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Kleine Schriftenreihe zur Militär- und Marinegeschichte Stephan Huck (Hg.) Die Kriegsmarine Eine Bestandsaufnahme Verlag Dr. Dieter Winkler LESEPROBE LESEPROBE

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Page 1: Verlag Dr. Dieter Winkler

Kleine Schriftenreihezur Militär- und Marinegeschichte

Stephan Huck (Hg.)

Die KriegsmarineEine Bestandsaufnahme

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Inhaltsverzeichnis

Geleitwort zur Schriftenreihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

STEPHAN HUCK

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Marine und Krieg

JOST DÜLFFER

Deutschlands zweiter Griff nach der Seemacht – Das Scheitern eines national-sozialistischen Konzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

STEFAN KIEKEL

Auf gleichem Kurs? Neue Aspekte zum Verhältnis von Handelsschifffahrt und Kriegsmarine während des Zweiten Weltkrieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

HOLGER H. HERWIG

Die Kriegsmarine und der Zweite Weltkrieg – Zäsur 1941 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Operationen

STEPHAN HUCK

»Die Nadel im Heuhaufen« oder der Kreuzerkrieg im Zweiten Weltkrieg . . . . . 53

ANDREAS MÜCKUSCH

Die Operation »Rheinübung« und der Mythos BISMARCK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

RÜDIGER SCHIEL

»Cerberus«, »Mandarine«, »Donnerkeil« – Aspekte eines Wendepunktes . . . . . 81

HAJO NEUMANN

Der U-Boot-Krieg im Atlantik 1942 / 43 – Höhepunkt und Zusammenbruch . . . 105

Lebenswelten

LARS HELLWINKEL

Selbst- und Fremdbilder – Die deutsche Kriegsmarine im besetzten Frankreich . 117

ANDRÉ PECHER

Friedrich Oskar Ruge (1894 – 1985) – Von Kriegsbildern, Selbstbildern und Fremdbildern eines ungewöhnlich-gewöhnlichen Marineoffi ziers . . . . . . . . . . . 129

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DIETER HARTWIG

Ein Soldat im Banne des »Führers« jenseits der Wirklichkeit – Die Lebenswelten des Karl Dönitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

JÖRG HILLMANN

Für die Kriegsmarine begann der Krieg erst am 03. September – Großadmiral Erich Raeder und seine Marine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

Ausbildung, Erziehung und Propaganda

CHRISTIAN JENTZSCH

Die Ausbildung zum Marineoffi zier während der Kriegsjahre 1939 – 1945 . . . . . 161

ARMIN NOLZEN

Kriegsmarine, NSDAP und »wehrgeistige Führung« im Zweiten Weltkrieg . . . . . 173

THORSTEN LOCH

Bilder der Kriegsmarine – Überlegungen zu den Soldatenbildern der Wehrmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

Kriegsende

HERBERT KRAUS

Das Kriegsende in Flensburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

HANS FRANK

Rudolf Petersen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

Nachwirkungen

MICHAEL EPKENHANS

»Nachkriegswahrnehmungen« – Die Traumata der Marine und das Dilemma, die Vergangenheit zu deuten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

Anhänge

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235Abkürzungsverzeichnis und Siglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259Schiffsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262Geografi sches Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267Abbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271Reihenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

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Einleitung

von

Stephan Huck

Der vorliegende Band, dessen Herausgabe sich ungebührlich lang verzögert hat – dies sei mit einem Dank an die Geduld der Beiträger eingeräumt – geht auf eine Tagung zurück, die der Freundeskreis Marineschule Mürwik e.V. und die Stiftung Deutsches Marinemuseum gemeinsam mit dem Verlag Dr. Dieter Winkler im November 2011 in Wilhelmshaven aus Anlass des zehnjährigen Bestehens der »Kleinen Schriftenrei-he zur Militär und Marinegeschichte« veranstaltet haben. Sie nahm ausgehend vom Jahr 1941 den Gesamtzeitraum des Bestehens der Kriegsmarine in den Blick, geglie-dert in die fünf Themenbereiche »Marine und Krieg«, »Operationen«, »Lebenswelten«, »Ausbildung, Erziehung und Propaganda« sowie »Kriegsende«, die auch dem vorlie-genden Band als Ordnungskriterium zu Grunde liegen. Ergänzt wird der Band durch die Druckfassung eines Vortrages, den Jörg Hillmann im Deutschen Marinemuseum zur Person Großadmiral Erich Raeders hielt, sowie einen Beitrag von Armin Nolzen zur Verfl echtung von Kriegsmarine und Nationalsozialismus. Zur besseren Nutzbar-keit wurden die Literaturangaben sämtlicher Beiträge zu einer Auswahlbibliographie im Anhang zusammengefasst.

Der Zweite Weltkrieg liegt nunmehr 70 Jahre zurück. Das Ereignis verlässt mit dem Versterben der letzten Zeitzeugen die Ebene des kommunikativen Gedächtnisses und tritt über in das kulturelle Gedächtnis. Damit geht in der Regel eine qualitative Ver-änderung der öffentlichen Erinnerungsarbeit einher. Das Streiten der Lebenden über die Deutung des Ereignisses verebbt, in vergangenen Diskursen ausgehandelte Ergeb-nisse verfestigen sich, nach und nach werden die Ereignisse zu Mythen, also Ereignis-sen scheinbarer Gewissheit, oder fallen dem Vergessen anheim.

Schon aus diesem Grunde ist es geboten, sich dem Stand der Forschungen zur Geschichte der Kriegsmarine des Deutschen Reiches in der Zeit des Nationalsozialis-mus und des Zweiten Weltkrieges zu widmen und eine Bestandsaufnahme mit dem Ziel zu ziehen, solcher Mythenbildung entgegen zu wirken und stattdessen Ausgangs-punkte für weitere Forschungen zu formulieren. Dazu wird die nunmehr 70-jährige Forschungsgeschichte im Folgenden schlaglichtartig ins Gedächtnis gerufen, ohne dass diese knappe Einleitung freilich den Anspruch eines umfassenden Forschungsberich-tes erheben will.

Nicht anders als für die Gesamtheit der Wehrmacht stand auch die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen am Anfang der Geschichtsschreibung über die Kriegs-marine. Vor dem Nürnberger Gerichtshof hatten sich sowohl die beiden ehemaligen Oberbefehlshaber der Kriegsmarine Karl Dönitz und Erich Raeder wie auch die Kriegs-marine als Organisation selbst zu verantworten. Die Kriegsmarine und ihre Repräsen-tanten kamen in diesem Prozess vergleichsweise milde davon: Während die Heeresuni-form tragenden angeklagten Angehörigen des Oberkommandos der Wehrmacht, Ge-

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neralfeldmarschall Wilhelm Keitel und Generaloberst Alfred Jodl in allen vier Ankla-gepunkten schuldig gesprochen und am 16. Oktober 1946 hingerichtet worden waren (wobei anzumerken ist, dass Generalfeldmarschall Walther von Brauchitsch als Ober-befehlshaber des Heeres bis 1941 selbst im Hauptkriegsverbrecherprozess nicht auf der Anklagebank saß), hatte Großadmiral Erich Raeder eine lebenslange Haftstrafe erhal-ten, von der er aus gesundheitlichen Gründen außerdem nur einen Teil verbüßen muss-te. Großadmiral Karl Dönitz musste sogar nur eine zehnjährige Haftstrafe verbüßen.1 Die Legende der unpolitischen, in Distanz zum Nationalsozialismus stehenden Kriegs-marine, nahm hier ihren Ausgang und wurde nicht zuletzt durch die zeitnah nach dem Kriegsende entstandenen Memoiren hochrangiger Offi ziere, allen voran der beiden frü-heren Oberbefehlshaber,2 aber auch Friedr ich Ruges 3 oder Bernhard Rogges 4 befördert. Nur wenige fanden wie der spätere erste Befehlshaber der Flotte, Admiral Johanness-on ,5 kritische Worte hinsichtlich ihrer eigenen Rolle im Nationalsozialismus. Karl Dö-nitz ließ diese Einsicht bis zu seinem Tode missen und wirkte so polarisierend bis weit in die Ära der Bundesmarine hinein.6

Neben den Erkenntnissen, die die Nürnberger Prozesse zu Tage brachten, gilt vor allem die Tätigkeit des Naval Historical Team als Ausgangspunkt zur Abfassung der Marinegeschichte. Ähnlich wie die Historical Division um den ehemaligen Gene-ralstabschef Franz Halder7 bot sich hier ehemaligen hochrangigen Marineoffi zieren um den vormaligen Generaladmiral Otto Schniewind ergänzend zur Einfl ussnahme auf die sich abzeichnende Bewaffnung der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit, das Nachkriegsbild der Kriegsmarine nachhaltig positiv zu beeinfl ussen.8 Als mittel-bar aus dem Naval Historical Team hervorgegangener akademischer Forscher zur Ge-schichte der Kriegsmarine ist der ehemalige U-Boot-Offi zier und spätere Leiter der Bib-liothek für Zeitgeschichte, Jürgen Rohwer , zu nennen,9 der mit der von Friedrich Ruge angeregten deutschsprachigen Ausgabe von Elmer B. Potters und Chester W. Niemitz’ »Seapower«10 ebenso ein Standardwerk vorlegte wie mit seinen Forschungen zum U-Bootkrieg, vor allem zur Funkaufklärung und der Entschlüsselung des Funkverkehrs der Kriegsmarine.11

Die Geschichtsschreibung zur Wehrmacht und mithin auch die Geschichte der Kriegsmarine und des von ihr geführten Seekrieges bewegten sich anfangs zwischen den beiden Polen der juristischen Aufarbeitung in Nürnberg und der zehn Jahre später beginnenden Wiederbewaffnung. Sie war von Anfang an h ochgradig politisiert.12 Auch wenn stets das Heer als der größte Wehrmachtteil im Fokus des allgemeinen Interes-ses stand, gilt dies doch auch für die Kriegsmarine, wie die heftige öffentliche Reakti-on auf die Begrüßungsworte Karl-Adolf Zenkers , des ranghöchsten Marineoffi ziers der neugegründeten Bundesmarine, deren ersten Freiwilligen am 16. Januar 1956 in Wil-helmshaven gegenüber zeigte: Der Versuch, in den in Nürnberg zu Haftstrafen verur-teilten ehemaligen Oberbefehlshabern der Kriegsmarine aufgrund des politischen Kli-mas der Nachkriegsjahre zu Unrecht verurteilte Repräsentanten einer aus dem Krieg »makellos« hervorgegangenen Kriegsmarine sehen zu wollen und darüber hinaus eine Mitwirkung an der Verteidigung der Bundesrepublik indirekt von der Billigung durch die ehemaligen Großadmirale abhängig zu machen, löste eine Große Anfrage im Deut-schen Bundestag aus und initiierte einen Kommandeurbrief von Zenkers Nachfolger, Friedrich Ruge , hinsichtlich Fragen zur Tradition.13

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Deutschlands zweiter Griff nach der SeemachtDas Scheitern eines nationalsozialistischen Konzepts

von

Jost Dülffer

»Am 3.9.39 trat Deutschland in den Krieg mit England ein, da dieses – entgegen der An-nahme des Führers, ›braucht wegen der polnischen Frage nicht zu kämpfen‹– glaubte im jetzigen Augenblick in Verbindung mit der polnischen Frage als Vorwand kämpfen zu sol-len … Was die Kriegsmarine anbetrifft, so ist sie selbstverständlich im Herbst 1939 noch keineswegs für den großen Kampf mit England gerüstet … Die Überwasserstreitkräfte sind aber noch so gering an Zahl und Stärke gegenüber der englischen Flotte, daß sie – vollen Einsatz vorausgesetzt – nur zeigen können, daß sie mit Anstand zu sterben verstehen …« .1

Am Anfang stand also eine Bankrotterklärung wegen fehlerhafter Planung. Der zweite Anlauf zu einer deutschen Seemacht ersten Ranges nach der Tirpitzzeit war gründlich missglückt. Die Flotte, die dazu gebaut wurde, einen Seekrieg führen zu können, war genau für den Krieg, der im September 1939 begann, ungeeignet. Schuld hatte nicht die Marineführung, sondern die politische Führung – Adolf Hitler voran.

Zwei Deutungen für deutsche Marineentwicklung konkurrieren seit langer Zeit. Die eine ging von einer gleichsam autonomen Planung der Fachleute aus, die gelegent-lich Richtlinien von der politischen Führung bekamen, die entweder angemessen för-derten oder sachfremd intervenierten. Dieser marinezentrische Blick wurde von den Memoiren Raeders und Dönitz vorgegeben und fand sich in der einschlägigen Litera-tur hin bis zu Michael Salewskis Habilitationsarbeit von 1 970.2 Eine andere Sicht suchte stärker die Einbindung der Marine in die Gesamtpolitik zu gewichten und nicht primär von einer Dichotomie Politik – Militär auszugehen, sprich: die Marine in jeder Sicht, zu-mal in ihrer politisch-militärischen Ausrichtung als einen Teil der Reichspolitik zur NS-Zeit zu begreifen.

Die Reichs- und Kriegsmarine war wesentlich durch die Limitierungen des Versailler Vertrages und sodann durch das deutsch-britische Flottenabkommen vom 18. Juni 1935 geprägt.3 Sie richtete sich in der gesamten Zeit zwischen den beiden Welt-kriegen an den international übernommenen Bindungen aus. Das gab der Flotte einen äußeren Rahmen, der aber je nach Phase unterschiedlich immer mit den Möglichkei-ten einer davon freien Rüstung gedacht, anvisiert und schließlich auch geplant wurde. Parallel dazu gab es aus der Vorweltkriegszeit überkommene Denkhorizonte, die auf wahre Seemacht, Weltgeltung und ozeanische Operationen zielten. »Die Skala der Welt-geltung der Nationen ist identisch mit der Skala ihrer Seemacht«, führte Raeder 1934 gegen-über Hitler aus.4 Grundfragen der Seestrategie gerieten in Abgleich mit den fi nanziel-len Möglichkeiten und den internationalen Bindungen immer wieder ins Abseits. Je-denfalls war die Flotte zu Beginn des Krieges 1939 weitgehend diejenige, welche im Flottenabkommen von 1935 sanktioniert worden war: sie sollte 35 % der britischen Ton-

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nage umfassen, bei Bedarf (der Ende 1938 durchgesetzt wurde) 100 % der U-Boottonna-ge. Das war eine kleine Konzession der Briten gewesen, die gerade hier keinen Schwer-punkt gesetzt hatten. Genau genommen war diese 35 %-Flotte etwa auf das Jahr 1942 terminiert. Ihr Bautempo wurde jedoch im Lauf der Zeit so beschleunigt, dass diese Flotte zu Kriegsbeginn im Kern kurz vor der Indienststellung stand – F und G, BISMARCK und TIRPITZ waren hierin die ersten eigentlich vollwertigen Schlachtschiffe, die Anfang 1939 vom Stapel liefen.

Diese Flotte bildete in allen Überlegungen der Kriegsmarine einen Zwischen-stand, der nicht zur Führung des wahrscheinlichen oder erwarteten Seekrieges geeig-net war. Die Marinepläne reichten aber seit langem weit darüber hinaus. Maßgeblich war der Z-Plan vom 27. Januar 1939. Er umfasste als Neubauten über das bisherige Pro-gramm hinaus sechs Superschlachtschiffe vom Typ H, 12 neuartige Panzerkreuzer, acht Flugzeugträger, 24 neue Kreuzer vom Typ M, 36 Spähkreuzer, 70 Zerstörer, 78 Torpedo-boote, 162 U-Boote für Fernverwendung, 27 U-Boote für Sonderverwendung (Artille-rie-, Minen-, Flotten-U-Boote) sowie 60 für heimische Gewässer.5 Fertig gestellt werden sollte dieses »vorläufi ge Endziel« bis 1947. Bemerkenswert an diesem Programm war fer-ner, dass es von Hitler zu einem Zeitpunkt höchste Priorität unter allen, wirklich allen Rüstungsmaßnahmen erhielt, aber auch vor dem Export rangierte. Gerade dieser sollte eigentlich zu derselben Zeit nachdrücklich gefördert werden, da mit ihm Devisen ver-dient werden sollte, die auch für die Rüstung zentral waren. Das geschah ferner zu ei-nem Zeitpunkt, als mit dem Münchener Abkommen vom 30. September 1938 die Su-detengebiete unter deutscher Erpressung von den Großmächten NS-Deutschland zu-gesprochen worden waren, die Annexion Böhmen und Mährens nicht mehr weit war und bald danach ein realer Krieg zur Eroberung Polens anstand.6 Es war dies eine Zeit von wachsenden internationalen Spannungen, in denen sich die Staatengemeinschaft anschickte, deutsche aggressive friedliche oder militärische Alleingänge nicht mehr nur mit Protesten zu beantworten. Unter der Gefahr eines allgemeinen europäischen Krieges, der aber Hitler und seinen Paladinen bis zum Schluss nicht sicher war, konn-ten neben Frankreich auch Großbritannien auf Seiten der angegriffenen Polen stehen – ggf. auch die Sowjetunion , was jedoch der Hitler-Stalin-Pakt vom 23. August 1939 ver-hinderte. Der Z-Plan stellte keinen beliebigen »Führerbefehl« dar, der durch den nächs-ten Besucher mit einem anderen gegenläufi gen Befehl bald neutralisiert wurde – wie es später so häufi g geschah. Vielmehr wiederholte Hitler diese in der deutschen Ge-schichte einmalige Priorität der Kriegsmarine in diesen Monaten mehrfach. Auch ma-teriell vermochte sich die Marine durchzusetzen: angesichts von Mangel an allen Rüs-tungsgütern wurden große Mengen an Rohstoffen, Stahl voran, Personal und schließ-lich auch Geld im Sommer 1939 genau in diese Umverteilung zugunsten der Marine ge-steckt. Im höchstmöglichen Tempo wurde also zur selben Zeit für die größte Flotte der deutschen Geschichte gerüstet, als Kontinentalkriege unter Vermeidung eines Eingrei-fens größerer Seemächte anvisiert wurden.

