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Update Unfallchirurgie · Verletzungen der unteren Extremitäten
Abb. 1 8 Algorithmus zur Behandlung periprothetischer Frakturen (adaptiert nach Parvizi J et al. (2011) J Orthop Trau-ma 25:77-81)
Type B
minimal verschoben, stabile FX verschoben/instabil
Teilbelastung möglich Prothese fest, gute Position (BI)
biplanare Fixation (Cerclage,Drähte, Schraube, Allograft)
gute Knochenqualitätund -länge (B2)
Langschaftprothese(+ bone graft)
Langschaftprothese(+ bone graft),ggf. Allograft
proximaler Femurersatz,Resektion des gesamten
schlechten Knochens
junger Patient alter Patient
schlechte Knochenqualitätund -länge (B3)
Prothese gelockert (B2/3)
572 | Der Unfallchirurg 7 · 2012
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. C. KrettekUnfallchirurgische Klinik Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover [email protected]
Die Beiträge stammen aus dem Handbuch Orthopädie/Unfallchirur-gie 2012 und entsprechen den Semi-narunterlagen des 4. Ortho Trauma Update 2012 der medupdate GmbH.
Unfallchirurg 2012 · 115:572–573DOI 10.1007/s00113-012-2254-4 © Springer-Verlag 2012
Periprothetische FemurfrakturenEin Behandlungsalgorithmus
Hintergrund. Auf Basis der stei-genden Prävalenz von endopro-thetisch versorgten Patienten steigt relativ auch die Anzahl an periprothetischen Frakturen. Es ist bekannt, dass dies mit einer hohen Morbidität und Mortali-tät verbunden ist. Diese Über-sichtsarbeit versucht, einen Algorithmus darzustellen, der auch aus einer einfachen Klassi-fikation den Behandlungspfad vorgibt (Abb. 1).
Originalpublikation
Parvizi J, Vegari DN (2011) Peripro-sthetic Proximal Femur Fractures: Current Concepts. J Orthop Trau-ma 25:77–81
Hintergrund. Die postoperative Kontrol le bei prox ima len Femurfrakturen durch Messung des Schafthalswinkels ist oft-mals schwierig , da keine perfek-ten Projektionsverhältnisse vor-liegen. In der Regel liegt das Bein aussenrotiert, dadurch wird bekanntermassen der Schenkelhals ‚verkürzt‘ abgebil-det. Die Frage ist, inwieweit ist
das für die Messung/Abschät-zung des CCD Winkels relevant.
Methode. Es w urden CT-Untersuchungen von 50 Patien-ten im Hinblick auf die projek-tionsradiographische Fehlstel-lung (CCD-Winkel) nach proxi-maler Femurfraktur untersucht. Weiterhin wurden drei Fraktur-versorgungsmodelle in Kunst-stoffknochen erstellt und ana-lysiert.
Ergebnisse. Es zeigte sich eine hohe Varianz hinsichtlich der Außenrotation. Der Schafthals-winkel zeigte jedoch Varianzen kleiner als 5°.
S c h l u s s f o l g e r u n g e n . D e r Schafthalswinkel im konventio-
nellen Bild auch ohne Beachtung der Rotationsposition zeigte bei 80% der Fälle innerhalb eines 5°-Fensters den korrekten Wert. Wenn die Untersuchung in 15° Innenrotation erfolgt, liegt dies bei 100% Genauigkeit. Eine Varus-Fehlstellung kann als sig-nifikant gewertet werden, unab-hängig von der Rotation bei Aufnahme des konventionellen Röntgenbildes.
Kommentar. Experimentelle und klinische Studien zeigen, dass eine Varus-Fehlstellung im konventionellen Röntgenbild unabhängig von der Rotations-position des Beines mit einem Fehler von unter 5° erfasst wer-den können.
Originalpublikation
Marmor M, Nystuen C, Ehemer N et al (2012) Accuracy of in situ neck-s-haft angle and shortening measu-rements of the anatomically redu-ced, varus malreduced and shorte-ned proximal femur: Can we believe what we see on the postoperative films? Injury 43:846-849
Kommentar. Dies ist eine sehr interessante Übersichtsarbeit, die jedem in der Endoprothetik tätigen Chirurgen zu empfehlen
ist. Auf Basis der Vancouver-Klassif ikation werden k lar strukturierte Algorithmen dar-gestellt. Die Hauptschwierigkeit,
die Zuordnung zu B1 oder B2 Frakturen nach der Vancouver Klassifikation bleibt aber weiter-hin problematisch
CCD Winkemessung relativ wenig abhängig von der der FemurrotationMessfehler < 5°
Abb. 2 8 Algorithmus zur Frakturversorgung (adaptiert nach Papakostidis C et al (2011) Injury 42:1353-1361)
Dynamisierungkontraindiziert
Art der Fraktur
stabil, hypertroph
Dynamisierung ist in der
Regel unnötig
Dynamisierung kann dieHeilung beschleunigen
instabil, hypertroph stabil, atroph instabil, atroph
Ticker
573Der Unfallchirurg 7 · 2012 |
▶ Computernavigation bei Femurschaftfrakturen
In 20 Kadavern wurden femorale Schaftfrakturen simuliert. Alle Frak-turen wurden mit einem antegra-den 9 mm Nagel versorgt, eine Gruppe wurde navigiert, die andere konventionell versorgt. Im Hinblick auf die Länge im Seitenvergleich war die Computer-navigation bes-ser. Gleiches zeigte sich für die Rota-tionsgenauigkeit. Die Computerna-vigation erhöht signifikant die Genauigkeit bei der Reposition und Fixation von Femurschaftfrakturen im Hinblick auf Länge und Rota-tionsfehler.Fazit: Diese experimentelle Studie zeigt, dass der Einsatz der Compu-ternavigation in bestimmten Umfeldern sinnvoll sein kann, da Revisionsoperationen vermieden werden können.
