 94, 2,2 ~ (1922).

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398 A. Fleiseh:

Zuflusses mit der von mir friiher angegebenen Druckdi[[erentialstromuhrL Da dabei die GrSBe des Stromvolumens for~l~uiend direkt als Ordinate aufgesehrieben wird, so ist man w~hrend des Versuches andauernd orientiert fiber auch kleinste und ganz kurz dauernde Anderungen des S~romvolumens.

Um die pr/iparierte und ~uf ein Korkbrett fixierte Vene vor Abkfihlung zu sehfitzen, wurde diese und das geSffne~e Abdomen mit einer groflen, leiehten Gummimembran zugedeekt. Ein kontinuierlieher Sprfihregen yon k6rperwarmer l~ingerlSsung hielt die gauze Abdominalgegend des Versuehstieres dauernd auf der HShe yon 37 ~ Der abgeflossene Spriihregen wurde gesummelt und dureh einen Motor in d~s mit einem Thermoregulator versehene Vorw~rmegef~B hinauf- gepump~, so dag ein Kreislauf vorhanden war. Die mig S~uerstoff ges/~t~igte physiologisehe Ersatzfltissigkeit f~ir die kiinstliehe Durehs~rSmung der Vene war guf 37 ~ vorgew~rmg. Die Ab~ropffl~ehe des Ausflusses befgnd sieh 0--2 em ~ber der Vene. In alien Versuehen wurde auBer dem. Stromvolumen dureh die Vene noch der Blutdruek in der linken Carotis oder der reehten FemorMis registrier~.

In den Versnehen mi~ Vagusreiz waren bei der Katze der Vagus und Sympa- thieus voneinander ge~rennt..

Resultate. 1. Kohlen~iiureinhalation.

Zur Feststellung, ob die Venenpr~parate ~uf durch venoconstric- torische Nerven zugeMtete Erregungen reaktionsf~hig sind, wurden Kohlens~ureeinatmungen ~ngewendet. Wie schon Donegan ~ und Goll-

witzer-Meier und H. Bohn ~ an den Mesenteriulvenen und Fleiseh ~ ~n der Fe- moralvene nachgewiesen haben, bewirkt Kohlens~ureinhMation offenbar durch zentrMe Wirkung auf das Venomotorenzent rum eine Kon t r~k t ion der yore Kreisl~uf isolierten Vent . Diesen Befund konnte ich an den Mesenterialvenen yon H u n d und K~tze und auch ftir die V. colicu der Ka tze fast regelmi~gig best~tigen. Der constrictorische Effekt is~ manchm~l ein sehr starker, indem das St romvolumen dutch die Vene auf die H~llte und noch weniger ~bfallen k~nn. Abb. 1 zeigt den Erfolg einer Kohlens~ureinh~lation yon 6%. I n meiner 1. Mitteilung wurde festgestellt, dab die kleinste eben noeh wirksame Kohlens~uremenge 3 % betrug. Bei einem einzigen Prgloarat, ngmlieh der V. eoliea einer Katze, wurde eine noeh kleinere Reizsehwelle ge/unden, indem Einatmung yon 2% Kohlensgure noch wirksam war. Da die Volumkurve yon Abb. 2 die Tendenz zu spontanen ~nderungen hat, so ist der Kontrakt ionserfolg, der in der zweiten HMfte der Kohlens~ureeinatmung eintri~t, n icht sehr auffallend.

Die Erscheinung der Abb. 2, dug die Kohlens~ureein~tmung nicht schon in ihremBeginne, sondern erst in der zwei~enHglfte zu einer Venen- ver~nderung fiihrt, ist eine regelm~Bige Erscheinung bei kleinen Kohlen-

1 A. Fleisch, Z. alIgem. Physiol. 19, 270 (1921). J .F. Donegan, J. of Physiol. 55, 226 (192I). K1. Gollwitzer-Meier u. H. Bohn, Klin. Wschr. 1930, 872. A. Fte';sd~, Pfliigers Arch. ~5 , 26 (1930).