Was hatte das zu bedeuten? War Hitler total durchgeknallt, wie nach Kriegsbe-ginn und auch nach 1945 viele argumentierten, die ja nichts mit den Entwicklungen oder Verantwortlichkeiten der Zeit zu tun haben wollten? Oder dachten er und sei-ne Umgebung sich etwas dabei? Es spricht einiges dafür, dass Letzteres der Fall war, auch wenn nach Darlegung der Motive manche Historiker dies immer noch für durch-

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Auf gleichem Kurs?Neue Aspekte zum Verhältnis von Handelsschifffahrt und

Kriegsmarine während des Zweiten Weltkrieges

von

Stefan Kiekel

Vorbemerkungen

Jahrhundertelang waren die Grenzen zwischen Kriegs- und Handelsmarine fl ießend. Eine Unterscheidung war nicht nur unüblich, sondern widersprach angesichts der zahlreichen Gefahren und Unwägbarkeiten des Warentransportes über See auch der Praxis und der alltäglichen Erfahrungswelt des Schifffahrtsbetriebes. Erst das moder-ne Seekriegsrecht hat das reine Kriegsschiff und das ausschließliche Handelsschiff de-fi nitorisch voneinander geschieden, was am Ende des 19. Jahrhunderts als revolutionä-re Errungenschaft angesehen wurde. Es verwundert deshalb nicht, dass die Einheit von bewaffneter und ziviler Schifffahrt auch nach der begriffl ichen seekriegstheoretischen Trennung landläufi ges Allgemeingut blieb. Zu offensichtlich waren die Gemeinsamkei-ten und Wechselbeziehungen zwischen beiden »Marinen«. Der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Erich Raeder , fasste 1935 die Gemeinsamkeiten am deutschen Beispiel propagandistisch zugespitzt zusammen:

»Kriegsmarine und Handelsmarine sind eng miteinander verbunden. Sie haben ernste ge-meinsame Aufgaben. Beiden ist es vergönnt, der Nation in hervorragendem Maße zu die-nen. Beide stehen im Auslande auf den äußersten Vorposten des Reiches. Sie sind Künder deutscher Art und deutschen Wesens, deutschen Fleißes und deutscher Werkmannsarbeit«1

Nicht nur in Zeiten des Dritten Reiches war die proklamierte Eintracht zwischen Kriegs-marine und Handelsschifffahrt Kernpunkt maritimer Propaganda. Jedes Seemachts-denken fußte zwangsläufi g auf dem Ideal des harmonischen Gleichklangs von »Han-del« und »Flagge« und bezog immer die unbewaffnete Seefahrt in die maritime Gesamt-rechnung mit ein. Damit kam der Handelsschifffahrt eine Bedeutung für die »Seegel-tung« eines Staates zu: Zum einen besetzte eine leistungsfähige Handelsschifffahrt als Bindeglied zwischen Binnenwirtschaft und Außenhandel eine ökonomische Schlüssel-stellung und damit eine nach Tonnage und Transportfähigkeit quantifi zierbare volks-wirtschaftliche Funktion. Zum anderen war allein die Existenz einer leistungsfähigen Handelsfl otte eine Verstärkung des staatlichen »maritimen Potentials«, das neben den messbaren auch ideelle Variablen enthielt, die ihren Ursprung in der emotional-symbo-lischen Aufl adung von Begriffen wie »Meer«, »Flagge« oder »Seefahrt« hatte.

Die auf eine Handelsfl otte angewendeten Begriffe des »maritimen Potentials«, der »nationalen Funktion« oder der »militärischen Verwendungsmöglichkeit« unterliegen in modernen, von Globalisierung, übernationalen Transportkonzernen und Billigfl ag-

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genländern gekennzeichneten Zeiten einem stetigen Verlust an Trennschärfe und wir-ken heute im durchrationalisierten, auf die Stunde genau getakteten, internationalisier-ten Massenumschlag per Schiff fremd und anachronistisch.

Folgt man der traditionellen Defi nition von »Seefahrt«, die »Handelschifffahrt« und »Staat« als untrennbare Symbiose auffasst, so werden im allgemeinen der zivilen Schifffahrt lehrbuchartig auf zweierlei Art militärische Aufgaben zugemessen. Zum ei-nen kommt der zivilen Handelsschifffahrt naturgemäß in Kriegszeiten eine materiel-le Ergänzungsfunktion zu, da kaum eine Marine es sich leisten kann, alle im Mobilma-chungsfall benötigten Fahrzeuge ständig vorzuhalten.2 Handelsschiffe dienen hier als Hilfskriegs- oder Beischiffe wie z.B Handelsstörkreuzer, Truppentransporter, Sperrbre-cher, Tross-, Werkstatt-, Wohn- oder Lazarettschiffe. Zum anderen erfüllt die Handels-schifffahrt auch in Krisen- und Kriegszeiten eine ökonomische Versorgungsfunktion. Besonders seit den industriell geführten Kriegen ab Mitte des 19. Jahrhunderts tritt die-se Transportaufgabe für die Kriegswirtschaft zunehmend in den Vordergrund. Für das rohstoffarme Deutschland sollte die Frage der ausreichenden Einfuhr von Erzen, Metal-len, Treibstoffen usw. trotz aller Autarkiebestrebungen in beiden Weltkriegen eine zu-mindest stark kriegsbeeinfl ußende, wenn nicht gar kriegsentscheidende werden.

Der politisch gewollte und ideologisch verbrämte vermeintliche enge »Schulter-schluss« von Kriegsmarine und Handelsschifffahrt war ein Kernpunkt der deutschen maritimen Propaganda des »Dritten Reiches«. Entsprechend harmonisch war das offi zi-elle Bild gezeichnet, das die reibungslose Zusammenarbeit zwischen Marine und Pri-vatschifffahrt herausstellen sollte. Gegenteiliges fi el durch das strenge Raster der Pro-paganda. Tatsächlich weist die deutsche Seekriegsgeschichte des Zweiten Weltkrieges genügend Beispiele auf, in denen das Zusammenspiel von ziviler und militärischer Schifffahrt dem angestrebten Gleichklang zumindest nahe kam. Dieses gelungene Zu-sammenwirken und gemeinsam Geleistete ist bis heute Gegenstand der meisten Unter-suchungen zum Thema »zivil-militärische Zusammenarbeit auf dem maritimen Sektor wäh-rend des Zweiten Weltkrieges«. Ein Aspekt musste dabei zwangsläufi g zu kurz kommen: Die immanente Gegensätzlichkeit zwischen den beiden maritimen »Schwestern«. Denn die unvermeidliche Konkurrenz, den Ressortegoismus, die Denkunterschiede, das ge-genseitige Mißtrauen und das Nicht-Verstehen-Wollen und -Können hat es auch gege-ben. Diese Verschiedenheit in Anschauungen und Mentalitäten war vielfach wirkungs-mächtiger als die behauptete Einträchtigkeit. Deshalb sollen im folgenden ausgewähl-te Konfrontationen untersucht werden, die dem Idealbild der Propaganda entgegen-stehen. Damit soll ein realistischeres Bild des Verhältnisses von bewaffneten zu zivi-len Kräften gezeichnet werden, das die vorherrschende Wahrnehmung in wesentlichen Teilbereichen ergänzen soll. Die Zusammenstöße von militärischem und kaufmän-nisch-zivilem Denken sollen beispielhaft anhand von drei ausgewählten Brennpunk-ten nachgezeichnet werden:

1. der Vorbereitung der Handelsschifffahrt auf einen Kriegsfall am Beispiel der Sude-tenkrise 1938,

2. dem Gegensatz von Reederschaft und Kriegsmarine in der Blockadebrecherfrage 1939 / 40 sowie

3. den Reibungen im alltäglichen Schifffahrtsbetrieb unter Kriegsbedingungen.

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Die Kriegsmarine und der Zweite Weltkrieg Zäsur 1941

von

Holger H. Herwig

Andreas Hillgruber benötigte für das Thema dieses wenige Seiten starken Aufsatzes zum Zäsurcharakter des Jahres 1941 ganze 700 Druckseiten, Michael Salewski 600 und Werner Rahn 250 Seiten im Band 6 des Weltkriegswerkes des MGFAs. Die hier zu leis-tende Aufgabe ähnelte daher der des Schauspielers George Sanders , eines der sieben Ehemänner von Zsa Zsa Gabor , der am Hochzeitsabend gesagt haben soll: »Ich weiss schon was ich tun muss, aber wie kann ich das noch interessant machen?«

Zum Thema Leitmotiv der deutschen Seekriegsleitung im Zweiten Weltkrieg möchte ich zwei bekannte Zitate aus dem Kriegstagebuch der I. Seekriegsleitung ge-geneinander stellen. Zuerst, dasjenige des 3. September 1939. »Am heutigen Tage,« ver-merkte Großadmiral Erich Raeder , Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, »ist der Krieg ausgebrochen, mit dem wir nach den bisherigen Äußerungen des Führers nicht vor etwa 1944 zu rechnen brauchten. ...« Fast prophetisch und gewiss pathetisch resümierte Raeder , dass »die Überwasserstreitkräfte...nur zeigen können, daß sie mit Anstand zu sterben verstehen und damit die Grundlage für einen späteren Wiederaufbau zu schaffen gewillt sind.«1

Zweitens, dasjenige des 7. Dezember 1941. Erneut wies Raeder auf den leidlichen Zustand hin, dass der »Krieg gegen England um 5 Jahre zu früh einsetzte« und die Kriegs-marine so nicht in der Lage sei, den japanischen Überraschungsangriff auf Pearl Harbor »im Atlantik und im Mittelmeer entschieden auszunutzen.« Es blieb so nur die »Erkenntnis« auch des »letzten Europäers« von der »entscheidenden Bedeutung der Begriffe Seeverkehr und Seemacht zum Allgemeingut« zu erheben.2

Vergleicht man die beiden Äußerungen Raeders mit derjenigen seines engli-schen Gegenspielers, Admiral of the Fleet Sir Dudley Pound vom 4. September 1939, be-kommt man eine seestragegisch und psychologisch doch aufschlußreiche Einschätzung der Kriegslage in London. Nüchtern, sachlich, schlicht und »matter of fact« analysierte der Erste Seelord die britische Seestrategie: »In dieser ersten Phase [des Krieges] mit Japan friedlich und Italien neutral wenn zugleich unbestimmbar, scheint sich der Hauptangriff [des Gegners] auf die Anmarschwege Englands aus dem Atlantik zu richten.« Sofortige Maßnah-men wurden befohlen. Das Konvoisystem wurde eingeführt und alle nur zu entbeh-renden Zerstörer aus dem Fernen Osten sowie aus dem Mittelmeer zurückgerufen und als Geleitschutz den Western Approaches zugeteilt. Jeden Morgen erwartete der Erste Seelord eine exakte Aufstellung aller Handelsschiffe, die sich innerhalb drei Tagesfahr-ten von England befanden; deren Kapitäne hatten den Admiralty-Befehlen ohne Wider-spruch zu gehorchen, sonst drohte ihnen sofortige Entlassung. Zum Schluss vermerkte Pound fast lapidar: »Die Frage eines Ausbruchs der fünf (oder sieben) deutschen Großkampf-schiffe würde eine Hauptkrise des Seekrieges darstellen, die einen Sonder plan benötige.«3

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Am 12. September wies der Erste Seelord die Royal Air Force an, die Flotte in Sca-pa Flow scharf zu überwachen.4 Sechs Tage später befahl Winston Churchill , der Ers-te Lord der Admiralty, Pound , jeden Ausbruch der deutschen Kernfl otte sofort mit den schnellsten und stärksten Überwasserstreitkräften zu stellen.5 Vor allem war Pound von Anfang an darauf bedacht, dass man in London nicht bloß auf deutsche Initiative reagierte, sondern »sehr gelassen eine integrierte Strategie« für alle Teilstreitkräfte entwi-ckelte.6 Das war, meines Erachtens, doch eine klare sowie eindeutige Seestrategie für die Anfangsphase des Krieges.

Meine Einführungsworte sollen aber nicht missverstanden werden – in dem Sin-ne, dass man von deutscher Seite seestrategisch ahnungslos in den Krieg zog, denn bei der Seekriegsleitung gab es generelle Übereinstimmung, wie der Hauptgegner an sei-ner verwundbarsten Stelle getroffen werden sollte. Da der berühmte »Z-Plan« vom De-zember 1938 – der die Fertigstellung von 6 »H«Schlachtschiffen und 4 Panzerschiffen bis Ende 1944 vorsah – Papier blieb, stellte dies auch die im Kriegsspiel Winter 1938 / 39 entworfene »Doppelpol« Strategie für die Überwasserstreitkräfte in Frage, die den »Angriff auf die ozeanischen Seeverbindungen Groß-Britanniens und Operationen ge-gen die englische Flotte in der Nordsee« vorsah.7 Es blieb laut Adolf Hitlers »Weisung Nr. 1 für die Kriegführung« vom 31. August 1939 nur ein Mittel um den Krieg zu See erfolg-reich zu gestalten: »Die Kriegsmarine führt Handelskrieg mit dem Schwerpunkt gegen Eng-land.«8 Zwei Monate später trug Raeder seine eigene, gleichartig »brutale« Konzepti-on vor: »Das strategische Ziel der offensiven Seekriegführung [ist] Lähmung der feindlichen Kriegswirtschaft durch Abschnürung der Seeverbindungen.«9

Das war das Motto der Kriegsmarine; von Raeders großer England-Denkschrift im Oktober 1938 hin bis zu den beiden weiteren großen Denkschriften vom Juli und Oktober 1941. »Der Seekrieg ist der Kampf um die wirtschaftlichen und militärischen Seever-bindungen.« Von einer »offensiven Seekriegführung nur mit Ubooten« (vgl. den Beitrag von Dieter Hartwig in diesem Band) versprach Raeder sich nicht »zu weitreichende Er-folge.«10 Hinzu kam bei Raeder die Ansicht aus dem Ersten Weltkrieg, dass eine Flot-te, die in der Hauptsache nur aus U-Booten bestand, keine Weltgeltung für sich in An-spruch nehmen konnte. Im Januar 1917, also bereits kurz vor der Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Boot-Krieges im Ersten Weltkrieg beschäftigte sich der Staatsse-kretär des Reichmarineamtes, Eduard von Capelle ernstlich mit der Frage, »nach dem be-endetem Krieg einen besonderen Hafen als Unterseebootfriedhof einzurichten.«11

Das Grundschema der deutschen Seestragie folgte, laut Michael Salewski weni-gen einfachen Regeln: Abschnürung der britischen Inseln von den atlantischen Zufuh-ren, offensives Vorgehen zur Unterbrechung dieser Verbindungswege und Schädigung der gegnerischen Kernfl otte durch die doppelpolige Kampführung mit schweren Über-wasserstreitkräften.12 Dennoch bewegten sich Hitler und Raeder auf unterschiedlichen Ebenen: während der »Führer« auf einen kurzen, auf Europa begrenzten Krieg und da-nach Wiederannäherung zu England (ohne Churchill ) baute, nahm Raeder einen lan-gen, radikalen, umfassenden atlantischen Wirtschaftskrieg mit England in Kauf, auch wenn dabei der Kriegseintritt der Vereinigten Staaten von Amerika »mit Sicherheit« zu erwarten war.13 Denn die deutsche Seekriegsleitung wusste aus ihren Erfahrungen im Ersten Weltkrieg, dass die wirtschaftliche sowie fi nanzielle Verbindung Englands mit den USA der Lebensnerv des Inselreiches war. Der Großadmiral sprach ständig von ei-

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»Die Nadel im Heuhaufen« oder der Kreuzerkrieg im Zweiten Weltkrieg

von

Stephan Huck

Der Erste Weltkrieg zur See war entgegen der Vorkriegsannahmen der deutschen Ma-rineführung in erster Linie ein Handelskrieg gewesen, in dem mangels anderweitiger verfügbarer Einheiten vor allem den Unterseebooten im Einsatz gegen die faktische bri-tische Blockade eine Schlüsselrolle zugekommen war. Vor diesem Erfahrungshorizont ging die Marineleitung in der Zwischenkriegszeit davon aus, dass dem Kampf um See-verbindungen auch in einer kommenden Auseinandersetzung eine Schlüsselrolle zu-kommen würde.1

Gleichwohl folgte dieser Erfahrung keine stringente Strategie oder gar ein strin-genter Rüstungsplan. Sie konkurrierte vielmehr mit der in tirpitzscher Denktradition stehenden Überzeugung, dass Deutschland schon um des Prestiges und der sichtba-ren Überwindung der Beschränkungen des Versailler Vertrages willen eine angemes-sene Zahl schwerer Überwassereinheiten benötigte. Diese kam erstmalig in der Debat-te um die Beschaffung des Panzerschiffs A, des »Westentaschenschlachtschiffs« zum tra-gen.2 Zudem konkurrierte sie nach der »Machtergreifung« Hitlers mit dessen angenom-mener Konzentration auf das Heer,3 bzw. nach Beginn des Krieges mit dem tatsächli-chen Kampf um die knappen Ressourcen.4

Der folgende Beitrag zeichnet in knappen Strichen den Stellenwert des Kreuzer-krieges in den Vorkriegsplanungen der Marineleitung und seine Umsetzung in den ers-ten Kriegsjahren nach. Ausgeklammert bleibt mit Verweis auf den in diesem Band ent-haltenen Beitrag von Hajo Neumann der Krieg mit Unterseebooten, wiewohl dieser vollständig dem Handelskrieg zuzurechnen ist und unstrittig die Komponente des See-krieges darstellt, die sich am deutlichsten auf den Kriegsverlauf auswirkte.

Der Stellenwert des Kreuzerkrieges in der Strategie der Führung

In den späten 1920er Jahren und der ersten Hälfte der 1930er Jahre galt der Marinelei-tung ein Krieg mit Frankreich und Polen als wahrscheinlichstes Szenario. Gleichwohl nahm Großbritannien einen zentralen Stellenwert im strategischen Denken der Mari-neleitung ein: die Marine müsse so ausgestattet sein, dass eine Seeblockade, wie sie im Ersten Weltkrieg bestanden hatte, verhindert werden könne. Hierzu seien Untersee-boote, Seefl ieger und einige überlegene schwere Einheiten erforderlich.5 Aufgrund sei-ner persönlichen Erfahrungen als Admiralstabsoffi zier im Ersten Welt krieg6 und seiner wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Kreuzerkrieg im Ersten Weltkrieg7 gelang-te Admiral Erich Raeder als Chef der Marineleitung zu dem Schluss, dass eine Wech-selwirkung zwischen den verschiedenen Seegebieten bestünde. So habe etwa im No-vember 1914 die Aktivität des Kreuzergeschwaders unter Admiral Graf Spee den Ab-

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zug britischer Einheiten aus dem Nordseeraum verursacht, den auszunutzen man ver-säumt habe. Derartige Diversionswirkungen seien aber bei Konzeption der künftigen Flotte und Ausarbeitung der Strategie zu berücksichtigen. Es gelte einen Zufuhrkrieg im Sinne eines Störkrieges zu führen. Obwohl Raeder vor einem Konfl ikt mit Großbri-tannien warnte, sehnte er ihn sich doch herbei und zeigt seine Bindung an das Denken im Seeoffi zierkorps, irgendwann Skagerrak durchzuschlagen.8

Ambivalent blieb daher auch seine Haltung im Vorfeld des 1935 abgeschlossenen deutsch-britischen Flottenabkommens. So sehr er vor einer Konfrontation mit Großbri-tannien warnte, so sehr richtete er seine Rüstungsplanungen auf einen möglichen Kon-fl ikt mit diesem aus, vermochte sich jedoch gegenüber Hitler , mit seiner Forderung nach atlantikfähigen 35 000 Tonnen-Schiffen durchzusetzen.9 Denn in der Anfangspha-se seiner Herrschaft suchte Hitler das Bündnis mit Großbritannien ,10 sowohl aus welt-anschaulichen Überlegungen, wie auch um freie Hand für die weitere Aufrüstung zu erhalten. Der Abschluss des deutsch-britischen Flottenabkommens 1935 war daher für Hitler ein uneingeschränkter außenpolitischer Erfolg, für Raeder aber ein Rückschlag im Ausbau der Offensivfähigkeit der Marine.