Keast-Butler O, Lutz MJ, Angelini M et al (2012) Injury 43:749-756
▶ Versorgung periprotheti-scher Femurfrakturen bei einliegender Hüft endoprothese
Diese Studie analysiert die klinischen und radiologischen Ergebnisse nach Versorgung periprothetischer femo-raler Frakturen bei Hüftendoprothe-sen. Es wurden 18 Patienten über einen mittleren Zeitraum von 49 Mo-naten nachuntersucht. 17 der 18 Pa-tienten hatten nach 25,5 Wochen eine knöcherne Ausheilung, der mittlere Harrison Hip Score betrug 92. Es zeigte sich nur eine nicht ver-heilte Fraktur bei einer Vancouver-C-Verletzung. Fazit: Der Vacouver-Klassifikations-basierte Algoritmus kann hilfreich sein. Einschänkung: Es handelt sich um eine kleine retrospektive Fall-serie und somit niedriges Evidenz-Niveau.
Park SK, Kim YG, Kim SY (2011) Clinics in Orthopedic Surgery 3:101-106
D Veranstaltungshinweis
Köln, 01.–02.03.2013Ortho Trauma Update 20135. Orthopädie-Unfallchirurgie- Update-Seminar – Unter der Schirm-herrschaft der DGOU/DGSP
Proximale Femurfrakturen und Clopidogrel
Hintergrund. Proximale Fe-murfrakturen haben eine stei-gende Prävalenz bei älteren Patienten. Es finden sich in die-sem Kollektiv häufig Patienten, die Clopidogrel einnehmen, des-sen hemmende Wirkung auf die Trombozytenaggregation irre-versibel ist. Der behandelnde Chirurg ist häufig in einem Dilemma: eine frühe Operation steigert das Risiko von Blutungs-komplikationen im OP Gebiet
und bei rückenmarksnahen Anaesthesieformen, anderer-seits erhöht eine verzögerte Frakturstabilisierung die peri-operative Morbidität und Mor-talität.
Methode und Ergebnisse. Es folgte eine retro spektive Analyse über ein Jahr. Dabei wurden Pa-tienten mit Clopidogrel-Einnah-me identifiziert und hinsichtlich ihres perioperativen Verlaufs untersucht. Alle 27 Patienten in der Clopidogrelgruppe waren ASA 3 oder ASA 4. Im Mittleren dauerte die Verzögerung bis zur Versorgung 8 Tage. Im Vergleich dazu betrug die die Latenz zur OP bei den 72 ASA3/4 Patienten ohne Clopidogrel nur 2,3 Tage.
Originalpublikation
Leonidou A, Cam NB, Chambers IR (2011) Femoral neck fractures in patients on Clopidogrel. The effect of delaying surgery and the intro-duction of the new SIGN guideli-nes. Surgeon 9:318-321
Keine Dynamisierung von instabilen-atrophen Femurschaftpseudarthrosen
Hintergrund. Dynamisierung eines statisch verriegelten Mark-nagels wird therapeutisch zum Stimulieren der Frakturheilung genutzt.
Methode und Ergebnisse. Es folgt eine retro spektive Analyse im Hinblick auf die Dynamisierung. Hierfür wurden 30 Patienten ein-geschlossen. Die Dynamisierung erbrachte in 21 Fällen innerhalb
OriginalpublikationPapakostidis C, Psyllakis I, Vardakas D et al (2011) Femoral-shaft fractures and nonunions treated with intrame- dullary nails: the role of dynamisation. Injury 42:1353-1361
von 6 Monaten eine Ausheilung. Von den verbliebenen 6 Frakturen kam es innerhalb von 6 weiteren Monaten noch zu einer Heilung. Drei weitere Fälle sind nicht ver-heilt. Es wurden verschiedene Risiko muster analysiert: stabil/hypertroph, instabil/hypertroph, stabil/atroph und instabil/atroph. Die Kombination instabil/atroph zeigte das höchste Risiko nicht zu heilen, die logistische Regressions-analyse zeigte ein Odds Ratio von über 70.
Schlussfolgerungen. Auch wenn es methodisch zum Erfolg kom-men kann, sollte die Dynamisie-
rung niemals bei instabilen oder atrophen knöchernen Läsionen in Erwägung gezogen werden, da es zu großen Komplikationen in der Therapie kommen kann (Abb. 2).
Kommentar. Die Schlussfolge-rung der Autoren, die Kallusbil-dung stabiler/hypertropher Situa-tionen würde durch Dynamisie-rung beschleunigt, ist aus meiner Sicht überzogen und wird durch die vorhandenen Daten ebensowenig belegt wie die Aussage bei stabilen/atrophen Konstellationen sei die Dynamisierung ‚ohne Risiko‘. Letztlich ist auch das Weiterbeste-hen einer Pseudarthrose ein Risiko.
Schlussfolgerungen. Patienten mit Clopidogrel-Einnahme haben auch komplexe Komorbiditäten, damit auch ein höheres Risiko für die Anästhesie. Die Verzögerung der operativen Versorgung mag diese sekundär in die Höhe treiben und es ist daher nicht mehr emp-fohlen, die operative Versorgung bei diesen Patienten zu verzögern.
Kommentar. Trotz niedrigem Evidenz-Niveau gibt es hier eine klare Aussage hinsichtlich der zeit-nahen Versorgung von proximalen Femurfrakturen bei Patienten mit Clopidogrel-Einnahme. Es findet sich keine Argumentationsbasis diese Patienten aufgrund der schlechteren Gerinnung nach hin-ten in der Versorgung anzustellen.