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Venomotorenzentrum und Venenreflexe. II. 399

s~urekonzentrationen. Je kleiner n~mlich der ProzentgehMt der einge- a tmeten Kohlensi~ure ist, umso sp~tter t r i t t der venoconstrictorische Effekt auf. In Anbetracht, dM3 sich die Venenl0r~parate infolge des Kanfileneinfiihrens, der kiinstlichen Durchstr6mung und der Resektion des Darmes in einem wesentlich alterierten Zustande befinden, ist d i e t~eaktionsf~ihigkeit doch eine erstaunliehe und deutet darauf hin, dab die physiologischen Schwankungen der Kohlenshuiespannungen im Venomotorenzentrum gentigen diirften, diese Reaktionen auszul6sen.

Abb. 1. Kt~nstliehe Dm'chstrSmung einer Mesenterialvene der Katze. Der vert ikale Abs tand zwischen der Kurve des St romvolumens F u n d der Signallirde S g ib t die Gr6~e des Stromvolumens an. P = Blutdruck in der Carotis; Almschlag nach oben = Dl~cksteigelalng. Wahrend der Unterbrechun- gen in der Signallinie a tmet das Tier ein Gemisch aus Luf t und 6proz. Kohlensi~ure. InfoIgedessen s inkt das Stronlvohlrnen um 65%, um naeh Beendigung der Kohlens~ureeinatrnung wiederum

anzustei gen.

2. Re/lexe des S inus caroticus au/ die Venen.

Die Feststellungen yon Hering 1, Koch und Heymans 2, dal3 yore Sinus caroticus eine Reihe yon bedeutsamen Kreislaufreflexen auf d~s Herz, die Arterien, die Milz, AdrenMinsekretion ausgehen, legten die Ver- mutung nahe, dM3 auch die Venen yore Sinus caroticus aus reflektorisch

1 H. E. Hering, Die C~rotissinusreflexe. Dresden 1927. 2 C. Heymans, Le sinus carotidien. LouvMn 1929.

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d~O0 A. Fleisch:

beeinflul3t werden k6nnten. Die hier gewihlte Untersuehungsmethode der kiinstlichen Durehstr6mung eines vom Kreislauf isolierten, nerv6s ~ber intakten Venensttickes sehien eine sehr geeignete Methode fiir

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Nachprtifung dieser Vermutung zu sein. In bezug auf Eindeutigkeit des experimentellen Resultates ist diese kiinstliche Durchstr6mung des isolierten Venenstiiekes ideal nnd weir iiberlegen anderen Methoden, wie der Plethysmographie yon Organen oder der Messung des ven6sen

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Druckes. Denn eine Inhaltsver~nderung eines im normalen Xreislauf sich befindenden Organs kann eine sehr vieldeutige Ursache haben, sie kann passiv oder aktiv sein, und aueh wenn sie aktiv ist, so ist die Frage immer noeh offen, ob Arterien, Capillaren oder Venen die Ursache der Inhaltssehwankungen sind.

Ahnlich komplex Iiegen die Verh~ltnisse in bezug auf die Deutung von Drneksehwankungen im Venensystem. Die kompliziertere Technik der ktinstliehen DurehstrSmung lohnt sich im Interesse der Eindeutig- keit des Versuehsresultates wohl, selbst dann, wend dureh den tiefen Eingrift und die kfinstliehen Lebensbedingungen die Pr/~parate weniger reaktionsfi~hig und einzelne aneh ganz reaktionslos werden.

Abb. 3. Kiinstliehe DttrehstrSmung der V. coliea eider Katze. Die Ordinate der F-Km've entsprieht der GrSl3e des StromvoIumens, wobei S die Nullinie des Stromvolumens und des Druckes sehreibt. P = ]31utdmek in der reehten Art. femoralis gemessen. W/ihrend der Liicke in der Signallinie S wird zuerst die eine, dann die andere Carotis abgeklemmt. Naeh eider kurzen, wahrseheinlich zu- I~illigen Dilatation zeigt die V-Xurve eine Abnahme des Stromvolumens nm 14%. Naeh ErSffnen

der beiden Caro#iden steigt das Stromvolume~ um 20%.

