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VERBAND 14 segelfliegen · 4-2010 Helge Zembold: Meike, du hast die Struk- turreform nicht in allen Punkten mitge- tragen, sie jedoch von Anfang an begleitet und setzt sie jetzt in einer Arbeitsgruppe um. Wie lassen sich die Veränderungen im DAeC am einfachsten beschreiben? Meike Müller: Bis zur Satzungsänderung im Oktober 2009 war es so, dass die sportlichen Fragestellungen von den Sportfachgruppen bearbeitet wurden und alle übergeordneten Angelegenheiten vom Dachverband, also in Verantwortung des DAeC-Vorstands. Dabei war in all den Jahren der Segelflug weitge- hend die treibende Kraft, denn der Segelflug ist, auch auf europäischer Ebene, der Sport, der organisatorisch am besten aufgestellt ist. zh: Warum hat der Segelflug einen solchen Einfluss? Meike Müller: Wir haben zulassungspflich- tige Flugzeuge und gesetzlich geregelte Lizenzen. Wir brauchen den meisten Luft- raum für unsere raumgreifenden Flüge, unterliegen aber betriebsartbedingt den größten Beschränkungen. So gilt schon lange im DAeC: Womit der Segelflug leben kann, damit können in der Regel auch alle anderen Sparten leben. So hat die Sport- fachgruppe vor einigen Jahren auch darauf hingewirkt, einen hauptamtlichen Mitar- beiter für Luftraumfragen in der Bundesge- schäftsstelle zu beschäftigen. Und überall wo man hinguckt, auch auf europäischer Ebene, sind die Segelflieger diejenigen, die einen Großteil der Arbeit erledigen. zh: Bleibt dieser Einfluss des Segelflugs auch nach der Strukturreform erhalten? Meike Müller: Der DAeC wird von vielen Mitgliedern als Segelflugverband wahrge- nommen, was auch durch die vielfach von Segelfliegern gestalteten und auch an ihren Bedürfnissen orientierten Organisations- formen verursacht ist. Deshalb haben viele bislang bemängelt, dass die Entscheidungen innerhalb des DAeC häufig im Sinne der Segelflieger getroffen werden. Dazu muss man aber auch wissen, dass dieser Verband durch die Mitglieder der Sportfachgruppe Segelflug zu ungefähr 60 Prozent finanziert wird. Außerdem wurde auch ein großer Teil der übergeordneten Arbeit von hauptamtlichen und ehrenamt- lichen Mitarbeitern, die ihre Wurzeln im Segelflug haben, erledigt. So hat sich Detlef Graupner beispielsweise sportfachgruppen- übergreifend um sämtliche Lizenzierungs- fragen gekümmert, obwohl er „nur“ Segel- flugreferent war. Jetzt werden einige wach werden, wenn sich der Segelflug im Sinne der neuen Satzung mehr auf seine eigenen Fragen konzentrieren wird. Die neue Satzung und natürlich auch die Interessen der Segel- flieger fordern dies von uns. zh: Wen könnte das treffen? Meike Müller: Die Satzung hat die Verant- wortlichkeit für die inhaltliche Arbeit vom DAeC-Vorstand an die Vorstände der ehemaligen Sportfachgruppen, die zukünf- tigen Bundeskommissionen, delegiert. Damit werden die heute zentral angesie- delten Referate wie beispielsweise Technik, Luftraum oder Umwelt durch die Bundes- kommissionen, aber auch die Mitgliedsver- bände hinsichtlich der Finanzierung und der Arbeitsinhalte neu organisiert. Im Klartext bedeutet dies: Wer ein Referat sehr intensiv benötigt, muss auch entsprechend viel zahlen, hat dann aber auch den Gestal- tungsspielraum, die geleistete Arbeit zu steuern. Dies ist für einige sicher ein Problem, das sich durch die Mitgliedszahlen ergibt. Für den Segelflug ist es eine Chance und er wird sie nutzen. zh: Das hört sich doch zunächst vorteilhaft für die Kostenseite an, oder? Meike Müller: Durch den sehr viel kleineren Beitrag für den Zentralbereich des DAeC