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Art. 96 BV Wettbewerbspolitik 1 Der Bund erlässt Vorschriften gegen volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen. 2 Er trifft Massnahmen: a. zur Verhinderung von Missbräuchen in der Preisbildung durch marktmächtige Unternehmen und Organisationen des privaten und des öffentlichen Rechts; b. gegen den unlauteren Wettbewerb. 07 Wettbewerbspolitik Verfassungsrechtliche Grundlagen Art. 94 Abs. 4 BV Grundsätze der Wirtschaftsordnung 4 Abweichungen vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit, insbesondere auch Massnahmen, die sich gegen den Wettbewerb richten, sind nur zulässig, wenn sie in der Bundesverfassung vorgesehen oder durch kantonale Regalrechte begründet sind. Prof. Dr. Markus Schott Öffentliches Wirtschaftsrecht II RWI Universität Zürich Frühjahrssemester 2020 Folie 1

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Art. 96 BV Wettbewerbspolitik

1 Der Bund erlässt Vorschriften gegen volkswirtschaftlich oder sozial schädliche

Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen.

2 Er trifft Massnahmen:

a. zur Verhinderung von Missbräuchen in der Preisbildung durch marktmächtige

Unternehmen und Organisationen des privaten und des öffentlichen Rechts;

b. gegen den unlauteren Wettbewerb.

07 Wettbewerbspolitik

Verfassungsrechtliche Grundlagen

Art. 94 Abs. 4 BV Grundsätze der Wirtschaftsordnung

4 Abweichungen vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit, insbesondere auch

Massnahmen, die sich gegen den Wettbewerb richten, sind nur zulässig, wenn sie

in der Bundesverfassung vorgesehen oder durch kantonale Regalrechte

begründet sind.

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Mschott
Underline
Ausschliessliche Bundeskompetenz.
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Beispiele von Wettbewerbsbeschränkungen:

1. Zwei Sanitärinstallationsgeschäfte, die im Grossraum Zürich tätig sind, mieten

gemeinsam ein Lagergebäude samt Lagerverwaltungseinrichtungen (Hard-

und Software), um ihre Lagerbestände gemeinsam zu lagern und zu

verwalten. Später möchten sie auch den Einkauf der verwendeten Produkte

zusammenlegen.

2. Zwei Generalplanungsunternehmen interessieren sich für zwei öffentlich

ausgeschriebene Bauprojekte des Bundes. Keines der beiden kann beide

Projekte, aber jedes eines für sich verwirklichen. Sie sprechen sich deshalb

darüber ab, wer sich bei welchem Projekt bewirbt.

3. Ein Automobilimporteur schliesst mit dem einzigen Garagisten in einem Dorf

einen Vertrag ab, wonach dieser exklusiv die Fahrzeuge dieses Importeurs

vertreibt und bei Wartung an solchen Fahrzeugen alle Ersatzteile von ihm

bezieht.

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Mschott
Underline
Horizontal Absprache; nach Art. 5 Abs. 1-3 KG zu beurteilen.
Mschott
Underline
Horizontale Absprache; gemäss Art. 5 Abs. 3 Bst. c KG verboten (sog. "hartes Kartell").
Mschott
Underline
Vertikale Absprache; nach Art. 5 Abs. 4 KG zu beurteilen.
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Kartellrecht

Wettbewerbsabreden

Art. 5 und 6 KG

Missbrauch einer

marktbeherrschenden

Stellung

Art. 7 KG

Unternehmens-

zusammenschlüsse

(Fusionskontrolle)

Art. 9 und 10 KG

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Horizontale

Abreden

Vertikale

Abreden

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Art. 3 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften

1 Vorbehalten sind Vorschriften, soweit sie auf einem Markt für bestimmte Waren oder

Leistungen Wettbewerb nicht zulassen, insbesondere Vorschriften:

a. die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen;

b. die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen

Rechten ausstatten.

2 Nicht unter das Gesetz fallen Wettbewerbswirkungen, die sich ausschliesslich aus der

Gesetzgebung über das geistige Eigentum ergeben. Hingegen unterliegen

Einfuhrbeschränkungen, die sich auf Rechte des geistigen Eigentums stützen, der

Beurteilung nach diesem Gesetz.

3 Verfahren zur Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen nach diesem Gesetz gehen

Verfahren nach dem Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 1985 vor, es sei denn

die Wettbewerbskommission und der Preisüberwacher treffen gemeinsam eine gegenteilige

Regelung.

Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere

Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG)

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Fall 4 – Freiburger Elektrizitätswerke (BGE 129 II 497):

1. Ausgangspunkt: Gemäss Art. 3 Abs. 1 KG ist das KG nicht anwendbar, wenn Vorschriften

bestehen, die auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen Wettbewerb nicht

zulassen (staatliche Markt- oder Preisordnung oder besondere Rechte zur Erfüllung

öffentlicher Aufgaben).

2. Staatsaufgabe der Stromversorgung: Allein die Tatsache, dass eine Aufgabe dem Staat

oder einem staatlichen Unternehmen zugewiesen ist, bedeutet noch nicht, dass der

entsprechende Bereich vom Wettbewerb ausgenommen ist.

3. Rechtliches Monopol für Wasserkraftnutzung: andere Energiequellen sind nicht betroffen.

4. Gesetzlicher Stromtarif: gilt nicht für Drittlieferanten.

5. Monopol für Bau und Betrieb des Stromversorgungsnetzes:

kein rechtliches Monopol für Benutzung des öffentliches Grundes;

faktisches Monopol genügt nicht;

Konzession genügt nicht;

Netzmonopol begründet kein Liefermonopol.

6. Gesetzlicher Leistungsauftrag: begründet per se kein Monopol.

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BGE 129 II 497 (Entreprises Electriques Fribourgeoises) betreffend Art. 3

KG:

"La volonté du législateur était, en révisant la loi sur les cartels en 1995, de

renforcer les critères d'appréciation notamment en ce qui concerne les entreprises

publiques par rapport à l'ancien droit et de ne laisser place que de manière plus

restrictive à la réserve de l'art. 3 al. 1 LCart. Il est par ailleurs conforme aux

fondements constitutionnels de l'économie (art. 94 al. 4 et 96 al. 1 Cst.)

d'admettre de manière plutôt restrictive une exclusion de la concurrence; celle-ci

n'est admissible que sur la base d'une législation claire ordonnant ou autorisant

un comportement anticoncurrentiel. Le simple fait d'attribuer une tâche à l'Etat ou

à une entreprise étatique ne signifie pas encore que le domaine en cause soit

exclu de la concurrence. Il est important de déterminer si les prescriptions

spéciales accordent un espace de liberté aux entreprises concernées ou si elles

veulent leur prescrire d'agir par voie de décision et de manière non

concurrentielle." (a.a.O., S. 516)

07 Wettbewerbspolitik

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07 Wettbewerbspolitik

Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere

Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG)

Art. 5 Unzulässige Wettbewerbsabreden

1 Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen

erheblich beeinträchtigen und sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz

rechtfertigen lassen, sowie Abreden, die zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen,

sind unzulässig.

2 Wettbewerbsabreden sind durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt, wenn

sie:

a. notwendig sind, um die Herstellungs- oder Vertriebskosten zu senken, Produkte

oder Produktionsverfahren zu verbessern, die Forschung oder die Verbreitung von

technischem oder beruflichem Wissen zu fördern oder um Ressourcen rationeller

zu nutzen; und

b. den beteiligten Unternehmen in keinem Fall Möglichkeiten eröffnen, wirksamen

Wettbewerb zu beseitigen.

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07 Wettbewerbspolitik

Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere

Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG)

Art. 5 Unzulässige Wettbewerbsabreden

3 Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird bei folgenden Abreden vermutet, sofern sie

zwischen Unternehmen getroffen werden, die tatsächlich oder der Möglichkeit nach

miteinander im Wettbewerb stehen:

a. Abreden über die direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen;

b. Abreden über die Einschränkung von Produktions-, Bezugs- oder Liefermengen;

c. Abreden über die Aufteilung von Märkten nach Gebieten oder Geschäftspartnern.

4 Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird auch vermutet bei Abreden zwischen

Unternehmen verschiedener Marktstufen über Mindest- oder Festpreise sowie bei Abreden

in Vertriebsverträgen über die Zuweisung von Gebieten, soweit Verkäufe in diese durch

gebietsfremde Vertriebspartner ausgeschlossen werden.