Abb. 3 gibt ein Versuchsresultat, wie es sehr h~iufig erhalten wurde. Wahrend der Liicke in der Signallinie S wird zuerst die eine, dann noch die andere Carotis communis abgeklemmt. Wie bekannt ist, ftihrt diese Drucksenkung im Sinus caroticus zu einem reflektorischen Anstieg des Blutdruekes (Kurve P). Gleichzeitig sinkt die Kurve des S~romvo- lumens V durch die Vene dentlich ab, was eine Verengerung der k/inst- lich durchstr6mten Vene anzeigt. Nach 0ffnen der beiden Carotiden beim Wiederauftreten der Signallinie S sinkt der Blutdruck ab, und einige Sekunden sp~tter erweitert sich die Vene wiederum.

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402 A. Fleisch :

Wenn der eine Sinus caroticus yon vornherein ausgesehaltet ist, so genfigt aueh Abklemmung der allein noch durehbluteten Carotis, um diesen Reflex auszulSsen.

In Abb. 4 wird der Bh td ruek im zentralen Stumpf der linken Carotis gemessen; w~hrend der Ltieke in der Signallinie S ist die reehte Carotis abgeklemmt. W~hrend dieser Zeit steigt der Blutdruek unter starker

]3esehleunigung der Herz- aktion und gleiehzeitig sinkt das Stromvolumen (Kurve V) dureh die vom Kreislauf iso- lierte Vene um 15%. Naeh Er6ffnung der Carotis sinkt der Blutdruek unter starker Verlangsamung der Herz- aktion, und das Stromvolu- men steigt wieder auf die friihere HShe an.

Von 20 Versuehstieren, bei denen dieser Reflex vom Sinus earotieus auf die vom Kreislauf isolierte Vene un- tersueht wurde, gelang es, in 10 Versuehen diesen Re- flex einwandfrei festzustel- Ion. Wenn ein Pr~parat iiber- haupt reaktionsf~hig war, dann konnte dieser Reflex immer wieder in eharakteri- stiseh gleieher Weise aus- gel6st werden. In einem Ver-

Abb. 4. Kiinstl iche Dttl'c lstrOmutlg der veto t(l'eist~ttf s u e h e wurde er 12mal, i n isolierten V. eoltea eines Katers. ])er B l u t d r u c k P wird im zentraten Stumlff dcr l inken Carotis gemessen, S is t einelI1 anderen 13 real imVer- die Null inie f~ir den Biutdruck P nnd das Stromvolu- men V. W~hrend tier Li]eke ill tier Signailinie S ist die lauf einer halben bis einer

rechte Carotis abgeklemmt. Stunde mit einheitlieh posi- t ivem Erfolg gepr~ t . Aller-

dings n immt die St~rke der reflektorisehen Antwort mit der Zeitdauer der kiinstliehen Durehstr6mung sukzessiv ab, well entsprechend der ge- l~ufigen Beobaehtung die Reaktionsfahigkeit des Venenpr~parates bei l~nger dauernder Durehstr6mung abnimmt. Das Ausmag dieser reflek- torisehen Antwort ist nie ein grebes. I m Maximnm veranderte sieh das S t romvohmen um 15% (Abb. 4), meistens aber nut um 5--10%. Aus der Abnahme des S t romvohmens kann die Inhaltsverminderung des Venenstiiekes nieht quant i ta t iv bereehnet werden, well Verengerung an

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einer weiten Stelle der Vene volumetrisch stark ins Gewicht f~llt, die DurchstrSmungsmenge hingegen gar nicht zu beeinflussen braucht, wenn andere engere Stellen der Vene you der Kontrakt ion nicht betroffen wer- den. Wenn es auch unter Wtirdigung der bekannten Funktion des Carotissinus hSchst wahrscheinlich war, dab die Druck~nderung im Sinus caroticus den auslSsenden Reiz fiir diesen Venenreflex darstellt, so wurde ftir diese Anschauung doch noch mehr experimentelles )/[ateriM gesammelt.