werden bei gleich bleibenden Beitrags- höhen Mittel von rund 450000 Euro frei, die in die Verantwortung der Sportfach- gruppe Segelflug übergehen können, wenn die Mitglieder der Bundeskommission dies so entscheiden. Damit lässt sich sicher nicht alles Wünschenswerte bewegen. Alle weiteren zusätzlich entstehenden Kosten müssen selbst getragen werden oder in „Der Segelflug muss nicht verhandeln“ INTERVIEW: HELGE ZEMBOLD Die Strukturreform im Deutschen Aero Club ist in die Wege geleitet, die Geschäftsordnung für die „Bundeskommission Segelflug“ verfasst. segelfliegen-Chefredakteur Helge Zembold sprach mit Dr. Meike Müller, die als Vorsitzende des ehemals als „Seko-Vorstand“ oder Segelflugkomission bekannten Gremiums die Wandlung begleitet, über die Auswirkungen der neuen Organisationsstruktur für den deutschen Luftsport, die Ansprüche des Segelflugs und ihre persönlichen Perspektiven im Ehrenamt. 14-17_Verband.indd 1 14-17_Verband.indd 1 06.09.2010 18:27:43 06.09.2010 18:27:43

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Helge Zembold: Meike, du hast die Struk- turreform nicht in allen Punkten mitge- tragen, sie jedoch von Anfang an begleitet und setzt sie jetzt in einer Arbeitsgruppe um. Wie lassen sich die Veränderungen im DAeC am einfachsten beschreiben? Meike Müller: Bis zur Satzungsänderung im Oktober 2009 war es so, dass die sportlichen Fragestellungen von den Sportfachgruppen bearbeitet wurden und alle übergeordneten Angelegenheiten vom Dachverband, also in Verantwortung des DAeC-Vorstands. Dabei war in all den Jahren der Segelflug weitge- hend die treibende Kraft, denn der Segelflug ist, auch auf europäischer Ebene, der Sport, der organisatorisch am besten aufgestellt ist.
zh: Warum hat der Segelflug einen solchen Einfluss? Meike Müller: Wir haben zulassungspflich- tige Flugzeuge und gesetzlich geregelte Lizenzen. Wir brauchen den meisten Luft- raum für unsere raumgreifenden Flüge, unterliegen aber betriebsartbedingt den größten Beschränkungen. So gilt schon lange im DAeC: Womit der Segelflug leben kann, damit können in der Regel auch alle anderen Sparten leben. So hat die Sport- fachgruppe vor einigen Jahren auch darauf hingewirkt, einen hauptamtlichen Mitar- beiter für Luftraumfragen in der Bundesge- schäftsstelle zu beschäftigen. Und überall wo man hinguckt, auch auf europäischer Ebene, sind die Segelflieger diejenigen, die einen Großteil der Arbeit erledigen.
zh: Bleibt dieser Einfluss des Segelflugs auch nach der Strukturreform erhalten?
Meike Müller: Der DAeC wird von vielen Mitgliedern als Segelflugverband wahrge- nommen, was auch durch die vielfach von
Segelfliegern gestalteten und auch an ihren Bedürfnissen orientierten Organisations- formen verursacht ist. Deshalb haben viele bislang bemängelt, dass die Entscheidungen innerhalb des DAeC häufig im Sinne der Segelflieger getroffen werden. Dazu muss man aber auch wissen, dass dieser Verband durch die Mitglieder der Sportfachgruppe Segelflug zu ungefähr 60 Prozent finanziert wird. Außerdem wurde auch ein großer Teil der übergeordneten Arbeit von hauptamtlichen und ehrenamt- lichen Mitarbeitern, die ihre Wurzeln im Segelflug haben, erledigt. So hat sich Detlef Graupner beispielsweise sportfachgruppen- übergreifend um sämtliche Lizenzierungs- fragen gekümmert, obwohl er „nur“ Segel- flugreferent war. Jetzt werden einige wach werden, wenn sich der Segelflug im Sinne der neuen
Satzung mehr auf seine eigenen Fragen konzentrieren wird. Die neue Satzung und natürlich auch die Interessen der Segel- flieger fordern dies von uns.