Sie wurden obsolet, als Hitler im Jahr 1938 die Wehrmachtführung anwies, bei al-len künftigen Planungen Großbritannien als möglichen Kriegsgegner zu berücksichti-gen. Neuerlich wies die Seekriegsleitung in einer von Fregattenkapitän Hellmuth Heye verfassten Studie auf die Notwendigkeit hin, die strategischen Wechselwirkungen zwi-schen den Kriegsschauplätzen und die Notwendigkeit der nachhaltigen Störung der gegnerischen Seeverb indungen zu beachten.11 Es sei allenfalls der Kreuzerkrieg mit Panzerschiffen sowie mit Unterseebooten, welcher in einem Seekrieg mit Großbritanni-en Aussicht auf Erfolg verspräche. Dass die Marineführung mit dem 1939 verabschie-deten Z-Plan den Bau schwerer Überwassereinheiten dennoch weiter vorantrieb, ohne jedoch den Verwendungszweck der darin vorgesehenen Schlachtschiffe exakt defi nie-ren zu können, verweist zum einen auf die Wirkungsmächtigkeit tirpitzschen Gedan-kengutes, zum anderen aber auf das Vertrauen der Marineführung, dass hinreichend Zeit für die Fertigstellung der Schlachtfl otte zur Verfügung stehen würde – 1946 hätte sie fertig sein sollen mit dem Ziel, der maritimen Absicherung eines germanisch domi-nierten Europas zur See. Kurzum: Die Flotte danach.12

Rechtliche Grundsätze des Handelskrieges

Der der Kriegsmarine bei Kriegsbeginn zugewiesene Auftrag lautete gemäß »Weisung Nr. 1 für die Kriegsführung«: »Die Kriegsmarine führt Handelskrieg mit dem Schwerp unkt gegen England .«13 Für die deutschen Seestreitkräfte waren die rechtlichen Grundsätze der Handelskriegführung in der Prisenordnung vom 28. August 1939 festgelegt, die wiederum die Regeln der Pariser Seerechtdeklaration von 1856, der II. Haager Konfe-renz von 1907,14 sowie der Londoner Konferenz von 1909 umsetzte. Zwar war letztere aufgrund unterbliebener britischer Ratifi zierung nie in Kraft getreten, dennoch hat sie als Völkergewohnheitsrecht weitgehende Geltung erhalten. Schließlich gilt es in diesem Kontext das Londoner U-Bootabkommen zu erwähnen, das 1936 unterzeichnet wor-den war und die Gültigkeit des Prisenrechts für den U-Bootkrieg festschrieb. Das Pri-senrecht gibt den kriegführenden Staaten das Recht, in feindlichen und eigenen Ho-

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Die Operation »Rheinübung« und der Mythos BISMARCK

von

Andreas Mückusch

»Determination, courage and skill were displayed by both sides during the epic persuit of the German battleship Bismarck in the North Atlantic 70 years ago. «1 Dieses Zitat aus einer bri-tischen Zeitschrift verdeutlicht, dass auch nach über 70 Jahren die Operation »Rhein-übung« und das Schicksal der BISMARCK nichts von ihrer Faszination verloren haben. Eine enorme Anzahl von Autoren hat sich im Laufe der Jahre mit dieser Thematik be-schäftigt.2 Die Bandbreite der Ergebnisse reicht von individuellen Augenzeugenberich-ten bis hin zu wissenschaftlichen Abhandlungen. Eines haben jedoch alle Veröffentli-chungen gemein: eine abschließende und verlässliche Beantwortung aller offenen Fra-gen in Bezug auf die BISMARCK -Unternehmung können sie nicht liefern.3

Der vorliegende Artikel hat dementsprechend nicht den Anspruch, diese Lücken endgültig zu füllen. Vielmehr soll überblicksartig der operative Verlauf der Operati-on »Rheinübung« dargestellt und dabei die wesentlichen bekannten Ereignisse in Be-zug auf die Kampfgruppe BISMARCK und PRINZ EUGEN beleuchtet werden. In einem wei-teren Abschnitt wird dann auf den Mythos BISMARCK eingegangen. Anhand verschiede-ner Zeitschriftartikel und Bücher aus verschiedenen Jahrzehnten soll hierbei untersucht werden, wie dieser Mythos entstanden ist und wie und warum er bis heute Bestand hat.

Die Planungen zur Operation »Rheinübung«

Zu Beginn des Jahres 1941 war das nationalsozialistische Deutschland auf dem Höhe-punkt seiner militärischen Macht. Mit dem Sieg über Frankreich blieb alleine Großbri-tannien als Gegner. Zwar konnte die geplante Invasion aufgrund der Niederlage der Luftwaffe in der Luftschlacht um England nicht durchgeführt werden, mit der Erobe-rung Norwegens und der Inbesitznahme der französischen Atlantikhäfen ergab sich je-doch für die Kriegsmarine, verglichen mit dem Ersten Weltkrieg, eine äußerst günsti-ge strategische Ausgangslage für den Handelskrieg gegen das britische Empire. Bereits vor Ausbruch des Krieges war für die Führung der Kriegsmarine unter Admiral Raeder klar, dass ein kommender Krieg gegen Großbritannien seitens der deutschen Kriegsma-rine nur ein Tonnagekrieg sein könne. Dieser Handelskrieg sollte mit U-Booten, Hilfs-kreuzern und, gemäß der typisch raederschen Konzeption, auch mit schweren Über-wassereinheiten durchgeführt werden. Bereits die ersten Kriegsmonate mit den Erfol-gen der Panzerschiffe im Atlantik schienen Raeder darin zu bestätigen.

Nachdem im zweiten Halbjahr 1940 die während der Operation »Weserübung« zum Teil schweren Schäden an den vorhandenen Kreuzern und Schlachtschiffen in-stand gesetzt waren, konnte (endlich) der Handelskrieg im Atlantik, auch mit Überwas-sereinheiten, weitergehen. Die erste wirklich erfolgreiche Aktion der Schlachtschiffe (in

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diesem Fall SCHARNHORST und GNEISENAU ), die Operation »Berlin«, brachte innerhalb von drei Monaten immerhin eine Versenkung von 22 feindlichen Handelsschiffe ohne nen-nenswerte eigene Verluste. Für die Seekriegsleitung (SKL) war jedoch der strategische Effekt einer solchen Unternehmung noch wichtiger. So führt die Weisung für kommen-de Unternehmungen der Überwasserschiffe vom 2. April 1941 aus:

»Diese erste Schlachtschiffunternehmung sowie die Unternehmung des Kreuzers HIPPER haben nebst den beträchtlichen taktischen Erfolgen gezeigt, welche erheblichen strategi-schen Auswirkungen durch einen derartigen Einsatz der Überwasserstreitkräfte errei cht werden können.«4

Ab April 1941 sollte nun mit dem Einsatz der gerade in Dienst gestellten BISMARCK diese Art der Handelskriegführung fortgesetzt und ausgebaut werden. Mit der BISMARCK sollte es dann auch möglich sein, »den Kampf mit der Sicherung feindlicher Geleitzüge bewusst zu suchen und nach ihrer Vernichtung, die Geleitzüge selbst zu zerschlagen.«5 In der speziellen Weisung für die kommende Operation der BISMARCK hieß es weiter: »Hauptaufgabe auch dieser Operation ist die Vernichtung feindlichen Schiffsraumes, die Bekämpfung feindlicher Kriegschiffe nur so weit, wie es die Hauptaufgabe nötig macht und wie es ohne allzu großes Risiko geschehen kann.«6

Mit der Durchführung der Operation »Rheinübung« wurde der Flottenchef und Be-fehlshaber der Schlachtschiffe Admiral Günther Lütjens betraut, der schon die erfolgrei-che Operation »Berlin« in See geführt hatte. In den entsprechenden Operationsbefehlen betonten alle Stellen (Flottenchef, Gruppe Nord, Gruppe West), dass der Handelskrieg absoluten Vorrang habe und daher das Überraschungsmoment von großer Bedeutung für das Gelingen sei. Eine Aufklärung durch feindliche Kräfte müsse unbedingt vermie-den werden. Admiral Lütjens legte als seine Absicht des Unternehmens Folgendes fest:

»Unbemerkter Durchbruch durch die Dänemarkstraße 7 in den Nordatlantik . Vor Durch-bruch in den Atlantik voraussichtlich Brennstoffergänzung aus Tanker WEISSENSEE .«8

Zwei Punkte sind im Vorfeld noch von Bedeutung: die Teilnahme der GNEISENAU an der Operation musste aufgrund von Schäden gestrichen werden und der Beginn der Ope-ration musste aufgrund technischer Probleme auf BISMARCK und PRINZ EUGEN mehrfach verschoben werden.

Auslaufen und Entdeckung

Mit Auslaufen aus Gotenhafen begann am 18. Mai die Operation »Rheinübung«, an der neben BISMARCK und PRINZ EUGEN insgesamt neun Versorgungsschiffe, zahlreiche U-Boote sowie, bis zu deren Entlassung am 22. Mai mehrere Zerstörer und Minenräum-boote beteiligt waren. Der Ausmarsch aus der Ostsee verlief für die Kampfgruppe ohne Zwischenfälle. Allerdings wurden die deutschen Schiffe beim Passieren der Ostseeaus-gänge von mehreren Fischern und von dem schwedischen Flugzeugkreuzer GOTLAND gesichtet. Die Meldung über einen auslaufenden deutschen Kampfverband bestehend aus einem Schlachtschiff, einem Kreuzer und mehreren Zerstörern erreichte noch am selben Tag über diplomatische Kanäle in Schweden die Royal Navy. Damit war bereits zu Beginn der Operation das als so wichtig erachtete Überraschungsmoment dahin. Am 21. Mai ankerten die BISMARCK und die PRINZ EUGEN in der Nähe von Bergen , wo le-diglich die PRINZ EUGEN Treibstoff übernahm. Nach Auslaufen entschied Admiral Lüt-

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»Cerberus«, »Mandarine«, »Donnerkeil«Aspekte eines Wendepunktes

von

Rüdiger Schiel

Ein wütend gebrummtes »Why?«1 , gefolgt von einem auf den Apparat geknallten Hö-rer, beendete eine der schlimmsten Meldungen, die je ein britischer Admiral seinem Pre-mierminister hat durchgeben müssen. Der Erste Seelord, Admiral Sir Dudley Pound , hatte Winston Churchill am 13. Februar1942 um ca. ein Uhr Morgens mit Bedauern mit-geteilt, dass »[…] die feindlichen Schlachtkreuzer inzwischen ihre sicheren Heimatgewässer erreicht haben dürften. «2 Was war geschehen, dass die zeitgenössische britische Öffent-lichkeit – nach einer Schockstarre von einigen Tagen landauf, landab zu der Erkenntnis brachte, dass – mitten im Zweiten Weltkrieg – irgendetwas grundlegend mit der eige-nen Kriegführung, den eigenen Streitkräften und der politisch-militärischen Führung ihrer Nation nicht stimmte? Welches Desaster brachte die ehrwürdige Times dazu zu schreiben: »Nichts seit dem 17. Jh. hat den Stolz unserer Seestreitkräfte stärker verletzt.«3? Im Nachhinein wurde der britische Fehlschlag im Ärmelkanal , zusammen mit dem beina-he zeitgleichen Fall von Singapur , gar als Tiefpunkt des britischen Kriegsgeschicks im Zweiten Weltkrieg bezeichn et.4

Abgesehen von einigen »Hurra«-Rufen weniger, wegen der eisigen Kälte dick vermummter Hafenarbeiter, endete das selbe Ereignis auf deutscher Seite eher sach-lich nüchtern mit dem Funkspruch: »Es ist meine Pfl icht, Sie davon in Kenntnis zu setzen, dass Operation Cerberus erfolgreich abgeschlossen worden ist.«5 Dabei war man sich inner-halb der Kriegsmarine durchaus bewusst, welche Bedeutung diese Verlegung hatte. Die Rundfunkmeldung:

»Unter dem Befehl von Vizeadmiral Ciliax haben SCHARNHORST , GNEISENAU und PRINZ EU-GEN in der Nacht vom 11. zum 12. Februar Brest verlassen und passierten im Schutz der Luft-waffe den Kanal und die Straße von Dover . Sie haben inzwischen deutsche Häfen erreicht.«6

löste in Marinekreisen Begeisterung aus.7 Dabei war eigentlich klar, dass es sich um ei-nen Rückzug handelt. Großadmiral Raeder , der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, kommentierte »Cerberus« mit den Worten: »Es war ein taktischer Erfolg, aber eine strategi-sche Niederlage.«8

Auch heute noch wird innerhalb der Deutschen Marine das Unternehme n »Cer-berus«9 – der Durchbruch des Kerns der Überwasserstreitkräfte der Kriegsmarine durch den Ärmelkanal – als eine der historisch wichtigsten Operationen der deutschen See-streitkräfte während des Zweiten Weltkrieges erinnert. Im kollektiven Gedächtnis der Luftwaffe der Bundeswehr spielt die Rolle der Luftstreitkräfte des Dritten Reiches bei diesem Unternehmen dagegen keine Rolle.10 Worin mag diese Bewertung des Beitrages der Luftwaffe begründet liegen? Könnte es sein, dass dieser Beitrag in der Propaganda des Dritten Reiches überbewertet wurde? Hätte »Cerberus« allein mit Mitteln der Kriegs-

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marine erfolgreich durchgeführt werden können? Zugespitzt stellt sich die Frage, ob die Kriegsmarine Anfang 1942 alleine tatsächlich nicht mehr in der Lage war, den Durch-bruch des Kerns ihrer Überwasserstreitkräfte durch den Ärmelkanal durchzuführen.

Für eine sachgerechte Bewertung der Ereignisse um den Kanaldurchbruch ist es nicht ausreichend, allein die Perspektive der Kriegsmarine zu betrachten. Nur eine teilstreitkraftübergreifende Untersuchung kann die gegenseitigen Abhängigkeiten er-kennbar machen. Neben der politischen Ebene müssen darüber hinaus auch Bereiche der Wehrmacht in die Überlegungen einbezogen werden, die sich der strengen Logik der Teilstreitkräfte entziehen. Dabei sollen insbesondere die Rolle der Elektronischen Kampfführung und des militärischen Nachrichtenwesens näher betrachtet werden. Schließlich sollen auch die gerne vernachlässigten »unplanbaren Kleinigkeiten«11 in der Betrachtung nicht vergessen werden. Zusätzlich muss in diesem Gesamtbild auch die Gegenpartei, hier die britischen Streitkräfte, berücksichtigt werden. Auch dort waren sowohl See- als auch Luftstreitkräfte beteiligt. Auch hier gab es gegenseitige Abhän-gigkeiten, deren Einbeziehung die Ursache-Wirkung-Zusammenhänge in diesem Ge-fecht erst transparent machen. Abgerundet wird das aufgespannte Panorama durch ei-nen kurzen Ausblick auf die Auswirkungen, die »Cerberus« auf die beiden gegeneinan-der Krieg führenden Gesellschaften hatte.

Die Erweiterung der Perspektive über den Rand der rein maritimen Operations-geschichte hinaus soll es ermöglichen, das Unternehmen »Cerberus« in seiner Vielfältig-keit und realen Bedeutung wahrzunehmen. Durch diese multiperspektivische Untersu-chung soll insgesamt ein Bild eines militärischen Konfl iktes gezeichnet werden, das nä-her an eine Realität herankommt, die der einsatzerfahrene niederländische General Ton van Loon jüngst u. a. mit dem Adjektiv »chaotisch« charakterisiert hat.12

1. Die Kriegsmarine auf dem Weg zu »Cerberus«

Der entscheidende Stichwortgeber für das Konzept des Einsatzes der Überwasserstreit-kräfte der Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg war der Leiter der Seekriegsleitung, Groß-admiral Erich Raeder . Er ging bei seinen Überlegungen von den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges aus und entwickelte aufgrund seiner Analysen aus der Zwischenkriegszeit eine Seekriegsstrategie, die es einer schwachen Seemacht ermöglichen sollte, gegen ei-nen übermächtig erscheinenden Gegner zur See effektiv vorgehen zu können. Raeder be-griff die See als einen einheitlichen Kriegsschauplatz, in dem sich eine Operation in einem Seegebiet auf alle Teile dieses Kriegsschauplatzes auswirkt. Geographisch weit auseinan-dergezogene Operationen sollten in der »doppelpoligen Seekriegführung« über den Diversi-onseffekt eine zeitlich und räumlich begrenzte Unterlegenheit des eigentlich überlegenen Gegners erzeugen, die zur Abnutzung dieses Gegners bzw. zur Unterbrechung seiner Handelswege genutzt werden konnte. In den ersten drei Jahren des Zweiten Weltkrie-ges fanden diese Überlegungen ihre weitgehend erfolgreiche Umsetzung in den Einsät-zen der Schweren Kreuzer (früher Panzerschiffe) ADMIRAL GRAF SPEE , ADMIRAL SCHEER , des Schweren Kreuzers ADMIRAL HIPPER und mehrerer Hilfskreuzer. Ebenfalls Ausdruck die-ses Ansatzes waren die Operationen »Berlin« und »Rheinübung« des Jahres 1941, an denen die Schlachtschiffe GNEISENAU und SCHARNHORST , bzw. das Schlachtschiff BISMARCK und der Schwere Kreuzer PRINZ EUGEN beteiligt waren. Mit diesen Operationen war Großbritanni-

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Der U-Boot-Krieg im Atlantik 1942 / 43Höhepunkt und Zusammenbruch

von

Hajo Neumann

15. September 1941:

»Liebe Eltern! Soeben habe ich die glücklichste Nachricht bekommen, die es für mich über-haupt geben kann! Ich bin überhaupt ganz aus dem Häuschen. Alle Wünsche sind in Er-füllung gegangen. Endlich ist es so weit. Jetzt beginnt für mich überhaupt ein neues Le-ben. Ich fühle mich wie neu geboren. Die Dinge liegen also folgendermaßen: Soeben bekam ich meine Kommandierung als 2. Wachoffi zier auf ein neues Boot nach Hamburg , Blohm und Voss zum 29. September. […] Ich schätze, dass ich dann im Januar die erste Feind-fahrt mache.«1

Das Boot, von dem Leutnant zur See Hans Bene hier schreibt, war U 594 , ein Kampfboot vom Typ VII C. Der Stapellauf war am 3. September 1941 erfolgt, die Indienststellung am 23. Oktober 1941. Die erste Feindfahrt begann etwas später, als Bene angenommen hatte, nämlich am 14. März 1942 von St. Nazaire aus.2 Zu den insgesamt sechs Feind-fahrten des Bootes hier einige weitere Auszüge aus Benes Briefen an seine Familie:

1. April 1942:

»Vor die Rohre haben wir ja leider nichts bekommen. Nur eine Anzahl Wabos, aber harmlos.«3

26. Juni 1942:

»Liebe Eltern! […] Nun also nach fast einem viertel Jahr wieder einen Gruss [sic!]. Ich lebe noch und es geht mir sogar recht gut. […] Ja, Pech haben wir gehabt. Wieso und weshalb, kann ich natürlich nicht schreiben. Später habe ich mündlich sehr, sehr viel zu erzählen.«4

6. Juli 1942:

»So lange war noch keiner draußen. Aber umso schlimmer, dass wir nichts dabei erreicht haben. Ihr glaubt nicht, wie uns zumute war, als wir einliefen, zusammen mit einem Boot, das sich sehenlassen konnte. Empfang mit Musik, Ehrenabordnung usw.«5

2. November 1942:

»Lieber Onkel Kurt! […] Ich habe ja nun meine dritte Feindfahrt glücklich hinter mir. Gott sei Dank auch mit Erfolg. Einen schönen 6 000-Tonner schickten wir aus einem Geleitzug auf den Meeresgrund. Es war das Geleit, aus dem seiner Zeit insgesamt 19 Dampfer her-ausgeschossen wurden.«6

23. Februar 1943:

»Liebe Eltern! J’ai retourné de la mer! Alles klar gegangen. Erfolg: 4 000 BRT. Viel nicht, aber wenigstens wieder etwas bei diesen Wetterverhältnissen. Das war Seefahrt in äussers-

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ter Form! Neufundland und Grönland soll man sich zu dieser Jahreszeit auch nicht aussu-chen. Aber man hat auch das ausgehalten. Meinen Rheumatismus hab ich allerdings weg. Na ja, totaler Krieg.«7

14. April 1943:

»Liebe Eltern! Ich wollte, ich könnte Euch noch nicht wieder schreiben! Bei uns geht aber auch immer alles daneben! Ihr werdet über die kurze Zeit von 3 Wochen nicht unfroh sein. Wenn es sich wenigstens gelohnt hätte! Aber auch darin haben wir Pech gehabt. Stellt Euch vor, mitten im Geleitzug haben wir gestanden, nur waren die Schiffe wegen der ganz ge-ringen Sicht so dicht aneinander herangeschlossen [?], dass wir nicht zum Schuss kommen konnten. Wie die Irren sind wir drin herumgewetzt und hatten uns glücklich wieder her-ausmengeliert, als wir durch eine weit entfernte Leuchtgranate gesehen wurden, um von ei-nem Zerstörer unterwassergedrückt und beharkt zu werden. Und wir wollten so schön von draussen unsere sämtlichen Rohre aus den Geleitzug losmachen. Das haben dann dafür die anderen besorgt. Es ist doch regelmässig dasselbe! Damit hatte man uns allerdings noch lange nicht abgeschüttelt. Gleich wurde nachgestossen, doch am nächsten Morgen wurden wir durch Unaufmerksamkeit eines Ausguckpostens von einem Flugzeug überrascht und so hergerichtet, dass wir uns auf Krücken nach Hause zurückziehen mussten. Ich kann nur ganz laut rufen ‚Scheisse!‘«8

Bene diente in diesen eineinhalb Jahren unter den Kommandanten Dietrich Hoffmann und Friedrich Mumm . Die Briefe geben die beiden einzigen Erfolge von U 594 wieder, die mit ca. 13 000 BRT etwas über Benes Schätzungen liegen. Die Feindfahrt vom Som-mer 1942, von der Bene berichtet, war ein so großer Fehlschlag, dass Dönitz den Kom-mandanten Hoffmann ablösen ließ. Er hatte 8 Fehlschüsse getan und einen S chützen verloren.9 Das Boot griff bei seiner nächsten Feindfahrt am 10. September 1942 erfolglos den Ge leitzug ON 127 an10, versenkte jedoch am 13. September immerhin einen Nach-zügler aus diesem.11 Im Januar 1943 gelang noch ein kleiner Erfolg gegen einen Nach-zügler aus dem Konvoi HX 223.12 Die fünfte Feindfahrt im März und April 1943 führte U 594 zu einer Operation gegen den Geleitzug HX 231. Sie wurde abgebrochen, nach-dem das Boot südwestlich Islands von einem britischen Flugzeug angegriffen worden war.13 Benes Nachlass, den das Deutsche Marinemuseum im Jahr 2009 übergeben be-kam, wird hier zum ersten Mal in Auszügen wiedergegeben. Wenn er uns über die Unternehmungen auch nur wenige Details liefert, so kann U 594 doch hier zum Aus-gangspunkt genommen werden, um Entwicklungen und Grundprobleme des U-Boot-Krieges auf der Höhe der Geleitzugschlachten zu verdeutlichen. Was den Krieg für die Männer ausmachte und wie die Feindfahrten oftmals abliefen, zählt Bene auf: Eine gro-ße Anzahl von Seetagen, der nur wenige Kampfhandlungen gegenüberstehen, sowie die ständig wachsende Bedrohung durch Zerstörer und Flugzeuge. Die Feindfahrten von U 594 liegen in dem Zeitraum, in welchem die U-Boote ihre größten Erfolge hatten, bevor sich dann im »Schwarzen Mai« 1943 das Bl att endgültig wendete.14

Ein kurzer Blick zurück: Als der Zweite Weltkrieg mit dem deutschen Über-fall auf Polen begann, hatte das Reich eine noch unfertige Kriegsmarine. Die beiden Schlachtschiffe BISMARCK und TIRPITZ waren ebenso wenig einsatzbereit wie der Flug-zeugträger GRAF ZEPPELIN . An U-Booten hatte Deutschland 57 aufzubieten, von denen nicht einmal die Hälfte atlantiktauglich war.15 Man hatte schon vor dem Krieg damit gerechnet, dass ein potentieller Gegner zur See seinen Schiffsverkehr zu Geleitzügen

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Selbst- und FremdbilderDie deutsche Kriegsmarine im besetzten Frankreich

von

Lars Hellwinkel

Es muss ein beeindruckender Moment gewesen sein, als die kleine Gruppe deutscher Marineattachés am 10. November 1940 den großen Saal des ehemaligen französischen Marineministeriums im Herzen von Paris betrat, um dort vom Kommandierenden Ad-miral Frankreich über die Maßnahmen der Kriegsmarine in den französischen Häfen seit Beginn der deutschen Besatzung unterrichtet zu werden. Zum Ende seiner Ausfüh-rungen bat Admiral Karlgeorg Schuster seine Gäste noch ein paar Augenblicke auf der angrenzenden Place de la Concorde zu verweilen und schloss mit den Worten:

»Kriegswinter 1940 in Paris ! Auf dem Dach dieses Marineministeriums die deutsche Ad-miralsfl agge als Sinnbild der uneingeschränkten Kommandogewalt über ein Gebiet, das sich von der Insel Texel bis zu den Pyrenäen erstreckt […] jetzt steht Grossdeutschlands Wehrmacht hier, umweht vom unmittelbaren Hauch des Weltmeers in einer durch Kampf und Sieg erworbenen Position […].«1

Was für ein Wandel nach dem einst so unrühmlichen Ende der stolzen kaiserlichen Ma-rine in den Wellen von Scapa Flow . Plötzlich war man wieder wer. Niemand unter den führenden Offi zieren der Kriegsmarine, die meisten noch vom Ersten Weltkrieg und der unscheinbaren Rolle der Reichsmarine geprägt, hatte es sich im Traum vorstellen können, in den vielbeschworenen Besitz der französischen Atlantikküste zu kommen. Noch zu Beginn des Zweiten Weltkrieges hatte Großadmiral Raeder als Oberbefehls-haber der Kriegsmarine im Kriegstagebuch der Seekriegsleitung festhalten lassen, dass der Krieg aus Sicht der Marine vier Jahre zu früh ausgebrochen war. Die deutschen See-streitkräfte befanden sich noch im Aufbau und die Aufgabe der wenigen vorhandenen Einheiten konnte in Raeders Augen angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit der britischen und französischen Marine nur darin bestehen, ruhmreich zu sterben, um der Marine einen weiteren Neuanfang zu sichern.

Wie lässt sich so viel Pessimismus mit so viel Selbstherrlichkeit in Einklang brin-gen, wie sie nur wenige Monate später in den Worten von Admiral Schuster zum Aus-druck gebracht wird? Und war dieses neue Selbstverständnis der Kriegsmarine gerecht-fertigt? Zwar hatten nach dem Niederringen der kleinen polnischen Marine in einem ungleichen Kampf vor allem die Erfolge der neuen U-Bootwaffe, darunter die spekta-kuläre Versenkung des Schlachtschiffes ROYAL OAK im britischen Flottenstützpunkt Sca-pa Flow , zu einem neuen Selbstwertgefühl der deutschen Marine beigetragen, gleich-zeitig aber machte der Verlust der ADMIRAL GRAF SPEE vor Montevideo deutlich, dass die strategischen Möglichkeiten der deutschen Seestreitkräfte begrenzt waren. Auch das Abenteuer »Weserübung« führt im April 1940 mit der Besetzung Dänemarks und Nor-wegens zu einem scheinbaren Erfolg, für die Kriegsmarine war es jedoch mehr Aderlass

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als siegreicher Feldzug, hatte die Marine doch in den norwegischen Fjorden den Schwe-ren Kreuzer BLÜCHER , die beiden Kreuzer KÖNIGSBERG und KARLSRUHE sowie vor Narvik eine ganze Zerstörerfl ottille verloren. Angesichts der wenigen vorhandenen Kräfte ein schmerzlicher Verlust, zudem waren die beiden Schlachtschiffe SCHARNHORST und GNEI-SENAU und auch der Schwere Kreuzer LÜTZOW während der Operation durch britische Torpedotreffer schwer beschädigt worden. So hatte man sich zwar in den Besitz der, ge-genüber der Deutschen Bucht , strategisch wichtigeren norwegischen Küste gebracht, um diese aber als Absprungbrett für den Seekrieg im Atlantik nutzen zu können, fehlte es der Kriegsmarine an Schiffen und die deutsche Seekriegsleitung musste zunächst die Reparaturarbeiten an den großen Schiffen abwarten. Siegreiche Kriegsmarine?

Während man bei der Marine gewissermaßen noch die Wunden aus dem Aben-teuer »Weserübung« leckte und alle verfügbaren Sicherungsstreitkräfte zum Schutz der neu eroberten Häfen nach Norden schickte, öffnete sich im Mai 1940 im Westen ein neuer Kriegsschauplatz. Diesmal ohne die Marine. Friedrich Ruge , damals Befehlsha-ber der Minensuchverbände, erinnerte sich nach dem Krieg vom Beginn des Westfeld-zuges erst aus dem Radio erfahren zu haben: »Die Marine schien nicht beteiligt, ich hat-te keine Befehle und es kamen auch keine«.2 Der Krieg gegen Frankreich wurde zu einem Bewegungskrieg der Panzertruppen des Heeres und der Luftwaffe, die Kriegsmarine hatte daran nur wenig Anteil, erst spät setzte sie ein paar U-Boote und einige Schnell-boote gegen die alliierten Evakuierungstransporte im Ärmelkanal ein. Die Seekriegslei-tung blieb trotz des schnellen Vormarsches im Westen in ihrem strategischen Denken in Norwegen verhaftet, so sollte Großadmiral Raeder zwischenzeitig gar erklären, dass bei der Marine keinerlei Interesse an einer Inbesitznahme der französischen Kanalküs-te bestünde.

Diese Einstellung sollte sich dann aber rasch ändern. Als sich abzeichnete, dass die deutschen Truppen entgegen jeder Erwartung über die Normandie und die Loire hi-naus in Richtung der Atlantikküste vorstießen, stellte das Oberkommando der Kriegs-marine eiligst einen Sonderstab für Frankreich auf und rief die neue Kommandobe-hörde des Admiral West ins Leben. Ein Sonderbeauftragter des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine machte sich auf den Weg an die französische Küste , um für die Marine zu retten, was noch zu retten war, letztendlich jedoch hinkte man den Ereignissen im Westen im wahrst en Sinne des Wortes nur noch hinterher.3 Auf das eigentliche Kriegs-geschehen nahm die Kriegsmarine keinen Einfl uss mehr. Die kläglichen Versuche, der Flucht der französischen Marine aus den Häfen am Atlantik mit falschen Funksprü-chen zu begegnen, blieb ohne Erfolg. Als die deutsche Luftwaffe schließlich damit be-gann, die französischen Hafeneinfahrten zu verminen, um so eine weitere Evakuierung französischer Schiffe zu verhindern, blieb der Seekriegsleitung mit Blick auf die späte-re Nutzung der Häfen nur der Protest und sie musste sich mit der Rolle eines Zuschau-ers begnügen. Die deutschen Luftminen sollten noch Monate nach Beginn der deut-schen Besetzung die Nutzung der Häfen beeinträchtigen und auch zu Verlusten unter den deutschen Einheiten führen.

Der vergleichsweise geringe Anteil am Sieg über Frankreich sollte die Seekriegs-leitung aber nicht davon abhalten, für die Waffenstillstandsverhandlungen mit Frank-reich maßlos übertriebene Forderungen zu stellen. So erhob die Kriegsmarine An-spruch auf die gesamte französische Flotte mit allen ihren Kriegs- und Hilfsschiffen ein-

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Friedrich Oskar Ruge (1894 – 1985)Von Kriegsbildern, Selbstbildern und Fremdbildern eines

ungewöhnlich-gewöhnlichen Marineoffi ziers1

von

André Pecher

1. Vorbemerkungen – Die Wertschöpfung von biographischen Studien

Jede Gesellschaft bringt zu jeder Zeit aus ihrem Kreise unterschiedliche, eigene Persön-lichkeiten aus ihren Führungsschichten hervor, die im Spannungsfeld zwischen Inte-ressensvertretung, persönlicher Prägung des unmittelbaren Handlungsfeldes und der Grenze der Durchsetzungskraft für sich selbst und der zu vertretenden Gruppe im Zu-sammenhang politischer Lebenswelten stehen. Dies gilt für die unterschiedlichen sozia-len Gruppen aus Politik, Gesellschaft, Wirtschaft und Militär gleichermaßen. Folgt man staunend und zugleich kritisch diesen Persönlichkeiten auf ihren historischen Spuren im komplexen Beziehungsgefl echt kultureller, sozialer und politischer Entwicklungen und Abhängigkeiten, so treten sie als Akteure hervor, mit denen wir das schwierige Ter-rain der Vergangenheit (insbesondere der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts) betreten können, um mit klaren Blick die Konturen ihrer Erfahrungs- bzw. ihrer Lebens-welten zu erfassen.2 F olgen wir diesen Pfaden, bewegen wir uns zwangsläufi g auf den zahlreichen Feldern der Biographik. Damit ist der Wunsch verbunden, dem »histori-schen Menschen« näher zukommen. – Und, wenn man will, damit zugleich sich der Ge-schichte realitätsnah zuwenden.

2. Gedanken über die wissenschaftliche Beschäftigung mit Ruge und seinem »Fremdbild«

Wie stellt sich dies nach diesen Vorbemerkungen für Admiral Friedrich Ruge dar? Ruge äußerte sich zum Abschluss seiner Lebenserinnerungen aus dem Jahr 1978: »Beim Rück-blick über achtzig Jahre ist der Haupteindruck innerlich das starke Gefühl selbstverständlicher Zusammengehörigkeit in der Familie und auch in der Marine, das ohne Bruch durch alle vier Marinen wirkte.«3 – Wie können wir da Friedrich Ruges Lebenswelten mit dem Fokus auf den Zeitraum des Zweiten Weltkrieges erfassen? Was erfahren wir im Nachdenken über Ruge im Kontext des »Epochenzeitalters zweier Weltkriege«? Wie ist Ruge als Privat-mensch zu sehen? – Für Ruge lässt sich insgesamt festhalten, dass der Lebensweg die-ses Marineoffi ziers, der in vier Marinen diente, für sich genommen äußerst interessant ist: es ist das Wirken in vier unterschiedlichen Marinen unter vier unterschiedlichen po-litischen Systemen in Deutschland im Epochenzeitalter der Weltkriege, welches Ruge für die Geschichtswissenschaft so reizvoll macht. Überdies gab es nur sechs weitere Of-fi ziere, die sowohl der Kaiserlichen Marine, der Reichs- und Kriegsmarine als auch der (Bundes-)Marine angehörten.4

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Doch hier ergibt sich ein erstes Problem: Nachhaltige Erinnerungen an Ruge und sein Wirken sind ausschließlich unmittelbar an seine Rolle als erster Inspekteur der einst jungen westdeutschen Marine von 1956 bis 1961,5 seine schriftstellerische Tätig-keit nach dem Zweiten Weltkrieg und seine Lehrtätigkeit an der philosophischen Fa-kultät der Universität Tübingen geknüpft.6 Alle diese Erinnerungen sind nahezu aus-schließlich anerkennend, allerdings scheinen sie wenig refl ektiert.7 Der Name Ruges scheint untrennbar mit dem Aufbau von »Deutschlands Fl otte«8 verbunden,9 was ihm u. a. die Titulierung »Praeceptor navalis« eingebracht hat.10 Er galt innerhalb der Marine als be-scheiden, als »leutselig«, als väterlicher Kamerad und Vorgesetzter, der Menschen füh-ren konnte.11 Nicht zuletzt galt Ruge auch als sprachenbegabt (Englisch, Italienisch, Französisch, Türkisch, Schwedisch, Russisch).

Letztlich herrscht heute von Ruge ein Bild in der Deutschen Marine und einer in-teressierten Öffentlichkeit vor, das ganz entschieden allein von seiner Lebensleistung geprägt ist, nämlich dem Aufbau einer neuen westdeutschen Marine in der Frühpha-se der Bundesrepublik Deuts chland .12 Ohne seine historisch belegte Wirkungsmäch-tigkeit der Jahre 1949 / 56 bis 1961 detailliert und kritisch beleuchtet zu haben, scheint diese Lebensleistung in der Betrachtung an seine Funktionen gebunden: Mitglied des Naval Historical Teams (NHT; 1949 – 1952),13 Teilnehmer an der Himmeroder Konfe-renz (1950),14 erster Inspekteur der Marine der Bundesrepublik Deutschland .15 Das Medium, welches der Erinnerung an ihn eine deutlich hohe Haltbarkeit verlieh, war sein »schriftstellerisches Wirken«,16 welches ohne Zweifel ein quantitativ eindrucksvol-les Ausmaß annahm (Über 400 Buchveröffentlichungen, Zeitschriften- und Zeitungsar-tikel, sowie Rezensionen und Kommentare!).

