Vermehrung Von Orchideen

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Experten Laborprotokoll Der Abdruck des Expertenprotokolls erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors Thomas Ederer, www.orchideenvermehrung.at. Diese Abschnitte drfen nicht ohne dessen Genehmigung vervielfltigt oder verwendet werden. Vermehrung von Orchideen Die Samenkeimung von Orchideen Orchideensamen besitzen im Vergleich zu anderen Samen (z.B. Apfel, Mango) kein Nhrgewebe das den Embryo zu Beginn des Keimvorgangs ernhrt. Der Embryo ist auch nicht so weit entwickelt wie der anderer Pflanzen, er bleibt in einem frhen Entwicklungsstadium stehen. Aus diesem Grund sind die Samen sehr klein (wie Staub) und werden in sehr groer Zahl (bis zu 1.000.000 Samen pro Kapsel) produziert. Sobald die Samen reif sind, platzt die Samenkapsel auf und die Samen werden vom Wind verweht. Die Samen bleiben dann meist auf Zweigen oder Baumstmmen hngen und beginnen dort zu quellen (Aufnahme von Wasser). Mit dem Quellen wird die Samenhlle (Testa), die den Embryo vor mechanischen Schden schtzt, zerrissen. Durch wenige Zellteilungen entsteht ein noch immer weitgehend undifferenzierter Krper, der ergrnt und sich mit Hilfe von Wurzelhaaren (Rhizoiden) im Untergrund verankert. Dieser Krper wird Protokorm genannt. Die Gestalt dieser Krper kann verschiedenste Formen annehmen (kreiselfrmig, kugelrund,...). Protokorme knnen in diesem Stadium mehrere Jahre verharren bis sie vom lebensnotwendigen Symbiosepilz infiziert werden. Der Pilz dringt in die uersten Zellschichten ein (Endomykorrhiza), was zur Folge hat, dass das Protokorm Abwehrmanahmen ergreift und den Eindringling verdaut. Die durch die Verdauung des Pilzes freigewordenen Substanzen (Zucker, Vitamine...) sind fr die weitere Entwicklung lebensnotwendig. Ohne den Symbiosepilz wrde das Protokorm frher oder spter absterben. Sehr wichtig ist auch das Gleichgewicht zwischen Pilz und dem Protokorm. Wchst der Pilz schneller als das Protokorm diesen verdauen kann, dann stirbt

nach einiger Zeit das Protokorm und wird vom Pilz zersetzt. Sind andererseits die Abwehrmanahmen des Protokorms zu intensiv, dann stirbt der Pilz und das Protokorm muss auf den nchsten Pilz warten oder es stirbt. Symbiotische Aussaat Dies ist die lteste Art der Orchideenvermehrung und wurde vor der asymbiotischen in vitro Technik verwendet. Die symbiotische Aussaat funktioniert genauso wie die Samenkeimung in freier Natur. Man bringt die frischen Samen entweder im Bereich der Wurzeln der Mutterpflanze oder auf eigenen Rindenstcken aus. Wichtig ist bei der Rindentechnik, dass das Rindenstck vor der Aussaat nicht sterilisiert wird weil sonst die lebensnotwendigen Pilze fehlen. Die meisten Orchideen sind nicht fix an einen bestimmten Pilz gebunden und knnen auch mit anderen Pilzen keimen. Nach unseren Erfahrungen funktioniert diese Technik aber leider nicht mit allen Orchideenarten. Symbiotische Aussaat (in vitro) Bei dieser Variante der Orchideenkeimung werden dem sterilen Nhrboden Reinkulturen des Symbiosepilzes zugesetzt, der das Wachstum der Samen untersttzt bzw. startet. Die Reinkulturen des Pilzes werden aus Wurzeln einer erwachsenen Orchidee gewonnen. Man legt hierfr oberflchensterilisierte Wurzelstcke auf einen sterilen Nhrboden. Der Symbiosepilz, der in der Wurzel vorhanden ist, sollte dann auf dem Nhrboden zu wachsen beginnen und kann dann weiterkultiviert werden. Sobald man einen Pilzstamm in Kultur hat, kann man die sterilisierten Samen zu dieser Pilzkultur geben. Die Samen durchlaufen dann die selben Entwicklungsschritte wie bei der Keimung in der Natur. Diese Technik wird kaum angewandt weil es sehr aufwendig ist ein Gleichgewicht zwischen Pilz- und Samenwachstum zu erhalten. Meist hat man das Problem, dass der Pilz viel schneller wchst als die Protokorme und diese vom Pilz berwuchert und vernichtet werden.