In Abb. 5 wird der Carotis- sinus mechanisch gereizt durch Zug am nichtdurchbluteten Kopf- ende der Carotis. Dadurch sinkt der Blutdruck, wie das seit den Untersuchungen yon Hering be- kannt ist, infoige arterienerwei- ternder und herzverlangsamender Reflexe, die vom gereizten Caro- tissinus ausgehen. Wie Abb. 5 deutlich zeigt, steigt wghrend des Zuges am Kopfende der Carotis das Stromvolumen V durch die yore Kreis]auf isolierte V. colica an, um nach Aufh5ren der mecha- nischen Reizung des Carotissinus wiederum abzufallen.

Wir stellen somit lest: Wird vom Sinus caroticus aus dutch

Abb. 5. t~iinstliche D u r c h s t r S m u n g der v o m dessen Reizung der Blutdruck re- Kreis lauf isolierten, nerv5s in~akten V. colica

/lektorisch herabgesetzt, so erweitert eines Ka te r s . Die Ordinate der V-~:urve ent- spr icht der GrSBe des S t romvolumens . P = B l u t -

s ich die vo m Kreislau/ isolierte, a~,uck, in der l inken Carot is gelnessen. S is t die

abet nerv6s intakte Vene; wird Nullinie fiir B lu td ruck P un4 S t romvo lumen Y. W~hrend der Liicke in der Signallinie S wi rd

dutch Reizverminderung im Sinus am Kopfende der l inken Carot is ein leichter Zug

caroticus der Blutdruck re/lekto- ausgei ibt , so dab der l inke Sin~s carot icus mecha- nisch gereiz~ wird.

risch in die HShe getrieben, so verengt sich die Vene. Bei der gegebenen Versuchsanordnung k6nnen diese Querschnittsschwankungen der yore Kreislau/ isolierten Vene nur re/lek- torischer _Natur sein.

In einigen Experimenten wurde welter versucht, den Sinus caroticus durch Druck aus einer Vorratsflasche mit RingerlSsung zu reizen (Abb. 6). Der Blutdruck wurde im zentralen Ende der linken Carotis gemessen. In das peril)here Ende der ]inken Carotis war eine Kanfile eingebunden,

Pfli igers Arch iv f. d. ges. Physiol . ]~d. 226. 27

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4 0 4 A. Fle isch :

die mi t einer Druekflasehe ve rbunden war. Die Carotis ext. war peripher yore Sinus earotiens un te rbunden . W e n n bei freier K o m m u n i k a t i o n zwisohen Druekflasehe und Sinus earotieus dieser dutch Druek gereizt

wird (Liieke in der SignMlinie yon Abb. 6), so s inkt der Blu tdruek und

gleiehzeitig steigt das S t romvolumen dureh die yore Kreislauf isolierte MesenteriMvene wenig, abet deutl ieh an.

Auf Grund der einhei t l iehen t{esultate dieser 3 versehiedenen Ver- suehsreihen ist der Sehlug bereehtigt, daft diese Querschnittssehwan-

#ungen des vom Kreislau/ iso- lierten Venenst~clces re/le]ctori- scher Natur sind, und daft o]]en- bar die Druckdnderung im Sinus caroticus der addiquate aus- ldsende Reiz ist 1. Zu der be- k~mnten Vielgestalt igkeit der effektorisehen Phasen des Ca-

rotissinus-Reflexes komrnt also dieser Reflex auf die Einge-

weidevenen noeh hinzu. Ob andere als die Eingeweide- venen ebenfMls diesem Reflex unterl iegen, wurde noeh n ieh t un te r sueh t ; sieher ist, dM3 die Mesenter ia lvenen u n d die V. eoliea in gleieher Weise yon dem Reflex betroffen werden.

Die Sinus earotiei wurden Abb. 6. Kiinstliche DurchstrSmung einer vom gemeinsam rai l den Depressor- Kreislauf isolierten 3Iesenterialvene der l~atze. Der Blutdruck P wird yon der linken Carotis ans regi- ne rven yon Hering Ms Btut- striert. Whhrend tier Lficke in der SignMlinie S druckziigler bezeiehnet, indem ~ird der linke Sinus earoticus dm'ch einen Druck yon 230 crn Wassers~iule aus einem Druckgef~g mit ihnen die Aufg~be zuffillt, l~inger-LSsung gereizt. S ist die Nullinie ftir den irgendeine Blutdrueksteige- Blutdruek und fiir die GrSge des Stromvolumens V

dllrch die 5fesenterialvene. rung dureh Herzverlang- samung und Arterienerweite-

rung riiekggngig zu m~ehen, u n d eine Blu tdrueksenkung dnrch tIerz- beschleunigung und Arter ienverengerung zu kompensieren.