Damit lässt sich als ein erster Summenstrich in der Bewertung über Friedrich Ruge festhalten, dass er ein Marineoffi zier war, der unzweifelhaft aus der Masse des Marineoffi zierkorps herausragte und sichtbare Lebensleistungen in und mit seinem Be-ruf verbuchen konnte: als erster Inspekteur der Marine hat er maßgeblich den Aufbau, den Zuschnitt und die Ausrichtung der Marine der Bundesrepublik Deutschland im westlichen Bündnis forciert.17 Neben diesem »Vermächtnis«, der Errichtung einer Ma-rine »mit begrenztem Auftrag aber unbegrenztem Horizont«,18 hat er es vermocht, durch Sprachregelungen und beharrliche Botschaften in Wort und Schrift ein Band zwischen der »jungen« Bundes- und der »alten« Kriegsmarine zu knüpfen und gleichzeitig Ge-schlossenheit am Neubeginn innerhalb der Marine bei Problemfeldern wie z. B. der »Kriegsverbrecher- und Großadmiralsfrage« zu erzeugen.19

Überdies erweckte Ruge offensichtlich einen nachhaltigen Eindruck auf die zeit-genössische Öffentlichkeit mit seinen Schriften.20 Er veröffentlichte zu Lebzeiten eine Fülle von Büchern und Artikeln – in den Jahren 1955 bis 1971 schwerpunktmäßig im Bereich Bündnisse, Strategien, Seekriegsgeschichte und Politik, die Bedeutung der See für Deutschland , aber auch Erinnerungen.21 Daher galt er in Fachkreisen als anerkann-ter Experte für Sicherheitspolitik und als Militärhistoriker. Ferner hat er sich intensiv mit Ausbildungsfragen für den Nachwuchs des Marineoffi zierskorps beschäftigt, die letztlich 1968 in die seinerzeit viel beachtete Schrift »Studium Generale Navale« münde-te. – All diese Aspekte machen Ruge im Vergleich zu anderen Marineoffi zieren der Zeit besonders; sie heben ihn hervor! Kurzum: man könnte geneigt sein zu sagen – Ruge ist ein ungewöhnlicher Marineoffi zier!

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Ein Soldat im Banne des »Führers« jenseits der Wirklichkeit

Die Lebenswelten des Karl Dönitz

von

Dieter Hartwig

Ein Beitrag zu Karl Dönitz in der Sektion »Lebenswelten« in einer Veranstaltung zur »Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg« ist eine Herausforderung der besonderen Art. Die Antworten auf die naheliegenden Fragen: »Was soll man unter ›Lebenswelten‹ verstehen, was ist mit dem Begriff gemeint?« könnten als neue Fragen lauten: »Wie hat Karl Dönitz den Zweiten Weltkrieg erlebt, in welcher Umgebung, mit welchen Menschen, in welcher persönlichen Verfassung?« Sich auf den Zweiten Weltkrieg zu beschränken, würde zu kurz greifen, weil Karl Dönitz selber nach dem Zweiten Weltkrieg, am Bild, an der Überlieferung aus dem Zweiten Weltkrieg, speziell natürlich des U-Bootkrieges mitzuwirken versucht hat. Es ist dies eine euphemistische Beschreibung des Tatsächlichen – wäre es nach ihm ge-gangen, wäre es zu einem Bild vom U-Bootkrieg fern der Wirklichkeit gekommen. Schö-nen wollte er natürlich auch sein eigenes Wirken im Krieg. Mit dem Begriff der Über-schrift dieser Sektion: Sein Nachkriegswirken zielte darauf, sowohl seine eigene »Lebens-welt im Zweiten Weltkrieg« als auch die »Lebenswelt des U-Bootkrieges« ganz in seinem Sin-ne dargestellt, überliefert zu wissen. Hatte er mit der »Lebenswelt des U-Bootkrieges« tat-sächlich nur insoweit zu tun, als er (und besonders er!), sie befehlend prägte, so war sein Bestreben nach dem Krieg, seinen Schuldanteil an der geradezu männermordenden Le-benswelt des U-Bootkrieges zu bagatellisieren bzw. als alternativlos darzustellen.

Wir müssen also Karl Dönitz’ Lebenswelt im Zweiten Weltkrieg ebenso betrach-ten wie die nach dem Krieg. Und ein wenig auch jene vor dem Zweiten Weltkrieg, weil nur so der Mensch Karl Dönitz wie auch sein Wirken verstehbar werden können. Dö-nitz’ Lebenswelten im Zweiten Weltkrieg, die persönliche und die dienstliche, also die des Befehlshaber der Unterseeboote, des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine im en-geren Umfeld Adolf Hitlers und als dessen Nachfolger, aus der Perspektive der Nach-kriegslebenswelt zu verstehen, wird schwer fallen oder nur unter psychoanalytischen Fragestellungen und Erklärungen. Denn die Schwierigkeit liegt natürlich darin, bei ei-nem Menschen verschiedene Altersabschnitte zu berücksichtigen. Im Falle Karl Dönitz heißt das: Wer z. B. in einem Fernsehfi lm von 1981 Bilder vom alten Dönitz sieht, ge-beugt und klein, freundlich lächelnd und grüßend die Sparkasse in Aumühle betretend, kann sich nicht vorstellen, dass dies derselbe Mann ist, der als Admiral kerzengerade auf einer »Palaverkiste« stehend, mit unbeweglichem Gesicht den ihn umringenden Ma-rinesoldaten aufputschende, mitreißende Reden hält, den »Führer« glorifi ziert, den Na-tionalsozialismus nicht nur verteidigt, sondern bis zum Kriegsende als Unterpfand der Volksgemeinschaft darstellt, den Endsieg noch im April 1945 beschwört, Fanatismus predigt und auf Juden schimpft.

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Zu dem, was Dönitz’ Lebenswelten vor, im und nach dem Krieg bestimmte, sind einige Stichworte spontan-schnell aufgezählt – mutterlose Jugend, kaiserliche Crew 1910, U-Bootoffi zier im Ersten Weltkrieg, Kriegsgefangenschaft, Reichsmarine, Torpe-doboote, Auslandsreise als Hindenburg-Stipendiat und mit Schulkreuzer EMDEN sowie von da an U-Boote, U-Boottechnik, -taktik, -strategie (richtiger wohl -operation). Räum-lich hielt er sich während des Zweiten Weltkrieges in Lagezimmern des eigenen U-Bootstabs- bzw. später Marinehauptquartier, bei Baubesprechungen und Truppenbesu-chen sowie im Führerhauptquartier auf. Mancher denkt auch »Besuche an der Front« – ein im Falle Dönitz völlig irreführender Begriff, denn das wäre ja an Bord eines U-Bootes im Nord- oder Südatlantik oder gar im Indischen Ozean gewesen. Auf einem U-Boot im Einsatz, in der Wirklichkeit des Zweiten Weltkrieges aber war Dönitz nie. Wenn überhaupt der Begriff »Front« in Bezug auf Dönitz verwendet werden könnte, dann war seine Front allenfalls das Führerhauptquartier. Nach seinen eigenen Worten kämpfte er hier für die Marine. Als weitere Begriffe, die Zeiten und Räume der Dönitz-schen Lebenswelten beschreiben, sind zu erwähnen Nürnberg und Spandau , Aumühle , Marine- und U-Bootkameradschaften.

Sie merken – von dem Privatmann Karl Dönitz ist da nicht die Rede. Über sein Privatleben ist sehr wenig bekannt. Das führte im Jahre 2006 zu der schockierenden oder amüsierenden Frage an das Militärgeschichtliche Forschungsamt der Bundes-wehr, ob dort oder bei sonstigen Historikern etwas bekannt sei über uneheliche Kin-der des Großadmirals Karl Dönitz . Anfragender war ein Habilitand einer süddeutschen Universität. Ungeachtet des wissenschaftlichen Credos, wonach jede Frage erlaubt sein soll – diese Frage offenbart nicht nur ein totales Unwissen über die Lebenswelt eines Karl Dönitz , sondern lässt auch jegliches Einfühlungsvermögen oder -wollen in seinen Charakter und seine Lebenswelt vermissen. Natürlich waren auch unsere höchstgeach-teten Altvorderen jünger und daher darf, ja muss z. B. auch bei einem auf uns altväter-lich wirkenden Tirpitz durchaus eine Befähigung zu Leidenschaft und Emotionen in jungen Jahren angenommen werden. So auch bei Dönitz , der sich in einem seiner au-tobiographischen Bücher sehr wohl an gut aussehende Frauen auf den Seychellen er-innerte,1 ergänzt um eine Bemerkung über die Verfeinerung der Rasse durch Blutmi-schung – veröffentlicht 1968. Sicher aber war die Welt der Diplomaten, Schönen und Reichen, denen man als Kommandant eines Auslandskreuzers begegnet, nicht jene, in der Dönitz sich wirklich wohlfühlte.Er selber hat sich über sein privates Leben kaum geäußert – womit er sicher keine unehelichen Kinder verschweigen wollte. Einen Fra-gesteller blockte er mit dem Hinweis auf seine Bücher ab. Dort aber liest man nur sehr wenig: Dönitz private Lebenswelt beschränkte sich demnach auf sein früh mutterlos gewordenes Elternhaus, das daher geprägt war vom Vater, der Ingenieur war. Über ei-nen Bruder erfährt man nur, dass es ihn gab. 1916, also im Alter von 25 Jahren, heiratete Dönitz eine Generalstochter, mit der er drei Kinder hatte – eine Tochter und zwei Söhne, die beide den Zweiten Weltkrieg nicht überlebten. Wie er ihren Tod verkraftete, ist nur bruchstückhaft überliefert. Das gilt auch für Hinweise auf Freunde – unter seinen Ka-meraden der Crew 1910 soll er nur einen als Freund bezeichnet haben. In den kaiserli-chen Crewen ging man distanzierter miteinander um, als wir es von Kriegsmarine- und insbesondere den Nachkriegs-Crewen kennen – man verkehrte per Sie, sprach sich mit

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Für die Kriegsmarine begann der Krieg erst am 03. September

Großadmiral Erich Raeder und seine Marine1

von

Jörg Hillmann

»Am heutigen Tage ist der Krieg gegen England – Frankreich ausgebrochen, mit dem wir nach den bisherigen Äußerungen des Führers nicht vor etwa 1944 zu rechnen brauchten und den der Führer bis zum letzten Augenblick glaubte vermeiden zu sollen, auch wenn dadurch eine durchgreifende Regelung der polnischen Frage hinausgeschoben würde. Um die Wende des Jahres 1944 / 45, für die nach Anweisung des Führers die Durchführung des Z-Planes der Kriegsmarine vorgesehen war, hätte Deutschland […] einen Krieg gegen England eröffnen können.[…]Was die Kriegsmarine anbetrifft, so ist sie selbstverständlich im Herbst 1939 noch keines-wegs für den großen Kampf mit England hinreichend gerüstet. Sie hat zwar in der kur-zen Zeit seit 1935 [Flottenvertrag. Anm. d. Verf.] eine gut ausgebildete, zweckmäßig auf-gebaute U-Bootswaffe geschaffen, von der z. Zt. 26 Boote atlantikfähig sind, die aber trotz-dem noch viel zu schwach ist, um ihrerseits kriegsentscheidend [Hervorhebung durch den Verfasser] zu wirken. Die Überwasserstreitkräfte sind aber noch so gering an Zahl und Stärke gegenüber der englischen Flotte, dass sie – vollen Einsatz vorausgesetzt – nur zei-gen können, dass sie mit Anstand zu sterben verstehen und damit die Grundlage für ei-nen späteren Wiederaufbau zu schaffen gewillt sind. Die Panzerschiffe [bei Kriegsbeginn nur DEUTSCHLAND und GRAF SPEE für den Atlantik verwendungsbereit, Anm. d. Verf.] wer-den eine Zeit lang bei geschickter Führung Kreuzerkrieg auf den Ozeanen führen können; SCHARNHORST und GNEISENAU , die zudem in ihrer Gefechtsbereitschaft und Betriebssicher-heit noch weit zurück sind, werden versuchen müssen, feindliche Schlachtkreuzer im Hei-matgebiet zu binden und von den Panzerschiffen fernzuhalten, kriegsentscheidend [Her-vorhebung durch den Verfasser] aber können auch die Panzerschiffe nicht wirken.«

Erich Raeder formulierte diese Zeilen am 3. September 1939. Seitdem wurden Versatz-stücke und Teile dieser Tagebuchaufzeichnung als Aufsatzthemen verwendet, Teile als Belege von Interpretationen unterschiedlichster Couleur herangezogen. Gar wurden Zweifel laut an der Echtheit der Aufzeichnungen, die vollständig von Gerhard Wag-ner in seinem im Auftrag des Arbeitskreises für Wehrforschung herausgegebenen Bu-ches: »Lagevorträge des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine vor Hitler 1939 – 1945« ediert wurden. Freilich handelt es sich hier nicht um einen Lagevortrag, dennoch wiederho-len sich genau diese Gedanken vom 3. September 1939 in jenen, die Raeder am 14. Ja-nuar 1943 Adolf Hitler vorlegte. Der Krieg, der trotz anfänglicher Erfolge nun in das Endstadium einträte, sei von vornherein nicht zu gewinnen gewesen, so Raeder 1943 zum Zeitpunkt seiner Demission.

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Ich selbst zweifl e nicht an der Echtheit der am 3. September 1939 niedergeleg-ten Gedanken von Erich Raeder . Ich fechte aber auch nicht das Argument an, dass die-se Niederschrift für die Nachwelt gefertigt wurde – Raeder war eine bedeutende und offi zielle Persönlichkeit, die selbstverständlich ein offi zielles Tagebuch, bzw. Tagebuch-einträge und Denkschriften fertigte. Ich bezweifl e, dass es sich um ein nachträglich ge-fertigtes Dokument handelt, welches ihn vor der Geschichte in ein »besseres« Licht rü-cken sollte. Hierfür gibt es keine Belege – mehr noch, hierfür war Raeder nicht der Typ, jedenfalls nicht bis 1939. Ebenso wenig war ihm zuzutrauen, bewusst ein Dokument zu fertigen, was nicht seiner eigenen festen Überzeugung entsprach. Gleichwohl gibt es Niederschriften aus der Kriegszeit, die einen anderen Raeder zeigen, der zudem Äuße-rungen getätigt hat, die eine hohe Regimenähe zum Ausdruck brachten. Hieran können wir den Bruch Raeders wohl deutlich machen, der aus einer militärischen Rolle mehr und mehr – ob gewollt oder ungewollt, bewusst oder unbewusst sei hier dahingestellt – in eine politische Rolle rutschte.

Blicken wir zurück auf das von mir eingangs angeführte Zitat. Der Krieg ge-gen England und Frankreich hatte am 3. September begonnen. Dass beide Staaten dem Deutschen Reich gegenüber den Krieg erklärt hatten, ließ Raeder unerwähnt – das schien für ihn zu dem Zeitpunkt keine Rolle mehr gespielt zu haben. Für ihn und sei-ne Marine war der Fall eingetreten, vor dem er gewarnt hatte, den er aber auch gleich-zeitig ersehnt hatte – nur, und das ist das Entscheidende, nicht im September 1939. Wie-der zu früh – wie fühlen uns an Tirpitz erinnert, der den Kriegsbeginn 1914 auch als »zu früh« gekennzeichnet hatte. Zu früh der Krieg für die Kriegsmarine, der doch erst 1944 / 45 – so hatte es Adolf Hitler doch selbst immer gesagt – in Aussicht stand. Obwohl, so mögen mir Kritiker entgegenhalten, es gibt zahllose Indizien vor 1939, dass sowohl Hitler als auch Raeder einen Krieg gegen England planten, besser vielleicht nicht aus-schlossen, und gerade deswegen in dezidierte Planungen einstiegen. Für die Kriegsma-rine war dies nachvollziehbar, war England doch Angst- und Wunschgegner zugleich. Kriegsende 1918 und Scapa Flow 1919 harrten noch einer Sühne. Ein Ziel, dessen man sich in den Marinen seit dem Kriegsende verpfl ichtet sah – man schlug es gar in Holz, noch heute für alle Kadetten an der Marineschule Mürwik in der Aula sichtbar, die ich immer noch als zu düster bewerte, da sie den Bauzustand von 1923 spiegelt und nicht den Aufbruchsgedanken von 1910. »Möge dereinst aus unseren Gebeinen ein Rächer entste-hen« richtete sich gegen England , auch wenn sich im Laufe der zwanziger und dreißi-ger Jahre das Verhältnis wieder normalisiert hatte – dennoch, der Sühnegedanken lag tief und war durch die unterschiedlichen Offi ziergenerationen transportiert worden. Blicken wir auf die Sozialstruktur des Offi zierkorps des Jahres 1939, so wundert dies al-les nicht. Deutschland hatte sechs Jahre Nationalsozialismus hinter sich. Man glaubte Versailles überwunden, die Weltwirtschaftskrise hatte man verkraftet, die Marine war – wie die anderen Wehrmachtteile – im Rüstungsaufschwung, das Flottenabkommen mit England bot Planungssicherheit und Sicherheit, diese Rüstung irgendwann gegen Eng-land wenden zu können. Hitler und Raeder waren sich bereits 1936 einig, dass England , habe das Deutsche Reich erst einmal seine alte militärische Stärke erreicht, es nicht wa-gen würde, militärisch gegen das Reich vorzugehen. Zudem … nicht zu vergessen, die gebietsmäßigen Erweiterungen, der »Anschluss« Österreichs , das Münchner Abkom-men. Die Welt hatte bisher tatenlos, wenn auch säbelrassend zugesehen, wie sich Hit-

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Die Ausbildung zum Marineoffi zier während der Kriegsjahre 1939 – 1945

von

Christian Jentzsch

»Dezember 1939. Eine schwere Einheit der großdeutschen Kriegsmarine durchpfl ügt mit Höchstfahrt die Gewässer um Gotland , bis an den Bord beladen mit kampfbegierigen Ka-detten, die einmal Admirale werden wollen. »Hedwig Holzbein« führt Handelskrieg! Gebt acht, ihr Blockadebrecher. Seeräuber gehen um !«1

So stellte sich die erste Bordverwendung junger Kadetten auf dem Linienschiff SCHLES-WIG-HOLSTEIN für die Kadetten der Crew X / 1939 aus verklärter Perspektive 1969 dar. Auf dem alten Skagerrak -Veteranen, der seit 1936 als Kadettenschulschiff diente, wa-ren auch am 1. September 1939 Kadetten zur Ausbildung an Bord. Sie befanden sich von der ersten Minute, ab 4:45 Uhr, im Malstrom des Zweiten Weltkrie ges.2 Die Bilder der die Danziger Westerplatte beschießenden SCHLESWIG-HOLSTEIN , sollten traurige Be-kanntheit erlangen. Mit Blick auf die Ereignisse zum Kriegsende in Flensburg lässt sich mit Fug und Recht sagen, dass die Ausbildung der Offi ziersanwärter der Marine von der ersten bis zur letzten Sekunde des Krieges direkt von den Kriegsereignissen betrof-fen gewesen war.