Asymbiotische Aussaat (in vitro) Das ist die einfachste Variante der Orchideenvermehrung. Alle lebensnotwendigen Stoffe (Zucker,...), die in der Natur der Symbiosepilz zur Verfgung stellt, werden dem Nhrboden beigefgt. Die Samen werden sterilisiert und auf das Medium aufgebracht wo sie zu quellen beginnen und zu Protokormen werden. Jetzt mssen die Protokorme aber nicht mehr auf den Pilz warten, sondern knnen zgig weiterwachsen, weil sie alle notwendigen Stoffe dem Nhrboden entnehmen knnen. Sterilisieren von reifen Samen Will man reifen Samen zur asymbiotischen Aussaat verwenden, dann muss man diese sterilisieren. Bis jetzt hat sich 3%iger Wasserstoffperoxid (H2O2) sehr gut bewhrt. ein paar Samen wie abgebildet in ein Filterpapierkuvert einpacken.

ein Becherglas mit Alkohol aussplen und mit ca. 2 cm H2O2 fllen (+ 1 Tropfen das Samenkuvert in den H2O2 geben und das Becherglas mit Alufolie verschlieen. das Glas 15 Minuten bewegen damit das Samenkuvert berall benetzt wird. das Becherglas in die sterile Werkbank stellen.

die Pinzette und das Skalpell abflammen und damit das Kuvert ffnen. die Samen mit der abgeflammten Pinzette entnehmen und am Nhrboden verteilen. Hinweis: Meist bleiben am Filterpapier viele Samen hngen die man mit der Pinzette nicht fassen kann. Wenn man das Stck Filterpapier herausschneidet und mit den Samen nach unten auf das Medium legt, das Filterpapier leicht andrckt und dann wieder entfernt, dann bleiben viele Samen auf dem Medium liegen. Sterilisieren von grnen Kapseln Der groe Vorteil dieser Variante ist das Wegfallen des Sterilisierens der Samen weil diese noch in der geschlossenen Samenkapsel sind und daher steril sind (manche Orchideensamen keimen besser wenn man grne Kapseln verwendet). Einzige Vorraussetzung ist, dass man wei, wie lange es bei der betroffenen Orchidee dauert bis die Kapsel die Samen freisetzt. Die Samen sind nach ca. 2/3 der Reifezeit bereits voll entwickelt und keimfhig. Das letzte Drittel bentigt die Samenkapsel lediglich zum Trocknen und Freisetzen der Samen. die frisch geerntete Samenkapsel auf Lcher berprfen (Kontaminationsgefahr). totes Material (eingetrocknete Bltenbltter usw.) vorsichtig entfernen ein Becherglas kurz mit Alkohol aussplen und mit 1:1 verdnnten DanKlorix (Chlorreiniger) fllen einen Tropfen Splmittel zu der Desinfektionslsung geben die Samenkapsel in das Becherglas legen wobei man darauf achten muss, dass die Kapsel komplett untergetaucht ist (eventuell mit einem Filterpapier nachhelfen) und keine Luftblasen an der Oberflche der Kapsel vorhanden sind. die Samenkapsel fr 15 Minuten im DanKlorix lassen das Becherglas in die sterile Werkbank stellen die Kapsel auf ein

steriles Filterpapier legen (im sterilen Arbeitsbereich) mit dem abgeflammten Skalpell ein Fenster in die Kapsel schneiden mit der abgeflammten Pinzette die Samen auf dem Nhrboden verteilen Nodienkultur der Gattung Phalaenopsis Nodien = Knoten, Blattansatz, Verzweigungs punkte, ruhendes Auge, Knospe Phalaenopsen sind eine der beliebtesten Orchideengatt ungen fr die Zimmerkultur, weil sie leicht zu kultivieren sind und zuverlssig blhen. Aufgrund der hohen Beliebtheit wurde sehr viel Zeit in die Zchtung von attraktiven und pflegeleichten Hybriden investiert. Entspricht eine Kreuzung den Anforderunge n, dann steht man vor dem Problem der Massenverme

hrung. Die Vermehrung ber Samen ist nicht machbar, weil bei der Bestubung die Gene neu gemischt werden und die Nachkommen nicht der Ursprungspfla nze entsprechen. Ein Ausweg wre die Meristemkultu r was aber zum Tod der Mutterpflanze fhrt, weil diese nur ein Meristem besitzt (monopodialer Wuchs). Da an den Bltenstielen von Phalaenopsen schlafende Knospen vorhanden sind, die mit dem Verblhen vertrocknen, knnen diese zur Vermehrung herangezogen werden. Um ein sicheres Austreiben zu gewhrleisten werden Nhrbden mit Cytokinin (z.B. Sigma P6793) verwendet,