zh: Wen könnte das treffen? Meike Müller: Die Satzung hat die Verant- wortlichkeit für die inhaltliche Arbeit vom DAeC-Vorstand an die Vorstände der ehemaligen Sportfachgruppen, die zukünf- tigen Bundeskommissionen, delegiert. Damit werden die heute zentral angesie- delten Referate wie beispielsweise Technik, Luftraum oder Umwelt durch die Bundes- kommissionen, aber auch die Mitgliedsver- bände hinsichtlich der Finanzierung und der Arbeitsinhalte neu organisiert. Im Klartext bedeutet dies: Wer ein Referat sehr intensiv benötigt, muss auch entsprechend viel zahlen, hat dann aber auch den Gestal- tungsspielraum, die geleistete Arbeit zu steuern. Dies ist für einige sicher ein Problem, das sich durch die Mitgliedszahlen ergibt. Für den Segelflug ist es eine Chance und er wird sie nutzen.
zh: Das hört sich doch zunächst vorteilhaft für die Kostenseite an, oder? Meike Müller: Durch den sehr viel kleineren Beitrag für den Zentralbereich des DAeC werden bei gleich bleibenden Beitrags- höhen Mittel von rund 450000 Euro frei, die in die Verantwortung der Sportfach- gruppe Segelflug übergehen können, wenn die Mitglieder der Bundeskommission dies so entscheiden. Damit lässt sich sicher nicht alles Wünschenswerte bewegen. Alle weiteren zusätzlich entstehenden Kosten müssen selbst getragen werden oder in
„Der Segelflug muss nicht verhandeln“
INTERVIEW: HELGE ZEMBOLD
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geschickten Kooperationen im Sinne von Leistungsaustausch erwirtschaftet werden. Basierend auf den definierten Aufgaben und den damit verbundenen Kosten müssen alle Sparten nun Strukturen entwickeln, damit der Beitrag für das einzelne Mitglied nahezu gleich bleibt und ein Optimum an Resultaten erzielt wird.
zh: Wie soll die Struktur der Sportfach- gruppe Segelflug aussehen? Meike Müller: Unser langfristiges Ziel ist es, die wichtigen Bereiche mit Hauptämtern zu besetzen, denn ehrenamtlich sind die Aufgaben in der notwendigen Qualität nicht mehr zu bewältigen. Kontinuität und Netzwerke können nur erzielt werden, wenn gut ausgebildete Leute mit Engagement und Herzblut für die Sache unsere Probleme bearbeiten. Das kostet Geld. Leider herrscht bei manchen die Meinung, dass im DAeC Millionen durch Mitgliedsbeiträge gesam- melt werden, was natürlich nicht stimmt. Dieser Verband ist in allen Ebenen gemein- nützig und demokratisch kontrolliert. Damit werden die Gelder entsprechend Haushalts- plan verwendet und natürlich auch nur die dazu notwendigen Beiträge erhoben. Die Mitglieder entscheiden über die Summe, die sie für ihre Vertretung ausgeben wollen.
zh: Wie sieht die konkrete Vorgehensweise für die Umstrukturierung aus? Meike Müller: Wir haben in unserer neuen Geschäftsordnung die Referate Sport, Ausbildung, Technik, Luftraum sowie PR und Marketing vorgesehen, dazu Beauf- tragte für Bereiche wie Frauen oder Umwelt. Die Arbeitsgruppe „Bundeskommission“ überlegt derzeit, welche Posten davon mit einem Hauptamt besetzt werden sollen; wir wollen dies für Sport, Technik, Lizenzen und Luftraum durchsetzen. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, potenziellen Anwär- tern angemessene Entlohnung und Arbeits- bedingungen zu bieten, denn beim DAeC zu arbeiten heißt nicht selten, großzügiger mit Kritik bedacht als mit Lob überhäuft zu werden.