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07 Wettbewerbspolitik

Wettbewerbsabrede

Keine erhebliche

Beeinträchtigung

des Wettbewerbs

Art. 5 Abs. 1 KG

Erhebliche Beeinträchtigung

des Wettbewerbs

Art. 5 Abs. 1 KG

Beseitigung wirksamen Wettbewerbs

Art. 5 Abs. 1 KG

Wird bei gewissen horizontalen und

vertikalen Absprachen vermutet

Art. 5 Abs. 3 und 4 KG

Rechtfertigung

aus Gründen der

wirtschaftlichen Effizienz

Art. 5 Abs. 2/6 KG

Keine Rechtfertigung

Art. 5 Abs. 2/6 KG

Widerlegung

der Vermutung

Keine Widerlegung

der Vermutung

Zulassung

aufgrund überwiegender öffentlicher

Interessen (Bundesrat)

Art. 8 KG

Keine Ausnahmezulassung

durch den Bundesrat

Art. 8 KG

Zulässig = volkswirtschaftlich

und sozial nicht schädlich

Unzulässig = volkswirtschaftlich

und sozial schädlich

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BGE 143 II 297 (Gaba) betreffend Art. 5 Abs. 3 und 4 KG:

1. Verbot an ausländischen Lizenznehmer/Vertriebspartner, direkt oder indirekt in die

Schweiz zu liefern, ist unzulässiger Gebietsschutz gemäss Art. 5 Abs. 4 KG.

2. Für Anwendbarkeit des KG genügt, dass sich Abrede auf den Wettbewerb in der Schweiz

auswirken kann, Intensität ist unerheblich.

3. Abreden gemäss Art. 5 Abs. 3 und 4 KG sind per se, aufgrund ihrer Qualität erheblich,

selbst wenn Beseitigungsvermutung widerlegt wurde.

4. Quantitative Elemente (Marktanteile, Interbrand-Wettbewerb bei Vertikalabreden) sind

irrelevant.

5. Tatsächliche Beeinträchtigung (Umsetzung einer Abrede) ist irrelevant, es genügt die

blosse Möglichkeit einer Wettbewerbsbeeinträchtigung. Typ der Abrede indiziert dieses

Potenzial.

6. Zulässigkeit kann nur gestützt auf Art. 5 Abs. 2 KG vorliegen, wenn Wettbewerbsabrede

durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt ist.

7. Fazit: Parallelimporte bzw. passive Verkäufe in die Schweiz dürfen nicht beeinträchtigt

werden. Vertriebshändler in der Schweiz müssen Waren auch aus dem Ausland beziehen

können. "Form-based approach" anstatt "Effects-based approach".

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Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere

Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG)

Art. 8 Ausnahmsweise Zulassung aus überwiegenden öffentlichen Interessen

Wettbewerbsabreden und Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen, die von

der zuständigen Behörde für unzulässig erklärt wurden, können vom Bundesrat auf Antrag

der Beteiligten zugelassen werden, wenn sie in Ausnahmefällen notwendig sind, um

überwiegende öffentliche Interessen zu verwirklichen.

Art. 11 Ausnahmsweise Zulassung aus überwiegenden öffentlichen Interessen

Unternehmenszusammenschlüsse, die nach Artikel 10 untersagt wurden, können vom

Bundesrat auf Antrag der beteiligten Unternehmen zugelassen werden, wenn sie in

Ausnahmefällen notwendig sind, um überwiegende öffentliche Interessen zu verwirklichen.

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Beseitigung wirksamen Wettbewerbs

Verfügung der Weko vom 6.9.1999 – Unzulässigkeit des

Sammelrevers gemäss Art. 5 Abs 3 Bst. a KG

(Vermutung eines Preiskartells)

Erhebliche Beeinträchtigung

des Wettbewerbs

Erneute Prüfung des Falles durch die Weko

Keine Rechtfertigung aus Gründen

der wirtschaftlichen Effizienz

Feststellung durch die Weko

(bestätigt von der Reko Weko am 11.7.2006 und

vom Bundesgericht mit Urteil

vom 6.2.2007)

Widerlegung der Vermutung

Bundesgerichtsurteil vom 14.8.2002 - Widerlegung der

Vermutung, weil ein "Qualitätswettbewerb" fortbesteht

Keine Ausnahmezulassung

Gesuch betreffend Ausnahme / Entscheid des Bundesrates

vom 2.5.2007 – keine Zulassung aufgrund überwiegender

öffentlicher Interessen (Art. 8 KG)

Unzulässig

Der Sammelrevers ist als volkswirtschaftlich

und sozial schädlich einzustufen

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Buchpreisbindung – Abfolge der Entscheidungen

Mschott
Underline
Vgl. auch das Gesetz über die Buchpreisbindung vom 18. März 2011 (BBl 2011, 2703): Gestützt auf Art. 69 Abs. 2 und Art. 103 BV. Keine Ausnahmen für Internethandel. Durchsetzbarkeit wäre fraglich gewesen. Referendum der Jungparteien (und Migros) war indessen erfolgreich (Volksabstimmung Abstimmung vom 11. März 2012).
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Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG)

Art. 7 Unzulässige Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen

1 Marktbeherrschende Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den

Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder

Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.