weil dieses Phytohormon (z.B. BAP) das Austreiben der Knopsen frdert. Vorgehensweise zwei Becherglser mit Alkohol aussplen. In ein Glas kommt ca. 2 cm hoch 3% H2O2, in das andere Glas kommt ca. 2 cm hoch 0,5% H2O2. In jedes der beiden Glser je einen Tropfen Splmittel dazugeben und gut umrhren. Den Bltenstiel vorsichtig von Erdresten usw. reinigen mit Skalpell und Pinzette das Hllblatt entfernen ohne dabei die Knospe zu beschdigen Den Bltenstiel ca. 1 cm oberhalb der Knospe im rechten Winkel abschneiden. Etwa 1 cm unterhalb der Knospe schneidet man den Stngel schrg ab. Wichtig ist bei diesen Schnitten, dass man eine sehr scharfe sauber Klinge (z.B. frische Rasierklinge) verwendet damit das Gewebe nicht gequetscht wird. Das zurechtgeschnittene Bltenstielstck kurz in Alkohol tauchen und danach 30 Minuten in 0,5% H2O2 sterilisieren. Wichtig ist, dass der Bltenstiel komplett untergetaucht ist (eventuell mit einem Filterpapier nachhelfen) und keine Luftblasen an der Oberflche vorhanden sind. Sind die 30 Minuten abgelaufen, dann sterilisiert man das Bltenstielstck fr 30 Minuten mit 3% H2O2. Das Becherglas in die sterile Werkbank stellen Die Nodien mit der schrg zugeschnittenen Flche in das Medium stecken.

Weiterer Verlauf Ein paar Tage nach dem Aufbringen der Nodien beginnen die Knopsen grer zu werden. In den folgenden Wochen muss man die Kulturen regelmig kontrollieren, weil viele Phalaenopsisnodien dazu neigen, phenolische Stoffe in das Medium auszuscheiden. Die phenolischen Ausscheidungen sind am Schwarzwerden des Mediums leicht zu erkennen. Sammeln sich zu viele phenolische Stoffe im Medium, dann fhrt das zum Tod des Bltenstielstcks. Erkennt man phenolische Ausscheidungen, dann sollte man das Stngelstck so bald wie mglich in frisches Medium umlegen. Meist beruhigt sich das Bltenstielstck nach 3 4 Mal Umlegen und wchst dann zgig weiter. Haben die Nodien 2 3 Bltter gebildet, dann legt man sie auf hormonfreies Medium (z.B. Sigma P1056) um. Die Kulturgefe sollten grozgig bemessen sein, weil Phalaenopsen rasch wachsen und entsprechend viel Platz brauchen. Auf dem hormonfreien Medium bilden sich erste Wurzeln und die Pflanzen legen an Gre zu. Erfahrungsgem sind die Jungpflanzen ca. ein Jahr nach der Inkulturnahme gro genug zum Auspikieren in Gemeinschaftstpfe. Hinweis: Will man mehr als eine Pflanze aus einer Nodie ziehen, dann muss man nach dem Sterilisieren das obere Drittel der Knospe mit einem sterilen Skalpell entfernen.

Inkulturnahme des Bltenstielendes bei Phalaenopsis Neben den Nodien kann man bei Phalaenopsen auch das Ende des Bltenstiels zur Vermehrung heranziehen. Fr die Bltenstielenden kann man die selben Nhrbden verwenden, die man auch fr Nodien verwendet.

Vor dem Sterilisieren schneidet man das Bltenstielende wie im Bild unten entlang des schwarzen Strichs ab. Das Bltenstielende wird genauso sterilisiert wie die Nodien und mit der Schnittstelle nach unten in das Medium gesteckt. Sterilisiere n von geschlosse nen Neutriebe n (z.B. Cattleya) Bei vielen sympodiale n Orchideen (z.B. Cattleya, Laelia, Bulbophyll um) steht man vor

dem Problem, dass die Pflanzen meist nur ein oder zwei Bltter pro neuen Trieb (Bulbe) machen. Solche Neutriebe sind nur im sehr jungen undifferenz ierten Zustand verwendba r, weil sich das Gewebe im Inneren sehr bald spezialisier t und dann nur noch schwer zur in vitro Vermehrun g verwendet werden kann. Will man solche Orchideen vegetative in vitro vermehren, dann muss man dafr sehr junge Triebe verwenden die noch komplett geschlosse n sind. Die folgenden beiden Bilder