zh: Werden für die wichtigen Referate, beispielsweise Luftraum, Kooperationen mit den anderen Bundeskommissionen angestrebt? Meike Müller: Sicherlich wird man sich absprechen und die Ressourcen gemeinsam nutzen. Aber ich sage ganz klar, dass vor allem beim hochsensiblen Thema Luftraum
der Segelflug keine Kompromisse eingehen wird. Wir wollen die Bearbeitung dieses Themas wesentlich beeinflussen, andere Sparten könnten diese Leistung durch uns erhalten. Ähnlich werden wir uns auch in einigen anderen Bereichen aufstellen. Wir benötigen mehrere hauptamtliche Mitar- beiter, die neben der Bearbeitung ihres Themas auch Kompetenz im europäischen Umfeld besitzen, um dort redundant arbeiten zu können.
zh: Werden die Beiträge für die Mitglieder steigen? Meike Müller: Eine Analyse über die kommenden zehn Jahre hat, unter der Annahme sinkender Mitgliederzahlen und unveränderten Beiträgen, ergeben, dass wir ab 2014 in die negativen Zahlen rutschen und 2022 mit einer erheblichen Minderung der Einnahmen zu rechnen hätten. Das bedeutet, dass die Mitgliedsbeiträge über die nächsten zehn Jahre um ungefähr zehn Euro pro Mitglied im Vergleich zu heute steigen müssten, wenn es nicht gelingt, Einnahmen aus anderen Quellen wie Spon- soring oder Kooperationen zu generieren.
zh: Aber die Mitgliederzahl im Segelflug ist doch im vergangenen Jahr immerhin um 100 Piloten gestiegen? Meike Müller: Ich bin Wissenschaftlerin und glaube nicht an kleine Ausschläge in der Statistik, aber immerhin gab es keine klaren Verluste und das stimmt optimistisch.
zh: Kann der Luftsportler für höhere Beiträ- ge auch mehr erwarten oder bleiben die Leistungen gleich? Meike Müller: Die Frage ist: Was erwartet der Luftsportler überhaupt? Der deutsche Luftsportler bekommt vom Deutschen Aero Club die Einbindung ins deutsche Sportsys- tem; das sind pro Jahr mindestens 12 Millonen Euro an direkten und indirekten Zuwendungen, die an den Luftsport fließen. Zudem sind dadurch alle Vereine förde- rungs- und schützungswürdig, Motor- und Segelflugzeuge gelten beispielsweise als Sportgeräte, für die, anders als in einigen Nachbarländern, demzufolge keine Luxus- steuer fällig wird. Der Luftsportler bekommt die direkte Vertretung auf lokaler, nationaler und inter- nationaler Ebene durch den Deutschen Aero Club und Europe Air Sports, wo der DAeC den größten Teil der Mitglieder stellt und entsprechend viele Aufgaben übernimmt. Außerdem ist der Verband bei der Politik
aktiv, was sich weniger durch lautes Trom- meln, denn durch zähe tägliche Arbeit bemerkbar macht. Wenn der deutsche Luft- sportler allerdings als Abbild einer erfolg- reichen Verbandsarbeit eine Hochglanzzei- tung und die Erfüllung aller persönlichen Wünsche sieht, bin ich mir nicht sicher, ob das die richtige Erwartungshaltung ist.
zh: Stichwort Verbandszeitung: Wie geht es mit „Luftsport“ weiter? Meike Müller: Das Scheitern von „Luftsport“ hat uns gezeigt, dass der Gedanke, nur wenig Geld in die Hand zu nehmen, auf Dauer nicht immer tragfähig ist. Die Schere zwischen Machbarem und Wünschens- wertem wird dann doch zu groß. „Luftsport“ hat erheblich vom Engagement Einzelner gelebt und ich hoffe, dass wir in der Lage sein werden, den Mitgliedern in der Zukunft wieder ein Printmedium zur Verfügung zu stellen. Die innere Kommunikation bleibt ein wichtiges Ziel, um Mitglieder zu binden. Mit Stefanie Gester hat die Bundeskommis- sion seit dem vergangenen Jahr eine Presse- referentin, die diese Aufgabe bislang sehr gut erfüllt und mit viel Energie an dieses diffizile Thema herangeht. Wir brauchen mehr solcher Leute.