2 Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:

a. die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z.B. die Liefer- oder Bezugssperre);

b. die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen

Geschäftsbedingungen;

c. die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener

Geschäftsbedingungen;

d. die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder

sonstigen Geschäftsbedingungen;

e. die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;

f. die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die

Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen.

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Geht vor allem um ehemalige staatliche Monopolunternehmen, namentlich Swisscom.
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Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere

Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG)

Art. 9 Meldung von Zusammenschlussvorhaben

1 Vorhaben über Zusammenschlüsse von Unternehmen sind vor ihrem Vollzug der

Wettbewerbskommission zu melden, sofern im letzten Geschäftsjahr vor dem

Zusammenschluss:

a. die beteiligten Unternehmen einen Umsatz von insgesamt mindestens 2 Milliarden

Franken oder einen auf die Schweiz entfallenden Umsatz von insgesamt

mindestens 500 Millionen Franken erzielten; und

b. mindestens zwei der beteiligten Unternehmen einen Umsatz in der Schweiz von je

mindestens 100 Millionen Franken erzielten.

3 […]

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Mschott
Underline
Präventive Kontrolle, weil Rückabwicklung eines Zusammenschlusses nicht praktikabel wäre. In der Regel keine Verbote, sondern Auflagen betreffend beidseitige Auslagerung der Geschäftsbereiche, in denen Wettbewerb bei Zusammenschluss eingeschränkt würde. Aber vgl. Verbot der Fusion Sunrise-Orange 2010. Rechtsweg wenig praktikabel, da Fusion nicht jahrelang beabsichtigt (in der Schwebe) bleiben kann.
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Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere

Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG)

Art. 9 Meldung von Zusammenschlussvorhaben

4 Die Meldepflicht besteht ungeachtet der Absätze 1–3, wenn am Zusammenschluss ein

Unternehmen beteiligt ist, für welches in einem Verfahren nach diesem Gesetz rechtskräftig

festgestellt worden ist, dass es in der Schweiz auf einem bestimmten Markt eine

beherrschende Stellung hat, und der Zusammenschluss diesen Markt oder einen solchen

betrifft, der ihm vor- oder nachgelagert oder benachbart ist.

5 Die Bundesversammlung kann mit allgemeinverbindlichem, nicht referendumspflichtigem

Bundesbeschluss:

a. die Grenzbeträge in den Absätzen 1–3 den veränderten Verhältnissen anpassen;

b. für die Meldepflicht von Unternehmenszusammenschlüssen in einzelnen

Wirtschaftszweigen besondere Voraussetzungen schaffen.

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Durchsetzungsmechanismen

Zivilrechtliches

Verfahren

Art. 12-17 KG

Verwaltungsrechtliches

Verfahren

Art. 18-53a KG

Vorabklärung

Untersuchung

Sanktionen

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Rechtsweg im Kartellrecht

Beschwerde in öffentlich-

rechtlichen Angelegenheiten

Bundesgericht

Bundesverwaltungsgericht

Wettbewerbskommission

Sekretariat der

Wettbewerbskommission

Verwaltungsgerichtsbeschwerde

1. Instanz

Vorabklärungen/

Antrag

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In der Praxis oft (und deshalb wichtig) Erledigung mittels einvernehmlicher Regelung gemäss Art. 29 KG.
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Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere

Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG)

Art. 49a Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen

1 Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4

beteiligt ist oder sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10

Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.

Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und

der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das

Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.

2 Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbe-

schränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.

3 Die Belastung entfällt, wenn

a. das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung

entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung

eines Verfahrens nach den Artikeln 26–30 mitgeteilt und hält es danach an der

Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;

b. die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre

nicht mehr ausgeübt worden ist; [...]

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Die entlastende Mitteilung ("Comfort-Letter") oder der unbenutzte Fristablauf befreien von der direkten Sanktion, sagen jedoch nichts über die definitive Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des gemeldeten Verhaltens aus. Gemäss BGE 135 II 60 besteht gerade kein Anspruch auf eine Feststellungsverfügung.
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Vorschläge:

1. Institutionenreform: Wettbewerbsbehörde (neues

Wettbewerbsbehördengesetz) und Wettbewerbsgericht (als Teil des

Bundesverwaltungsgerichts),

2. Verschärfung der Regelung betreffend Wettbewerbsabreden (Art. 5),

3. SIEC-Test für Zusammenschlusskontrolle und Abstimmung mit EU-Recht

(Art. 9 und 10),

4. Anpassungen Kartellzivilrecht (Art. 12, 12a und 13),

5. Sanktionsmindernde Berücksichtigung von Compliance-Programmen

(Art. 49a)

6. Nicht: Strafsanktionen gegen natürliche Personen.

Nichteintretensbeschlüsse des NR vom 6.3. und 17.9.2014: Geschäft erledigt.