zeigen einen Neutrieb an einer Cattleya und zwei an einem Bulbophyll um. Schneidet man einen Neutrieb der Lnge nach durch, dann erkennt man in der Mitte das Meristem, das ideal fr die vegetative in vitro Vermehrung geeignet ist. Vorgehensweise zwei Becherglser mit Alkohol aussplen. In ein Glas kommt ca. 2 cm hoch 3% H2O2, in das andere Glas kommt ca. 2 cm hoch 0,5% H2O2. In jedes der beiden Glser je einen Tropfen Splmittel dazugeben und gut umrhren. Den Neutrieb vorsichtig von Erdresten, Wurzeln, toten Blttern usw. reinigen Den Neutrieb mit einem abgeflammten Skalpell abtrennen Den Neutrieb kurz in Alkohol tauchen und danach 30 Minuten in 0,5% H2O2 sterilisieren. Wichtig ist, dass der Bltenstiel komplett untergetaucht ist (eventuell mit einem Filterpapier nachhelfen) und keine Luftblasen an der Oberflche vorhanden sind. Sind die 30 Minuten abgelaufen, dann sterilisiert man den Neutrieb fr 30 Minuten mit 3% H2O2. Das Becherglas in die sterile Werkbank stellen Auf einem Stck sterilen Filterpapier das Meristem mit ein paar jungen Blttern entnehmen und das Gewebe umgehend auf bzw. in das Medium berimpfen. Sterilisieren von geffneten Neutrieben (z.B. Cymbidium) Im Gegensatz zu z.B. Cattleyen gibt es viele sympodiale Orchideen deren Triebe aus mehr als 2 Bltter bestehen. Bei solche Gattungen ist der Neutrieb schon in einer sehr frhen Phase vorne offen und damit nicht mehr steril im Inneren. An solchen Neutrieben findet man meist mehrere junge Knospen an der Basis der einzelnen Bltter die fr die vegetative Vermehrung in vitro verwendet werden knnen.

Vorgehensweise zwei Becherglser mit Alkohol aussplen. In ein Glas kommt ca. 2 cm hoch 3% H2O2, in das andere Glas kommt ca. 2 cm hoch 0,5% H2O2. In jedes der beiden Glser je einen Tropfen Splmittel dazugeben und gut umrhren. Den Neutrieb vorsichtig von Erdresten, Wurzeln, toten Blttern usw. reinigen Den Neutrieb kurz in Alkohol tauchen und danach mit dem Freilegen der ersten Knospen durch Entfernen der Bltter beginnen. Die Knospen wie im Bild rechts entnehmen, kurz in Alkohol tauchen und danach 30 Minuten in 0,5% H2O2 sterilisieren. Wichtig ist, dass der Knospen komplett untergetaucht sind (eventuell mit einem Filterpapier nachhelfen) und keine Luftblasen an der Oberflche vorhanden sind. Sind die 30 Minuten abgelaufen, dann sterilisiert man die Knospen fr 30 Minuten mit 3% H2O2. Das Becherglas in die sterile Werkbank stellen Auf einem Stck sterilen Filterpapier die Knospen wie im Bild rechts reduzieren und umgehend auf bzw. in das Medium berimpfen. Literaturverzeichnis: Titel: Asymbiotic Technique of Orchid Seed Germination Autor: Aaron J. Hicks Verlag: direkt beim Autor bestellen (Emails an: [email protected]) ISBN: 0 9673049 0 3 Titel: Plants from Test Tubes : An Introduction to Micropropagation Autor: Lydiane Kyte, John G. Kleyn Verlag: Timber Press ISBN: 0 88192 361 3 Titel: Orchideenkultur Autor: Gertrud Fast Verlag: Ulmer ISBN: 3 8001645 1 5 Titel: Orchideenkultur fr alle Autor: Ehrenfried Lucke Verlag: APV Lehrmeister Bcherei ISBN: 3 7907046 3 6 Titel: Biotechnologie der Pflanzen Autor: Dieter He Verlag: Eugen Ulmer Stuttgart ISBN: 3 8252 8060 8 Titel: Experimente zur Entwicklungsbiologie der Pflanzen (Phytohormone) Autor: Heide Thei, Bruno Hgel Verlag: Quelle & Meyer Verlag Wiesbaden ISBN: 3 494 01242 3 Unsere Adresse: Lotte & Thomas Ederer Gartenweg 33/10 7100 Neusiedl am See Email: [email protected] Internet: http://www.orchideenvermehrung.at