Es soll hier der Versuch unternommen werden, diese Ausbildung zu rekonstruie-ren und die Auswirkungen des Krieges auf den Lehrbetrieb der unterschiedlichen Ak-teure herauszustellen. Es kann sich in vielen Bereichen lediglich um einen skizzenhaf-ten und schematischen Abriss handeln, weil eine moderne, systematische und umfas-sende Abhandlung oder Untersuchung dieses sozialgeschichtlichen Aspektes der ma-ritimen Militärgeschichte noch aussteht. Gerade die Ausbildungsabschnitte außerhalb der Marineschule wurden bisher wenig beachtet, obwohl sie einen wesentlichen in-tegrativen Bestandteil der Ausbildung und Erziehung zum Marineoffi zier darstellen. Für den Bereich der Unteroffi ziere und Mannschaften fällt der Befund noch nüchter-ner aus, weshalb hier eben auf den Bereich der Offi ziere eingegrenzt werden soll. Zu Beginn wird ein kurzer Überblick über die Zugangsvoraussetzungen und den struktu-rellen Aufbau der einzelnen Lehrgänge stehen, bevor die Komponenten einzeln in den Fokus rücken. Am Ende soll noch der Frage nachgegangen werden, wie stark der na-tionalsozialistische Einfl uss auf das Erziehungssystem des Führungsnachwuchses der Kriegsmarine war.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden in der Marine ungefähr 12 700 Mari-neoffi ziersanwärter zu Offi zieren aller Bereiche aus gebildet.3 Am Anfang des Krieges gestaltete sich die Ausbildung wie folgt: Einstellung und viermonatige infanteristische Grundausbildung in Stralsund , der ein Flottenpraktikum von ca. sechs Monaten Dau-er folgte. Im Anschluss daran fand die sec hsmonatige4 theoretische Ausbildung an der Marineschule in Mürwik statt, die mit der Seeoffi zierhauptprüfung abschloss. Ihr folg-

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ten dann noch 12 – 14 Monate praktische Waffenlehrgänge und ein Flottenpraktikum, so dass nach maximal 30 Monaten die Ausbildung zum Seeoffi zier als abgeschlossen gel-ten konnte. 1944 fand eine erneute Verkürzung statt, um die jungen Männer noch früher der Truppe zuführen zu können. Die Grundausbildung wurde auf drei Monate und die Dauer der Ausbildung auf dem Schulschiff und der Marineschule auf jeweils fünf Mo-nate reduziert. Mit dem Flottenpraktikum und den Waffenlehrgängen, die zusammen in zehn Monaten durchlaufen wurden, sollte die Ausbildung nach 23 Monaten beendet sein, sodass die Offi zieranwärter bereits nach zwei Jahren zum Offi zier, also Leutnant zur See, befördert werden konnten.5 Um eine Laufbahn als Offi zier in der Kriegsmarine anzustreben, waren die volle Wehrtauglichkeit, das Reifezeugnis einer höheren Schule und die deutsche Reichsangehörigkeit nachzuweisen. Als maximale Altersgrenze wur-de das 24. Lebensjahr bestimmt. An körperlicher Eignung musste der Kandidat neben der Wehrtauglichkeit auch eine Körpergröße von mindestens 1,65 m haben und als See-offi zier 6⁄8 Sehkraft besitzen. Für Marineingenieur- und Sanitätsoffi zieranwärter betrug dieser Wert nur 6⁄12. Förderlich wurde auch die Mitgliedschaft in der Marine-HJ sowie Leistungs- und Sportabzeichen dieser Verbände angesehen.6 Die Mitgliedschaft in der HJ wurde durch die Bildungsinspektion aber durchaus ambivalent betrachtet, weil dort charakterlich nicht immer im Sinne des Führernachwuchses der Marine erzogen wur-de. So wurde ein ehemaliger Jungbannführer nach folgender Äußerung von der Bil-dungsinspektion als Offi zieranwärter abgelehnt:

»Mensch, Angabe ist das halbe Leben, wenn Du irgendwohin kommst, musst Du immer so tun, als ob Du alles weißt, selbst wenn es Dir noch so schwer fällt. Damit fällst Du gut auf. Wenn Du mal oben dran bist, kannst Du mit der Arbeit leiser werden, das merkt ke in Mensch.«7

Es handelt sich hier um ein Indiz dafür, dass schon bei der Auswahl des Nachwuch-ses auf eine bestimmte charakterliche Mindesteignung zum militärischen Vorgesetz-ten Wert gelegt wurde. Während des Krieges trat eine nicht unerhebliche Verkürzung der Ausbildung ein, die alle Bereiche in etwa gleich betraf. Im ersten Kriegsjahr erfolg-te schon eine Reduktion, von der dann aber wieder Abstand genommen wurde. Im Fol-genden sollen nun die einzelnen Abschnitte der Ausbildung, beginnend mit der Grund-ausbildung betrachtet werden.

Die Offi zieranwärter wurden beim 1. Schiffstammregiment auf dem Dänholm vor Stralsund als Matrosen in die Kriegsmarine eingestellt. Hier durchliefen sie eine vier Monate dauernde infanteristische Grundausbildung. Das 1. Schiffstammregiment gehörte ursprünglich zur Ostseestation, wurde dann aber ab dem 1. Januar 1944 der In-spektion des Bildungswesens der Marin e unterstellt8, was an seinen Aufgaben gemes-sen auch ein logischer Schluss war. Auf dem Dänholm stand der Wandlungsprozess vom Zivilisten zum Soldaten im Vordergrund. Selbstüberwindung, Härte und Unter-ordnung sind die Begriffe, mit denen die damals von den Betroffenen verhasste infante-ristische Ausbildung der zukünftigen Marineoffi ziere umschrieben wurde.9 Die Dienst-pläne hatten neben dem Exerzieren und der Waffenausbildung aber auch Dienstkun-de, Sport, Seemannschaft, Wachdienst und Kutterpullen zum Inhalt. Aber dennoch wa-ren dies nicht die Dinge, welche sich die jungen Männer von ihrer maritimen Laufbahn erhofften. Es war der Krieg, der so manche Härte dort notwendig erschienen ließ und

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Kriegsmarine, NSDAP und »wehrgeistige Führung« im Zweiten Weltkrieg

von

Armin Nolzen

Einleitung

Das Verhältnis zwischen der Kriegsmarine als einem der drei Waffenträger der Wehr-macht und der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), wie es sich nach Adolf Hitlers Machtübernahme vom 30. Januar 1933 im Deutschen Reich entwi-ckelte, ist bislang nicht gerade ein bevorzugtes Gebiet historischer Forschungen zum NS-Staat gewesen. Die Historiografi e über die deutsche Marine in der NS-Zeit tendiert dazu, ihren Gegenstand sowohl aus der allgemeinen Entwicklung des NS-Regimes als auch aus dem Rahmen der Wehrmacht als Gesamtorganisation herauszunehmen und den Dienstalltag der immerhin mehr als 1,2 Millionen Marinesoldaten auf operations-geschichtliche Art und Weise zu untersuchen .1 Und die Forschung zur Geschichte der NSDAP nach 1933 interessiert sich ohnedies kaum einmal für die Außenbeziehungen, die deren Institutionen zu anderen NS-Herrschaftsträgern unterhielten.2 Auch jene neue Militärgeschichte zum Zweiten Weltkrieg, die sich ansonsten durchaus für den Amalgamierungsprozess zwischen militärischem und zivilem Bereich interessiert3, hat es nicht vermocht, Wehrmacht und NSDAP enger miteinander zu verzahnen. Es fehlt sowohl an methodischen Konzepten als auch an einer integrierten Analyse derjenigen Politikfelder, in denen sich Interdependenzen zwischen beiden Bereichen manifestier-ten. In der marinegeschichtlichen Forschung ist dieses Desiderat besonders deutlich, weil die neuere Wehrmachthistoriografi e das Heer und die Waffen-SS privilegiert und selbst die Luftwaffe im Zuge der Debatte über den alliierten Bombenkrieg gegen das Deutsche Reich eine breitere Aufmerksamkeit gefunden hat.4 Für die Kriegsmarine hin-gegen ist jene Frage, die in den letzten Jahren die Diskussionen über die Rolle der Wehr-macht im NS-Staat dominierte, vollkommen unbeantwortet geblieben. Wir wissen we-der etwas darüber, inwieweit ihre Offi ziere, Unteroffi ziere und Mannschaften die NS-Ideologie internalisierten noch wie sie das NS-Regime und dessen führende Repräsen-tanten einschätzten. Abgesehen von erhellenden Einzelbeispielen, die in der Regel auf der biografi schen Ebene angesiedelt sin d5, steht eine empirische Analyse zu dieser The-matik immer noch aus.

Im Folgenden geht es um einen Teil dieses Problemkomplexes, nämlich um die institutionellen Mechanismen der Aneignung von nationalsozialistischem Gedanken-gut. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich dieser Prozess in der Kriegsmarine voll-zog. Die klassische Herangehensweise an das Thema wäre es, die Versuche der NSDAP zu schildern, die Haltung der Marineangehörigen zu beeinfl ussen und Reichweite und Grenzen dieser Aktivitäten auszuloten. Dem entspräche ein Ansatz, der das Verhältnis zwischen Wehrmacht und NSDAP als Interaktion zwischen einzelnen Personen kon-

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zeptualisiert und in erster Linie deren Handlungen, Ziele und Motive untersucht .6 Die nachstehenden Ausführungen wählen jedoch einen anderen Ausgangspunkt. Sie sind auf der Referenzebene »Organisation« angesiedelt, weil sich die Geschichte des NS-Re-gimes aus dieser Perspektive besser erschließen lässt. Nach 1933 entwickelte sich eine regelrechte »Gesellschaft von Organisationen«7, in der auch Wehrmacht und NSDAP ih-ren Platz fanden. Deren Behörden agierten in einem hochgradig differenzierten organi-satorischen Feld. Sie kooperierten, grenzten sich voneinander ab und beeinfl ussten sich wechselseitig. Wie sich diese Entwicklung während des Zweiten Weltkrieges vollzog und welche Resultate sie zeitigte, wird im Folgenden anhand der »wehrgeistigen Füh-rung« in der Kriegsmarine analysiert. Zwei Institutionen stehen dabei im Zentrum: das Oberkommando der Kriegsmarine (OKM) unter ihrem Befehlshaber Erich Raeder und die Dienststelle des Stellvertreters des Führers (StdF) Rudolf Heß , die am 12. Mai 1941 in die Partei-Kanzlei (PK) übergeleitet wurde. Beide Behörden können als repräsentati-ve Beispiele für Wehrmacht und NSDAP angesehen werd en.8

Die »Wehrbetreuung« in der Kriegsmarine

Nach dem 30. Januar 1933 hatte die Reichswehr / Wehrmacht, wie Manfred Messer-schmidt schon früh formulierte, »den Weg der geistigen Assimilation« an den National-sozialismus beschritten.9 Dieser Prozess, der sich auf den gesamten »inneren Dienst« in Heer, Luftwaffe und Kriegsmarine erstreckte10, führte dazu, dass Offi ziere und Mann-schaften die NS-Ideologie immer weiter in sich aufsogen, bis sie voll und ganz auf dem Boden des »Dritten Reiches« standen.11 Der so genannten weltanschaulichen Erziehung kam dabei eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu, ergab sich doch gerade in die-sem Politikfeld schnell eine fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Wehrmacht und NSDAP, in deren Verlauf immer mehr Soldaten mittels spezieller Lehrgänge und Kur-se mit den Zielen des Nationalsozialismus vertraut gemacht wur den.12 Im Rahmen der Vorbereitungen auf eine zukünftige Mobilmachung, die in der NSDAP seit dem Früh-jahr 1937 liefen, sorgten der Stab des Stellvertreters des Führers und das Reichskriegs-ministerium dafür, dass die Gau-, Kreis- und Ortsgruppenleiter im Falle einer mili-tärischen Auseinandersetzung die »seelische Betreuung« der Soldaten übernahmen.13 Nachdem der deutsche Angriff auf Polen am 1. September 1939 zum Krieg mit Großbri-tannien und Frankreich eskaliert war, wurde diese Zusammenarbeit unter dem Stich-wort »Truppenbetreuung« ausgeb aut.14 Die wichtigsten Träger dieser Maßnahmen wa-ren die Abteilung Inland im Oberkommando der Wehrmacht (OKW), das am 4. Februar 1938 als neue militärische Führungsbehörde gebildet worden war15, das Reichsminis-terium für Volksaufklärung und Propaganda beziehungsweise die Deutsche Arbeits-front (DAF) und ihre Freizeitorganisation »Kraft durch Freude« (KdF). Das OKW for-derte zwar die Leistungen der zivilen Dienststellen für die »Truppenbetreuung« in Heer, Luftwaffe und Kriegsmarine an; weitergehende Weisungsrechte besaß es jedoch nicht. Die Einfl ussmöglichkeiten der NSDAP waren ohnehin gleich Null, denn in allen drei Wehrmachtteilen oblag die »Truppenbetreuung« den verantwortlichen Truppenführern.

In der Kriegsmarine lässt sich diese vollständige Autonomie anhand des für den »inneren Dienst« maßgeblichen Buches von Konteradmiral Siegfried Sorge nachweisen, das 1937 in erster Aufl age erschien. Es kam mit relativ wenigen Konzessionen an den

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Bilder der KriegsmarineÜberlegungen zu den Soldatenbildern der Wehrmacht

von

Thorsten Loch

Bilder von Soldaten, Bilder von Militär und Krieg verschmelzen in ihrer Vielfalt zu ei-nem der zentralen Genres des 20. Jahrhunderts.1 Kunstschaffende widmen sich diesem Themenkomplex mit einer eigentümlichen und spannungsgeladenen Motivation aus Faszination und Abscheu, indem sie die Bilder von Ordnung, Gewalt und Zerstörung idealisieren oder perhorreszieren. Über den rein ästhetischen Zugang hinaus bieten ge-rade aber Soldatenbilder dem Historiker einen Ansatz zur Erschließung mentalitätsge-schichtlicher Phänomene. Für Manfred Messerschmidt sind es in diesem Sinne die öf-fentlich verbreiteten Soldatenbilder, die Aufschluss über die »politischen und gesellschaft-lichen Ordnungsvorstellungen« 2 eines Staatswesens bieten. Die gedankliche Weiterent-wicklung dieser Auffassung geht in die Erkenntnis über, dass es sich bei den öffent-lich verbreiteten Soldatenbildern regelmäßig um identitätsstiftende Konstrukte han-delt, die bewusst oder unbewusst Leitbilder schufen und nicht selten zu Mythen ge-ronnen. 3 Daher können diese Bilder als am Schnittpunkt von Militär, Staat und Gesell-schaft liegend verstanden werden und es zudem ermöglichen, das Wesen dieser Trini-tät so zu erfassen, wie es durch die Analyse von programmatischen Reden oder Schrif-ten kaum möglich wäre. 4 Dabei lassen sich die Soldatenbilder nicht einem Sujet zu-ordnen. Sie entspringen als äußere Bilder bronzenen Plastiken in Kunstausstellungen, die wie schimmernde Fotografi en hoch dekorierter Soldaten im Postkartenformat zig-tausendfach Verbreitung fi nden. Sie entspringen fl ackernd der Leinwand der Wochen-schau, farbenbunt der Staffelei und bleigrau den Skizzenheften der Kriegsmaler. Sie entspringen als abstrakte Bilder in Lektüre und Literatur für den Gebrauch in Schule und Freizeit. Sie alle formen mit ihren äußeren Eindrücken innere Bilder. Sie schalten – je länger je mehr – gleich.

Es sind gerade diese öffentlich verbreiteten Soldatenbilder der NS-Zeit, die über Formen der inneren oder äußeren Wahrnehmung als Medien einer visuellen und politi-schen Herrschaftskommunikation dienten – mehr als ihre Vorgänger und Nachfolger – und sowohl in die Gesellschaft als auch in das Militär selbst hinein wirkten.5 Do ch dür-fen diese Soldatenbilder nicht losgelöst betrachtet, sondern müssen in größere Entwick-lungslinien eingebettet, analysiert werden, um sich mittels historischer Längsschnitte dem Soldatenbild der NS-Zeit zu nähern.6 Di e Forderung von Bruno Thoß aufgreifend, bieten sich hierzu Fragestellungen an, welche die Spannbreite von Soldatenbildern des Ersten Weltkrieges bis hin zur frühen Bundeswehr berücksichtigen helfen.7 Insofern er-gänzt der hier vorgelegte Beitrag über das Soldatenbild der Kriegsmarine meine bishe-rigen Studien zum deutschen Soldatenbild im 20. Jahrhundert und hilft den Erkennt-nisprozess zu verdichten.

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Die Fragen, die aufzuwerfen sind, orientieren sich nicht allein am komparatisti-schen Ansatz, sondern berühren den Entstehungshintergrund der NS-Soldatenbilder: Inwiefern entsprechen die Soldatenbilder der Kriegsmarine, die häufi g der traditionel-len Marinemalerei entsprangen,8 den Vorgaben der NS-Propaganda? Inwiefern folgen sie der Semantik der Herrschaftsargumentation der Wehrkraftsteigerung des NS-Regi-mes? Stehen sie in der Tradition älterer Soldatenbilder oder wirkten sie ihrerseits gar traditionsstiftend für Soldatenbilder der Bundeswehr? Gerade diese beiden letzten, die Kontinuität strapazierenden Aspekte, eignen sich, um das Soldatenbild der Kriegsma-rine in zweifacher Weise zu kontrastieren und sich ihm auf diese Weise zu nähern: Ein-mal erfolgt dies horizontal mit Marinebildern der Bundesmarine und darüber hinaus vertikal mit Soldatenbildern von der Luftwaffe der Wehrmacht sowie den übergeord-neten Soldatenbildern, die der NS-Propaganda entstammen.

Über Bilder und politische Kommunikation

Gerhard Paul bezeichnete das 20. Jahrhundert als »Das Jahrhundert der Bilder«9, als jene Zeit also, in welcher die visuelle und politische Kommunikation mit all ihren medialen Schattierungen zugleich ihre bescheidenen Anfänge nahm und ihren Durchbruch erleb-te. Im Zuge der digitalen Revolution am Ausgang des Jahrhunderts stießen die Bilder dabei in kaum vorstellbare Sphären vor und markierten den Übergang von der geist-lichen Macht des Wortes zur weltlichen Macht der Medien.10 Historiker näherten sich der Quelle Bild erst in den 1990er-Jahren und akzeptierten, dass Bilder seit dem ausge-henden 19. Jahrhundert nicht mehr allein einer ästhetischen Rezeption sondern zuneh-mend einer politischen Kommunikation dienten.11 Damit verstanden sie Bilder nicht mehr nur als Instrumente zur Visualisierung ihrer eigenen Texte, sondern als Quel-len politischer und gesamtgesellschaftlicher Abläufe.12 Die folgenrichtige methodische Hinwendung zu einer »Visual History«13 zeigte rasch die Notwendigkeit einer histo-risch-wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der jungen Quellengattung einer-seits, andererseits verdeutlichte sie auch einen sich aus der Sache ergebenden Metho-denpluralismus.14 Diese Vielfalt in der Praxis des Historikers ist nicht zuletzt dem viel-fältigen Bildbegriff und der nicht minder vielfältigen Nutzung der Bilder geschuldet, die naturgemäß nicht allein der politischen Kommunikation dienten.15 Der massenhaf-te Einsatz von Bildern in Presse, Reklame und Werbung wie auch der expandierenden Unterhaltungsindustrie führten zu einer kaum noch überschaubaren Flut und mannig-faltigen Spielarten an Bildern.