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zh: Welchen Stellenwert haben die Landes- verbände künftig? Meike Müller: Ohne Landesverbände geht es auch zukünftig nicht, denn wir erhalten nur Unterstützung durch die Sportbünde, wenn wir ähnlich strukturiert sind und mindestens acht Landesverbände haben. Die Sportbund-Mitgliedschaft ist also essen- ziell, sowohl auf finanzieller, aber mehr noch auf politischer Ebene. Die Landesver- bände leisten erhebliche Arbeit im Segelflug und besitzen zahlreiche Kompetenzen, die im Bund nicht vorliegen. Es könnten größere Landesverbände auch auf Bundesebene Aufgaben übernehmen, beispielsweise in der Mitgliederverwaltung.
zh: Welches Fazit ziehst du heute aus den bisherigen Bemühungen der Bundeskom- mission? Meike Müller: Die Strukturreform bietet Chancen, wenn man mehr Hauptamtlich- keit gezielter einsetzen kann, um das Ehrenamt, das weiter notwendig sein wird, zu unterstützen. In einer veränderten Gesellschaft und immer komplexeren Aufgaben schafft es eine ehrenamtliche Struktur nicht mehr, die Auseinanderset- zung mit professionell aufgestellten Part- nern und auch Gegnern zu leisten. Der Segelflug wird seine Interessen besser vertreten können, da es eine deutlichere Präsentation und Zuordnung geleisteter Arbeit auch in der Außenwirkung in die Mitgliedschaft geben wird. Rücksicht auf andere Sparten muss durch diese Trennung nicht mehr in dem gewohnten Maß ge- nommen werden. Das werden manche sicherlich nicht so gerne hören, aber es wird darauf hinauslaufen. Ich persönlich habe allerdings nicht für die neue Satzung gestimmt, weil ich der Meinung bin, dass die Loyalität und das gemeinsame Mitei- nander des deutschen Luftsports auf Dauer geschwächt wird.
zh: … durch dauernde Konkurrenzkämpfe zwischen den Bundeskommissionen? Meike Müller: Im Moment merkt man davon nichts, weil in den Bundeskommissionen noch die „alten Hasen“ sitzen, die mitei- nander reden. Aber wenn ein Generations- wechsel ansteht und jemand feststellt, dass er, ganz satzungskonform, keine Rücksicht mehr nehmen muss, beginnt mit den Egoismen die Schwächung. Unsere Mit- glieder üben eben auch oft mehrere Luft- sportarten aus.
zh: Wie sehen die nächsten Schritte aus? Meike Müller: In einer konstituierenden Sitzung nach der neuen Geschäftsordnung werden die neuen Vorstandsposten besetzt beziehungsweise die hoffentlich weiter tätig bleibenden Personen den entspre- chenden Positionen zugeordnet. Es werden natürlich weitere Finanzberechnungen an- gestellt. Wir werden Kontakt aufnehmen mit den möglichen Kooperationspartnern und die Verhandlungen beginnen.
zh: Wird der Segelflug weiterhin die trei- bende Kraft unter den Bundeskommissi- onen bleiben? Meike Müller: Wir waren auf der Mitglie- derversammlung im März diejenigen, die eine abgesegnete Geschäftsordnung vor- legen konnten und die entsprechenden Anträge gestellt haben. Die Vorbereitungen dazu, von November letzten Jahres bis zum März glichen allerdings einem Marathon. Jörg Zinnert, Michael Köster und Herbert Märtin haben zusammen mit Gaidis Neimanis und mir fast ununterbrochen gearbeitet. Die anderen Kommissionen sind wohl noch nicht ganz so weit.