1 Nach AbschluB dieses experimentellen Teiles wurde ieh auf eine kurze Notiz yon C. Heymans und J. J. Bouckaert [J. of Physiol. 59, 28 (1930)] aufmerk- sam, worin die Au~oren bei Verschlug der Caro~iden einen Druckanstieg in der V. portae und bei 0ffnen der Carotiden eine Drueksenkung beobaehteten. Es ist klar, dab die bier besehriebenen Reflexe yore Sinus c~roticus auf die Venen die yon Heymans und Bouckae~t beobachteten Sehwankungen des Portaldruckes zur Folge haben miissen.

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Ein weiterer Teilfaktor zu dem erstrebten Funktionsziel~ist die Brem- sung der Adrenalinausschfittung bei Reizung des Carotissinus durch Druckanstieg und die vermehrte AdrenMinausschfittung beim Absinken des Druckes im Carotissinus (Heymansl). Dazu gesellen sich nun noch die hier beschriebenen Reflexe auf die Venen, die ebenfalls im Sinne des erstrebten Funktionszieles t~tig sin& Bei Drucksenkung im Carotis- sinus werden die Venen reflektorisch verengt, sie sehieben ihren Inhalt herzwgrts weiter, das Blutangebot zum tIerzen wird gr6Ber, das Herz- minutenvolumen steigt und die Blutdrucksenkung kann kompensiert werden. Wird umgekehrt der Carotissinus dureh einen Druekanstieg gereizt, so erweitern sieh die Venen, das Blur bleibt in den erweiterten Venen liegen, der Blutriiekflul~ zum Herzen wird geringer, das Herz- minutenvolumen sinkt und die Venen helfen also mit, das erstrebte Ziel, namlieh Senkung des Blutdruckes, zu verwirkliehen. Die bier /estge- stellte~ Re/lexe vom Sinus caroticus au/ die Venen reihen sich somit voll und ganz ein in den Vorstellungs/creis, den wir uns heute /iir die Funktion des Carotissinus machen kdnnen, wobei die Venen dutch Veri~nderung des Blutangebotes zum Herzen be/~ihigt sind, das Herzschlagvolumen ]e nach Bedar/ ansteigen oder absinken zu lassen.

3. Vagusreizung.

In meinen frtiheren Untersuchungen an einem yore Kreislauf iso- lierten, nerv6s intaktem Stiick der V. femorMis wurde bei R, eizung des intakten N. vagus ein inkonstantes tl~esultat erhalten. W~thrend einer Reizdauer yon 10--20 Sekunden reagierte das Venenstfiek im ersten Drittel der l~eizperiode meistenteils nicht ; im zweiten und drit ten Drittel der Reizperiode t ra t vorwiegend eine Venenkontraktion auf und nach AufhSren der Vagusreizung Venendilatation. Etwa ein Drittel der Prgparate reagierten immerhin mit vorwiegender Dilatation w~thrend der ganzen Reizperiode. Da sehr h~ufig der Kurvenverlauf des Venen- volumens w~hrend der Vagusreizung ein unsteter war, indem Kontrak- tion und Dilatation regellos wechselten, so wurde der SehluB gezogen, dab die Vagusreizung einen doppelsinnigen Effekt, ngmlich Dilatation und Kontraktion auf das isolierte Venenstiick hat. Ganz ghnlich sind die t~esultate bei der hier verwendeten Methodik der kfinstliehen Durch- str6mung einer Eingeweidevene. Die elektrisehe t~eizung des intakten Vagus fiihrt in ungef~hr der H~ilfte der Falle zu einer klaren Dilatation des untersuchten Venenstiickes, in der I-I~ilfte der F~ille hingegen t r i t t ein Gemiseh auf aus Dilatation und Kontraktion, wobei entweder Dila- tation oder Kontrakti0n vorangehen kann.