Um sich in dieser Vielzahl an Quellenschattierungen orientieren zu können, kon-zentriert sich der vorliegende Beitrag daher auf jene Bildquellen, die als Bilder vom Sol-daten der politischen Kommunikation in die Bevölkerung und das Militär hinein dien-ten und mithin in die Kategorie der Propaganda eingeordnet werden.16 Die politische Kommunikation durch Bilder durchlief im 20. Jahrhundert mehrere Stufen und Entwick-lungsschübe. Ihre fassbaren Anfänge liegen im Plakat des späten 19. und frühen 20 Jahr-hunderts,17 der Geburtsstunde des politischen Plakates, um »durch Mittel der neuen Kunst auf Massen zu wirken.«18 In Deutschland gilt die NS-Zeit als ein erster Höhepunkt der Verschmelzung von Bild und politischer Kommunikation.19 Das Phänomen Bilder als Waffen20 für die eigene Herrschaftskommunikation zu nutzen, war jedoch weder auf

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Das Kriegsende in Flensburg

von

Herbert Kraus

Mein Weg zu der Tagung, auf der dieser Beitrag gehalten wurde, führte mich von mei-nem Wohnort in Kremmen zunächst zur Vorbesprechung der Historisch-Taktischen-Ta-gung der Flotte nach Glücksburg und dann über Flensburg weiter nach Wilhelmshaven .

Auch in Kremmen , ca. 30 km nordwestlich von Berlin gelegen, fand im April 1945 der »Endkampf« statt. Auch hier kämpften kurz zuvor eingezogene, schlecht ausge-bildete und provisorisch bewaffnete Marinesoldaten, um das Eindringen sowjetischer Truppen in die Reichshauptstadt zu verzögern und vielleicht ein wie auch immer gear-tetes »Wunder des nationalsozialistischen Deutschland « zu ermöglichen. Auch hier starben weiter Menschen, deutsche und russische, weil die deutsche politische und militärische Führung nicht in der Lage war, jenseits des persönlichen ideologischen Horizonts ein-zusehen und zu verantworten.1

Wenige Tage vor diesen Kämpfen wurden auch durch Kremmen KZ-Häftlinge getrieben, da ihr Lager in der Gefahr stand, von Alliierten befreit zu werden und die deutsche Obrigkeit den Gefangenen ihre Freiheit keinesfalls zugestehen wollte. Eher sollten sie auf dem Marsch nach Norden sterben oder als mögliches Tauschobjekt ge-genüber den Alliierten verfügbar gehalten werden.

Das tatsächliche Rational der in die Enge getriebenen deutschen Verantwortli-chen ist in beiden Kremmer Fällen nicht eindeutig nachvollziehbar. Aber die dahinter stehenden Denk-, Urteils- und Verhaltensmuster reichten weit über Kremmen hinaus und waren zeitgleich in Flensburg maßgebend.

Auf dem Weg von Glücksburg über Flensburg nach Wilhelmshaven kommt man am Gebäude der ehemaligen Marinesportschule vorbei, einem unscheinbaren Klinker-bau der 30er Jahre, dessen einziger Schmuck ein zur Straße gerichteter steinerner Reichs-adler ist, dem man aus guten Gründen das Kreuz aus den Fängen entfernt hat. An die-sem Ort hatten im Mai 1945 der von Adolf Hitler zu seinem Nachfolger als Staatsober-haupt bestimmte Großadmiral Karl Dönitz und die von ihm ernannte »geschäftsführen-de Reichsregierung« unter Leitung des Ministers Lutz Graf Schwerin von Krosigk Un-terkunft und Büroräume gefunden. Dort wurden die Entscheidungen über die bedin-gungslose Kapitulation beraten und gefällt. Heute erinnert hier nichts an das dieses Er-eignis; die historische Episode begründet kein lokales Gedenken. Dennoch ist die Fra-ge nachvollziehbar, weshalb ein weltgeschichtliches Ereignis wie die bedingungslose deutsche Kapitulation im Zweiten Weltkrieg ausgerechnet in einer Marinesportschule in Flensburg akzeptiert worden ist und nicht etwa in der Hauptstadt Berlin .

Die Kapitulation in einem Krieg ist ein so zentral bedeutsamer Vorgang, dass er in der Regel von der Staatsführung initiiert und verantwortet werden muss – zumin-dest sofern es eine solche die Macht ausübende Staatsführung gibt. Im Falle Adolf Hit-

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lers und des Deutschen Reiches gab es bis zum Tod des die Gefolgschaft der Deutschen fest im Griff haltenden Diktators hieran keine Zweifel.

Nach dem plötzlichen Ausfall Hitlers als Staatsoberhaupt war diese Gefolg-schaft, und damit auch die Autorität zentral zu kapitulieren, zunächst nicht gesichert. Der von Hitler benannte Nachfolger Karl Dönitz konnte sich zu Beginn nur auf den toten Diktator berufen. Dönitz’ Staatsführung und seine Kapitulationskompetenz wa-ren zwangsläufi g prekär, wie sich ansatzweise an der Front in Norditalien zeigte. Am 2. Mai wurde dort die Kapitulation der Heeresgruppe C vollzogen und damit öffent-lich gemacht, die bereits am 29. April im Auftrag des regionalen Wehrmachtbefehlsha-bes sowie des höchsten SS- und Polizeibefehlshabers für Italien in Caserta u nterzeich-net worden war.2

Hitlers Selbstmord hatte Dönitz , bereits in Norddeutschland befi ndlich, über-rascht. Er verlegte Anfang Mai sein Hauptquartier von Plön nach Flensburg , um in der nördlichsten deutschen Stadt mehr Distanz zu den vorrückenden Briten zu gewinnen. Flensburg als Ort der deutschen Kapitulationsentscheidung ist also eine Konsequenz militärgeografi scher Entwicklung ergänzt durch eine Prise Zufall.

In diesem Zusammenhang möchte ich kurz auf einen Aspekt eingehen, der in diesem Band auch in anderen Beiträgen anklingt: Die deutschen militärischen Mittel im 2. Weltkrieg seien insbesondere auf dem maritimen Sektor grundsätzlich zu we-nig und zu schwach gewesen. Wäre der »neue Unterseebootkrieg« tatsächlich früher in Gang gekommen, hätten die Alliierten im Brückenkopf Normandie Fehler begangen, wäre der deutsche militärische Widerstand effektiver gewesen, dann würde die Atom-bombe dort zum Einsatz gekommen sein, wofür sie ursprünglich konstruiert worden war – in Deutschland . Es wäre wohl auch in diesem Fall kein Einsatz der Bombe ge-gen die Hauptstadt erfolgt, gegen Berlin so wenig wie gegen Tokyo , und vielleicht des-halb auch nicht gegen Flensburg , da die Alliierten Verhandlungspartner mit Autorität für die Kapitulation benötigten. Aber warum nicht eine Hafenstadt wie in Japan, war-um nicht Hamburg oder Wilhelmshaven ?

Das nahe der dänischen Grenze gelegene Flensburg hatte 1944 ca. 70 000 Ein-wohner, darunter eine nicht unerhebliche dänische Minderheit. Es verfügte in begrenz-tem Maße über kriegswichtige Produktionsstätten, die vor allem im Hafengebiet zu fi n-den waren. Nur wenige alliierte Luftangriffe zielten auf diese Stadt, darunter einer mit 64 B – 17 Bombern am 19. März 1943. Ein letzter Luftangriff traf Flensburg am 3. Mai 1945 und forderte 56 Opfer;3 möglicherweise handelte es sich um eine gezielte Demons-tration gegenüber den Verantwortlichen in der Nachfolge Hitlers .

Die Stadt selbst war in ihrer Infrastruktur und ihren Wohnvierteln im Wesent-lichen intakt geblieben, auch die Marinekriegsschule in Mürwik war nicht angegrif-fen worden. Im Marinestützpunkt lag das militärisch genutzte Wohnschiff PATRIA mit 20 000 t. Darüber hinaus standen in Flensburg die Torpedo- und die Nachrichtenschule der Marine sowie mehrere große Heereskasernen.

Im Mai 1945 lebten in Flensburg deutlich mehr Menschen als ein Jahr zuvor. Ne-ben etwa ca. 50 000 vor allem über See antransportierten Flüchtlingen hielten sich in der Grenzstadt nicht gezählte Soldaten, Zwangsarbeiter, zwangsverlegte Lagerhäftlin-ge und Angehörige verlegter Dienststellen aller Art auf.4 Diese Situation war für einen von See erreichbaren Ort im nicht von Alliieren besetzten Norden des deutschen Rest-

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Rudolf Petersen

von

Hans Frank

Anfang Mai 1945: Die Schnellbootswaffe ist auf vier Kriegsschauplätze verteilt. In der Adria , in Pola , die Reste der 3. und 7. Schnellbootsfl ottille bereit zur Fahrt nach Ancona , um sich dort den Alliierten zu ergeben. Im Hollandraum die 2., 4., 6. und 9. Flottille im Kampf gegen die alliierten Geleite vor der belgischen und britischen Küste. In Südnor-wegen die 8. Schnellbootsfl ottille und die 1. Schulfl ottille im Geleitschutz. In der Ostsee an der Kurlandfront die 1. und 5. sowie die 2. Schulfl ottille im Einsatz gegen vordrin-gende sowjetische Streitkräfte und zum Schutz der Evakuierungstransporte. In Svend-borg die 3. Schulfl ottille, die allerdings wegen Brennstoffmangel bereits ihren Fahrbe-trieb eingestellt hatte. Hier in Svendborg , dem Sitz der Schnellbootslehrdivision, wur-de in diesen Tagen auch aus überfl üssigem Personal ein Bataillon für den Landkampf zusammengestellt, um noch in den Kampf um Berlin eingreifen zu können. Am 2. Mai wurde der Kapitänleutnant Sander mit der Führung dieses Bataillons betraut, ein In-genieuroffi zier, der noch nie vorher eine Stellung als Disziplinarvorgesetzter innege-habt hatte und sich schwer tat, diesen zusammen gewürfelten Haufen unter Kontrolle zu halten. Neben einer Reihe von Unbotmäßigkeiten kam es am 4. Mai bei der Einklei-dung in Grauzeug zu schweren Unruhen, die nur mühselig unter Kontrolle gebracht werden konnten. Am Abend des 4. Mai gab es einen Kameradschaftsabend für die Hälf-te des Bataillons, um sich auf den Abtransport vorzubereiten. Die zweite Hälfte des Ba-taillons sollte am 5. Mai ihren Kameradschaftsabend feiern. Doch inzwischen hatte sich die Lage verändert. Denn um 8.00 Uhr am 5. Mai war die Teilkapitulation mit Montgo-mery in Kraft getreten, die für Norddeutschland , Dänemark und Holland galt und da-mit das Ende des Krieges signalisierte.

In seiner Ansprache an das Bataillon bei dem zweiten Kameradschaftsabend ging Sander auf diese Teilkapitulation ein und stellte fest, dass damit auch der beabsichtig-te Einsatz um Berlin hinfällig sei. Schon in den Tagen vorher hatten sich einige Soldaten dahingehend geäußert, dass sie, da der Krieg offensichtlich seinem Ende zuging, nun am liebsten abhauen würden, denn der Kampf mache doch keinen Sinn mehr. Nach der Ansprache Sanders meinten drei von ihnen, nun wäre es an der Zeit, nach Hause zu ge-hen und sich um ihre Familien zu kümmern, was in der Gefangenschaft, in die sie nun wohl gehen müssten, nicht möglich sei. Mehrere Kameraden, die sie ansprachen, rie-ten ab, es sei dazu noch zu früh und verweigerten das Mitgehen. Nur ein jüngerer Sol-dat war bereit, sich diesen dreien anzuschließen. Während der Kameradschaftsabend noch lief machten sich die vier Soldaten unter Mitnahme ihrer Waffen und notwendiger Verpfl egung auf den Weg in die Heimat. Ihr Fehlen wurde zwar am nächsten Morgen bemerkt, doch der Unteroffi zier vom Dienst unterließ eine Meldung darüber. Aber die vier waren nicht weit gekommen. Bereits am Vormittag des 6. Mai wurden sie von dä-

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nischer Polizei aufgegriffen und zum Bataillon in Svendborg zurückgebracht und dort auf dem Begleitschiff BUÉA unter Arrest gesetzt.

Wie aber war jetzt damit umzugehen, war es unerlaubte Abwesenheit von der Truppe oder war es Fahnenfl ucht? Der Bataillonskommandeur wusste sich nicht zu entscheiden und meldete es dem Chef der Schnellbootslehrdivision, dem Korvetten-kapitän Feldt . Auch dieser war sich nicht schlüssig, galt die deutsche Militärgerichts-barkeit überhaupt noch, wie wurde in diesen Zeiten vielfacher Aufl ösung in anderen Fällen gehandelt und fragte beim Kommando der Schnellboote nach. Dort geriet er an den Chef des Stabes, Fregattenkapitän Schulz , bekannt als engagierter Nationalsozialist und Verfechter uneingeschränkt harter Disziplin. Dieser befahl Feldt das Einreichen ei-nes Tatberichtes zu veranlassen, damit war die Einberufung eines Kriegsgerichtes fast unausweichlich.

Am darauf folgenden Tag, dem 7. Mai, wurde das Bataillon auf dem Begleitschiff BUEA eingeschifft. Dieses verlegte noch in der gleichen Nacht in die Geltinger Bucht , wo sich die noch im Ostseeraum befi ndlichen Schnellboote und ihre Begleitschiffe versam-meln sollten. Kurz nach dem Ankern in der Geltinger Bucht, am Vormittag des 8. Mai, fuhr Sander zur Meldung zum Führerschiff HERMANN VON WISSMANN , suchte zunächst den für den Verband zuständigen Stabsrichter Holzwig auf und übergab ihm den Tat-bericht, danach meldete er sich beim Führer der Schnellboote, Kommodore Petersen , und machte Meldung über die Lage in seinem Bataillon insbesondere über die vor-gekommenen Missstände und über die Flucht der vier Soldaten. Nach darauf folgen-der Besprechung Petersens mit Holzwig wurde entschieden, dass der Fall vor einem Kriegsgericht verhandelt werden müsse. Am 9. Mai, die Gesamtkapitulation deutscher Truppen war seit 23.01 Uhr des Vortages in Kraft, trat das Kriegsgericht unter Stabsrich-ter Holzwig auf dem Begleitschiff BUEA zusammen und verurteilte nach mehrstündiger Sitzung drei Soldaten zum Tode und den vierten, den Mitläufer, zu einer mehrjährigen Zuchthausstrafe. Die Todesstrafe wurde damit begründet, dass ein besonders schwe-rer Fall vorgelegen habe, weil die Tat im Ausland und von mehreren gemeinschaftlich begangen worden sei. Am Abend des gleichen Tages, also dem 9. Mai, wurde Petersen das schriftliche Urteil durch den Stabsrichter Holzwig vorgelegt und um Bestätigung des Urteils gebeten.1

Wer aber war nun dieser Mann, der als Gerichtsherr über das Leben von drei Sol-daten zu entscheiden hatte?

Rudolf Petersen wurde am 15. Juni 1905 in Atzerballig auf der Insel Alsen als Sohn eines Pastors geboren. Als nach dem Ersten Weltkrieg Nordschleswig an Däne-mark fi el, wechselte der Vater in eine Gemeinde in Berlin-Lichterfelde . Hier legte der Sohn 1925 die Reifeprüfung ab. Im gleichen Jahr, am 01. April 1925, trat Petersen in die Marine ein. Nach der üblichen Land- und Seeausbildung wurde er am 01.10.1929 plan-mäßig zum Leutnant zur See befördert. Er hatte dann wechselnde Kommandos an Bord und an Land und besuchte die Marineakademie, auf der er im August 1938 die Admi-ralstabsausbildung erfolgreich beendete, um anschließend als Chef die 2. Schnellboots-fl ottille aufzustellen. Mit ihr nahm er an den ersten Kriegseinsätzen in der Nord - und Ostsee , der Besetzung Norwegens sowie den Operationen im Kanal und zuletzt am Kampf gegen die Sowjetunion in der Ostsee teil. Während dieser Zeit als Flottillen-chef erhielt Petersen das Eiserne Kreuz 2. und 1. Klasse und am 04.08.1940 das Ritter-

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»Nachkriegswahrnehmungen«Die Traumata der Marine und das Dilemma,

die Vergangenheit zu deuten1

von

Michael Epkenhans

I.

Im Sommer 1960 informierte sich der neu ernannte Kommandeur des Zentrums für In-nere Führung in Koblenz , General Ulrich de Maizière , bei Heer, Luftwaffe und Marine über deren Entwicklung seit Beginn des Wiederaufbaus der Bundeswehr im Jahre 1956. Dabei sprach er u. a. lange mit dem damaligen Flottenchef, Admiral Rolf Johanness-on . Dessen Mitteilungen und das, was de Maizière in den Tagen danach bei der Mari-ne erlebte, waren ihm offenkundig so wichtig, dass er darüber relativ ausführliche Ta-gebuchnotizen anfertigte: »Positiv:« so der Eindruck de Maizières nach dem Gespräch mit Johannesson ,

»geschlossenes Corps, fast wie ein Orden, hohes Maß an Kameradschaft u. Zusammen-halt. Negativ: Vergangenheit ist nicht bewältigt. Mit wenigen Ausnahmen stammen die führenden Männer der Marine aus dem Stabe Dönitz . Fühlen Treueverpfl ichtung zu Dö-nitz u. Raeder . Glauben nichts falsch gemacht zu haben, haben keinerlei Schuldgefühl, leh-nen Männer des 20.7. ab. Die innere Situation kann nur schrittweise – wenn überhaupt – abgebaut werden.«2

Ein Besuch in der Alma Mater der Marine in Mürwik bestätigte diesen Eindruck: »Ge-wisse Bestätigung der Sorgen von Johannesson . Einsicht in Fehler der Vergangenheit gering. Verständnis für notwendige politische Bildung ungenügend«3, notierte de Maizière anschlie-ßend. Dieser Befund, und darin spiegeln sich vielleicht auch die Widersprüchlichkeiten und die innere Zerrissenheit, mit der viele Angehörige der Marine zu kämpfen hatten, kontrastierte freilich in eigentümlicherweise mit den Eindruck, den de Maizière bei ei-ner anschließenden Fahrt auf einem Zerstörer bis vor die schwedische Küste gewann. Er war regelrecht begeistert davon, dass »(a)n Bord eine überzeugende Verbindung von frei-em Ton u. ungezwungener Haltung mit genauester und rascher Befehlstreue (herrschte)«. Die anschließende Diskussion mit Offi zieren über »Innere Führung« empfand er wieder-um als ernüchternd. Diese bestätigte ihn erneut in seiner Einschätzung, dass der Mari-ne das »Gefühl für Notwendigkeit der geistig-psychologischen Rüstung u. die Bereitschaft, sich mit der Zeit von 1933 – 1945 auseinanderzusetzen, (fehle)«.4

Wie es mit der Bereitschaft, sich mit der Vergangenheit auseinander zu setzen und daraus Lehren zu ziehen, in den anderen Teilstreitkräften oder auch in der bundes-republikanischen Gesellschaft insgesamt aussah, sei in diesem Fall dahingestellt. Ent-scheidend ist, dass die Marine auch vier Jahre nach einer sehr intensiven öffentlichen Debatte über die Rede von Kapitän zur See Zenker in Wilhelmshaven zum Erschrecken

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nicht allein des Kommandeurs des Zentrums für Innere Führung, sondern auch ihres eigenen Flottenchefs, Admiral Johannesson , für jeden sichtbar den Eindruck erweckte, sie habe seit 1945 nichts dazu gelernt und wolle auch nichts dazulernen. Wie ist dieser Eindruck zu erklären und was hat die Marine schließlich getan, um die von innen wie von außen konstatierten »Defi zite« zu beheben?