zh: Wie siehst du deine persönlichen Perspektiven im DAeC? Meike Müller: Ich wollte eigentlich nie Sportfachgruppen-Vorsitzende werden, hat- te aber die Geschäfte bereits kommissarisch von Karl Klossok nach seinem Ausscheiden übernommen. Die Wahl im letzten Jahr war die Konse- quenz daraus, dass ich aufgrund meines Wissens den Strukturveränderungsprozess weiter begleiten sollte und mir die Leute wohl auch vertrauen. Ich werde diese Aufgabe aber nicht ewig weiter machen, mein designierter Nachfolger Michael Köster ist bereits im Vorstand und wir werden einen geregelten Übergang ge- stalten. Mein Thema ist eigentlich Europa, da kenne ich mich aus und möchte mich dort auch weiter einbringen.
zh: In welchen Momenten macht die ehren- amtliche Arbeit trotz der Belastung Spaß? Meike Müller: (überlegt lange) Ich freue mich, wenn Dinge funktionieren – beispiels- weise, als wir uns am Tag vor der Mitglie- derversammlung im März nicht sicher waren, ob unser Konzept für die Bundes- kommission abgesegnet werden würde. Als die Abstimmung dann mit sehr guter Diskussion einstimmig über die Bühne ging, wusste ich, wir haben unsere Arbeit gut gemacht. Oder wenn die Finanzierung des Förder-Nimbus „EP“ wieder gesichert ist, nachdem man mit einigen Leuten geredet hat. Das macht schon Spaß. Ich bin zwar ein sehr stringenter Mensch und nicht unbe- dingt immer sehr vermittelnd, aber das ist in manchen Situationen vielleicht hilfreich. Ich sage „Nein“ und es bleibt dabei, damit haben manche sicherlich ein Problem. Aber ich versuche immer alles, was unser Regel- werk oder unser Haushalt hergibt, möglich zu machen. Ein Vorstand ist ja nicht dazu da, die Regeln neu zu schreiben, sondern er hat sie umzusetzen, das ist nicht immer leicht und ich habe auch schon Entschei- dungen treffen müssen, die ich gefühls- mäßig anders getroffen hätte. Einer unserer Flugschüler sagt immer, das Leben ist eben kein Ponyhof.
zh: Hat sich die Verbandsarbeit gewandelt? Meike Müller: Als ich angefangen habe, waren Gaidis Neimanis, Jannes Neumann, Günter Bertram und ich ein eingespieltes Team, wussten genau, wie der andere tickt. In der letzten Zeit ist es allerdings etwas einsamer geworden, man ist mehr allein unterwegs, denn die Arbeit muss gemacht werden. Es sind aber auch neue Leute dazu gekommen und wir werden auch wieder ein gutes Team werden und gemeinsam vieles bewegen. Mein Herz hängt nun mal am Segelflug, das ist mein Sport.
zh: Meike, vielen Dank für das Gespräch und deinen Einsatz für den Luftsport!
Dr. Meike Müller, Jahrgang 1962, ist seit ihrem 14. Lebensjahr Segelfliegerin. 1987 kam sie als Frauenbeauftragte erstmals mit der Verbandsarbeit in Berührung, wurde danach in der Segelflugkommission Niedersachsens tätig und stand dieser bis 2003 vor. Im Frühjahr 2009 übernahm Meike Müller zunächst kommissarisch den Vorsitz der bundes- deutschen Segelflugkommission und wurde auf dem Segelfliegertag in Bremen im Amt bestätigt. In der europäischen Segelflugvereinigung EGU ist sie Vizepräsidentin und darüber hinaus zuständig für das Lizenzierungswesen. Meike Müller ist in der Flugsport- vereinigung Celle in Niedersachsen aktiv. Sie ist Fluglehrerin, fliegt im Jahr zwischen 80 und 150 Stunden und ist Mitglied einer Haltergemeinschaft einer LS4 und einer LS8.