In Abb. 7 ist dieses eharakteristisehe Verhalten der l~eizung des in- takten Vagus wiedergegeben. W~thrend der ersten und aueh w/ihrend

1 G. Heymans, Le sinus ea.rotidien. Louvain 1929.

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der zweiten :ixJfieke in der Signallinie S wird beide Male der reehte Vagus mit Rollenabstand 15 cm elektriseh gereizt. Bei der ersten Reizung zeigt das Stromvolumen (Kurve V) dutch die yore Kreislauf isolierte V. eoliea einen klaren Anstieg, der naeh SehluB der t/eizung raseh riiekg~tngig wird. Bei der zweiten Reizung kommt zuerst aueh eine sehwaehe Dila- tation zustande, der dann aber eine kriiftige Venenkontraktion folgt, die einige Sekunden naeh AufhSren der Vagusreizung allm~hlieh wieder

Abb. 7. Die Ordinate der Kurve V entspr icht der Gr61le des St romvolumens dureh (lie voln Kreislanf isolierte V. eolica eilles Katers. P = Blutdruek, die Signallinie S is t die Nullinie fiir Blutdruek nnd Stromvolnmen. Wghrend der Liicken in der Signallinie S ~vird der in tak te reehte

"Vagus mi t ll, ol lenabstand 15 em gereizt.

versehwindet. Obwohl Reizstgrke und t~eizort in beiden Fallen identiseh waren, ist der Erfolg versehieden, wie das hgufig beobaehtet wurde.

Unter Bertieksiehtigung der im vorangehenden Absehnitt festge- stellten keflexe, die vom Sinus earotieus auf die Venen ausgehen, lag die Vermutung nahe, dab die gleiehzeitige Reizung der afferenten und efferenten im Vagus verlaufenden Fasern die Ursaehe sein k6nnten fiir diesen doploelsinnigen Effekt. Denn die Blutdrueksenkung, die infolge der Vagusreizung auf~ritt, mug dureh Entspannung des Carotissinus einen venoeonstrietorisehen Reflex ausl6sen. Anderseits k6nnten aueh

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die anderen Btutdruekzfigler auger dem Carotissinus, n~mlieh die Nervi depressores, ebenfal~s Ausgungspunk~ yon Venenreflexen sein. Da bei der Katze die Nervi depressores in den Vagi verlaufen, so warden diese mitgereizt, und die reflektorisehe Antwort der Venen w~re die gleiche wie auf Druekanstieg, n~mlieh Venendilata~ion. Reizung der herzhem- meuden Vagusfasern wfirde ~lso infolge Drucksenkung im Sinus caro- titus zu einer Venenkontraktion, l~eizung der afferenten depressorisehen Fasern im Vagus zu einer Venendilatation ffihren. Eine weitere experi- mentelle Prfifung ist leicht m6glieh dutch Reizung der Sttimpfe des

Abb. 8. V = S t romvolumen dutch die ki inst l ich df i rchs t rbmte V. colica eines K a t e r s (gleiches Pri~parat wie Abb. 7)~ Der rechte Vagus i ~ in takt , der l inke Vagus durch~ch~itten, Bei d e r l . Lt icke ira Sign~i wi r4 ~ter i inke H e r z v ~ g u s m i t ~oi len~bst~nd 13 cm elekg~isch gere~zt bei der Z, Liicke de1- ]Jnke ]~opfvagus m i t gleieher St romst i i tke . P = Blutd~uck; S = 2~ullime fi ir ~Blutdruck und

S t romvolumen .

durchsehnittenen Vagus. Dies wurde bei 15 Tieren ausgeffihrt und dabei fiber 100 Vagusreizungen mit deutliehem Effek~ beobachte[. Diese grofle Zah! der EinzelversueIxe w~r notwenddg, da spezielt die I~eizung des tterzendes des durehsehnittenen Vagus ein zweidentiges Resultat ergab.