II.

Um zu verstehen, warum die Marine zu Beginn der 1960er-Jahre so »rückwärtsgewandt« zu sein schien, sich so schwer tat, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und in die Zukunft zu schauen, ist es notwendig, sich mit wenigen Strichen deren mit mehr Tie-fen als Höhen verbundene Geschichte und die damit verbundenen Probleme zu verge-genwärtigen. Dabei gilt es, sich zugleich vor Augen zu führen, dass all diese Ereignis-se Teil des kollektiven Gedächtnisses, ja wenn nicht sogar des eigenen Erlebens vieler Angehöriger der Marine nach 1956 gewesen sind. Die Admirale Ruge und Zenker wa-ren wie viele andere schließlich inzwischen nicht nur Angehörige der vierten deutschen Marine innerhalb von gut vierzig Jahren, sondern sie schleppten auch viele Prägun-gen, Deutungsmuster und Wertvorstellungen ihrer Altvorderen mit sich: 1848 / 49 als Kind der bürgerlichen Revolution und Zeichen eines, wenngleich bescheidenen Auf-bruchs aus der Enge kontinentalen Denkens gegründet, war die Marine nur wenig spä-ter schon wieder am Ende gewesen: in Brake an der Unterweser wurden ihre Schiffe verkauft oder versteigert. Danach fristete die Marine, so sehr Prinz Adalbert sich auch mühen mochte, lange Zeit, zumal im Zeichen glorreicher Siege der preußischen Ar-meen, politisch und gesellschaftlich ein Randdasein. Daran änderte sich auch später trotz aller Flottengründungspläne grundsätzlich wenig. Erst die Wilhelminische Ära mit ihrer demonstrativen Zurschaustellung der Flotte, dem in die Welt hinausgeschrie-enen Anspruch nach Welt- und Seegeltung änderte dies. Die Marine schien nun gleich-berechtigt, hatte zeitweilig sogar Vorrang vor der Armee, die aus Sorge um ihre inne-re Stabilität allerdings auch nicht größer werden wollte. Und anders als in den Jahren zuvor: wachsende Teile der Bevölkerung waren nun für die Marine zu begeistern, wie die Jubelfeiern bei Flottenbesuchen und Stapelläufen, aber auch die unzähligen Fotos von Jungen und Mädchen im Kieler Matrosenanzug belegen. Dahinter standen frei-lich Erwartungen von Macht, Reichtum und internationaler Anerkennung, die die Ma-rine zwar vollmundig zu erfüllen versprach, am Ende aber nicht zu befriedigen moch-te: dem immer kostspieligeren Wettrüsten im Frieden folgte die schmachvolle Niederla-ge im Krieg. Während die Armeen immerhin im Westen wenigstens noch an den Toren von Paris geklopft, im Osten Riga erobert und selbst das Kaspische Meer erreicht hat-ten, hatten die Großkampfschiffe am Ende mehr in ihren Häfen gelegen, als tatsächlich etwas erreicht. Viel schlimmer: Am Ende hatten ihre Matrosen gemeutert und den re-volutionären Funken mit der Eisenbahn in den letzten Winkel des Reiches transportiert. Die schmachvolle Auslieferung an Großbritannien machte die Selbstversenkung in Sca-pa Flow nur wenige Monate später zwar in Teilen wett, doch dieser »Imagegewinn« ging durch die Verstrickung in konterrevolutionäre Unruhen bald wieder verloren.

Die Weimarer Marine war, nachdem sie mühsam ihre Existenz hatte retten kön-nen, kaum mehr als ein Schatten ihrer einstigen Größe – das Material war veraltet; hin-

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Personenregister

A

Abraham 176Adalbert, Prinz von Preußen 222Adenauer, Konrad 156, 228Ambrosius, ? 125Apel, Hans 226Arnauld de la Perière, Lothar von 121, 122Aßmann, Kurt 123, 127, 157, 228

B

Baldwin, Jack 89, 101Becker, Otto 227Beermann, Friedrich 225Bekker, Cajus 228, 229Bene ?, Kurt 105Bene, Hans 105, 106, 107, 111, 112Bergen, Claus 196Berghahn, Volker 11, 132, 228Bidlingmeier, Gerhard 229Bird, Keith 28, 151Birnbacher, Carl-Heinz 218Bleichrodt, Heinrich 167Blomberg, Werner von 192Böhm, Hermann 23Bohrdt, Hans 195Bormann, Martin 177, 178, 179, 182, 187, 208Botzenhart, Erich 232Brauchitsch, Walther 10Breker, Arno 192Brennecke, Jochen 74, 75, 229Brewitz, Walther 176Buchheim, Lothar-Günther 12, 107, 143, 230Buchner, Alex 79Busch, ? 217Busch, Fritz Otto 78

C

Capelle, Eduard von 44Carls, Rolf 47, 48, 80Churchill, Sir Winston 44, 81, 95, 96, 97, 103Ciliax, Otto 81, 85, 92, 93Conti, Leonardo 210Corum, James S. 103Coupette, Karl 41Creveld, Martin van 11

D

Daluege, Kurt 210Darlan, François 123de Gaulle, Charles 126de Maizière, Ulrich 221, 231Degel, Arnold 167Denning, Norman 100Di Maggio, Paul J. 182Dönitz, Karl 9, 10, 11, 19, 22, 23, 48, 49, 58, 106,

107, 108, 109, 110, 111, 120, 133, 139, 140, 141, 142, 143, 144, 145, 151, 155, 156, 157, 167, 176, 178, 179, 181, 182, 205, 206, 207, 208, 209, 210, 215, 217, 221, 224, 225, 226, 227, 229

Drenckhan, Hans 178Dülffer, Jost 11Dulin, Robert O. 80

E

Ehrhardt, Walther 170Eichinger, Bernd 12Eisenhower, Dwight D. 209Englund, Peter 142Erdmann, Heinrich 218Erhardt, Werner 136Eschenburg, Theodor 136Estienne, ? 123

F

Falangola, Mario 49Feldt, Klaus 214, 217Fischer, ? 195Fischer, Hannibal 223Foertsch, Friedrich 200Foertsch, Hermann 200Förste, Erich 154, 155, 156Fricke, Kurt 46Friedeburg, Hans-Georg von 209, 210, 217Frühling, Erich 175

G

Gabor, Zsa Zsa 43Galland, Adolf 86, 87, 94, 100Gannon, Michael 111Garzke, William H. 80Gebhardt, Karl 210Gemzell, Carl-Axel 27, 132Gerlach, Heinrich 225

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Geßler, Otto 153Glücks, Richard 210Godt, Eberhard 211Goebbels, Joseph 177Goethe, Johann Wolfgang (von) 166Göring, Hermann 45, 107, 208Groos, Otto 227Grote, ? von 128Günther, Hans F. K. 176Guse, Günther 26Güth, Rolf 152, 166

H

Haake, Werner 167Halder, Franz 10, 46, 138, Hansen, Gottfried 231Harris, Sir Arthur 142Hartwig, Dieter 44Hartwig, Paul 229Haushofer, Karl 46Hein, Wolfgang 211Heinsius, Paul 229Herwig, Holger H. 11, 132, 228Heß, Rudolf 174Heydrich, Reinhard 152Heye, Hellmuth 22, 23, 24, 25, 26, 27, 48, 54, 55,

141Hillgruber, Andreas 43Hillmann, Jörg 9Himmler, Heinrich 177, 207, 208, 210Hinz, ? 210Hitler, Adolf 19, 20, 21, 23, 25, 26, 28, 33, 44, 45,

46, 47, 48, 49, 54, 55, 58, 70, 78, 80, 83, 84, 86, 98, 107, 108, 109, 111, 119, 123, 133, 143, 144, 145, 147, 148, 149, 150, 152, 153, 157, 169, 173, 175, 177, 178, 180, 186, 205, 206, 207, 208, 209, 216, 224, 227

Hoffmann, Dietrich 106Hoffmann, Erich 194Hölderlin, Friedrich 166Holland, Lancelot Ernest 66, 67Holzwig, Adolf 214, 217Höß, Rudolf 210Hoßbach, Friedrich 22, 25Hubatsch, Walther 11, 154, 155, 157, 227, 228,

232Hüffmeier, Friedrich 178, 179Hümmelchen, Gerhard 59

J

Jeschonnek, Hans 86Jodl, Alfred 10, 208

Johannesson, Rolf 10, 136, 221, 222, 226, 229Jürgens-Kirchhoff, Annegret 191Just, Herbert 178

K

Kassandra 223Kaufmann, Karl 208Keitel, Wilhelm 10, 207, 208Kemnade, Friedrich 218Kennedy, Ludovic 78Klose, Hans-Helmut 218Klug, Bernd 218Koenigs, ? 42Koller, Karl 100Kranke, Theodor 215Kranzfelder, Alfred 50Kusch, Oskar 13

L

Lang, Franz. Siehe Höß, RudolfLangsdorff, Hans 56, 57, 61, 150Le Normand, ? 121, 122, 126Le Puth, ? 125Lehmann-Willenbrock, Heinrich 12Leigh Mallory, Trafford 101Lindemann, Ernst 78, 79Loewenfeld, Wilfried von 24Lohmann, Walter 167, 172Loon, Antonie van 82, 98Ludendorff, Erich 191Lüth, Wolfgang 167, 172, 210Lütjens, Günther 57, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 72,

73, 74, 75, 77, 79, 80

M

Mackinder, Halford 46Marschall, Wilhelm 57, 79, 170, 215Martini, Wolfgang 100Matthies, Wilhelm 169, 187Maurer, Gerhard 210Meentzen, Wilhelm 218Meinecke, Friedrich 197Meisel, Wilhelm 225Messerschmidt, Manfred 174, 189, 197Meyer, Hans-Karl 136Montgomery, Bernard Law 209, 213Mückusch, Andreas 45Müllenheim-Rechberg, Burkhard 78, 79Müller, Karl-Alexander von 227Mumm, Friedrich 106

Page 42: Verlag Dr. Dieter Winkler

261

N

Neumann, Hajo 53Niemitz, Chester 10Nolzen, Armin 9, 11Nomura, Naokuni 46, 47

O

Obermaier, Albrecht 218

P

Paschen, Günther 152Passe, Hermann 180, 186, 187Paul, Gerhard 190Peter, Karl 167, 172Petersen, Rudolf 214, 215, 216, 217Petersen, Wolfgang 12Pewa, Peter 195Pezold, ? 123, 124Pfeiffer, Walter 155Philipon, Jean 126Potter, Elmer B. 10Potter, John D. 103Pound, Sir Dudley 43, 44, 45, 81, 88, 110Powell, Walter W. 182Prien, Günther 229Puttkammer, Karl-Jesko von 157

Q

Quistorp, Achim 216, 218

R

Raeder, Erich 9, 10, 11, 19, 21, 22, 23, 25, 26, 27, 28, 31, 33, 40, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 50, 53, 54, 57, 63, 78, 79, 81, 82, 83, 84, 110, 111, 117, 118, 119, 120, 123, 134, 147, 148, 149, 150, 151, 152, 153, 154, 155, 156, 157, 169, 174, 221, 224, 225, 226, 228, 231

Rahn, Werner 12, 48, , 108Ramsay, Bertram 88Rathenau, Walther 176Reinecke, Hermann 177, 178, 180, 181, 186Reuter, Ludwig von 150, 224Ribbentrop, Joachim von 21Rogge, Bernhard 10, 136, 169, 225Rohwer, Jürgen 10, 110Rommel, Erwin 131, 132, 133Roosevelt, Franklin Delano 95, 103Roosevelt, Theodor 45Rosenberg, Alfred 176, 177, 210

Ruckteschell, Hellmut von 55Ruder, Willy 179, 180, 181, 186, 187Rudolph, Martin 195, 201Ruge, Christa 137Ruge, Friedrich 10, 11, 118, 129, 130, 131, 132,

133, 134, 135, 136, 137, 138, 150, 156, 187, 222, 225, 226, 227, 229, 230, 231, 232

S

Saalwächter, Alfred 85, 89Salewski, Michael 11, 19, 43, 44, 111, 143, 152,

157, 170, 229Sander, ? 213, 214, 217Sanders, George 43Saß-Rosenow, ? 169Schall-Emden, Robert 122Scheer, Reinhard 231Schiller, Friedrich (von) 166Schlichtenmaier, Fritz 154Schmidt, Wolfgang 191, 193Schniewind, Otto 10, 164Schuhart, Otto 166, 167Schulz, ? 217, Schulze, Karlgeorg 121Schuster, Karlgeorg 117, 120, 121, 227, 232Schwerin von Krosigk, Lutz Graf 205, 209, 210Shakespeare, William 218Sorge, Siegfried 169, 174, 175Spee, Maximilian Reichsgraf von 53Sperrle, Hugo 100Stange, ? 41Stegemann, Bernd 12Strech, ? 164Symons, Alfred Hans 178

T

Thiele, August 164Thienemann, Ernst 136Thoß, Bruno 189Tirpitz, Alfred von 11, 23, 26, 28, 140, 148, 157,

223, 224, 227, 228, 231Tirpitz, Wolfgang von 127Toulouse-Lautrec, ? 127Tovey, Sir John 66, 68, 69, 70, 71, 80Treue, Wilhelm 226Tucholsky, Kurt 12

W

Wagner, Gerhard 136, 147Walle, Heinrich 136Warzecha, Walter 176

Page 43: Verlag Dr. Dieter Winkler

262

Wegener, Edward 152Wegener, Wolfgang 23, 48, 152Wegner, Bernd 132, 138Wette, Wolfram 12Widemann, ? 42Widenmann, Wilhelm 227, 232Witzell, Karl 25

Z

Zenker, Hans-Adolf 222Zenker, Karl-Adolf 10, 155, 221, 225, 230Zimmermann, John 231

Schiffsregister

A

ACHILLES 56ADMIRAL GRAF SPEE 55, 56, 82, 117, 150ADMIRAL HIPPER 47, 55, 57, 58, 64, 82, 163ADMIRAL SCHEER 47, 55, 57, 58, 82AJAX 56ALBERT LEO SCHLAGETER 163, 164, 167ANGLO-SAXON 55ARK ROYAL 68, 69, 77ATLANTIS 58, 59, 120

B

BISMARCK 20, 25, 45, 46, 57, 58, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 82, 83, 106, 151, 224

BLÜCHER 118, 164BRESLAU 141BUÉA 214, 215, 217

C

CACHALOT 120CANARIAS 77CORNWALL 59CORONEL 58

D

DEUTSCHLAND 24, 55, 56, 58, 147DORSETSHIRE 70, 71, 77, 80

E

EMDEN (III) 141EMDEN 55, 163, 164EXETER 56

G

GNEISENAU (Fregatte) 231

GNEISENAU 24, 45, 47, 55, 57, 58, 64, 72, 81, 82, 83, 84, 86, 92, 93, 95, 96, 97, 98, 99, 103, 118, 147, 164

GORCH FOCK 163GOTLAND 64GRAF SPEE 147GRAF ZEPPELIN 106GREER 45

H

HERMAN SCHÖMAN 92, 93HERMANN VON WISSMANN 214HIPPER (Fregatte) 231HOOD 66, 67, 68, 73, 76, 77, 78, 79HORST WESSEL 163

K

KARLSRUHE 55, 118KEARNY 45KÖLN 55, 156KOMET 58KÖNIGSBERG 55, 118KORMORAN 58, 59

L

LACONIA 110, 144LEIPZIG 55, 163, 195LÜTJENS 79LÜTZOW 47, 58, 98, 118, 163

M

M 612 217MANXMAN 89MICHEL 58, 60

N

NORFOLK 66, 67, 70, 77

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263

NÜRNBERG 55, 195

O

ORION 58, 120OSTMARK 120

P

PATRIA 206PINGUIN 58, 59, 60PRINCE OF WALES 46, 66, 67, 68, 73, 77, 79PRINZ EUGEN 45, 58, 64, 65, 67, 68, 72, 73, 74, 76,

77, 78, 81, 82, 83, 84, 86, 92, 93, 95, 98, 99, 163

R

R 414 217RAMILIES 77RENOWN 68, 77REPULSE 46REUBEN JAMES 45RICHELIEU 122RODNEY 68, 70, 77ROYAL OAK 117

S

S 199 216S 99 218SCHARNHORST (Fregatte) 231SCHARNHORST 24, 45, 47, 55, 57, 58, 64, 81, 82, 83,

84, 86, 91, 92, 93, 95, 96, 97, 98, 99, 101, 103, 118, 147, 196, 224

SCHEER 231SCHLACHTSCHIFF H 25, 26SCHLACHTSCHIFF I 25, 26SCHLESIEN 163, 170SCHLESWIG-HOLSTEIN 131, 150, 161, 163, 164, 165,

169, 170, 171, 227SEALION 90, 101

SHEFFIELD 68, 69, 77SMS LEIPZIG 195SMS NÜRNBERG 195STIER 58SUFFOLK 66, 67, 68, 69, 73, 77SYDNEY 59

T

T 13 92TARANTINI 120TARTAR 78THOR 58THUNDERBOLT 120TIRPITZ 20, 25, 45, 47, 58, 72, 79, 80, 106, 224TRIDENT 95

U

U 156 110U 464 109U 47 229U 51 120U 594 106, 107, 108, 111

V

VICTORIOUS 68

W

WEISSENSEE 64, 65, 73WELSHMAN 89WIDDER 58WILHELM GUSTLOFF 229WORCESTER 93, 96, 102

Z

Z 25 164, 171Z 29 92

Geografi sches Register

A

Adria 213Afghanistan 98Afrika 37Afrika, Nord- 45, 123, 127Ägypten 46Alexandrien 124

Allgäu 177Alsen 214Amerika siehe USAAncona 213Antillen 124Argentinien 56Ärmelkanal 58, 78, 81, 82, 84, 85, 87, 88, 89, 91,

93, 96, 118, 119, 214, 215