Revision des Kartellgesetzes (Botschaft vom 22.2.2012; BBl 2012, 3905)

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Bekämpfung der Hochpreisinsel mit dem Wettbewerbsrecht

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07 Wettbewerbspolitik

Initiative Altherr 14.449: Überhöhte Importpreise. Aufhebung des Beschaffungszwangs im

Inland

"Das Kartellgesetz soll wie folgt ergänzt werden (Art. 4 Abs. 2bis, Art. 7 Abs. 1):

Als relativ marktmächtige Unternehmen gelten einzelne Unternehmen, soweit von ihnen andere

Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder

gewerblichen Leistungen, die sie hauptsächlich produzieren oder für ihren Betrieb benötigen,

in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf anderen

Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen."

Aus der Begründung:

• "Viele [Akteure] sind auf ausländische Produktionsmittel, Vorprodukte oder Vorleistungen

angewiesen, müssen dafür in vielen Fällen jedoch weitaus mehr bezahlen als vergleichbare

Nachfrager im Ausland."

• "Dadurch werden […] Produktionskosten und damit auch die Endpreise unnötigerweise zusätzlich

erhöht."

• "'Schweiz-Zuschläge' vermindern deren Wettbewerbsfähigkeit."

• "Folge, dass viel Kapital zu den Lieferanten ins Ausland abfliesst."

• "Das heisst, sie werden im Gegensatz zur ausländischen Konkurrenz praktisch gezwungen,

ineffizient zu wirtschaften."

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Vgl. auch Botschaft des Bundesrates zur Volksinitiative und indirekter Gegenvorschlag vom 29. Mai 2019 (BBl 2019 4877).
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Bekämpfung der Hochpreisinsel mit dem Wettbewerbsrecht

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07 Wettbewerbspolitik

Eidgenössische Volksinitiative 'Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise (Fair-Preis-Initiative)'

Die Bundesverfassung1 wird wie folgt geändert:

Art. 96 Abs. 1

1 Der Bund erlässt Vorschriften gegen volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von

Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen. Er trifft insbesondere Massnahmen zur

Gewährleistung der diskriminierungsfreien Beschaffung von Waren und Dienstleistungen im Ausland

sowie zur Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen, die durch einseitiges Verhalten von

marktmächtigen Unternehmen verursacht werden.

Art. 197 Ziff. 12

12. Übergangsbestimmung zu Art. 96 Abs. 1

1 Bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen erlässt der Bundesrat innerhalb zweier Jahre

nach Annahme der Änderungen von Artikel 96 Absatz 1 durch Volk und Stände die erforderlichen

Ausführungsbestimmungen.

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Bekämpfung der Hochpreisinsel mit dem Wettbewerbsrecht

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07 Wettbewerbspolitik

Eidgenössische Volksinitiative 'Stop der Hochpreisinsel – für faire Preise (Fair-Preis-Initiative)'

2 Die Ausführungsbestimmungen von Bundesversammlung und Bundesrat folgen den nachstehenden

Grundsätzen:

a. Die Verhaltensweisen, die für marktbeherrschende Unternehmen unzulässig sind, sind auch für

Unternehmen unzulässig, von denen andere Unternehmen in einer Weise abhängig sind, dass keine

ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen

(relativ marktmächtige Unternehmen).

b. Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich vorbehältlich einer

Rechtfertigung aus sachlichen Gründen unzulässig, wenn sie die Möglichkeit für Nachfrager

einschränken, Waren oder Dienstleistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im

Staat ihrer Wahl zu den dort von den Unternehmen praktizierten Preisen zu beziehen;

Preisdifferenzierungen bleiben zulässig, solange Unternehmen nicht wettbewerbswidrige Ziele

verfolgen und keine Wettbewerbsverzerrungen verursachen.

c. Unternehmen dürfen durch einseitiges Verhalten die Beschaffung der von ihnen exportierten Waren

im Ausland einschränken, wenn diese Waren ins Produktionsland reimportiert und dort ohne weitere

Bearbeitung weiterverkauft werden sollen.

d. Relativ marktmächtige Unternehmen sind bei unzulässigem missbräuchlichem Verhalten von

direkten kartellrechtlichen Sanktionen ausgenommen.

e. Der diskriminierungsfreie Einkauf im Online-Handel ist grundsätzlich zu gewährleisten,

insbesondere durch eine Bestimmung gegen unlauteren Wettbewerb.