Abb. 8 illustriert ein l~esult~t der getrennten Reizung des Herzvagus und des Kopfvagus. Diese Abbildung stammt aus dam gleichen Versueh wie Abb. 7, ist abet eine halbe Stunde sparer aufgenommen worden, was- hath die Ansschl~ge wegen geringerer Empfindliehkeit klein sind. W~h- rend der ersten Liieke in der Signallinie S wird der linke Herzvagus elek- triseh gereizt. Es tritt eine schwaehe aber klare Dilatation der yore Kreislauf isolierten V. eoliea auf. Bei der zweiten Lfieke im Signal wird das Kopfende des durehsehnittenen V~gus gereiz% es resultiert eine

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108 A. Fleisch:

sehwaehe abet Mare Dilatation. Reizung des Kop/endes des durchschnit- tenen Vagus ergibt, wenn iiberhaupt eine Realction au[tritt, last regelmiiflig Dilatation der yore Kreislau[ isolierten Vene. Die Zunahme des Strom- vo]umens V ist meist gering, kann abet immerhin bis 20% betragen. Nine gute Illustration fiir diesen venodi]atatorischen P~eflex bei Reizung des Kopfendes des durehsehnittenen Vagus gibt Abb. 9. Sie bezieh~ sieh im Gegensatz zu den anderen Abbildungen auf die ~{esenterialvene eines Katers. W~hrend der rhythmisehen Unterbreehungen der Signallinie S wird das Kopfende des durehsehnittenen Vagus gereizt. Infolge dieser Depressorreizung sinkt der Blutdruek unter Verlangsamung der Herz-

Abb, 9. F = Stromw)lm~tv~ du~B eine kfiD~t, li('h dul 'chstrSmte Mesen~,elialvene espies Neters ; P = Blutdruek. Wit[uend der rhythmisehen Unterbrechangen in der $ignaiHnie S u~rd gereizt: in Abb. 9 tier rechte Kopfvagus, in Abb. 10 der rechte I terzvagus mi t Rol lenabstand l g era. Der

linke Vagus is t h l takt . ,,~ = Nullinie fiir Blutdl"uck und Stromvolumen.

aktion. Naeh einer in diesem Versueh etwas abnorm langen Latenzzeit steigt das Stromvolumen Y um 15% an, um naeh Aufh6ren der Vagus- reizung langsam wieder mtr Norm zurtickzukehren. D~ diese reflekto- risehe Venendilatation bei der V. eoliea und bei 3/[esenterialvenen yon Katze und ttund h~ufig beobaehtet wurde, so ist wohl folgende SehluB- Iolgerung berechtigt: Die Nervi depressores beteiligen 8ich an der Regu- lierung des Venenqv, er~chnittes in gleicher Wei.~e wie der C~roti~inus. Be~" Erregung der Nervi depressores dutch Druckanstieg in der Aorta werden re/le]ctoriseh die Eingeweideeenen erweitert, wie dies in fleieher Weise bei Erregung des Carotissinus dutch Druelcanstieg der Fall ist.

Die Reizung des Herzendes des Nervus vagus ergab, wie schon erw~ihnt, kein einheitliches t~esuit~t, trotz gro~em Arbeits~ufw~nd ffir diesen

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Punkt. Gerade ffir die Beurteilung dieser Vagusreizung war es unbedingt notwendig, dal~ der ] )arm in der N~he des untersnehten Venenstfickes vollsti~ndig reseziert ist, und daS dureh Fixation des Venenpr~parates und der Kanfilen auf ein Korkbret t wirklieh Sicherhei~ vorhanden ist, daI~ nicht die Peristaltik irgendwie meehanisch das Stromvolumen be- einflussen kann. Aber aueh bei der strengsten Versuchstechnik ist das Resultat ein variables. In einem Tell der F~lle wurde, wie dies in Abb. 8 (erste Lficke in der Signallinie) der Fall ist, eine reine Venendilatation erhalten. In einem anderen Teil der Fiille hingegen tritt ein deutliches

Abb. 10. Unterschriftung wie Abb. 9, aber Reizung des rechten :gerzvagus.