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Um auf europäischem Parkett zukunftsfähig zu bleiben und nahezu alle 160000 Luftsportler in 20 Verbänden unter einem
Dach zu vereinen, wurde deshalb im Deut- schen Aero Club im vergangenen Jahr eine Strukturreform in die Wege geleitet, die weitaus mehr beinhaltet als die bloße Umbenennung der Segelflugkommission in die „Bundeskommission Segelflug“. Der Deutsche Aero-Club als föderal aufge- bauter Sportverband besteht auf unterster Ebene aus Vereinen, die in Landesverbänden organisiert sind. Diese, neu als „Multi-Luft- sportverbände“ betitelt, entsenden wei- terhin ihre Vertreter in die Sitzungen der Bundeskommission. War es jedoch bislang so, dass die frühere Segelflugkommission sich hauptsächlich um die sportbetriebs- spezifischen Belange kümmerte und der Dachverband die zentralen und spartenü- bergreifenden Aufgaben übernahm, so ändert sich dies mit der Strukturreform grundlegend. „Bundeskommission“ bedeutet für die deut-
sche Segelfluggemeinde letztendlich, dass sie künftig über deutlich mehr organisato- rische Eigenständigkeit und Selbstverwal- tung verfügt als jemals zuvor“, sagt Ste- fanie Gester, PR-Beauftragte der Bundes- kommission. Aufgabengebiete wie Luftraum, Technik, Lizenzwesen oder Sport obliegen nun dem Segelflug direkt, der sich personell entspre- chend darauf einstellen muss: „Zur Bewälti- gung der zunehmend anspruchsvollen Aufgaben benötigen wir mehr Professiona- lität durch Verzahnung von ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitern“, so Stefanie Gester. Eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern der bisherigen Segelflugkommission, beste- hend aus Jörg Zinnert, Michael Köster, Herbert Märtin, Gaidis Neimanis und Meike Müller erarbeitete eine Geschäftsordnung, die fortan als Grundlage der Arbeit als Bundeskommission dient. Bewährtes aus der Seko wurde beibehalten, einige Ände- rungen sind eingeflossen: So findet die Mitgliederversammlung der Sportfach-
gruppe Segelflug in Zukunft nur noch einmal im Jahr statt. Eine eindeutige Defi- nition des erweiterten Vorstandes soll künftig die Handlungsfähigkeit der Füh- rungsspitze stärken. Nachdem die Überführung der „SeKo“ in die „BuKo“ Ende März von der DAeC-Mitglieder- versammlung abgesegnet wurde, stehen nun konkrete Planungen auf der Agenda: Personalfragen und Finanzbedarf müssen geklärt werden, um auf der nächsten Versammlung im Dezember Ausschüsse einrichten zu können, die entweder zentral alle Sparten betreffende Interessen behan- deln oder von einer einzelnen Bundeskom- mission zur Bearbeitung ihrer spezifischen Belange gegründet werden. Eine Beitragserhöhung werde sich, so Meike Müller, aufgrund der neu zu verteilenden Finanzlast auf die Gremien, langfristig wohl nicht vermeiden lassen (siehe Interview auf den vorhergehenden Seiten). Um Kosten zu teilen und gleiche Interessen zu bündeln, sollen Verhandlungen mit anderen Bundes- kommissionen aufgenommen werden.
Mehr Eigenständigkeit für den Segelflug TEXT: HELGE ZEMBOLD
Dass die meisten Piloten lieber fliegen wollen, als sich mit trockener Verbandsmaterie zu beschäftigen, ist bekannt und auch nichts Besonderes. Dass aber ohne einen starken Dachverband die heutige Art der Segelfliegerei mit allen seinen Ansprüchen hinsichtlich Luftraum, einfacher Lizensierung und Wartung sowie sportlicher Förderung kaum möglich wäre, ist vielfach noch nicht angekommen.
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