Gemisch aus Venendilatation und Kontraktion au/. In Abb. 10 ist ein sol- ches Resultat yon der Mesenterialvene eines Katers wiedergegeben. W&hrend der ryhthmischen Unterbrechungen in der Signallinie S wird das Herzende des durehschnittenen Vagus gereizt. Die Kurve des Strom- volumens V durch die Mesenterialvene zeigt zuerst eine kleine Dilatation und dann eine kr~ftige Venenkontraktion an. ~Tach AufhSren der Vagus- reizung geht die Kontrakt ion in starke ])ilatation fiber, die dann allm~h- lich abYi~llt. Ffir das Au~treten der Venenkontraktion bei Reizung des I-Ierzvagus liegt die Erkl~rnng auf der Hand: Die Blutdrucksenkung 15st fiber die Nervi depressores und die Carotissinus die bekannte Venen- kontraktion aus. Aber fraglich ist die ])eutung der unzweifelhaften dilatatorischen Komponente, die in den meisten F~llen vorhanden ist

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und in etwa der Hi l f te der erfolgreiehen Reizungen des Herzvagus sogar allein auf~rat, wie z. B. in der zweiten Hi l f te der Abb. 8. Die niichst- liegende Erkl~irung ware, dab im Vagus dilatatorische Nerven fib die Eingeweidevenen verlaufen. ])a die Vena "colica abet in g]eicher Weise reagiert wie die Mesenterialvene, so miil3te auch sie noch vom Vagus er- regt werden. Ob diese Erkl i rung zutrifft, oder ob evtl. noch andere, bisher noeh nieht bekannte Venenreflexe die Ursache ftir diese Venendi]atation sind, kann ieh auf Grund der vorliegenden Befunde nieht entscheiden.

Die hier beschriebenen Reflexe verschwinden, wenn die zu dem unter- suchten Venenstfiek ziehenden Nervenbahnen durehschnitten sind.

Bei verschiedenen Tieren wurde der vom Vagus vollstindig isolierte Halssympathieus gereizt, doch wurde davon keine Wirkung auf die kiinstlich durchstr6mte Vene gesehen.

Zusammeniassung.

Bei Katzen und Hunden wird die Vena eoliea oder eine Mesenterial- vene, die vom Kreislauf isoliert aber mit dem Organismus in nervSsem Kontak t stehen, kfinstlich durchstr6mt unter fortlaufender optiseher lgegistrierung des Stromvolumens.

Um Tiuschungsresultate auszuschlieBen, wird der ] )arm in der Nihe des Venenpriparates reseziert und das Venenpr ipara t samt den Kanfilen und zu- und abffihrenden Sehliuehen auf einem Korkbret t fixiert.

Kohlensgureeinatmung des Versuehstieres erzeugt fast regelm~tBig fiber die venoeonstrietorisehen Nerven eine reversible Venenkontraktion. Die Reizsehwelle wird zu 2% Kohlensiure gefunden.

])ie Eingeweidevenen werden vom Sinus earotieus aus reflektoriseh beeinflnBt. ])ruekerh6hung im Sinus earotieus erzeugt auf dem Reflex- wege Venendilatation, ])rueksenkung erzeugt Venenkontraktion.

Reizung des Kopfendes des durehschnittenen Vagus bewirkt offenbar dureh Erregung der ])epressornerven Venendilatation.

])er reflektorisehe EinfluB der Blutdruckziigler auf die Venen ist ein soleher, dab bei Blntdrueksenkung infolge der Venenkontraktion das Blutangebot zum Herzen und damit das Herzminutenvolumen erhSht wird, und umgekehrt bei Blutdrueksteigerung.

geizung des Herzendes des durchschnittenen N. vagus erzeugt ent- weder einen ])oppeleffekt yon ])ilatation und Kontrakt ion der kfinst- lich durehstr6mten Vene oder aueh eine reine ])ilatation. ])ie eonstric- torische Phase ist verst indlich a]s Fo]ge der Blutdrucksenkung, die unter Vermittelung der Blutdruekziigler einen venoconstrictorischen Effekt ausl6st. Ob die dilatatorische Komponente darauf zuriickzuffihren ist, dab im Vagus venodilatatorisehe Nerven fiir die Eingeweidevenen ver- laufen, oder ob andere noch unbekannte geflexe dafiir verantwortlich sind, bleibt vorderhand nnentsehieden.